Proletariat: Unterschied zwischen den Versionen

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{{Zitat|Die einfache Durchschnittsarbeit selbst wechselt zwar in verschiednen Ländern und Kulturepochen ihren Charakter, ist aber in einer vorhandnen Gesellschaft gegeben. Kompliziertere Arbeit gilt nur als potenzierte oder vielmehr multiplizierte ein- fache Arbeit, so daß ein kleineres Quantum komplizierter Arbeit gleich einem größeren Quantum einfacher Arbeit.|Marx, Karl: Das Kapital, Bd. 1, in: MEW, Band 23, Berlin 1962, S. 59.}}
 
{{Zitat|Die einfache Durchschnittsarbeit selbst wechselt zwar in verschiednen Ländern und Kulturepochen ihren Charakter, ist aber in einer vorhandnen Gesellschaft gegeben. Kompliziertere Arbeit gilt nur als potenzierte oder vielmehr multiplizierte ein- fache Arbeit, so daß ein kleineres Quantum komplizierter Arbeit gleich einem größeren Quantum einfacher Arbeit.|Marx, Karl: Das Kapital, Bd. 1, in: MEW, Band 23, Berlin 1962, S. 59.}}
  
== Kopf- und Handarbeiter ==
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Version vom 7. Januar 2019, 12:28 Uhr

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REDAKTION FERTIG

Proletariat[Bearbeiten]

Schlagworte

Doppelt freier Lohnarbeiter, Arbeitskraft, Produktivkraftentwicklung, Produktionsverhältnisse, Kapital, Lohnarbeit, Entstehung und Entwicklung des Proletariats, Revolution, Überbau, Lumpenproletariat

Annahme 1

  • Der Arbeiter muss als Erwerb seine Arbeitskraft an einen Kapitalisten verkaufen. Er gehört damit als Person nicht einem einzelnen Kapitalisten, aber der Kapitalistenklasse.

„Der Arbeiter verläßt den Kapitalisten, dem er sich vermietet, sooft er will, und der Kapitalist entläßt ihn, sooft er es für gut findet, sobald er keinen Nutzen oder nicht den beabsichtigten Nutzen mehr aus ihm zieht. Aber der Arbeiter, dessen einzige Erwerbsquelle der Verkauf der Arbeit1 ist, kann nicht die ganze Klasse der Käufer, d. h. Sie Kapitalistenklasse verlassen, ohne auf seine Existenz zu verzichten. Er gehört nicht diesem oder jenem Bourgeois, aber der Bourgeoisie, der Bourgeoisklasse, und es ist dabei seine Sache, sich an den Mann zu bringen, d. h. in dieser Bourgeoisklasse einen Käufer zu finden.“
Marx, Karl/ Engels, Friedrich: Lohnarbeit und Kapital, in: MEW, Band 6, Berlin 1961, S. 401.


Annahme 2

  • Die gesellschaftlichen Verhältnisse, also die Gesellschaft, verändert sich mit Entwicklung der materiellen Produktionsmittel, der Produktionskräfte.

„Die gesellschaftlichen Verhältnisse, worin die Individuen produzieren, die gesellschaftlichen Produktionsverhältnisse ändern sich also, verwandeln sich mit der Veränderung und Entwickelung [sic] der materiellen Produktionsmittel, der Produktionskräfte. Die Produktionsverhältnisse in ihrer Gesamtheit bilden das, was man die gesellschaftlichen Verhältnisse, die Gesellschaft nennt, und zwar eine Gesellschaft auf bestimmter, geschichtlicher Entwicklungsstufe, eine Gesellschaft mit eigentümlichem, unterscheidendem Charakter. Die antike Gesellschaft, die feudale Gesellschaft, die bürgerliche Gesellschaft sind solche Gesamtheiten von Produktionsverhältnissen, deren jede zugleich eine besondere Entwicklungsstufe in der Geschichte der Menschheit bezeichnet.“
Marx, Karl/ Engels, Friedrich: Lohnarbeit und Kapital, in: MEW, Band 6, Berlin 1961, S. 408.


