Die Staatsfrage im Maoismus

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Überblick[Bearbeiten]

Dieser Artikel gibt keinen allgemeinen Überblick über die Geschichte des Maoismus, seine Rolle in der kommunistischen Weltbewegung oder seine verschiedenen Erscheinungsformen in der BRD. Einige Grundsätzlichere Fragen zum Thema Maoismus, wie die Strategie des „langfristigen Volkskriegs“, die Etappe der "neuen demokratischen Revolution" oder die Theorie des „Zweilinienkampfs“ werden perspektivisch durch die AG Revolutionäre Arbeiterbewegung und Kommunistische Partei bearbeitet. Fragen zur Polemik zwischen der Sowjetunion und China über die „friedliche Koexistenz“, die „Kulturrevolution“ und die maoistische Position, die Sowjetunion sei „sozialimperialistisch“ gewesen, gehören zum Arbeitsbereich der AG Sozialismus.

Unsere AG legt ihren Hauptfokus in diesem Artikel auf die Staatsfrage im Maoismus, es geht also um maoistische Positionen zu Wesen und Charakter des bürgerlichen Staats (nicht des Staats in der Phase des sozialistischen Aufbaus). Dabei gehen wir anhand der folgenden Leitfragen vor: 1.) Gibt es eine eigene maoistische Staatstheorie? Was sind deren Kernthesen? 2.) Welche Rolle spielte die Staatsfrage im chinesisch-sowjetischen Konflikt? 3.) Welche Positionen vertraten die maoistischen K-Gruppen der 1970er Jahre in der Staatsfrage? Welchen Dissens und gab es hier, z.B. in der Auseinandersetzung mit der DKP? 4.) Welche Positionen vertreten heutige maoistische Gruppen und Strömungen zum Staat?

Wie lässt sich der innerkommunistische Dissens in der Staatsfrage grob umreißen? Als eine tendenzielle Gemeinsamkeit des maoistischen Spektrums in der Staatsfrage lässt sich ein besonderer Fokus auf die „bewaffneten Apparate“ des bürgerlichen Staats und eine weitgehende Vernachlässigung der Analyse anderer, nicht unmittelbar gewaltförmiger Herrschaftstechniken der Bourgeoisie (Integrationsideologien, ökonomischer Zwang, etc.) feststellen. Dies steht im engen Zusammenhang mit der Strategie des "Volkskriegs". Da die staatstheoretischen Annahmen des Maoismus oft nicht explizit ausgearbeitet sind, können sie in der Regel nur implizit aus dieser Strategie abgeleitet werden. Der Strategie des "Volkskriegs" liegt eine Perspektive auf den Staat zugrunde, die den Kampf um die politische Macht weitgehend auf den unmittelbaren militärischen Kampf und die Zerschlagung der bewaffneten Staatsapparate zuspitzt. Hier besteht ein deutlicher Dissens zu anderen Strategien, deren staatstheoretische Analysen zum Beispiel davon ausgehen, dass der bürgerliche Staat ein „Feld“ im Klassenkampf ist, auf dem die Arbeiterklasse Positionen erobern, die Kräfteverhältnisse zu ihren Gunsten verschieben und ihren Einfluss zunächst auf legalem Weg ausdehnen kann bzw. die den Staat gar als klassenneutrales Instrument betrachten, das durch die Arbeiterklasse erobert und für ihre eigenen Zwecke benutzt werden kann (siehe dazu z.B. die Artikel Eurokommunistische Staatsauffassung und Antimonopolistische Demokratie).

Thesen und Positionen[Bearbeiten]

Die Staatsfrage bei Mao[Bearbeiten]

Von einer eigenen einheitlichen und systematisch ausgearbeiteten "maoistischen Staatstheorie" kann genauso wenig die Rede sein, wie von einer einheitlichen maoistischen Strömung innerhalb des Marxismus. In den klassischen Texten von Mao Tse-Tung findet sich vor allem keine eigene, systematisch ausgearbeitete Analyse des bürgerlichen Staats im Imperialismus. Die chinesischen Revolutionäre kämpften im „revolutionären Volkskrieg“ nicht gegen einen entwickelten bürgerlichen Staat, wie er sich in den imperialistischen Zentren herausgebildet hatte, sondern gegen einen agrarischen Feudalstaat mit kolonialen Elementen. Der Großteil von Maos Äußerungen über den Staat sind in diesem Kontext zu sehen, so zum Beispiel die oft zitierte Losung:

„Jeder Kommunist muss diese Wahrheit begreifen: ‚Die politische Macht kommt aus den Gewehrläufen.'“

Mao Tse-Tung, „Probleme des Krieges und der Strategie“ (6. November 1938), Ausgewählte Werke Mao Tse-Tungs, Bd. II, zitiert nach: Worte des Vorsitzenden, S. 74

An anderer Stelle führt Mao diese Zuspitzung auf die Frage der militärischen Macht und der bewaffneten Apparate weiter aus und verallgemeinert sie als die aus seiner Sicht wichtigste Kernaussage der marxistischen Lehre vom Staat:

„Vom Standpunkt der marxistischen Lehre vom Staat ist die Armee die Hauptkomponente der Staatsmacht. Wer die Staatsmacht ergreifen und behalten will, der muß eine starke Armee haben. Manche Leute bezeichnen uns höhnisch als Anhänger der ‚Theorie von der Allmacht des Krieges‘; jawohl, wir sind Anhänger der Theorie von der Allmacht des revolutionären Krieges, und das ist nicht schlecht, sondern gut, das ist marxistisch. [...] Die Erfahrungen des Klassenkampfes im Zeitalter des Imperialismus lehren uns: Die Arbeiterklasse und die übrigen Werktätigen Massen können nur mit der Macht der Gewehre die bewaffneten Bourgeois und Grundherren besiegen; in diesem Sinne können wir sagen, daß die ganze Welt nur mit Hilfe der Gewehre umgestaltet werden kann.“

Mao Tse-Tung, „Probleme des Krieges und der Strategie“ (6. November 1938), Ausgewählte Werke Mao Tse-Tungs, Bd. II, zitiert nach: Worte des Vorsitzenden, S. 75-76.


