Zur Souveränität der BRD und der Frage zur deutschen Nationalität: Unterschied zwischen den Versionen

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Historisch gab es insbesondere bei der Frage der nationalen Souveränität Deutschlands innerhalb der kommunistischen Bewegung Dissens.
 
Historisch gab es insbesondere bei der Frage der nationalen Souveränität Deutschlands innerhalb der kommunistischen Bewegung Dissens.
Auch wenn nach der Annexion der DDR durch die BRD bzw. der sogenannten <q>Wiedervereinigung<q/>, mit dem Zwei-plus-Vier-Vertrag die volle Souveränität der BRD festgehalten wurde, gibt es insbesondere im rechten Spektrum bei sogenannten <q>Reichsbürgern<q/> gegenteilige Vorstellungen. Diese bestreiten die Existenz der BRD als legitimen und/oder souveränen Staat.
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Auch wenn nach der Annexion der DDR durch die BRD bzw. der sogenannten <q>Wiedervereinigung</q>, mit dem Zwei-plus-Vier-Vertrag die volle Souveränität der BRD festgehalten wurde, gibt es insbesondere im rechten Spektrum bei sogenannten <q>Reichsbürgern</q> gegenteilige Vorstellungen. Diese bestreiten die Existenz der BRD als legitimen und/oder souveränen Staat.  
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Nach dem zweiten Weltkrieg konnte die Arbeiterklasse nur in einem Teil von Deutschland, in der DDR, ihre Macht ausüben. In der BRD übte die Bourgeoisie weiterhin ihre Macht aus. Über die Einschätzung der Souveränität der BRD und dem richtigen Herangehen an die nationale Frage gab es einigen Dissens in der kommunistische Bewegung in der BRD.
 
Nach dem zweiten Weltkrieg konnte die Arbeiterklasse nur in einem Teil von Deutschland, in der DDR, ihre Macht ausüben. In der BRD übte die Bourgeoisie weiterhin ihre Macht aus. Über die Einschätzung der Souveränität der BRD und dem richtigen Herangehen an die nationale Frage gab es einigen Dissens in der kommunistische Bewegung in der BRD.
  

Version vom 5. Juni 2019, 16:46 Uhr

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Einführung[Bearbeiten]

Bei der Einschätzung des deutschen Imperialismus darf auch die nationale Frage nicht vernachlässigt werden.

Historisch gab es insbesondere bei der Frage der nationalen Souveränität Deutschlands innerhalb der kommunistischen Bewegung Dissens. Auch wenn nach der Annexion der DDR durch die BRD bzw. der sogenannten Wiedervereinigung, mit dem Zwei-plus-Vier-Vertrag die volle Souveränität der BRD festgehalten wurde, gibt es insbesondere im rechten Spektrum bei sogenannten Reichsbürgern gegenteilige Vorstellungen. Diese bestreiten die Existenz der BRD als legitimen und/oder souveränen Staat.

Nach dem zweiten Weltkrieg konnte die Arbeiterklasse nur in einem Teil von Deutschland, in der DDR, ihre Macht ausüben. In der BRD übte die Bourgeoisie weiterhin ihre Macht aus. Über die Einschätzung der Souveränität der BRD und dem richtigen Herangehen an die nationale Frage gab es einigen Dissens in der kommunistische Bewegung in der BRD.

Positionen[Bearbeiten]

Besonders maoistische Gruppen orientierten sich teilweise an nationalen Befreiungsbewegungen in der 3. Welt und orientierten auf einen ähnlichen Kampf in der BRD.