Annahme 3

  • Kapital und Lohnarbeit sind zwei Seiten desselben Verhältnisses. Das Los der einen Seite hängt vom Los der anderen ab.

„Die Interessen des Kapitals und die Interessen der Arbeit [1891: Arbeiter] sind dieselben, heißt nur: Kapital und Lohnarbeit sind zwei Seiten eines und desselben Verhältnisses. Die eine bedingt die andere, wie der Wucherer und Verschwender sich wechselseitig bedingen. Solange der Lohnarbeiter Lohnarbeiter ist, hängt sein Los vom Kapital ab. Das ist die vielgerühmte Gemeinsamkeit des Interesses Von Arbeiter und Kapitalist.“
Marx, Karl/ Engels, Friedrich: Lohnarbeit und Kapital, in: MEW, Band 6, Berlin 1961, S. 411.


Annahme 4

  • Das Proletariat ist die arbeitende Klasse. Es bezieht seinen Lebensunterhalt einzig und allein aus seiner Arbeitskraft. Das Wohl des Proletariats hängt daher von der Nachfrage nach Arbeit ab und ist damit Konjunktur und Konkurrenz unterworfen.
  • Das Proletariat entstand durch die Entwicklung der Produktivkräfte: Neue teure Maschinen produzierten bessere und mehr Waren als alles zuvor und konnten nur von großen Kapitalisten angeschafft werden. Andere Produzenten wurden von den Kapitalisten verdrängt und so zu Proletariern.

„Das Proletariat ist diejenige Klasse der Gesellschaft, welche ihren Lebensunterhalt einzig und allein aus dem Verkauf ihrer Arbeit und nicht aus dem Profit irgendeines Kapitals zieht; deren Wohl und Wehe, deren Leben und Tod, deren ganze Existenz von der Nachfrage nach Arbeit, also von dem Wechsel der guten und schlechten Geschäftszeiten, von den Schwankungen einer zügellosen Konkurrenz abhängt. Das Proletariat oder die Klasse der Proletarier ist, mit einem Worte, die arbeitende Klasse des neunzehnten Jahrhunderts. […]

Das Proletariat ist entstanden durch die industrielle Revolution, welche in der letzten Hälfte des vorigen Jahrhunderts in England vor sich ging und welche sich seitdem in allen zivilisierten Ländern der Welt wiederholt hat. Diese industrielle Revolution wurde herbeigeführt durch die Erfindung der Dampfmaschine, der verschiedenen Spinnmaschinen, des mechanischen Webstuhls und einer ganzen Reihe anderer mechanischer Vorrichtungen. Diese Maschinen, welche sehr teuer waren und also nur von großen Kapitalisten angeschafft werden konnten, veränderten die ganze bisherige Weise der Produktion und verdrängten die bisherigen Arbeiter, indem die Maschinen die Waren wohlfeiler und besser lieferten, als die Arbeiter sie mit ihren unvollkommenen Spinnrädern und Webstühlen herstellen konnten.“
Engels, Friedrich: Grundsätze des Kommunismus, in: MEW, Band 4, Dietz Berlin 1977, S. 363f.


Annahme 5

  • Das Proletariat ist die einzige wirklich revolutionäre Klasse, die der Bourgeoisie entgegensteht.
  • Alle Klassen des Mittelstandes (Bauern, Handwerker etc.) wollen keinen revolutionären Bruch der Produktionsweise, sondern in erster Linie ihren Teil des Eigentums verteidigen.
  • Das Proletariat hingegen besitzt keinerlei Eigentum und kann nur seine Arbeitskraft verkaufen.
  • Das Proletariat ist die einzige Klasse, die keine privaten Sicherheiten hält und daher an einer vollständigen Zerschlagung der Produktionsweise interessiert ist.
  • Für den Proletarier verstecken sich hinter Kirche, Gesetz und Moral nur bürgerliche Interessen.
  • Das Proletariat kann sich nicht erheben, ohne dass der gesellschaftliche Überbau gesprengt wird.

