Bewusstsein: Unterschied zwischen den Versionen

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So trocken sich dies hier auch liest, und so willkürlich auch auf den ersten Blick diese Klassifikation der Urteile hie und da erscheinen mag, so wird doch die innere Wahrheit und Notwendigkeit dieser Gruppierung jedem einleuchtend werden, der die geniale Entwicklung in Hegels „Großer Logik" (Werke, V, S. 63-115) durchstudiert. Wie sehr aber diese Gruppierung in den Denkgesetzen nicht nur, sondern auch in den Naturgesetzen begründet ist, dafür wollen wir hier ein außer diesem Zusammenhang sehr bekanntes Beispiel anführen.
 
So trocken sich dies hier auch liest, und so willkürlich auch auf den ersten Blick diese Klassifikation der Urteile hie und da erscheinen mag, so wird doch die innere Wahrheit und Notwendigkeit dieser Gruppierung jedem einleuchtend werden, der die geniale Entwicklung in Hegels „Großer Logik" (Werke, V, S. 63-115) durchstudiert. Wie sehr aber diese Gruppierung in den Denkgesetzen nicht nur, sondern auch in den Naturgesetzen begründet ist, dafür wollen wir hier ein außer diesem Zusammenhang sehr bekanntes Beispiel anführen.
 
Daß Reibung Wärme erzeugt, wußten schon die vorgeschichtlichen Menschen praktisch, als sie das Reibfeuer, vielleicht schon vor 100 000 Jahren, erfanden und noch früher kalte Körperteile durch Reibung erwärmten.Aber von da bis zur Entdeckung, daß Reibung überhaupt eine Wärmequelle ist, sind wer weiß wieviel Jahrtausende vergangen. Genug, die Zeit kam, wo das menschliche Gehirn sich hinreichend entwickelt hatte, um das Urteil fällen zu können: Die Reibung ist eine Quelle von Wärme, ein Urteil des Daseins, und zwar ein positives.
 
Daß Reibung Wärme erzeugt, wußten schon die vorgeschichtlichen Menschen praktisch, als sie das Reibfeuer, vielleicht schon vor 100 000 Jahren, erfanden und noch früher kalte Körperteile durch Reibung erwärmten.Aber von da bis zur Entdeckung, daß Reibung überhaupt eine Wärmequelle ist, sind wer weiß wieviel Jahrtausende vergangen. Genug, die Zeit kam, wo das menschliche Gehirn sich hinreichend entwickelt hatte, um das Urteil fällen zu können: Die Reibung ist eine Quelle von Wärme, ein Urteil des Daseins, und zwar ein positives.
Wieder vergingen Jahrtausende, bis 1842 Mayer, Joule und Colding diesen Spezialvorgang nach seinen Beziehungen zu inzwischen entdeckten andern Vorgängen ähnlicher Art, d. h. nach seinen nächsten allgemeinen Bedingungen untersuchten und das Urteil dahin formulierten: Alle mechanische Bewegung ist fähig, sich vermittelst der Reibung in Wärme umzusetzen. So viel Zeit und eine enorme Menge empirischer Kenntnisse waren er- forderlich, bis wir in der Erkenntnis des Gegenstands von obigem positiven Urteil des Daseins zu diesem universellen Urteil der Reflexion fortrücken konnten.
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Wieder vergingen Jahrtausende, bis 1842 Mayer, Joule und Colding diesen Spezialvorgang nach seinen Beziehungen zu inzwischen entdeckten andern Vorgängen ähnlicher Art, d. h. nach seinen nächsten allgemeinen Bedingungen untersuchten und das Urteil dahin formulierten: Alle mechanische Bewegung ist fähig, sich vermittelst der Reibung in Wärme umzusetzen. So viel Zeit und eine enorme Menge empirischer Kenntnisse waren erforderlich, bis wir in der Erkenntnis des Gegenstands von obigem positiven Urteil des Daseins zu diesem universellen Urteil der Reflexion fortrücken konnten.
Jetzt aber ging's rasch. Schon drei Jahre später konnte Mayer, wenig- stens der Sache nach, das Urteil der Reflexion auf die Stufe erheben, auf der es jetzt Geltung hat: Jede Form der Bewegung ist ebenso befähigt wie genötigt, unter den für jeden Fall bestimmten Bedingungen, direkt oder indirekt, in jede andre Form der Bewegung umzuschlagen - Urteil des Begriffs, und zwar apodiktisches, höchste Form des Urteils überhaupt.
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Jetzt aber ging's rasch. Schon drei Jahre später konnte Mayer, wenigstens der Sache nach, das Urteil der Reflexion auf die Stufe erheben, auf der es jetzt Geltung hat: Jede Form der Bewegung ist ebenso befähigt wie genötigt, unter den für jeden Fall bestimmten Bedingungen, direkt oder indirekt, in jede andre Form der Bewegung umzuschlagen - Urteil des Begriffs, und zwar apodiktisches, höchste Form des Urteils überhaupt.
 