Die Staatsfrage im chinesisch-sowjetischen Konflikt[Bearbeiten]

Als „chinesisch-sowjetischen Konflikt“ bezeichnet man die Phase scharfer ideologischer Auseinandersetzungen zwischen der KP Chinas und der KPdSU, die in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre begann, in den 1960er Jahren ihren Höhepunkt erreichte. Der Konflikt zog schließlich außenpolitische Folgen nach sich, die die beiden Länder bis an den Rand der kriegerischen Auseinandersetzung brachte und schließlich zur Spaltung der kommunistischen Weltbewegung und des sozialistischen Lagers führte. Hier kann die Geschichte dieser Auseinandersetzung nicht breiter analysiert (siehe dazu AG Revolutionäre Arbeiterbewegung und Kommunistische Partei), sondern nur mit Fokus auf die Staatsfrage ausgewertet werden.

Mit Blick auf die Staatfrage stehen die wichtigsten Streitpunkte in der Polemik zwischen KPdSU und KP Chinas im Zusammenhang mit 1.) der Strategie der „friedlichen Übergänge“ und 2.) der Politik der „friedlichen Koexistenz“ mit dem imperialistischen Lager, die die KPdSU angesichts der drohenden Gefahr eines Atomkriegs und der relativen Stärke des sozialistischen Lagers nach 1945 annahm. Einen zentralen Wendepunkt markiert hier der XX. Parteitag der KPdSU, dessen Beschlüsse die chinesischen Kommunisten als revisionistisch kritisierten. Die KP Chinas stellt dem einen Fokus auf den bewaffneten Kampf bzw. den „Volkskrieg“ als einzig wirklich revolutionäre Strategie und Taktik gegenüber. Der Staat erscheint dabei v.a. als „bewaffneter Apparat“, andere Formen der Herrschaftsausübung der Bourgeoisie (Integration, Ideologie, ökonomische Zugeständnisse etc.) werden kaum analysiert. Im Unterschied zu den klassischen Texten von Mao, dessen Analysen sich meist auf den chinesischen Feudalstaat beziehen, dreht sich die Debatte zwischen KPdSU und KP Chinas explizit um den bürgerlichen Staat der kapitalistischen Metropolen. Zu den wichtigsten Quellen zum chinesisch-sowjetischen Konflikt gehört die von der KP Chinas unter dem Titel Polemik über die Generallinie (auf diese Ausgabe beziehen sich sämtliche Seitenzahlen der folgenden Zitate) veröffentlichte Dokumentensammlung, auf der auch unsere Darstellung beruht.

Die KP Chinas betont, ganz in der Tradition Mao Tse-Tungs, in ihrer Polemik besonders das Element der direkten außerökonomischen Gewalt als zentrales Merkmal der bürgerlichen Staaten:

„Der Marxismus lehrt uns, dass der Staat an und für sich eine Form der Gewalt ist. Den Hauptteil der Staatsmaschine bilden Armee und Polizei. Alle herrschenden Klassen der Geschichte haben sich auf Gewalt gestützt, um ihr Regime aufrechtzuerhalten.“

Die proletarische Revolution und der Revisionismus Chruschtschows. Achter Kommentar zum Offenen Brief des ZK der KPdSU, 31. März 1964, in: Polemik über die Generallinie, S. 186.

Vom bürgerlichen Parlament geht aus dieser Sicht keine wirkliche politische Macht aus (diese konzentriert sich allein in den bewaffneten Apparaten), weswegen ein „friedlicher Übergang“, wie ihn die KPdSU zu dieser Zeit propagierte, unmöglich sei:

„Die historischen Tatsachen nach dem zweiten Weltkrieg zeigen erneut, dass nach wie vor nur die Waffengewalt, nicht aber das Parlament den wichtigsten Teil des bürgerlichen Staatsapparates bildet. Denn das Parlament dient lediglich als Aufputz oder als Wandschirm des Regimes der Bourgeoisie. Je nach den Bedürfnissen und Interessen ihrer Herrschaft beschließt die Bourgeoisie die Einführung oder die Abschaffung des Parlamentarismus, ob das Parlament mit mehr oder mit weniger Autorität ausgestattet werden solle, ob dieses oder jenes Wahlgesetz anzunehmen sei. Angesichts der Tatsache, dass die Bourgeoisie die militärische und bürokratische Maschine kontrolliert, ist eine ‚stabile parlamentarische Mehrheit‘, die das Proletariat durch Wahlen erringen könnte, entweder unmöglich oder unzuverlässig. Die Verwirklichung des Sozialismus auf ‚parlamentarischem Weg‘ ist völlig unmöglich, ein reiner Selbstbetrug und Betrug an anderen.“

Die proletarische Revolution und der Revisionismus Chruschtschows. Achter Kommentar zum Offenen Brief des ZK der KPdSU, 31. März 1964, in: Polemik über die Generallinie, S. 197.