Insbesondere die KPD/ML verstand die Vertreibung der Besatzungsmächte vom deutschen Boden als Hauptvoraussetzung für den Aufbau des Sozialismus in Deutschland:

„Bis Anfang 1976 vertrat die KPD/ML bezogen auf die Frage nach dem ‘Hauptfeind’ für ‘ganz Deutschland’ (BRD, DDR) die Vorstellung vom Primat des Kampfes gegen die ‘Supermächte’. Der Charakter des Kampfes war national bestimmt, die Partei propagierte patriotisch-proletarische und antiamerikanische Phrasen. Nur eine Lösung der ‘nationalen Frage’, die untrennbar ‘mit der allgemeinen Frage der sozialistischen Revolution’ verbunden sei, könne den Weg frei machen zur ‘Errichtung bzw. Wiedererrichtung der Diktatur des Proletariats in Deutschland’. Das Ziel des Kampfes bestand darin, die ‘Besatzungsmächte und ihre Lakaien von deutschem Boden’ zu vertreiben, um so die Voraussetzungen für ein ‘vereintes, unabhängiges, sozialistisches Deutschland’ (so auch die Hauptparole der KPD/ML in dieser Zeit) zu schaffen. Das Subjekt eines solchen Prozesses sollte eine ‘Kampfgemeinschaft aller friedliebenden und patriotischen Deutschen im Osten und Westen unseres Vaterlandes’ sein. In ihrer im Dezember 1973 unter dem Titel ‘Deutschland dem deutschen Volk!’ verabschiedeten ZK-Erklärung zur ‘nationalen Frage’ rief die KPD/ML zur ‘Verteidigung der fortschrittlichen deutschen Nationalkultur gegen den Amerikanismus’ auf. “
Steffen, Michael: Geschichten vom Trüffelschwein. Politik und Organisation des Kommunistischen Bundes 1971 - 1991, Marburg 2002, S. 33.


Auch wenn die KPD/ML nicht mehr existiert und solche Positionen in der Schärfe heutzutage innerhalb der kommunistischen Bewegung nur noch selten anzutreffen sind, ist die damit verbundene Hauptfeindfrage auch heute noch von Bedeutung.

Diese beantworten wir als Kommunistische Organisation in unseren programmatischen Thesen wie folgt:

„Als Kommunisten in Deutschland sehen wir den deutschen Imperialismus, d.h. die deutsche Monopolbourgeoisie und ihren Staat als unseren Hauptgegner an. Wir kämpfen aber Seite an Seite mit unseren Genossen auf der ganzen Welt gegen den Imperialismus als Ganzes, als weltweites System.“
Kommunistische Organisation: Programmatische Thesen der KO, auf: Homepage der KO, URL: https://kommunistische.org/programmatische-thesen/


Zur Frage der Souveränität Deutschlands vertritt die MLPD eine ähnliche Position und schätzt ein, dass die BRD im Bündnis mit anderen Imperialisten nach weltweiter Vorherrschaft strebt:

„Das wiedervereinigte Deutschland bildet das wirtschaftlich stärkste und bevölkerungsreichste Land in der Europäischen Union. Befreit von einigen politischen Beschränkungen, die ihm die Alliierten nach dem II. Weltkrieg auferlegt hatten, strebt der deutsche Imperialismus im Bündnis mit anderen europäischen Großmächten nach Vorherrschaft in der Welt. Er ist der Hauptfeind der Werktätigen in Deutschland. “
Zentralkommitee der MLDP: Kapitel B. Die gesellschaftliche Entwicklung in Deutschland und das System der kleinbürgerlichen Denkweise, in: Programm der marxistisch-leninistischen Partei, Essen 2016, URL: https://www.mlpd.de/partei/parteiprogramm/kapitel-b-die-gesellschaftliche-entwicklung-in-deutschland-und-das-system-der-kleinbuergerlichen-denkweise


Der Jugendwiderstand sieht den BRD-Imperialismus als souverän und in der EU um Vorherrschaft strebend:

„Die Bundesrepublik Deutschland ist ein grausamer Imperialist, der versucht sich die EU unterzuordnen und damit zur Großmacht zu werden. Sich fettzusaugen, wie ein Parasit an den in Armut gehaltenen Nationen Süd- und Ost-Europas und dann, ganz im Sinne Hitlers den Blick auf Russland zu richten. Es gibt keinen Staat, den wir mehr hassen als die Bundesrepublik, sie ist unser direkter Gegner und in ihren Knästen sitzen unsere Freunde.“
Jugendwiderstand: Heraus zum Kampf, auf: Blog des Jugendwiderstands, 2017 URL: http://jugendwiderstand.blogspot.com/2017/07/heraus-zum-kampf-gegen-die-g20.html#more>