Was also bei Hegel als eine Entwicklung der Denkform des Urteils als solchen erscheint, tritt uns hier entgegen als Entwicklung unsrer auf empirischer Grundlage beruhenden theoretischen Kenntnisse von der Natur der Bewegung überhaupt. Das zeigt denn doch, daß Denkgesetze und Naturgesetze notwendig miteinander stimmen, sobald sie nur richtig erkannt sind.
 
Was also bei Hegel als eine Entwicklung der Denkform des Urteils als solchen erscheint, tritt uns hier entgegen als Entwicklung unsrer auf empirischer Grundlage beruhenden theoretischen Kenntnisse von der Natur der Bewegung überhaupt. Das zeigt denn doch, daß Denkgesetze und Naturgesetze notwendig miteinander stimmen, sobald sie nur richtig erkannt sind.
 
Wir können das erste Urteil fassen als das der Einzelheit: Das vereinzelte Faktum, daß Reibung Wärme erzeugt, wird registriert. Das zweite Urteil als das der Besonderheit: Eine besondre Form der Bewegung, die mechanische, hat die Eigenschaft gezeigt, unter besondern Umständen (durch Reibung) in eine andre besondre Bewegungsform, die Wärme, überzugehn. Das dritte Urteil ist das der Allgemeinheit: Jede Form der Bewegung hat sich erwiesen als befähigt und genötigt in jede andre Form der Bewegung umzuschlagen. Mit dieser Form hat das Gesetz seinen letzten Ausdruck erlangt. Wir können durch neue Entdeckungen ihm neue Belege, neuen, reicheren Inhalt geben. Aber dem Gesetz selbst, wie es da ausgesprochen, können wir nichts mehr hinzufügen. In seiner Allgemeinheit, in der Form und Inhalt beide gleich allgemein, ist es keiner Erweiterung fähig: Es ist absolutes Naturgesetz. Leider hapert’s bei der Bewegungsform des Eiweißes, alias Leben, solange wir kein Eiweiß machen können.|(Engels, Dialektik der Natur, Notizen und Fragmente, MEW Band 20, S. 492-494)}}
 
Wir können das erste Urteil fassen als das der Einzelheit: Das vereinzelte Faktum, daß Reibung Wärme erzeugt, wird registriert. Das zweite Urteil als das der Besonderheit: Eine besondre Form der Bewegung, die mechanische, hat die Eigenschaft gezeigt, unter besondern Umständen (durch Reibung) in eine andre besondre Bewegungsform, die Wärme, überzugehn. Das dritte Urteil ist das der Allgemeinheit: Jede Form der Bewegung hat sich erwiesen als befähigt und genötigt in jede andre Form der Bewegung umzuschlagen. Mit dieser Form hat das Gesetz seinen letzten Ausdruck erlangt. Wir können durch neue Entdeckungen ihm neue Belege, neuen, reicheren Inhalt geben. Aber dem Gesetz selbst, wie es da ausgesprochen, können wir nichts mehr hinzufügen. In seiner Allgemeinheit, in der Form und Inhalt beide gleich allgemein, ist es keiner Erweiterung fähig: Es ist absolutes Naturgesetz. Leider hapert’s bei der Bewegungsform des Eiweißes, alias Leben, solange wir kein Eiweiß machen können.|(Engels, Dialektik der Natur, Notizen und Fragmente, MEW Band 20, S. 492-494)}}

