http://wiki.kommunistische.org/api.php?action=feedcontributions&user=Mati&feedformat=atomBolscheWiki - Benutzerbeiträge [de]2024-03-28T15:49:53ZBenutzerbeiträgeMediaWiki 1.31.1http://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Politische_%C3%96konomie_des_Kapitalismus&diff=7046Politische Ökonomie des Kapitalismus2020-02-16T11:27:28Z<p>Mati: /* Bestandteile des Bankkapitals */</p>
<hr />
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<br />
==Ware und ihre Eigenschaften==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Eine Ware ist ein Produkt menschlicher Arbeitskraft, welches für den gesellschaftlichen Austausch produziert wird und menschliche Bedürfnisse befriedigt. Sie Besitzen Gebrauchswert und Tauschwert. Der Gebrauchswert ist qualitativ und beschreibt den Nutzen einer Ware für den Käufer. Der Tauschwert ist quantitativ - er spiegelt eine bestimmte Summe gesellschaftlich notwendiger Arbeit wieder.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Gebrauchswert, Tauschwert, Wert, Konsumtion, Quantitatives Verhältnis, Ware, Produkt, Austausch, Rock, Verhältnis, Erscheinungsform, Arbeitsprodukt, abstrakt menschliche Arbeit, Warenwert, Arbeitszeit, Arbeitskraft, Durchschnitt, Produktionsbedingungen<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Ware und ihrer Eigenschaften wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
Waren haben immer sowohl Gebrauchswert, als auch Tauschwert. Die Trennung in Qualität (Gebrauchswert) und Quantität (Tauschwert) dient lediglich der besseren Erklärbarkeit. Wenn im Folgenden von „Wert“ einer Ware gesprochen wird, meint das nichts „drittes“, sondern die Einheit von Gebrauchs- und Tauschwert.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Eine Ware ist zunächst ein Gegenstand, der menschliche Bedürfnisse aller Art befriedigt, ob als Lebensmittel oder als Produktionsmittel.<br />
<br />
{{Zitat |Die Ware ist zunächst ein äußerer Gegenstand, ein Ding, das durch seine Eigenschaften menschliche Bedürfnisse irgendeiner Art befriedigt. Die Natur dieser Bedürfnisse, ob sie z.B. dem Magen oder der Phantasie entspringen, ändert nichts an der Sache. Es handelt sich hier auch nicht darum, wie die Sache das menschliche Bedürfnis befriedigt, ob unmittelbar als Lebensmittel, d. h. als Gegenstand des Genusses, oder auf einem Umweg, als Produktionsmittel. Jedes nützliche Ding, wie Eisen, Papier usw., ist unter doppeltem Gesichtspunkt zu betrachten, nach Qualität und Quantität.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.49])}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Der Gebrauchswert einer Ware verwirklicht sich im Gebrauch, in seinem Nutzen, abhängig von der Eigenschaft der Ware, von der Qualität der Ware. Zugleich bilden Gebrauchswerte den stofflichen Inhalt des Reichtums. Im Kapitalismus bilden sie zugleich die stofflichen Träger des Tauschwerts. Der Tauschwert erscheint, wenn man verschiedene Gebrauchswerte miteinander tauschen möchte und drückt somit ein quantitatives Verhältnis aus.<br />
<br />
{{Zitat |Die Nützlichkeit eines Dings macht es zum Gebrauchswert. Aber diese Nützlichkeit schwebt nicht in der Luft. Durch die Eigenschaften des Warenkörpers bedingt, existiert sie nicht ohne denselben. Der Warenkörper selbst, wie Eisen, Weizen, Diamant usw., ist daher ein Gebrauchswert oder Gut. Dieser sein Charakter hängt nicht davon ab, ob die Aneignung seiner Gebrauchseigenschaften dem Menschen viel oder wenig Arbeit kostet. Bei Betrachtung der Gebrauchswerte wird stets ihre quantitative Bestimmtheit vorausgesetzt, wie Dutzend Uhren, Elle Leinwand, Tonne Eisen usw. Die Gebrauchswerte der Waren liefern das Material einer eignen Disziplin, der Warenkunde. Der Gebrauchswert verwirklicht sich nur im Gebrauch oder der Konsumtion. Gebrauchswerte bilden den stofflichen Inhalt des Reichtums, welches immer seine gesellschaftliche Form sei. In der von uns zu betrachtenden Gesellschaftsform bilden sie zugleich die stofflichen Träger des – Tauschwerts. Der Tauschwert erscheint zunächst als das quantitative Verhältnis, die Proportion, worin sich Gebrauchswerte einer Art gegen Gebrauchswerte anderer Art austauschen, ein Verhältnis, das beständig mit Zeit und Ort wechselt.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.50])}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Der Grund, um überhaupt Produkte zu tauschen, sind ihre unterschiedlichen Gebrauchswerte. In diesem Tauschprozess wird ein Produkt zur Ware.<br />
<br />
{{Zitat |Um Ware zu werden, muß das Produkt dem andern, dem es als Gebrauchswert dient, durch den Austausch übertragen werden. Endlich kann kein Ding Wert sein, ohne Gebrauchsgegenstand zu sein.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.55])}}<br />
<br />
{{Zitat |Wären jene Dinge nicht qualitativ verschiedne Gebrauchswerte und daher Produkte qualitativ verschiedner nützlicher Arbeiten, so könnten sie sich überhaupt nicht als Waren gegenübertreten. Rock tauscht sich nicht aus gegen Rock, derselbe Gebrauchswert nicht gegen denselben Gebrauchswert.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.56])}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Eine gewisse Ware lässt sich in einem bestimmten Verhältnis mit einer anderen Ware tauschen, z. B. x kg Weizen gegen y kg Kartoffeln oder z kg Möhren. Also hat der Weizen unzählig viele Tauschwerte. Die Tauschwerte müssen aber auch etwas Gleiches haben, um vergleichbar zu sein, der Tauschwert kann also nur die "Erscheinungsform" eines Dritten sein.<br />
<br />
{{Zitat |Eine gewisse Ware, ein Quarter Weizen z.B. tauscht, sich mit x Stiefelwichse oder mit y Seide oder mit z Gold usw., kurz mit andern Waren in den verschiedensten Proportionen. Mannigfache Tauschwerte also hat der Weizen statt eines einzigen. Aber da x Stiefelwichse, ebenso y Seide, ebenso z Gold usw. der Tauschwert von einem Quarter Weizen ist, müssen y Stiefelwichse, y Seide, z Gold usw. durch einander ersetzbare oder einander gleich große Tauschwerte sein. Es folgt daher erstens: Die gültigen Tauschwerte derselben Ware drücken ein Gleiches aus. Zweitens aber: Der Tauschwert kann überhaupt nur die Ausdrucksweise, die ‚Erscheinungsform‛ eines von ihm unterscheidbaren Gehalts sein.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.51])}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Alle Gebrauchswerte sind Arbeitsprodukte und damit auf abstrakte Arbeit reduzierbar. Diese Arbeit produziert Wert, Warenwert. Das Gemeinsame der unterschiedlichen Waren, was sich beim Tauschen darstellt, ist also ihr Wert.<br />
<br />
{{Zitat |Sieht man nun vom Gebrauchswert der Warenkörper ab, so bleibt ihnen nur noch eine Eigenschaft, die von Arbeitsprodukten. Jedoch ist uns auch das Arbeitsprodukt bereits in der Hand verwandelt. Abstrahieren wir von seinem Gebrauchswert, so abstrahieren wir auch von den körperlichen Bestandteilen und Formen, die es zum Gebrauchswert machen. Es ist nicht länger Tisch oder Haus oder Garn oder sonst ein nützlich Ding. Alle seine sinnlichen Beschaffenheiten sind ausgelöscht. Es ist auch nicht länger das Produkt der Tischlerarbeit oder der Bauarbeit oder der Spinnarbeit oder sonst einer bestimmten produktiven Arbeit. Mit dem nützlichen Charakter der Arbeitsprodukte verschwindet der nützliche Charakter der in ihnen dargestellten Arbeiten, es verschwinden also auch die verschiedenen konkreten Formen dieser Arbeiten, sie unterscheiden sich nicht länger, sondern sind allzusamt reduziert auf gleiche menschliche Arbeit, abstrakt menschliche Arbeit. […] Als Kristalle dieser ihnen gemeinschaftlichen gesellschaftlichen Substanz sind sie Werte – Warenwerte.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.52)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Die Größe des Werts misst sich an der Quantität der Arbeit, an der Arbeitszeit in Minuten, Stunden, Tagen etc.<br />
<br />
{{Zitat |Ein Gebrauchswert oder Gut hat also nur einen Wert, weil abstrakt menschliche Arbeit in ihm vergegenständlicht oder materialisiert ist. Wie nun die Größe seines Werts messen? Durch das Quantum der in ihm enthaltenen ‚wertbildenden Substanz‛, der Arbeit. Die Quantität der Arbeit selbst mißt sich an ihrer Zeitdauer, und die Arbeitszeit besitzt wieder ihren Maßstab an bestimmten Zeitteilen, wie Stunde, Tag usw.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.53)}}<br />
<br />
'''Annahme 7 '''<br />
<br />
Die Arbeitszeit für den Wert einer Ware bemisst sich nicht nach einem individuellen (faulen, schnellen, ungeschickten) Arbeiter, sondern an der durchschnittlich gesellschaftlich notwendigen Dauer zur Erstellung dieser Ware unter normalen Produktionsbedingungen.<br />
<br />
{{Zitat |Die gesamte Arbeitskraft der Gesellschaft, die sich in den Werten der Warenwelt darstellt, gilt hier als eine und dieselbe menschliche Arbeitskraft, obgleich sie aus zahllosen individuellen Arbeitskräften besteht. Jede dieser individuellen Arbeitskräfte ist dieselbe menschliche Arbeitskraft wie die andere, soweit sie den Charakter einer gesellschaftlichen Durchschnitts-Arbeitskraft besitzt und als solche gesellschaftliche Durchschnitts-Arbeitskraft wirkt, also in der Produktion einer Ware auch nur die im Durchschnitt notwendige oder gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit braucht. Gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit ist Arbeitszeit, erheischt, um irgendeinen Gebrauchswert mit den vorhandenen gesellschaftlich- normalen Produktionsbedingungen und dem gesellschaftlichen Durchschnittsgrad von Geschick und Intensität der Arbeit darzustellen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.53)}}<br />
<br />
==Arbeitswerttheorie/ Wertgesetz==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Arbeitswerttheorie besagt, dass sich der Wert der Waren entsprechend der zu ihrer Produktion notwendigen Menge gesellschaftlich notwendiger Arbeit bemisst und sie sich dementsprechend austauschen. Das Wertgesetz wirkt innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise als Regulator der Produktion- es treibt die Warenproduzenten an, den gesellschaftlich notwendigen Arbeitsaufwand zu senken und bewegt die gesellschaftliche Produktion in die Bereiche, die am meisten Profit versprechen. Dadurch wird auch bestimmt, welcher Teil gesellschaftlich vorhandener Arbeitszeit für die Produktion der einzelnen Waren verwendet wird.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Wertgröße, Arbeitszeit, Produktivkraft, Wert, Preise, Wertgesetz<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Arbeitswerttheorie/ des Wertgesetzes wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt. Das Wertgesetz wirkt innerhalb der kapitalistischen Produktion spontan als ökonomischer Regulator, was zur Folge hat, dass über das Schwanken der Marktpreise (als Erscheinungsform des Wertes) sich die Produktion hin zur größten Nachfrage und weg vom Überangebot verlagert und so gesellschaftliche Arbeitszeit durch bspw. Nichteinsatz vergeudet wird. Diese destriktive Wirkung wird in Zeiten von Überproduktionskrisen. Unter der Bedingung kapitalistischer Monopole finden sich veränderte Bedingungen für Form und Wirkung des Wertgesetzes.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Der Grad der Entwicklung der Produktivkraft beeinflusst die Arbeitszeit, die zur Herstellung einer Ware nötig ist und somit beeinflusst sie auch die Wertgröße der Ware und ihren Preis: Je größer die Produktivkraft, umso kürzer die benötigte Arbeitszeit, umso kleiner der Wert der Ware, umso kleiner der Preis. Diese Bewegung ist durch das Wertgesetz bestimmt<br />
<br />
{{Zitat |Die Wertgröße einer Ware bliebe daher konstant, wäre die zu ihrer Produktion erheischte Arbeitszeit konstant. Letztere wechselt aber mit jedem Wechsel in der Produktivkraft der Arbeit.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.54)}}<br />
<br />
{{Zitat |Je größer die Produktivkraft der Arbeit, desto kleiner die zur Herstellung eines Artikels erheischte Arbeitszeit, desto kleiner die in ihm kristallisierte Arbeitsmasse, desto kleiner sein Wert. Umgekehrt, je kleiner die Produktivkraft der Arbeit, desto größer die zur Herstellung eines Artikels notwendige Arbeitszeit, desto größer sein Wert. Die Wertgröße einer Ware wechselt also direkt wie das Quantum und umgekehrt wie die Produktivkraft der sich in ihr verwirklichenden Arbeit.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.55)}}<br />
<br />
{{Zitat |In welcher Weise immer die Preise der verschiedenen Waren zuerst gegeneinander festgesetzt oder geregelt sein mögen, das Wertgesetz beherrscht ihre Bewegung. Wo die zu ihrer Produktion erheischte Arbeitszeit fällt, fallen die Preise; wo sie steigt, steigen die Preise, bei sonst gleichbleibenden Umständen.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.186)}}<br />
<br />
== Warenproduktion und gesellschaftliche Teilung der Arbeit ==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Warenproduktion hat ihre objektive Grundlage und historische Bedingung in der gesellschaftlichen Arbeitsteilung. Ab einem gewissen Stand der Produktivkraftentwicklung werden Produkte nicht für den Eigenverbrauch, sondern für den gesellschaftlichen Austausch produziert: die Produkte menschlicher Arbeitskraft werden zu Waren.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Arbeitsteilung, Gebrauchswert, nützliche Arbeit, Warenproduzenten, Arbeitsteilung, Warenproduktion, Existenzbedingung<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Warenproduktion und der gesellschaftlichen Teilung der Arbeit wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Die gesellschaftliche Teilung der Arbeit ist die Voraussetzung der Warenproduktion, umgekehrt gilt diese Voraussetzung jedoch nicht. Jeder Produzent stellt Waren unterschiedlicher Gebrauchswerte her, die durch ihre Unterschiedlichkeit tauschbar sind.<br />
<br />
{{Zitat |[…]: in dem Gebrauchswert jeder Ware steckt eine bestimmte zweckmäßig produktive Tätigkeit oder nützliche Arbeit. Gebrauchswerte können sich nicht als Waren gegenübertreten, wenn nicht qualitativ verschiedne nützliche Arbeiten in ihnen stecken. In einer Gesellschaft, deren Produkte allgemein die Form der Ware annehmen, d. h. in einer Gesellschaft von Warenproduzenten, entwickelt sich dieser qualitative Unterschied der nützlichen Arbeiten, welche unabhängig voneinander als Privatgeschäfte selbständiger Produzenten betrieben werden, zu einem vielgliedrigen System, zu einer gesellschaftlichen Teilung der Arbeit.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.57)}}<br />
<br />
{{Zitat |[…] – eine gesellschaftliche Teilung der Arbeit. Sie ist Existenzbedingung der Warenproduktion, obgleich Warenproduktion nicht umgekehrt die Existenzbedingung gesellschaftlicher Arbeitsteilung.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.56)}}<br />
<br />
==Wertform==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Wertform ist jene Form, in der der Wert einer Ware erscheint. Man unterscheidet die relative, die entfaltete und die allgemeine Wertform. Die relative Wertform einer Ware drückt dabei ihr Verhältnis zu einer bestimmten, ihr äquivalenten anderen Ware aus, bsp.: 1Beil= 2 Paar Stiefel. Bei der entfaltetetn Wertform drückt diese sich in mehreren ihr Äquivalenten Waren aus, bsp.: 1Beil = 4Paar Stiefel = 20Sack Stroh = 10Pfund Butter. Bei der allgemeinen Wertform lassen sich die Werte aller Waren in einer einzigen Ware ausdrücken- sie fungiert als allgemeines Äquivalent.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Wertform, Wertverhältnis, Austauschverhältnis, Quantum, Äquivalent<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Wertform wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Der Tauschwert erscheint erst im Austauschverhältnis zweier Waren. Der Wert einer Ware wird im Äquivalent einer anderen quantitativ ausgedrückt.<br />
<br />
{{Zitat |Die einfache Wertform einer Ware ist enthalten in ihrem Wertverhältnis zu einer verschiedenartigen Ware oder im Austauschverhältnis mit derselben. Der Wert der Ware A wird qualitativ ausgedrückt durch die unmittelbare Austauschbarkeit der Ware B mit der Ware A. Er wird quantitativ ausgedrückt durch die Austauschbarkeit eines bestimmten Quantums der Ware B mit dem gegebenen Quantum der Ware A. In andren Worten: Der Wert einer Ware ist selbständig ausgedrückt durch seine Darstellung als ‚Tauschwert‛.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.74)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Einfache Wertform: xWareA = yWareB<br />
<br />
Entfaltete Wertform: xWare = unendliche viele unterschiedliche Waren<br />
<br />
Allgemeine Wertform: viele unterschiedliche Waren = yWareZ (allgemein anerkanntes Äquivalent)<br />
<br />
Es kristallisiert sich eine Ware heraus, die als allgemein gültiges Äquivalent zu allen anderen Waren tauschbar ist.<br />
<br />
{{Zitat |Die einfache oder vereinzelte relative Wertform einer Ware macht eine andre Ware zum einzelnen Äquivalent. Die entfaltete Form des relativen Werts, dieser Ausdruck des Werts einer Ware in allen andren Waren, prägt ihnen die Form verschiedenartiger besonderer Äquivalente auf. Endlich erhält eine besondre Warenart die allgemeine Äquivalentform, weil alle andren Waren sie zum Material ihrer einheitlichen, allgemeinen Wertform machen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.82)}}<br />
<br />
==Geld==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Geld ist eine Ware, die ein spezifisches Äquivalent für alle anderen Waren ist. Sie bringt deren Wert zum Ausdruck und vermittelt deren Austausch. In dieser Eigenschaft besteht ihr spezifischer Gebrauchswert.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Geldform, Wertform, Vergegenständlichte menschliche Arbeit, Ware, Wertausdruck, Zirkulationsmittel, Wertmaß, Tauschwert, Geld, Krise<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition von Geld wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Die Allgemeine Wertform geht über zur Geldform. Geld hat die gesellschaftliche Gültigkeit bekommen, allgemeines Äquivalent zu allen anderen Waren zu sein.<br />
<br />
{{Zitat |Und erst vom Augenblick, wo diese Ausschließung sich endgültig auf eine spezifische Warenart beschränkt, hat die einheitliche relative Wertform der Waren weit objektive Festigkeit und allgemein gesellschaftliche Gültigkeit gewonnen. Die spezifische Warenart nun, mit deren Naturalform die Äquivalentform gesellschaftlich verwächst, wird zur Geldware oder funktioniert als Geld. Es wird ihre spezifisch gesellschaftliche Funktion, und daher ihr gesellschaftliches Monopol, innerhalb der Warenwelt die Rolle des allgemeinen Äquivalents zu spielen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.109)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Da allen Waren vergegenständlichte menschliche Arbeit sind, können sie in dem gleichen Wertmaß, in Geldform oder Preis ausgedrückt werden.<br />
<br />
{{Zitat |Weil alle Waren als Werte vergegenständlichte menschliche Arbeit, daher an und für sich kommensurabel sind, können sie ihre Werte gemeinschaftlich in derselben spezifischen Ware messen und diese dadurch in ihr gemeinschaftliches Wertmaß oder Geld verwandeln. Geld als Wertmaß ist notwendige Erscheinungsform des immanenten Wertmaßes der Waren, der Arbeitszeit. Der Wertausdruck einer Ware in Gold – x Ware A (ist gleich) y Geldware – ist ihre Geldform oder ihr Preis.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.109)}}<br />
<br />
'''Annahme 3 '''<br />
<br />
Die Ware, die als Zirkulationsmittel funktioniert, ist Geld. Geld ist somit die adäquate Daseinsform des Tauschwerts, die alle anderen Waren als bloße Gebrauchswerte fixiert. Dabei ist es gleich, ob das Geld in „leiblicher“ Form (Goldstück) oder ideell auftritt.<br />
<br />
{{Zitat |Die Ware, welche als Wertmaß und daher auch, leiblich oder durch Stellvertreter, als Zirkulationsmittel funktioniert, ist Geld. Gold (resp. Silber) ist daher Geld. Als Geld funktioniert es, einerseits wo es in seiner goldnen (resp. silbernen) Leiblichkeit erscheinen muß, daher als Geldware, also weder bloß ideell, wie im Wertmaß, noch repräsentationsfähig, wie im Zirkulationsmittel; andrerseits wo seine Funktion, ob es selbe nun in eigner Person oder durch Stellvertreter vollziehe, es als alleinige Wertgestalt oder allein adäquates Dasein des Tauschwerts allen andren Waren als bloßen Gebrauchswerten gegenüber fixiert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.143)}}<br />
<br />
'''Annahme 4 '''<br />
<br />
Dadurch dass die Ware Geld nicht nur leiblich, sondern auch ideell als Zahlungsmittel benutzt wird, entsteht ein Widerspruch. Dieser Widerspruch zwischen Ware und Wertgestalt wird sichtbar, wenn dass Geld – durch Produktions- und Handelskrisen – nicht mehr nur repräsentatives Rechengeld sein kann, sondern harte Ware sein muss. Plötzlich wird der Gegensatz zwischen der Ware und ihrer Wertgestalt, dem Geld, bis zum absoluten Widerspruch gesteigert.<br />
<br />
{{Zitat |Die Funktion des Geldes als Zahlungsmittel schließt einen unvermittelten Widerspruch ein. Soweit sich die Zahlungen ausgleichen, funktioniert es nur ideell als Rechengeld oder Maß der Werte. Soweit wirkliche Zahlung zu verrichten, tritt es nicht als Zirkulationsmittel auf, als nur verschwindende und vermittelnde Form des Stoffwechsels, sondern als die individuelle Inkarnation der gesellschaftlichen Arbeit, selbständiges Dasein des Tauschwerts, absolute Ware. Dieser Widerspruch eklatiert in dem Moment der Produktions- und Handelskrisen, der Geldkrise heißt. Sie ereignet sich nur, wo die prozessierende Kette der Zahlungen und ein künstliches System ihrer Ausgleichung völlig entwickelt sind. Mit allgemeineren Störungen dieses Mechanismus, woher sie immer entspringen mögen, schlägt das Geld plötzlich und unvermittelt um aus der nur ideellen Gestalt des Rechengeldes in hartes Geld. Es wird unersetzlich durch profane Waren. Der Gebrauchswert der Ware wird wertlos, und ihr Wert verschwindet vor seiner eignen Wertform.<br/> In der Krise wird der Gegensatz zwischen der Ware und ihrer Wertgestalt, dem Geld, bis zum absoluten Widerspruch gesteigert. Die Erscheinungsform des Geldes ist hier daher auch gleichgültig. Die Geldhungersnot bleibt dieselbe, ob in Gold oder Kreditgeld, Banknoten etwa, zu zahlen ist.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.151)}}<br />
<br />
==Einfache Warenzirkulation==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die einfache Warenzirkulation (W – G – W) beschreibt den Ausgangspunkt des Kapitals. Ihre Voraussetzungen sind die Warenproduktion, die entwickelte Warenzirkulation und der Handel. In der einfachen Warenzirkulation werden Äquivalente getauscht und sie endet somit in der Aneignung von Gebrauchswerten.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Warenzirkulation, Kapital, Handel, Ware, Zirkulation, Konsumtion, Aneignung, Befriedigung<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Einfachen Warenzirkulation wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Warenzirkulation ist Ausgangspunkt des Kapitals. Damit Kapital entstehen kann, braucht es historische Voraussetzungen: Warenproduktion, entwickelte Warenzirkulation und Handel.<br />
<br />
{{Zitat |Die Warenzirkulation ist der Ausgangspunkt des Kapitals. Warenproduktion und entwickelte Warenzirkulation, Handel, bilden die historischen Voraussetzungen, unter denen es entsteht.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.161)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Einfache Warenzirkulation Ware – Geld – Ware (W – G – W) endet in der Aneignung von Gebrauchswerten.<br />
<br />
{{Zitat |Der Kreislauf W – G – W geht aus von dem Extrem einer Ware und schließt ab mit dem Extrem einer andren Ware, die aus der Zirkulation heraus und der Konsumtion anheimfällt. Konsumtion, Befriedigung von Bedürfnissen, mit einem Wort, Gebrauchswert ist daher sein Endzweck.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.164)}}<br />
<br />
{{Zitat |Die einfache Warenzirkulation – der Verkauf für den Kauf – dient zum Mittel für einen außerhalb der Zirkulation liegenden Endzweck, die Aneignung von Gebrauchswerten, die Befriedigung von Bedürfnissen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.167)}}<br />
<br />
==Kapitalkreislauf==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Der Kapitalkreislauf beschreibt die Bewegung des Kapitals in der Produktions- und Zirkulationssphäre. Bei der Bewegung G – W – G wird Geld gegen Ware und Ware gegen Geld getauscht, wobei G und W jeweils verschiedene Existenzweisen des Werts bilden. Durch das Verändern seiner Erscheinungsformen vergrößert sich der Wert, er verwertet sich selbst. Der Prozess endet bei G‘, was den zugesetzten Mehrwert beinhaltet und das Kapital steht somit wieder am Ausgangspunkt seiner endlosen Bewegung.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Zirkulation, Geld, Ware, Geldsumme, Mehrwert, Kapital, Verwertung, Bewegung, Selbstverwertung, Kapitalkreislauf<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition des Kapitalkreislaufs wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Bei der Zirkulation Geld – Ware – Geld (G – W – G) tauscht man Geld gegen Ware, um sie wieder gegen Geld zu tauschen, kurz Austausch von Geld gegen Geld.<br />
<br />
{{Zitat |Sehn wir uns die Zirkulation G – W – G näher an. Sie durchläuft, gleich der einfachen Warenzirkulation, zwei entgegengesetzte Phasen. In der ersten Phase, G – W, Kauf, wird das Geld in Ware verwandelt. In der zweiten Phase, W – G, Verkauf, wird die Ware in Geld rückverwandelt. Die Einheit beider Phasen aber ist die Gesamtbewegung, welche Geld gegen Ware und dieselbe Ware wieder gegen Geld austauscht, Ware kauft, um sie zu verkaufen, oder wenn man die formellen Unterschiede von Kauf und Verkauf vernachlässigt, mit dem Geld Ware und mit der Ware Geld kauft. Das Resultat, worin der ganze Prozeß erlischt, ist Austausch von Geld gegen Geld, G – G.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.162)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Der Prozess G – W – G macht nur Sinn, wenn G quantitativ verschieden ist, wenn G – W – G', wo G' größer als G ist. Den Zuwachs zu G nennt man Mehrwert. In dem Prozess, in dem G zu G' wird, wird G zu Kapital.<br />
<br />
{{Zitat |Eine Geldsumme kann sich von der andren Geldsumme überhaupt nur durch ihre Größe unterscheiden. Der Prozeß G – W – G schuldet seinen Inhalt daher keinem qualitativen Unterschied seiner Extreme, denn sie sind beide Geld, sondern nur ihrer quantitativen Verschiedenheit. Schließlich wird der Zirkulation mehr Geld entzogen, als anfangs hineingeworfen ward. Die zu 100 Pfd.St. gekaufte Baumwolle wird z.B. wieder verkauft zu 100 (plus) 10 Pfd.St. oder 110 Pfd.St. Die vollständige Form dieses Prozesses ist daher G – W – G' , wo G' (gleich) G + A G, d. h. gleich der ursprünglich vorgeschossenen Geldsumme plus einem Inkrement. Dieses Inkrement oder den Überschuß über den ursprünglichen Wert nenne ich – Mehrwert (surplus value). Der ursprünglich vorgeschoßne Wert erhält sich daher nicht nur in der Zirkulation, sondern in ihr verändert er seine Wertgröße, setzt einen Mehrwert zu oder verwertet sich. Und diese Bewegung verwandelt ihn in Kapital.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.165)}}<br />
<br />
'''Annahme 3 '''<br />
<br />
Die Verwertung des Werts ist Ziel und Selbstzweck der Zirkulation des Geldes als Kapital, weshalb der Kreislauf sich unerschöpflich wiederholt. Diese Kreislaufbewegung unterscheidet den Geldbesitzer vom Kapitalisten. <br />
<br />
{{Zitat |Die Zirkulation des Geldes als Kapital ist dagegen Selbstzweck, denn die Verwertung des Werts existiert nur innerhalb dieser stets erneuerten Bewegung. Die Bewegung des Kapitals ist daher maßlos. Als bewußter Träger dieser Bewegung wird der Geldbesitzer Kapitalist.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.167)}}<br />
<br />
'''Annahme 4 '''<br />
<br />
Ware und Geld sind verschiedene Existenzweisen des Werts, im Verändern seiner Erscheinungsformen (Geld – Ware – Geld) vergrößert er sich. Zum ursprünglichen Wert gibt sich Mehrwert dazu, er verwertet sich somit selbst.<br />
<br />
{{Zitat |Die selbständigen Formen, die Geldformen, welche der Wert der Waren in der einfachen Zirkulation annimmt, vermitteln nur den Warenaustausch und verschwinden im Endresultat der Bewegung. In der Zirkulation G – W – G funktionieren dagegen beide, Ware und Geld, nur als verschiedne Existenzweisen des Werts selbst, das Geld seine allgemeine, die Ware seine besondre, sozusagen nur verkleidete Existenzweise. […] Fixiert man die besondren Erscheinungsformen, welche der sich verwertende Wert im Kreislauf seines Lebens abwechselnd annimmt, so erhält man die Erklärungen: Kapital ist Geld, Kapital ist Ware. In der Tat aber wird der Wert hier das Subjekt eines Prozesses, worin er unter dem beständigen Wechsel der Formen von Geld und Ware seine Größe selbst verändert, sich als Mehrwert von sich selbst als ursprünglichem Wert abstößt, sich selbst verwertet. Denn die Bewegung, worin er Mehrwert zusetzt, ist seine eigne Bewegung, seine Verwertung also Selbstverwertung. Er hat die okkulte Qualität erhalten, Wert zu setzen, weil er Wert ist. Er wirft lebendige Junge oder legt wenigstens goldne Eier.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.169)}}<br />
<br />
'''Annahme 5 '''<br />
<br />
Kapitalkreislauf: Wert kommt aus dem Kreislauf, geht wieder in ihn hinein, erhält sich und vergrößert sich (Mehrwert), kommt insgesamt größer aus ihm heraus und beginnt von neuem denselben Kreislauf. Dieser sich verwertende Wert ist Kapital.<br />
<br />
{{Zitat |Der Wert wird also prozessierender Wert, prozessierendes Geld und als solches Kapital. Er kommt aus der Zirkulation her, geht wieder in sie ein, erhält und vervielfältigt sich in ihr, kehrt vergrößert aus ihr zurück und beginnt denselben Kreislauf stets wieder von neuem. G – G ', geldheckendes Geld – money which begets money – lautet die Beschreibung des Kapitals im Munde seiner ersten Dolmetscher, der Merkantilisten.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.170)}}<br />
<br />
==Mehrwert==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Bei der Metamorphose des Werts G – W – G‘ setzt der Wert einen Mehrwert zu. Dieser entspringt aber nicht dem Äquivalententausch und ebensowenig dem Tausch von Nicht-Äquivalenten. Der Warenbesitzer kann den Wert einer Ware nur erhöhen, indem er ihr neuen Wert durch den Einsatz von Arbeit zusetzt.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Tausch, Äquivalent, Mehrwert, Warenaustausch, Kapital, Verteilung, Minderwert, Zirkulation, Arbeit, Mehrwert, Wertbildung<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition des Mehrwerts wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Beim Tausch von Äquivalenten wird kein Mehrwert produziert. Auch beim Tausch von Nicht-Äquivalenten (wenn Käufer über oder unter Wert kauft bzw. Verkäufer unter oder über Wert verkauft) wird kein Mehrwert produziert, da sich dieser kurzfristige Vorteil im Kreislauf wieder aufheben wird.<br />
Die Zirkulation oder der Warenaustausch schafft keinen Wert. Nur Arbeit kann Waren Wert zusetzen, Mehrwert erzeugen.<br />
<br />
{{Zitat |Werden Waren oder Waren und Geld von gleichem Tauschwert, also Äquivalente ausgetauscht, so zieht offenbar keiner mehr Wert aus der Zirkulation heraus, als er in sie hineinwirft. Es findet dann keine Bildung von Mehrwert statt.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.174)}}<br />
<br />
{{Zitat |Die Bildung von Mehrwert und daher die Verwandlung von Geld in Kapital, kann also weder dadurch erklärt werden, daß die Verkäufer die Waren über ihrem Werte verkaufen, noch dadurch, daß die Käufer sie unter ihrem Werte kaufen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.175)}}<br />
<br />
{{Zitat |Der zirkulierende Wert hat sich um kein Atom vergrößert, seine Verteilung zwischen A und B hat sich verändert. Auf der einen Seite erscheint als Mehrwert, was auf der andren Minderwert ist, auf der einen Seite als Plus, was auf der andren als Minus.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.177)}}<br />
<br />
{{Zitat |Man mag sich also drehen und wenden, wie man will, das Fazit bleibt dasselbe. Werden Äquivalente ausgetauscht, so entsteht kein Mehrwert, und werden Nicht-Äquivalente ausgetauscht, so entsteht auch kein Mehrwert. Die Zirkulation oder der Warenaustausch schafft keinen Wert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.177f.)}}<br />
<br />
{{Zitat |Kann aber der Mehrwert anderswoher entspringen als aus der Zirkulation? Die Zirkulation ist die Summe aller Wechselbeziehungen der Warenbesitzer. Außerhalb derselben steht der Warenbesitzer nur noch in Beziehung zu seiner eignen Ware. […] Aber seine Arbeit stellt sich nicht dar im Werte der Ware und einem Überschuß über ihrem eignen Wert, nicht in einem Preise von 10, der zugleich ein Preis von 11, nicht in einem Wert, der größer als er selbst ist. Der Warenbesitzer kann durch seine Arbeit Werte bilden, aber keine sich verwertenden Werte. Er kann den Wert einer Ware erhöhn, indem er vorhandnem Wert neuen Wert durch neue Arbeit zusetzt, z.B. aus Leder Stiefel macht.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.179f.)}}<br />
