Entrismus

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Überblick[Bearbeiten]

Der Begriff „Entrismus“ stammt von dem französischen Wort „entrer“ (dt.: eintreten) ab und bezeichnet eine politische Taktik, die v.a. von trotzkistischen Gruppen betrieben wird. Bei dieser Taktik wird in bereits vorhandene (meist sozialdemokratische, reformistische) Parteien eingetreten, um diese von innen heraus zu radikalisieren und umzugestalten, Mitglieder für die eigene Ideologie zu gewinnen oder Entscheidungen mitbestimmen zu können. Entrismus kann offen geführt werden, meist ist er jedoch verdeckt. Innerhalb der trotzkistischen Bewegung gibt es Unstimmigkeiten darüber, ob der Entrismus eine kurzfristige oder langfristige Taktik sein soll. Die größten Gruppen, die derzeit in Deutschland entristisch aktiv sind, sind das Netzwerk marx21 und die Sozialistische Alternative (SAV).

Historische Vorläufer der Diskussion[Bearbeiten]

Historisch bedeutend für den Begriff des Entrismus war die historische Situation in Frankreich Anfang der 30er Jahre. Zu dieser Zeit gab es in Frankreich eine kleine trotzkistisch ausgerichtete Gruppe von ca. 100 Mitgliedern (Ligue Communiste), die wenig Einfluss auf die Arbeiterklasse hatte und die große sozialdemokratische Partei (SFIO). Vor diesem Hintergrund schlug Trotzki die Taktik vor, in die SFIO einzutreten und diese von innen heraus zu revolutionieren. Die Anhänger der Ligue Communiste traten in die SFIO ein und bildeten dort die Groupe Bolchevik-Léniniste (GBL). Trotzki stellte die Taktik des Entrimus unter zwei wichtige Grundsätze, die innerhalb der trotzkistischen Bewegung umstritten waren: Der Entrismus sollte nur ein kurzfristiges Mittel darstellen und nicht dazu führen, sich von den eigenen politischen Grundsätze im Kampf gegen den Reformismus zu verabschieden. Trotzki äußerte dazu Folgendes:

„Der vorübergehende Eintritt in die SFIO oder selbst in die Kuomintang ist kein Verbrechen an sich. Doch muss man wissen, nicht nur wie man eintritt, sondern auch wie man austritt. Wenn man an einer Organisation weiter hängt, die proletarische Revolutionäre nicht länger bei sich dulden kann, wird man notwendigerweise ein jämmerliches Instrument des Reformismus, des Patriotismus und des Kapitalismus.“
Trotzki, zitiert nach: https://www.communist-union.org/el/1968-02/der-aufbau-einer-revolutionaren-partei-und-die-taktik-des-entrismus-ubersetzt-aus-lutte-de

Innerhalb der GBL gab es unterschiedliche Positionen, als die Angriffe der sozialdemokratischen Führung der SFIO gegenüber der trotzkistisch ausgerichteten Teile zunahmen: Einige Führungsmitglieder der GBL ordneten sich den Prinzipien der SFIO unter, um länger in der Partei bleiben zu können. Sie veränderten ihr Grundsatzprogramm, mit dem sie in die SFIO eingetreten waren, um weiter in der Partei bleiben zu können. Trotzki erwiderte darauf:

„Der Entrismus in fremde und sogar feindliche Organisationen regt nicht nur neue Möglichkeiten an, sondern birgt auch Gefahren. Nur grundkonservative Dickköpfe können behaupten, dass der Entrismus auf jeden Fall abzulehnen ist. Aber den Entrismus als Gegenmittel gegen alle Probleme benutzen zu wollen, führt unausweichlich an die Grenzen des Verrats, wie uns das französische Beispiel gerade zu beobachten und zu erleben die Gelegenheit bietet.“
Trotzki, zitiert nach: https://www.communist-union.org/el/1968-02/der-aufbau-einer-revolutionaren-partei-und-die-taktik-des-entrismus-ubersetzt-aus-lutte-de