Version vom 5. Januar 2019, 11:19 Uhr

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Schlagworte

Bewusstsein, Materie, Widerspiegelung, Abbild

Annahme 1

Das Bewusstsein ist ein Erzeugnis und eine Funktion des Gehirns. Das Bewusstsein ist das höchste Produkt der Materie.


„Mit unwiderstehtlicher Gewalt drängt sich ihm schließlich die Einsicht auf, (…); daß die stoffliche, sinnlich wahrnehmbare Welt, zu der wir selbst gehören, das einzig Wirkliche, und daß unser Bewußtsein und Denken, so übersinnlich es scheint, das Erzeugnis eines stofflichen, körperlichen Organs, des Gehirns ist. Die Materie ist nicht ein Erzeugnis des Geistes, sondern der Geist ist selbst nur das höchste Produkt der Materie.“
(Engels, Ludwig Feuerbach und der Ausgang der klassischen deutschen Philosophie, MEW Band 21, S.277/278)


Annahme 2

Es existiert nichts ausser Materie.


„Es ist aber völlig unzulässig, die Lehre von dieser oder jener Struktur der Materie einer erkenntnistheoretischen Kategorie zu verwechseln, die Frage nach den neuen Eigenschaften der neuen Arten der Materie (zum Beispiel der Elektronen) mit der alten Frage der Erkenntnistheorie, der Frage nach den Quellen unseres Wissens, nach der Existenz der objektiven Wahrheit u. dgl. m. zu verwechseln, wie die Machisten dies tun. Mach hat „die Weltelemente entdeckt“: das Rote, Grüne, das Harte, das Weiche, das Laute, das Lange usw., sagt man uns. Wir fragen: Ist dem Menschen, wenn er Rote sieht, das Harte empfindet usw., die objektive Realität gegeben oder nicht? Diese uralte philosophische Frage ist von Mach verwirrt worden. Ist sie nicht gegeben, dann gleitet ihr zusammen mit Mach unvermeidlich in den Subjektivismus und Agnostizismus ab und liefert euch der wohlverdienten Umarmung der Immanenzphilosophen, d. h. der philosophischen Menschikow aus. Ist sie aber gegeben, dann braucht man für diese objektive Realität einen philosophischen Begriff, und dieser Begriff ist längst, sehr langer Zeit geschaffen worden, dieser Begriff ist die Materie. Die Materie ist eine philosophische Kategorie zur Bezeichnung der objektiven Realität, die dem Menschen in seinen Empfindungen gegeben ist, die von unseren Empfindungen kopiert, fotografiert, abgebildet wird und unabhängig von ihnen existiert. Davon zu reden, daß ein solcher Begriff „veralten“ kann, ist daher kindisches Geschwätz, eine sinnlose Wiederholung der Argumente der reaktionären Modephilosophie.“
(Lenin, Werke 14, 120)


Annahme 3

Erkenntnistheoretisch ist das Bewußtsein sekundär gegenüber der Materie. Bewußtsein hat die Fähigkeit die Außenwelt widerzuspiegeln, abzubilden.


„Die materialistische Beseitigung des „Dualismus von Geist und Körper“ (d. h.der materialistische Monismus) besteht darin, daß der Geist nicht unabhängig vom Körper existiert, daß der Geist das Sekundäre, eine Funktion des Gehirns, die Widerspiegelung der Außenwelt ist.“
(Lenin, Werke 14, 79)


Annahme 4

Die Menschen sind die Produzenten ihrer Vorstellungen. Ihre Vorstellungen resultieren aus dem materiellen Produktionsprozess ihres Lebens, aus den Produktionsverhältnissen. Das Bewusstsein ist nichts anderes als das bewusste Sein. Die Struktur der Gesellschaft ist bestimmt die Vorstellungen einer Gesellschaft.