<br />
==Ware Arbeitskraft==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Ware Arbeitskraft ist die dem Arbeiter eigene Ware. Ob sie körperliche oder geistige Arbeit verrichtet- ihr spezifischer Gebrauchswert ist die Erzeugung von Wert. Ihr Tauschwert richtet sich nach der Summe der notwendigen Lebensmittel, die der Arbeiter braucht, um sich selbst zu reproduzieren und ist abhängig von der Kulturstufe, den Ansprüchen, die der Arbeiter stellt und dem Wert der benötigten Lebensmittel. Steigt der Wert der benötigten Lebensmittel, steigt auch der Wert der Arbeitskraft. Die Minimalgrenze des Werts der Arbeitskraft ist der Wert der täglichen Lebensmittel des Arbeiters. Sinkt der Preis der Arbeitskraft unter diesen Wert, hört der Arbeiter auf, zu existieren.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Arbeitskraft, Wert, Gebrauchswert, Arbeitsvermögen, Kapitalist, Geldbesitzer, Arbeiter, Warenbesitzer, Eigentum, Kapital, Warenmarkt, Freiheit, Ware, Produktion, Reproduktion, Arbeitszeit, Lebensmittel, Grenze, Minimum<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Ware Arbeitskraft wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Der Gebrauchswert der Ware Arbeitskraft ist es Wert zu schaffen. Zur Arbeitskraft zählen alle körperlichen und geistigen Fähigkeiten, die beim Arbeiten benutzt werden.<br />
<br />
{{Zitat |Die Veränderung muß sich also zutragen mit der Ware, die im ersten Akt G – W gekauft wird, aber nicht mit ihrem Wert, denn es werden Äquivalente ausgetauscht, die Ware wird zu ihrem Werte bezahlt. Die Veränderung kann also nur entspringen aus ihrem Gebrauchswert als solchem, d. h. aus ihrem Verbrauch. Um aus dem Verbrauch einer Ware Wert herauszuziehn, müßte unser Geldbesitzer so glücklich sein, innerhalb der Zirkulationssphäre, auf dem Markt, eine Ware zu entdecken, deren Gebrauchswert selbst die eigentümliche Beschaffenheit besäße, Quelle von Wert zu sein, deren wirklicher Verbrauch also selbst Vergegenständlichung von Arbeit wäre, daher Wertschöpfung. Und der Geldbesitzer findet auf dem Markt eine solche spezifische Ware vor – das Arbeitsvermögen oder die Arbeitskraft. Unter Arbeitskraft oder Arbeitsvermögen verstehen wir den Inbegriff der physischen und geistigen Fähigkeiten, die in der Leiblichkeit, der lebendigen Persönlichkeit eines Menschen existieren und die er in Bewegung setzt, sooft er Gebrauchswerte irgendeiner Art produziert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.181)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Der Kapitalist und der Arbeiter begegnen sich als juristisch gleiche Personen, als ebenbürtige Warenbesitzer auf dem Markt. Der einzige Unterschied ist, dass der eine Käufer, der andere Verkäufer ist. Der Arbeiter muss immer Besitzer seiner Ware, also Arbeitskraft, sein und kann sie somit nur für einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung stellen.<br />
<br />
{{Zitat |Er und der Geldbesitzer begegnen sich auf dem Markt und treten in Verhältnis zueinander als ebenbürtige Warenbesitzer, nur dadurch unterschieden, daß der eine Käufer, der andre Verkäufer, beide also juristisch gleiche Personen sind. Die Fortdauer dieses Verhältnisses erheischt, daß der Eigentümer der Arbeitskraft sie stets nur für bestimmte Zeit verkaufe, denn verkauft er sie in Bausch und Bogen, ein für allemal, so verkauft er sich selbst, verwandelt sich aus einem Freien in einen Sklaven, aus einem Warenbesitzer in eine Ware. Er als Person muß sich beständig zu seiner Arbeitskraft als seinem Eigentum und daher seiner eignen Ware verhalten, und das kann er nur, soweit er sie dem Käufer stets nur vorübergehend, für einen bestimmten Zeittermin, zur Verfügung stellt, zum Verbrauch überläßt, also durch ihre Veräußerung nicht auf sein Eigentum an ihr verzichtet.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.182)}}<br />
<br />
'''Annahme 3 '''<br />
<br />
Voraussetzung für die Verwandlung von Geld in Kapital ist, dass es Arbeiter auf dem Warenmarkt gibt. Die Arbeiter müssen über ihre Arbeitskraft als Ware verfügen können und besitzen keine eigenen Produktionsmittel.<br />
<br />
{{Zitat |Zur Verwandlung von Geld in Kapital muß der Geldbesitzer also den freien Arbeiter auf dem Warenmarkt vorfinden, frei in dem Doppelsinn, daß er als freie Person über seine Arbeitskraft als seine Ware verfügt, daß er andrerseits andre Waren nicht zu verkaufen hat, los und ledig, frei ist von allen zur Verwirklichung seiner Arbeitskraft nötigen Sachen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.183)}}<br />
<br />
'''Annahme 4 '''<br />
<br />
Der Wert der Ware Arbeitskraft wird gemessen an dem Wert der Summe der Lebensmittel, die der Arbeiter benötigt, um existieren zu können, sowie sich selbst fortzupflanzen. <br />
<br />
{{Zitat |Die Arbeitskraft existiert nur als Anlage des lebendigen Individuums. Ihre Produktion setzt also seine Existenz voraus. Die Existenz des Individuums gegeben, besteht die Produktion der Arbeitskraft in seiner eignen Reproduktion oder Erhaltung. Zu seiner Erhaltung bedarf das lebendige Individuum einer gewissen Summe von Lebensmitteln. Die zur Produktion der Arbeitskraft notwendige Arbeitszeit löst sich also auf in die zur Produktion dieser Lebensmittel notwendige Arbeitszeit, oder der Wert der Arbeitskraft ist der Wert der zur Erhaltung ihres Besitzers notwendigen Lebensmittel.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.185)}}<br />
<br />
'''Annahme 5 '''<br />
<br />
Besonderheit des Werts der Ware Arbeitskaft: Er ist beeinflussbar; abhängig von der Kulturstufe, den Ansprüchen, die die Arbeiter stellen, die sich historisch entwickelt haben und als natürliche Bedürfnisse gelten.<br />
<br />
{{Zitat |Die Summe der Lebensmittel muß also hinreichen, das arbeitende Individuum als arbeitendes Individuum in seinem normalen Lebenszustand zu erhalten. Die natürlichen Bedürfnisse selbst, wie Nahrung, Kleidung, Heizung, Wohnung usw., sind verschieden je nach den klimatischen und andren natürlichen Eigentümlichkeiten eines Landes. Andrerseits ist der Umfang sog. notwendiger Bedürfnisse, wie die Art ihrer Befriedigung, selbst ein historisches Produkt und hängt daher großenteils von der Kulturstufe eines Landes, unter andrem auch wesentlich davon ab, unter welchen Bedingungen, und daher mit welchen Gewohnheiten und Lebensansprüchen die Klasse der freien Arbeiter sich gebildet hat. Im Gegensatz zu den andren Waren enthält also die Wertbestimmung der Arbeitskraft ein historisches und moralisches Element. Für ein bestimmtes Land, zu einer bestimmten Periode jedoch, ist der Durchschnitts-Umkreis der notwendigen Lebensmittel gegeben.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.185)}}<br />
<br />
'''Annahme 6 '''<br />
<br />
Da der Wert der Ware Arbeitskraft an der Summe der Lebensmittel gemessen wird, die der Arbeiter zur Reproduktion seiner Arbeitskraft benötigt, verändert sich dieser Wert, wenn der Wert der Lebensmittel sich verändert.<br />
<br />
{{Zitat |Der Wert der Arbeitskraft löst sich auf in den Wert einer bestimmten Summe von Lebensmitteln. Er wechselt daher auch mit dem Wert dieser Lebensmittel, d. h. der Größe der zu ihrer Produktion erheischten Arbeitszeit.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.186)}}<br />
<br />
'''Annahme 7 '''<br />
<br />
Die Minimalgrenze des Werts der Ware Arbeitskraft ist erreicht, wenn ein Sinken des Preises der Arbeitskraft dazu führen würde, dass die tägliche Reproduktion des Arbeiters nicht mehr gewährleistet wäre und er sterben müsste. <br />
<br />
{{Zitat |Die letzte Grenze oder Minimalgrenze des Werts der Arbeitskraft wird gebildet durch den Wert einer Warenmasse, ohne deren tägliche Zufuhr der Träger der Arbeitskraft, der Mensch, seinen Lebensprozeß nicht erneuern kann, also durch den Wert der physisch unentbehrlichen Lebensmittel.<br/> Sinkt der Preis der Arbeitskraft auf dieses Minimum, so sinkt er unter ihren Wert, denn sie kann sich so nur in verkümmerter Form erhalten und entwickeln. Der Wert jeder Ware ist aber bestimmt durch die Arbeitszeit, erfordert, um sie in normaler Güte zu liefern.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.187)}}<br />
<br />
==Konstantes und variables Kapital==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Das im Arbeitsprozess eingesetzte Kapital unterteilt sich in konstantes und variables Kapital. Das konstante Kapital (k) wird dabei gebildet aus dem eingesetzten Rohmaterial, der Hilfsstoffe und den Arbeitsmitteln. Das variable Kapital (v) bildet sich aus der bezahlten Arbeitskraft. Während das variable Kapital einerseits den Wert des konstanten Kapitals auf das Arbeitsprodukt überträgt und sein eigenes Äquivalent, schafft es zusätzlich Mehrwert. Es verändert also seine Wertgröße. Die Wertgröße des konstanten Kapitals verändert sich hingegen nicht.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Arbeitskraft, lebendige Arbeit, Kapital, Produktionsmittel, Verausgabung, Produkt, Wert, Konstantes Kapital, Variables Kapital, Verwertungsprozess, Wertzusammensetzung, Technische Zusammensetzung des Kapitals, Organische Zusammensetzung des Kapitals<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition des konstanten und variablen Kapitals wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Im Arbeitsprozess überträgt der Arbeiter den Wert der verwendeten Produktionsmittel (Rohstoffe, Hilfsstoffe, Teilwert der verwendeten Maschinen) und schafft neuen Wert durch seine hinzugefügte Arbeit.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist also eine Naturgabe der sich betätigenden Arbeitskraft, der lebendigen Arbeit, Wert zu erhalten, indem sie Wert zusetzt, eine Naturgabe, die dem Arbeiter nichts kostet, aber dem Kapitalisten viel einbringt, die Erhaltung des vorhandnen Kapitalwerts.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.221)}}<br />
<br />
{{Zitat |In ihrer abstrakten, allgemeinen Eigenschaft also, als Verausgabung menschlicher Arbeitskraft, setzt die Arbeit des Spinners den Werten von Baumwolle und Spindel Neuwert zu, und in ihrer konkreten, besondren, nützlichen Eigenschaft als Spinnprozeß, überträgt sie den Wert dieser Produktionsmittel auf das Produkt und erhält so ihren Wert im Produkt. Daher die Doppelseitigkeit ihres Resultats in demselben Zeitpunkt. Durch das bloß quantitative Zusetzen von Arbeit wird neuer Wert zugesetzt, durch die Qualität der zugesetzten Arbeit werden die alten Werte der Produktionsmittel im Produkt erhalten.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.215)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Konstantes Kapital sind Ausgaben für Rohmaterialien, Hilfsstoffe und Arbeitsmittel, die ihre Wertgröße im Produktionsprozess nicht verändern.<br />
Variables Kapital ist die Bezahlung der Arbeitskraft. Die Arbeitskraft überträgt nicht nur ihren eigenen Wert auf das Produkt, sondern schafft zusätzlich neuen (Mehrwert), der mal größer, mal kleiner sein kann.<br />
<br />
{{Zitat |Der Überschuß des Gesamtwerts des Produkts über die Wertsumme seiner Bildungselemente ist der Überschuß des verwerteten Kapitals über den ursprünglich vorgeschoßnen Kapitalwert. Produktionsmittel auf der einen Seite, Arbeitskraft auf der andren sind nur die verschiednen Existenzformen, die der ursprüngliche Kapitalwert annahm bei Abstreifung seiner Geldform und seiner Verwandlung in die Faktoren des Arbeitsprozesses.<br/> Der Teil des Kapitals also, der sich in Produktionsmittel, d. h. in Rohmaterial, Hilfsstoffe und Arbeitsmittel umsetzt, verändert seine Wertgröße nicht im Produktionsprozeß. Ich nenne ihn daher konstanten Kapitalteil, oder kürzer: konstantes Kapital.<br/> Der in Arbeitskraft umgesetzte Teil des Kapitals verändert dagegen seinen Wert im Produktionsprozeß. Er reproduziert sein eignes Äquivalent und einen Überschuß darüber, Mehrwert, der selbst wechseln, größer oder kleiner sein kann. Aus einer konstanten Größe verwandelt sich dieser Teil des Kapitals fortwährend in eine variable. Ich nenne ihn daher variablen Kapitalteil, oder kürzer: variables Kapital. Dieselben Kapitalbestandteile, die sich vom Standpunkt des Arbeitsprozesses als objektive und subjektive Faktoren, als Produktionsmittel und Arbeitskraft unterscheiden, unterscheiden sich vom Standpunkt des Verwertungsprozesses als konstantes Kapital und variables Kapital.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.223f.)}}<br />
<br />
==Die Mehrwertrate==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Mehrwertrate (m‘) drückt das Verhältnis von gewonnener Mehrwertmasse (m) und eingesetzter Arbeitskraft oder variablem Kapital (v) aus, bzw. von Mehrarbeitszeit zu notwendiger Arbeitszeit. Sie beschreibt den Exploitations- bzw. Ausbeutungsgrad der Arbeitskraft.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Konstantes Kapital, Variables Kapital, Mehrwertrate, Exploitationsgrad, Mehrprodukt, Mehrwert<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Mehrwertrate wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Die Mehrwertrate (m´) bestimmt das Verhältnis des Mehrwerts (m) zu den Lohnkosten (v) oder der Mehrarbeitszeit zu der notwenigen Arbeitszeit.(m´) = Mehrwert (m) / variables Kapital (v) oder Mehrarbeitszeit / notwendige Arbeitszeit. Somit lässt sich durch die Mehrwertrate der Ausbeutungsgrad des Arbeiters durch den Kapitalisten bestimmen.<br />
<br />
{{Zitat |Der Mehrwert verhält sich zum variablen Kapital, wie die Mehrarbeit zur notwendigen, oder die Rate des Mehrwerts m (geteilt durch) v gleich Mehrarbeit (geteilt durch) Notwendige Arbeit. Beide Proportionen drücken dasselbe Verhältnis in verschiedner Form aus, das eine Mal in der Form vergegenständlichter, das andre Mal in der Form flüssiger Arbeit. Die Rate des Mehrwerts ist daher der exakte Ausdruck für den Exploitationsgrad der Arbeitskraft durch das Kapital oder des Arbeiters durch den Kapitalisten.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.231f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Da der Zweck der kapitalistischen Produktion die Produktion von Mehrwert ist, ist die Höhe der Mehrwertrate eine bestimmende Größe.<br />
<br />
{{Zitat |Wie die Produktion von Mehrwert der bestimmende Zweck der kapitalistischen Produktion, so mißt nicht die absolute Größe des Produkts, sondern die relative Größe des Mehrprodukts den Höhegrad des Reichtums.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.243f.)}}<br />
<br />
==Der Arbeitstag==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Länge eines Arbeitstages im Industriekapitalismus hat eine untere und eine obere Grenze. Die untere Grenze muss oberhalb der notwendigen Arbeitszeit liegen, da Kapitalisten profitabel produzieren müssen. Die obere Grenze kann durch physische und moralische Kriterien beantwortet werden. Physisch muss die obere Grenze den Arbeitern die Reproduktion ihrer Arbeitskraft ermöglichen. Moralisch müssen auch geistige, soziale etc. Bedürfnisse der Arbeiter befriedigt werden. Die moralische Grenze resultiert aus den Machtverhältnissen der organisierten Arbeiter gegenüber der Kapitalseite, die sich in Arbeitskämpfen austragen und innerhalb des Kapitalismus in Staatsgesetzen ausdrücken. Die Kapitalisten drängen auf ihr Optimum, also auf eine für sie günstige und ständige Verwertung von Arbeitskraft, da Maschinen ständige, also 24-stündige, Verwertungsmöglichkeiten darstellen. Das bedeutet die Verkehrung der Verhältnisse von toter und lebendiger Arbeit.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Arbeitstag, Klassenkampf, Länge des Arbeitstags, Maximalgrenze des Arbeitstags, Minimalgrenze des Arbeitstags, notwendige Arbeit, Notwendigkeit der Organisierung der Arbeiter, Recht als Käufer/Verkäufer, Staatsgesetz<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die Länge des Arbeitstags hat gewisse Schranken, in denen sie variieren kann.<br />
<br />
{{Zitat |Obgleich nun der Arbeitstag keine feste, sondern eine fließende Größe ist, kann er andrerseits nur innerhalb gewisser Schranken variieren.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.246)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
In der kapitalistischen Produktionsweise kann sich der Arbeitstag nie nur auf den Teil der notwendigen Arbeit verkürzen.<br />
<br />
{{Zitat |Auf Grundlage der kapitalistischen Produktionsweise kann die notwendige Arbeit […] immer nur einen Teil seines [des Arbeiters] Arbeitstages bilden, der Arbeitstag sich also nie auf dies Minimum verkürzen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.246)}}<br />
<br />
'''Annahme 3 '''<br />
<br />
Die Maximalgrenze ist doppelt bestimmt. Der Arbeiter hat eine physische Grenze. Ein Teil des Tages muss er schlafen, essen, sich reinigen etc. Und es gibt eine moralische Grenze. Der Arbeiter braucht Zeit, geistige und soziale Bedürfnisse zu befriedigen, deren Umfang abhängig vom allgemeinen Kulturzustand ist. Beide Schranken sind sehr elastisch.<br />
<br />
{{Zitat |Er ist über eine gewisse Grenze hinaus nicht verlängerbar. Diese Maximalschranke ist doppelt bestimmt. Einmal durch die physische Schranke der Arbeitskraft. Ein Mensch kann während des natürlichen Tags von 24 Stunden nur ein bestimmtes Quantum Lebenskraft verausgaben. So kann ein Pferd tagaus, tagein nur 8 Stunden arbeiten. Während eines Teils des Tags muß die Kraft ruhen, schlafen, während eines andren Teils hat der Mensch andre physische Bedürfnisse zu befriedigen, sich zu nähren, reinigen, kleiden usw. Außer dieser rein physischen Schranke stößt die Verlängrung des Arbeitstags auf moralische Schranken. Der Arbeiter braucht Zeit zur Befriedigung geistiger und sozialer Bedürfnisse, deren Umfang und Zahl durch den allgemeinen Kulturzustand bestimmt sind. Die Variation des Arbeitstags bewegt sich daher innerhalb physischer und sozialer Schranken. Beide Schranken sind aber sehr elastischer Natur und erlauben den größten Spielraum. So finden wir Arbeitstage von 8, 10, 12, 14, 16, 18 Stunden, also von der verschiedensten Länge.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.246f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Aus Sicht des Kapitalisten darf er größtmöglichen Nutzen aus seiner gekauften Ware Arbeitskraft herauszuschlagen, wie jeder andere auch aus seiner gekauften Ware. Das konstante (tote) Kapital und die Produktionsmittel sind nur da, um lebendige Arbeit einzusaugen. Das Interesse des Kapitalisten ist es sein Kapital zu verwerten und so viel Mehrwert wie möglich zu schaffen.<br/><br />
Der Kapitalist kauft den Gebrauchswert der Arbeitskraft, der Arbeiter erhält den Tauschwert. Dennoch zieht der Kapitalist Mehrwert aus diesem Tausch, der den Gesetzen des Warentauschs entspricht.<br />
<br />
{{Zitat |Der Kapitalist hat die Arbeitskraft zu ihrem Tageswert gekauft. Ihm gehört ihr Gebrauchswert während eines Arbeitstags. Er hat also das Recht erlangt, den Arbeiter während eines Tags für sich arbeiten zu lassen. Aber was ist ein Arbeitstag? Jedenfalls weniger als ein natürlicher Lebenstag. Um wieviel? Der Kapitalist hat seine eigne Ansicht über dies ultima Thüle, die notwendige Schranke des Arbeitstags. Als Kapitalist ist er nur personifiziertes Kapital. Seine Seele ist die Kapitalseele. Das Kapital hat aber einen einzigen Lebenstrieb, den Trieb, sich zu verwerten, Mehrwert zu schaffen, mit seinem konstanten Teil, den Produktionsmitteln, die größtmögliche Masse Mehrarbeit einzusaugen. Das Kapital ist verstorbne Arbeit, die sich nur vampyrmäßig belebt durch Einsaugung lebendiger Arbeit und um so mehr lebt, je mehr sie davon einsaugt. Die Zeit, während deren der Arbeiter arbeitet, ist die Zeit, während deren der Kapitalist die von ihm gekaufte Arbeitskraft konsumiert. Konsumiert der Arbeiter seine disponible Zeit für sich selbst, so bestiehlt er den Kapitalisten. <br/> Der Kapitalist beruft sich also auf das Gesetz des Warenaustausches. Er, wie jeder andre Käufer, sucht den größtmöglichen Nutzen aus dem Gebrauchswert seiner Ware herauszuschlagen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.223f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Stillliegendes konstantes Kapital bringt Verlust. Die Ausdehnung der Arbeitszeit in die Nacht hinein und generell auf alle 24 Stunden des Tages ist Trieb der kapitalistischen Produktion.<br />
<br />
{{Zitat |Das konstante Kapital, die Produktionsmittel, sind, vom Standpunkt des Verwertungsprozesses betrachtet, nur da, um Arbeit und mit jedem Tropfen Arbeit ein proportionelles Quantum Mehrarbeit einzusaugen. Soweit sie das nicht tun, bildet ihre bloße Existenz einen negativen Verlust für den Kapitalisten, denn sie repräsentieren während der Zeit, wo sie brachliegen, nutzlosen Kapitalvorschuß, und dieser Verlust wird positiv, sobald die Unterbrechung zusätzliche Auslagen nötig macht für den Wiederbeginn des Werks. Die Verlängrung des Arbeitstags über die Grenzen des natürlichen Tags in die Nacht hinein wirkt nur als Palliativ, stillt nur annähernd den Vampyrdurst nach lebendigem Arbeitsblut. Arbeit während aller 24 Stunden des Tags anzueignen ist daher der immanente Trieb der kapitalistischen Produktion.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.271f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Von den elastischen Schranken abgesehen, gibt es keine Grenze des Arbeitstages. Der Kapitalist als Käufer will den Gebrauchswert der Ware Arbeitskraft so lange wie möglich nutzen. Der Arbeiter als Verkäufer behauptet sein Recht, den Arbeitstag auf eine Normalgröße zu beschränken. <br />
Hier bringt die kapitalistische Produktionsweise also einen Kampf zwischen den Klassen hervor, damit einhergehend auch die Formierung der vielen einzelnen Kapitalisten zur Bourgeoisie und die Formierung der vielen einzelnen Angehörigen der Arbeiterklasse zu einer gemeinsam handelnden Arbeiterklasse.<br />
<br />
{{Zitat |Man sieht: Von ganz elastischen Schranken abgesehn, ergibt sich aus der Natur des Warenaustausches selbst keine Grenze des Arbeitstags, also keine Grenze der Mehrarbeit. Der Kapitalist behauptet sein Recht als Käufer, wenn er den Arbeitstag so lang als möglich und womöglich aus einem Arbeitstag zwei zu machen sucht. Andrerseits schließt die spezifische Natur der verkauften Ware eine Schranke ihres Konsums durch den Käufer ein, und der Arbeiter behauptet sein Recht als Verkäufer, wenn er den Arbeitstag auf eine bestimmte Normalgröße beschränken will. Es findet hier also eine Antinomie statt, Recht wider Recht, beide gleichmäßig durch das Gesetz des Warenaustausches besiegelt. Zwischen gleichen Rechten entscheidet die Gewalt. Und so stellt sich in der Geschichte der kapitalistischen Produktion die Normierung des Arbeitstags als Kampf um die Schranken des Arbeitstags dar – ein Kampf zwischen dem Gesamtkapitalisten, d.h. der Klasse der Kapitalisten, und dem Gesamtarbeiter, oder der Arbeiterklasse.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.249)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Ab einer gewissen Reifestufe der kapitalistischen Produktion ist der einzelne Arbeiter machtlos. Der Normalarbeitstag ist Produkt des Klassenkampfs. <br />
<br />
{{Zitat |Die Geschichte der Reglung des Arbeitstags in einigen Produktionsweisen, in andren der noch fortdauernde Kampf um diese Reglung, beweisen handgreiflich, daß der vereinzelte Arbeiter, der Arbeiter als ‚freier‘ Verkäufer seiner Arbeitskraft, auf gewisser Reifestufe der kapitalistischen Produktion, widerstandslos unterliegt. Die Schöpfung eines Normalarbeitstags ist daher das Produkt eines langwierigen, mehr oder minder versteckten Bürgerkriegs zwischen der Kapitalistenklasse und der Arbeiterklasse.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.316)}}<br />
<br />
'''Annahme 8'''<br />
<br />
Die Arbeiter als Klasse müssen zu ihrem eigenen Schutze ein Staatsgesetz erzwingen, ein Vertrag mit den Kapitalisten eingehen, um sich nicht individuell zu Tode zu arbeiten. <br />
<br />
{{Zitat |Zum ‚Schutz‘ gegen die Schlange ihrer Qualen müssen die Arbeiter ihre Köpfe zusammenrotten und als Klasse ein Staatsgesetz erzwingen, ein übermächtiges gesellschaftliches Hindernis, das sie selbst verhindert, durch freiwilligen Kontrakt mit dem Kapital sich und ihr Geschlecht in Tod und Sklaverei zu verkaufen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.320)}}<br />
<br />
'''Annahme 9'''<br />
<br />
Der Kapitalist passt auf, dass der Arbeiter mit Intensität Arbeit verrichtet.<br />
Kapital wird zum Zwangsverhältnis, welches die Arbeiterklasse nötigt, mehr Arbeit zu verrichten, als der enge Kreis der Lebensbedürfnisse vorschrieb. <br/> Das Kapital übertrifft im Grad der Ausbeutung alle Produktionsverhältnisse direkter Zwangsarbeit.<br />
<br />
{{Zitat |Innerhalb des Produktionsprozesses entwickelte sich das Kapital zum Kommando über die Arbeit, d.h. über die sich betätigende Arbeitskraft oder den Arbeiter selbst. Das personifizierte Kapital, der Kapitalist, paßt auf, daß der Arbeiter sein Werk ordentlich und mit dem gehörigen Grad von Intensität verrichte. Das Kapital entwickelte sich ferner zu einem Zwangsverhältnis, welches die Arbeiterklasse nötigt, mehr Arbeit zu verrichten, als der enge Umkreis ihrer eignen Lebensbedürfnisse vorschrieb. Und als Produzent fremder Arbeitsamkeit, als Auspumper von Mehrarbeit und Exploiteur von Arbeitskraft übergipfelt es an Energie, Maßlosigkeit und Wirksamkeit alle frühern auf direkter Zwangsarbeit beruhenden Produktionssysteme.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.328)}}<br />
<br />
'''Annahme 10'''<br />
<br />
Produktionsmittel wenden den Arbeiter an. Sie verzehren ihn als Element ihres eigenen Lebensprozesses, als Lebensprozess des Kapitals. Das bedeutet die Verkehrung der Verhältnisses von toter und lebendiger Arbeit.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist nicht mehr der Arbeiter, der die Produktionsmittel anwendet, sondern es sind die Produktionsmittel, die den Arbeiter anwenden. Statt von ihm als stoffliche Elemente seiner produktiven Tätigkeit verzehrt zu werden, verzehren sie ihn als Ferment ihres eignen Lebensprozesses, und der Lebensprozeß des Kapitals besteht nur in seiner Bewegung als sich selbst verwertender Wert. Schmelzöfen und Arbeitsgebäude, die des Nachts ruhn und keine lebendige Arbeit einsaugen, sind ‚reiner Verlust‘ (‚mere loss‘) für den Kapitalisten. Darum konstituieren Schmelzöfen und Arbeitsgebäude einen ‚Anspruch auf die Nachtarbeit‘ der Arbeitskräfte. Die bloße Verwandlung des Geldes in gegenständliche Faktoren des Produktionsprozesses, in Produktionsmittel, verwandelt letztre in Rechtstitel und Zwangstitel auf fremde Arbeit und Mehrarbeit.<br/> Wie diese der kapitalistischen Produktion eigentümliche und sie charakterisierende Verkehrung, ja Verrückung des Verhältnisses von toter und lebendiger Arbeit, von Wert und wertschöpferischer Kraft, sich im Bewusstsein der Kapitalistenköpfe abspiegelt [...]| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.329)}}<br />
<br />
==Der Arbeitslohn==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Der Arbeitslohn ist der Verkaufspreis von Arbeitskraft. Seine Untergrenze ist der Wert von Arbeitskraft, der sich durch den Wert der gewohnheitsmäßig notwendigen Lebensmittel des Durchschnittsarbeiters bemisst. Der Arbeitswert stellt gleichzeitig die notwendige Arbeit dar. Das relative Verhältnis von Arbeitslohn und Mehrwert wird durch <br />
1) die Länge eines Arbeitstags sowie durch die <br />
2) Intensität und <br />
3) Produktivkraft von Arbeit bestimmt. <br />
Arbeitslohn ist bezahlte Arbeit, Mehrwert ist unbezahlte Arbeit.<br />
<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Preis der Arbeitskraft, Wert der Arbeitskraft, Verelendung der Arbeiterklasse, bezahlte Arbeit, unbezahlte Arbeit, notwendige Arbeit, Mehrarbeit, Stundenlohn, Ausbeutung<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Der Wert der Arbeitskraft ist bestimmt durch den Wert der gewohnheitsmäßig notwendigen Lebensmittel des Durchschnittsarbeiters. Für die Wertbestimmung der Arbeitskraft sind zwei faktoren relevant: Einerseits ihre Entwicklungskosten, die sich mit der Produktionsweise ändern, andererseits ihre Naturdifferenz, ob sie beispielsweise erfahren oder unerfahren ist. Der Preis der Arbeitskraft kann gelegentlich über den Wert der Ware steigen, aber nie unter ihn sinken. <br/> Die relativen Größen von Preis der Arbeitskraft und von Mehrwert werden durch drei Umstände bedingt: 1. die Länge des Arbeitstags, 2. die Intensität der Arbeit und 3. endlich die Produktivkraft der Arbeit.<br />
<br />
{{Zitat |Der Wert der Arbeitskraft ist bestimmt durch den Wert der gewohnheitsmäßig notwendigen Lebensmittel des Durchschnittsarbeiters. Die Masse dieser Lebensmittel, obgleich ihre Form wechseln mag, ist in einer bestimmten Epoche einer bestimmten Gesellschaft gegeben und daher als konstante Größe zu behandeln. Was wechselt, ist der Wert dieser Masse. Zwei andre Faktoren gehn in die Wertbestimmung der Arbeitskraft ein. Einerseits ihre Entwicklungskosten, die sich mit der Produktionsweise ändern, andrerseits ihre Naturdifferenz, ob sie männlich oder weiblich, reif oder unreif. Der Verbrauch dieser differenten Arbeitskräfte, wieder bedingt durch die Produktionsweise, macht großen Unterschied in den Reproduktionskosten der Arbeiterfamilie und dem Wert des erwachsnen männlichen Arbeiters. Beide Faktoren bleiben jedoch bei der folgenden Untersuchung ausgeschlossen . Wir unterstellen. 1. daß die Waren zu ihrem Wert verkauft werden, 2. daß der Preis der Arbeitskraft wohl gelegentlich über ihren Wert steigt, aber nie unter ihn sinkt. <br/> Dies einmal unterstellt, fand sich, daß die relativen Größen von Preis der Arbeitskraft und von Mehrwert durch drei Umstände bedingt sind: 1. die Länge des Arbeitstags oder die extensive Größe der Arbeit; 2. die normale Intensität der Arbeit oder ihre intensive Größe, so daß ein bestimmtes Arbeitsquantum in bestimmter Zeit verausgabt wird; 3. endlich die Produktivkraft der Arbeit, so daß je nach dem Entwicklungsgrad der Produktionsbedingungen dasselbe Quantum Arbeit in derselben Zeit ein größeres oder kleineres Quantum Produkt liefert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.542)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Der Preis der Arbeitskraft könnte bei steigender Produktivkraft sinken, bei gleichzeitigem Wachstum der Lebensmittelmasse des Arbeiters. Aber im Vergleich zum Mehrwert sänke der Arbeitslohn. Die Kluft zwischen den Lebenslagen der Arbeiter und Kapitalisten wächst.<br />
<br />
{{Zitat |Der Preis der Arbeitskraft könnte so bei steigender Produktivkraft der Arbeit beständig fallen mit gleichzeitigem, fortwährendem Wachstum der Lebensmittelmasse des Arbeiters. Relativ aber, d.h. verglichen mit dem Mehrwert, sänke der Wert der Arbeitskraft beständig und erweiterte sich also die Kluft zwischen den Lebenslagen von Arbeiter und Kapitalist.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.546)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Form des Arbeitslohn verschleiert die Teilung des Arbeitstages in bezahlte und unbezahlte Arbeit.<br />
<br />
{{Zitat|Die Form des Arbeitslohns löscht also jede Spur der Teilung des Arbeitstags in notwendige Arbeit und Mehrarbeit, in bezahlte und unbezahlte Arbeit aus. Alle Arbeit erscheint als bezahlte Arbeit.|(Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.562f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Bei Zahlung einzelner Arbeitsstunden wird der Zusammenhang zwischen bezahlter und unbezahlter Arbeit aufgehoben. Dem Arbeiter ist nicht garantiert auf die notwendige Arbeitszeit zu kommen um seine Selbsterhaltung zu gewährleisten.<br />
<br />
{{Zitat |Wird der Stundenlohn in der Weise fixiert, daß der Kapitalist sich nicht zur Zahlung eines Tages- oder Wochenlohns verpflichtet, sondern nur zur Zahlung der Arbeitsstunden, während deren es ihm beliebt, den Arbeiter zu beschäftigen, so kann er ihn unter der Zeit beschäftigen, die der Schätzung des Stundenlohns oder der Maßeinheit für den Preis der Arbeit ursprünglich zugrunde liegt. Da diese Maßeinheit bestimmt ist durch die Proportion Tageswert der Arbeitskraft/Arbeitstag von gegebener Stundenzahl, verliert sie natürlich allen Sinn, sobald der Arbeitstag aufhört, eine bestimmte Stundenzahl zu zählen. Der Zusammenhang zwischen der bezahlten und unbezahlten Arbeit wird aufgehoben. Der Kapitalist kann jetzt ein bestimmtes Quantum Mehrarbeit aus dem Arbeiter herausschlagen, ohne ihm die zu seiner Selbsterhaltung notwendige Arbeitszeit einzuräumen.|(Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.568)}}<br />
<br />
