Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus (Literatureinleitung)

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In seiner im Frühjahr 1916 in Zürich verfassten Schrift Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus analysiert Lenin das grundlegende Wesen des Kapitalismus in seinem höchsten und letzten Stadium. Während Lenin diese Analyse verfasste, stand Russland noch unter der Herrschaft des Zaren. Dies bedeutete auch, dass Veröffentlichungen der zaristischen Zensur unterlagen. Lenin musste seine Argumentation so formulieren, dass sie möglichst klar und dennoch von der Zensur unbeschädigt veröffentlicht werden konnte. Aus diesem Grund konzentrierte er sich in seiner Schrift auf die Analyse der theoretischen – und hier vor allem ökonomischen – Grundprinzipien des Imperialismus und war gezwungen auf konkrete politische Handlungsanleitungen zu verzichten. Doch diese Analyse ist in Lenins Augen kein Selbstzweck, sondern sollte als theoretische Grundlage einer revolutionären kommunistischen Praxis dienen.

Lenin vertrat die Auffassung, dass man die ökonomischen Wurzeln politischer Erscheinung begreifen und ihre politische und soziale Bedeutung abwägen muss, um die praktischen Aufgaben der kommunistischen Bewegung und der Revolution richtig anzugehen. Und genau diesem Zweck dient das vorliegende Buch: Es wurde in der Absicht geschrieben, die Kommunisten in den fortgeschrittenen kapitalistischen Ländern davon zu überzeugen, dass es möglich und notwendig ist, die „Verlogenheit der sozialpazifistischen Ansichten und Hoffnungen auf die "Weltdemokratie“ aufzudecken“ (vgl. Lenin 1952, S.7).

Besondere Aufmerksamkeit widmet Lenin dabei der Kritik Kautskys und seiner Anhänger (z.B. auch der II Internationale). Er richtet sich damit explizit gegen die erstarkende opportunistische Bewegung innerhalb der Sozialdemokratie, die die Position vertritt, der Imperialismus wäre in seinen Grundzügen reformierbar, oder es sei gar ein friedlicher Übergang zum Sozialismus möglich (Ultraimperialismus). Das „Kautskyanertum“ bedeutet somit eine Abkehr vom revolutionären Marxismus. Aber auch Strömungen, die sich nicht marxistisch verstehen, wie der bürgerliche „Pazifismus“ und „Demokratismus“ hatten zu der Zeit der Entstehung dieses Buches großen Zulauf. Lenin zeigt auf, dass sie alle die „Tiefe der Widersprüche des Imperialismus und die Unvermeidlichkeit der durch ihn erzeugten revolutionären Krise“ (ebd., S. 11) vertuschen.

In dem Buch, welches in der Zeit des ersten Weltkrieges geschrieben und veröffentlicht wurde, wendet sich Lenin gegen eine solche Vertuschung der Widersprüche des Imperialismus und zeigt auch auf, dass und vor allem warum Krisen und Kriege im Imperialismus unvermeidlich sind.

Lenins Analyse der nicht umkehrbaren Entwicklung vom Kapitalismus der freien Konkurrenz zum Monopolkapitalismus hat damit auch heute noch eine sehr hohe Bedeutung. Er leitet die fünf grundlegenden Eigenschaften des Imperialismus her und beweist damit, dass Imperialismus mehr ist als militärische Interventionen oder eine historische Erscheinung zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Lenin zeigt, dass der Imperialismus sich notwendigerweise aus den ökonomischen Gesetzen des Kapitalismus entwickelt hat und seine letzte Entwicklungsstufe ist. Die von Lenin herausgearbeiteten Merkmale des Imperialismus sind auch heute noch gültig und der Grund dafür, dass Imperialismus immer wieder zu Krisen und Kriegen führen muss und nicht durch Reformen wieder zum Kapitalismus der freien Konkurrenz "gezähmt" werden kann. Damit ist „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“ bis heute eines der Grundlagenwerke für die Entwicklung einer revolutionären Strategie und zählt zu den bedeutendsten Werken kommunistischer Grundlagenliteratur.

In unseren Grundannahmen zum imperialistischen Kapitalismus fassen wir die wichtigsten Ergebnisse des Werks zusammen.

Literatur

Lenin, Wladimir Iljitsch (1952): Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus. Bücherei des Marxismus-Leninismus. FDJ Schulungsausgab. Dietz Verlag.