„Die Produktion der Ideen, Vorstellungen, des Bewusstseins ist zunächst unmittelbar verflochten in die materielle Tätigkeit und den materiellen Verkehr der Menschen, Sprache des wirklichen Lebens. Das Vorstellen, Denken, der geistige Verkehr der Menschen erscheinen hier noch als direkter Ausfluß ihres materiellen Verhaltens. Von der geistigen Produktion, wie sie in der Sprache der Politik, der Gesetze, der Moral, der Religion, der Metaphysik usw. eines Volkes sich darstellt, gilt dasselbe. Die Menschen sind die Produzenten ihrer Vorstellungen, Ideen pp., aber die wirklichen, wirkenden Menschen, wie sie bedingt sind durch eine bestimmte Entwicklung ihrer Produktivkräfte und des denselben entsprechenden Verkehrs bis zu seinen weitesten Formationen hinauf. Das Bewußtsein kann nie etwas Andres sein als das bewußte Sein, und das Sein der Menschen ist ihr wirklicher Lebensprozeß. Wenn in der ganzen Ideologie die Menschen und ihre Verhältnisse wie in einer Camera obscura auf den Kopf gestellt erscheinen, so geht dies Phänomen ebensosehr aus ihrem historischen Lebensprozeß hervor, wie die Umdrehung der Gegenstände auf der Netzhaut aus ihren unmittelbar physischen.“
(Engels/Marx: Deutsche Ideologie, MEW Band 3, S. 26)


„(…), und da zeigte sich, daß alle bisherige Geschichte, mit Ausnahme der Urzustände, die Geschichte von Klassenkämpfen war, daß diese einander bekämpfenden Klassen der Gesellschaft jedesmal Erzeugnisse sind der Produktions- und Verkehrsverhältnisse, mit einen Wort, der ökonomischen Verhältnisse ihrer Epoche; daß also die jedesmalige ökonomische Struktur der Gesellschaft die reale Grundlage bildet, aus der der gesamte Überbau der rechtlichen und politischen Einrichtungen sowie der religiösen, philosophischen und sonstigen Vorstellungsweise eines jeden geschichtlichen Zeitabschnitts in letzter Instanz zu erklären sind.“
(Engels, Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft, Band 19, S.208)


Annahme 5

Ein allumfassendes, abgeschlossenes System der Erkenntnis widerspricht der Dialektik.


„Ein allumfassendes, ein für allemal abschließendes System der Erkenntnis von Natur und Geschichte steht im Widerspruch mit den Grundgesetzen des dialektischen Denkens; was indes keineswegs ausschließt, sondern im Gegenteil einschließt, daß die systematische Erkenntnis der gesamten äußern Welt von Geschlecht zu Geschlecht Riesenfortschritte machen kann.“
(Engels, Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft, Band 19, S.206)


Annahme 6

Die Annäherung an die objektive Realität ist historisch bedingt.


„Vom Standpunkt des modernen Materialismus, d.h. des Marxismus, sind die Grenzen der Annäherung unserer Kenntnisse an die objektive, absolute Wahrheit geschichtlich bedingt, unbedingt aber ist die Existenz dieser Wahrheit selbst, unbedingt ist, daß wir uns ihr nähern. Geschichtlich bedingt sind die Konturen des Bildes, unbedingt aber ist, daß dieses Bild ein objektiv existierendes Modell wiedergibt. Geschichtlich bedingt ist, wann und unter welchen Umständen wir in unserer Erkenntnis des Wesens der Dinge bis zu der Entdeckung des Alizarins im Kohlenteer oder bis zur Entdeckung der Elektronen im Atom gelangt sind, unbedingt aber ist, daß jede solche Entdeckung ein Schritt vorwärts auf dem Wege der „unbedingt objektiven Erkenntnis“ ist. Kurzum, geschichtlich bedingt ist jede Ideologie, unbedingt aber ist, daß jeder wissenschaftlichen Ideologie (zum Unterschied zum Beispiel von der religiösen) die objektive Wahrheit, die absolute Natur entspricht. (…) Dies ist die Trennungslinie zwischen dialektischem Materiaismus und Relativismus.“
(Lenin: Materialismus und Empiriokritizismus, Leninwerke Band 14, S.130/131)


Annahme 7

Materie besitzt grundsätzlich die Eigenschaft der Widerspiegelung.