==Produktive und unproduktive Arbeit im Kapitalismus==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Produktive Arbeit, Mehrwert, Kaufmann, Kaufmannskapital, Zirkulationsprozess, Wert, industrielles Kapital, unbezahlte Arbeit, Zirkulationskosten, Profitrate, Kopfarbeit,<br />
Handarbeit, Gesamtarbeiter<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Produktive Arbeit ist Arbeit, welche sich direkt in Kapital verwandelt, Arbeit die Mehrwert schafft oder jene die dem Kapital als Helbel dient Mehrwert zu schaffen. <br />
<br />
{{Zitat |Bloß die bürgerliche Borniertheit, die die kapitalistische Formen der Produktion für die absoluten Formen derselben hält – daher für ewige Naturformen der Produktion – kann die Frage, was produktive Arbeit vom Standpunkt des Kapitals aus ist, mit der Frage, welche Arbeit überhaupt produktiv ist oder was produktive Arbeit überhaupt ist, verwechseln und daher sich sehr weise dünken in der Antwort, daß jede Arbeit, die überhaupt etwas produziert, in irgendetwas resultiert, von sich aus produktive Arbeit ist. [...] Nur die Arbeit, die sich direkt in Kapital verwandelt, ist produktiv; [...] Arbeit, die Mehrwert setzt oder dem Kapital als Hebel dient, Mehrwert zu setzen und daher sich als Kapital, als sich verwertenden Wert zu setzen.| (Marx, Theorien über den Mehrwert I, MEW Band 26, S.369)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Es gibt gesellschaftlich notwendige Bereiche, die keine Werte – und damit keinen Mehrwert – schaffen, weil sich die dort geleistete Arbeit nicht in Produkten materialisiert. Unproduktive Arbeit hat den Nutzen, einen geringeren Teil der gesamten Arbeitskraft der Gesellschaft in unproduktiver Form binden zu müssen.<br />
<br />
{{Zitat |Er [der Kaufmann] verrichtet eine notwendige Funktion, weil der Reproduktionsprozess selbst unproduktive Funktionen einschließt. Er arbeitet so gut wie ein anderer, aber der Inhalt seiner Arbeit schafft weder Wert noch Produkt. Er selbst gehört zu den faux frais der Produktion. Sein Nutzen besteht nicht darin, eine unproduktive in eine produktive Funktion zu verwandeln, oder unproduktive Arbeit in produktive. […] Sein Nutzen besteht vielmehr darin, dass ein geringerer Teil der Arbeitskraft und Arbeitszeit der Gesellschaft in dieser unproduktiven Form gebunden wird.| (Marx, Kapital 2.Band, MEW Band 24, S.133f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Im Zirkulationsprozess wird kein Wert und damit kein Mehrwert produziert.<br />
<br />
{{Zitat |Das Kaufmannskapital ist nichts als innerhalb der Zirkulationssphäre fungierendes Kapital. Der Zirkulationsprozeß ist eine Phase des gesamten Reproduktionsprozesses. Aber im Zirkulationsprozeß wird kein Wert produziert, also auch kein Mehrwert.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.290)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Das industrielle Kapital produziert den Mehrwert durch direkte Aneignung unbezahlter, fremder Arbeit. Das Kaufmannskapital eignet sich einen Teil dieses Mehrwerts an.<br />
<br />
{{Zitat |Das Verhältnis des Kaufmannskapitals zum Mehrwert ist ein anderes als das des industriellen Kapitals. Das letztere produziert den Mehrwert durch direkte Aneignung unbezahlter fremder Arbeit. Das erstere eignet sich einen Teil dieses Mehrwerts an, indem es diesen Teil vom industriellen Kapital auf sich übertragen lässt.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.304)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Dem industriellen Kapital sind die Zirkulationskosten Unkosten, für das Handelskapital Quelle des Profits.<br />
<br />
{{Zitat |Dem industriellen Kapital erscheinen und sind die Zirkulationskosten Unkosten. Dem Kaufmann erscheinen sie als Quelle seines Profits, der – die allgemeine Profitrate vorausgesetzt – im Verhältnis zur Größe derselben steht.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.313.)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Im kooperativen Arbeitsprozess wird unterteilt in Hand- und Kopfarbeit. Im Sinne des Gesamtarbeiters verrichten aber beide Teile produktive Arbeit. Für produktive Arbeit, ist es nicht mehr notwendig selbst Hand anzulegen, es genügt Teil des Gesamtarbeiters zu sein.<br />
<br />
{{Zitat |Wie im Natursystem Kopf und Hand zusammengehören, vereint der Arbeitsprozeß Kopfarbeit und Handarbeit. Später scheiden sie sich bis zum feindlichen Gegensatz. Das Produkt verwandelt sich überhaupt aus dem unmittelbaren Produkt des individuellen Produzenten in ein gesellschaftliches, in das gemeinsame Produkt eines Gesamtarbeiters, d.h. eines kombinierten Arbeitspersonals, dessen Glieder der Handhabung des Arbeitsgegenstandes näher oder ferner stehn. Mit dem kooperativen Charakter des Arbeitsprozesses selbst erweitert sich daher notwendig der Begriff der produktiven Arbeit und ihres Trägers, des produktiven Arbeiters. Um produktiv zu arbeiten, ist es nun nicht mehr nötig, selbst Hand anzulegen; es genügt, Organ des Gesamtarbeiters zu sein, irgendeine seiner Unterfunktionen zu vollziehn.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.531)}}<br />
<br />
==Absolute Mehrwertproduktion==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Exploitationsgrad, variables Kapital<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Unter absoluter Mehrwertproduktion versteht Marx die Verschärfung der Ausbeutung durch die Verlängerung des Arbeitstages, damit also der Verlängerung der Mehrarbeit, und durch die Abnahme der beschäftigten Arbeiter.<br />
<br />
{{Zitat |Verminderung des variablen Kapitals ist […] ausgleichbar durch proportionelle Erhöhung im Exploitationsgrad der Arbeitskraft oder die Abnahme in der Anzahl der beschäftigten Arbeiter durch proportionelle Verlängerung des Arbeitstags.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.322f.)}}<br />
<br />
{{Zitat |Durch Verlängrung des Arbeitstags produzierten Mehrwert nenne ich absoluten Mehrwert; […]| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.334)}}<br />
<br />
==Relative Mehrwertproduktion==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Länge des Arbeitstags, Relative Mehrwertproduktion, Mehrarbeit, notwendige Arbeit, relativer Mehrwert, Wert der Arbeitskraft, Produktivkraftentwicklung, Produktivkraftsteigerung, Mehrwertrate<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Wenn der Teil der Arbeitszeit, den der Arbeiter für seine Reproduktion braucht (notwendige Arbeitszeit), verkürzt wird, ohne dass sich die gesamte Arbeitszeit reduziert, erzielt der Kapitalist eine relative Mehrwertsteigerung. Die Verlängerung des Arbeitstages führt zu einer absoluten Mehrwertsteigerung.<br />
<br />
{{Zitat |Wie kann nun die Produktion von Mehrwert vergrößert, d.h. die Mehrarbeit verlängert werden, ohne jede weitere Verlängrung oder unabhängig von jeder weiteren Verlängrung [des Arbeitstages] […]?| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.331)}}<br />
<br />
{{Zitat |Der Verlängrung der Mehrarbeit entspräche die Verkürzung der notwendigen Arbeit, oder ein Teil der Arbeitszeit, die der Arbeiter bisher in der Tat für sich selbst verbraucht, verwandelt sich in Arbeitszeit für den Kapitalisten. Was verändert, wäre nicht die Länge des Arbeitstags, sondern seine Teilung in notwendige Arbeit und Mehrarbeit.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.321f.)}}<br />
<br />
{{Zitat |Durch Verlängrung des Arbeitstags produzierten Mehrwert nenne ich absoluten Mehrwert; den Mehrwert dagegen, der aus Verkürzung der notwendigen Arbeitszeit und entsprechender Verändrung im Größenverhältnis der beiden Bestandteile des Arbeitstags entspringt – relativen Mehrwert| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.334)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Die notwendige Arbeitszeit kann sich nur verkürzen, wenn der Wert der Ware Arbeitskraft sinkt. Dieser kann nur sinken, wenn die Masse Lebensmittel in kürzerer Arbeitszeit hergestellt wird und damit geringeren Wert hat. Dies ist jedoch ohne eine Erhöhung der Produktivkraft der Arbeit unmöglich.<br />
<br />
{{Zitat |Bei gegebner Länge des Arbeitstags muß die Verlängrung der Mehrarbeit aus der Verkürzung der notwendigen Arbeitszeit entspringen, […] in unsrem Beispiel muß der Wert der Arbeitskraft wirklich um ein Zehntel sinken, damit die notwendige Arbeitszeit um ein Zehntel abnehme, von 10 auf 9 Stunden, und daher die Mehrarbeit sich von 2 auf 3 Stunden verlängre. Eine solche Senkung des Werts der Arbeitskraft um ein Zehntel bedingt aber ihrerseits, daß dieselbe Masse Lebensmittel, die früher in 10, jetzt in 9 Stunden produziert wird. Dies ist jedoch unmöglich ohne eine Erhöhung der Produktivkraft der Arbeit. […] Unter Erhöhung der Produktivkraft der Arbeit verstehn wir hier überhaupt eine Verändrung im Arbeitsprozeß, wodurch die zur Produktion einer Ware gesellschaftlich erheischte Arbeitszeit verkürzt wird, ein kleinres Quantum Arbeit also die Kraft erwirbt, ein größres Quantum Gebrauchswert zu produzieren. Während also bei der Produktion des Mehrwerts in der bisher betrachteten Form die Produktionsweise als gegeben unterstellt war, genügt es für die Produktion von Mehrwert durch Verwandlung notwendiger Arbeit in Mehrarbeit keineswegs, daß das Kapital sich des Arbeitsprozesses in seiner historisch überlieferten oder vorhandnen Gestalt bemächtigt und nur seine Dauer verlängert. Es muß die technischen und gesellschaftlichen Bedingungen des Arbeitsprozesses, also die Produktionsweise selbst umwälzen, um die Produktivkraft der Arbeit zu erhöhn, durch die Erhöhung der Produktivkraft der Arbeit den Wert der Arbeitskraft zu senken und so den zur Reproduktion dieses Werts notwendigen Teil des Arbeitstags zu verkürzen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.333f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Steigerung der Produktivkraft muss Industriezweige betreffen, deren Produkte den Wert der Arbeitskraft bestimmen.<br />
<br />
{{Zitat |Um den Wert der Arbeitskraft zu senken, muß die Steigerung der Produktivkraft Industriezweige ergreifen, deren Produkte den Wert der Arbeitskraft bestimmen, also entweder dem Umkreis der gewohnheitsmäßigen Lebensmittel angehören oder sie ersetzen können.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.334)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der Wert der Ware Arbeitskraft nimmt ab mit der zu seiner Reproduktion notwendigen Arbeitszeit, deren Gesamtverkürzung gleich der Summe ihrer Verkürzungen in allen jenen besonderen Produktionszweigen ist. Wenn ein einzelner Kapitalist durch Steigerung der Produktivkraft der Arbeit z. B. Hemden verbilligt, schwebt ihm keineswegs notwendig der Zweck vor, den Wert der Arbeitskraft und daher die notwendige Arbeitszeit pro tanto zu senken, aber nur soweit er schließlich zu diesem Resultat beiträgt, trägt er zur Erhöhung der allgemeinen Rate des Mehrwerts bei. Die allgemeinen Bewegungsgesetze des Kapitals setzen sich hinter dem Rücken der Menschen durch, ohne dass sie den Kapitalisten bewusst sind, aber immer im Sinne der Steigerung des Werts.<br />
<br />
{{Zitat |Die verwohlfeilerte Ware senkt natürlich den Wert der Arbeitskraft nur pro tanto, d.h. nur im Verhältnis, worin sie in die Reproduktion der Arbeitskraft eingeht. Hemden z.B. sind ein notwendiges Lebensmittel, aber nur eins von vielen. Ihre Verwohlfeilerung vermindert bloß die Ausgabe des Arbeiters für Hemden. Die Gesamtsumme der notwendigen Lebensmittel besteht jedoch nur aus verschiednen Waren, lauter Produkten besondrer Industrien, und der Wert jeder solchen Ware bildet stets einen aliquoten Teil vom Wert der Arbeitskraft. Dieser Wert nimmt ab mit der zu seiner Reproduktion notwendigen Arbeitszeit, deren Gesamtverkürzung gleich der Summe ihrer Verkürzungen in allen jenen besondren Produktionszweigen ist.<br/> Wir behandeln dies allgemeine Resultat hier so, als wäre es unmittelbares Resultat und unmittelbarer Zweck in jedem einzelnen Fall. Wenn ein einzelner Kapitalist durch Steigerung der Produktivkraft der Arbeit z.B. Hemden verwohlfeilert, schwebt ihm keineswegs notwendig der Zweck vor, den Wert der Arbeitskraft und daher die notwendige Arbeitszeit pro tanto zu senken, aber nur soweit er schließlich zu diesem Resultat beiträgt, trägt er bei zur Erhöhung der allgemeinen Rate des Mehrwerts. Die allgemeinen und notwendigen Tendenzen des Kapitals sind zu unterscheiden von ihren Erscheinungsformen.<br/> Die Art und Weise, wie die immanenten Gesetze der kapitalistischen Produktion in der äußern Bewegung der Kapitale erscheinen, sich als Zwangsgesetze der Konkurrenz geltend machen und daher als treibende Motive dem individuellen Kapitalisten zum Bewußtsein kommen, ist jetzt nicht zu betrachten, aber soviel erhellt von vornherein: Wissenschaftliche Analyse der Konkurrenz ist nur möglich, sobald die innere Natur des Kapitals begriffen ist, ganz wie die scheinbare Bewegung der Himmelskörper nur dem verständlich, der ihre wirkliche, aber sinnlich nicht wahrnehmbare Bewegung kennt. Dennoch ist zum Verständnis der Produktion des relativen Mehrwerts und bloß auf Grundlage der bereits gewonnenen Resultate folgendes zu bemerken.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.334f.)}}<br />
<br />
==Die Jagd nach dem Extraprofit==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Produktivkraftsteigerung, Wert der Ware, Extramehrwert, Wert der Arbeitskraft, Produktivkraftentwicklung, relativer Mehrwert, Extramehrwert<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Wenn es einem Kapitalisten gelingt, die Produktivkraft zu steigern, produziert er mehr Waren in gegebener Zeit. Der individuelle Wert einer dieser Waren steht nun unter ihrem gesellschaftlichen Wert, d. h., sie kostet weniger Arbeitszeit als der große Haufen derselben Artikel, produziert unter den gesellschaftlichen Durchschnittsbedingungen. Der wirkliche Wert einer Ware ist aber nicht ihr individueller, sondern ihr gesellschaftlicher Wert, d. h., er wird nicht durch die Arbeitszeit gemessen, die sie im einzelnen Fall den Produzenten tatsächlich kostet, sondern durch die gesellschaftlich zu ihrer Produktion erheischte Arbeitszeit. Verkauft also der Kapitalist, der die neue Methode anwendet, seine Ware zu ihrem gesellschaftlichen Wert, kann er Extramehrwert realisieren. Diese Steigerung des Mehrwerts findet für ihn statt, ob oder ob nicht seine Ware dem Umkreis der notwendigen Lebensmittel angehört und daher bestimmend in den allgemeinen Wert der Arbeitskraft eingeht.<br />
<br />
{{Zitat |Stellt sich eine Arbeitsstunde in einem Goldquantum von 6 d. oder einen halben sh. dar, so wird in zwölfstündigem Arbeitstag ein Wert von 6 sh. produziert. Gesetzt, mit der gegebnen Produktivkraft der Arbeit würden 12 Stück Waren in diesen 12 Arbeitsstunden verfertigt. Der Wert der in jedem Stück vernutzten Produktionsmittel, Rohmaterial usw. sei 6 d. Unter diesen Umständen kostet die einzelne Ware 1 sh., nämlich 6 d. für den Wert der Produktionsmittel, 6 d. für den in ihrer Verarbeitung neu zugesetzten Wert.<br/> Es gelinge nun einem Kapitalisten, die Produktivkraft der Arbeit zu verdoppeln und daher 24 statt 12 Stück dieser Warenart in dem zwölfstündigen Arbeitstag zu produzieren. Bei unverändertem Wert der Produktionsmittel sinkt der Wert der einzelnen Ware jetzt auf 9 d., nämlich 6 d. für den Wert der Produktionsmittel, 3 d. für den durch die letzte Arbeit neu zugesetzten Wert. Trotz der verdoppelten Produktivkraft schafft der Arbeitstag nach wie vor nur einen Neuwert von 6 sh., welcher sich jedoch jetzt auf doppelt soviel Produkte verteilt. Auf jedes einzelne Produkt fällt daher nur noch ein Vierundzwanzigstel statt ein Zwölftel dieses Gesamtwerts, 3 d. statt 6 d. oder, was dasselbe ist, den Produktionsmitteln wird bei ihrer Verwandlung in Produkt, jedes Stück berechnet, jetzt nur noch eine halbe statt wie früher eine ganze Arbeitsstunde zugesetzt.<br/> Der individuelle Wert dieser Ware steht nun unter ihrem gesellschaftlichen Wert, d.h., sie kostet weniger Arbeitszeit als der große Haufen derselben Artikel, produziert unter den gesellschaftlichen Durchschnittsbedingungen. Das Stück kostet im Durchschnitt 1 sh. oder stellt 2 Stunden gesellschaftlicher Arbeit dar; mit der veränderten Produktionsweise kostet es nur 9 d. oder enthält nur IV2 Arbeitsstunden. <br/> Der wirkliche Wert einer Ware ist aber nicht ihr individueller, sondern ihr gesellschaftlicher Wert, d.h., er wird nicht durch die Arbeitszeit gemessen, die sie im einzelnen Fall dem Produzenten tatsächlich kostet, sondern durch die gesellschaftlich zu ihrer Produktion erheischte Arbeitszeit.<br/> Verkauft also der Kapitalist, der die neue Methode anwendet, seine Ware zu ihrem gesellschaftlichen Wert von 1 sh., so verkauft er sie 3 d. über ihrem individuellen Wert und realisiert so einen Extramehrwert von 3 d. Andrerseits stellt sich aber der zwölfstündige Arbeitstag jetzt für ihn in 24 Stück Ware dar statt früher in 12. Um also das Produkt eines Arbeitstags zu verkaufen, bedarf er doppelten Absatzes oder eines zweifach größern Markts. Unter sonst gleichbleibenden Umständen erobern seine Waren nur größern Marktraum durch Kontraktion ihrer Preise. Er wird sie daher über ihrem individuellen, aber unter ihrem gesellschaftlichen Wert verkaufen, sage zu 10 d. das Stück. So schlägt er an jedem einzelnen Stück immer noch einen Extramehrwert von 1 d. heraus. Diese Steigerung des Mehrwerts findet für ihn statt, ob oder ob nicht seine Ware dem Umkreis der notwendigen Lebensmittel angehört und daher bestimmend in den allgemeinen Wert der Arbeitskraft eingeht.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.335f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Es ist der immanente Trieb und die beständige Tendenz des Kapitals, die Produktivkräfte der Arbeit zu steigern, um die Ware und durch die Vergünstigung der Ware den Arbeiter selbst zu vergünstigen, zu erklären.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist daher der immanente Trieb und die beständige Tendenz des Kapitals, die Produktivkraft der Arbeit zu steigern, um die Ware und durch die Verwohlfeilerung der Ware den Arbeiter selbst zu verwohlfeilern.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.338)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Der absolute Wert der Ware ist dem Kapitalisten gleichgültig. Ihn interessiert nur der Mehrwert. Der relative Mehrwert steigt durch die Produktivkraft der Arbeit, der Wert der Waren sinkt dagegen. Dem Kapitalisten geht es nur um die Produktion von Tauschwert, er will den Tauschwert der Waren beständig senken.<br />
<br />
{{Zitat |Der absolute Wert der Ware ist dem Kapitalisten, der sie produziert, an und für sich gleichgültig. Ihn interessiert nur der in ihr steckende und im Verkauf realisierbare Mehrwert. Realisierung von Mehrwert schließt von selbst Ersatz des vorgeschoßnen Werts ein. Da nun der relative Mehrwert in direktem Verhältnis zur Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit wächst, während der Wert der Waren in umgekehrtem Verhältnis zur selben Entwicklung fällt, da also derselbe identische Prozeß die Waren verwohlfeilert und den in ihnen enthaltnen Mehrwert steigert, löst sich das Rätsel, daß der Kapitalist, dem es nur um die Produktion von Tauschwert zu tun ist, den Tauschwert der Waren beständig zu senken strebt, […]| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.338f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der Extramehrwert verschwindet, sobald sich die neue Produktionsweise verallgemeinert und bestimmend ist für den gesellschaftlichen Wert der Ware.<br />
<br />
{{Zitat |Andrerseits aber verschwindet jener Extramehrwert, sobald die neue Produktionsweise sich verallgemeinert und damit die Differenz Zwischen dem individuellen Wert der wohlfeiler produzierten Waren und ihrem gesellschaftlichen Wert verschwindet.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.337)}}<br />
<br />
==Die Profitrate==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Profit, Kapital, Mehrwert, Kapitalverhältnis, Konstantes Kapital, variables Kapital, Profitrate, Mehrwertrate<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Der Kapitalist kann keinen Unterschied zwischen konstantem und variablen Kapital erkennen, da er nur sieht, dass er für beide Ausgaben Kapital vorschießen muss. So misst er den Grad des Gewinns an der Differenz von Ausgaben und Überschuss = Profit.<br/> Die Wertveränderung, die sich während des Produktionsprozesses ereignet, wird vom variablen Kapital in das Gesamtkapital verlegt.<br/> Der Profit ist zunächst dasselbe wie der Mehrwert, nur in mystifizierter Form, die aus der kapitalistischen Produktionsweise entsteht.<br />
<br />
{{Zitat |1=Als solcher vorgestellter Abkömmling des vorgeschoßnen Gesamtkapitals erhält der Mehrwert die verwandelte Form des Profits. Eine Wertsumme ist daher Kapital, weil sie ausgelegt wird, um einen Profit zu erzeugen, oder der Profit kommt heraus, weil eine Wertsumme als Kapital angewandt wird. Nennen wir den Profit p, so verwandelt sich die Formel W = c + v + m = k + m in die Formel W = k + p oder Warenwert = Kostpreis + Profit. Der Profit, wie wir ihn hier zunächst vor uns haben, ist also dasselbe, was der Mehrwert ist, nur in einer mystifizierten Form, die jedoch mit Notwendigkeit aus der kapitalistischen Produktionsweise herauswächst. Weil in der scheinbaren Bildung des Kostpreises kein Unterschied zwischen konstantem und variablem Kapital zu erkennen ist, muß der Ursprung der Wertveränderung, die während des Produktionsprozesses sich ereignet, von dem variablen Kapitalteil in das Gesamtkapital verlegt werden.| 2=(Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.46)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Weil alle Teile des Kapitals gleichmäßig als Quelle des Profits erscheinen, wird das Kapitalverhältnis mystifiziert.<br />
<br />
{{Zitat |Indem alle Teile des Kapitals gleichmäßig als Quelle des überschüssigen Werts (Profits) erscheinen, wird das Kapitalverhältnis mystifiziert.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.55)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Der Kapitalist kann keinen Unterschied zwischen konstantem und variablem Kapital erkennen, da er nur sieht, dass er für beide Ausgaben Kapital vorschießen muss. So misst er den Grad des Gewinns an der Differenz von Ausgaben und Überschuss = Profit.<br />
Der Grad des Gewinns ist nicht durch das Verhältnis zum variablen Kapital, sondern zum Gesamtkapital, nicht durch die Rate des Mehrwerts, sondern durch die Rate des Profits bestimmt.<br />
<br />
{{Zitat |Da der Kapitalist die Arbeit nur exploitieren kann durch Vorschuß des konstanten Kapitals, da er das konstante Kapital nur verwerten kann durch Vorschuß des variablen, so fallen ihm diese in der Vorstellung alle gleichmäßig zusammen, und dies um so mehr, als der wirkliche Grad seines Gewinns bestimmt ist nicht durch das Verhältnis zum variablen Kapital, sondern zum Gesamtkapital, nicht durch die Rate des Mehrwerts, sondern durch die Rate des Profits, die, wie wir sehn werden, dieselbe bleiben, und doch verschiedne Raten des Mehrwerts ausdrücken kann.<br/> Zu den Kosten des Produkts gehören alle seine Wertbestandteile, die der Kapitalist gezahlt, oder für die er ein Äquivalent in die Produktion geworfen hat. Diese Kosten müssen ersetzt werden, damit das Kapital sich einfach erhalte oder in seiner ursprünglichen Größe reproduziere.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.52)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der Profit des Kapitalisten kommt daher, dass er etwas zu verkaufen hat, das er nicht bezahlt hat. Der Mehrwert resp. Profit besteht gerade in dem Überschuss des Warenwerts über ihren Kostpreis, d. h. in dem Überschuss der in der Ware enthaltenen Gesamtsumme von Arbeit über die in ihr enthaltene bezahlte Summe Arbeit. Dieser Überschuss steht also in einem Verhältnis zum Gesamtkapital, das sich ausdrückt in dem Bruch m/C, wo C das Gesamtkapital bedeutet. So erhalten wir die Profitrate m/(c+v).<br />
<br />
{{Zitat | 1=Der in der Ware enthaltne Wert ist gleich der Arbeitszeit, die ihre Herstellung kostet, und die Summe dieser Arbeit besteht aus bezahlter und unbezahlter. Die Kosten der Ware für den Kapitalisten bestehn dagegen nur aus dem Teil der in ihr vergegenständlichten Arbeit, den er gezahlt hat. Die in der Ware enthaltne Mehrarbeit kostet dem Kapitalisten nichts, obgleich sie dem Arbeiter, ganz so gut wie die bezahlte, Arbeit kostet, und obgleich sie, ganz so gut wie jene, Wert schafft und als wertbildendes Element in die Ware eingeht. Der Profit des Kapitalisten kommt daher, daß er etwas zu verkaufen hat, das er nicht bezahlt hat. Der Mehrwert resp. Profit besteht gerade in dem Uberschuß des Warenwerts über ihren Kostpreis, d.h. in dem Uberschuß der in der Ware enthaltnen Gesamtsumme von Arbeit über die in ihr enthaltne bezahlte Summe Arbeit. […] Dieser Überschuß steht also in einem Verhältnis zum Gesamtkapital, das sich ausdrückt in dem Bruch m/C, wo C das Gesamtkapital bedeutet. So erhalten wir die Profitrate m/c+v im Unterschiede von der Rate des Mehrwerts m/v.| 2=(Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.52)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
m/C drückt den Verwertungsgrad des vorgeschossenen Kapital aus.<br />
<br />
{{Zitat |In der Tat drückt das Verhältnis m/C den Verwertungsgrad des ganzen vorgeschoßnen Kapitals aus, […].| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.55)}}<br />
<br />
==Akkumulationsprozess des Kapitals==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Rückverwandlung, Reproduktion des vorgeschossenen Kapitals, Akkumulation, Mehrwert, Geld, Verwandlung in Kapital, Reproduktionsprozess auf erweiterter Stufenleiter, Überschuss, Kapitalakkumulation, Reproduktion, Ausbeutung, Kapital, Eigentum<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Eine Gesellschaft kann weder aufhören zu konsumieren, noch zu produzieren. Jeder gesellschaftliche Produktionsprozess ist Reproduktionsprozess. <br />
<br />
{{Zitat |So wenig eine Gesellschaft aufhören kann zu konsumieren, so wenig kann sie aufhören zu produzieren. In einem stetigen Zusammenhang und dem beständigen Fluß seiner Erneuerung betrachtet, ist jeder gesellschaftliche Produktionsprozeß daher zugleich Reproduktionsprozeß.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.591)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Ein Teil der Produkte muss in Produktionsmittel rückverwandelt werden. <br />
<br />
{{Zitat |Die Bedingungen der Produktion sind zugleich die Bedingungen der Reproduktion. Keine Gesellschaft kann fortwährend produzieren, d. h. reproduzieren, ohne fortwährend einen Teil ihrer Produkte in Produktionsmittel oder Elemente der Neuproduktion rückzuverwandeln.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.591)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die kapitalistische Reproduktion dient nur als ein Mittel dazu, den vorgeschossenen Wert als Kapital zu reproduzieren. <br />
<br />
{{Zitat |Hat die Produktion kapitalistische Form, so die Reproduktion. Wie in der kapitalistischen Produktionsweise der Arbeitsprozeß nur als ein Mittel für den Verwertungsprozeß erscheint, so die Reproduktion nur als ein Mittel, den vorgeschoßnen Wert als Kapital zu reproduzieren, d.h. als sich verwertenden Wert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.591)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der Produktionsprozess verwandelt den stofflichen Reichtum in Kapital, der Arbeiter bleibt entblößt von allen Mitteln, diesen Reichtum für sich zu verwirklichen. Seine eigene Arbeit vergegenständlicht sich im fremden Produkt, das sich in Kapital verwandelt. Das Kapital saugt die wertschöpfende Kraft – Arbeit – aus. Der Arbeiter selbst produziert den gesellschaftlichen Reichtum als Kapital, ihn beherrschende und ausbeutende Macht. Der Kapitalist produziert beständig Arbeitskraft als abstrakte, in der bloßen Leiblichkeit des Arbeiters existierende Reichtumsquelle, den Arbeiter als Lohnarbeiter. Diese beständige Reproduktion ist die unerlässliche Bedingung der kapitalistischen Produktion. <br />
<br />
{{Zitat |Was aber anfangs nur Ausgangspunkt war, wird vermittelst der bloßen Kontinuität des Prozesses, der einfachen Reproduktion, stets aufs neue produziert und verewigt als eignes Resultat der kapitalistischen Produktion. Einerseits verwandelt der Produktionsprozeß fortwährend den stofflichen Reichtum in Kapital, in Verwertungs- und Genußmittel für den Kapitalisten. Andrerseits kommt der Arbeiter beständig aus dem Prozeß heraus, wie er in ihn eintrat - persönliche Quelle des Reichtums, aber entblößt von allen Mitteln, diesen Reichtum für sich zu verwirklichen. Da vor seinem Eintritt in den Prozeß seine eigne Arbeit ihm selbst entfremdet, dem Kapitalisten angeeignet und dem Kapital einverleibt ist, vergegenständlicht sie sich während des Prozesses beständig in fremdem Produkt. Da der Produktionsprozeß zugleich der Konsumtionsprozeß der Arbeitskraft durch den Kapitalisten, verwandelt sich das Produkt des Arbeiters nicht nur fortwährend in Ware, sondern in Kapital, Wert, der die wertschöpfende Kraft aussaugt, Lebensmittel, die Personen kaufen, Produktionsmittel, die den Produzenten anwenden. Der Arbeiter selbst produziert daher beständig den objektiven Reichtum als Kapital, ihm fremde, ihn beherrschende und ausbeutende Macht, und der Kapitalist produziert ebenso beständig die Arbeitskraft als subjektive, von ihren eignen Vergegenständlichungs- und Verwirklichungsmitteln getrennte, abstrakte, in der bloßen Leiblichkeit des Arbeiters existierende Reichtumsquelle, kurz den Arbeiter als Lohnarbeiter. Diese beständige Reproduktion oder Verewigung des Arbeiters ist das sine qua non der kapitalistischen Produktion.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.595f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Anwendung von Mehrwert als Kapital oder die Rückverwandlung von Mehrwert in Kapital heißt Akkumulation des Kapitals.<br />
<br />
{{Zitat |Anwendung von Mehrwert als Kapital oder Rückverwandlung von Mehrwert in Kapital heißt Akkumulation des Kapitals.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.605)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Kapitalwert war in Geldform vorgeschossen, der Mehrwert besteht aber als Teil des Produkts.<br/> Mit Verkauf des Produkts wird Kapitalwert wieder in Geld zurückverwandelt, der Mehrwert ändert aber seine ursprüngliche Daseinsweise in Geld.<br />
Der Kapitalwert und der Mehrwert sind dann beides Geldsummen, die sich in Kapital verwandeln.<br/>Mit dem Kauf von Waren, die es dem Kapitalisten ermöglichen, die Produktion fortzusetzen verwandeln sich beide Geldsummen wieder in Kapital. Damit beginnt der Reproduktionsprozess auf erweiterter Stufenleiter, vorausgesetzt die Waren sind auf dem Markt vorzufinden. <br />
<br />
{{Zitat |Der Kapitalwert war ursprünglich vorgeschossen in Geldform; der Mehrwert dagegen existiert von vornherein als Wert eines bestimmten Teils des Bruttoprodukts. Wird dieses verkauft, in Geld verwandelt, so gewinnt der Kapitalwert seine ursprüngliche Form wieder, aber der Mehrwert verwandelt seine ursprüngliche Daseinsweise.<br/>Von diesem Augenblick an sind jedoch Kapitalwert und Mehrwert beides Geldsummen, und ihre Wiederverwandlung in Kapital vollzieht sich auf ganz dieselbe Weise.<br/>Die eine wie die andre legt der Kapitalist an im Ankauf der Waren, die ihn instand setzen, die Verfertigung seines Artikels von neuem zu beginnen, und zwar diesmal auf erweiterter Stufenleiter. Um aber diese Waren zu kaufen, muß er sie auf dem Markte vorfinden.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.606)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Das Mehrprodukt kann nur in Kapital durch Produktionsmittel und Lebensmittel verwandelt werden. Ein Teil der jährlichen Mehrarbeit muss zur Herstellung zusätzlicher Produktions- und Lebensmittel – über das Quantum – verwandt worden sein, das zum Ersatz des vorgeschossenen Kapitals erforderlich war. Das Mehrprodukt, dessen Wert der Mehrwert ist, enthält bereits die sachlichen Bestandteile eines neuen Kapitals. Deshalb ist der Mehrwert in Kapital verwandelbar. <br />
<br />
{{Zitat |Um zu akkumulieren, muß man einen Teil des Mehrprodukts in Kapital verwandeln. Aber, ohne Wunder zu tun, kann man nur solche Dinge in Kapital verwandeln, die im Arbeitsprozeß verwendbar sind, d. h. Produktionsmittel, und des ferneren Dinge, von denen der Arbeiter sich erhalten kann, d.h. Lebensmittel.<br/> Folglich muß ein Teil der jährlichen Mehrarbeit verwandt worden sein zur Herstellung zusätzlicher Produktions- und Lebensmittel, im Überschuß über das Quantum, das zum Ersatz des vorgeschossenen Kapitals erforderlich war.<br/>Mit einem Wort: der Mehrwert ist nur deshalb in Kapital verwandelbar, weil das Mehrprodukt, dessen Wert er ist, bereits die sachlichen Bestandteile eines neuen Kapitals enthält.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.606f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 8'''<br />
<br />