Auch das KPD-Parteiprogramm sieht den BRD-Imperialismus als souverän, sowie um die Vorherrschaft in der EU kämpfend:

„Heute ist die imperialistische BRD neben und sogar schon über Frankreich und England hinaus zur ökonomisch und politisch stärksten imperialistischen Macht in Europa geworden. Der reaktionären Innenpolitik entspricht jetzt wesensgleich ein außenpolitischer Schub nach Vorherrschaft in der Europäischen Union.“

Zentralkomitee der KPD: Programm der KPD, Kap. 5 „Der heutige BRD-Imperialismus. Die Gegenwartsaufgaben der KPD im Kampf für politischen und sozialen Fortschritt“, 2007 (beschlossen), S. 38, URL: <http://www.k-p-d.org/index.php/kpd/grundsatzdokumente/programm-der-kpd#inhalt5>


Die DKP schätzt den deutschen Imperialismus ebenfalls als um Vorherrschaft strebend ein. Gleichzeitig stellt sie die These auf, dass in der EU ein "supranationaler" (übernationaler) Staatsapparat im Entstehen sei und erweckt damit den Eindruck, dass die Souveränität Deutschlands eingeschränkt würde.

„Aufgrund seiner größeren ökonomischen und finanziellen Potenzen hat sich Deutschland die Rolle einer maßgeblichen Führungsmacht angeeignet, die es derzeit im Zusammenwirken mit den herrschenden Kreisen Frankreichs auszuüben versucht. Gestützt auf diese Rolle verfolgt das deutsche Monopolkapital erneut die alte Strategie des deutschen Imperialismus, eine aggressive wirtschaftliche, politische und militärische Expansionspolitik in Richtung Ost- und Südosteuropa bis zum Kaukasus und dem Nahen und Mittleren Osten zu betreiben.“

Die wirtschaftliche und die politische Dynamik drängen die EU, sich den Kern eines supranationalen Staatsapparates zu verschaffen.


„Die Europäische Union hat sich zu einem eigenständigen ökonomischen, politischen und militärischen Zentrum neben den USA entwickelt. Die gegenseitigen Beziehungen sind von Kooperation und Konkurrenz geprägt. Die enge wirtschaftliche Verflechtung, vor allem durch die gegenseitigen Ausländischen Direktinvestitionen (ADI), intensiviert die transatlantische Integration und verstärkt gleichzeitig die Konkurrenz der Transnationalen Konzerne auf beiden Seiten des Atlantiks.“

Deutsche Kommunistische Partei: Programm der DKP, 2018, 6. Auflage, URL: http://news.dkp.suhail.uberspace.de/wp-content/uploads/2018/05/DKP-Programm-6.-Auflage-2018.pdf


Obwohl sich viele der einzelnen Positionen auf den ersten Blick nicht dramatisch voneinander abweichen, so ist es trotzdem entscheidend diese Fragen genau herauszuarbeiten. Insbesondere die Frage, ob eine "supranationaler" Staatsapparat in der EU entsteht, der die Souveränität Deutschlands einschränkt, muss geklärt werden, da ihre Beantwortung entscheidende Konsequenzen für unseren Kampf haben könnte. Aufbauend auf der Frage der Souveränität, stellt sich weiterhin die Frage nach der konkreten Stellung des deutschen Imperialismus innerhalb des imperialistischen Weltsystems.

Auch andere Fragen im Bezug zur nationalen Frage werden aufgearbeitet werden. So stellt sich auch die Frage, ob es sich bei der heutigen BRD noch um einen Nationalstaat handelt oder bereits um einen Vielvölkerstaat.