„es ist aber logisch, anzunehmen, daß die ganze Materie eine Eigenschaft besitzt, die dem Wesen nach der Empfindung verwandt ist, die Eigenschaft der Widerspiegelung.“
(Lenin, Werke 14, S.81)


Annahme 8

Die Widerspiegelung der objektiven Gesetzmäßigkeiten durch unser Bewusstsein hat relativen Charakter.


„„(…) die Anerkennung der objektiven Gesetzmäßigkeit, Kausalität, Notwendigkeit in der Natur ist bei Engels ganz klar ausgesprochen neben der Betonung des relativen Charakters unserer, d. h. der menschlichen, annähernden Widerspiegelung dieser Gesetzmäßigkeit in diesen oder jenen Begriffen.“
(Lenin, Werke 14, S. 146)


„"Die Idee ist ebenso real wie das Objekt, dessen Widerspiegelung im Gehirn sie ist“
(Lenin, Werke 14, S. 196)


„Das kommt davon, wenn man „das Bewußtsein", „das Denken" ganz naturalistisch als etwas Gegebnes, von vornherein dem Sein, der Natur Entgegengesetztes, so hinnimmt. Dann muß man es auch höchst merkwürdig finden, daß Bewußtsein und Natur, Denken und Sein, Denkgesetze und Naturgesetze so sehr zusammenstimmen. Fragt man aber weiter, was denn Denken und Bewußtsein sind und woher sie stammen, so findet man, daß es Produkte des menschlichen Hirns und daß der Mensch selbst ein Naturprodukt, das sich in und mit seiner Umgebung entwickelt hat; wobei es sich dann von selbst versteht, daß die Erzeugnisse des menschlichen Hirns, die in letzter Instanz ja auch Naturprodukte sind, dem übrigen Naturzusammenhang nicht widersprechen, sondern entsprechen.“
(Marx und Engels, "Anti-Dühring", S. 33)


Annahme 9

Das Denken, das Bewusstsein des Menschen drückt sich materiell in Sprache aus. Sprache entsteht aus dem Bedürfnis des Verkehrs mit anderen Menschen. Das Bewusstsein ist ein gesellschaftliches Produkt. Das Bewusstsein entwickelt sich historisch vom Niederen zum Höheren (Widerspiegelung/Verarbeitung). Das Denken reflektiert die praktische Tätigkeit der Menschen.


„Jetzt erst, nachdem wir bereits vier Momente, vier Seiten der ursprünglichen, geschichtlichen Verhältnisse betrachtet haben, finden wir, daß der Mensch auch „Bewußtsein" hat. Aber auch dies nicht von vornherein, als „reines" Bewußtsein. Der „Geist" hat von vornherein den Fluch an sich, mit der Materie „behaftet" zu sein, die hier in der Form von bewegten Luftschichten, Tönen, kurz der Sprache auftritt. Die Sprache ist so alt wie das Bewußtsein — die Sprache ist das praktische, auch für andre Menschen existierende, also auch für mich selbst erst existierende wirkliche Bewußtsein, und die Sprache entsteht, wie das Bewußtsein, erst aus dem Bedürfnis, der Notdurft des Verkehrs mit andern Menschen. Wo ein Verhältnis existiert, da existiert es für mich, das Tier „verhält" sich zu Nichts und überhaupt nicht. Für das Tier existiert sein Verhältnis zu andern nicht als Verhältnis. Das Bewußtsein ist also von vornherein schon ein gesellschaftliches Produkt und bleibt es, solange überhaupt Menschen existieren. Das Bewußtsein ist natürlich zuerst bloß Bewußtsein über die nächste sinnliche Umgebung und Bewußtsein des bornierten Zusammenhanges mit andern Personen und Dingen außer dem sich bewußt werdenden Individuum; es ist zu gleicher Zeit Bewußtsein der Natur, die den Menschen anfangs als eine durchaus fremde, allmächtige und unangreifbare Macht gegenübertritt, zu der sich die Menschen rein tierisch verhalten, von der sie sich imponieren lassen wie das Vieh; und also ein rein tierisches Bewußtsein der Natur (Naturreligion).“
(Marx und Engels, Werke 3, 30-31)