Die Arbeiterklasse hat durch ihre diesjährige Mehrarbeit das Kapital geschaffen, mit dem im nächsten Jahr zuschüssige Arbeit beschäftigt wird. Das nennt man Kapital durch Kapital erzeugen. <br />
<br />
{{Zitat |In allen Fällen hat die Arbeiterklasse durch ihre diesjährige Mehrarbeit das Kapital geschaffen, das im nächsten Jahr zuschüssige Arbeit beschäftigen wird. Das ist es, was man nennt: Kapital durch Kapital erzeugen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.608)}}<br />
<br />
'''Annahme 9'''<br />
<br />
Das Eigentum an vergangener unbezahlter Arbeit ist Bedingung für die Aneignung gegenwärtiger lebendiger Arbeit. Je mehr der Kapitalist akkumuliert hat, desto mehr kann er akkumulieren. <br />
(Das ist bereits ein wichtiger Hinweis auf die Konzentration und Zentralisation.) <br />
<br />
{{Zitat |Eigentum an vergangner unbezahlter Arbeit erscheint jetzt als die einzige Bedingung für gegenwärtige Aneignung lebendiger unbezahlter Arbeit in stets wachsendem Umfang. Je mehr der Kapitalist akkumuliert hat, desto mehr kann er akkumulieren.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.609)}}<br />
<br />
'''Annahme 10'''<br />
<br />
In allen Gesellschaftsformationen findet Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter statt, es erscheint aber nicht als Akkumulation des Kapitals, solange dem Arbeiter seine Produktionsmittel noch nicht in der Form von Kapital gegenüberstehen. <br />
<br />
{{Zitat |In den verschiedensten ökonomischen Gesellschaftsformationen findet nicht nur einfache Reproduktion statt, sondern, obgleich auf verschiednem Maßstab, Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter. Es wird progressiv mehr produziert und mehr konsumiert, also auch mehr Produkt in Produktionsmittel verwandelt. Dieser Prozeß erscheint aber nicht als Akkumulation von Kapital und daher auch nicht als Funktion des Kapitalisten, solange dem Arbeiter seine Produktionsmittel, daher auch sein Produkt und seine Lebensmittel, noch nicht in der Form von Kapital gegenüberstehn.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.624)}}<br />
<br />
'''Annahme 11'''<br />
<br />
Die Arbeitskraft wird gekauft zur Verwertung des Kapitals. Die Produktion von Mehrwert ist das absolute Gesetz dieser Produktionsweise. Nur soweit sie die Produktionsmittel als Kapital erhält, ihren eigenen Wert als Kapital reproduziert und unbezahlte Arbeit eine Quelle von Zuschusskapital liefert, ist die Arbeitskraft verkaufbar. Die Bedingung für den Verkauf ist die stets erweiterte Reproduktion des Reichtums als Kapital. <br />
<br />
{{Zitat |So wenig aber bessere Kleidung, Nahrung, Behandlung und ein größeres Peculium das Abhängigkeitsverhältnis und die Exploitation des Sklaven aufheben, so wenig die des Lohnarbeiters. Steigender Preis der Arbeit infolge der Akkumulation des Kapitals besagt in der Tat nur, daß der Umfang und die Wucht der goldnen Kette, die der Lohnarbeiter sich selbst bereits geschmiedet hat, ihre losere Spannung erlauben. In den Kontroversen über diesen Gegenstand hat man meist die Hauptsache übersehn, nämlich die differentia specifica der kapitalistischen Produktion. Arbeitskraft wird hier gekauft, nicht um durch ihren Dienst oder ihr Produkt die persönlichen Bedürfnisse des Käufers zu befriedigen. Sein Zweck ist Verwertung seines Kapitals, Produktion von Waren, die mehr Arbeit enthalten, als er zahlt, also einen Wertteil enthalten, der ihm nichts kostet und dennoch durch den Warenverkauf realisiert wird. Produktion von Mehrwert oder Plusmacherei ist das absolute Gesetz dieser Produktionsweise. Nur soweit sie die Produktionsmittel als Kapital erhält, ihren eignen Wert als Kapital reproduziert und in unbezahlter Arbeit eine Quelle von Zuschußkapital liefert, ist die Arbeitskraft verkaufbar. Die Bedingungen ihres Verkaufs, ob mehr oder minder günstig für den Arbeiter, schließen also die Notwendigkeit ihres steten Wiederverkaufs und die stets erweiterte Reproduktion des Reichtums als Kapital ein.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.646f.)}}<br />
<br />
==Mehrwertproduktion durch Ausbeutung der Arbeitskraft ==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Mehrwert, Konsumtionsfonds, Variables Kapital, Ausbeutung, Verschleierung, Lohn, Reproduktion, Arbeitslohn, Mehrarbeit<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Der Arbeiter produziert den Mehrwert, der als Konsumtionsfonds des Kapitalisten dient und den Fonds seiner eigenen Zahlung, das variable Kapital, bevor es ihm als Arbeitslohn zufließt. <br />
<br />
{{Zitat |Der Produktionsprozeß wird eingeleitet mit dem Kauf der Arbeitskraft für eine bestimmte Zeit, und diese Einleitung erneuert sich beständig, sobald der Verkaufstermin der Arbeit fällig und damit eine bestimmte Produktionsperiode, Woche, Monat usw., abgelaufen ist. Gezahlt wird der Arbeiter aber erst, nachdem seine Arbeitskraft gewirkt und sowohl ihren eignen Wert als den Mehrwert in Waren realisiert hat. Er hat also wie den Mehrwert, den wir einstweilen nur als Konsumtionsfonds des Kapitalisten betrachten, so den Fonds seiner eignen Zahlung, das variable Kapital, produziert, bevor es ihm in der Form des Arbeitslohnes zurückfließt, und er wird nur so lange beschäftigt, als er ihn beständig reproduziert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.592)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Die Warenform des Produkts und die Geldform der Ware verkleiden die Transaktion, in der die Kapitalistenklasse der Arbeiterklasse Zuweisungen in Geldform auf das von ihr produzierte und durch die Kapitalistenklasse angeeignete Produkt gibt. <br />
<br />
{{Zitat |Die Illusion, welche die Geldform erzeugt, verschwindet sofort, sobald statt des einzelnen Kapitalisten und des einzelnen Arbeiters Kapitalistenklasse und Arbeiterklasse betrachtet werden. Die Kapitalistenklasse gibt der Arbeiterklasse beständig in Geldform Anweisungen auf einen Teil des von der letzteren produzierten und von der erstren angeeigneten Produkts. Diese Anweisungen gibt der Arbeiter der Kapitalistenklasse ebenso beständig zurück und entzieht ihr damit den ihm selbst zufallenden Teil seines eignen Produkts. Die Warenform des Produkts und die Geldform der Ware verkleiden die Transaktion.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.593)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Das variable Kapital ist nur eine historische Erscheinungsform des Fonds von Lebensmitteln oder Arbeitsfonds, den der Arbeiter zu seiner Selbsterhaltung benötigt. <br />
<br />
{{Zitat |Das variable Kapital ist also nur eine besondre historische Erscheinungsform des Fonds von Lebensmitteln oder des Arbeitsfonds, den der Arbeiter zu seiner Selbsterhaltung und Reproduktion bedarf und den er in allen Systemen der gesellschaftlichen Produktion stets selbst produzieren und reproduzieren muß.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.593)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Die bloße Kontinuität des Reproduktionsprozesses verwandelt Kapital in akkumuliertes Kapital. Es wird Materiatur unbezahlter, fremder Arbeit. <br />
<br />
{{Zitat |Ganz abgesehn von aller Akkumulation verwandelt also die bloße Kontinuität des Produktionsprozesses, oder die einfache Reproduktion, nach kürzerer oder längerer Periode jedes Kapital notwendig in akkumuliertes Kapital oder kapitalisierten Mehrwert. War es selbst bei seinem Eintritt in den Produktionsprozeß persönlich erarbeitetes Eigentum seines Anwenders, früher oder später wird es ohne Äquivalent angeeigneter Wert oder Materiatur, ob in Geldform oder anders, unbezahlter fremder Arbeit.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.595)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Um die Bestandteile als Kapital fungieren zu lassen, braucht es zusätzliche Arbeitskräfte. Daher ist die Arbeiterklasse die vom Lohn abhängige Klasse, deren Lohn auch zu ihrer eigenen Vermehrung hinreicht.<br />
<br />
{{Zitat |Um nun diese Bestandteile tatsächlich als Kapital fungieren zu lassen, bedarf die Kapitalistenklasse eines Zuschusses von Arbeit. Soll nicht die Ausbeutung der schon beschäftigten Arbeiter extensiv oder intensiv wachsen, so müssen zusätzliche Arbeitskräfte eingestellt werden. Dafür hat der Mechanismus der kapitalistischen Produktion ebenfalls schon gesorgt, indem er die Arbeiterklasse reproduziert als vom Arbeitslohn abhängige Klasse, deren gewöhnlicher Lohn hinreicht, nicht nur ihre Erhaltung zu sichern, sondern auch ihre Vermehrung.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.607)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Auch die Lebensmittel, von denen sich die Arbeiterklasse erhält, sind Bestandteile des Mehrprodukts. Wenn die Kapitalistenklasse mit dem Mehrprodukt neue Arbeitskräfte kauft, bezahlt er sie mit ihrem eigenen Geld. <br />
<br />
{{Zitat |Die Produktionsmittel, denen die zuschüssige Arbeitskraft einverleibt wird, wie die Lebensmittel, von denen diese sich erhält, sind nichts als integrierende Bestandteile des Mehrprodukts, des der Arbeiterklasse jährlich durch die Kapitalistenklasse entrissenen Tributs. Wenn diese mit einem Teil des Tributs von jener zusätzliche Arbeitskraft kauft, selbst zum vollen Preise, so daß Äquivalent sich austauscht gegen Äquivalent - es bleibt immer das alte Verfahren des Eroberers, der den Besiegten Waren abkauft mit ihrem eignen, geraubten Geld.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.608)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Die gewaltsame Herabsetzung des Arbeitslohns unter den Wert der Arbeitskraft spielt in der praktischen Bewegung eine wichtige Rolle. Sie verwandelt faktisch, innerhalb gewisser Grenzen, den notwendigen Konsumtionsfonds des Arbeiters in einen Akkumulationsfonds von Kapital.<br />
<br />
{{Zitat |Man erinnert sich, daß die Rate des Mehrwerts in erster Instanz abhängt vom Exploitationsgrad der Arbeitskraft. Die politische Ökonomie würdigt diese Rolle so sehr, daß sie gelegentlich die Beschleunigung der Akkumulation durch erhöhte Produktionskraft der Arbeit identifiziert mit ihrer Beschleunigung durch erhöhte Exploitation des Arbeiters. In den Abschnitten über die Produktion des Mehrwerts ward beständig unterstellt, daß der Arbeitslohn wenigstens gleich dem Wert der Arbeitskraft ist. Die gewaltsame Herabsetzung des Arbeitslohns unter diesen Wert spielt jedoch in der praktischen Bewegung eine zu wichtige Rolle, um uns nicht einen Augenblick dabei aufzuhalten. Sie verwandelt faktisch, innerhalb gewisser Grenzen, den notwendigen Konsumtionsfonds des Arbeiters in einen Akkumulationsfonds von Kapital.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.626)}}<br />
<br />
==Trennung von Arbeitsprodukt und Produzenten==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Entfremdung, Trennung von Arbeitsprodukt und Produzenten, Ursprüngliche Akkumulation, Kapitalverhältnis, Klasse, Lohnarbeiter, Kapitalisten <br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die Scheidung zwischen Arbeitsprodukt und Arbeit, Besitzer von Produktionsmitteln und Besitzer von Arbeitskraft und sonst nichts war der Ausgangspunkt des kapitalistischen Produktionsprozesses.<br />
<br />
{{Zitat |Um Geld in Kapital zu verwandeln, genügte nicht das Vorhandensein von Warenproduktion und Warenzirkulation. Es mußten erst, hier Besitzer von Wert oder Geld, dort Besitzer der wertschaffenden Substanz; hier Besitzer von Produktions- und Lebensmitteln, dort Besitzer von nichts als Arbeitskraft, einander als Käufer und Verkäufer gegenübertreten. Scheidung zwischen dem Arbeitsprodukt und der Arbeit selbst, zwischen den objektiven Arbeitsbedingungen und der subjektiven Arbeitskraft, war also die tatsächlich gegebne Grundlage, der Ausgangspunkt des kapitalistischen Produktionsprozesses.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.595)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Der Reproduktionsprozess reproduziert das Kapitalverhältnis selbst, auf der einen Seite den Kapitalisten, auf der anderen den Lohnarbeiter. <br />
<br />
{{Zitat |Der kapitalistische Produktionsprozeß, im Zusammenhang betrachtet oder als Reproduktionsprozeß, produziert also nicht nur Ware, nicht nur Mehrwert, er produziert und reproduziert das Kapitalverhältnis selbst, auf der einen Seite den Kapitalisten, auf der andren den Lohnarbeiter.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.604)}}<br />
<br />
==Produktive und individuelle Konsumtion==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Produktive Konsumtion, Individuelle Konsumtion, Wertschöpfung, Unproduktive Konsumtion, Akkumulationsfonds, Konsumtionsfonds, Mehrwert <br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die produktive Konsumtion bedeutet: durch die Arbeit konsumiert der Arbeiter Produktionsmittel und verwandelt sie in Produkte von höherem Wert. <br/> Die individuelle Konsumtion bedeutet: von dem vom Kapitalisten gezahlten Geld kauft der Arbeiter Lebensmittel.<br/> Die produktiven Konsumtion des Arbeiters hat zum Resultat das Leben des Kapitalisten, die individuelle Konsumtion des Arbeiters hat sein Leben selbst zum Resultat.<br />
<br />
{{Zitat |Die Konsumtion des Arbeiters ist doppelter Art. In der Produktion selbst konsumiert er durch seine Arbeit Produktionsmittel und verwandelt sie in Produkte von höherem Wert als dem des vorgeschoßnen Kapitals. Dies ist seine produktive Konsumtion. Sie ist gleichzeitig Konsumtion seiner Arbeitskraft durch den Kapitalisten, der sie gekauft hat. Andrerseits verwendet der Arbeiter das für den Kauf der Arbeitskraft gezahlte Geld in Lebensmittel: dies ist seine individuelle Konsumtion. Die produktive und die individuelle Konsumtion des Arbeiters sind also total verschieden. In der ersten handelt er als bewegende Kraft des Kapitals und gehört dem Kapitalisten; in der zweiten gehört er sich selbst und verrichtet Lebensfunktionen außerhalb des Produktionsprozesses. Das Resultat der einen ist das Leben des Kapitalisten, das der andern ist das Leben des Arbeiters selbst.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.596f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Für die Kapitalisten ist die individuelle Konsumtion der Arbeiter nur produktiv, wenn sie zur Erhaltung der Arbeiter dient, weil sie so für neue auszubeutende Arbeiter sorgt. Bekommt der Arbeiter einen höheren Lohn, um mehr konsumieren zu können, ohne danach mehr zu arbeiten, ist das für den Kapitalist unproduktiv. <br><br />
Die Arbeiterklasse ist also Zubehör des Kapitals, die individuelle Konsumtion der Arbeiter nur ein Moment des Reproduktionsprozesses des Kapitals. <br><br />
Dieser Prozess sorgt dafür, dass der Arbeiter durch unsichtbare Fäden an den Kapitalisten gebunden ist. Da die von der Arbeiterklasse hergestellten Konsumtionsgüter nicht ihnen gehören und sie sie nur bekommen, wenn sie ihre Arbeitskraft auf dem Arbeitsmarkt verkaufen und ihren Lohn gegen Konsumtionsgüter eintauschen.<br />
<br />
{{Zitat |Daher betrachtet auch der Kapitalist und sein Ideolog, der politische Ökonom, nur den Teil der individuellen Konsumtion des Arbeiters als produktiv, der zur Verewigung der Arbeiterklasse erheischt ist, also in der Tat verzehrt werden muß, damit das Kapital die Arbeitskraft verzehre; was der Arbeiter außerdem zu seinem Vergnügen verzehren mag, ist unproduktive Konsumtion.<br/>Würde die Akkumulation des Kapitals eine Erhöhung des Arbeitslohns und daher Vermehrung der Konsumtionsmittel des Arbeiters verursachen ohne Konsum von mehr Arbeitskraft durch das Kapital, so wäre das zuschüssige Kapital unproduktiv konsumiert.<br/>In der Tat: die individuelle Konsumtion des Arbeiters ist für ihn selbst unproduktiv, denn sie reproduziert nur das bedürftige Individuum; sie ist produktiv für den Kapitalisten und den Staat, denn sie ist Produktion der den fremden Reichtum produzierenden Kraft.<br/>Von gesellschaftlichem Standpunkt ist also die Arbeiterklasse, auch außerhalb des unmittelbaren Arbeitsprozesses, ebensosehr Zubehör des Kapitals als das tote Arbeitsinstrument. Selbst ihre individuelle Konsumtion ist innerhalb gewisser Grenzen nur ein Moment des Reproduktionsprozesses des Kapitals.<br/>Der Prozeß aber sorgt dafür, daß diese selbstbewußten Produktionsinstrumente nicht weglaufen, indem er ihr Produkt beständig von ihrem Pol zum Gegenpol des Kapitals entfernt. Die individuelle Konsumtion sorgt einerseits für ihre eigne Erhaltung und Reproduktion, andrerseits durch Vernichtung der Lebensmittel für ihr beständiges Wiedererscheinen auf dem Arbeitsmarkt.<br/>Der römische Sklave war durch Ketten, der Lohnarbeiter ist durch unsichtbare Fäden an seinen Eigentümer gebunden. Der Schein seiner Unabhängigkeit wird durch den beständigen Wechsel der individuellen Lohnherrn und die fictio juris des Kontrakts aufrechterhalten.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.598f.)}}<br />
<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Der Mehrwert bzw. das Mehrprodukt ist indivudeller Konsumtionsfonds des Kapitalisten und zugleich Akkumulationsfonds. <br />
<br />
{{Zitat |Im vorigen Kapitel betrachteten wir den Mehrwert, resp. das Mehrprodukt, nur als individuellen Konsumtionsfonds des Kapitalisten, in diesem Kapitel bisher nur als einen Akkumulationsfonds. Er ist aber weder nur das eine noch das andre, sondern beides zugleich. Ein Teil des Mehrwerts wird vom Kapitalisten als Revenue verzehrt ein andrer Teil als Kapital angewandt oder akkumuliert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.617f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der Kapitalist zwingt zur Verwertung des Werts, und so zur Produktion der Produktion willen, zur Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte, und zur Schöpfung der materiellen Produktionsbedingungen, die die reale Basis einer höheren Gesellschaftsformation bilden.<br/><br />
Der Kapitalist ist das Triebrad des gesellschaftlichen Mechanismus. <br/>Die kapitalistische Produktion macht eine fortwährende Steigerung des in einem industriellen Unternehmens angelegten Kapitals zur Notwendigkeit. Die Konkurrenz herrscht jedem individuellen Kapitalisten die immanenten Gesetze der kapitalistischen Produktionsweise als äußere Zwangsgesetze auf, das Kapital fortwährend auszudehnen, um es zu erhalten, was nur mit ansteigender Akkumulation möglich ist. <br />
<br />
{{Zitat |Als Fanatiker der Verwertung des Werts zwingt er rücksichtslos die Menschheit zur Produktion um der Produktion willen, daher zu einer Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte und zur Schöpfung von materiellen Produktionsbedingungen, welche allein die reale Basis einer höheren Gesellschaftsform bilden können, deren Grundprinzip die volle und freie Entwicklung jedes Individuums ist. Nur als Personifikation des Kapitals ist der Kapitalist respektabel.<br/>Als solche teilt er mit dem Schatzbildner den absoluten Bereicherungstrieb. Was aber bei diesem als individuelle Manie erscheint, ist beim Kapitalisten Wirkung des gesellschaftlichen Mechanismus, worin er nur ein Triebrad ist. Außerdem macht die Entwicklung der kapitalistischen Produktion eine fortwährende Steigerung des in einem industriellen Unternehmen angelegten Kapitals zur Notwendigkeit, und die Konkurrenz herrscht jedem individuellen Kapitalisten die immanenten Gesetze der kapitalistischen Produktionsweise als äußere Zwangsgesetze auf. Sie zwingt ihn, sein Kapital fortwährend auszudehnen, um es zu erhalten, und ausdehnen kann er es nur vermittelst progressiver Akkumulation.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.618)}}<br />
<br />
==Warenproduktion als Grundlage der kapitalistischen Produktion==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Warenproduktion, Eigentum, Ausbeutung, Mehrarbeit, Ware Arbeitskraft, Wertübertragung, Geld, Kapital, Doppelt freier Lohnarbeiter, Kapitalistische Produktion <br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Das Eigentum als Recht auf Aneignung unbezahlter Arbeit erscheint als Verletzung der Gesetze der Warenproduktion, resultiert aber aus ihrer Anwendung. <br />
<br />
{{Zitat |Eigentum erscheint jetzt auf Seite des Kapitalisten als das Recht, fremde unbezahlte Arbeit oder ihr Produkt, auf Seite des Arbeiters als Unmöglichkeit, sich sein eignes Produkt anzueignen. Die Scheidung zwischen Eigentum und Arbeit wird zur notwendigen Konsequenz eines Gesetzes, das scheinbar von ihrer Identität ausging. Sosehr die kapitalistische Aneignungsweise also den ursprünglichen Gesetzen der Warenproduktion ins Gesicht zu schlagen scheint, so entspringt sie doch keineswegs aus der Verletzung, sondern im Gegenteil aus der Anwendung dieser Gesetze.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.610)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Der Verbrauch der Ware Arbeitskraft durch den Käufer, nicht die Übervorteilung des Verkäufers, führt zum Mehrwert.<br />
<br />
{{Zitat |Wenn also die in Arbeitslohn vorgeschoßne Wertsumme sich in Produkt nicht bloß einfach wieder vorfindet, sondern um einen Mehrwert vermehrt vorfindet, so rührt dies nicht her aus einer Übervorteilung des Verkäufers, der ja den Wert seiner Ware erhalten, sondern nur aus dem Verbrauch dieser Ware durch den Käufer.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.611)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Verwandlung von Geld in Kapital hat zum Ergebnis, dass das Produkt dem Kapitalisten gehört und nicht dem Arbeiter, dass es einen Mehrwert enthält, der den Arbeiter Arbeit, den Kapitalisten nichts gekostet hat, aber dennoch ihm gehört; dass der Arbeiter seine Arbeitskraft erhalten kann. Einfache Reproduktion ist periodische Wiederholung dieser ersten Operation. <br />
<br />
<br />
{{Zitat |Die ursprüngliche Verwandlung des Geldes in Kapital vollzieht sich also im genauesten Einklang mit den ökonomischen Gesetzen der Warenproduktion und mit dem daraus sich ableitenden Eigentumsrecht. Trotzdem aber hat sie zum Ergebnis:<br/>1. daß das Produkt dem Kapitalisten gehört und nicht dem Arbeiter; <br/>2. daß der Wert dieses Produkts, außer dem Wert des vorgeschoßnen Kapitals, einen Mehrwert einschließt, der dem Arbeiter Arbeit, dem Kapitalisten aber nichts gekostet hat und der dennoch das rechtmäßige Eigentum des Kapitalisten wird;<br/> 3. daß der Arbeiter seine Arbeitskraft forterhalten hat und sie aufs neue verkaufen kann, wenn er einen Käufer findet. Die einfache Reproduktion ist nur die periodische Wiederholung dieser ersten Operation; jedesmal wird, stets von neuem, Geld in Kapital verwandelt. Das Gesetz wird also nicht gebrochen, im Gegenteil es erhält nur Gelegenheit, sich dauernd zu betätigen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.611)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Sobald die Arbeitskraft durch den Arbeiter frei verkauft wird, verallgemeinert sich die Warenproduktion zur typischen Produktionsform. Die Warenproduktion bildet sich nach ihren eigenen immanenten Gesetzen zur kapitalistischen Produktion fort, ihre Eigentumsgesetze schlagen um in Gesetze der kapitalistischen Aneignung. <br />
<br />
{{Zitat |Dies Resultat wird unvermeidlich, sobald die Arbeitskraft durch den Arbeiter selbst als Ware frei verkauft wird. Aber auch erst von da an verallgemeinert sich die Warenproduktion und wird sie typische Produktionsform; erst von da an wird jedes Produkt von vornherein für den Verkauf produziert und geht aller produzierte Reichtum durch die Zirkulation hindurch.<br/>Erst da, wo die Lohnarbeit ihre Basis, zwingt die Warenproduktion sich der gesamten Gesellschaft auf; aber auch erst da entfaltet sie alle ihre verborgnen Potenzen. Sagen, daß die Dazwischenkunft der Lohnarbeit die Warenproduktion fälscht, heißt sagen, daß die Warenproduktion, will sie unverfälscht bleiben, sich nicht entwickeln darf. Im selben Maß, wie sie nach ihren eignen immanenten Gesetzen sich zur kapitalistischen Produktion fortbildet, in demselben Maß schlagen die Eigentumsgesetze der Warenproduktion um in Gesetze der kapitalistischen Aneignung.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.613)}}<br />
<br />
==Wachstum des Kapitals==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Das Wachstum des Kapitals bedeutet sowohl Vergrößerung der Einzelkapitale, als auch des gesellschaftlichen Kapitals insgesamt, durch die Eroberung der Welt und der Menschen. Beides ist bedingt durch die Akkumulation von Kapital. Diese zwingt immer mehr Menschen, ihre Arbeitskraft an die Kapitalisten zu verkaufen, welche sich das von den Arbeitern produzierte Mehrprodukt aneignen. Weiterhin geht mit der Akkumulation des Kapitals eine Produktivkraftsteigerung einher. Dadurch wächst die Produktenmasse, da ein Arbeiter in der selben Zeit mehr Produktionsmittel verarbeitet. Der Anteil des variablen Kapitals sinkt also relativ mit dem Wachstum des Kapitals. Gleichzeitig steigt das variable Kapital absolut, da die wachsende Masse an Produktionsmitteln mehr Arbeitskraft benötigt.<br />
<br />
Der Mehrwert teilt sich auf in den Konsumtionsfond und den Akkumulationsfond, also in den Teil den der Kapitalist zur Befriedigung seiner persönlichen Bedürfnisse benutzt, und in den Teil den der Kapitalist wieder in den Produktionsprozess steckt. Durch das Wachstum des Kapitals steigt auch der Mehrwert, wodurch mehr Kapital in den Produktionsprozess geführt werden kann. Das Wachstum des Kapitals bedingt also ein Wachstum des Proletariats und der in Bewegung gesetzten Produktionsmittel. Durch die Erschließung neuer Märkte oder neue gesellschaftliche Bedürfnisse entwickelt sich eine verstärkte Nachfrage an Arbeitskräften, welche den Kapitalisten zwingen kann, die Löhne zu erhöhen.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Ausdehnung, Herrschaft, Wachstum, Wachstumsbeschleunigung, Produktenmasse, Gesellschaftlicher Reichtum, Produktivität, Aufschwung, Akkumulation, Wertübertragung, Abstrakte Arbeit, Kapitalfetisch, Selbstverwertung, Mehrarbeit, Aneignung, Ausbeutung, Tote und lebendige Arbeit<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Das Wachstums des Kapitals wird bereits von der bürgerlichen Ökonomen wie Adam Smith und David Ricardo untersucht. Im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] beschreibt Karl Marx die tatsächlichen Ursachen und die Bedeutung des Wachstums des Kapitals für die politische Ökonomie. Marx widerlegt die bürgerliche Vorstellung, dass der gesamte Mehrwert, welcher in Kapital verwandelt wird, zu variablem Kapital werden würde. Vielmehr legt er eindeutig fest, dass sich der Mehrwert als Kapital wieder in konstantes und variables Kapital teilt, also in Produktionsmittel und Arbeitskraft. Der Kapitalist teilt den Mehrwert zudem auf in den Konsumtionsfond und den Akkumulationsfond, wobei das Verhältnis beider Fonds die Größe der Akkumulation beeinflusst. Das heißt, umso mehr sich der Kapitalist am von den Arbeitern produzierten Mehrwert bereichert und diesen für die Befriedigung seiner persönlichen Bedürfnisse ausgibt, umso weniger Mehrwert kann der Kapitalist in den Akkumulationsprozess stecken, und andersherum.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die Akkumulation ist die Eroberung der Welt, denn sie dehnt ausbeutbares Menschenmaterial und die Herrschaft der Kapitalisten aus.<br />
<br />
{{Zitat |Die Akkumulation ist Eroberung der Welt des gesellschaftlichen Reichtums. Sie dehnt mit der Masse des exploitierten Menschenmaterials zugleich die direkte und indirekte Herrschaft des Kapitalisten aus.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.619)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Das Kapital verleibt sich Arbeitskraft und Erde ein und erwirbt neue Expansionskraft, die es erlaubt, die Elemente der Akkumulation auszudehnen.<br />
<br />
{{Zitat |Allgemeines Resultat: Indem das Kapital sich die beiden Urbildner des Reichtums, Arbeitskraft und Erde, einverleibt, erwirbt es eine Expansionskraft, die ihm erlaubt, die Elemente seiner Akkumulation auszudehnen jenseits der scheinbar durch seine eigne Größe gesteckten Grenzen, gesteckt durch den Wert und die Masse der bereits produzierten Produktionsmittel, in denen es sein Dasein hat.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.630f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Mit wachsender Produktivität wächst die Produktenmasse. Bei gleichbleibender und selbst bei fallender Mehrwertrate wächst die Masse des Mehrprodukts. <br />
<br />
{{Zitat |Ein andrer wichtiger Faktor in der Akkumulation des Kapitals ist der Produktivitätsgrad der gesellschaftlichen Arbeit. Mit der Produktivkraft der Arbeit wächst die Produktenmasse, worin sich ein bestimmter Wert, also auch Mehrwert von gegebner Größe, darstellt. Bei gleichbleibender und selbst bei fallender Rate des Mehrwerts, sofern sie nur langsamer fällt, als die Produktivkraft der Arbeit steigt, wächst die Masse des Mehrprodukts.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.631)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Mit wachsender Produktivität geht eine wachsende Rate des Mehrwerts einher. Derselbe variable Kapitalteil setzt mehr Arbeitskraft und daher mehr Arbeit in Bewegung. Derselbe konstante Kapitalteil stellt sich in mehr Produktionsmitteln dar, liefert mehr Produktbildner oder Arbeitseinsauger. Es findet bei gleichbleibendem Wert des Zusatzkapitals beschleunigte Akkumulation statt. Die Produktion des Mehrwerts wächst schneller als der Wert des Zusatzkapitals. <br />
<br />
{{Zitat |Aber mit der wachsenden Produktivität der Arbeit geht, wie man gesehn, die Verwohlfeilerung des Arbeiters, also wachsende Rate des Mehrwerts, Hand in Hand, selbst wenn der reelle Arbeitslohn steigt. Er steigt nie verhältnismäßig mit der Produktivität der Arbeit. Derselbe variable Kapitalwert setzt also mehr Arbeitskraft und daher mehr Arbeit in Bewegung. Derselbe konstante Kapitalwert stellt sich in mehr Produktionsmitteln, d.h. mehr Arbeitsmitteln, Arbeitsmaterial und Hilfsstoffen dar, liefert also sowohl mehr Produktbildner als Wertbildner oder Arbeitseinsauger. Bei gleichbleibendem und selbst abnehmendem Wert des Zusatzkapitals findet daher beschleunigte Akkumulation statt. Nicht nur erweitert sich die Stufenleiter der Reproduktion stofflich, sondern die Produktion des Mehrwerts wächst schneller als der Wert des Zusatzkapitals.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.631)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Die Arbeit überträgt den Wert der von ihr konsumierten Produktionsmittel auf das Produkt. Deren Wert und Masse steigt mit der Produktivität der Arbeit. Auch wenn dieselbe Arbeitsmenge ihren Produkten immer nur dieselbe Summe Neuwert zusetzt, wächst doch der alte Kapitalwert, den sie ihnen überträgt. <br />
<br />
{{Zitat |Die Arbeit überträgt auf das Produkt den Wert der von ihr konsumierten Produktionsmittel. Andrerseits wächst Wert und Masse der durch gegebne Arbeitsmenge in Bewegung gesetzten Produktionsmittel im Verhältnis, wie die Arbeit produktiver wird. Setzt also auch dieselbe Arbeitsmenge ihren Produkten immer nur dieselbe Summe Neuwert zu, so wächst doch der alte Kapitalwert, den sie ihnen gleichzeitig überträgt, mit steigender Produktivität der Arbeit.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.632)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Die Arbeit erhält Wert und schafft neuen. Mit steigender Produktivität erhält und verewigt die Arbeit in stets neuer Form einen stets schwellenden Kapitalwert. <br />
<br />
{{Zitat |Es ist die Naturgabe der lebendigen Arbeit, alten Wert zu erhalten, während sie Neuwert schafft. Mit dem Wachstum von Wirksamkeit, Umfang und Wert ihrer Produktionsmittel, also mit der die Entwicklung ihrer Produktivkraft begleitenden Akkumulation erhält und verewigt die Arbeit daher in stets neuer Form einen stets schwellenden Kapitalwert.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.633)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Diese Kraft der Arbeit erscheint als Selbsterhaltungskraft des Kapitals. Die beständige Aneignung der Mehrarbeit durch den Kapitalisten erscheint als beständige Selbstverwertung des Kapitals.<br />
<br />
{{Zitat |Diese Naturkraft der Arbeit erscheint als Selbsterhaltungskraft des Kapitals, dem sie einverleibt ist, ganz wie ihre gesellschaftlichen Produktivkräfte als seine Eigenschaften, und wie die beständige Aneignung der Mehrarbeit durch den Kapitalisten als beständige Selbstverwertung des Kapitals. Alle Kräfte der Arbeit projektieren sich als Kräfte des Kapitals, wie alle Wertformen der Ware als Formen des Geldes.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.633f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 8'''<br />
<br />
Mit dem Wachstum des Kapitals wächst die Differenz zwischen angewandtem und konsumiertem Kapital. Der Gratisdienst der vergangenen Arbeit – wenn von lebendiger Arbeit ergriffen – akkumuliert mit der wachsenden Stufenleiter der Akkumulation. <br />
<br />