Der bürgerliche Staat erscheint hier also als Herrschaftsapparat, der in all seinen wesentlichen Teilen unter der direkten Kontrolle der Bourgeoisie steht und durch diese je nach Bedarf umgebaut und auf offen diktatorische Herrschaftsformen umgestellt werden kann. An anderer Stelle wird dazu weiter ausgeführt:

„III. Die Mehrheit im Parlament zu gewinnen bedeutet nicht das gleiche wie die alte Staatsmaschine (hauptsächlich die bewaffneten Streitkräfte) zu zerschmettern und eine neue Staatsmaschine (hauptsächlich bewaffnete Streitkräfte) zu errichten. Solange die militärische und bürokratische Staatsmaschine der Bourgeoisie noch nicht zerschmettert ist, ist eine Mehrheit im Parlament für das Proletariat und seine zuverlässigen Verbündeten entweder unmöglich (weil die Bourgeoisie im Notfall stets die Verfassung ändern wird, um die Konsolidierung ihrer Diktatur zu erleichtern) oder unzuverlässig (z.B. könnten die Wahlen für ungültig erklärt, die kommunistische Partei könnte verboten, das Parlament aufgelöst werden usw.).

IV. Friedlicher Übergang zum Sozialismus sollte nicht so interpretiert werden, als bedeute er nur einen Übergang durch parlamentarische Mehrheit. Die Hauptfrage ist die Staatsmaschinerie. In den siebziger Jahren des 19. Jh. war Marx der Meinung, dass eine Möglichkeit bestünde, den Sozialismus in England mit friedlichen Mitteln zu erreichen, denn ‚zu jener Zeit war England ein Land, in dem Militarismus und Bürokratie weniger ausgesprochen zutage traten als in irgendeinem anderen Land‘. Eine Zeitlang nach der Februarrevolution hoffte Lenin, dass sich die Revolution durch den Kurs ‚Alle Macht den Sowjets‘ friedlich entwickeln und siegen könnte, weil damals ‚die Waffen in den Händen des Volkes waren‘. Weder Marx noch Lenin meinten damit, dass ein friedlicher Übergang mit Hilfe der alten Staatsmaschinerie verwirklicht werden könnte.“

Aus dem Dokument „Zusammenfassung der Ansichten zur Frage des friedlichen Übergangs“ im Rahmen der Verhandlungen zwischen den ZKs der KPdSU und KPCh um die Erklärung von 1957, in: Polemik über die Generallinie, S. 56.


„Eine grundlegende gesellschaftliche Umgestaltung ist absolut unmöglich, wenn man sich dabei auf bürgerliche Parlamente und Regierungen stützt. Denn die reaktionäre Bourgeoisie, die den Staatsapparat kontrolliert, kann die Wahlen für null und nichtig erklären, das Parlament auflösen, die Kommunisten aus der Regierung verjagen, die Kommunistische Partei für illegal erklären und die Volksmassen und die fortschrittlichen Kräfte mit brutaler Gewalt unterdrücken. [...]

Die Bourgeoisie kann auch einer Arbeiterpartei erlauben, eine parlamentarische Mehrheit zu erreichen und auch eine Regierung zu bilden, wenn diese Partei zu einer Hofpartei der Bourgeoisie degeneriert ist. Das ist z. B. bei den sozialdemokratischen Parteien in manchen Ländern der Fall, die Parteien von bürgerlichem Typ sind. Dadurch wird jedoch nur die Diktatur der Bourgeoisie aufrechterhalten und gefestigt; die Stellung des Proletariats als einer unterdrückten und ausgebeuteten Klasse wird aber nicht im geringsten verändert und kann dadurch auch nicht verändert werden.“

Die proletarische Revolution und der Revisionismus Chruschtschows. Achter Kommentar zum Offenen Brief des ZK der KPdSU, 31. März 1964, in: Polemik über die Generallinie, S. 197-198.


Die Staatsfrage bei den maoistischen K-Gruppen[Bearbeiten]

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Die Staatsfrage bei zeitgenössischen maoistischen Strömungen[Bearbeiten]

Ohne Anspruch auf Vollständigkeit soll hier ein kurzer Überblick darüber gegeben werden, wie sich einige zeitgenössische maoistische Gruppierungen in der Staatsfrage positionieren.

Der Staat in den „Gonzalo-Gedanken“ und dem Maoismus der KP Perus ("Sendero Luminoso")

