Imperialismus als Weltsystem: Unterschied zwischen den Versionen

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Die KKE vertritt die Imperialismusanalyse, wonach der ökonomische Kern des Imperialismus das Monopol ist. Die Merkmale des Imperialismus seien weiterhin Konzentration der Produktion und des Kapitals, Verschmelzung des Bank- und Industriekapitals zum Finanzkapital, Entstehung einer Finanzoligarchie, Kapitalexport, Entstehung internationaler Monopolbündnisse. Imperialismus sei kein politisches Konzept, das von der ökonomischen Basis loszulösen ist und auch nicht nur als Politik der militärischen Aggression zu verstehen. Kapitalismus und Imperialismus seien nicht von einander zu trennen. Imperialismus sei ein Weltsystem, in dem die verschiedenen Länder verschiedene Stellungen einnehmen und in einem wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnis stehen. Es sind nicht nur eine Handvoll mächtiger Länder, die alle anderen unterdrücken. Neben den Ländern, die an der Spitze des Systems stehen, wofür die KKE das Bild einer Pyramide benutzt, entwickeln auch die Länder, die eine Zwischenstellung einnehmen, die Kriterien des Imperialismus (Monopole, Finanzkapital, Kapitalexport).
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Die KKE vertritt die Imperialismusanalyse, wonach der ökonomische Kern des Imperialismus das Monopol ist. Die Merkmale des Imperialismus seien weiterhin: die Konzentration der Produktion und des Kapitals, die Verschmelzung des Bank- und Industriekapitals zum Finanzkapital, die Entstehung einer Finanzoligarchie, der Kapitalexport und die Entstehung internationaler Monopolbündnisse. Imperialismus sei kein politisches Konzept, das von der ökonomischen Basis loszulösen ist und auch nicht nur als Politik der militärischen Aggression zu verstehen. Kapitalismus und Imperialismus seien nicht von einander zu trennen. Imperialismus sei ein Weltsystem, in dem die verschiedenen Länder verschiedene Stellungen einnehmen und in einem wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnis stehen. Es sind nicht nur eine Handvoll mächtiger Länder, die alle anderen unterdrücken. Neben den Ländern, die an der Spitze des Systems stehen, wofür die KKE das Bild einer Pyramide benutzt, entwickeln auch die Länder, die eine Zwischenstellung einnehmen, die Kriterien des Imperialismus (Monopole, Finanzkapital, Kapitalexport).
 
   
 
   
 
Die Gegensätze und Widersprüche zwischen den verschiedenen Staaten nehmen zu, die Konkurrenz um Rohstoffe, Transportwege und Marktanteile der Monopole verschärft sich.
 
Die Gegensätze und Widersprüche zwischen den verschiedenen Staaten nehmen zu, die Konkurrenz um Rohstoffe, Transportwege und Marktanteile der Monopole verschärft sich.

Version vom 7. Januar 2019, 17:15 Uhr

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Worum geht es? Darlegung der Fragestellung, des Sachverhaltes[Bearbeiten]

Die Analyse des Imperialismus ist umstritten und gehört zu den zentralen Debatten in der kommunistischen Bewegung. Sie hat weitgehende Konsequenzen für die Strategie der Parteien. Es ist eine anhaltende Debatte seit der Entstehung des Imperialismus. Zum Teil sind es dieselben Punkte, wie in der Auseinandersetzung zwischen Kautsky und Lenin. Der Grund für Unklarheiten liegt zum einen im Opportunismus, zum anderen in Veränderungen, die untersucht werden müssen und über die, wegen mangelnder Grundlage, falsche Annahmen entstehen können.

Die voranschreitende Monopolisierung und die weitere Entwicklung von Kapitalexport, verschiedenen Formen des fiktiven Kapitals und der Kapitalströme führen zu Annahmen, der grundlegende Charakter des Kapitalismus in seinem imperialistischen Stadium habe sich verändert. Die Entstehung neuer Zentren führt zu verschiedenen Annahmen, was das bedeutet.