{{Zitat |Mit dem Wachstum des Kapitals wächst die Differenz zwischen angewandtem und konsumiertem Kapital. Im Verhältnis, worin diese Arbeitsmittel als Produktbildner dienen, ohne dem Produkt Wert zuzusetzen, also ganz angewandt, aber nur teilweise konsumiert werden, leisten sie, wie früher erwähnt, denselben Gratisdienst wie Naturkräfte, Wasser, Dampf, Luft, Elektrizität usw. Dieser Gratisdienst der vergangnen Arbeit, wenn ergriffen und beseelt von der lebendigen Arbeit, akkumuliert mit der wachsenden Stufenleiter der Akkumulation.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.635)}}<br />
<br />
'''Annahme 9'''<br />
<br />
Die Masse des Mehrwerts ist bestimmt durch die Anzahl der gleichzeitig ausgebeuteten Arbeiter. Diese entspricht in wechselndem Verhältnis der Größe des Kapitals. Je mehr das Kapital durch Akkumulation wächst, desto mehr wächst die Wertsumme, die sich in Konsumtionsfonds und Akkumulationsfonds spaltet.<br />
<br />
{{Zitat |Bei gegebnem Exploitationsgrad der Arbeitskraft ist die Masse des Mehrwerts bestimmt durch die Anzahl der gleichzeitig ausgebeuteten Arbeiter, und diese entspricht, obgleich in wechselndem Verhältnis, der Größe des Kapitals. Je mehr also das Kapital vermittelst sukzessiver Akkumulationen wächst, desto mehr wächst auch die Wertsumme, die sich in Konsumtionsfonds und Akkumulationsfonds spaltet. Der Kapitalist kann daher flotter leben und zugleich mehr „entsagen". Und schließlich spielen alle Springfedern der Produktion um so energischer, je mehr ihre Stufenleiter sich erweitert mit der Masse des vorgeschossenen Kapitals.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.635f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 10'''<br />
<br />
Mit Wachstum des Kapitals ist Wachstum des variablen Kapitals verbunden – also Wachstum des Arbeitsfonds der Arbeitskraft.<br />
<br />
{{Zitat |Wachstum des Kapitals schließt Wachstum seines variablen oder in Arbeitskraft umgesetzten Bestandteils ein. Ein Teil des in Zusatzkapital verwandelten Mehrwerts muß stets rückverwandelt werden in variables Kapital oder zuschüssigen Arbeitsfonds. Unterstellen wir, daß, nebst sonst gleichbleibenden Umständen; die Zusammensetzung des Kapitals unverändert bleibt, d.h. eine bestimmte Masse Produktionsmittel oder konstantes Kapital stets dieselbe Masse Arbeitskraft erheischt, um in Bewegung gesetzt zu werden, so wächst offenbar die Nachfrage nach Arbeit und der Subsistenzfonds der Arbeiter verhältnismäßig mit dem Kapital und um so rascher, je rascher das Kapital wächst.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.641)}}<br />
<br />
'''Annahme 11'''<br />
<br />
Das Wachstum des Kapitals schließt das Wachstum seines variablen Teils ein. Eine bestimmte Masse Produktionsmittel erheischt stets dieselbe Masse Arbeitskraft, um in Bewegung gesetzt zu werden. Die Nachfrage nach Arbeit wächst. Akkumulation des Kapitals ist also Vermehrung des Proletariats.<br />
Die Reproduktion der Arbeitskraft bildet selbst einen Moment der Reproduktion des Kapitals. <br />
<br />
{{Zitat |Wie die einfache Reproduktion fortwährend das Kapitalverhältnis selbst reproduziert, Kapitalisten auf der einen Seite, Lohnarbeiter auf der andren, so reproduziert die Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter oder die Akkumulation das Kapitalverhältnis auf erweiterter Stufenleiter, mehr Kapitalisten oder größere Kapitalisten auf diesem Pol, mehr Lohnarbeiter auf jenem.<br/>Die Reproduktion der Arbeitskraft, die sich dem Kapital unaufhörlich als Verwertungsmittel einverleiben muß, nicht von ihm loskommen kann und deren Hörigkeit zum Kapital nur versteckt wird durch den Wechsel der individuellen Kapitalisten, woran sie sich verkauft, bildet in der Tat ein Moment der Reproduktion des Kapitals selbst. Akkumulation des Kapitals ist also Vermehrung des Proletariats.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.641f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 12'''<br />
<br />
Die Kapitalisten können unter bestimmten Bedingungen (z.B. Eröffnung neuer Märkte, Entstehung neuer gesellschaftlicher Bedürfnisse) eine verstärkte Nachfrage nach Arbeitern entwickeln, die sie nur befriedigen können, wenn sie höhere Arbeitslöhne zahlen. Das können sie jederzeit ohne vorherige Mehrwertsteigerung, indem sie den Teil des Mehrwerts den sie für ihren Privatkonsum nutzen (Revenue) kürzen und den, den sie wieder in den Produktionsprozess werfen (Kapital), vergrößern.<br />
<br />
{{Zitat |und da endlich, unter besondrem Sporn des Bereicherungstriebs wie z. B. Öffnung neuer Märkte, neuer Sphären der Kapitalanlage infolge neu entwickelter gesellschaftlicher Bedürfnisse Usw., die Stufenleiter der Akkumulation plötzlich ausdehnbar ist durch bloß veränderte Teilung des Mehrwerts oder Mehrprodukts in Kapital und Revenue, können die Akkumulationsbedürfnisse des Kapitals das Wachstum der Arbeitskraft oder der Arbeiteranzahl, die Nachfrage nach Arbeitern ihre Zufuhr überflügeln und daher die Arbeitslöhne steigen.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.641)}}<br />
<br />
==Wissenschaftlich-technischer Fortschritt==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Der wissenschaftlich-technische Fortschritt beschreibt die Verbesserung der wissenschafltichen und technischen Möglichkeiten. Durch die Entwicklung von Wissenschaft und Technik erweitert sich die Produktivkraft der Arbeit, was bewirkt, dass neue Maschinen, Werkzeuge und andere Produktionsmittel an die Stelle der Alten treten. Jeder wissenschaftliche und technische Fortschritt vervielfacht nicht nur die Effizienz im Produktionsprozess, sondern sorgt auch für eine Ausdehnung der Anlagensphäre des Kapitals. Der Fortschritt von Wissenschaft und Technik ist somit eine wichtige Folge der Akkumulation des Kapitals.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Wissenschaft, Technik, Fortschritt <br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Marx betrachtet den wissenschaftlich-technischen Fortschritt im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] als eine Folge des Wachstums und der Akkumulation des Kapitals. Durch diesen Fortschritt werden neue Produktionsmöglichkeiten erschlossen, welche allein dem Kapitalisten dienen, mehr Profit zu erzielen und die technische Entwicklung zur Verbesserung der kapitalistischen Produktion voranzutreiben, um sich somit einen individuellen Vorteil in einem Produktionsbereich gegenüber seinen kapitalistischen Konkurrenten zu haben. Die Akkumulation des Kapitals und der wissenschaftlich-technische Fortschritt gehen also Hand in Hand.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die Wissenschaft und die Technik bilden eine von der Größe des Kapitals unabhängige Potenz seiner Expansion. In seine neue Form einverleibt es gratis den vollzogenen gesellschaftlichen Fortschritt. <br />
<br />
{{Zitat |Gleich vermehrter Ausbeutung des Naturreichtums durch bloß höhere Spannung der Arbeitskraft, bilden Wissenschaft und Technik eine von der gegebnen Größe des funktionierenden Kapitals unabhängige Potenz seiner Expansion. Sie reagiert zugleich auf den in sein Erneuerungsstadium eingetretenen Teil des Originalkapitals. In seine neue Form einverleibt es gratis den hinter dem Rücken seiner alten Form vollzogenen gesellschaftlichen Fortschritt.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.632)}}<br />
<br />
==Aufschwung und Krise==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Der Aufschwung und die Krise bezeichneen die jeweilige Phase der Akkumulation des Kapitals. Beide Phasen bedingen sich gegenseitig und stehen in einem engen Verhältnis. Wächst in einer Aufschwungsphase die Menge der unbezahlten Arbeit so schnell, dass sie nur durch Zuschuss von bezahlter Arbeit zu Kapital werden kann, so steigt der Arbeitslohn, und der Anteil der unbezahlten Arbeit, der Mehrarbeit, nimmt ab.<br />
<br />
Dieser Anstieg ist jedoch an gewisse Grenzen gekoppelt. Bei steigenden Arbeitslöhnen wird weniger unbezahlte Mehrarbeit geleistet. Dies führt dazu, dass relativ immer weniger Kapital akkumuliert wird. Dadurch wird der Anstieg der Arbeitslöhne automatisch gebremst. Somit verschwindet durch die Abnahme der Akkumulation gleichzeitig die Ursache dafür, nämlich das Ungleichverhältnis zwischen Kapital und ausgebeuteter Arbeitskraft. Der Mechanismus des kapitalistischen Produktionsprozesses beseitigt also selbst die Hindernisse, die er vorübergehend schafft. Der Arbeitslohn fällt wieder auf ein Niveau, welches den Verwertungsbedürfnissen des Kapitals entspricht.<br />
Eine Abnahme des Ausbeutungsgrades der Arbeit und eine Zunahme des Arbeitslohns bewegen sich also immer in einem eingbetteten Rahmen, welcher die Reproduktion des Kapitalverhältnisses und dessen Reproduktion auf stets erweiterter Stufenleiter, also die Ausdehnung der Kapitalverhältnisse auf ein höheres Reproduktionsniveau sichert. Die relative Prosperität der Arbeiterklasse wird somit von der kapitalistischen Produktion nur vorübergehend, als Vorläufer einer Krise, zugelassen.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Krise, Aufschwung, Lohnhöhe, Arbeit, Konsumtion<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Der Aufschwung und die Krise des Akkumulationsprozesses werden von Marx im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] beschrieben. Diese beiden Phasen erklärt Marx mit der Steigerung und dem Fall von bezahlter und unbezahlter Arbeit, wobei beide Phasen sich gegenseitig bedingen und die Geschwindigkeit der Akkumulation steuern. Während in einer Aufschwungsphase die Menge an Arbeitskraft steigt und somit die Löhne erhöht, wird zunehmend weniger Mehrwert kapitalisiert und somit weniger Kapital akkumuliert. Die logische Konsequenz darauf ist eine Verlangsamung der Akkumulation, was eine notwenige Senkung der Löhne zur Folge hat, damit die Reproduktion der Kapitalverhältnisse nicht gefährdet wird. <br />
Eine Aufschwungsphase und somit eine Prosperität der Arbeiterklasse durch höhere Löhne wird von der kapitalistischen Produktion nur momentan zugelassen und dient als Vorbote einer Krisenphase, in der die Löhne wieder sinken. <br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Das Verhältnis zwischen Kapital, Akkumulation und Lohnrate ist das Verhältnis zwischen unbezahlter, in Kapital verwandelter Arbeit und der zur Bewegung des Zusatzkapitals erforderlichen zuschüssigen Arbeit. Das Verhältnis von unbezahlter und bezahlter Arbeit der Arbeiterbevölkerung.<br/> Wenn die Menge der unbezahlten Arbeit rasch wächst, um außergewöhnlichen Zuschuss bezahlter Arbeit in Kapital verwandeln zu können, steigt der Lohn, die unbezahlte Arbeit nimmt ab.<br/>Sobald aber der Punkt eintritt, wo die das Kapital ernährende Mehrarbeit nicht in normaler Menge angeboten wird, erlahmt die Akkumulation, die steigende Lohnbewegung erhält Gegenschlag.<br/>Die Erhöhung des Arbeitspreises bleibt eingebannt in Grenzen, die die Grundlagen des kapitalistischen Systems nicht nur unangetastet lassen, sondern auch seine Reproduktion auf wachsender Stufenleiter sichern.<br />
<br />
{{Zitat |Das Verhältnis zwischen Kapital, Akkumulation und Lohnrate ist nichts als das Verhältnis zwischen der unbezahlten, in Kapital verwandelten Arbeit und der zur Bewegung des Zusatzkapitals erforderlichen zuschüssigen Arbeit.<br/>Es ist also keineswegs ein Verhältnis zweier voneinander unabhängigen Größen, einerseits der Größe des Kapitals, andrerseits der Zahl der Arbeiterbevölkerung, es ist vielmehr in letzter Instanz nur das Verhältnis zwischen der unbezahlten und der bezahlten Arbeit derselben Arbeiterbevölkerung. Wächst die Menge der von der Arbeiterklasse gelieferten und von der Kapitalistenklasse akkumulierten, unbezahlten Arbeit rasch genug, um nur durch einen außergewöhnlichen Zuschuß bezahlter Arbeit sich in Kapital verwandeln zu können, so steigt der Lohn, und alles andre gleichgesetzt, nimmt die unbezahlte Arbeit im Verhältnis ab.<br/>Sobald aber diese Abnahme den Punkt berührt, wo die das Kapital ernährende Mehrarbeit nicht mehr in normaler Menge angeboten wird, so tritt eine Reaktion ein: ein geringerer Teil der Revenue wird kapitalisiert, die Akkumulation erlahmt, und die steigende Lohnbewegung empfängt einen Gegenschlag. Die Erhöhung des Arbeitspreises bleibt also eingebannt in Grenzen, die die Grundlagen des kapitalistischen Systems nicht nur unangetastet lassen, sondern auch seine Reproduktion auf wachsender Stufenleiter sichern.<br/> Das in ein Naturgesetz mystifizierte Gesetz der kapitalistischen Akkumulation drückt also in der Tat nur aus, daß ihre Natur jede solche Abnahme im Exploitationsgrad der Arbeit oder jede solche Steigerung des Arbeitspreises ausschließt, welche die stetige Reproduktion des Kapitalverhältnisses und seine Reproduktion auf stets erweiterter Stufenleiter ernsthaft gefährden könnte.<br/>Es kann nicht anders sein in einer Produktionsweise, worin der Arbeiter für die Verwertungsbedürfnisse vorhandner Werte, statt umgekehrt der gegenständliche Reichtum für die Entwicklungsbedürfnisse des Arbeiters da ist. Wie der Mensch in der Religion vom Machwerk seines eignen Kopfes, so wird er in der kapitalistischen Produktion vom Machwerk seiner eignen Hand beherrscht.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.649)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Krisen gehen aus Mangel an zahlungsfähiger Konsumtion hervor. Das ist eine Tautologie. Abhilfe schaffen zu wollen, in dem die Arbeiterklasse einen größeren Teil ihres Produkts erhält, ignoriert, dass Krisen vorbereitet werden durch eine Periode, in der der Arbeitslohn allgemein steigt und die Arbeiterklasse größeren Anteil erhält. Die kapitalistische Produktion schafft unabhängig von gutem oder schlechtem Willen Bedingungen, die die relative Prosperität der Arbeiterklasse nur vorübergehend – als Vorlauf der Krise - zulassen.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist eine reine Tautologie zu sagen, daß die Krisen aus Mangel an zahlungsfähiger Konsumtion oder an zahlungsfähigen Konsumenten hervorgehn. Andre Konsumarten, als zahlende, kennt das kapitalistische System nicht, ausgenommen die sub forma pauperis oder die des „Spitzbuben". Daß Waren unverkäuflich sind, heißt nichts, als daß sich keine zahlungsfähigen Käufer für sie fanden, also Konsumenten (sei es nun, daß die Waren in letzter Instanz zum Behuf produktiver oder individueller Konsumtion gekauft werden).<br/>Will man aber dieser Tautologie einen Schein tiefrer Begründung dadurch geben, daß man sagt, die Arbeiterklasse erhalte einen zu geringen Teil ihres eignen Produkts, und dem Übelstand werde mithin abgeholfen, sobald sie größern Anteil davon empfängt, ihr Arbeitslohn folglich wächst, so ist nur zu bemerken, daß die Krisen jedesmal gerade vorbereitet werden durch eine Periode, worin der Arbeitslohn allgemein steigt und die Arbeiterklasse realiter größern Anteil an dem für Konsumtion bestimmten Teil des jährlichen Produkts erhält. Jene Periode müsste – von dem Gesichtspunkt dieser Ritter vom gesunden und „einfachen" (!) Menschenverstand - umgekehrt die Krise entfernen.<br/> Es scheint also, daß die kapitalistische Produktion vom guten oder bösen Willen unabhängige Bedingungen einschließt, die jene relative Prosperität der Arbeiterklasse nur momentan zulassen, und zwar immer nur als Sturmvogel einer Krise.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band24.pdf Kapital 2.Band, MEW Band 24], S.409f.)}}<br />
<br />
==Produktivkraftentwicklung==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Produktivkraftentwicklung ist ein wichtiges Element der kapitalistischen Produktion, denn ab einem gewissen Punkt wird sie der mächtigste Hebel der Akkumulation. Der gesellschaftliche Produktivgrad der Arbeit drückt sich in dem Verhältnis zwischen eingesetzten Produktionsmitteln und der Arbeitskraft aus. Bei wachsender Produktivkraftentwicklung werden im Produktionsprozess zunehmend mehr Produktionsmittel eingesetzt, was das Verhältnis von eingesetzter Arbeitskraft und Produktionsmittel entscheidend ändert. Ein Arbeiter kann nun mehr Produktionsmittel in kürzerer Zeit verbrauchen. Somit ändert sich die technische Zusammensetzung des Kapitals, also das Verhältnis der Masse der angewandten Produktionsmittel und der dazu benötigten Arbeitskraft, durch die Steigerung der Produktivkraftentwicklung. <br />
<br />
Diese Veränderung spiegelt sich wieder in der Veränderung der Zusammensetzung des Kapitals. Der Anteil des konstanten Kapitals steigt und der Anteil des variablen Kapitals sinkt. Der Unterschied der technischen Zusammensetzung ist allerdings größer als derjenige der Kapitalzusammensetzung, da der Wert des einzelnen Produktionsmittel sinkt. Der konstante Kapitalteil steigt also nicht proportional zu der gesteigerten Masse an Produktionsmitteln, und die Kapitalzusammensetzung verschiebt sich nicht so schnell Richtung konstantes Kapital wie die stoffliche Zusammensetzung desselben. Obwohl der variable Kapitalteil relativ abnimmt, kann er absolut steigen, da mehr Arbeitskraft für den Gebrauch der Produktionsmittel benötigt wird.<br />
<br />
Dadurch, dass die Rückverwandlung von Mehrwert in Kapital sich als wachsende Größe des Kapitals darstellt, ist sie gleichzeitig Grundlage einer erweiterten Stufenleiter der Produktion, der Methoden zur Steigerung der Produktivkraft der Arbeit und einer beschleunigten Produktion von Mehrwert. Ein gewisser Grad der Kapitalakkumulation ist also Bedingung der spezifisch kapitalistischen Produktionsweis, indem die Akkumulation des Kapitals beschleunigt wird. <br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Produktivität, Wachstum, Produktivkraftentwicklung, Wertzusammensetzung, Organische Zusammensetzung des Kapitals, Relative Mehrwertproduktion, Vergesellschaftung der Produktion, Technische Zusammensetzung des Kapitals<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Produktivkraftentwicklung wird von Marx im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|1. Band des Kapitals]] beschrieben. Hierbei zeigt er auf, dass die Steigerung der Produktivkraft mit der Veränderung des Verhältnisses der in der kapitalistischen Produktion eingesetzten Produktionsmittel und Arbeitskraft einhergeht. Dies verändert automatisch sowohl die technische, als auch die Wertzusammensetzung des Kapitals. Der Anteil des konstanten Kapitals steigt, während der Anteil des variablen Kapitals, sinkt.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Der gesellschaftliche Produktivgrad der Arbeit drückt sich im relativen Größenumfang der Produktionsmittel aus, die ein Arbeiter während gegebener Zeit, mit derselben Anspannung von Arbeitskraft, in Produkt verwandelt.<br />
Die Masse der Produktionsmittel, womit er funktioniert, wächst mit der Produktivität seiner Arbeit.<br/>Das Wachstum der Produktionsmittel ist Folge und Bedingung der wachsenden Produktivität der Arbeit.<br />
<br />
{{Zitat |Abgesehn von Naturbedingungen, wie Fruchtbarkeit des Bodens usw., und vom Geschick unabhängiger und isoliert arbeitender Produzenten, das sich jedoch mehr qualitativ in der Güte als quantitativ in der Masse des Machwerks bewährt, drückt sich der gesellschaftliche Produktivgrad der Arbeit aus im relativen Größenumfang der Produktionsmittel, welche ein Arbeiter, während gegebner Zeit, mit derselben Anspannung von Arbeitskraft, in Produkt verwandelt.<br/>Die Masse der Produktionsmittel, womit er funktioniert, wächst mit der Produktivität seiner Arbeit. Diese Produktionsmittel spielen dabei eine doppelte Rolle. Das Wachstum der einen ist Folge, das der andren Bedingung der wachsenden Produktivität der Arbeit.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.650)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Im Verlauf der Akkumulation tritt ein Punkt ein, wo die Entwicklung der Produktivität der Arbeit der mächtigste Hebel der Akkumulation wird.<br />
<br />
{{Zitat |Die allgemeinen Grundlagen des kapitalistischen Systems einmal gegeben, tritt im Verlauf der Akkumulation jedesmal ein Punkt ein, wo die Entwicklung der Produktivität der gesellschaftlichen Arbeit der mächtigste Hebel der Akkumulation wird.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.650)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Zunahme der Produktivität der Arbeit erscheint in der Abnahme der Arbeitsmasse verhältnismäßig zu der von ihr bewegten Masse von Produktionsmitteln oder in der Größenabnahme des subjektiven Faktors des Arbeitsprozesses, verglichen mit seinen objektiven Faktoren.<br/><br />
Diese Veränderung in der technischen Zusammensetzung des Kapitals – das Wachstum der Produktionsmittel verglichen mit dem der Arbeiterklasse, spiegelt sich wider in seiner Wertzusammensetzung, in der Zunahme des konstanten Bestandteil des Kapitals. <br />
<br />
{{Zitat |Die Zunahme der letzteren erscheint also in der Abnahme der Arbeitsmasse verhältnismäßig zu der von ihr bewegten Masse von Produktionsmitteln oder in der Größenabnahme des subjektiven Faktors des Arbeitsprozesses, verglichen mit seinen objektiven Faktoren. Diese Veränderung in der technischen Zusammensetzung des Kapitals, das Wachstum in der Masse der Produktionsmittel, verglichen mit der Masse der sie belebenden Arbeitskraft, spiegelt sich wider in seiner Wertzusammensetzung, in der Zunahme des konstanten Bestandteils des Kapitalwerts auf Kosten seines variablen Bestandteils.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.651f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Die Änderung der Zusammensetzung der stofflichen Bestandteile ist größer als die der Wertzusammensetzung, da der Wert des einzelnen Produktionsmittel sinkt. <br />
<br />
{{Zitat |Die Abnahme des variablen Kapitalteils gegenüber dem konstanten oder die veränderte Zusammensetzung des Kapitalwerts zeigt jedoch nur annähernd den Wechsel in der Zusammensetzung seiner stofflichen Bestandteile an. […] Der Grund ist einfach der, daß mit der wachsenden Produktivität der Arbeit nicht nur der Umfang der von ihr vernutzten Produktionsmittel steigt, sondern deren Wert, verglichen mit ihrem Umfang, sinkt. Ihr Wert steigt also absolut, aber nicht proportionell mit ihrem Umfang. Das Wachstum der Differenz zwischen konstantem und variablem Kapital ist daher viel kleiner als das der Differenz zwischen der Masse der Produktionsmittel, worin das konstante, und der Masse Arbeitskraft, worin das variable Kapital umgesetzt wird. Die erstere Differenz nimmt zu mit der letzteren, aber in geringerem Grad.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.651f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Die absolute Größe des variablen Kapitalteils kann trotz seiner relativen Abnahme steigen, da mehr Arbeitskraft notwendig ist, um die Produktionsmittel zu verarbeiten.<br />
<br />
{{Zitat |Übrigens, wenn der Fortschritt der Akkumulation die relative Größe des variablen Kapitalteils vermindert, schließt er damit die Steigerung ihrer absoluten Größe keineswegs aus.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.652)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Die Kooperation auf großer Stufenleiter, welche Produktionsmittel durch massenhafte Konzentration ökonomisiert, ist Voraussetzung für die Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit. <br />
<br />
{{Zitat |Im vierten Abschnitt wurde gezeigt, wie die Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit Kooperation auf großer Stufenleiter voraussetzt, wie nur unter dieser Voraussetzung Teilung und Kombination der Arbeit organisiert, Produktionsmittel durch massenhafte Konzentration ökonomisiert, schon stofflich nur gemeinsam anwendbare Arbeitsmittel, z.B. System der Maschinerie usw., ins Leben gerufen, ungeheure Naturkräfte in den Dienst der Produktion gepreßt und die Verwandlung des Produktionsprozesses in technologische Anwendung der Wissenschaft vollzogen werden können.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.652)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Ein gewisser Grad der Kapitalakkumulation ist Bedingung für die kapitalistische Produktionsweise, welche eine beschleunigte Akkumulation verursacht. Beide Faktoren verursachen den Wechsel in der technischen Zusammensetzung des Kapitals. Der Anteil des variablen Kapitals nimmt ab, der des konstanten Kapitals nimmt zu.<br />
<br />
{{Zitat |Die kontinuierliche Rückverwandlung von Mehrwert in Kapital stellt sich dar als wachsende Größe des in den Produktionsprozeß eingehenden Kapitals. Diese wird ihrerseits Grundlage einer erweiterten Stufenleiter der Produktion, der sie begleitenden Methoden zur Steigerung der Produktivkraft der Arbeit und beschleunigter Produktion von Mehrwert. Wenn also ein gewisser Grad der Kapitalakkumulation als Bedingung der spezifisch kapitalistischen Produktionsweise erscheint, verursacht die letztere rückschlagend eine beschleunigte Akkumulation des Kapitals. Mit der Akkumulation des Kapitals entwickelt sich daher die spezifisch kapitalistische Produktionsweise und mit der spezifisch kapitalistischen Produktionsweise die Akkumulation des Kapitals. Diese beiden ökonomischen Faktoren erzeugen, nach dem zusammengesetzten Verhältnis des Anstoßes, den sie sich gegenseitig erteilen, den Wechsel in der technischen Zusammensetzung des Kapitals, durch welchen der variable Bestandteil immer kleiner und kleiner wird, verglichen mit dem konstanten.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.653)}}<br />
<br />
==Konzentration des Kapitals==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Konzentration des Kapitals beschreibt die wachsende Konzentration der Produktionsmittel in den Händen der Kapitalisten, welche durch ein Wachstum vieler individueller und somit des gesellschaftlichen Kapitals gesteuert wird. Dieser Prozess ist identisch mit der Akkumulation. Durch das Abspalten alter Kapitale und Bildung neuer Kapitale wächst auch die Kapitalistenklasse. Das Kapital ist auf viele individuelle Kapitalisten verteilt, die sich in der freien Konkurrenz gegenüber stehen, sich also gegenseitig abstoßen.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Kapitalkonzentration, Kapitalakkumulation<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Konzentration des Kapitals beschreibt Marx im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|1. Band des Kapitals]] als eine wachsende Konzentration in den Händen der Kapitalisten. Dadurch, dass viele individuelle Kapitale wachsen, spalten sich einige von ihnen ab oder bilden sich neu. Daraus schlussfolgert Marx ein absolutes Wachsen der Anzahl an Kapitalisten.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Jedes individuelle Kapital ist bereits eine größere oder kleinere Konzentration von Produktionsmitteln. Das Wachstum des gesellschaftlichen Kapitals vollzieht sich im Wachstum vieler individueller Kapitale. Mit ihnen wächst die Konzentration der Produktionsmittel. Zugleich reißen sich Ableger los und fungieren als neue Kapitale. Mit der Akkumulation wächst daher auch die Anzahl der Kapitalisten. Dieser Prozess ist identisch mit der Akkumulation: Wachsende Konzentration der gesellschaftlichen Produktionsmittel in den Händen individueller Kapitalisten. Das Kapital ist verteilt auf viele Punkte, das Wachstum der Kapitale ist durchkreuzt durch die Bildung neuer und die Spaltung alter Kapitale. Akkumulation stellt sich dar als wachsende Konzentration der Produktionsmittel einerseits, andererseits als Abstoßen vieler individueller Kapitale voneinander.<br />
<br />
{{Zitat |Jedes individuelle Kapital ist eine größere oder kleinere Konzentration von Produktionsmitteln mit entsprechendem Kommando über eine größere oder kleinere Arbeiterarmee. Jede Akkumulation wird das Mittel neuer Akkumulation. Sie erweitert mit der vermehrten Masse des als Kapital funktionierenden Reichtums seine Konzentration in den Händen individueller Kapitalisten, daher die Grundlage der Produktion auf großer Stufenleiter und der spezifisch kapitalistischen Produktionsmethoden. Das Wachstum des gesellschaftlichen Kapitals vollzieht sich im Wachstum vieler individuellen Kapitale. Alle andren Umstände als gleichbleibend vorausgesetzt, wachsen die individuellen Kapitale, und mit ihnen die Konzentration der Produktionsmittel, im Verhältnis, worin sie aliquote Teile des gesellschaftlichen Gesamtkapitals bilden. Zugleich reißen sich Ableger von den Originalkapitalen los und funktionieren als neue selbständige Kapitale. Eine große Rolle spielt dabei unter anderm die Teilung des Vermögens in Kapitalistenfamilien. Mit der Akkumulation des Kapitals wächst daher auch mehr oder minder die Anzahl der Kapitalisten. Zwei Punkte charakterisieren diese Art Konzentration, welche unmittelbar auf der Akkumulation beruht oder vielmehr mit ihr identisch ist. Erstens: Die wachsende Konzentration der gesellschaftlichen Produktionsmittel in den Händen individueller Kapitalisten ist, unter sonst gleichbleibenden Umständen, beschränkt durch den Wachstumsgrad des gesellschaftlichen Reichtums. Zweitens: Der in jeder besondren Produktionssphäre ansässige Teil des gesellschaftlichen Kapitals ist verteilt unter viele Kapitalisten, welche einander als unabhängige und miteinander konkurrierende Warenproduzenten gegenüberstehn. Die Akkumulation und die sie begleitende Konzentration sind also nicht nur auf viele Punkte zersplittert, sondern das Wachstum der funktionierenden Kapitale ist durchkreuzt durch die Bildung neuer und die Spaltung alter Kapitale. Stellt sich die Akkumulation daher einerseits dar als wachsende Konzentration der Produktionsmittel und des Kommandos über Arbeit, so andrerseits als Repulsion vieler individueller Kapitale voneinander.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.653f.)}}<br />
<br />
==Zentralisation der Kapitale==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Als Zentralisation bezeichnet man das Wachstum des Kapitalumfanges in den Händen einzelner Kapitalisten oder Kapitalistengruppen durch den Zusammenschluss schon bestehender kleinerer Kapitale zu größeren. Durch die Zusammenschlüsse nimmt die Anzahl an Einzelkapitalen ab. Die Zentralisation ist Kenntzeichen der höchsten Form der Kapitalistischen Monopolvereinigung (siehe hierzu: [[Der imperialistische Kapitalismus|Imperialismus]]). Die größeren Kapitalisten mit größerer Akkumulation und dadurch Konzentration schlagen die kleineren. Das bedeutet den Untergang der kleineren, deren Kapitale teils in die Hand der größeren Kapitalisten übergehen, teils untergehen. Einen mächtigen Hebel der Zentralisation bildet das Kreditwesen, in dem es eine fruchtbare Waffe im Konkurrenzkampf wird und sich schließlich selbst in einen Mechanismus zur Zentralisation der Kapitale verwandelt. Die Zentralisation ist Ausgangspunkt für eine umfassendere Organisation der Gesamtarbeit. Einzelne Produktionsprozesse werden zu gesellschaftlich kombinierten und wissenschaftlich disponierten Produktionsprozessen. Die Akkumulation ist ein langsamer, allmählicher Prozess, Zentralisation dagegen schnell. Sprunghafter technischer Fortschritt wird durch Zentralisation, großes Kapital in einzelner Hand, beschleunigt. Der Anteil des konstanten Kapitals nimmt aufgrund dieser Produktivkraftentwicklung zu, derjenige des veriablen Kapitals ab.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Zentralisation der Kapitale, Kredit, Zentralisation, Konkurrenz, Kreditwesen, Übernahme, Akkumulation, Vergesellschaftung der Produktion, Organische Zusammensetzung des Kapitals, Arbeitslosigkeit, Industrielle Reservearmee<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Marx beschreibt die Charakteristik der Zentralisation im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]]. <br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Dem entgegen wirkt die nicht mehr einfache Konzentration, die mit der Akkumulation identisch ist, sondern Konzentration bereits gebildeter Kapitale, Aufhebung ihrer individuellen Selbständigkeit, Expropriation von Kapitalist durch Kapitalist. Verwandlung vieler kleinerer in weniger größere Kapitale. Der Unterschied zur Konzentration durch Akkumulation ist, dass er nur eine veränderte Verteilung der bereits vorhandenen und funktionierenden Kapitale voraussetzt. Es ist die eigentliche Zentralisation um Unterschied zur Akkumulation und Konzentration. <br />
<br />
{{Zitat |Dieser Zersplitterung des gesellschaftlichen Gesamtkapitals in viele individuelle Kapitale oder der Repulsion seiner Bruchteile voneinander wirkt entgegen ihre Attraktion. Es ist dies nicht mehr einfache, mit der Akkumulation identische Konzentration von Produktionsmitteln und Kommando über Arbeit. Es ist Konzentration bereits gebildeter Kapitale, Aufhebung ihrer individuellen Selbständigkeit, Expropriation von Kapitalist durch Kapitalist, Verwandlung vieler kleineren in weniger größere Kapitale. Dieser Prozeß unterscheidet sich von dem ersten dadurch, daß er nur veränderte Verteilung der bereits vorhandnen und funktionierenden Kapitale voraussetzt, sein Spielraum also durch das absolute Wachstum des gesellschaftlichen Reichtums oder die absoluten Grenzen der Akkumulation nicht beschränkt ist. Das Kapital schwillt hier in einer Hand zu großen Massen, weil es dort in vielen Händen verlorengeht. Es ist die eigentliche Zentralisation im Unterschied zur Akkumulation und Konzentration.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.654)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Das Kreditwesen wird eine neue Waffe im Konkurrenzkampf. Konkurrenz und Kredit werden zu den beiden mächtigsten Hebeln der Zentralisation.<br />
