Planung einer komplexen Ökonomie

Version vom 12. Dezember 2019, 15:48 Uhr von Tas (Diskussion | Beiträge) (Verteidiger der zentralen Planwirtschaft)
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Einleitung[Bearbeiten]

Die Einschätzung der Geschichte der sozialistischen Länder ist vor allem aus ökonomischer Perspektive ein großer Streitpunkt in der kommunistischen Bewegung. Leistungen, Defizite und mutmaßliche Grenzen der zentralen Planwirtschaft werden in ihrer historischen Entwicklung entlang der Schlagworte Produktivität, Flexibilität (Übereinstimmung Produktion-Konsumentenbedürfnisse, Innovationsfähigkeit), Entfremdung und Aufhebung des Wertes von verschiedenen Seiten einer Analyse unterzogen. Die Ergebnisse widersprechen sich. Die einen meinen der zentrale Plan hätte nach einer gewissen Zeit des rudimentären Aufbaus unter einer "Kommandowirtschaft" ausgedient, die Produktivkraftentwicklung fortan gehemmt und sei notwendigerweise bei zunehmender Komplexität der Ökonomie zugunsten von Marktelementen zurückgedrängt worden, um den neuen Aufgaben der Ökonomie gerecht zu werden. Auf der anderen Seite steht die Position, dass die zentrale Planwirtschaft notwendige Erscheinungsform des Sozialismus sei und gerade mit der Zurückdrängung dieser sich nicht nur der Grad der Entwicklung der sozialistischen Verhältnisse schmälerte, sondern sich auch eine ökonomische Stagnations- und Niedergangsphase einleitete. Der Dissens ist eng verbunden mit der Diskussion um Eigentumsformen im Sozialismus und daher mit dem Dissens zu Plan, Markt und Wertgesetz. Einige Argumentationen weisen auch Parallelen zu dem Dissens zu Staatseigentum und Entfremdung auf.

Historische Herleitung[Bearbeiten]

Nach dem XX. Parteitag der KPdSU kam es vermehrt zu krass verfehlten Planzielen, die Wachstumsraten sanken schließlich ab Mitte der 1970er Jahre stark ab. Ökonomen wie Jewsej Liebermann und A. N. Kossygin gaben die Schuld der zu geringen Berücksichtigung des Wertgesetzes im Rahmen der Planwirtschaft, die bis dato nicht flexibel, effektiv und innovationsfähig genug sei. 1958 wurden die Maschinen- und Traktorenstationen (MTS), die bis dahin Staatseigentum waren und den bäuerlichen Kollektivwirtschaften zur Verfügung gestellt wurden, an die Kollektivwirtschaften verkauft. Die Preise der Konsumgüter sollten stärker die Werte widerspiegeln und die Betriebe erhielten mehr Unabhängigkeit, um sich stärker am Markt orientieren zu können. Der Sozialismus in der Sowjetunion machte nach Stalins Tod eine Kehrtwende. Die immer weiter voranschreitende Verstaatlichung und damit Zentralisierung der Produktion wurde ab 1965 mit einem Schub abgelöst durch eine wachsende Autonomie der einzelnen Betriebe, die Reformen wurden jedoch in den 70ern wieder teilweise und schrittweise zurückgenommen. Der grundsätzlich neue Entwicklungsweg wurde damit begründet, dass die zentralen Vorgaben die Selbstständigkeit und Initiative der Betriebsbelegschaften einschränkten und das Verantwortungsgefühl für die Verbesserung der Produktionsorganisation verringerten. Pläne seien insgesamt „veraltet, bürokratisch, restriktiv“ und eine „Stalinsche Verzerrung des Sozialismus“ [1]. So viel zu der historischen Herleitung des praxisrelevanten (!) Ausbrechens der Debatte in der SU.