„Von allen Klassen, welche heutzutage der Bourgeoisie gegenüberstehen, ist nur das Proletariat eine wirklich revolutionäre Klasse. Die übrigen Klassen verkommen und gehen unter mit der großen Industrie, das Proletariat ist ihr eigenstes Produkt.

Die Mittelstände, der kleine Industrielle, der kleine Kaufmann, der Handwerker, der Bauer, sie alle bekämpfen die Bourgeoisie, um ihre Existenz als Mittelstände vor dem Untergang zu sichern. Sie sind also nicht revolutionär, sondern konservativ. Noch mehr, sie sind reaktionär, sie suchen das Rad der Geschichte zurückzudrehen. Sind sie revolutionär, so sind sie es im Hinblick auf den ihnen bevorstehenden Übergang ins Proletariat, so verteidigen sie nicht ihre gegenwärtigen, sondern ihre zukünftigen Interessen, so verlassen sie ihren eigenen Standpunkt, um sich auf den des Proletariats zu stellen. Das Lumpenproletariat, diese passive Verfaulung der untersten Schichten der alten Gesellschaft, wird durch eine proletarische Revolution stellenweise in die Bewegung hineingeschleudert, seiner ganzen Lebenslage nach wird es bereitwilliger sein, sich zu reaktionären Umtrieben erkaufen zu lassen. Die Lebensbedingungen der alten Gesellschaft sind schon vernichtet in den Lebensbedingungen des Proletariats. Der Proletarier ist eigentumslos; sein Verhältnis zu Weib und Kindern hat nichts mehr gemein mit dem bürgerlichen Familienverhältnis; die moderne industrielle Arbeit, die moderne Unterjochung unter das Kapital, dieselbe in England wie in Frankreich, in Amerika wie in Deutschland, hat ihm allen nationalen Charakter abgestreift. Die Gesetze, die Moral, die Religion sind für ihn ebenso viele bürgerliche Vorurteile, hinter denen sich ebenso viele bürgerliche Interessen verstecken.

Alle früheren Klassen, die sich die Herrschaft eroberten, suchten ihre schon erworbene Lebensstellung zu sichern, indem sie die ganze Gesellschaft den Bedingungen ihres Erwerbs unterwarfen. Die Proletarier können sich die gesellschaftlichen Produktivkräfte nur erobern, indem sie ihre eigene bisherige Aneignungsweise und damit die ganze bisherige Aneignungsweise abschaffen. Die Proletarier haben nichts von dem Ihrigen zu sichern, sie haben alle bisherigen Privatsicherheiten und Privatversicherungen zu zerstören.

Alle bisherigen Bewegungen waren Bewegungen von Minoritäten oder im Interesse von Minoritäten. Die proletarische Bewegung ist die selbständige Bewegung der ungeheuren Mehrzahl im Interesse der ungeheuren Mehrzahl. Das Proletariat, die unterste Schichte der jetzigen Gesellschaft, kann sich nicht erheben, nicht auflichten, ohne daß der ganze Überbau der Schichten, die die offizielle Gesellschaft bilden, in die Luft gesprengt wird.“
Marx, Karl/ Engels, Friedrich: Manifest der kommunistischen Partei, in: MEW, Band 4, Berlin 1977, S. 472f.


Qualifizierte und unqualifizierte Arbeiter[Bearbeiten]

Schlagwörter

Verfügung, Arbeitskraft, Disposition, einfache und komplizierte Arbeit, Reproduktion der Arbeitskraft, Durchschnittsarbeit

Annahme 1

  • Der Arbeiter verkauft den Zugriff auf seine Arbeitskraft. Es ist egal, wie der Kapitalist die Arbeitskraft einsetzt.