Ein einheitliches Verständnis davon, was Maoismus genau bedeutet und welche verbindlichen Grundannahmen er beinhaltet, gibt es auch innerhalb des sich als maoistisch bezeichnenden Spektrums nicht. Viele zeitgenössische Mao-Gruppen beziehen sich jedoch auf die Traditionslinie der peruanischen Guerillabewegung „Leuchtender Pfad“ bzw. der KP Perus (Vollständiger Name: Partido Comunista del Perú – por el Sendero Luminoso de José Carlos Mariátegui) und ihres politischen und ideologischen Anführers „Presidente Gonzalo“ (Abiamel Guzmán). Die 1988 von der KP-Perus auf ihrem ersten Parteitag verabschiedete „Einheitsbasis“ wird von vielen Gruppen dieses Spektrums auch heute noch als die wichtigste Definition des „Marxismus-Leninismus-Maoismus“ (MLM) angesehen. Die wesentlichen strategischen Schlüsselbegriffe, um die der Maoismus laut der Definition der KP Perus den Marxismus-Leninismus erweitert, sind (in dieser chronologischen Reihenfolge) die des „Volkskriegs“, der „neuen demokratischen Revolution“ und schließlich der „großen proletarischen Kulturrevolution“. Genau wie die Theorien Maos beziehen sich auch die Thesen der KP Perus vor allem auf die Kampfbedingungen in den vom Imperialismus unterdrückten Ländern, die die Maoisten selbst als „halbfeudal“ bzw. „halbkolonial“ und schließlich als „bürokratisch kapitalistisch“ charakterisieren. Es geht hier also vordergründig nicht um die Verhältnisse in den imperialistischen Zentren und den dortigen bürgerlichen Staat – dennoch werden einige der im folgenden dargestellten Positionen explizit mit dem Anspruch auf Allgemeingültigkeit formuliert und von Maoisten teils bis heute so vertreten. Eine eigene, systematisch entwickelte Staatstheorie ist auch in den Thesen der KP-Perus bzw. den „Gonzalo-Gedanken“ nicht enthalten, sondern lässt sich allenfalls in groben Umrissen aus den strategischen Leitsätzen ableiten. Den Dreh- und Angelpunkt der Strategie und des Staatsverständnisses der KP Perus bildet der vom Mao geprägte Begriff des „revolutionären Volkskriegs“. Die „revolutionäre Gewalt“ gilt dabei als höchste Form der politischen Praxis und als „universelles Gesetz“. Der Staat erscheint dementsprechend vor allem als bewaffneter Apparat, der militärisch bekämpft und zerschlagen werden muss. Anmerkung: Alle Seitenzahlen der folgenden Zitate beziehen sich auf die Broschüre „Einheitsbasis der Kommunistischen Partei Perus – angenommen auf dem I. Parteitag 1988“[1], die leider zahlreiche Übersetzungsfehler enthält.

„die revolutionäre Gewalt ist ausnahmslos ein universelles Gesetz; die Revolution ist die gewaltsame Ersetzung einer Klasse durch eine andere. Er [Mao Tse-Tung] legte seine große These fest: ‚Die Macht kommt aus den Gewehrläufen!‘" Über den Marxismus-Leninismus-Maoismus, S. 7.

"[der] Volkskrieg, der durch eine revolutionäre Armee neuen Typs, unter der absoluten Führung der Partei, Stück für Stück die alte Macht zerstört, hauptsächlich seine bewaffneten und repressiven Kräfte“
Programm und Statuten der KP Perus, S. 16-17.

Die Strategie des „Volkskriegs“ gilt dieser maoistischen Strömung als allgemeingültig, muss also auch in den imperialistischen Zentren angewandt werden – wenn auch eingeräumt wird, dass sie für jedes Land „spezifiziert“ werden muss:

„In Anbetracht dieser Situation, dass man nur mit dem Krieg die Welt verändern kann, erheben wir die Allmacht des revolutionären Krieges, d.h. den Volkskrieg, als die höchste militärische Theorie […] die der Vorsitzende Mao festgelegt hat und die spezifiziert werden muss für jeden Typ von Land, ob sie imperialistische oder rückständige sind.“
Allgemeine politische Linie, S. 18-19.

Unter dem Begriff der „neue demokratische Revolution“ vertreten die Maoisten der KP Perus ein spezifisches Etappenmodell, das die Stufen der Revolution festlegt, die die unterdrückten Länder auf dem Weg zum Sozialismus durchlaufen müssen. Dabei gilt der „Volkskrieg“ als universelle Kampfform, der Klasseninhalt der Revolution ändert sich jedoch je nach Entwicklungsstand des jeweiligen Landes:

„Um unser Endziel, den Kommunismus, zu erreichen, müssen wir Marxisten-Leninisten-Maoisten in Perspektive drei Typen von Revolutionen durchführen: 1) Die demokratische Revolution, das ist die bürgerliche Revolution neuen Typs in den rückständigen Ländern, unter der Führung des Proletariats, in deren Verlauf eine gemeinsame Diktatur des Proletariats, der Bauern, des Kleinbürgertums und unter bestimmten Bedingungen der Mittelbourgeoisie unter der Führung des Proletariats errichtet wird; 2) Die sozialistische Revolution in den imperialistischen und kapitalistischen Ländern, die die Diktatur des Proletariats errichtet; 3) Kulturrevolutionen, sie werden gemacht um die Revolution unter der Diktatur des Proletariats fortzusetzen, um jede Generierung des Kapitalismus zu unterwerfen und zu eliminieren und auch mit den Waffen gegen jedes streben nach Restauration des Kapitalismus zu kämpfen […] .“
Allgemeine politische Linie, S. 19.

Mit der Theorie der „neuen demokratischen Revolution“ sind spezifische staatstheoretische Grundannahmen verbunden. Die „Neuen Demokratie“ gilt aus maoistischer Sicht als dritte Staatsform zwischen der Diktatur der Bourgeoisie und der Diktatur des Proletariats:

„Die Neue Demokratie. In erster Stelle ist es eine Entwicklung der marxistischen Staatstheorie mit der Festlegung der drei Typen der Diktatur: 1. die Diktatur der Bourgeoisie, in den alten bürgerlichen Demokratien wie in den Vereinigten Staaten, dazu zählen auch die Diktaturen, die in unterdrückten Nationen, wie den lateinamerikanischen existieren, 2. die Diktatur des Proletariats wie in der Sowjetunion oder in China vor der Usurpation der Macht durch die Revisionisten und 3. die Neue Demokratie als gemeinsame Diktatur, die auf dem Bündnis der Arbeiter und Bauern basiert, geführt vom Proletariat mit der Kommunistischen Partei an der Spitze […].“
Über den Marxismus-Leninismus, S. 8.