„Die Materie ist das Primäre. Die Empfindung, der Gedanken, das Bewusstsein ist das höchste Produkt der in besonderer Weise organisierten Materie.“
(Lenin, Werke 14, S. 47)


„Das Psychische, das Bewusstsein usw., ist das höchste Produkt der Materie (d.h. des Physischen), es ist eine Funktion jenes besonders komplizierten Stückes Materie, das als Gehirn des Menschen bezeichnet wird. “
(Lenin, Werke 14, S.v226)


Annahme 10

Die gesellschaftliche Erkenntnis, das gesellschaftliche Bewusstsein, spiegelt die ökonomische Struktur der Gesellschaft wider. Der geistige Überbau einer Gesellschaft (Philosophie, Religion, Politik Kultur) wird bestimmt durch die ökonomische Basis (Produktionsverhältnisse).


„Marx, der den philosophischen Materialismus vertiefte und entwickelte, führte ihn zu Ende und dehnte dessen Erkenntnis der Natur auf die Erkenntnis der menschlichen Gesellschaft aus. Der historische Materialismus von Marx war eine gewaltige Errungenschaft des wissenschaftlichen Denkens. Das Chaos und die Willkür, die bis dahin in den Anschauungen über Geschichte und Politik geherrscht hatten, wurden von einer erstaunlich einheitlichen und harmonischen wissenschaftlichen Theorie abgelöst, die zeigt, wie sich aus einer Form des gesellschaftlichen Lebens, als Folge des Wachsens der Produktivkräfte, eine andere, höhere Form entwickelt - wie zum Beispiel aus dem Feudalismus der Kapitalismus hervorgeht. Genauso wie die Erkenntnis des Menschen die von ihm unabhängig existierende Natur, d.h. die sich entwickelnde Materie widerspiegelt, so spiegelt die gesellschaftliche Erkenntnis des Menschen (d.h. die verschiedenen philosophischen, religiösen, politischen usw. Anschauungen und Lehren) die ökonomische Struktur der Gesellschaft wider. Die politischen Einrichtungen sind ein Überbau auf der ökonomischen Basis. Wir sehen zum Beispiel, wie die verschiedenen politischen Formen der heutigen europäischen Staaten dazu dienen, die Herrschaft der Bourgeoisie über das Proletariat zu festigen.“
(Lenin, "Drei Quellen und drei Bestandteile des Marxismus", S.2)


'Annahme 11

Die Erkenntnisse des Bewusstseins können im Gebrauch, im Experiment, überprüft werden.


„ In dem Augenblick, wo wir diese Dinge, je nach den Eigenschaften, die wir in ihnen wahrnehmen, zu unserm eignen Gebrauch anwenden, in demselben Augenblick unterwerfen wir unsre Sinneswahrnehmungen einer unfehlbaren Probe auf ihre Richtigkeit oder Unrichtigkeit. Waren diese Wahrnehmungen unrichtig, dann muß auch unser Urteil über die Verwendbarkeit eines solchen Dings unrichtig sein, und unser Versuch, es zu verwenden, muß fehlschlagen. Erreichen wir aber unsern Zweck, finden wir, daß das Ding unsrer Vorstellung von ihm entspricht, daß es das leistet, wozu wir es anwandten, dann ist dies positiver Beweis dafür, daß innerhalb dieser Grenzen unsre Wahrnehmungen von dem Ding und von seinen Eigenschaften mit der außer uns bestehenden Wirklichkeit stimmen …“
(Lenin, Werke 14, S. 99)


Annahme 12

Die dialektische Logik ordnet die Bewegungsgesetze des Denkens. Diese Schlussformen (Urteile) leiten sich logisch voneinander ab. Sie werden vom Niederen zum Höheren entwickelt. Ein Begriff ist ein Urteil des Allgemeinen, in dem Besonderes und Einzelnes aufgehoben sind. Einzelnes, Besonderes, Allgemeines sind begriffliche Abbilder der Erscheinungen der Wirklichkeit.