Ein Teil der französischen Trotzkisten bereiteten damit dem sogenannten „Entrismus sui generis“ den Weg, der sich v.a. Anfang der 50er Jahre durchsetzte. Dieses Konzept ging davon aus, dass der dritte Weltkrieg zwischen der UdSSR und der imperialistischen Gegenseite kurz bevorstehe und keine Zeit sei, eigenständige Organisationen aufzubauen. Es wurde die Losung ausgegeben, sich in bereits vorhandene Parteien zu integrieren, um so Einfluss auf die Arbeiterklasse nehmen zu können. Anders als die französischen Trotzkisten, die 1934 mit einem eigenen Grundsatzprogramm in die SFIO eingetreten waren, sollte der Eintritt jetzt verdeckt geschehen, um einen möglichen Parteiausschluss zu vermeiden. Zudem sollte der Entrismus nicht kurzfristig angewendet werden, sondern langfristige Taktik sein. In einer Ausgabe der Quatrième Internationale war dazu Folgendes zu lesen:

„Heute geht es nicht um die gleiche Art von Entrismus. Wir treten nicht in diese Parteien ein, um sie wieder gleich zu verlassen. Wir treten für eine lange Zeit ein, da wir auf die sehr wahrscheinliche Möglichkeit setzen, dass diese Parteien unter geänderten Umständen zentristische Tendenzen entwickeln werden, die in den jeweiligen Ländern an der Spitze einer ganzen Etappe der Massenradikalisierung und des objektiven revolutionären Prozesses stehen werden.“
https://www.communist-union.org/el/1968-02/der-aufbau-einer-revolutionaren-partei-und-die-taktik-des-entrismus-ubersetzt-aus-lutte-de

Bereits bevor die Taktik des Entrismus so explizit formuliert war, gab es Gegenpositionen dazu. So sprachen sich sowohl Marx und Engels als auch Lenin für eine unabhängige und eigenständige Arbeiterpartei aus. Sie forderten die Eigenständigkeit der Partei, die eine eigene klassenbewusste Politik macht. In der Beteiligung an reformistischen Parteien sahen sie die Gefahr, die eigene politischen Ziele nicht konsequent erreichen zu können und die Macht der Arbeiterbewegung zu schwächen.

„Die Arbeiterpartei als politische Partei existiert schon in den meisten Ländern. […] Die Praxis des wirklichen Lebens, die politische Bedrückung, der die bestehenden Regierungen die Arbeiter aussetzen - sei es zu politischen, sei es zu sozialen Zwecken -, zwingt die Arbeiter in die Politik, ob sie wollen oder nicht. […] Wir wollen die Abschaffung der Klassen. Was ist das Mittel, um dahin zu gelangen? Die politische Herrschaft des Proletariats. […] die Politik, auf die es ankommt, muß eine proletarische Politik sein; die Arbeiterpartei darf sich nicht als Schwanz irgendwelcher Bourgeoisparteien, sondern muß sich vielmehr als unabhängige Partei konstituieren, die ihr eignes Ziel, ihre eigne Politik hat.“
Engels, Friedrich: Über die politische Aktion der Arbeiterklasse (1871), in: Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED: Karl Marx Friedrich Engels Werke Band 17, Berlin 1962, S. 416-417.


Aktuelle Thesen und Positionen[Bearbeiten]

Wie bereits erwähnt sind die größten trotzkistischen Gruppen in Deutschland, die Entrismus betreiben, die SAV und das Netzwerk marx21. Diese beziehen sich zwar nicht offen auf die Taktik des Entrismus, aber in ihrem Grundsatzprogramm finden sich viele Hinweise darauf. So schreibt das Netzwerk marx21:

„Wir verstehen uns als Teil der neuen Linken und der globalisierungskritischen Bewegung, die angetreten sind, die Macht der Konzerne zu brechen. Wir wollen mit unseren Ideen und unserem Einsatz dazu beitragen, die Partei DIE LINKE zu stärken und so eine politische Alternative zum Kapitalismus aufzubauen.“

„Wir halten es für notwendig, dass die LINKE als Sammlungsbewegung für alle offen ist, die sich in solidarischer Weise gegen den Neoliberalismus engagieren wollen. Wir wollen in der Partei DIE LINKE im gemeinsamen Erfahrungs- und Diskussionsprozess auf einen Sozialismus von unten orientieren. Wir denken, dass wirkliche Veränderung nur von unten kommen kann. Deshalb wirken wir darauf hin, dass die Partei DIE LINKE aktiver Teil und Motor außerparlamentarischer Bewegungen ist und Demonstrationen, Streiks und Proteste gegen Ausbeutung, Unterdrückung.“
https://www.marx21.de/netzwerk/