Eine komplexe Ökonomie sei nicht planbar[Bearbeiten]

In Bezug auf die Sowjetunion wird oft anerkannt, dass sie zwar gezeigt habe, dass die Planwirtschaft unter bestimmten Voraussetzungen hohe Wachstumsraten hervorbringen kann, wie es in den 1930ern, 40ern und 50ern in der Sowjetunion der Fall war – dass aber dieses Wachstumsmodell sich dann begonnen habe zu erschöpfen und dementsprechend die Wachstumsraten sanken. Der Grund dafür liege darin, dass die „groben“ Methoden der zentralen Planwirtschaft unter Stalin, wo Betriebe einfach verpflichtende Anweisungen erhielten und weder die Versorgung mit Gütern, noch der Absatz der Produkte über Kauf und Verkauf realisiert wurde, nur für eine relativ primitive Wirtschaft geeignet gewesen seien, wo es einfach darum ging, möglichst viele Ressourcen zu mobilisieren und die Produktion extensiv (also durch quantitative Ausweitung der Produktion und mehr Inputs, nicht durch Effizienzsteigerungen oder Qualitätsverbesserungen) auszuweiten. Als die Sowjetunion dann aber vor der Herausforderung stand, dass viele ihrer Ressourcenquellen sich erschöpften und es notwendig gewesen wäre, die Produktivität zu steigern, die Produkte zu verbessern, die Produktpalette zu verbreitern usw., habe dieses Modell versagt, daher seien die Wachstumsraten gesunken. Dazu die DKP: Konnten mit dem administrativ-zentralistischen Typ des Sozialismus zunächst bedeutende wirtschaftliche Erfolge erreicht werden, so erwies er sich später als zu wenig flexibel, um die Anforderungen der wissenschaftlich-technischen Revolution zu meistern. Die Folge war, daß die sozialistischen Länder in der Entwicklung der Arbeitsproduktivität und des materiellen Lebensstandards immer weiter hinter den entwickelten kapitalistischen Ländern zurückblieben. Das mußte destabilisieren[2].

Oft wird diese Argumentation angeführt, um grundlegende Zweifel an der Realisierbarkeit einer zentralen Planwirtschaft anzumelden, zumindest in einer entwickelten komplexen Gesellschaft. Dies, so die Vertreter dieser Position, sei nur durch eine „Marktwirtschaft“ (also Kapitalismus) möglich, da allein der Markt in der Lage sei, Konsumentenwünschen zu entsprechen und Anreize für die Verbesserung der Produktqualität usw. zu schaffen. Obwohl es sich um ein prinzipiell antisozialistisches Argument handelt, finden sich Varianten dieser Argumentation auch bei Autoren mit marxistischem Anspruch wieder.

Schließlich wird das zentralistische Moment der Planwirtschaft als tendenziell unsozialistisches deklariert, da es immer eine Entfremdung beinhalte und damit überwunden werden müsse. Wo die zentrale Planwirtschaft in der Aufbau- und Rekonstruktionsphase noch ihre Berechtigung haben könne, müsse sie um Zuge der Vertiefung sozialistischer Verhältnisse überwunden werden, um die Entfremdung der Produzenten von den Produktionsmitteln aufzuheben. Sozialistische Selbstverwaltung der Produzenten lässt sich am ehesten unter Bedingungen genossenschaftlichen Eigentums oder in ähnlichen Formen kollektiven Eigentums verwirklichen. Diese sollten darum, wo immer dies möglich ist, Verbreitung finden [...]. Die Beziehungen zwischen dem Staat als Eigentümer und den Betrieben sollte so gestaltet werden, dass auch hier die ökonomische Verantwortung und die Entscheidungsbefugnisse so weit wie möglich an die Betriebe und ihre Arbeitskollektive übergehen. [...] In manchen Bereichen des Handwerks und des Dienstleistungssektors kann kleines Privateigentum besser geeignet sein, die Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen, als gesellschaftliches. Die DKP tritt dafür ein, dass dort, wo dies der Fall ist, kleines Privateigentum unter sozialistischen Bedingungen eine gesicherte Perspektive erhält[3].

Verteidiger der zentralen Planwirtschaft[Bearbeiten]

Die Kritik an der Vorstellung, ab einem bestimmten Punkt hätte die zentrale Planwirtschaft ausgedient, beginnt mit dem Verweis, dass ein Ablassen von der zentralen Planwirtschaft auch ein Ablassen vom Sozialismus bedeute, und entsprechend die angebliche Notwendigkeit des Abbaus der zentralen Planwirtschaft die Sinnhaftigkeit des Sozialismus insgesamt infrage stelle. Sie beginnt also mit der Herleitung, dass die These, dass eine komplexe Ökonomie nicht planbar sei, prinzipiell antisozialistisch sei.