„Die dialektische Logik, im Gegensatz zur alten, bloß formellen, begnügt sich nicht wie diese, die Formen der Bewegung des Denkens, d. h. die verschiednen Urteils- und Schlußformen, aufzuzählen und zusammenhangslos nebeneinander zu stellen. Sie leitet im Gegenteil diese Formen die eine aus der andern ab, sie subordiniert sie einander statt sie zu koordinieren, sie entwickelt die höheren Formen aus den niederen. Getreu seiner Einteilung der ganzen Logik gruppiert Hegel die Urteile als

  1. Urteil des Daseins, die einfachste Form des Urteils, worin von einem einzelnen Ding eine allgemeine Eigenschaft bejahend oder verneinend ausgesagt wird (positives Urteil: Die Rose ist rot; negatives: Die Rose ist nicht blau; unendliches: Die Rose ist kein Kamel);
  2. Urteil der Reflexion, worin vom Subjekt eine Verhältnisbestimmung, eine Relation ausgesagt wird (singuläres Urteil: Dieser Mensch ist sterblich; partikuläres: Einige, viele Menschen sind sterblich; universelles: Alle Menschen sind, oder der Mensch ist sterblich);
  3. Urteil der Notwendigkeit, worin vom Subjekt seine substantielle Bestimmtheit ausgesagt wird (kategorisches Urteil: Die Rose ist eine Pflanze; hypothetisches Urteil: Wenn die Sonne aufgeht, so ist es Tag; disjunktives: Der Lepidosiren (Schuppenmolch, die Red.) ist entweder ein Fisch oder ein Amphibium);
  4. Urteil des Begriffs, worin vom Subjekt aus gesagt wird, inwieweit es seiner allgemeinen Natur oder, wie Hegel sagt, seinem Begriff entspricht (assertorisches Urteil: Dies Haus ist schlecht; problematisches: Wenn ein Haus so und so beschaffen ist, so ist es gut; apodiktisches: Das Haus, so und so beschaffen, ist gut).