„Was er [der Arbeiter, AG KA] verkauft, ist die Disposition [Verfügungsgewalt, AG KA] über seine Arbeit, die eine bestimmte ist, bestimmte Kunstfertigkeit etc. Es ist ganz gleichgültig, was der Kapitalist mit seiner Arbeit macht, obgleich er sie natürlich nur ihrer Bestimmtheit nach verwenden kann und seine Disposition selbst sich nur auf eine bestimmte Arbeit und eine zeitlich bestimmte Verfügung über dieselbe (soundso viel Arbeitszeit) beschränkt […].“
Marx, Karl: Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, in: MEW, Band 42, Berlin 1983, S. 207.


Annahme 2

  • Unterschiedlicher Arbeitslohn hängt mit unterschiedlicher Qualifizierung zusammen.
  • Unterschiedliche Bezahlung zwischen einfacher und komplexer Arbeit verändert nicht den Ausbeutungsgrad der Arbeit.
  • Arbeit wird im gleichen Verhältnis, wie sie mehr Mehrwert erzeugt, höher entlohnt.

„[…] Unterschiede, z.B. in der Höhe des Arbeitslohns, beruhen großenteils auf dem […] Unterschied zwischen einfacher und komplizierter Arbeit und berühren, obgleich sie das Los der Arbeiter in verschiednen Produktionssphären sehr verungleichen, keineswegs den Exploitationsgrad [Ausbeutungsgrad, AG KA] der Arbeit in diesen verschiednen Sphären. Wird z.B. die Arbeit eines Goldschmieds teurer bezahlt als die eines Taglöhners, so stellt die Mehrarbeit des Goldschmieds in demselben Verhältnis auch größern Mehrwert her als die des Taglöhners.“
Marx, Karl: Das Kapital, Bd. 3, in: MEW, Band 25, Berlin 1964, S. 151.


Annahme 3

  • Die Reproduktionskosten von verschiedenen Arbeiten sind, genauso wie die Werte die sie schaffen, unterschiedlich.
  • Deshalb kann eine Gleichheit der Löhne nicht gerecht sein.

„Dennoch muß ich diese Gelegenheit zu der Feststellung benutzen, daß, genauso wie die Produktionskosten für Arbeitskräfte verschiedner Qualität nun einmal verschieden sind, auch die Werte der in verschiednen Geschäftszweigen beschäftigten Arbeitskräfte verschieden sein müssen. Der Ruf nach Gleichheit der Löhne beruht daher auf einem Irrtum, ist ein unerfüllbarer törichter Wunsch.“
Marx, Karl: Lohn, Preis und Profit, in: MEW, Band 16, Berlin 1962, S. 131.


Annahme 4

  • Ein kleines Quantum komplizierter Arbeit ist gleich einem größeren Quantum einfacher Arbeit.

„Die einfache Durchschnittsarbeit selbst wechselt zwar in verschiednen Ländern und Kulturepochen ihren Charakter, ist aber in einer vorhandnen Gesellschaft gegeben. Kompliziertere Arbeit gilt nur als potenzierte oder vielmehr multiplizierte ein- fache Arbeit, so daß ein kleineres Quantum komplizierter Arbeit gleich einem größeren Quantum einfacher Arbeit.“
Marx, Karl: Das Kapital, Bd. 1, in: MEW, Band 23, Berlin 1962, S. 59.


Kopf- und Handarbeiter[Bearbeiten]

Schlagworte

Gesamtarbeiter, produktive Arbeit, unproduktive Arbeit, Kooperation, kapitalistische Produktionsweise, geistige Arbeit, körperliche Arbeit, Fähigkeit, Bedürfnis

Annahme 1

  • Der Arbeitsprozess vereint Kopf- und Handarbeit.
  • Durch den gemeinsamen Arbeitsprozess entsteht ein gesellschaftliches Produkt.
  • Produktive Arbeit ist jede, die zum gesellschaftlichen Produktionsprozess beiträgt.