Dies zeigt deutlich die Orientierung von marx21 auf die Partei DIE LINKE, die von innen heraus gestärkt werden soll, um eine politische Alternative aufzubauen. Anstatt eigenständige Arbeiterorganisationen aufzubauen, soll die Veränderung aus einer Prägung der Partei DIE LINKE erfolgen. Ziel ist es, die Partei von innen heraus zu einer revolutionären Arbeiterpartei umzubauen:

„Das Ziel unseres Kampfes ist eine Gesellschaft, die nach den sozialen und ökologischen Bedürfnissen der Menschen organisiert ist, anstatt nach Profitinteressen. Eine solche Gesellschaft lässt sich nicht bloß durch Parlamentsbeschlüsse herbeiführen, da die Kapitalistenklasse und der Staatsapparat weitgehend unabhängig von demokratischer Kontrolle agieren. Um diese Klassenherrschaft herauszufordern sind die Kämpfe der Arbeiterbewegung entscheidend. Die Arbeiterklasse kann dem Kapitalismus ein Ende bereiten, wenn sie durch Solidarität ihre kollektive Stärke zur Geltung bringt. Vor diesem Hintergrund wirkt das marx21 Netzwerk darauf hin, DIE LINKE zu einem Instrument für den Klassenkampf zu entwickeln. Wir wollen mithelfen, DIE LINKE auf kämpferischer Basis zu einer aktivistischen sozialistischen Massenpartei auf- und umzubauen. Unsere Erfahrungen zeigen, dass DIE LINKE Potenzial hat, wenn sie ihre Schwächen überwindet.“
https://www.marx21.de/wp-content/uploads/M21-Beitrittsmaterial-2014_LOW.pdf

Die SAV bezieht sich in ihrer Grundsatzausrichtung ebenfalls auf die Partei DIE LINKE:

„Die SAV ist der Ansicht, dass gegen jede Verschlechterung und für jede Verbesserung gekämpft werden muss – nicht vereinzelt, sondern gemeinsam und organisiert. Dafür ergreifen wir Initiativen und sind aktiv in der Partei DIE LINKE, im Jugendverband Linksjugend [’solid], in Gewerkschaften und sozialen Bewegungen.“
https://www.sozialismus.info/sav/

Entgegen des SAV- Grundsatzprogramms von 1999, in dem sich für den Aufbau einer eigenständigen Arbeiterpartei ausgesprochen wird, setzt sich die SAV für eine Beteiligung in der Partei DIE LINKE ein:

„Die SAV setzt sich aktiv für die Schaffung einer sozialistischen Massenpartei ein, die verschiedene Kämpfe und Bewegungen verbinden und das Ziel einer grundlegenden Veränderung der Gesellschaft in diese hinein tragen kann. Eine solche Partei hätte nichts gemein mit den angepassten, korrupten, pro-kapitalistischen Parteien, die wir heute kennen. Zur Zeit sehen wir in der LINKEN den einzigen ernsthaften Ansatz, die nötigen Debatten über den Aufbau einer solchen Partei zu führen und praktische Schritte dafür zu ergreifen. Deshalb sind wir Teil der LINKEN und engagieren uns in der innerparteilichen Strömung Antikapitalistische Linke (AKL). Unsere Mitglieder treten für eine kämpferische, pluralistische, demokratische und sozialistische LINKE ein. Wir rufen dazu auf, aktives Mitglied in der LINKEN zu werden und gemeinsam mit uns für eine Veränderung der Partei in diese Richtung einzutreten.“
https://www.sozialismus.info/sav/

Dagegen steht der Ansatz einer eigenständigen, revolutionären Partei aus dem Grundsatzprogramm von 1999:

„Die SAV unterstützt jeden Ansatz zum Aufbau einer breiteren Arbeiterpartei, ohne dass sie ein sozialistisches Programm zur Bedingung macht. Ohne eine Partei mit einem klaren revolutionär-sozialistischem Programm wird es jedoch nicht gelingen, das kapitalistische System zu überwinden. Die SAV hat sich zum Ziel gesetzt, eine revolutionäre Partei aufzubauen.“
https://www.sozialismus.info/sav/grundsatzprogramm-der-sav/

Eine aktuelle Gegenposition zum Entrismus findet sich u.a. bei der griechischen Partei KKE. Diese zählt zu ihren wichtigsten Grundsätzen die „organisatorische, ideologische und politische Eigenständigkeit“. Die KKE vertritt diesen Grundsatz sowohl theoretisch als auch praktisch. So gründete sie beispielsweise 1999 den eigenständigen Gewerkschaftszusammenschluss PAME.