In der „allgemeinen politischen Linie“ der KP Perus findet sich eines der seltenen Beispiele einer systematischeren maoistischen Analyse des Staats. Dort wird anhand des konkreten Beispiels Peru zunächst das Konzept des „bürokratischen Kapitalismus“ näher erläutert und dessen Allgemeingültigkeit für alle vom Imperialismus unterdrückten Länder behauptet:

„Er [Gonzalo] greift die These des Vorsitzenden Mao auf und lehrt uns, dass er diese fünf Charakteristika hat: 1) dass der bürokratische Kapitalismus der Kapitalismus ist den der Imperialismus in den rückständigen Ländern entfaltet, er umfasst Kapital von den Großgrundbesitzern, den großen Banken und den Magnaten der Großbourgeoisie; 2) er übt Ausbeutung über das Proletariat, die Bauernschaft und die Kleinbourgeoisie aus und begrenzt die Mittelbourgeoisie; 3) er durchläuft einen Prozess, in dem der bürokratische Kapitalismus sich mit der Staatsmacht kombiniert und komporador [sic] und feudaler staatlicher Monopolkapitalismus wird, darauf folgt, dass er sich in einem ersten Moment als monopolistisches nicht-staatliches Großkapital entfaltet und im zweiten, wenn er sich mit der Macht des Staates kombiniert er sich als staatlicher Monopolkapitalismus entfaltet; […] er ist ein bürokratischer Kapitalismus, der das Proletariat, die Bauernschaft und die Kleinbourgeoisie unterdrückt und ausbeutet und die Mittelbourgeoisie begrenzt. […]

Darüber hinaus verallgemeinert der Vorsitzende Gonzalo, dass der bürokratische Kapitalismus kein besonderer Prozess von China oder Peru ist, sondern dass er den rückständigen Bedingungen, in welchen der Imperialismus die unterdrückten Nationen Asiens, Afrikas und Lateinamerikas unterjocht und wie diese noch nicht den weiter existierenden Feudalismus zerstören und noch weniger den Kapitalismus entwickelt haben, gehorcht.“
Allgemeine politische Linie, S. 31-33.

Im Anschluss an Mao und Gonzalo geht die KP Perus davon aus, dass sich alle Staatssysteme der Welt auf „drei Grundtypen“ reduzieren lassen:

„[…][dass] die Vielzahl der Staatssysteme auf der Welt, auf drei Grundtypen reduziert werden können, laut ihres Klassencharakters: Republik unter der Diktatur der Bourgeoisie, die auch die Staaten der alten Demokratie ausmachen und die Republik der gemeinsamen Diktatur der Grundbesitzer und Großbourgeoisie; Republiken unter der Diktatur des Proletariats; und Republik unter der gemeinsamen Diktatur der revolutionären Klassen […].“
Allgemeine politische Linie, S. 33.

Diesen drei Grundtypen von „Staatssystemen“ stehen jeweils unterschiedliche „Regierungssysteme“ gegenüber, die sich bei gleichbleibendem Klassencharakter des Staates ablösen und ihre Form ändern können:

„Gleichzeitig unterscheidet er [Gonzalo] zwischen Staatssystem und Regierungssystem, welche Teil von einer Einheit sind; das erste ist der Platz welchen die Klassen innerhalb des Staates besetzen und das zweite die Form in welcher sich die Macht organisiert, wie Vorsitzender Mao es lehrt, hervorhebend dass es die Hauptsache ist den Klassencharakter eines Staates zu definieren, weil die Regierungsformen die sie einführen zivile oder militärische sein können, mit Wahlen oder de-facto-Regime, demoliberal oder faschistisch, und sie repräsentiert die Diktatur der reaktionären Klassen. Wenn man den alten Staat nicht so sieht verfällt man in den Fehler Diktatur mit Militärregime zu identifizieren und zu denken, dass eine zivile Regierung nicht eine Diktatur ist und so trabt man einer der Fraktionen der Großbourgeoisie nach, durch die Märchen über ‚Verteidigung der Demokratie‘ oder ‚Verhütung der Militärputsche‘, Standpunkte die statt den alten Staat zu zerstören ihn aufrecht erhalten und verteidigen […]“
Allgemeine politische Linie, S. 33.

Unabhängig davon, um welches der drei „Staatssysteme“ es sich handelt, ob abhängiger Kapitalismus der Peripherie oder imperialistische Großmacht, und gleichgültig, über welches „Regierungssystem“ die dort herrschende(n) Klasse(n) ihre Macht ausübt, ob im Rahmen eines bürgerlichen Parlamentarismus oder einer offenen terroristischen Diktatur, als roter Faden zieht sich durch alle staatstheoretischen Analysen der KP Perus: Die universelle Strategie bleibt der „Volkskrieg“, also der Klassenkampf in seiner militärischen Form, der keine Beteiligung an Wahlen oder andere legale Kampfmethoden vorsieht und auf die unmittelbare Zerschlagung des Staats, d.h. vor allem seiner „bewaffneten Apparate“ abzielt.

Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD)

Die MLPD ist nicht nur die größte Organisation in Deutschland, die dem maoistischen Spektrum zuzurechnen ist, sondern – 1982 hervorgegangen aus dem Kommunistischen Arbeiterbund Deutschlands (KABD) – auch die letzte nennenswerte Nachfolgerorganisation der maoistischen „K-Gruppen“ der 1970er Jahre.[2] Die Positionen der MLPD zum bürgerlichen Staat entnehmen wir ihrem zuletzt 2016 überarbeiteten Parteiprogramm.[3]

Zu den wichtigsten Alleinstellungsmerkmalen der Theorie und Programmatik der MLPD gehört der Begriff der „Übermonopole“ (siehe dazu den Entsprechendne Artikel "Imperialismus als Weltsystem" der AG Politische Ökonomie], der auch ihre Analyse des bürgerlichen Staats der Gegenwart wesentlich prägt:

„Die hier ansässigen internationalen Übermonopole, die zum allein herrschenden internationalen Finanzkapital gehören, haben sich den Staat vollkommen untergeordnet, und die Organe des Monopolkapitals sind mit den Organen des Staatsapparats verschmolzen. Sie haben ihre allseitige Herrschaft über die gesamte Gesellschaft, auch über andere Monopole und die nicht monopolisierten Kapitalisten, errichtet. Über die Organe der EU nehmen sie Einfluss auf andere europäische Staaten.“
Programm der MLPD

Die MLPD geht also davon aus, dass sich diese „Übermonopole“ den bürgerlichen Staat „vollkommen untergeordnet“ haben – aus dieser Formulierung kann geschlussfolgert werden, dass der Staat nicht mehr als „ideeller Gesamtkapitalist“ das Gesamtinteresse des Kapitals vertritt, sondern von der Fraktion der „Übermonopole“ bzw. des „allein herrschenden Finanzkapitals“ allen anderen Teilen der Bourgeoisie gegenüber als Herrschaftsinstrument benutzt wird. Zudem geht die MLPD davon aus, dass die „Organe des Monopolkapitals“, die im vorangegangenen Stadium des Kapitalismus scheinbar noch unabhängig vom und außerhalb des Staatsapparates existierten, heute vollständig mit diesem „verschmolzen“ sind. Über die Rolle des bürgerlichen Nationalstaats schreibt die MLPD:

„Diese internationalisierten staatsmonopolistischen Produktionsverhältnisse bilden heute den Grundwiderspruch in der Entwicklung des Kapitalismus in Deutschland. Sie stellen den Nationalstaat permanent infrage, da er zu einem Hemmnis der Fortentwicklung der internationalisierten Produktivkräfte geworden ist. Zugleich wächst die Bedeutung der Nationalstaaten und der Aufrüstung ihres Machtapparats. Er bleibt entscheidendes Instrument zur Aufrechterhaltung der Klassenherrschaft und wirtschaftliche, politische und militärische Machtbasis im Kampf um die Neuaufteilung der Welt.“
Programm der MLPD

Die MLPD erklärt, im Unterschied zu anderen maoistischen Strömungen, dass der bürgerliche Staat sich neben der offenen Repression durchaus auch anderer Formen der Herrschaftssicherung bedient, ja dass die ideologische Vereinnahmung sogar dessen „Hauptmethode“ sei – bei der MLPD gefasst unter dem Begriff der „kleinbürgerlichen Denkweise“:

„Um das Klassenbewusstsein der Arbeiterklasse zu zersetzen bzw. seine Höherentwicklung zu verhindern, haben die Herrschenden schrittweise ein ganzes System der kleinbürgerlichen Denkweise in der Gesellschaft zur Desorientierung, Desorganisation und Demoralisierung des proletarischen Klassenkampfs entwickelt. Es ist politisch zu einem tragenden Bestandteil der Macht der Monopole und zu ihrer gegenwärtigen Hauptmethode der Herrschaftsausübung geworden.“
Programm der MLPD

Im Gegensatz zu anderen Gruppen aus dem maoistischen Spektrum in Deutschland vertritt die MLPD weder die klassisch-maoistische Verengung des Staatsbegriffs auf bewaffnete Apparate noch verfolgt sie die Strategie des „revolutionären Volkskriegs“. Anstatt auf „aktiven Wahlboykott“ (siehe unten) orientiert sie auf legale Parteiarbeit und Beteiligung an bürgerlichen Wahlen:

„Die MLPD verwirklicht einen proletarischen Parlamentarismus, um ihr Recht auf demokratische Meinungsbildung wahrzunehmen und die Aktivität der Massen zu heben.

Das beinhaltet sowohl die Beteiligung an Wahlkämpfen als auch die Ausnutzung der Parlamentstribüne als Sprachrohr der Massen. […] Ziel ist es, die Aktivitäten der breiten Massen mit dem Kampf der Arbeiterklasse zu durchdringen und zu einer umfassenden Einheitsfront höherzuentwickeln. Diese Einheitsfront wird vom Proletariat geführt und richtet sich gegen das Finanzkapital und den Staat als sein politisches Herrschaftsinstrument.“
Programm der MLPD

Gemeinsam mit anderen maoistischen Strömungen (siehe unten) hat die MLPD die Analyse und den Begriff, der BRD-Staat befände sich gegenwärtig in einem Prozess der „Faschisierung“:

„Die Faschisierung des Staatsapparats und der Abbau bürgerlich-demokratischer Rechte und Freiheiten sind Ausdruck der Diktatur der Monopole. Aufgrund der Anfälligkeit der internationalen Produktion und aus Angst vor der internationalen Revolution wird der Ausbau des Gewaltapparats auf internationaler Ebene unter dem Vorwand des ‚Kampfs gegen den Terrorismus‘ forciert. Der Abbau von Persönlichkeitsrechten geschieht in Wirklichkeit aus Angst vor der organisierten Arbeiterbewegung und vor den Volkskämpfen.“
Programm der MLPD


Sozialistische Linke (SoL)

Die 2004 in Hamburg gegründete SoL bezeichnet sich als „Marxistisch-Leninistisch-Maoistisch“ (MLM) und ordnet sich selbst in die Traditionslinie der KP Perus und der „Gonzalo Gedanken“ ein. Eine eigene Internetpräsenz der Gruppe existiert seit Jahren nicht mehr, ihre Strömung wird jedoch online durch die Webseite „Dem Volke dienen“ vertreten. Zu allen theoretischen Fragen wird dort, neben Marx, Engels, Lenin und Stalin vor allem auf Mao, die KP Chinas bis zur Kulturrevolution und die einschlägigen Dokumente der KP Peru verwiesen. Ausgehend vom Staatsverständnis, wie es bei Mao und den peruanischen Maoisten zu finden ist (Staat v.a. als „bewaffnete Apparate“), wurde auf der Plattform „Dem Volke dienen“ im August 2017 mit Blick auf die im September anstehenden Bundestagswahlen zum „aktiven Wahlboykott“ aufgerufen. In der Begründung dazu heißt es:

„Um seine Ziele zu erreichen, vor allem den Sprung zur Supermacht, benötigt der deutsche Imperialismus einen ‚starken Staat‘, wie es auch der Bundesinnenminister erst Anfang des Jahres forderte. Dies ist ein Ausdruck der faschistischen Tendenz innerhalb des bürgerlichen Staates, die sich immer zeigt, wenn z.B. die Verfassung und die Gewaltenteilung zu Boden getrampelt werden. Sei es ein Bundespräsident, der sich aktiv in die Politik einmischt und Kriegspropaganda betreibt oder wie sich erst kürzlich beim G20-Gipfel gezeigt hat, dass die Judikative, also die Gerichte, nur noch da sind um die Entscheidungen der Exekutive, also der Polizei, zu legitimieren und so, wenn es für die Herrschenden drauf ankommt, ein faktischer Polizeistaat eingerichtet und die Gewaltenteilung aufgehoben wird. […] Wenn wir dazu die Lage und Ziele des deutschen Imperialismus heute betrachten, wird weiter offenkundig, dass sich eine Beteiligung an den Wahlen für die Kommunisten ausschließt. Der Ruf nach dem ‚starken Staat‘ setzt ein hohe, zumindest scheinbare, Legitimation der Diktatur der Bourgeoisie voraus. Denn der Staat ist nicht losgelöst von den Menschen und der Gesellschaft auf seinem Staatsterritorium, will der Staat stark sein, braucht er ‚das Volk‘ hinter sich. Den Zweck der Legitimation der Diktatur der Bourgeoisie erfüllen die Wahlen. Erfolgreiche Wahlen mit hoher Beteiligung stellen also eine Stärkung des deutschen imperialistischen Staates dar. Das allein sollte heute reichen um zumindest jedem Revolutionär klar zu machen, dass der Boykott dieser Wahlen notwendig ist. […] Hier muss sich das Proletariat nicht mehr die bürgerliche Demokratie (oder besser: demokratische Revolution) erkämpfen, das Parlament bzw. die Parlamente in der BRD sind schon bis in den letzten Winkel Teil des herrschenden Systems, das heißt des Imperialismus und dementsprechend seine Interessenvertretungen. […] Heute, wie es einem passt, zwischen Wahlfarce und Boykott hin und her zu schwanken erfüllt für die Revolution keinen Zweck, da sich der Klassencharakter der Wahlen nicht mehr ändert, für das Proletariat nichts mehr zu gewinnen ist. Es würde einzig und allein der Konterrevolution dienen, indem es Verwirrung unter den Massen stiftet. Aber vor allem hat Lenin bei seinen Betrachtungen nie den bewaffneten Kampf als die höchste Form des Klassenkampfes aus den Augen verloren und schon gar nicht aufgegeben, das muss bei dieser Frage immer wieder betont werden.“

Quelle: „KLASSENSTANDPUNKT: Die strategische Bedeutung des Wahlboykotts, in: http://www.demvolkedienen.org/index.php/de/t-theorie/t-dokumente/1628-klassenstandpunkt-die-strategische-bedeutung-des-wahlboykotts

Aus der Analyse, dass der BRD-Staat imperialistisch und damit reaktionär ist, dass er aktuell angeblich einen Prozess der „Faschisierung“ durchläuft, der die bürgerliche Demokratie und die Gewaltenteilung (die scheinbar an sich als etwas positives gesehen werden) aushöhlt und dass „das Volk“ dennoch hinter dieser Diktatur der Bourgeoisie steht (warum das so ist wird nicht weiter begründet), wird geschlussfolgert, dass jede Beteiligung an den Wahlen nur zur weiteren Festigung dieser Diktatur führen würde. Implizit scheint hier durch, dass der bürgerliche Staat aus dieser Sicht vor allem als polizeilicher und militärischer Repressionsapparat gefasst wird und dass es folglich nur ein strategisch richtiges Verhältnis der Kommunisten zu diesem Staat geben kann – nämlich das des „bewaffneten Kampfes“ im revolutionären „Volkskrieg“.