So schreibt beispielsweise Dagmar Henn:

„Praktisch leben wir längst in einem Vielvölkerstaat. In der Kinderkrippe, die meine Zwillinge besuchten, hatten die dort Anwesenden etwa vierzig Kinder Wurzeln in zwanzig verschiedenen Ländern (meine Zwillinge mit ihrem nigerianischen Vater eingeschlossen). Auch in Kindergarten und Grundschule war das Deutsche die Lingua Franca eines weltumspannenden Gemischs aus Dutzenden Sprachen und Kulturen. Es gab eine umfassende ‚wir sind bunt‘-Rhetorik, die allerdings nichts daran änderte, dass Kinder, die wenig Deutsch sprachen, erbarmungslos unter die künftigen Hauptschüler aussortiert wurden; eine unvermeidliche Folge, wenn die Lehrkräfte keinerlei Kenntnisse in der Vermittlung des Deutschen als Zweitsprache mitbringen.“
Dagmar Henn: An falschen Fronten, auf: Das kalte Herz, 2018 https://daskalteherz.blog/2018/01/27/an-falschen-fronten/


Auch die Widersprüche zwischen den sogenannten alten Bundesländern und dem annektierten Gebiet der ehemaligen DDR sind zu betrachten. Eine zu betrachtende Position innerhalb der kommunistischen Bewegung ist beispielsweise, dass ein besonderer nationaler Charakter des ehemaligen DDR Gebiets proklamiert wird und von einer nationalen Unterdrückung dieses Gebiets in der heutigen BRD geredet wird. Ebenfalls sind bürgerlich reaktionäre Vorstellungen zu behandeln. Die Anzahl der sogenannten Reichsbürger nimmt zu. Auch eine Entlarvung dieser reaktionären Ideologie wird Gegenstand weitere Untersuchungen sein.


Es gibt also viele spannende Punkte, die in diesem Themengebiet zu bearbeiten sind.

Mitmachen[Bearbeiten]

In den nächsten Monaten wollen wir uns an die systematische Beantwortung der Fragen machen - dabei kannst du mitmachen:

  • Diskutier mit
    • Du hast andere Erkenntnisse, Positionen zu bestimmten Fragen?
    • Du hast selbst offene Fragen zum Thema?
  • Einzelne Arbeitsaufträge übernehmen - in Theoriearbeit oder in praktischer Umsetzung
  • Dauerhaft mitarbeiten in der AG

Wenn das interessant klingt oder dir noch andere Möglichkeiten einfallen, dich zu beteiligen, melde dich bei uns: ag_imperialismus@kommunistische.org

Literatur zum Thema[Bearbeiten]

Deutsche Kommunistische Partei: Programm der DKP, Essen 2018. (http://news.dkp.suhail.uberspace.de/wp-content/uploads/2018/05/DKP-Programm-6.-Auflage-2018.pdf)

Henn, Dagmar: An falschen Fronten, in: Das kalte Herz, 27. Januar 2018, URL: https://daskalteherz.blog/2018/01/27/an-falschen-fronten/ (zuletzt abgerufen am 30.12.2018).

Jugendwiderstand: Heraus zum Kampf, in: Blog des Jugendwiderstands, 3. Juli 2017, URL: http://jugendwiderstand.blogspot.com/2017/07/heraus-zum-kampf-gegen-die-g20.html#more> (zuletzt abgerufen am 30.12.2018).

Kommunistische Organisation: Programmatische Thesen der KO, in: Homepage der KO, URL:https://kommunistische.org/programmatische-thesen/ (zuletzt abgerufen am 2.1.2019).

Steffen, Michael: Geschichten vom Trüffelschwein. Politik und Organisation des Kommunistischen Bundes 1971-199, Marburg 2002.

Zentralkomitee der KPD: Programm der KPD. Kapitel 5 Der heutige BRD-Imperialismus. Die Gegenwartsaufgaben der KPD im Kampf für politischen und sozialen Fortschritt, Berlin 2007.(http://www.k-p-d.org/index.php/kpd/grundsatzdokumente/programm-der-kpd#inhalt5)

Zentralkommitee der MLDP: Kapitel B. Die gesellschaftliche Entwicklung in Deutschland und das System der kleinbürgerlichen Denkweise, in: Programm der marxistisch-leninistischen Partei, Essen 2016. (https://www.mlpd.de/partei/parteiprogramm/kapitel-b-die-gesellschaftliche-entwicklung-in-deutschland-und-das-system-der-kleinbuergerlichen-denkweise)


Einzelnachweise[Bearbeiten]