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<br />
{{Zitat |Abgesehn hiervon bildet sich mit der kapitalistischen Produktion eine ganz neue Macht, das Kreditwesen, das in seinen Anfängen verstohlen, als bescheidne Beihilfe der Akkumulation, sich einschleicht, durch unsichtbare Fäden die über die Oberfläche der Gesellschaft in größern oder kleinern Massen zersplitterten Geldmittel in die Hände individueller oder assoziierter Kapitalisten zieht, aber bald eine neue und furchtbare Waffe im Konkurrenzkampf wird und sich schließlich in einen ungeheuren sozialen Mechanismus zur Zentralisation der Kapitale verwandelt.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.654f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Konkurrenz und der Kredit stehen im selben Verhältnis wie kapitalistische Produktion und Akkumulation, das eine bedingt das andere. Der Fortschritt der Akkumulation vermehrt die Einzelkapitale. Gesellschaftliches Bedürfnis und technische Mittel schaffen den Antrieb zur Ausweitung der kapitalistischen Produktion und somit zu gewaltigen industriellen Unternehmungen, deren Durchführung an eine vorangegangene Zentralisation des Kapitals gebunden ist. Der Fortschritt der Zentralisation hängt nicht vom Größenwachstum des gesellschaftlichen Kapitals ab, sie kann durch bloße veränderte Verteilung schon bestehender Kapitale erfolgen. Kapital kann in einer Hand zu gewaltigen Massen anwachsen, weil es vielen einzelnen Händen entzogen wird. In einem Geschäftszweig hätte die Zentralisation ihre Grenze erreicht, wenn alle dort angelegten Kapital zu einem Einzelkapital verschmolzen wären. <br />
<br />
{{Zitat |Im Maß wie die kapitalistische Produktion und Akkumulation, im selben Maß entwickeln sich Konkurrenz und Kredit, die beiden mächtigsten Hebel der Zentralisation. Daneben vermehrt der Fortschritt der Akkumulation den zentralisierbaren Stoff, d.h. die Einzelkapitale, während die Ausweitung der kapitalistischen Produktion, hier das gesellschaftliche Bedürfnis, dort die technischen Mittel jener gewaltigen industriellen Unternehmungen schafft, deren Durchführung an eine vorgängige Zentralisation des Kapitals gebunden ist. Heutzutage ist also die gegenseitige Attraktionskraft der Einzelkapitale und die Tendenz zur Zentralisation stärker als je zuvor. Wenn aber auch die relative Ausdehnung und Energie der zentralisierenden Bewegung in gewissem Grad bestimmt ist durch die schon erreichte Größe des kapitalistischen Reichtums und die Überlegenheit des ökonomischen Mechanismus, so hängt doch der Fortschritt der Zentralisation keineswegs ab von dem positiven Größenwachstum des gesellschaftlichen Kapitals. Und dies speziell unterscheidet die Zentralisation von der Konzentration, die nur ein andrer Ausdruck für die Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter ist. Die Zentralisation kann erfolgen durch bloße veränderte Verteilung schon bestehender Kapitale, durch einfache Veränderung der quantitativen Gruppierung der Bestandteile des gesellschaftlichen Kapitals. Das Kapital kann hier zu gewaltigen Massen in einer Hand anwachsen, weil es dort vielen einzelnen Händen entzogen wird. In einem gegebnen Geschäftszweig hätte die Zentralisation ihre äußerste Grenze erreicht, wenn alle darin angelegten Kapitale zu einem Einzelkapital verschmolzen wären.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.655)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Die Zentralisation ergänzt die Akkumulation. Sie kann auf verschiedenen Wegen stattfinden, durch Annexion, Verschmelzung oder der Bildung von Aktiengesellschaften - die Wirkung bleibt dieselbe. Die Ausdehnung der industriellen Tätigkeit ist Ausgangspunkt für umfassendere Organisation der Gesamtarbeit. Einzelne Produktionsprozesse werden zu gesellschaftlich kombinierten und wissenschaftlich disponierten Produktionsprozessen. <br />
<br />
{{Zitat |Die Zentralisation ergänzt das Werk der Akkumulation, indem sie die industriellen Kapitalisten instand setzt, die Stufenleiter ihrer Operationen auszudehnen. Sei dies letztre Resultat nun Folge der Akkumulation oder der Zentralisation; vollziehe sich die Zentralisation auf dem gewaltsamen Weg der Annexion - wo gewisse Kapitale so überwiegende Gravitationszentren für andre werden, daß sie deren individuelle Kohäsion brechen und dann die vereinzelten Bruchstücke an sich ziehn - oder geschehe die Verschmelzung einer Menge bereits gebildeter, resp. in der Bildung begriffner Kapitale vermittelst des glatteren Verfahrens der Bildung von Aktiengesellschaften - die ökonomische Wirkung bleibt dieselbe. Die gewachsne Ausdehnung der industriellen Etablissements bildet überall den Ausgangspunkt für eine umfassendere Organisation der Gesamtarbeit vieler, für eine breitre Entwicklung ihrer materiellen Triebkräfte, d.h. für die fortschreitende Umwandlung vereinzelter und gewohnheitsmäßig betriebner Produktionsprozesse in gesellschaftlich kombinierte und wissenschaftlich disponierte Produktionsprozesse.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.656)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Zentralisation ist im Vergleich zur Konzentration ein schnellerer Prozess. Ohne Zentralisation hätte es sehr lange gedauert, bis einzelne Unternehmen groß genug gewesen wären, um die Eisenbahn zu bauen. Die Zentralisation steigert und beschleunigt die Wirkung der Akkumulation und beschleunigt gleichzeitig die Umwälzungen in der technischen Zusammensetzung des Kapitals – Zunahme des konstanten Kapitals auf Kosten des variablen. Abnahme der Nachfrage nach Arbeit.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist aber klar, daß die Akkumulation, die allmähliche Vermehrung des Kapitals durch die aus der Kreisform in die Spirale übergehende Reproduktion ein gar langsames Verfahren ist, im Vergleich mit der Zentralisation, die nur die quantitative Gruppierung der integrierenden Teile des gesellschaftlichen Kapitals zu ändern braucht. Die Welt wäre noch ohne Eisenbahnen, hätte sie solange warten müssen, bis die Akkumulation einige Einzelkapitale dahin gebracht hätte, dem Bau einer Eisenbahn gewachsen zu sein. Die Zentralisation dagegen hat dies, vermittelst der Aktiengesellschaften, im Handumdrehn fertiggebracht. Und während die Zentralisation so die Wirkungen der Akkumulation steigert und beschleunigt, erweitert und beschleunigt sie gleichzeitig die Umwälzungen in der technischen Zusammensetzung des Kapitals, die dessen konstanten Teil vermehren auf Kosten seines variablen Teils und damit die relative Nachfrage nach Arbeit vermindern.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.656)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Das Kapital erneuert sich, in einer verbesserten technischen Ausgestaltung, die es möglich macht mit weniger Arbeit größere Massen an Maschinen in Gang zu setzen. Die Abnahme der Nachfrage nach Arbeit wird größer, je mehr Zentralisation herrscht.<br />
<br />
{{Zitat |Die im Lauf der normalen Akkumulation gebildeten Zusatzkapitale (s. Kap.XXII, 1) dienen vorzugsweise als Vehikel zur Exploitation neuer Erfindungen und Entdeckungen, überhaupt industrieller Vervollkommnungen. Aber auch das alte Kapital erreicht mit der Zeit den Moment seiner Erneuerung an Haupt und Gliedern, wo es sich häutet und ebenfalls wiedergeboren wird in der vervollkommneten technischen Gestalt, worin eine geringere Masse Arbeit genügte, eine größere Masse Maschinerie und Rohstoffe in Bewegung zu setzen. Die hieraus notwendig folgende absolute Abnahme der Nachfrage nach Arbeit wird selbstredend um so größer, je mehr die diesen Erneuerungsprozeß durchmachenden Kapitale bereits zu Massen angehäuft sind vermöge der zentralisierenden Bewegung. Einerseits attrahiert also das im Fortgang der Akkumulation gebildete Zuschußkapital, verhältnismäßig zu seiner Größe, weniger und weniger Arbeiter. Andrerseits repelliert das periodisch in neuer Zusammensetzung reproduzierte alte Kapital mehr und mehr früher von ihm beschäftigte Arbeiter.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.657)}}<br />
<br />
==Kapitalistische Konkurrenz ==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die kapitalistische Konkurrenz beschreibt das Verhältnis einzelner Kapitalisten untereinander. Wenn die kapitalistische Produktion eine neue Stufenleiter erreicht, so steigt auch die Produktivität der Arbeit, was wiederum die Preise der Waren sinken lässt. Die Konkurrenz unter Kapitalisten nimmt dadurch zu, da auf jeder höheren Stufe der Stufenleiter der Minimalumfang, den ein individuelles Kapital haben muss um profitabel zu sein, steigt. Das größere Kapital schlägt deshalb die kleineren in der direkten Konkurrenz. Kleinere Kapitale bewegen sich in Produktionssphären, die nicht mehr von großen Kapitalen erschlossen sind. <br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Konkurrenz, Übernahme<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Marx beschreibt die kapitalistische Konkurrenz im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|1. Band des Kapitals]] mit dem Verhältnis der vielen großen und kleinen Kapitale untereinander. Die Konkurrenz bewirkt, dass viele kleine Kapitale sich den großen beugen müssen und von ihnen vereinnahmt werden.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die Konkurrenz wird durch Preis der Waren geführt, der von der Produktivität der Arbeit abhängt, dieser wiederum von der Stufenleiter der Produktion. Die größeren Kapitale schlagen die kleineren. Mit Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise ist der Minimalumfang des Kapitals größer. Kleinere Kapital drängen daher in Produktionssphären, deren sich die große Industrie noch nicht bemächtigt hat. Viele kleine gehen unter oder landen in der Hand des Siegers.<br/><br />
<br />
{{Zitat |Der Konkurrenzkampf wird durch Verwohlfeilerung der Waren geführt. Die Wohlfeilheit der Waren hängt, caeteris paribus, von der Produktivität der Arbeit, diese aber von der Stufenleiter der Produktion ab. Die größeren Kapitale schlagen daher die kleineren. Man erinnert sich ferner, daß mit der Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise der Minimalumfang des individuellen Kapitals wächst, das erheischt ist, um ein Geschäft unter seinen normalen Bedingungen zu betreiben. Die kleineren Kapitale drängen sich daher in Produktionssphären, deren sich die große Industrie nur noch sporadisch oder unvollkommen bemächtigt hat. Die Konkurrenz rast hier im direkten Verhältnis zur Anzahl und im umgekehrten Verhältnis zur Größe der rivalisierenden Kapitale. Sie endet stets mit Untergang vieler kleineren Kapitalisten, deren Kapitale teils in die Hand des Siegers übergehn, teils untergehn.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.654f.)}}<br />
<br />
==Entstehung und Funktion der Industriellen Reservearmee ==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die industrielle Reservearmee sind diejenigen Arbeiter, die gezwungen sind ihre Arbeitskraft zu verkaufen, aber keinen Käufer dafür finden. Durch Produktivkraftentwicklung ändert sich die Kapitalzusammensetzung erfordert für die selbe Menge an Produkten weniger Arbeitskraft. Mit der durch die Arbeiter selbst produzierten Akkumulation des Kapitals produziert die Arbeiterbevölkerung in wachsendem Umfang demnach die Mittel ihrer eigenen relativen Überzähligmachung. Das ist das eigene Populationsgesetz in der kapitalistischen Produktionsweise. Die immer einsetzbare industrielle Reservearmee schafft für die wechselnden Verwertungsbedürfnisse des Kapitals das stets ausbeutbare Menschenmaterial, unabhängig von den Schranken der wirklichen Zunahme der Bevölkerung. Es kommt demnach zur Freisetzung von Arbeitskraft. Dadurch entsteht eine Bewegung in der immer Teile der Arbeiter halbbeschäftigt oder unbeschäftigt sind. Der einzelne Arbeiter stemmt dann mehr Arbeit, aber es werden nicht mehr Arbeiter beschäftigt. <br />
<br />
Jeder Kapitalist hat das absolute Interesse, ein bestimmtes Arbeitsquantum aus kleinerer Arbeiterzahl auszupressen. Dies tut er durch größere extensive oder intensive Ausbeutung der individuellen Arbeitskräfte. Mit der Steigerung der Produktivkraft der Arbeit, steigert das Kapital also seine Zufuhr von Arbeit rascher als die Zufuhr von Arbeitern. Die Überarbeit des beschäftigten Teils schwellt die Reihen ihrer Reserve. Die Reserve übt wiederum indirekt Druck auf Beschäftigte aus, wodurch sie durch die Kapitalisten zu Überarbeit gezwungen werden können. Der Zwang zu Müßiggang und der Zwang zu Überarbeit wird Bereicherungsmittel des einzelnen Kapitalisten. Das Einsaugen und Abstoßen von Arbeitskraft wird noch intensiviert durch die zyklischen Bewegungen von Aufschwung und Krise. Die allgemeinen Bewegungen des Arbeitslohns sind ausschließlich reguliert durch die Expansion und Kontraktion der industriellen Reservearmee, welche dem Periodenwechsel des industriellen Zyklus entsprechen. Sie sind bestimmt durch das wechselnde Verhältnis worin die Arbeiterklasse in aktive Armee und Reservearmee zerfällt.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Arbeitslosigkeit, Industrielle Reservearmee, Wachstum des Gesamtkapitals, Relative Überbevölkerung, Krise, Aufschwung, Ausbeutung, Relative Mehrwertproduktion, Mehrarbeit, Produktivkraftentwicklung, Variables Kapital, Organische Zusammensetzung des Kapitals, Arbeitslosigkeit, Arbeitslohn, Lohndruck, Nachfrage nach Arbeit, Zyklus <br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Mit der schon bei David Ricardo zu findenden Vorstellung einer zunehmenden Mechanisierung des Produktionsprozesses bei gleichzeitiger Abnahme der Nachfrage nach Arbeitskraft begründet Karl Marx im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] die Entstehung einer wachsenden "industriellen Reservearmee". Diese relative Überbevölkerung wird von Marx als Konsequenz des Akkumulationsprozesses im Kapitalismus und der Produktivkraftentwicklung verdeutlicht. Die Aufrechterhaltung der industriellen Reservearmee führt zu einem Zerfall des Klassenzusammenhalts und zersetzt somit die Kräfte der Arbeiterschaft. Grund dafür ist, dass mehr Arbeitskräfte als Arbeitsplätze vorhanden sind und der Konkurrenzdruck dadurch steigt. Der Kapitalismus ist folglich auf die industrielle Reservearmee angewiesen, um die Löhne niedrig halten zu können und eine Solidarität zwischen Arbeitern und Arbeitslosen zu verhindern.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Da die Nachfrage nach Arbeit nicht durch den Umfang des Gesamtkapitals, sondern durch den seines variablen Bestandteils bestimmt ist, fällt sie also progressiv mit dem Wachstum des Gesamtkapitals, statt verhältnismäßig mit ihm zu wachsen. Mit Wachstum des Gesamtkapitals wächst zwar auch sein variabler Bestandteil, die ihm einverleibte Arbeitskraft, aber in beständig abnehmender Proportion. <br />
<br />
{{Zitat |Da die Nachfrage nach Arbeit nicht durch den Umfang des Gesamtkapitals, sondern durch den seines variablen Bestandteils bestimmt ist, fällt sie also progressiv mit dem Wachstum des Gesamtkapitals, statt, wie vorhin unterstellt, verhältnismäßig mit ihm zu wachsen. Sie fällt relativ zur Größe des Gesamtkapitals und in beschleunigter Progression mit dem Wachstum dieser Größe. Mit dem Wachstum des Gesamtkapitals wächst zwar auch sein variabler Bestandteil, oder die ihm einverleibte Arbeitskraft, aber in beständig abnehmender Proportion.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.658)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Auf der anderen Seite wächst die relative Arbeiterbevölkerung schneller als das variable Kapital. Es kommt zu einer relativen, also für die durchschnittlichen Verwertungsbedürfnisse des Kapitals überschüssigen, daher überflüssigen Arbeiterbevölkerung, sprich einem Überangebot an Arbeitskraft. Die Reservearmee wächst im Verhältnis zum Umfang der Akkumulation.<br />
<br />
<br />
{{Zitat |Diese mit dem Wachstum des Gesamtkapitals beschleunigte und rascher als sein eignes Wachstum beschleunigte relative Abnahme seines variablen Bestandteils scheint auf der andren Seite umgekehrt stets rascheres absolutes Wachstum der Arbeiterbevölkerung als das des variablen Kapitals oder ihrer Beschäftigungsmittel. Die kapitalistische Akkumulation produziert vielmehr, und zwar im Verhältnis zu ihrer Energie und ihrem Umfang, beständig eine relative, d.h. für die mittleren Verwertungsbedürfnisse des Kapitals überschüssige, daher überflüssige oder Zuschuß-Arbeiterbevölkerung.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.658)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Mit Ausdehnung der Produktionsleiter, der Produktivität der Arbeit dehnt sich auch die Stufenleiter, worin größere Attraktion der Arbeiter mit größerer Repulsion derselben verbunden ist. Mit der durch sie selbst produzierten Akkumulation des Kapitals produziert die Arbeiterbevölkerung in wachsendem Umfang die Mittel ihrer eigenen relativen Überzähligmachung. Das ist das der kapitalistischen Produktionsweise eigene Populationsgesetz. <br />
<br />
{{Zitat |Mit der Größe des bereits funktionierenden Gesellschaftskapitals und dem Grad seines Wachstums, mit der Ausdehnung der Produktionsleiter und der Masse der in Bewegung gesetzten Arbeiter, mit der Entwicklung der Produktivkraft ihrer Arbeit, mit dem breiteren und volleren Strom aller Springquellen des Reichtums dehnt sich auch die Stufenleiter, worin größere Attraktion der Arbeiter durch das Kapital mit größerer Repulsion derselben verbunden ist, nimmt die Raschheit der Wechsel in der organischen Zusammensetzung des Kapitals und seiner technischen Form zu, und schwillt der Umkreis der Produktionssphären, die bald gleichzeitig, bald abwechselnd davon ergriffen werden. Mit der durch sie selbst produzierten Akkumulation des Kapitals produziert die Arbeiterbevölkerung also in wachsendem Umfang die Mittel ihrer eignen relativen Uberzähligmachung. Es ist dies ein der kapitalistischen Produktionsweise eigentümliches Populationsgesetz, wie in der Tat jede besondre historische Produktionsweise ihre besondren, historisch gültigen Populationsgesetze hat. Ein abstraktes Populationsgesetz existiert nur für Pflanze und Tier, soweit der Mensch nicht geschichtlich eingreift.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.659f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Das überschüssige Angebot an Arbeitskraft ist notwendiges Resultat der Akkumulation und sie ist umgekehrt Hebel der Akkumulation, eben Existenzbedingung der kap. Produktionsweise. Sie ist disponible industrielle Reservearmee, die dem Kapital ganz gehört, ist stets ausbeutbares Menschenmaterial unabhängig von der wirklichen Bevölkerungszunahme. <br />
<br />
{{Zitat |Wenn aber eine Surplusarbeiterpopulation notwendiges Produkt der Akkumulation oder der Entwicklung des Reichtums auf kapitalistischer Grundlage ist, wird diese Übervölkerung umgekehrt zum Hebel der kapitalistischen Akkumulation, ja zu einer Existenzbedingung der kapitalistischen Produktionsweise. Sie bildet eine disponible industrielle Reservearmee, die dem Kapital ganz so absolut gehört, als ob es sie auf seine eignen Kosten großgezüchtet hätte. Sie schafft für seine wechselnden Verwertungsbedürfnisse das stets bereite exploitable Menschenmaterial, unabhängig von den Schranken der wirklichen Bevölkerungszunahme.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.661)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Der zehnjährige Zyklus von Krise und Boom beruht auf der beständigen Bildung der relativen Überbevölkerung. Der industrielle Zyklus rekrutiert wiederum die relative Überbevölkerung, und wird zum entscheidenden Faktor ihrer Reproduktion. <br />
<br />
{{Zitat |Der charakteristische Lebenslauf der modernen Industrie, die Form eines durch kleinere Schwankungen unterbrochnen zehnjährigen Zyklus von Perioden mittlerer Lebendigkeit, Produktion unter Hochdruck, Krise und Stagnation, beruht auf der beständigen Bildung, größern oder geringem Absorption und Wiederbildung der industriellen Reservearmee oder Übervölkerung. Ihrerseits rekrutieren die Wechselfälle des industriellen Zyklus die Übervölkerung und werden zu einem ihrer energischsten Reproduktionsagentien.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.661)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
In der frühen Periode des Kapitalismus veränderte sich die Zusammensetzung des Kapitals nur allmählich, die Arbeitsnachfrage entsprach also im Großen und Ganzen verhältnismäßig dem Wachstum.<br />
<br />
{{Zitat |Dieser eigentümliche Lebenslauf der modernen Industrie, der uns in keinem frühern Zeitalter der Menschheit begegnet, war auch in der Kindheitsperiode der kapitalistischen Produktion unmöglich. Die Zusammensetzung des Kapitals veränderte sich nur sehr allmählich. Seiner Akkumulation entsprach also im Ganzen verhältnismäßiges Wachstum der Arbeitsnachfrage.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.661)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Die Bewegungsform der modernen Industrie erwächst aus der beständigen Verwandlung eines Teils der Arbeiterbevölkerung in unbeschäftigte oder halbbeschäftigte Hände. <br />
<br />
{{Zitat |Die ganze Bewegungsform der modernen Industrie erwächst also aus der beständigen Verwandlung eines Teils der Arbeiterbevölkerung in unbeschäftigte oder halbbeschäftigte Hände. Die Oberflächlichkeit der politischen Ökonomie zeigt sich u.a. darin, daß sie die Expansion und Kontraktion des Kredits, das bloße Symptom der Wechselperioden des industriellen Zyklus, zu deren Ursache macht.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.662)}}<br />
<br />
'''Annahme 8'''<br />
<br />
Wenn der individuelle Arbeiter mehr Arbeit liefert und daher sein Arbeitslohn steigt, obgleich der Arbeitspreis gleich bleibt, wird der Zuwachs von variablem Kapital zu Index von mehr Arbeit, aber nicht mehr Arbeitern. Jeder Kapitalist hat das absolute Interesse, ein bestimmtes Arbeitsquantum aus kleinerer Arbeiterzahl auszupressen. Dies ist der Grund für die Steigerung der organischen Zusammensetzung des Kapitals.<br />
<br />
{{Zitat |Bei gleichbleibender oder selbst verminderter Zahl der von ihm kommandierten Arbeiter wächst jedoch das variable Kapital, wenn der individuelle Arbeiter mehr Arbeit liefert und daher sein Arbeitslohn wächst, obgleich der Arbeitspreis gleichbleibt oder selbst sinkt, nur langsamer, als die Arbeitsmasse steigt. Der Zuwachs des variablen Kapitals wird dann Index von mehr Arbeit, aber nicht von mehr beschäftigten Arbeitern. Jeder Kapitalist hat das absolute Interesse, ein bestimmtes Arbeitsquantum aus kleinerer, statt ebenso wohlfeil oder selbst wohlfeiler aus größerer Arbeiterzahl auszupressen. In dem letzten Fall wächst die Auslage von konstantem Kapital verhältnismäßig zur Masse der in Fluß gesetzten Arbeit, im ersten Fall viel langsamer. Je größer die Stufenleiter der Produktion, desto entscheidender dies Motiv. Seine Wucht wächst mit der Akkumulation des Kapitals.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.664)}}<br />
<br />
'''Annahme 9'''<br />
<br />
Die Produktivkraft der Arbeit befähigt Kapitalisten mit derselben Auslage von variablem Kapital mehr Arbeit durch größere extensive oder intensive Ausbeutung der individuellen Arbeitskräfte flüssig zu machen. Er kauft mit demselben Kapitalwert mehr Arbeitskräfte, indem er geschicktere durch ungeschicktere, reife durch unreife, männliche durch weibliche,…ersetzt.<br/>Ein größeres variables Kapital macht mehr Arbeit flüssig, ohne mehr Arbeiter zu werben. <br/>Variables Kapital von derselben Größe macht mehr Arbeit mit derselben Masse Arbeitskraft flüssig und beschäftigt mehr niedere durch Verdrängung höherer Arbeitskräfte. <br/>Dies ist wichtig für die Zusammensetzung der Arbeiterklasse bzw. für die industrielle Reservearmee.<br />
<br />
{{Zitat |Man hat gesehn, daß die Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise und Produktivkraft der Arbeit - zugleich Ursache und Wirkung der Akkumulation - den Kapitalisten befähigt, mit derselben Auslage von variablem Kapital mehr Arbeit durch größere extensive oder intensive Exploitation der individuellen Arbeitskräfte flüssig zu machen. Man hat ferner gesehn, daß er mit demselben Kapitalwert mehr Arbeitskräfte kauft, indem er progressiv geschicktere Arbeiter durch ungeschicktere, reife durch unreife, männliche durch weibliche, erwachsne Arbeitskraft durch jugendliche oder kindliche verdrängt. Einerseits macht also, im Fortgang der Akkumulation, größeres variables Kapital mehr Arbeit flüssig, ohne mehr Arbeiter zu werben, andrerseits macht variables Kapital von derselben Größe mehr Arbeit mit derselben Masse Arbeitskraft flüssig und endlich mehr niedere Arbeitskräfte durch Verdrängung höherer.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.664f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 10'''<br />
<br />
Mit der Steigerung der Produktivkraft der Arbeit, steigert das Kapital seine Zufuhr von Arbeit rascher als die von Arbeitern. Die Überarbeit des beschäftigten Teils schwellt die Reihen ihrer Reserve. Reserve übt Druck auf Beschäftigte aus, zwingt sie zu Überarbeit. Zwang zu Müßiggang und Zwang zu Überarbeit wird Bereicherungsmittel des einzelnen Kapitalisten.<br />
<br />
{{Zitat |Wenn die Produktionsmittel, wie sie an Umfang und Wirkungskraft zunehmen, in geringerem Grad Beschäftigungsmittel der Arbeiter werden, wird dies Verhältnis selbst wieder dadurch modifiziert, daß im Maß, wie die Produktivkraft der Arbeit wächst, das Kapital seine Zufuhr von Arbeit rascher steigert als seine Nachfrage nach Arbeitern. Die Überarbeit des beschäftigten Teils der Arbeiterklasse schwellt die Reihen ihrer Reserve, während umgekehrt der vermehrte Druck, den die letztere durch ihre Konkurrenz auf die erstere ausübt, diese zur Überarbeit und Unterwerfung unter die Diktate des Kapitals zwingt. Die Verdammung eines Teils der Arbeiterklasse zu erzwungenem Müßiggang durch Überarbeit des andren Teils und umgekehrt, wird Bereicherungsmittel des einzelnen Kapitalisten und beschleunigt zugleich die Produktion der industriellen Reservearmee auf einem dem Fortschritt der gesellschaftlichen Akkumulation entsprechenden Maßstab.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.665f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 11'''<br />
<br />
Die allgemeinen Bewegungen des Arbeitslohns sind ausschließlich reguliert durch die Expansion und Kontraktion der industriellen Reservearmee, welche dem Periodenwechsel des industriellen Zyklus entsprechen. Sie sind bestimmt durch das wechselnde Verhältnis worin die Arbeiterklasse in aktive Armee und Reservearmee zerfällt. <br />
<br />
{{Zitat |Im großen und ganzen sind die allgemeinen Bewegungen des Arbeitslohns ausschließlich reguliert durch die Expansion und Kontraktion der industriellen Reservearmee, welche dem Periodenwechsel des industriellen Zyklus entsprechen. Sie sind also nicht bestimmt durch die Bewegung der absoluten Anzahl der Arbeiterbevölkerung, sondern durch das wechselnde Verhältnis, worin die Arbeiterklasse in aktive Armee und Reservearmee zerfällt, durch die Zunahme und Abnahme des relativen Umfangs der Übervölkerung, durch den Grad, worin sie bald absorbiert, bald wieder freigesetzt wird.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.666)}}<br />
<br />
'''Annahme 12'''<br />
<br />
Die industrielle Reservearmee drückt während der Perioden der Stagnation und mittleren Prosperität auf die aktive Arbeiterarmee und hält ihre Ansprüche während der Überproduktion und des Booms im Zaum. Die relative Überbevölkerung ist der Hintergrund, worauf das Gesetz der Nachfrage und Zufuhr von Arbeit sich bewegt. <br />
<br />
{{Zitat |Die industrielle Reservearmee drückt während der Perioden der Stagnation und mittleren Prosperität auf die aktive Arbeiterarmee und hält ihre Ansprüche während der Periode der Überproduktion und des Paroxysmus im Zaum. Die relative Übervölkerung ist also der Hintergrund, worauf das Gesetz der Nachfrage und Zufuhr von Arbeit sich bewegt. Sie zwängt den Spielraum dieses Gesetzes in die der Exploitationsgier und Herrschsucht des Kapitals absolut zusagenden Schranken ein.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.668)}}<br />
<br />
'''Annahme 13'''<br />
<br />
Die Akkumulation des Kapitals vermehrt die Nachfrage nach Arbeit, zugleich setzt sie Arbeiter „frei“. Der Druck der Unbeschäftigten zwingt die Beschäftigten zur Flüssigmachung von mehr Arbeit, macht also die Arbeitszufuhr in gewissem Grad von der Zufuhr von Arbeitern unabhängig. <br />
<br />
{{Zitat |Wenn seine Akkumulation einerseits die Nachfrage nach Arbeit vermehrt, vermehrt sie andrerseits die Zufuhr von Arbeitern durch deren „Freisetzung", während zugleich der Druck der Unbeschäftigten die Beschäftigten zur Flüssigmachung von mehr Arbeit zwingt, also in gewissem Grad die Arbeitszufuhr von der Zufuhr von Arbeitern unabhängig macht.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.669)}}<br />
<br />
==Formen der industriellen Reservearmee ==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Marx bezeichnet die industrielle Reservearmee als "relative Überbevölkerung". Ihr Angehörige werden vom Produktionsprozess abgestoßen und stehen in hoher Konkurrenz zu den derzeit Beschäftigten. Marx unterscheidet drei Typen der relativen Überbevölkerung: die flüssige, die latente und die stockende.<br />
<br />
Die ''flüssige'' relative Überbevölkerung zählen die Arbeiter in der Stadt, welche in Zeiten des Booms und des Aufschwungs beschäftigt sind und in Krisenzeiten wieder aus dem Produktionsprozess abgestoßen werden. Sind sie unbeschäftigt oder halbbeschäftigt, zählen sie zur industriellen Reservearmee. Die ''latente'' (versteckte) relative Überbevölkerung betrifft Arbeitsverhältnisse, die direkt in Arbeitslosigkeit münden oder nur Scheinalternativen zur Arbeitslosigkeit bieten. Sie rekrutiert sich aus den Tätigen in der Landwirtschaft, welche ihre Produktionsmittel verloren haben und in die Stadt ziehen müssen. Die ''stockende'' relative Überbevölkerung bildet einen Teil der aktiven Arbeiterarmee, aber mit durchweg unregelmäßiger Beschäftigung. Sie bietet dem Kapital einen unterschöpflichen Bestand disponibler Arbeitskraft.<br />
<br />
Dazu kommt noch der Pauperismus. Arbeitsunfähige, Invaliden, Verstümmelte usw., welche durch die Auswirkungen der Teilung der harten Arbeit arbeitsunfähig wurden, gehen in der Industrie unter. Die industrielle Reservearmee wächst mit der absoluten Größe des Proletariats und des gesellschaftlichen Reichtums. Je größer die industrielle Reservearmee, desto massenhafter die relative Überbevölkerung. Zu ihr gehört ebenfalls eine "Lazarusschicht", deren Angehörige nicht nur zyklisch, sondern dauerhaft keine Arbeit mehr finden. Sollten die Arbeiter entdecken, dass der Intensitätsgrad ihrer Konkurrenz vom Druck der relativen Überbevölkerung abhängt, sie also planmäßig zusammenwirken als Beschäftigte und Unbeschäftigte, wird dies für das Kapital ein Problem. <br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Klassenkampf, Überbevölkerung, Industrielle Reservearmee, Flüssige Überbevölkerung, Latente Überbevölkerung, Stockende Überbevölkerung, Landflucht, Armut, Pauperismus, Lumpenproletariat, Gesellschaftlicher Reichtum <br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Marx geht im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] nicht nur auf die industrielle Reservearmee ein, sondern leitet drei Typen der relativen Überbevölkerung von ihr ab. Er konnte bei seinen ökonomischen Studien im 19. Jahrhundert erkennen, dass es Arbeiter gab, die vollbeschäftigt waren, aber eben so diejenigen die nur unregelmäßig arbeiteten und zwischen der aktiven Arbeiterbevölkerung und der industriellen Reservearmee schwankten. Ebenfalls sah er dass es Menschen gab, die komplett unfähig waren, aufgrund von Verletzungen oder Erkrankungen, zu arbeiten und das diese besonders unter Armut litten. <br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
In dem selben Maß, wie die Arbeiter mehr arbeiten und die Produktivkraft ihrer Arbeit wächst, desto prekärer wird ihre Funktion als Verwertungsmittel des Kapitals. Wenn sie entdecken, dass der Intensitätsgrad der Konkurrenz unter ihnen vom Druck der relativen Überbevölkerung abhängt, sobald sie durch Trade Unions eine planmäßige Zusammenwirkung zwischen den Beschäftigten und Unbeschäftigten zu organisieren suchen, zetert das Kapital. Jeder Zusammenhalt zwischen den Beschäftigten und Unbeschäftigten stört das „reine“ Spiel jenes Gesetzes. <br />