Jugendwiderstand

Die seit Juni 2019 offiziell aufgelöste Berliner Gruppe Jugendwiderstand (JW) gehörte, genau wie die SoL, zu dem Teil des kommunistischen Spektrums in Deutschland, dass sich selbst explizit in die politische Tradition des „Marxismus-Leninismus-Maoismus“ (MLM) und der „Gonzalo-Gedanken“ einordnet. Eigene Ausarbeitungen zu den wichtigsten Fragen der marxistischen Staatstheorie, in denen sich der JW z.B. von den Analysen anderer Strömungen im kommunistischen Spektrum abgrenzen würde, gibt es leider nicht. Stattdessen verweist die Gruppe in theoretischen Fragen auf den Bildungsblog MLM-Theorie [Link]. Dort finden sich zum Staat neben den einschlägigen Klassikertexten (Marx/Engels: „Kommunistisches Manifest“; Engels: „Anti-Dühring“; Lenin: „Über den Staat“, „Staat und Revolution“) vor allem die „Einheitsbasis“ der KP-Perus von 1988 (siehe oben), deren politische Linie der JW offenbar als wichtige Orientierung betrachtete. Auch der Jugendwiderstand zog aus seinem maoistischen Staats- und Strategieverständnis die taktische Schlussfolgerung des „aktiven Wahlboykotts“ (bei der Berliner Abgeordnetenhauswahl am 2016) als richtige Haltung der Kommunisten zum bürgerlichen Parlamentarismus:

„Diese große Propagandashow [der Wahlen, Anm. d. Redaktion] soll verbergen, dass ihr Parlament auch nur ein Instrument der Klassenherrschaft ist und heutzutage nur und ausschließlich der Bourgeoisie dient, hauptsächlich, indem es Illusionen, Passivität und Lethargie bei den Massen erzeugt und fördert. […] Das Parlament ist eine Laberbude und ein Schweinestall, voll von Verbrechern, Heuchlern und Lügnern. Sie tragen als menschlicher Kopf des imperialistischen Staatsapparats und seiner Institutionen volle Verantwortung für Ausbeutung, Unterdrückung, Elend und Krieg. […]

Eine hohe Wahlbeteiligung dient nur der Aufrechterhaltung ihrer Lüge der Legitimität. Beteiligen wir uns nicht an diesem Theater, verschaffen wir ihnen keine ‚Legitimität‘! Alle bisherigen Verbesserungen fürs Volk wurden hart erkämpft, und nicht ‚erwählt‘ und wir wissen letztendlich, wie Lenin es sagte: ‚Ohne die Macht [für unsere Klasse], ist alles nur Illusion‘. […] Die Wahlen haben nur den Zweck die Arbeiterklasse zu desorientieren. Die Diktatur der Bourgeoisie lässt sich nicht abwählen, wie die Geschichte es nachdrücklich zeigt: Sie kann nur im harten und langandauernden revolutionären Kampf der Arbeiterklasse und der Volksmassen zerschlagen werden. […] Unsere Klasse und das Volk brauchen keine neuen Wahlparteien mehr – was es braucht, ist eine echte Kommunistische Partei, eine Kampfmaschine, ein Instrument des Klassenkampfes, um die sozialistische Revolution, den direkten revolutionären Kampf um die politische Macht vorzubereiten und zu führen und um diesem verfaulten System sein wohlverdientes Ende zu bringen! All unsere kleinen und tagtäglichen Kämpfe müssen diesem langfristigen Ziel – der Machtergreifung des Proletariats – dienen. ‚Die zentrale Aufgabe und die höchste Form der Revolution ist die bewaffnete Machtergreifung, ist die Lösung des Problems durch den Krieg. Dieses revolutionäre Prinzip des Marxismus-Leninismus[-Maoismus] hat allgemeine Gültigkeit, es gilt überall.‘ Mao“
Quelle: http://jugendwiderstand.blogspot.com/2016/08/berlin-geht-nicht-wahlen-keine-stimme.html

Auch dieses Zitat veranschaulicht die Grundhaltung: Der bürgerliche Staat ist hauptsächlich ein bewaffneter Repressionsapparat. Durch Beteiligung an bürgerlichen Wahlen und Reformkämpfen im legalen Rahmen gibt es aus dieser Sicht für Kommunisten nichts zu gewinnen. Der Staat kann nie „Feld im Klassenkampf“ sein, auf dem sich die Arbeiterklasse Positionen, Einfluss, oder gar „Hegemonie“, wie es manche Strömungen nennen, erobert. Das Parlament kann aus dieser Sicht auch nicht, wie Lenin schreibt, als „Tribüne im Klassenkampf“ gebraucht werden, sondern allein im „direkten revolutionären Kampf um die politische Macht“, also dem „revolutionären Volkskrieg“, nehmen die Kommunisten eine korrekte Haltung gegenüber dem Staat ein.

Bezug zu den Grundannahmen[Bearbeiten]

Bezug zu den Programmatischen Thesen?[Bearbeiten]

Literatur und Quellen[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. http://www.demvolkedienen.org/index.php/de/t-theorie/gonzalo/1439-die-einheitsbasis-der-kommunistischen-partei-perus-auf-deutsch
  2. Eine ausführlichere Auseinandersetzung mit der Programmatik der MLPD findet sich hier: Philipp Kissel, Einschätzung der Programmatik der MLPD, Link: https://kommunistische.org/?s=MLPD.
  3. https://www.mlpd.de/parteiprogramm