Da der Abbau der zentralen Planwirtschaft mit Vermarktlichungsprozessen verknüpft war, galt die Kritik in diesem Kontext oft dem aufkommenden Wert. Maßgebliche Kritikpunkte sind hier, 1) dass sich mit der Entwicklung des Marktes die Volkswirtschaft nicht mehr an den Bedürfnissen der Menschen orientiere, sondern mehr und mehr der Profitlogik unterliege, 2) dass die Einkommensverhältnisse in der Bevölkerung stärker auseinandergingen und 3) dass Korruption, Egoismus, Schattenwirtschaft und Gleichgültigkeit gegenüber der Allgemeinheit gestärkt würden. In Bezug auf den Wert konstatieren die Kritiker zudem, dass die Planung zentral sein muss, um den Wert aufzuheben und eine Gebrauchswertproduktion zu installieren.


„Aufhebung des Privateigentums an den Produktionsmitteln heißt also Aufhebung der Warenproduktion als gesellschaftlich bestimmende Produktionsform. Und das heißt, dass die Geltung des Wertgesetzes abgelöst wird durch die Rationalität einer gesellschaftlichen Planung. Die gesellschaftliche Planung bezieht sich auf die Produktion der notwendigen Gebrauchswerte und ist, weil sie gesellschaftlich sein muss und nicht privat sein kann, eine zentrale Planung.“
Flegel, Der falsche Kompass, S. 14.


Das heißt, dass alle Privatproduzenten, die nicht unmittelbar gesellschaftliche Produktion betreiben, möglichst bald in den gesellschaftlichen Plan integriert werden müssten und somit Waren- und Geldwirtschaft überwunden werden kann (Siehe hier auch den Dissens zu Plan, Markt und Wertgesetz). Alle Produktivkräfte (Sektoren der Volkswirtschaft), die wechselseitig voneinander abhängen, könnten dann im Einklang, d. h. nach Plan auf eine proportionale Entwicklung abgestimmt werden. An dieser Stelle ist auch die Gegenthese zu der These der Entfremdung durch Zentralisierung geschaffen.

Nur durch die Zentralisierung könne der Wert abgeschafft werden und damit die allgemeine Entfremdung des Menschen. Auch erst ab hier könne man tatsächlich von Demokratie sprechen, da nicht mehr das Kapital herrsche, sondern die Menschen zum ersten mal Produzenten der Gegenwart und Zukunft würden. Weitere Ausführungen um den Entfremdungsbegriff im Sozialismus sind in dem Dissens-Teil zu "Staatseigentum, Vergesellschaftung und Bürokratie im Sozialismus" zu finden.

Neben der grundsätzlichen Kritik an den aufkommenden kapitalistischen Elementen argumentieren die Verteidiger der zentralen Planwirtschaft auch mit deren grundsätzlich höherer Produktivität. Die Quelle des außerordentlichen wirtschaftlichen Wachstums in der UdSSR sei die ständige und planmäßige Einführung moderner Technik in der Produktion. Nur der Staat, so Stalin, wäre dazu in der Lage solch enorme Investitionen bewusst zu tätigen – etwa der Verkauf der MTS würde also die Produktivkraftentwicklung bei den Genossenschaften stark hemmen. Außerdem vergrößere der Verkauf den Abstand zwischen dem kollektivwirtschaftlichen Eigentum und dem allgemeinen Volkseigentum und vergrößere damit auch grundsätzlich den Abstand zum angestrebten Kommunismus. Durch die Dezentralisierung der Produktionsplanung sei also keine planmäßige Entwicklung der Volkswirtschaft mehr möglich. Die Entwicklung einzelner Bereiche der Wirtschaft hänge somit nicht mehr von gesamtgesellschaftlichen Mitteln (und Bedürfnissen!) ab, sondern von den Mitteln der dezentralen, verwaltenden Instanz. Dazu Stalin:


„Manche Genossen ziehen den Schluss, dass das Gesetz der planmäßigen Entwicklung der Volkswirtschaft und die Planung der Volkswirtschaft das Prinzip der Rentabilität der Produktion aufheben. Das ist völlig falsch. Die Sache verhält sich gerade umgekehrt. Wenn man die Rentabilität nicht vom Standpunkt einzelner Betriebe oder Produktionszweige betrachtet und nicht den Maßstab eines Jahres anlegt, sondern sie vom Standpunkt der gesamten Volkswirtschaft betrachtet und den Maßstab von etwa 12 bis 15 Jahren anlegt, was die einzig richtige Fragestellung wäre, dann steht die zeitweilige und labile Rentabilität einzelner Betriebe oder Produktionszweige in gar keinem Vergleich zu der höheren Form der sicheren und ständigen Rentabilität, die uns die Wirkung des Gesetzes der planmäßigen Entwicklung der Volkswirtschaft und die Planung der Volkswirtschaft gewährleisten, indem sie uns vor den periodischen Wirtschaftskrisen, die die Volkswirtschaft zerrütten und der Gesellschaft gewaltigen materiellen Schaden zufügen, bewahren und uns das ununterbrochene, außerordentlich schnelle Wachstum der Volkswirtschaft sichern.“
Stalin, Ökonomische Probleme des Sozialismus in der UdSSR, Stalin Werke Bd. 15, S. 315.


Indizien dafür, dass diese Annahmen nicht mehr gelten würden, wenn die Ökonomie einen gewissen Grad der Komplexität erreicht, werden von den Kritikern nicht gesehen. Konträr zu den Verteidigern der Reformen sehen dessen Kritiker die Geschichte außerdem nicht als Indiz für die allgemeine Notwendigkeit des Abbaus der zentralen Planwirtschaft, sondern als Beweis, dass nicht die zentrale Planwirtschaft, sondern die Abweichung davon für das Scheitern des Sozialismus verantwortlich ist. In der Geschichtsanalyse der UdSSR werden dabei zwei Phasen der sozialistischen Entwicklung beschrieben:


„Zunächst die Aufbauphase auf Grundlage der Planwirtschaft, die innerhalb historisch einmalig kurzer Zeit aus einem rückständigen Agrarland eine moderne Industrienation mit einer so leistungsfähigen Wirtschaft machte, dass der Sieg im II. Weltkrieg möglich war. Und dann die Stagnations- und Niedergangsphase, die mit dem XX. Parteitag begann, und die zeigt, dass das Tempo des Verfalls sich proportional mit dem Tempo der marktwirtschaftlichen Reformen beschleunigte.“
Flegel, Der falsche Kompass, S. 32.


Fazit[Bearbeiten]

Aus unserer Sicht sollte untersucht werden, welche Faktoren dazu führten, dass sich die Entwicklungsgeschwindigkeit des Sozialismus in der Sowjetunion verlangsamte – oder anders gesagt: inwiefern die Funktionsweise der sowjetischen Planwirtschaft, die Methoden der Planung und Lenkung tatsächlich auch einen Beitrag zur Verlangsamung des Wachstums leisteten, neben dem Wirken von äußeren Faktoren (Erschöpfung natürlicher Ressourcen, erzwungener Rüstungswettlauf gegen den Imperialismus usw.).

Auf der anderen Seite müssen aber auch die Argumente derer, die einer Planwirtschaft grundsätzlich absprechen, technologische Entwicklung und Innovation fördern oder eine komplexer werdende Wirtschaft planen und lenken zu können, auf ihre Stichhaltigkeit (auch vor dem Hintergrund der historischen Erfahrungen) untersucht werden. Da bei dieser Argumentation die Möglichkeit einer sozialistischen Gesellschaft infrage gestellt wird, ist die Auseinandersetzung damit für uns eine zentrale Aufgabe.

Bezug zu unseren Grundannahmen[Bearbeiten]

Um diesen Dissens zu bearbeiten, liegen uns folgende Grundannahmen vor. Die Grundannahmen betreffen jeweils nicht unmittelbar den Dissens, sondern sollen als Handwerkzeug dienen, den Dissens zu bearbeiten.

Das Proletariat wird seine politische Herrschaft dazu benutzen, der Bourgeoisie nach und nach alles Kapital zu entreißen, alle Produktionsinstrumente in den Händen des Staates, d.h. des als herrschende Klasse organisierten Proletariats, zu zentralisieren und die Masse der Produktionskräfte möglichst rasch zu vermehren[4].

Das Proletariat muss nach Engels also alle Produktionsmittel in den Händen seines Staates zentralisieren.