<br />
{{Zitat |Die Bewegung des Gesetzes der Nachfrage und Zufuhr von Arbeit auf dieser Basis vollendet die Despotie des Kapitals. Sobald daher die Arbeiter hinter das Geheimnis kommen, wie es angeht, daß im selben Maß, wie sie mehr arbeiten, mehr fremden Reichtum produzieren und die Produktivkraft ihrer Arbeit wächst, sogar ihre Funktion als Verwertungsmittel des Kapitals immer prekärer für sie wird; sobald sie entdecken, daß der Intensitätsgrad der Konkurrenz unter ihnen selbst ganz und gar von dem Druck der relativen Übervölkerung abhängt; sobald sie daher durch Trade's Unions usw. eine planmäßige Zusammenwirkung zwischen den Beschäftigten und Unbeschäftigten zu organisieren suchen, um die ruinierenden Folgen jenes Naturgesetzes der kapitalistischen Produktion auf ihre Klasse zu brechen oder zu schwächen, zetert das Kapital und sein Sykophant, der politische Ökonom, über Verletzung des „ewigen“ und sozusagen „heiligen" Gesetzes der Nachfrage und Zufuhr. Jeder Zusammenhalt zwischen den Beschäftigten und Unbeschäftigten stört nämlich das „reine" Spiel jenes Gesetzes. Sobald andrerseits, in den Kolonien z.B., widrige Umstände die Schöpfung der industriellen Reservearmee und mit ihr die absolute Abhängigkeit der Arbeiterklasse von der Kapitalistenklasse verhindern, rebelliert das Kapital, samt seinem gemeinplätzlichen Sancho Pansa, gegen das „heilige" Gesetz der Nachfrage und Zufuhr und sucht ihm durch Zwangsmittel unter die Arme zu greifen.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.669f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Der Arbeiter gehört der relativen Überbevölkerung an, wenn er halb oder gar nicht beschäftigt ist.<br/>Der Phasenwechsel des industriellen Zyklus prägt ihr ihre Formen auf.<br />
Sie besitzt aber immer drei Formen: flüssige, latente, stockende.<br />
<br />
{{Zitat |Die relative Übervölkerung existiert in allen möglichen Schattierungen. Jeder Arbeiter gehört ihr an während der Zeit, wo er halb oder gar nicht beschäftigt ist. Abgesehn von den großen, periodisch wiederkehrenden Formen, welche der Phasenwechsel des industriellen Zyklus ihr aufprägt, so daß sie bald akut in den Krisen erscheint, bald chronisch in den Zeiten flauen Geschäfts, besitzt sie fortwährend drei Formen: flüssige, latente und stockende.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.670)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Arbeiter werden repelliert und attrahiert, hin- und hergechleudert, und dies bei beständigem Wechsel in Geschlecht, Alter und Geschick. Im großen und ganzen nimmt dadurch die Zahl der Beschäftigten zu, wenn auch stets im abnehmenden Verhältnis zur höheren Stufe der Produktionsleiter. Relative Überbevölkerung existiert hier in fließender Form.<br />
<br />
{{Zitat |Die Relative Überbevölkerung existiert in allen möglichen Schattierungen [...] besitzt sie fortwährend drei Formen: flüssige, latente und stockende.<br/>In den Zentren der modernen Industrie Fabriken, Manufakturen, Hütten und Bergwerken usw. - werden Arbeiter bald repeliiert, bald in größerem Umfang wieder attrahiert, so daß im großen und ganzen die Zahl der Beschäftigten zunimmt, wenn auch in stets abnehmendem Verhältnis zur Produktionsleiter. Die Übervölkerung existiert hier in fließender Form.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.670)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der beständige Fluss der Landarbeiter in die Städte setzt eine latente Überbevölkerung voraus. <br />
<br />
{{Zitat |Aber ihr beständiger Fluß nach den Städten setzt auf dem Lande selbst eine fortwährend latente Übervölkerung voraus, deren Umfang nur sichtbar wird, sobald sich die Abzugskanäle ausnahmsweise weit öffnen. Der Landarbeiter wird daher auf das Minimum des Salairs herabgedrückt und steht mit einem Fuß stets im Sumpf des Pauperismus.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.672)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Die stockende Überbevölkerung ist von unregelmäßiger Beschäftigung geprägt und stellt einen unerschöpflichen Behälter disponibler Arbeitskraft dar. Maximum der Arbeitszeit und Minimum des Lohns charakterisieren sie.<br />
<br />
{{Zitat |Die dritte Kategorie der relativen Übervölkerung, die stockende, bildet einen Teil der aktiven Arbeiterarmee, aber mit durchaus unregelmäßiger Beschäftigung. Sie bietet so dem Kapital einen unerschöpflichen Behälter disponibler Arbeitskraft. Ihre Lebenslage sinkt unter das durchschnittliche Normalniveau der arbeitenden Klasse, und grade dies macht sie zur breiten Grundlage eigner Exploitationszweige des Kapitals. Maximum der Arbeits-zeit und Minimum des Salairs charakterisieren sie.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.672)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Der Pauperismus ist der tiefste Niederschlag der relativen Überbevölkerung. Abgesehen vom Lumpenproletariat besteht die Gesellschaftsschicht aus drei Kategorien: Erstens den Arbeitsfähigen. Deren Zahl steigt mit jeder Krise und nimmt bei jedem Aufschwung ab. Zweitens die Waisen- und Pauperkinder. Sie sind Kandidaten der industriellen Reservearmee und werden in Zeiten des großen Aufschwungs in die aktive Arbeiterarmee rekrutiert. Drittens: Verkommene, Verlumpte, Arbeitsunfähige, Verstümmelte, usw., die an ihrer durch die Teilung der Arbeit verursachten Unbeweglichkeit und den Gefahren der harten Arbeit in der Industrie untergehen. Der Pauperismus bildet das Invalidenhaus der aktiven Arbeiterarmee und ebenso das tote Gewicht der industriellen Reservearmee.<br />
<br />
{{Zitat |Der tiefste Niederschlag der relativen Übervölkerung endlich behaust die Sphäre des Pauperismus. Abgesehn von Vagabunden, Verbrechern, Prostituierten, kurz dem eigentlichen Lumpenproletariat, besteht diese Gesellschaftsschichte aus drei Kategorien. Erstens Arbeitsfähige. Man braucht die Statistik des englischen Pauperismus nur oberflächlich anzusehn, und man findet, daß seine Masse mit jeder Krise schwillt und mit jeder Wiederbelebung des Geschäfts abnimmt. Zweitens: Waisen- und Pauperkinder. Sie sind Kandidaten der industriellen Reservearmee und werden in Zeiten großen Aufschwungs, wie 1860 z.B., rasch und massenhaft in die aktive Arbeiterarmee einrolliert. Drittens: Verkommene, Verlumpte, Arbeitsunfähige. Es sind namentlich Individuen, die an ihrer durch die Teilung der Arbeit verursachten Unbeweglichkeit untergehn, solche, die über das Normalalter eines Arbeiters hinausleben, endlich die Opfer der Industrie, deren Zahl mit gefährlicher Maschinerie, Bergwerksbau, chemischen Fabriken etc. wächst, Verstümmelte, Verkrankte, Witwen etc. Der Pauperismus bildet das Invalidenhaus der aktiven Arbeiterarmee und das tote Gewicht der industriellen Reservearmee. Seine Produktion ist eingeschlossen in der Produktion der relativen Übervölkerung, seine Notwendigkeit in ihrer Notwendigkeit, mit ihr bildet er eine Existenzbedingung der kapitalistischen Produktion und Entwicklung des Reichtums. Er gehört zu den faux frais der kapitalistischen Produktion, die das Kapital jedoch großenteils von sich selbst ab auf die Schultern der Arbeiterklasse und der kleinen Mittelklasse zu wälzen weiß.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.673)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Umso größer der gesellschaftliche Reichtum und das funktionierende Kapital ist, desto größer ist die absolute Größe des Proletariats und die Produktivkraft der Arbeit. Daraus resultiert auch eine größere industrielle Reservearmee. Je größer die industrielle Reservearmee im Verhältnis zur aktiven Arbeiterarmee, desto massenhafter die relative Überbevölkerung, deren Elend im umgekehrten Verhältnis zu ihrer Arbeitsqual steht. Je größer die Lazarusschicht der Arbeiterklasse und die industrielle Reservearmee, desto größer der offizielle Pauperismus. Das ist das absolute, allgemeine Gesetz der kapitalistischen Akkumulation. <br />
<br />
{{Zitat |Je größer der gesellschaftliche Reichtum, das funktionierende Kapital, Umfang und Energie seines Wachstums, also auch die absolute Größe des Proletariats und die Produktivkraft seiner Arbeit, desto größer die industrielle Reservearmee. Die disponible Arbeitskraft wird durch dieselben Ursachen entwickelt wie die Expansivkraft des Kapitals. Die verhältnismäßige Größe der industriellen Reservearmee wächst also mit den Potenzen des Reichtums. Je größer aber diese Reservearmee im Verhältnis zur aktiven Arbeiterarmee, desto massenhafter die konsolidierte Übervölkerung, deren Elend im umgekehrten Verhältnis zu ihrer Arbeitsqual steht. Je größer endlich die Lazarusschichte der Arbeiterklasse und die industrielle Reservearmee, desto größer der offizielle Pauperismus. Dies ist das absolute, allgemeine Gesetz der kapitalistischen Akkumulation. Es wird gleich allen andren Gesetzen in seiner Verwirklichung durch mannigfache Umstände modifiziert, deren Analyse nicht hierher gehört.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.673f.)}}<br />
<br />
==Armut und Reichtum==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Armut und Reichtum sind Größen, welche den Besitz von Produktionsmitteln, Kapital und Geld beschreiben. Armut und Reichtum gab es bereits in vorkapitalistischen Gesellschaften. Die Besonderheit im Kapitalismus ist, dass die Arbeiterklasse über nichts anderes, als ihre Arbeitskraft vefügt, und somit gezwungen ist, diese an den Kapitalisten zu verkaufen, welcher sowohl die Produktionsmittel besitzt, als auch den von den Arbeitern produzierten Mehrwert und dessen Produkte aneignet. Die Armut und der Reichtum bilden im Kapitalismus einen antagonistischen Charakter, welche sich gegenseitig bedingen. Die Produktion von Reichtum bedingt automatisch die Produktion von Armut und Elend. Je größer die Produktivkraft der Arbeit, desto größer der Druck der Arbeiter auf ihre Beschäftigungsmittel, desto prekärer also ihre Existenzberechtigung. Die Akkumulation von Reichtum auf Seiten der Bourgeoisie bedingt zugleich die Akkumulation von Elend und Armut auf Seiten des Proletariats. Die kapitalistische Produktion hat somit einen zweideutigen Charakter, welche sowohl Reichtum, als auch Armut produziert. Es wird also logischerweise keinen Kapitalismus ohne Armut geben können. <br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Armut, Reichtum, Lohndruck, Arbeitsdruck, Entfremdung, Verrohung<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Armut und Reichtum wurde bereits in der politischen Ökonomie des 19. Jahrhunderts beschrieben. Allerdings wurde dieser antagonistische Charakter der kapitalistischen Akkumulation mit Erscheinungen aus vorkapitalistischen Produktionsweisen zusammengeworfen. Marx weist im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] nach, dass sich Armut und Reichtum gegenseitig bedingen. Die Akkumulation von Kapital auf Seiten der Bourgeoisie, bedingt automatisch die Akkumulation von Elend, Arbeitsqual, Sklaverei und moralischer Degradation auf Seite der Arbeiterklasse. Marx beschreibt als absolut allgemeines Gesetz der kapitalistischen Akkumulation das enge Verhältnis von Armut und Reichtum. Umso größer der gesellschaftliche Reichtum, und die Größe des Kapitals, umso größer auch die industrielle Reservearmee. Das Verhältnis der industriellen Reservearmee und der aktiven Arbeiterarmee bestimmt die Größe der konsolidierten Überbevölkerung, dessen Elend im umgekehrten Verhältnis zu ihrer Arbeitsqual steht.<br />
<br />
Bereits der venezianische Mönch Ortes aus Venezien, ein wichtiger ökonomischer Schriftsteller des 18.Jahrhunderts, sagte: "Großer Reichtum von einigen ist stets begleitet von absoluter Beraubung des Notwendigen bei viel meht andren. Der Reichtum einer Nation entspricht ihrer Bevölkerung, und ihr Elend entspricht ihrem Reichtum. Die Arbeitsamkeit in einigen erzwingt den Müßiggang in andren. Die Armen und Müßigen sind eine notwendige Frucht der Reichen und Tätigen".<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Der Fortschritt der Produktivität drückt sich auf kapitalistischer Grundlage so aus, dass je höher die Produktivkraft der Arbeit, desto größer der Druck der Arbeiter auf ihre Beschäftigungsmittel, desto prekärer ihre Existenzbedingung. Die bedeutet Verkauf der eigenen Kraft zur Vermehrung fremden Eigentums. Das Wachstum der Menge an Produktionsmitteln und der Produktivität der Arbeit geht mit einem Wachstum der Arbeiterklasse und somit auch der industriellen Reservearmee einher. Dies bedingt automatisch den Wachstum von Armut und Elend.<br />
<br />
{{Zitat |Das Gesetz, wonach eine immer wachsende Masse von Produktionsmitteln, dank dem Fortschritt in der Produktivität der gesellschaftlichen Arbeit, mit einer progressiv abnehmenden Ausgabe von Menschenkraft in Bewegung gesetzt werden kann - dies Gesetz drückt sich auf kapitalistischer Grundlage, wo nicht der Arbeiter die Arbeitsmittel, sondern die Arbeitsmittel den Arbeiter anwenden, darin aus, daß, je höher die Produktivkraft der Arbeit, desto größer der Druck der Arbeiter auf ihre Beschäftigungsmittel, desto prekärer also ihre Existenzbedingung: Verkauf der eignen Kraft zur Vermehrung des fremden Reichtums oder zur Selbstverwertung des Kapitals. Rascheres Wachstum der Produktionsmittel und der Produktivität der Arbeit als der produktiven Bevölkerung drückt sich kapitalistisch also umgekehrt darin aus, daß die Arbeiterbevölkerung stets rascher wächst als das Verwertungsbedürfnis des Kapitals.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.674)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Die Steigerung der ges. Produktivkraft der Arbeit auf Kosten des individuellen Arbeiters. Die Mittel der Entwicklung der Produktion schlagen um in Beherrschungs- und Exploitationsmittel, verstümmeln den Arbeiter in einen Teilmenschen, entwürdigen ihn zum Anhängsel der Maschine, vernichten mit der Qual seiner Arbeit ihren Inhalt.<br/> Alle Methoden zur Produktion des Mehrwerts sind zugleich Methoden der Akkumulation. Es folgt daher, dass im Maße wie Kapital akkumuliert wird, die Lage des Arbeiters, welches immer seine Zahlung, hoch oder niedrig, sich verschlechtern muss. Das Gesetz, dass die relative Überbevölkerung stets mit Umfang und Energie der Akkumulation im Gleichgewicht hält, bindet den Arbeiter fest an das Kapital. Es bedingt eine der Akkumulation von Kapital entsprechende Akkumulation von Elend, Arbeitsqual, Sklaverei, Unwissenheit, Brutalisierung und moralischer Degradation auf der Seite der Klasse, die ihr eigenes Produkt als Kapital produziert. Die Produktion von Reichtum und Armut bedingen sich antagonistisch und schließen sich im Kapitalismus niemals aus.<br />
<br />
{{Zitat |Wir sahen im vierten Abschnitt bei Analyse der Produktion des relativen Mehrwerts: innerhalb des kapitalistischen Systems vollziehn sich alle Methoden zur Steigerung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit auf Kosten des individuellen Arbeiters; alle Mittel zur Entwicklung der Produktion schlagen um in Beherrschungs- und Exploitationsmittel des Produzenten, verstümmeln den Arbeiter in einen Teilmenschen, entwürdigen ihn zum Anhängsel der Maschine, vernichten mit der Qual seiner Arbeit ihren Inhalt, entfremden ihm die geistigen Potenzen des Arbeitsprozesses im selben Maße, worin letzterem die Wissenschaft als selbständige Potenz einverleibt wird; sie verunstalten die Bedingungen, innerhalb deren er arbeitet, unterwerfen ihn während des Arbeitsprozesses der kleinlichst gehässigen Despotie, verwandeln seine Lebenszeit in Arbeitszeit, schleudern sein Weib und Kind unter das Juggernaut-Rad des Kapitals. Aber alle Methoden zur Produktion des Mehrwerts sind zugleich Methoden der Akkumulation, und jede Ausdehnung der Akkumulation wird umgekehrt Mittel zur Entwicklung jener Methoden. Es folgt daher, daß im Maße wie Kapital akkumuliert, die Lage des Arbeiters, welches immer seine Zahlung, hoch oder niedrig, sich verschlechtern muß. Das Gesetz endlich, welches die relative Übervölkerung oder industrielle Reservearmee stets mit Umfang und Energie der Akkumulation in Gleichgewicht hält, schmiedet den Arbeiter fester an das Kapital als den Prometheus die Keile des Hephästos an den Felsen. Es bedingt eine der Akkumulation von Kapital entsprechende Akkumulation von Elend. Die Akkumulation von Reichtum auf dem einen Pol ist also zugleich Akkumulation von Elend, Arbeitsqual, Sklaverei, Unwissenheit, Brutalisierung und moralischer Degradation auf dem Gegenpol, d.h. auf Seite der Klasse, die ihr eignes Produkt als Kapital produziert.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.674f.)}}<br />
<br />
==Kapitalmonopol als Fessel der Produktionsweise==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Zentralisation des Kapitals ist der kapitalistischen Produktion eigen. Sie führt zur Zentralisierung der Produktionmittel in wenigen Händen (Kapitalmonopolen), während das Elend und der Grad der Ausbeutung steigt. Das Kapitalmonopol wird zur Fessel der Produktionsweise. Für eine weitere Entwicklung der Produktuktionsweise muss die kapitalistische Hülle gesprengt werden.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Verhältnis zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen, Zentralisation, Stagnation, Monopole, kapitalistische Produktion, Elend, Ausbeutung, Expropriation, kooperative Form des Arbeitsprozesses, kapitalistische Hülle, Privateigentums<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Vor allem in seinem Hauptwerk – dem Kapital – hat Marx die Zentralisation des Kapitals und das daraus folgende Kapitalmonopol offengelegt und als eine Tendenz der kapitalistischen Produktion theoretisiert. Diese führt zur stetigen Abnahme der Anzahl von Kapitalmagnaten und zur Monopolbildung. Diese Annahme stößt allerdings von bürgerlicher Seite auf Kritik. So seien die meisten Fälle nur Folge einer falschen „Ordnungspolitik“ des Staates.<br />
Doch zeigt diese Kritik nur das Gegenteil auf – dass die kapitalistische Produktion ohne entgegenwirkende Maßnahmen zu der von Marx beschriebenen Zentralisation des Kapitals drängt.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die kapitalistische Produktion führt zu einer Zentralisierung der Kapitale in der Hand einer Minderheit – zur Monopolisierung. Mit dieser Zentralisation entwickelt sich auch die kooperative Form des Arbeitsprozesses. Mit einer fortschreitenden Zentralisation und abnehmenden Zahl der Kapitalmagnaten wächst die Masse des Elends, der Ausbeutung, aber auch der Empörung der Arbeiterklasse. Das Kapitalmonopol wird zur Fessel der Produktionsweise, da die Zentralisation der Vergesellschaftung der Arbeit einen Punkt erreicht, an dem sie unverträglich wird mit ihrer kapitalistischen Hülle. Sie wird gesprengt und die Macht des Kapitals, der Bourgeoisie, gestürzt.<br />
<br />
{{Zitat |Diese Expropriation vollzieht sich durch das Spiel der immanenten Gesetze der kapitalistischen Produktion selbst, durch die Zentralisation der Kapitale. Je ein Kapitalist schlägt viele tot. Hand in Hand mit dieser Zentralisation oder der Expropriation vieler Kapitalisten durch wenige entwickelt sich die kooperative Form des Arbeitsprozesses auf stets wachsender Stufenleiter, die bewußte technische Anwendung der Wissenschaft, die planmäßige Ausbeutung der Erde, die Verwandlung der Arbeitsmittel in nur gemeinsam verwendbare Arbeitsmittel, die Ökonomisierung aller Produktionsmittel durch ihren Gebrauch als Produktionsmittel kombinierter, gesellschaftlicher Arbeit, die Verschlingung aller Völker in das Netz des Weltmarkts und damit der internationale Charakter des kapitalistischen Regimes. Mit der beständig abnehmenden Zahl der Kapitalmagnaten, welche alle Vorteile dieses Umwandlungsprozesses usurpieren und monopolisieren, wächst die Masse des Elends, des Drucks, der Knechtschaft, der Entartung, der Ausbeutung, aber auch die Empörung der stets anschwellenden und durch den Mechanismus des kapitalistischen Produktionsprozesses selbst geschulten, vereinten und organisierten Arbeiterklasse. Das Kapitalmonopol wird zur Fessel der Produktionsweise, die mit und unter ihm aufgeblüht ist. Die Zentralisation der Produktionsmittel und die Vergesellschaftung der Arbeit erreichen einen Punkt, wo sie unverträglich werden mit ihrer kapitalistischen Hülle. Sie wird gesprengt. Die Stunde des kapitalistischen Privateigentums schlägt. Die Expropriateurs werden expropriiert.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.790f.])}}<br />
<br />
==Der Tendenzielle Fall der Profitrate==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Das „Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate“ beschreibt den Fall der allgemeinen Profitrate als einen tendenziellen Verlauf. Da nur die menschliche Arbeit Werte schafft, ergibt sich der Profit ausschließlich aus dem unbezahlten Teil der Arbeit, den sich der Kapitalist aneignet. Diese unbezahlte Arbeit drückt sich im Mehrwert aus. Da der Anteil lebendiger Arbeit, das variable Kapital, durch die fortlaufende technische Entwicklung abnimmt, nimmt auch die Masse des Mehrwerts ab. Diese Abnahme der lebendigen Arbeit ergibt einen Fall der Profitrate. Dieser wird durch mehrere Ursachen aufgehalten und gehemmt, weswegen der Fall der Profitrate nur als Tendenz aufritt und nicht absolut.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Tendenzieller Fall der Profitrate, Gesamtkapital, Variables Kapital, Konstantes Kapital, Kapital, Produktivkraft, Akkumulation, Zusammensetzung, Profitrate<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Theorie des Tendenziellen Falls der Profitrate wird von Karl Marx im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] dargestellt.<br />
<br />
Der Fall der allgemeinen Profitrate war in der klassischen Nationalökonomie bereits eine der gängigen Vorstellungen. Allerdings war es noch unklar wie ein Sinken der Profitrate zu Stande kommt. Vorläufige Erklärungen und Theorien waren zu oberflächlich. Marx forschte nach den Ursachen und fand diese in der stetigen Veränderung der Zusammensetzung des Kapitals und der Theorie des Mehrwerts. Das Marx'sche „Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate“ ist heute umstritten.<br />
<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Der tendenzielle Fall der Profitrate steht im Zusammenhang mit der organischen Zusammensetzung des Gesamtkapitals. Nimmt der Anteil der lebendigen Arbeit im Verhältnis zum konstantem Kapital ab, sinkt die Profitrate. Durch die kapitalistische Produktionsweise nimmt das variable Kapital proportional zum Gesamtkapital ab. Aufgrund dieser proportionalen Abnahme des variablen Bestandteils sinkt die Nachfrage nach lebendiger Arbeit progressiv mit dem Wachstum des Gesamtkapitals und erzeugt somit auch eine überschüssige, daher überflüssige oder Zuschuß-Arbeiterbevölkerung die nicht am Produktionsprozess beteiligt ist. Die Zunahme des konstanten Kapitals im Verhältnis zum variablen Kapitalteil ist das Resultat der fortschreitenden Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit. Das heißt, dass die Entwicklung der Produktivkräfte den tendenziellen Fall der Profitrate zur Folge hat. Da durch die Entwicklung der Produktion die angewandte lebendige Arbeit im Verhältnis zum konstanten Kapital abnimmt, so muss auch die unbezahlte Mehrarbeit abnehmen die sich in Form des Mehrwerts äußerst. Dieser Rückgang des Mehrwerts bewirkt wiederum einen stetigen Fall der Profitrate.<br />
<br />
{{Zitat |Die Akkumulation des Kapitals, welche ursprünglich nur als seine quantitative Erweiterung erschien, vollzieht sich, wie wir gesehn, in fortwährendem qualitativen Wechsel seiner Zusammensetzung, in beständiger Zunahme seines konstanten auf Kosten seines variablen Bestandteil. Die spezifisch kapitalistische Produktionsweise, die ihr entsprechende Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit, der dadurch verursachte Wechsel in der organischen Zusammensetzung des Kapitals halten nicht nur Schritt mit dem Fortschritt der Akkumulation oder dem Wachstum des gesellschaftlichen Reichtums. Sie schreiten ungleich schneller, weil die einfache Akkumulation oder die absolute Ausdehnung des Gesamtkapitals von der Zentralisation seiner individuellen Elemente, und die technische Umwälzung des Zusatzkapitals von technischer Umwälzung des Originalkapitals begleitet sind. Mit dem Fortgang der Akkumulation wandelt sich also das Verhältnis von konstantem zu variablem Kapitalteil, wenn ursprünglich 1: 1, in 2: 1,3: 1,4: 1,5: 1, 7: 1 usw. … Da die Nachfrage nach Arbeit nicht durch den Umfang des Gesamtkapitals, sondern durch den seines variablen Bestandteils bestimmt ist, fällt sie also progressiv mit dem Wachstum des Gesamtkapitals, statt, wie vorhin unterstellt, verhältnismäßig mit ihm zu wachsen. Sie fällt relativ zur Größe des Gesamtkapitals und in beschleunigter Progression mit dem Wachstum dieser Größe. Mit dem Wachstum des Gesamtkapitals wächst zwar auch sein variabler Bestandteil, oder die ihm einverleibte Arbeitskraft, aber in beständig abnehmender Proportion. …Diese mit dem Wachstum des Gesamtkapitals beschleunigte und rascher als sein eignes Wachstum beschleunigte relative Abnahme seines variablen Bestandteils scheint auf der andren Seite umgekehrt stets rascheres absolutes Wachstum der Arbeiterbevölkerung als das des variablen Kapitals oder ihrer Beschäftigungsmittel. Die kapitalistische Akkumulation produziert, und zwar im Verhältnis zu ihrer Energie und ihrem Umfang, beständig eine relative, d.h. für die mittleren Verwertungsbedürfnisse des Kapitals überschüssige, daher überflüssige oder Zuschuß-Arbeiterbevölkerung.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.657f.])}}<br />
<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Die Zunahme des konstanten Kapitals im Verhältnis zum variablen Kapitalteil ist das Resultat der fortschreitenden Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit. Das heißt, dass die Entwicklung der Produktivkräfte den tendenziellen Fall der Profitrate zur Folge hat. Da durch die Entwicklung der Produktion die angewandte lebendige Arbeit im Verhältnis zum konstanten Kapital abnimmt, so muss auch die unbezahlte Mehrarbeit abnehmen die sich in Form des Mehrwerts äußerst. Dieser Rückgang des Mehrwerts bewirkt wiederum einen stetigen Fall der Profitrate.<br />
<br />
{{Zitat |„Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate 13. Kapital, Das Gesetz als solches. Bei gegebnem Arbeitslohn und Arbeitstag stellt ein variables Kapital, z.B. von 100, eine bestimmte Anzahl in Bewegung gesetzter Arbeiter vor; es ist der Index dieser Anzahl. Z.B. 100 Pfd.St. sei der Arbeitslohn für 100 Arbeiter, sage für eine Woche. Verrichten diese 100 Arbeiter ebensoviel notwendige Arbeit wie Mehrarbeit, arbeiten sie also täglich ebensoviel Zeit für sich selbst, d.h. für die Reproduktion ihres Arbeitslohns, wie für den Kapitalisten, d.h. für die Produktion von Mehrwert, so wäre ihr Gesamtwertprodukt = 200 Pfd.St. und der von ihnen erzeugte Mehrwert betrüge 100 Pfd.St. Die Rate des Mehrwerts m/v wäre =100% . Diese Rate des Mehrwerts würde sich jedoch, wie wir gesehn, in sehr verschiednen Profitraten ausdrücken, je nach dem verschiednen Umfang des konstanten Kapitals c und damit des Gesamtkapitals C, da die Profitrate = m/C . <br />
Ist die Mehrwertsrate 100%,: <br />
Wenn c = 50, v = 100, so ist p' = 100/150 = 66,66 %. <br />
Wenn c = 100, v = 100, so ist p' =100/200 = 50%. <br />
Wenn c = 200, v = 100, so ist p' = 100/300 = 33,33%. <br />
Wenn c = 300, v = 100, so ist p' = 100/400 = 25%. <br />
Wenn c = 400, v = 100, so ist p' = 100/500 = 20%. <br />
Dieselbe Rate des Mehrwerts, bei unverändertem Exploitationsgrad der Arbeit, würde sich so in einer fallenden Profitrate ausdrücken, weil mit seinem materiellen Umfang, wenn auch nicht im selben Verhältnis, auch der Wertumfang des konstanten und damit des Gesamtkapitals wächst<br />
Nimmt man nun ferner an, daß diese graduelle Veränderung in der Zusammensetzung des Kapitals sich nicht bloß in vereinzelten Produktionssphären zuträgt, sondern mehr oder weniger in allen, oder doch in den entscheidenden Produktionssphären, daß sie also Veränderungen in der organischen Durchschnittszusammensetzung des einer bestimmten Gesellschaft angehörigen Gesamtkapitals einschließt, so muß dies allmähliche Anwachsen des konstanten Kapitals, im Verhältnis zum variablen, notwendig zum Resultat haben einen graduellen Fall in der allgemeinen Profitrate bei gleichbleibender Rate des Mehrwerts oder gleichbleibendem Exploitationsgrad der Arbeit durch das Kapital. Nun hat sich aber gezeigt, als ein Gesetz der kapitalistischen Produktionsweise, daß mit ihrer Entwicklung eine relative Abnahme des variablen Kapitals im Verhältnis zum konstanten Kapital und damit im Verhältnis zu dem in Bewegung gesetzten Gesamtkapital stattfindet. Es heißt dies nur, daß dieselbe Arbeiterzahl, dieselbe Menge Arbeitskraft, disponibel gemacht durch ein variables Kapital von gegebnem Wertumfang, infolge der innerhalb der kapitalistischen Produktion sich entwickelnden eigentümlichen Produktionsmethoden, eine stets wachsende Masse Arbeitsmittel, Maschinerie und fixes Kapital aller Art, Roh- und Hilfsstoffe in derselben Zeit in Bewegung setzt, verarbeitet, produktiv konsumiert - daher auch ein konstantes Kapital von stets wachsendem Wertumfang. Diese fortschreitende relative Abnahme des variablen Kapitals im Verhältnis zum konstanten und daher zum Gesamtkapital ist identisch mit der fortschreitend höhern organischen Zusammensetzung des gesellschaftlichen Kapitals in seinem Durchschnitt. Es ist ebenso nur ein andrer Ausdruck für die fortschreitende Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit, die sich grade darin zeigt, daß vermittelst der wachsenden Anwendung von Maschinerie und fixem Kapital überhaupt mehr Roh- und Hilfsstoffe von derselben Anzahl Arbeiter in derselben Zeit, d.h. mit weniger Arbeit in Produkte verwandelt werden. Es entspricht diesem wachsenden Wertumfang des konstanten Kapitals - obgleich er nur entfernt das Wachstum in der wirklichen Masse der Gebrauchswerte darstellt, aus denen das konstante Kapital stofflich besteht - eine wachsende Verwohlfeilerung des Produkts. Jedes individuelle Produkt, für sich betrachtet, enthält eine geringre Summe von Arbeit, als auf niedrigem Stufen der Produktion, wo das in Arbeit ausgelegte Kapital in ungleich größrem Verhältnis steht zu dem in Produktionsmitteln ausgelegten. Die im Eingang hypothetisch aufgestellte Reihe drückt also die wirkliche Tendenz der kapitalistischen Produktion aus. Diese erzeugt mit der fortschreitenden relativen Abnahme des variablen Kapitals gegen das konstante eine steigend höhere organische Zusammensetzung des Gesamtkapitals, deren unmittelbare Folge ist, daß die Rate des Mehrwerts bei gleichbleibendem und selbst bei steigendem Exploitationsgrad der Arbeit sich in einer beständig sinkenden allgemeinen Profitrate ausdrückt. (Es wird sich weiter zeigen1 *, warum dies Sinken nicht in dieser absoluten Form, sondern mehr in Tendenz zum progressiven Fall hervortritt.) Die progressive Tendenz der allgemeinen Profitrate zum Sinken ist also nur ein der kapitalistischen Produktionsweise eigentümlicher Ausdruck für die fortschreitende Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit. Es ist damit nicht gesagt, daß die Profitrate nicht auch aus andren Gründen vorübergehend fallen kann, aber es ist damit aus dem Wesen der kapitalistischen Produktionsweise als eine selbstverständliche Notwendigkeit bewiesen, daß in ihrem Fortschritt die allgemeine Durchschnittsrate des Mehrwerts sich in einer fallenden allgemeinen Profitrate ausdrücken muß. Da die Masse der angewandten lebendigen Arbeit stets abnimmt im Verhältnis zu der Masse der von ihr in Bewegung gesetzten vergegenständlichten Arbeit, der produktiv konsumierten Produktionsmittel, so muß auch der Teil dieser lebendigen Arbeit, der unbezahlt ist und sich in Mehrwert vergegenständlicht, in einem stets abnehmenden Verhältnis stehn zum Wertumfang des angewandten Gesamtkapitals. Dies Verhältnis der Mehrwertsmasse zum Wert des angewandten Gesamtkapitals bildet aber die Profitrate, die daher beständig fallen muß.“| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.221ff.])}}<br />
<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Erzeugung relativen Mehrwerts drängt dazu möglichst viel Arbeit in Mehrwert zu verwandeln und gleichzeitig die Masse der lebendigen Arbeit im Verhältnis zum vorgeschoßenen Gesamtkapital zu verringern. Diese Veränderung der organischen Zusammensetzung des Gesamtkapitals verdeutlicht sich somit in einem Fall der Profitrate.<br />
<br />