„Wie im Natursystem Kopf und Hand zusammengehören, vereint der Arbeitsprozeß Kopfarbeit und Handarbeit. […] Das Produkt verwandelt sich überhaupt aus dem unmittelbaren Produkt des individuellen Produzenten in ein gesellschaftliches, in das gemeinsame Produkt eines Gesamtarbeiters, d.h. eines kombinierten Arbeitspersonals, dessen Glieder der Handhabung des Arbeitsgegenstandes näher oder ferner stehn. Mit dem kooperativen Charakter des Arbeitsprozesses selbst erweitert sich daher notwendig der Begriff der produktiven Arbeit und ihres Trägers, des produktiven Arbeiters. Um produktiv zu arbeiten, ist es nun nicht mehr nötig, selbst Hand anzulegen; es genügt, Organ des Gesamtarbeiters zu sein, irgendeine seiner Unterfunktionen zu vollziehn.“
Marx, Karl: Das Kapital, Bd. 1, in: MEW, Band 23, Berlin 1962, S. 531.


Annahme 2

  • Das Verhältnis, das die Arbeiter zur produzierten Ware haben, ist abhängig von ihrer jeweiligen Qualifikation und Aufgabe, verschieden.
  • Die Gesamtheit der Arbeiter produziert die Ware und reproduziert und vergrößert damit das Kapital der Kapitalisten.

„Mit der Entwicklung der spezifisch kapitalistischen Produktionsweise, wo viele Arbeiter an der Produktion derselben Ware zusammenarbeiten, muß natürlich das Verhältnis, worin ihre Arbeit unmittelbar zum Gegenstand der Produktion steht, sehr verschieden sein. Z.B. die […] Handlanger in einer Fabrik haben nichts direkt mit der Bearbeitung des Rohstoffs zu tun. Die Arbeiter, die die Aufseher der direkt mit dieser Bearbeitung zu tun Habenden bilden, stehn einen Schritt weiter ab; der Ingenieur hat wieder ein andres Verhältnis und arbeitet hauptsächlich nur mit seinem Kopfe etc.

Aber das Ganze dieser Arbeiter, die Arbeitsvermögen von verschiednem Werte besitzen, […] produzieren das Resultat, das sich […]- in Ware oder einem materiellen Produkt ausspricht; und alle zusammen, als Atelier, sind die lebendige Produktionsmaschine dieser Produkte, wie sie, den gesamten Produktionsprozeß betrachtet, ihre Arbeit gegen Kapital austauschen und das Geld der Kapitalisten als Kapital reproduzieren, d.h. als sich verwertenden Wert, sich vergrößernden Wert.“
Marx, Karl, Theorien über den Mehrwert 1, in: MEW, Band 26.1, Berlin 1965, S. 386.


Annahme 3

  • Im höher entwickelten Kommunismus ist der Gegensatz zwischen Kopf- und Handarbeit verschwunden.

„In einer höheren Phase der kommunistischen Gesellschaft, nachdem die knechtende Unterordnung der Individuen unter die Teilung der Arbeit, damit auch der Gegensatz geistiger und körperlicher Arbeit verschwunden ist; […] – erst dann kann der enge bürgerliche Rechtshorizont ganz überschritten werden und die Gesellschaft auf ihre Fahne schreiben: Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!“
Marx, Karl: Kritik des Gothaer Programms, in: MEW, Band 19, Berlin 1987, S. 21.


Produktions- und Zirkulationsarbeiter[Bearbeiten]

Schlagworte

Kopf- und Handarbeit, Gesamtarbeiter, produktive und unproduktive Arbeit, Handelskapital, Kaufmannskapital, Akkumulation, produktives Kapital, Selbstverwertung des Kapitals, unbezahlte Arbeit, Wert der Arbeitskraft, Zirkulation, Mehrwert, Zirkulationskosten, Realisierung des Mehrwerts

Annahme 1

  • Die Trennung von Kopf- und Handarbeit ist der kapitalistischen Produktionsweise eigen, wenngleich das Produkt dieser Arbeit das gemeinsame Produkt von Kopf- und Handarbeiter ist.
  • Kopf- und Handarbeiter arbeiten produktiv, da sie unmittelbar materiellen Reichtum produzieren, ihre Arbeit unmittelbar gegen das Geld als Kapital austauschen und außer ihrem Einkommen einen unmittelbaren Mehrwert für den Kapitalisten reproduzieren.
  • Die Arbeit der produktiven Arbeiter besteht aus bezahlter Arbeit und unbezahlter Mehrarbeit.