„Mit der Besitzergreifung der Produktionsmittel durch die Gesellschaft ist die Warenproduktion beseitigt und damit die Herrschaft des Produkts über die Produzenten. Die Anarchie innerhalb der gesellschaftlichen Produktion wird ersetzt durch planmäßige, bewusste Organisation. Der Kampf ums Einzeldasein hört auf. […] Die Gesetze ihres eigenen gesellschaftlichen Tuns, die ihnen bisher als fremde, sie beherrschende Naturgesetze gegenüberstanden, werden dann von den Menschen in voller Sachkenntnis angewandt und damit beherrscht. Die eigene Vergesellschaftung der Menschen, die ihnen bisher als von Natur und Geschichte aufgenötigt gegenüberstand, wird jetzt ihre freie Tat.“
Engels, Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft, MEW Bd. 19, S. 226.


Die allgemeine Entfremdung des Menschen wird aufgehoben durch die Besitzergreifung der Produktionsmittel durch die Gesellschaft und eine planmäßige, bewusste Organisation der Produktion.


„Der Wertbegriff ist der allgemeinste und daher umfassendste Ausdruck der ökonomischen Bedingungen der Warenproduktion. Im Wertbegriff ist daher der Keim enthalten, nicht nur des Geldes, sondern auch aller weiter entwickelten Formen der Warenproduktion und des Warenaustausches. […] In der Wertform der Produkte steckt daher bereits im Keim die ganze kapitalistische Produktionsform, der Gegensatz von Kapitalisten und Lohnarbeitern, die industrielle Reservearmee, die Krisen. Die kapitalistische Produktionsform abschaffen wollen durch Herstellung des ‚wahren Werts‘, heißt daher, den Katholizismus abschaffen wollen durch die Herstellung des wahren Papstes oder eine Gesellschaft, in der die Produzenten endlich einmal ihr Produkt beherrschen, herstellen durch konsequente Durchführung einer ökonomischen Kategorie, die der umfassendste Ausdruck der Knechtung der Produzenten durch ihr eigenes Produkt ist.“
Engels, Herrn Eugen Dürings Umwälzung der Wissenschaft, MEW Bd. 20, S. 289.


In der Wertform der Produkte steckt bereits im Keim die ganze kapitalistische Produktionsform. Die kapitalistische Produktionsform muss daher gemeinsam mit der Wertform abgeschafft werden.


„Das Proletariat ergreift die öffentliche Gewalt und verwandelt kraft dieser Gewalt die den Händen der Bourgeoisie entgleitenden gesellschaftlichen Produktionsmittel in öffentliches Eigentum. Durch diesen Akt befreit es die Produktionsmittel von ihrer bisherigen Kapitaleigenschaft und gibt ihrem gesellschaftlichen Charakter volle Freiheit, sich durchzusetzen. Eine gesellschaftliche Produktion nach vorbestimmtem Plan wird nunmehr möglich. Die Entwicklung der Produktion macht die fernere Existenz verschiedener Gesellschaftsklassen [ergo verschiedener Eigentumsformen, Anm. KO] zu einem Anachronismus.“
Engels, Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft, MEW Bd. 19, S. 228.


Eine gesellschaftliche Produktion nach vorbestimmtem Plan wird erst durch das Übergehen der gesellschaftlichen Produktionsmittel in öffentliches Eigentum möglich. Ein Konzept verschiedener Eigentumsformen ist von hier an überlebt, der Entwicklung nicht mehr adäquat.

Arbeitsschritte[Bearbeiten]

Der Dissens zur Möglichkeit und Sinnhaftigkeit der Planung einer komplexen Ökonomie soll in gegebener Reihenfolge 1) theoretisch-logisch aus den Grundlagen des Marxismus erschlossen werden, 2) historisch konkret am Beispiel der Sowjetunion und der DDR überprüft werden und 3) auf einen perspektivischen Sozialismus mit entsprechenden Voraussetzungen in Deutschland angewandt werden, um eventuell zukünftige Lösungsansätze (z. B. Digitalisierung) für erkannte Probleme im Kontext des Dissens festzustellen.