Im Mittelpunkt der Debatte steht die Frage was die Kriterien sind, mit denen die Analyse vorgenommen wird. Wird der Imperialismus als ökonomisches System oder als vor allem politisches Phänomen begriffen? Ist es möglich den politischen Überbau von der ökonomischen Basis zu lösen bzw. zu relativieren? Gibt es kapitalistische Staaten, die eine friedliche, fortschrittliche Entwicklung im Imperialismus ermöglichen könnten? Gibt es eine Verflechtung und Verschränkung, die zu einer Abschwächung der Widersprüche führt?

Außerdem ist die Frage, ob es Staaten bzw. Länder gibt, die außerhalb des „Imperialismus“ stehen, womit auch eine Definition des Imperialismus vorgenommen wird, die ihn auf einige wenige besonders mächtige Länder beschränken. Oder ob der Imperialismus als Weltsystem zu verstehen ist, in dem die Länder verschiedene Positionen einnehmen.

Welche Positionen / Thesen gibt es? Und wer vertritt sie?[Bearbeiten]

Imperialismus als Weltsystem, die imperialistische Pyramide[Bearbeiten]

Die KKE vertritt die Imperialismusanalyse, wonach der ökonomische Kern des Imperialismus das Monopol ist. Die Merkmale des Imperialismus seien weiterhin: die Konzentration der Produktion und des Kapitals, die Verschmelzung des Bank- und Industriekapitals zum Finanzkapital, die Entstehung einer Finanzoligarchie, der Kapitalexport und die Entstehung internationaler Monopolbündnisse. Imperialismus sei kein politisches Konzept, das von der ökonomischen Basis loszulösen ist und auch nicht nur als Politik der militärischen Aggression zu verstehen. Kapitalismus und Imperialismus seien nicht von einander zu trennen. Imperialismus sei ein Weltsystem, in dem die verschiedenen Länder verschiedene Stellungen einnehmen und in einem wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnis stehen. Es sind nicht nur eine Handvoll mächtiger Länder, die alle anderen unterdrücken. Neben den Ländern, die an der Spitze des Systems stehen, wofür die KKE das Bild einer Pyramide benutzt, entwickeln auch die Länder, die eine Zwischenstellung einnehmen, die Kriterien des Imperialismus (Monopole, Finanzkapital, Kapitalexport).

Die Gegensätze und Widersprüche zwischen den verschiedenen Staaten nehmen zu, die Konkurrenz um Rohstoffe, Transportwege und Marktanteile der Monopole verschärft sich. Die Zunahme von Polen oder Zentren verschärfe die Konkurrenz und Gegensätze. Monopole in der Wirtschaft könnten nicht mit einer gewaltfreien, nicht den Monopolinteressen dienenden Politik koexistieren. Ein Zwischenstadium zwischen Kapitalismus und Sozialismus gebe es nicht. Die Arbeiterklasse müsse die Macht erobern und den Sozialismus errichten.
Vertreter: KKE (https://inter.kke.gr/de/articles/On-Imperialism-The-Imperialist-Pyramid/)

Multipolare Weltordnung[Bearbeiten]

Ausgangspunkt ist die Veränderung von einer „unipolaren Weltordnung“ durch die USA zu einer „multipolaren Weltordnung“ mit mehreren Zentren. Unter „imperialistisch“ werden die USA und NATO-Staaten verstanden, die sich in alle anderen einmischen und ihre Entwicklung bremsen wollen. Aufstrebende Staaten haben Interesse an Kooperation und Völkerrecht, um sich gegen die Einmischung zu wehren.
Dies sei objektiv im Interesse der Arbeiterklasse. Einzelne Länder könnten zwar ökonomisch die Kriterien für Imperialismus (Monopole, Kapitalexport, etc.) erfüllen (Russland) und dennoch eine positive Rolle einnehmen und objektiv dem Kampf für Frieden dienen, „politisch“ nicht imperialistisch sein. Eine besondere Rolle spielen Russland und China. Bei letzterem wird angenommen, dass es ein Land mit sozialistischer Orientierung sei. Die Debatte um den Klassencharakter von Russland und China ist eng damit verbunden.
Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass Kapitalismus und Imperialismus nicht identisch seien und imperialistische Politik vor allem militärische Aggression bedeute.
Vertreter: Beate Landefeld, Willi Gerns, weitere Teile der DKP. Freidenker, Andreas Wehr, Rotfuchs, Z Zeitschrift marxistische Erneuerung, teilweise Zeitschrift Sozialismus