„Die KKE ist der bewusste und organisierte Teil der Arbeiterklasse; sie ist ihre Vorhut. Ihr strategisches Ziel ist der Sturz des Kapitalismus und der Aufbau des Sozialismus-Kommunismus. Die langjährigen positiven und negativen Erfahrungen der internationalen kommunistischen Bewegung und der KKE bestätigen, dass die Arbeiterklasse ihre historische Mission nicht erfüllen kann, wenn sie nicht ihre eigene starke, gut organisierte und theoretisch ausgerüstete Partei, die Kommunistische Partei, verfügt.“
http://de.kke.gr/de/articles/PROGRAMM-DER-MMUNISTISCHEN-PARTEI-GRIECHENLANDS/


Bezug zu den Grundannahmen und Programmatischen Thesen[Bearbeiten]

In den programmatischen Thesen der Kommunistischen Organisation findet sich eine klare Vorstellung über den Aufbau einer eigenständigen Partei und die Ausgestaltung von Bündnisarbeit. Anstelle des Eintritts und der Integration in reformistische Parteien sollen unabhängige Arbeiterorganisationen aufgebaut werden, die sich an der Klassenlage der Arbeiterklasse ausrichten:

„Anstelle von Bündnissen der kommunistischen Partei mit anderen Organisationen muss die Organisierung der Arbeiterklasse und ihr Bündnis mit den anderen Gesellschaftsschichten, die objektiv im Widerspruch zum Kapital stehen, in den Mittelpunkt gestellt werden. Dabei müssen die Kommunisten den Aufbau von Arbeiterorganisationen vorantreiben, in denen die Macht der Arbeiterklasse überhaupt erst manifestiert wird. In diesen Organisationen machen die Arbeiter Erfahrungen im ökonomischen Klassenkampf, organisieren sich und bilden sich für den ideologischen Kampf. Auch für andere unterdrückte Schichten, wie z.B. Teile des Kleinbürgertums, müssen Massenorganisationen geschaffen werden. Diese können jedoch nur eine unterstützende Rolle spielen. Der soziale Kern eines solchen Bündnisses kann nur die organisierte Arbeiterklasse sein. Bündnisse mit Teilen der Bourgeoisie, auch mit ihren nicht-monopolistischen Fraktionen, sind im Rahmen einer solchen revolutionären Strategie nicht möglich.“

„In jedem Fall müssen diese Formen der Organisierung unabhängig vom Staat und reformistischen oder anderen bürgerlichen Organisationen sein und die Arbeiter an ihren Arbeits- und Lebensschwerpunkten sammeln. Ihr Charakter muss zuallererst klassenorientiert sein.“
https://kommunistische.org/programmatische-thesen/

Vor allem im Bezug auf die Grundannahmen finden sich entgegengesetzte Positionen zu der des Entrismus. Für die Durchsetzung des Sozialismus bedarf es einer starken und unabhängigen Arbeiterpartei. Sowohl Marx und Engels als auch Lenin bestimmten als maßgeblichen Grundsatz die Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der Kommunistischen Partei. Laut ihnen führe eine Orientierung an reformistischen, bürgerlichen Parteien dazu, dass der auf Klassenkampf und Revolution ausgerichtete Charakter der Partei bedroht ist.