Vor dem ersten Schritt der Lösung des Dissens müssen die Argumentationen verschiedener hier relevanter Theoretiker, wie Stalin und Chruschtschow, aber auch etwa der KKE und DKP möglichst detailliert aufgeschlüsselt werden. Der erste Schritt wird dann Ergebnis eines vertiefenden Studiums der Klassiker Marx, Engels und Lenin sein. Der zweite Schritt wird der arbeitsintensivste, denn in ihm muss die ökonomische Entwicklung der Sowjetunion und der DDR akribisch anhand der Faktoren Produktivität, Flexibilität (Übereinstimmung Produktions- und Konsumentenbedürfnisse, Innovationsfähigkeit), Entfremdung und Aufhebung des Werts aufgearbeitet werden. Sowohl unser theoretisch-logischer Schluss aus den marxistischen Grundlagen als auch die Argumente der verschiedenen Seiten müssen dann an dieser Aufarbeitung geprüft werden. Am Ende dieses Schrittes werden weitreichende Schlussfolgerungen stehen. Der dritte Schritt wird verhältnismäßig kurz gehalten. Unsere groben Ausarbeitungen eines Modells für einen zukünftigen Sozialismus in Deutschland und die angenommenen, dann vorhandenen Voraussetzungen, werden wir auf den Dissens beziehen und prüfen, ob dann eventuelle Probleme gelöst werden könnten.

Bezugnahme Dissens – unsere Behauptungen[Bearbeiten]

In unseren Programmatischen Thesen haben wir bereits etwas dazu erarbeitet, weshalb wir mit einer gewissen Positionierung in den Dissens einsteigen. Dort steht: Das Ziel der sozialistischen Gesellschaft und ihres Staates ist es, alle Produktionsmittel zu vergesellschaften und so schnell und so planmäßig wie möglich zu entwickeln. Die Ausgangslage des Klärungsprozesses ist also ein grundsätzlich positiver Bezug zur zentralen Planwirtschaft. Dabei wird die zentrale Planwirtschaft als demokratischste Form der Produktion deklariert, weil in ihr die breiten Massen selbst über die Gestaltung und Verbesserung ihrer Lebensgrundlagen bestimmen. Sie muss notwendigerweise zentralistisch sein, weil nur durch die Zusammenführung der Bedürfnisse und Produktionsmöglichkeiten an einer zentralen Stelle, die einen gesamtgesellschaftlichen Plan erstellt, die gesamtgesellschaftlichen Interessen in die Planung einfließen können. Grundlage dafür ist die Verstaatlichung aller Produktionsmittel, die nach und nach erfolgen wird. Klar ist in den Programmatischen Thesen auch die Entwicklungsrichtung der sozialistischen Ökonomie: Dabei muss die Planwirtschaft in ihrer Entwicklung den sozialistischen Charakter der Produktion vertiefen und nicht in bereits überwundene, weniger gesellschaftliche Formen wie Genossenschaften oder gar Privatunternehmen zurückfallen. Durch gesellschaftliche Planung der Produktion und Verteilung und unter gesellschaftlicher Kontrolle werden so die materiellen und kulturellen Grundlagen für die klassenlose Gesellschaft, den Kommunismus geschaffen. Auch eine erste historische Einschätzung bezüglich der Auswirkungen des Ablassens von der zentralen Planwirtschaft zugunsten der Warenproduktion ist bereits festgehalten: Theorien, die von einer dauerhaft bleibenden Wirkung des Wertgesetzes im Sozialismus oder der sozialistischen Warenproduktion ausgehen, haben sich als falsch und schädlich erwiesen. Wo die Praxis in den sozialistischen Ländern sich nach solchen Vorstellungen richtete, untergrub sie den Sozialismus. Maßgebliche Ursache der Konterrevolution war die Verbreitung und schließlich Vorherrschaft revisionistischer Auffassungen und ‚marktsozialistischer‘ Tendenzen.


Literatur[Bearbeiten]

  • Engels, Friedrich: Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft, MEW Band 19.
  • Engels, Friedrich: Herrn Eugen Dürings Umwälzung der Wissenschaft, MEW Band 20.
  • Engels, Friedrich: Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft, MEW Band 19.
  • Flegel, Frank: Der falsche Kompass. Für welche Ökonomie kämpft die kommunistische Bewegung? In: offen-siv 2-2018.
  • Marx, Karl / Engels, Friedrich: Manifest der Kommunistischen Partei, MEW Band 4.
  • Sozialismusvorstellungen der DKP, Entwurf, in: offen-siv 5-1997.
  • Stalin, J. W.: Ökonomische Probleme des Sozialismus in der UdSSR, Stalin Werke Band 15.

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Vgl. Flegel.
  2. DKP, S. 7.
  3. DKP, Entwurf.
  4. Marx/Engels, S. 481.