Kollektiver Imperialismus[Bearbeiten]

Vor knapp zwanzig Jahren wurde die These vertreten, dass alle imperialistischen Staaten auf Grund gemeinsamer Interessen die restlichen Länder unterwerfen und dass ein Krieg zwischen den imperialistischen Mächten unwahrscheinlich bzw. ausgeschlossen ist.
Nach der Weltwirtschaftskrise von 2008 und der zunehmenden Widersprüche zwischen den imperialistischen Ländern hat sich die These etwas verschoben. Angenommen wird nun, dass die USA und die NATO-Staaten einen kollektiven Imperialismus bilden, der ihre Interessen gegen die anderen, vor allem Russland und China durchsetzt. Welchen Charakter und welche Rolle Russland und China dabei spielen, wird unterschiedlich ausgelegt. Angenommen wird von einigen Vertretern, dass sich der Imperialismus im Übergang vom „staatsmonopolistischen Kapitalismus“ zum „transnationalen Monopolkapitalismus“ befinde. Aufgrund der Internationalisierung der Produktion und Verwertung des Kapitals, sowie der Zunahme des Kapitalexports hätten sich Konzerne mit „transnationaler Eigentümerstruktur“ herausgebildet. Dies führe auch zu Entwicklung neuer supranationaler Staatsgebilde. Damit verbunden wird eine relative Selbständigkeit des Staates vom Kapital angenommen. Die Nationalstaaten würden gegeneinander ausgespielt, um die besten Bedingungen für die transnationalen Konzerne durchzusetzen und die „Hegemonie“ des transnationalen Kapitals zu vermitteln und die Konflikte zwischen Fraktionen dieses Kapitals zu bearbeiten. Die Konkurrenz zwischen Nationalstaaten nehme zwar zu, die transnationalen Organisationsformen des transnationalen Kapitals trügen aber zur Entschärfung der Konkurrenz bei. (Mayer) Hauptsächlich gingen die EU und die USA kollektiv vor, während es zwischen den USA und der EU und den BRICS auf der anderen Seite zu verstärkter Konkurrenz kommt.
Vertreter: Leo Mayer, ISW, Samir Amin.

Neu-imperialistische Länder[Bearbeiten]

Unter dieser Begrifflichkeit fasst die MLPD das Aufstreben von Ländern im imperialistischen Weltsystem zusammen. Aufgrund der stark gestiegenen Produktivität und zunehmendem Kapitalexport hätte such das „imperialistische Kapital“ gegenseitig durchdrungen und verflochten, die Produktion habe sich internationalisiert, ebenso das Finanzwesen. Es sei zu vermehrten grenzüberschreitenden Fusionen und Übernahmen gekommen, Übermonopole hätten sich gebildet. Ehemalige Kolonien hätten sich von den internationalen Monopolen aus dem Ausland abgenabelt und eigene Monopole aufgebaut und Kapitalexport betrieben. Es hätten sich staatsmonopolistische Strukturen herausgebildet. Die BRICS und andere Länder seien aufgestiegen, während die USA die letzte verblieben Supermacht sei, die vor allem von China herausgefordert werde. Die imperialistische Multipolarität vertiefe die allgemeine Krise des Kapitalismus.
Vertreter: MLPD.

Bezug zu den Grundannahmen[Bearbeiten]

Grundlegende Auseinandersetzung in dieser Frage ist das Verhältnis der Ökonomie zur Politik. Hierzu sollten die Grundannahmen zum historischen Materialismus und insbesondere die Passagen aus Engels' Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft herangezogen werden.

Eine der zentralen Veränderungen des Imperialismus im Vergleich zum Kapitalismus der freien Konkurrenz ist durch die enorme Akkumulation von Kapital verbundene Bildung der Monopole, Entstehung des Finanzkapitals und Finanzoligarchie sowie die zunehmende Bedeutung des Kapitalexports. Diese ökonomischen Kriterien des Imperialismus entstehen aus dem Kapitalismus der freien Konkurrenz und sind nicht davon zu trennen. Für diese Fragen sind zum einen die Grundannahmen aus Marx' Kapital, 1. Band zur Kapitalakkumulation, sowie aus dem 3. Band zur Rolle des Kredits und der Börse.