„Es ist […] das Eigentümliche der kapitalistischen Produktionsweise, die verschiedenen Arbeiten, also auch die Kopf- und Handarbeiten – oder die Arbeiten, in denen die eine oder die andre Seite vorwiegt, – zu trennen und an verschiedene Personen zu verteilen, was jedoch nicht hindert, daß das materielle Produkt das gemeinsame Produkt dieser Personen ist oder ihr gemeinsames Produkt in materiellem Reichtum vergegenständlicht; was andrerseits ebensowenig hindert oder gar nichts daran ändert, daß das Verhältnis jeder einzelnen dieser Personen das des Lohnarbeiters zum Kapital und in diesem eminenten Sinn das des produktiven Arbeiters ist. Alle diese Personen sind nicht nur unmittelbar in der Produktion von materiellem Reichtum beschäftigt, sondern sie tauschen ihre Arbeit unmittelbar gegen das Geld als Kapital aus und reproduzieren daher unmittelbar außer ihrem Salair einen Mehrwert für den Kapitalisten. Ihre Arbeit besteht aus bezahlter Arbeit plus unbezahlter Surplusarbeit [Mehrarbeit, AG KA].“
Marx, Karl, Theorien über den Mehrwert 1, in: MEW, Band 26.1, Berlin 1965, S. 387.


Annahme 2

  • Handelskapital ist innerhalb der Zirkulationssphäre fungierendes Kapital.
  • Im Zirkulationsprozess werden weder Wert noch Mehrwert produziert.
  • In der Zirkulationssphäre können nur Mehrwerte realisiert werden, die in der Ware bereits existieren.
  • Handelskapital kann 1. die Zirkulationszeit einer Ware verringern und so a) zur Mehrwertvermehrung beitragen und b) die Profitrate erhöhen und 2. den Markt ausdehnen und so zur weiteren Arbeitsteilung der Kapitale, zu höherer Produktivität und damit zu größerer Akkumulation führen.

„Das Kaufmannskapital ist nichts als innerhalb der Zirkulationssphäre fungierendes Kapital. Der Zirkulationsprozeß ist eine Phase des gesamten Reproduktionsprozesses. Aber im Zirkulationsprozeß wird kein Wert produziert, also auch kein Mehrwert. Es gehn nur Formveränderungen derselben Wertmasse vor. […] Wird beim Verkauf der produzierten Ware ein Mehrwert realisiert, so, weil dieser bereits in ihr existiert […]. Das Kaufmannskapital schafft daher weder Wert noch Mehrwert, d.h. nicht direkt. Sofern es zur Abkürzung der Zirkulationszeit beiträgt, kann es indirekt den vom industriellen Kapitalisten produzierten Mehrwert vermehren helfen. Soweit es den Markt ausdehnen hilft und die Teilung der Arbeit zwischen den Kapitalen vermittelt, also das Kapital befähigt, auf größrer Stufenleiter zu arbeiten, befördert seine Funktion die Produktivität des industriellen Kapitals und dessen Akkumulation. Soweit es die Umlaufszeit abkürzt, erhöht es das Verhältnis des Mehrwerts zum vorgeschoßnen Kapital, also die Profitrate. Soweit es einen geringem Teil des Kapitals als Geldkapital in die Zirkulationssphäre einbannt, vermehrt es den direkt in der Produktion angewandten Teil des Kapitals.“
Marx, Karl: Das Kapital, Bd. 3, in: MEW, Band 25, Berlin 1964, S. 290f.


Annahme 3

  • Die unbezahlte Mehrarbeit des Arbeiters schafft dem produktiven Kapital Mehrwert.
  • Die unbezahlte Mehrarbeit der kommerziellen Lohnarbeiter schafft dem Handelskapital einen Anteil am Mehrwert des produktiven Kapitals.