„Statt sich abermals dazu herabzulassen, den bürgerlichen Demokraten als beifallklatschender Chor zu dienen, müssen die Arbeiter, vor allem der Bund, dahin wirken, neben den offiziellen Demokraten eine selbständige geheime und öffentliche Organisation der Arbeiterpartei herzustellen und jede Gemeinde zum Mittelpunkt und Kern von Arbeitervereinen zu machen, in denen die Stellung und Interessen des Proletariats unabhängig von bürgerlichen Einflüssen diskutiert werden.“
Engels, Friedrich und Marx, Karl: Ansprache der Zentralbehörde an den Bund vom März 1850, in: Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED: Karl Marx Friedrich Engels Werke Band 7, Berlin 1960, S. 248f

Engels bezieht sich in einer Schrift auf die Ausgestaltung und Grenzen von Bündnisarbeit:

„Damit am Tag der Entscheidung das Proletariat stark genug ist zu siegen, ist es nötig - und das haben Marx und ich seit 1847 vertreten daß es eine besondre Partei bildet, getrennt von allen andern und ihnen entgegengesetzt, eine selbstbewußte Klassenpartei. Darin liegt aber nicht, daß diese Partei nicht momentan andre Parteien zu ihren Zwecken benutzen kann. Darin liegt ebensowenig, daß sie nicht andre Parteien momentan unterstützen kann in Maßregeln, die entweder unmittelbar dem Proletariat vorteilhaft oder die Fortschritte im Sinn der ökonomischen Entwicklung oder der politischen Freiheit sind. [...] Ich bin aber nur dann dafür, wenn der Vorteil für uns direkt oder für die geschichtliche Entwicklung des Landes in der Richtung auf die ökonomische und politische Revolution unbestreitbar und der Mühe wert ist. Und vorausgesetzt, daß der proletarische Klassencharakter der Partei dadurch nicht in Frage gestellt wird. Dies ist für mich die absolute Grenze.“
Engels, Friedrich: Engels an Conrad Schmidt (1889), in: Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED: Karl Marx Friedrich Engels Werke Band MEW 37, Berlin 1967, S. 326-327

Auch Lenin spricht sich gegen reformistische Einflüsse auf die Kommunistische Partei aus, da diese die Arbeiterbewegung lähmen und die Eigenständigkeit der Arbeiterbewegung gefährden.

„Je stärker der Einfluß der Reformisten auf die Arbeiter ist, um so ohnmächtiger sind die Arbeiter, um so abhängiger sind sie von der Bourgeoisie, um so leichter gelingt es der Bourgeoisie, durch allerlei Winkelzüge die Reformen zunichte zu machen. Je selbständiger die Arbeiterbewegung ist, je mehr sie in die Tiefe geht, je weitere Ziele sie sich steckt, je weniger ihr reformistische Beschränktheit anhaftet, um so besser gelingt es den Arbeitern, die einzelnen Verbesserungen zu sichern und auszunutzen.“
Lenin, W.I.: Marxismus und Reformismus, in: Marx-Engels-Lenin-Stalin-Institut beim ZK der KPdSU: W.I. Lenin Werke Band 19, Berlin 1955, S. 364


Wie wollen wir den Dissens klären?[Bearbeiten]

Bei der Betrachtung des Themas Entrismus ergeben sich einige Fragen, die wir im Laufe des Klärungsprozesses beantworten möchten. Zum einen müssten noch einmal genauer die Widersprüche innerhalb entristisch agierender Gruppen aufgezeigt werden. Oftmals steht deren revolutionäres Programm in Gegensatz zu sozialdemokratischen Äußerungen und zu einer reformistischen Praxis. Dazu müssten historische Situationen und die Praxis von entristischen Gruppen ausgewertet werden, wofür konkret die Praxis von marx21 und der SAV betrachtet werden könnte. Zum anderen müssen theoretische Fragen geklärt werden. Dabei spielen v.a. die Punkte der Bündnispolitik und der Beteiligung in Massenorganisationen eine Rolle. Es müsste geklärt werden, ob sich das Prinzip der Eigenständigkeit v.a. auf die kommunistische Partei oder auch auf die Massenorganisationen bezieht. Dementsprechend müsste ein Mitwirken z.B. in reformistischen Gewerkschaften bewertet werden. Daran anknüpfend sollte eine offene Form des Auftretens in bereits vorhandenen Massenorganisationen (in Abgrenzung zu der oftmals verdeckten Form des Entrismus) geklärt und entwickelt werden. Zudem könnte eine abschließende Bewertung der Taktik des Entrismus als kurzfristiges politisches Mittel getroffen werden. Das impliziert die Frage, ob es historische Situationen gibt, in denen kurzfristiges entristisches Handeln sinnvoll sein kann.

Literatur[Bearbeiten]