1. Einzelnes Urteil, 2. und 3. besondres, 4. allgemeines.

So trocken sich dies hier auch liest, und so willkürlich auch auf den ersten Blick diese Klassifikation der Urteile hie und da erscheinen mag, so wird doch die innere Wahrheit und Notwendigkeit dieser Gruppierung jedem einleuchtend werden, der die geniale Entwicklung in Hegels „Großer Logik" (Werke, V, S. 63-115) durchstudiert. Wie sehr aber diese Gruppierung in den Denkgesetzen nicht nur, sondern auch in den Naturgesetzen begründet ist, dafür wollen wir hier ein außer diesem Zusammenhang sehr bekanntes Beispiel anführen. Daß Reibung Wärme erzeugt, wußten schon die vorgeschichtlichen Menschen praktisch, als sie das Reibfeuer, vielleicht schon vor 100 000 Jahren, erfanden und noch früher kalte Körperteile durch Reibung erwärmten.Aber von da bis zur Entdeckung, daß Reibung überhaupt eine Wärmequelle ist, sind wer weiß wieviel Jahrtausende vergangen. Genug, die Zeit kam, wo das menschliche Gehirn sich hinreichend entwickelt hatte, um das Urteil fällen zu können: Die Reibung ist eine Quelle von Wärme, ein Urteil des Daseins, und zwar ein positives. Wieder vergingen Jahrtausende, bis 1842 Mayer, Joule und Colding diesen Spezialvorgang nach seinen Beziehungen zu inzwischen entdeckten andern Vorgängen ähnlicher Art, d. h. nach seinen nächsten allgemeinen Bedingungen untersuchten und das Urteil dahin formulierten: Alle mechanische Bewegung ist fähig, sich vermittelst der Reibung in Wärme umzusetzen. So viel Zeit und eine enorme Menge empirischer Kenntnisse waren erforderlich, bis wir in der Erkenntnis des Gegenstands von obigem positiven Urteil des Daseins zu diesem universellen Urteil der Reflexion fortrücken konnten. Jetzt aber ging's rasch. Schon drei Jahre später konnte Mayer, wenigstens der Sache nach, das Urteil der Reflexion auf die Stufe erheben, auf der es jetzt Geltung hat: Jede Form der Bewegung ist ebenso befähigt wie genötigt, unter den für jeden Fall bestimmten Bedingungen, direkt oder indirekt, in jede andre Form der Bewegung umzuschlagen - Urteil des Begriffs, und zwar apodiktisches, höchste Form des Urteils überhaupt. Was also bei Hegel als eine Entwicklung der Denkform des Urteils als solchen erscheint, tritt uns hier entgegen als Entwicklung unsrer auf empirischer Grundlage beruhenden theoretischen Kenntnisse von der Natur der Bewegung überhaupt. Das zeigt denn doch, daß Denkgesetze und Naturgesetze notwendig miteinander stimmen, sobald sie nur richtig erkannt sind. Wir können das erste Urteil fassen als das der Einzelheit: Das vereinzelte Faktum, daß Reibung Wärme erzeugt, wird registriert. Das zweite Urteil als das der Besonderheit: Eine besondre Form der Bewegung, die mechanische, hat die Eigenschaft gezeigt, unter besondern Umständen (durch Reibung) in eine andre besondre Bewegungsform, die Wärme, überzugehn. Das dritte Urteil ist das der Allgemeinheit: Jede Form der Bewegung hat sich erwiesen als befähigt und genötigt in jede andre Form der Bewegung umzuschlagen. Mit dieser Form hat das Gesetz seinen letzten Ausdruck erlangt. Wir können durch neue Entdeckungen ihm neue Belege, neuen, reicheren Inhalt geben. Aber dem Gesetz selbst, wie es da ausgesprochen, können wir nichts mehr hinzufügen. In seiner Allgemeinheit, in der Form und Inhalt beide gleich allgemein, ist es keiner Erweiterung fähig: Es ist absolutes Naturgesetz. Leider hapert’s bei der Bewegungsform des Eiweißes, alias Leben, solange wir kein Eiweiß machen können.“
(Engels, Dialektik der Natur, Notizen und Fragmente, MEW Band 20, S. 492-494)


Annahme 13

Unsere Begriffe (das Allgemeine) sind nur eine relative Erfassung des Einzelnen (eines Phänomens).


„Alles Allgemeine ist ein Teilchen oder eine Seite oder das Wesen des Einzelnen. Alles allgemeine umfasst alle einzelnen Dinge lediglich annähernd. Alles Einzelne geht in das Allgemeine nur unvollständig ein.“
(Lenin, Nachlaß, S. 287)


Annahme 14

Wörter sind immer eine Verallgemeinerung.


„Jedes Wort verallgemeinert schon...Die Sinne zeigen die Realität, Denken und Wort das Allgemeine “
(Lenin, Nachlaß, S.210)


Annahme 15

Unsere Begriffe sind immer nur eine Annäherung an die Wirklichkeit, aber nie eine vollständige Erfassung (Asymptotische Annäherung)


„Die Bedeutung des Allgemeinen ist widersprechend: es ist tot, es ist unrein, unvollständig etc.etc. aber es ist auch nur eine Stufe zur Erkenntnis des Konkreten, den wir erkennen das Konkrete nie vollständig. Die unendliche Summe der allgemeinen Begriffe, Gesetze etc. ergibt das Konkrete in seiner Vollständigkeit.“
(Lenin, Nachlaß, S.216)