In Lenins Imperialismusschrift sind vor allem die Kapitel zur Entstehung der Monopole und zum Kapitalexport wichtig.
Zu den ökonomischen Grundlagen des Imperialismus und dem Zusammenhang mit der Neuaufteilung der Welt ist Lenins Imperialismusschrift vor allem die Passagen aus dem V. bis IX. Kapitel.

Wie wollen wir den Dissens klären?[Bearbeiten]

Auf der theoretischen Ebene muss die ökonomische Basis des Imperialismus herausgearbeitet werden - Konzentration von Kapital führt zum Monopol. Bearbeitet werden muss die Frage, ob Kapitalismus und Imperialismus zu trennen ist, also ein „nicht-imperialistischer“ Kapitalismus möglich ist.

Damit zusammen hängt die theoretische Darlegung des Zusammenhangs von ökonomischer Basis und politischem Überbau, in welchem Verhältnis stehen sie zu einander, welche Auseinandersetzungen gab es bereits zu genau dieser Frage (Lenin/Kautsky gehört dazu).

Argumentativ muss hier auf die Annahme eingegangen werden, dass eine Ordnung der Kooperation und Vernunft innerhalb des Imperialismus möglich ist. In diesem Zusammenhang sollte auch auf das Argument eingegangen werden, dass die Anti-Hitler-Koalition ein Vorbild sei.

Auf der empirischen Ebene muss das Argument untersucht werden, dass während der Existenz des Sozialismus einige Länder vorübergehend anders agieren konnten. Das wird auf heute übertragen, um zu behaupten, dass eine solche Entwicklung möglich wäre. Eine empirische Untersuchung der Entwicklung dieser Länder (Ägypten, Indien zeitweise, …) ist hier notwendig.

Untersucht werden muss der Klassencharakter, die ökonomische Basis von Russland, China und weiteren Ländern, sowie ihre Position in der Weltwirtschaft und ihr politisches Verhältnis.

Was steht zu diesem Dissens in den Programmatischen Thesen?[Bearbeiten]

Auszüge aus unseren programmatischen Thesen zur Frage der Imperialismusanalyse:

„Der ökonomische Kern des Imperialismus ist das Monopol. Der heutige Kapitalismus ist dominiert vom Monopolkapital, das sich durch die Konzentration und Zentralisation des Kapitals herausgebildet hat. Dieser Wesenszug bestimmt die gesamte Epoche, in der wir leben. Im Imperialismus ist der Drang zum internationalen Kapitalexport enorm erhöht.“
(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 8)


„Die These eines „kollektiven Imperialismus“, wonach sich die zwischenimperialistischen Widersprüche tendenziell abschwächen würden und es zur gemeinschaftlichen Ausbeutung der Welt durch die verbündeten imperialistischen Zentren käme, ist lediglich eine Neuauflage der „Ultraimperialismus“-These des Revisionisten Karl Kautsky, die bereits Lenin widerlegt hat. Diese These ist heute so falsch wie damals. Auch eine sogenannte „multipolare Weltordnung“, in der neben den USA und der EU weitere Zentren die Weltordnung bestimmen, ist nur Ausdruck der ungleichmäßigen Entwicklung des Kapitalismus und sich verändernder Kräfteverhältnisse. Eine Hoffnung auf eine friedlichere Welt liegt darin nicht.“
(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 9)


„[...] Staaten, in denen (monopol-)kapitalistische Verhältnisse bestehen, wie etwa China, können keinen antiimperialistischen Charakter annehmen.“
(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 10)


„Der antiimperialistische Kampf muss sich deshalb gegen das Kapital und das kapitalistische System als Grundlage des Imperialismus richten. Als Kommunisten in Deutschland sehen wir den deutschen Imperialismus, d.h. die deutsche Monopolbourgeoisie und ihren Staat als unseren Hauptgegner an. Wir kämpfen aber Seite an Seite mit unseren Genossen auf der ganzen Welt gegen den Imperialismus als Ganzes, als weltweites System.Besonders hervorzuheben sind daher auch die EU als imperialistisches Bündnis, die aufstrebenden Ökonomien der BRICS-Gruppe und der US-Imperialismus als nach wie vor militärisch gefährlichster imperialistischer Pol der Welt.“
(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 10)


Literatur zum Thema[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]