„Wie die unbezahlte Arbeit des Arbeiters dem produktiven Kapital direkt Mehrwert [schafft, AG KA], schafft die unbezahlte Arbeit der kommerziellen Lohnarbeiter dem Handelskapital einen Anteil an jenem Mehrwert.“
Marx, Karl: Das Kapital, Bd. 3, in: MEW, Band 25, Berlin 1964, S. 305.


Annahme 4

  • Nur Arbeit, die Mehrwert produziert oder die das Kapital, d.h. die Arbeitskraft, Maschinen, Rohstoffe, etc. reproduziert, ist produktiv.

„Nur der Arbeiter ist produktiv, der Mehrwert für den Kapitalisten produziert oder zur Selbstverwertung des Kapitals dient.“
Marx, Karl: Das Kapital, Bd. 1, in: MEW, Band 23, Berlin 1962, S. 532.


Annahme 5

  • Zirkulationsarbeiter produzieren keinen Mehrwert.
  • Der Preis ihrer Arbeit ist bestimmt durch den Wert dieser Arbeit.
  • Ihre Arbeitskraft ist nicht durch ihren Wert begrenzt.
  • Ihr Lohn steht nicht unbedingt in einem Verhältnis zu dem Profit, den sie realisiert.

„Der kommerzielle Arbeiter produziert nicht direkt Mehrwert. Aber der Preis seiner Arbeit ist durch den Wert seiner Arbeitskraft, also deren Produktionskosten, bestimmt, während die Ausübung dieser Arbeitskraft, als eine Anspannung, Kraftäußerung und Abnutzung, wie bei jedem andren Lohnarbeiter, keineswegs durch den Wert seiner Arbeitskraft begrenzt ist. Sein Lohn steht daher in keinem notwendigen Verhältnis zu der Masse des Profits, die er dem Kapitalisten realisieren hilft. Was er dem Kapitalisten kostet und was er ihm einbringt, sind verschiedne Größen. Er bringt ihm ein, nicht indem er direkt Mehrwert schafft, aber indem er die Kosten der Realisierung des Mehrwerts vermindern hilft, soweit er, zum Teil unbezahlte, Arbeit verrichtet.“
Marx, Karl: Das Kapital, Bd. 3, in: MEW, Band 25, Berlin 1964, S. 311.


Annahme 6

  • Je mehr produktive Lohnarbeiter arbeiten, desto größer werden Mehrwert und Profit.
  • Die Menge der Notwendigkeit an Zirkulationsarbeitern ist abhängig von der Menge der produzierten Ware, also auch von der Menge der produktiven Lohnarbeiter.

„Das industrielle Kapital verhält sich […] nicht in derselben Weise zu seinen kommerziellen, wie zu seinen produktiven Lohnarbeitern. Je mehr von diesen letzteren bei sonst gleichbleibenden Umständen angewandt werden, um so massenhafter die Produktion, um so größer der Mehrwert oder Profit. Umgekehrt dagegen [bei den kaufmännischen Arbeitern, AG KA]. […] Es liegt in der Natur der Sache, daß eine Arbeit, die nur in den vermittelnden Operationen besteht, welche teils mit der Berechnung der Werte, teils mit ihrer Realisierung, teils mit der Wiederverwandlung des realisierten Geldes in Produktionsmittel verbunden sind, deren Umfang also von der Größe der produzierten und zu realisierenden Werte abhängt, daß eine solche Arbeit nicht als Ursache, wie die direkt produktive Arbeit, sondern als Folge der respektiven Größen und Massen dieser Werte wirkt. Ähnlich verhält es sich mit den andren Zirkulationskosten. Um viel zu messen, zu wiegen, zu verpacken, zu transportieren, muß viel da sein; die Menge der Pack- und Transportarbeit etc. hängt ab von der Masse der Waren, die Objekte ihrer Tätigkeit sind, nicht umgekehrt.“
Marx, Karl: Das Kapital, Bd. 3, in: MEW, Band 25, Berlin 1964, S. 310 f.