{{Zitat |Sonst ist es bereits nachgewiesen - und bildet das eigentliche Geheimnis des tendenziellen Falls der Profitrate - , daß die Prozeduren zur Erzeugung von relativem Mehrwert im ganzen und großen darauf hinauslaufen: einerseits von einer gegebnen Masse Arbeit möglichst viel in Mehrwert zu verwandeln, andrerseits im Verhältnis zum vorgeschoßnen Kapital möglichst wenig Arbeit überhaupt anzuwenden; so daß dieselben Gründe, welche erlauben, den Exploitationsgrad der Arbeit zu erhöhen, es verbieten, mit demselben Gesamtkapital ebensoviel Arbeit wie früher zu exploitieren. Dies sind die widerstreitenden Tendenzen, die, während sie auf eine Steigerung in der Rate des Mehrwerts, gleichzeitig auf einen Fall der von einem gegebnen Kapital erzeugten Masse des Mehrwerts und daher der Rate des Profits hinwirken.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.243])}}<br />
<br />
==Sozialistische Revolution==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Revolution, Enteignung<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die Expropriation der Expropriateure wird durch die Volksmassen stattfinden. <br />
<br />
{{Zitat |Die Verwandlung des auf eigner Arbeit der Individuen beruhenden, zersplitterten Privateigentums in kapitalistisches ist natürlich ein Prozeß, ungleich mehr langwierig, hart und schwierig als die Verwandlung des tatsächlich bereits auf gesellschaftlichem Produktionsbetrieb beruhenden kapitalistischen Eigentums in gesellschaftliches. Dort handelte es sich um die Expropriation der Volksmasse durch wenige Usurpatoren, hier handelt es sich um die Expropriation weniger Usurpatoren durch die Volksmasse.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.791)}}<br />
<br />
==Produktionsmittel und Konsumtionsmittel==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Einfache Reproduktion, Produktionsmittel, Konsumtionsmittel<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Das Gesamtprodukt der Gesellschaft zerfällt in zwei Abteilungen. I. Produktionsmittel, II. Konsumtionsmittel.<br/><br />
<br />
{{Zitat |Die zwei Abteilungen der gesellschaftlichen Produktion<br/>Das Gesamtprodukt, also auch die Gesamtproduktion, der Gesellschaft zerfällt in zwei große Abteilungen:<br/>I. Produktionsmittel, Waren, welche eine Form besitzen, worin sie in die produktive Konsumtion eingehn müssen oder wenigstens eingehn können.<br/>II. Konsumtionsmittel, Waren, welche eine Form besitzen, worin sie in die individuelle Konsumtion der Kapitalisten- und Arbeiterklasse eingehn. In jeder dieser Abteilungen bilden sämtliche verschiedne ihr angehörige Produktionszweige einen einzigen großen Produktionszweig, die einen den der Produktionsmittel, die andern den der Konsumtionsmittel. Das in jedem der beiden Produktionszweige angewandte gesamte Kapital bildet eine besondre große Abteilung des gesellschaftlichen Kapitals.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band24.pdf Kapital 2.Band, MEW Band 24], S.394)}}<br />
<br />
==Zyklische Bewegung des Industriekapitals==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Industriekapital, Zyklische Bewegung des Kapitals, Geldkapital, Warenkapital, Stagnation, Schatzbildung, Mehrwertschöpfung, Zirkulation, Reproduktion, Monopolisierung<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Das Industriekapital nimmt drei Formen an: Produktives Kapital, Warenkapital und Geldkapital. Sie sind keine eigenständigen Kapitalsorten, sondern Funktionsformen des Industriekapitals. Der Kreislauf des Kapitals kann stocken. Wenn G-W stockt, erstarrt das Geldkapital. Wenn er in der Produktionsphase stockt, liegen die Produktionsmittel brach, Arbeiter bleiben unbeschäftigt. Wenn der Kreislauf an der Stelle W‘-G‘ stockt, bleiben unverkäufliche Waren liegen und versperren den Zirkulationsfluss.<br />
<br />
{{Zitat |Die beiden Formen, die der Kapitalwert innerhalb seiner Zirkulationsstadien annimmt, sind die von Geldkapital und Warenkapital; seine dem Produktionsstadium angehörige Form ist die von produktivem Kapital. Das Kapital, welches im Verlauf seines Gesamtkreislaufs diese Formen annimmt und wieder abstreift und in jeder die ihr entsprechende Funktion vollzieht, ist industrielles Kapital - industriell hier in dem Sinn, daß es jeden kapitalistisch betriebnen Produktionszweig umfaßt. Geldkapital, Warenkapital, produktives Kapital bezeichnen hier also nicht selbständige Kapitalsorten, deren Funktionen den Inhalt gleichfalls selbständiger und voneinander getrennter Geschäftszweige bilden. Sie bezeichnen hier nur besondre Funktionsformen des industriellen Kapitals, das sie alle drei nacheinander annimmt.<br/> Der Kreislauf des Kapitals geht nur normal vonstatten, solange seine verschiednen Phasen ohne Stockung ineinander übergehn. Stockt das Kapital in der ersten Phase G - W , so erstarrt das Geldkapital zum Schatz; wenn in der Produktionsphase, so liegen die Produktionsmittel funktionslos auf der einen Seite, während die Arbeitskraft auf der andern unbeschäftigt bleibt; wenn in der letzten Phase W ' - G ' , so versperren unverkäuflich aufgehäufte Waren den Zirkulationsfluß.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band24.pdf Kapital 2.Band, MEW Band 24], S.56)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Industrielles Kapital ist die einzige Daseinsweise des Kapitals, die Mehrwert schöpft und den kap. Charakter der Produktion bedingt.<br/>Technik und gesellschaftliche Organisation des Arbeitsprozesses werden durch industrielles Kapital umgewälzt.<br/> Alle anderen Arten von Kapital werden ihm untergeordnet und entsprechend seines Mechanismus verändert, bewegen sich nur auf seiner Grundlage – stehen und fallen mit ihr.<br/> Waren- und Geldkapital sind auch wenn sie als eigene Geschäftszweige auftreten, nur Funktionsweisen des industriellen Kapitals.<br />
<br />
{{Zitat |Das industrielle Kapital ist die einzige Daseinsweise des Kapitals, worin nicht nur Aneignung von Mehrwert, resp. Mehrprodukt, sondern zugleich dessen Schöpfung Funktion des Kapitals ist. Es bedingt daher den kapitalistischen Charakter der Produktion; sein Dasein schließt das des Klassengegensatzes von Kapitalisten und Lohnarbeitern ein.<br/> Im Maß wie es sich der gesellschaftlichen Produktion bemächtigt, werden Technik und gesellschaftliche Organisation des Arbeitsprozesses umgewälzt, und damit der ökonomisch-geschichtliche Typus der Gesellschaft.<br/> Die andern Arten von Kapital, die vor ihm inmitten vergangner oder untergehender gesellschaftlicher Produktionszustände erschienen, werden ihm nicht nur untergeordnet und im Mechanismus ihrer Funktionen ihm entsprechend verändert, sondern bewegen sich nur noch auf seiner Grundlage, leben und sterben, stehen und fallen daher mit dieser ihrer Grundlage.<br/>Geldkapital und Warenkapital, soweit sie mit ihren Funktionen als Träger eigner Geschäftszweige neben dem industriellen Kapital auftreten, sind nur noch durch die gesellschaftliche Teilung der Arbeit verselbständigte und einseitig ausgebildete Existenzweisen der verschiednen Funktionsformen, die das industrielle Kapital innerhalb der Zirkulationssphäre bald annimmt, bald abstreift.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band24.pdf Kapital 2.Band, MEW Band 24], S.61)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Gesamtproduktionsprozess des Kapitals heißt: Reproduktionsprozess sowie Kreislauf aller Elemente.<br/> Alle Teile durchlaufen Kreisläufe. Alle drei Formen sind beständig vorhanden durch den Kreislauf des Gesamtkapitals durch diese drei Phasen: Waren-, Geld-, produktives Kapital.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist eine notwendige Bedingung für den Gesamtproduktionsprozeß, besonders für das gesellschaftliche Kapital, daß er zugleich Reproduktionsprozeß, und daher Kreislauf jedes seiner Momente ist. Verschiedne Bruchteile des Kapitals durchlaufen sukzessiv die verschiednen Stadien und Funktionsformen.<br/>Jede Funktionsform, obgleich sich stets ein andrer Teil des Kapitals darin darstellt, durchläuft dadurch gleichzeitig mit den andren ihren eignen Kreislauf. Ein Teil des Kapitals, aber ein stets wechselnder, stets reproduziert, existiert als Warenkapital, das sich in Geld verwandelt; ein andrer als Geldkapital, das sich in produktives verwandelt; ein dritter als produktives Kapital, das sich in Warenkapital verwandelt. Das beständige Vorhandensein aller drei Formen ist vermittelt durch den Kreislauf des Gesamtkapitals durch eben diese drei Phasen.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band24.pdf Kapital 2.Band, MEW Band 24], S.108)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der Prozess verläuft nur normal, solange die Wertverhältnisse konstant bleiben. Je größer die Störungen sind, desto mehr Geldkapital muss der industrielle Kapitalist besitzen, um Ausgleichungen abwarten zu können.<br/>Durch Wachstum des vorzuschießenden Kapitals werden industrielle Kapitalisten mehr und mehr in ein Monopol großer Geldkapitalisten verwandelt.<br />
<br />
{{Zitat |Ganz normal verläuft der Prozeß nur, wenn die Wertverhältnisse konstant bleiben; er verläuft faktisch, solange sich Störungen in der Wiederholung des Kreislaufs ausgleichen; je größer die Störungen, um so größres Geldkapital muß der industrielle Kapitalist besitzen, um die Ausgleichung abwarten zu können; und da im Fortgang der kapitalistischen Produktion sich die Stufenleiter jedes individuellen Produktionsprozesses, und mit ihm die Minimalgröße des vorzuschießenden Kapitals erweitert, so kommt jener Umstand zu den andren, die die Funktion des industrieller Kapitalisten mehr und mehr in ein Monopol großer Geldkapitalisten, vereinzelter der assoziierter, verwandeln.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band24.pdf Kapital 2.Band, MEW Band 24], S.111)}}<br />
<br />
==Möglichkeiten einer Wirtschaftskrise==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Krise, Zirkulation, Geld als Zirkulationsmittel, Marktanteil, Metamorphose des Kapitals, Weltmarkt, Überproduktion, Industrieproduktion<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
In der Zirkulation sind Kauf und Verkauf zeitlich und räumlich voneinander getrennt, sie sind scheinbar selbständig. Da sie aber wesentliche Momente eines Ganzen sind, muss ein Moment eintreten, in dem diese Selbständigkeit gebrochen wird und die innere Einheit wieder hergestellt wird.<br />
Dieses Auseinanderfallen des Austauschs mit Geld als Zirkulationsmittel beinhaltet die Möglichkeit für den Keim einer Krise.<br />
<br />
{{Zitat |Insofern Kauf und Verkauf, die beiden wesentlichen Momente der Zirkulation, gleichgültig gegeneinander sind, in Raum und Zeit getrennt, brauchen sie keineswegs zusammenzufallen. Ihre Gleichgültigkeit kann zur Befestigung und scheinbaren Selbständigkeit des einen gegen das andere fortgehen. (So dass einer nur kauft, ohne zu verkaufen – Warenhortung –, oder dass einer nur verkauft, ohne zu kaufen – Geldhortung, Schatzbildung.) Indem Kauf und Verkauf aber beide wesentlich Momente eines Ganzen bilden (der Warenproduzent verkauft seine Ware, um mit dem Geld andere Ware zu kaufen, die seine Bedürfnisse befriedigt), muss ein Moment eintreten, wo die selbständige Gestalt gewaltsam gebrochen und die innere Einheit äußerlich durch eine gewaltsame Explosion hergestellt wird. So liegt schon in der Bestimmung des Geldes als Mittler, in dem Auseinanderfallen des Austauschs in zwei Akte, der Keim der Krisen, wenigstens ihrer Möglichkeit, die nicht realisiert werden kann, als die, wo die Grundbedingungen der klassisch ausgebildeten, ihrem Begriff entsprechenden Zirkulation vorhanden sind.| (Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie. Fotomechanischer Nachdruck der beiden Teile des im Verlag für fremdsprachige Literatur, Moskau, 1939 und 1941 erschienen Ausgaben, EVA Frankfurt/M, S. 112f)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Ziel des Kapitalisten ist, so viel Platz auf dem Markt einzunehmen, wie es sein verfügbares Kapital zulässt, indem er sich einen größeren Anteil des Marktes aneignet oder den Markt selbst erweitert.<br />
<br />
{{Zitat |Was aber den einzelnen Kapitalisten betrifft, so misst er den Umfang seiner Produktion durch den seines verfügbaren Kapitals, soweit er es noch selbst überwachen kann. Was er im Auge hat, ist, so viel Platz wie möglich auf dem Markt einzunehmen. Wird überproduziert, so schiebt er die Schuld nicht sich, sondern seinen Konkurrenten zu. Der einzelne Kapitalist kann seine Produktion ausdehnen, ebenso wohl indem er einen größeren Anteil des gegebenen Markts sich aneignet, als auch indem er den Markt selbst erweitert.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.685)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Geld fungiert als Zirkulationsmittel als Maß der Werte und Realisierung des Werts. Diese Momente, Kauf und Verkauf, fallen auseinander: Der Wert der Ware kann sich verändern oder in einem bestimmten Zeitraum nicht verkauft werden. Alle davon abhängigen Transaktionen, eine Reihe von Zahlungen, können nicht erfüllt werden: Möglichkeit der Krise.<br />
<br />
Auseinanderfallen von Kauf und Verkauf sind aber nie Ursache der Krise. Diese ist aus den allgemeinen Bedingungen der kapitalistischen Produktion zu entwickeln.<br />
<br />
{{Zitat |1. Die allgemeine Möglichkeit der Krisen ist in dem Prozess der Metamorphose des Kapitals [Geldkapital – Warenkapital – Geldkapital] selbst gegeben und zwar doppelt, soweit das Geld als Zirkulationsmittel fungiert – Auseinanderfallen von Kauf und Verkauf. Soweit es als Zahlungsmittel fungiert, wo es in zwei verschiedenen Momenten wirkt, als Maß der Werte und als Realisierung des Werts. Diese beiden Momente fallen auseinander. Hat der Wert sich geändert in dem Intervalle, ist die Ware im Moment ihres Verkaufs nicht wert, was sie wert war im Moment, wo das Geld das Maß der Ware war, […] dann kann aus dem Erlös der Ware die Obligation nicht erfüllt werden und daher die ganze Reihe der Transaktionen nicht saldiert werden, die rückgängig von dieser einen abhängen.<br/>Kann die Ware auch nur in einem bestimmten Zeitraum nicht verkauft werden, selbst wenn ihr Wert nicht sich änderte, so kann das Geld nicht als Zahlungsmittel funktionieren, da es in bestimmter, vorausgesetzter Frist als solches funktionieren muss. Da dieselbe Geldsumme aber hier für eine Reihe von wechselseitigen Transaktionen und Obligationen funktioniert, tritt hier Zahlungsunfähigkeit nicht nur in einem, sondern vielen Punkten ein, daher Krise.<br/>Aber im letzteren Fall ist die Krise nicht nur da, weil Ware unverkäuflich ist, sondern weil sie nicht in bestimmtem Zeitraum verkäuflich ist, und die Krise entsteht und leitet ihren Charakter her nicht nur von der Unverkäuflichkeit der Ware, sondern von der Nichtrealisierung einer ganzen Reihe von Zahlungen, die auf dem Verkauf dieser bestimmten Ware in dieser bestimmten Frist beruhen. Dies ist die eigentliche Form der Geldkrisen.<br/>Tritt also Krise ein, weil Kauf und Verkauf auseinander fallen, so entwickelt sie sich als Geldkrise, sobald das Geld als Zahlungsmittel [in Kreditverhältnissen] entwickelt ist, und diese zweite Form der Krisen versteht sich dann von selbst, sobald die erste eintritt. […]<br/>2. Soweit Krisen aus Preisveränderungen und Preisrevolutionen hervorgehen, die mit den Wertveränderungen der Waren nicht zusammenfallen, können sie natürlich nicht entwickelt werden bei Betrachtung des Kapitals im Allgemeinen, wo bei den Werten der Waren identische Preise vorausgesetzt werden.<br/>3. Die allgemeine Möglichkeit der Krisen ist die formelle Metamorphose des Kapitals selbst, das zeitliche und räumliche Auseinanderfallen von Kauf und Verkauf. Aber dies ist nie die Ursache der Krise. […] Fragt man nach ihrer Ursache, so will man eben wissen, warum […] sie aus der Möglichkeit zur Wirklichkeit wird.<br/>4. Die allgemeinen Bedingungen der Krisen, soweit sie unabhängig von Preisschwankungen sind (ob diese nun mit dem Kreditwesen zusammenhängen oder nicht) – als verschieden von Wertschwankungen – müssen aus den allgemeinen Bedingungen der kapitalistischen Produktion zu entwickeln sein.| (Marx, Theorien über den Mehrwert, Band II, MEW 26.2, S. 514ff)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Ausdehnbarkeit des Fabrikwesens und Abhängigkeit vom Weltmarkt führen zu Überfüllung der Märkte, mit deren Kontraktion Lähmung eintritt. Das Leben der Industrie verwandelt sich in Reihenfolge von Perioden mittlerer Lebendigkeit, Prosperität, Überproduktion, Krise und Stagnation.<br />
<br />
{{Zitat |Die ungeheure, stoßweise Ausdehnbarkeit des Fabrikwesens und seine Abhängigkeit vom Weltmarkt erzeugen notwendig fieberhafte Produktion und darauf folgende Überfüllung der Märkte, mit deren Kontraktion Lähmung eintritt. Das Leben der Industrie verwandelt sich in eine Reihenfolge von Perioden mittlerer Lebendigkeit, Prosperität, Überproduktion, Krise und Stagnation.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.476)}}<br />
<br />
==Der Krisenzyklus==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Krisenzyklus, Überproduktion, Entlassung, Krise, Preisentwertung, Kreditsystem, Kapitalvernichtung, Poduktivkraftvernichtung, Eroberung neuer Märkte<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Bei einem Zuviel des Angebotes fallen die Preise unter die Werte, manche Waren bleiben unverkäuflich, die Investitionstätigkeit geht zurück, was die Situation verschärft, Betriebe nehmen Entlassungen vor, andere Betriebe gehen pleite. Kapital und Produktionsmittel werden vernichtet. Das Angebot sinkt so weit, dass es unter der gesellschaftlichen Nachfrage liegt, die Preise steigen wieder, die Investitionstätigkeit wird angekurbelt, die kapitalistische Wirtschaft kommt aus dem Tal, ein „Aufschwung“ entsteht. Alle wollen teilhaben, die Investitionstätigkeit wird rege, die „Konjunktur überhitzt“, die Märkte füllen sich, schließlich staut es sich, die Investitionstätigkeit wird heruntergefahren, die Preise fallen unter die Werte, die nächste Krise beginnt – und so weiter und so fort als ein Perpetuum Mobile des kapitalistischen Krisenzyklus.<br />
<br />
{{Zitat |In der Tat, seit 1825, wo die erste allgemeine Krise ausbrach, geht die ganze industrielle und kommerzielle Welt, die Produktion und der Austausch sämtlicher zivilisierter Völker und ihrer mehr oder weniger barbarischen Anhängsel so ziemlich alle zehn Jahre einmal aus den Fugen. Der Verkehr stockt, die Märkte sind überfüllt, die Produkte liegen da, ebenso massenhaft wie unabsetzbar, das bare Geld wird unsichtbar, der Kredit verschwindet, die Fabriken stehen still, die arbeitenden Massen ermangeln der Lebensmittel, weil sie zu viel Lebensmittel produziert haben. Bankrott folgt auf Bankrott, Zwangsverkauf auf Zwangsverkauf. Jahrelang dauert die Stockung, Produktivkräfte wie Produkte werden massenhaft vergeudet und zerstört, bis die aufgehäuften Warenmassen unter größerer oder geringerer Entwertung endlich abfließen, bis Produktion und Austausch allmählich wieder in Gang kommen.<br/>Nach und nach beschleunigt sich die Gangart, fällt in Trab, der industrielle Trab geht über in Galopp, und dieser steigert sich wieder bis zum zügellosen Tempo eines vollständigen industriellen, kommerziellen, kreditlichen und spekulativen Hindernisrennens, um endlich nach den halsbrechendsten Sprüngen wieder anzulangen – im Graben des Krachs. Und so immer von neuem.| (Friedrich Engels, Anti-Dühring, MEW 20, S. 257)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Krisen sind nur kurzfristige Lösungen der vorhandenen Widersprüche, die das gestörte Gleichgewicht für einen Moment wiederherstellen.<br />
<br />
{{Zitat |Die Krisen sind immer nur momentane gewaltsame Lösungen der vorhandnen Widersprüche, gewaltsame Eruptionen, die das gestörte Gleichgewicht für den Augenblick wiederherstellen.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.259)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Ein Teil der Waren kann seinen Zirkulations- und Reproduktionsprozess nur durch Kontraktion seiner Preise vollziehen, also durch Entwertung des Kapitals.<br />
Elemente des fixen Kapitals (Arbeitsmittel, Gebäude, Maschinen) werden entwertet. Durch Preisverfall gerät Reproduktionsprozess ins Stocken.<br />
Dadurch wird Funktion des Geldes als Zahlungsmittel paralysiert.<br />
Kette der Zahlungsobligationen wird unterbrochen. Kreditsystem kann zusammenbrechen, verschärft die Krise.<br />
<br />
{{Zitat |Ein Teil der auf dem Markt befindlichen Waren kann seinen Zirkulations- und Reproduktionsprozess [Verkauf und Kauf] nur vollziehen durch ungeheure Kontraktion seiner Preise, also durch Entwertung des Kapitals, das er darstellt. Ebenso werden die Elemente des fixen Kapitals [Arbeitsmittel wie Gebäude und Maschinerie] mehr oder minder entwertet. Es kommt hinzu, dass bestimmte, vorausgesetzte Preisverhältnisse den Reproduktionsprozess bedingen, dieser daher durch den allgemeinen Preisfall in Stockung und Verwirrung gerät. Diese Störung und Stockung paralysiert die […] auf jenen vorausgesetzten Preisverhältnissen beruhende Funktion des Geldes als Zahlungsmittel [von Krediten], unterbricht an hundert Stellen die Kette der Zahlungsobligationen an bestimmten Terminen und wird noch verschärft durch das damit gegebene Zusammenbrechen des […] Kreditsystems und führt so zu heftigen akuten Krisen, […].| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.264)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
In Krisen gibt es Kapitalvernichtung und Vernichtung von Produktionsmitteln aufgrund der Überproduktion. Die Auswege für die Bourgeoisie sind Vernichtung, Eroberung neuer Märkte und gründlichere Ausbeutung alter Märkte – was wiederum größere Krisen vorbereitet.<br />
<br />
{{Zitat |Produkte, sondern sogar der bereits geschaffenen Produktivkräfte regelmäßig vernichtet. In den Krisen bricht eine gesellschaftliche Epidemie aus, welche allen früheren Epochen als ein Widersinn erschienen wäre – die Epidemie der Überproduktion. Die Gesellschaft findet sich plötzlich in einen Zustand momentaner Barbarei zurückversetzt; eine Hungersnot, ein allgemeiner Vernichtungskrieg scheinen ihr alle Lebensmittel abgeschnitten zu haben; die Industrie, der Handel scheinen vernichtet, und warum? Weil sie zu viel Zivilisation, zu viel Lebensmittel, zu viel Industrie, zu viel Handel besitzt. […]<br/>Die bürgerlichen Verhältnisse sind zu eng geworden, um den von ihnen erzeugten Reichtum zu fassen. – Wodurch überwindet die Bourgeoisie Krisen? Einerseits durch die erzwungene Vernichtung einer Masse von Produktivkräften; andererseits durch die Eroberung neuer Märkte und die gründlichere Ausbeutung der alten Märkte. Wodurch also? Dadurch, dass sie allseitigere und gewaltigere Krisen vorbereitet und die Mittel, den Krisen vorzubeugen, vermindert.| (Marx, Kommunistisches Manifest, MEW 4, S. 468)}}<br />
<br />
==Kredit, fiktives Kapital==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Geldkapital, Zentralisation, Zinsprofit, Reservefonds, Industrielles Kapital, Händlerkapital, Banksystem, Geldmacht<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Das verleihbare Geldkapital konzentriert sich in den Händen des Bankiers. Sie werden die allgemeinen Verwalter des Geldkapitals gegenüber den industriellen und kommerziellen Kapitalisten. Eine Bank ist die Zentralisation des Geldkapitals. Ihr Profit besteht in höheren Zinsen.<br />
<br />
{{Zitat |Allgemein ausgedrückt besteht das Bankiergeschäft nach dieser Seite darin, das verleihbare Geldkapital in seiner Hand zu großen Massen zu konzentrieren, so daß statt des einzelnen Geldverleihers die Bankiers als Repräsentanten aller Geldverleiher den industriellen und kommerziellen Kapitalisten gegenübertreten. Sie werden die allgemeinen Verwalter des Geldkapitals. Andrerseits konzentrieren sie, allen Verleihern gegenüber, die Borger, indem sie für die ganze Handelswelt borgen. Eine Bank stellt auf der einen Seite die Zentralisation des Geldkapitals, der Verleiher, auf der andern die Zentralisation der Borger dar. Ihr Profit besteht im allgemeinen darin, daß sie zu niedrigem Zinsen borgt, als sie ausleiht.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.416)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Das Geld fließt den Bankiers aus Reservefonds der Händler und Industriellen zu.<br />
<br />
{{Zitat |Das verleihbare Kapital, worüber die Banken verfügen, fließt ihnen in mehrfacher Weise zu. Zunächst konzentriert sich in ihrer Hand, da sie Kassierer der industriellen Kapitalisten sind, das Geldkapital, das jeder Produzent und Kaufmann als Reservefonds hält, oder das ihm als Zahlung zufließt. Diese Fonds verwandeln sich so in verleihbares Geldkapital.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.416)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Banken sammeln alles unbeschäftigte Geld und auch die kleinen Geldsummen aus allen Klassen und bilden so eine Geldmacht. Dies ist eine besondere Wirkung des Banksystems, die von der Mittlertätigkeit zwischen Geldkapitalisten und Borgern unterschieden werden muss.<br />
<br />
{{Zitat |Mit der Entwicklung des Banksystems und namentlich, sobald sie Zins für Depositen zahlen, werden ferner die Geldersparnisse und das augenblicklich unbeschäftigte Geld aller Klassen bei ihnen deponiert. Kleine Summen, jede für sich unfähig, als Geldkapital zu wirken, werden zu großen Massen vereinigt und bilden so eine Geldmacht. Diese Ansammlung kleiner Beträge muß als besondre Wirkung des Banksystems unterschieden werden von seiner Mittlerschaft zwischen den eigentlichen Geldkapitalisten und den Borgern. Endlich werden auch die Revenuen, die nur allmählich verzehrt werden sollen, bei den Banken deponiert.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.416)}}<br />
<br />
==Die Rolle des Kredits in der kapitalistischen Produktion==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Warenzirkulation, Warenmetamorphose<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Durch den Kredit werden die Phasen der Zirkulation und der Metamorphose des Kapitals beschleunigt.<br />
<br />
{{Zitat |2. Beschleunigung, durch den Kredit, der einzelnen Phasen der Zirkulation oder der Warenmetamorphose, weiter der Metamorphose des Kapitals, und damit Beschleunigung des Reproduktionsprozesses überhaupt. (Andrerseits erlaubt der Kredit, die Akte des Kaufens und Verkaufens länger auseinanderzuhalten und dient daher der Spekulation als Basis.) Kontraktion der Reservefonds, was doppelt betrachtet werden kann: einerseits als Verminderung des zirkulierenden Mediums, andrerseits als Beschränkung des Teils des Kapitals, der stets in Geldform existieren muß.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.453)}}<br />
<br />
==Bildung von Aktiengesellschaften==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Aktiengesellschaften, Produktionserweiterung, Gesellschaftskapital, Kapitalverwaltung, Zinsprofit, Fallen der Profitrate, Schutzzollpolitik, Überproduktion, fallende Profitrate, Kartellbildung, Konkurrenz, Kapitalistische Produktionsweise, Monopolbildung, Staatseinmischung, Finanzaristokratie, aufhebender Widerspruch, Monopolbildung, Kredit, Kreditüberbau, Verfügung über fremdes Kapital, Expropriation, Aktienwesen, gesellschaftliches Produktionsmittel, Kreditwesen, Überproduktion, Überspekulation, Produktivkraftentwicklung, Weltmarkt, Krise, Bankkapital, Wertpapiere, Aktien<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Durch die Bildung von Aktiengesellschaften werden die Stufenleitern der Produktion ausgedehnt.<br/> Das Kapital erhält durch die Aktiengesellschaften die Form von Gesellschaftskapital.<br />
Das bedeutet die Aufhebung des Kapitals als Privateigentum innerhalb der Grenzen der kapitalistischen Produktionsweise selbst.<br/>Damit findet die Verwandlung des fungierenden Kapitalisten in einen bloßen Dirigenten statt, einen Verwalter fremden Kapitals und die Verwandlung der Kapitaleigentümer in bloße Eigentümer, bloße Geldkapitalisten.<br/>Profit wird in Form der Vergütung des Kapitaleigentums bezogen, das von der Funktion im Reproduktionsprozess getrennt wird.<br/>Die Person des Dirigenten wird vom Kapitaleigentum getrennt.<br />
<br />
{{Zitat |III. Bildung von Aktiengesellschaften. Hierdurch:<br/> 1. Ungeheure Ausdehnung der Stufenleiter der Produktion und Unternehmungen, die für Einzelkapitale unmöglich waren. Solche Unternehmungen zugleich, die früher Regierungsunternehmungen waren, werden gesellschaftliche.<br/>2. Das Kapital, das an sich auf gesellschaftlicher Produktionsweise beruht und eine gesellschaftliche Konzentration von Produktionsmitteln und Arbeitskräften voraussetzt, erhält hier direkt die Form von Gesellschaftskapital (Kapital direkt assoziierter Individuen) im Gegensatz zum Privatkapital, und seine Unternehmungen treten auf als Gesellschaftsunternehmungen im Gegensatz zu Privatunternehmungen. Es ist die Aufhebung des Kapitals als Privateigentum innerhalb der Grenzen der kapitalistischen Produktionsweise selbst.<br/>3. Verwandlung des wirklich fungierenden Kapitalisten in einen bloßen Dirigenten, Verwalter fremdes Kapitals, und der Kapitaleigentümer in bloße Eigentümer, bloße Geldkapitalisten. Selbst wenn die Dividenden, die sie beziehn, den Zins und Unternehmergewinn, d.h. den Totalprofit einschließen (denn das Gehalt des Dirigenten ist, oder soll sein, bloßer Arbeitslohn einer gewissen Art geschickter Arbeit, deren Preis im Arbeitsmarkt reguliert wird, wie der jeder andren Arbeit), so wird dieser Totalprofit nur noch bezogen in der Form des Zinses, d.h. als bloße Vergütung des Kapitaleigentums, das nun ganz so von der Funktion im wirklichen Reproduktionsprozeß getrennt wird, wie diese Funktion, in der Person des Dirigenten, vom Kapitaleigentum.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.453 )}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
In Aktiengesellschaften ist die Funktion getrennt vom Kapitaleigentum.<br/>Es ist das Resultat der höchsten Entwicklung der kapitalistischen Produktion, notwendiger Durchgangspunkt zur Rückverwandlung des Kapitals in Eigentum der Produzenten, aber nicht mehr als Privateigentum vereinzelter Produzenten, sondern als Eigentum ihrer als Gesellschaftseigentum.<br/>Verwandlung aller Funktionen im Reproduktionsprozess in bloße gesellschaftliche Funktionen.<br />
<br />
{{Zitat |In den Aktiengesellschaften ist die Funktion getrennt vom Kapitaleigentum, also auch die Arbeit gänzlich getrennt vom Eigentum an den Produktionsmitteln und an der Mehrarbeit. Es ist dies Resultat der höchsten Entwicklung der kapitalistischen Produktion ein notwendiger Durchgangspunkt zur Rückverwandlung des Kapitals in Eigentum der Produzenten, aber nicht mehr als das Privateigentum vereinzelter Produzenten, sondern als das Eigentum ihrer als assoziierter, als unmittelbares Gesellschaftseigentum. Es ist andrerseits Durchgangspunkt zur Verwandlung aller mit dem Kapitaleigentum bisher noch verknüpften Funktionen im Reproduktionsprozeß in bloße Funktionen der assoziierten Produzenten, in gesellschaftliche Funktionen.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.453)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Der Profit nimmt die Form des Zinses an. Unternehmungen sind möglich, wenn sie bloßen Zins abwerfen. Das ist einer der Gründe, die das Fallen der allgemeinen Profitrate aufhalten. Unternehmen mit ungeheurem Verhältnis von konstantem zu variablem Kapital gehen nicht notwendig in die Ausgleichung der allgemeinen Profitrate ein.<br />
<br />
{{Zitat |Da der Profit hier rein die Form des Zinses annimmt, sind solche Unternehmungen noch möglich, wenn sie bloßen Zins abwerfen, und es ist dies einer der Gründe, die das Fallen der allgemeinen Profitrate aufhalten, indem diese Unternehmungen, wo das konstante Kapital in so ungeheurem Verhältnis zum variablen steht, nicht notwendig in die Ausgleichung der allgemeinen Profitrate eingehn.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.453)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der raschen Steigerung der Produktion steht zunehmende Langsamkeit der Ausdehnung des Markts gegenüber.<br/>Die Folge ist allgemeine chronische Überproduktion, gedrückte Preise, fallende Profite.<br/>Die Freiheit der Konkurrenz ist am Ende des Lateins.<br/>Großindustrielle eines Zweigs schließen sich zu Kartell zusammen, teilweise zu internationalen Kartellen.<br />
Aber der Interessengegensatz der einzelnen Firmen durchbricht die Kartelle und stellet die Konkurrenz wieder her.<br />
<br />
{{Zitat |Der täglich wachsenden Raschheit, womit auf allen großindustriellen Gebieten heute die Produktion gesteigert werden kann, steht gegenüber die stets zunehmende Langsamkeit der Ausdehnung des Markts für diese vermehrten Produkte. Was jene in Monaten herstellt, kann dieser kaum in Jahren absorbieren. Dazu die Schutzzollpolitik, wodurch jedes Industrieland sich gegen die andern und namentlich gegen England abschließt und die heimische Produktionsfähigkeit noch künstlich steigert.<br/>Die Folgen sind allgemeine chronische Überproduktion, gedrückte Preise, fallende und sogar ganz wegfallende Profite; kurz, die alt gerühmte Freiheit der Konkurrenz ist am Ende ihres Lateins und muß ihren offenbaren skandalösen Bankrott selbst ansagen. Und zwar dadurch, daß in jedem Land die Großindustriellen eines bestimmten Zweigs sich zusammentun zu einem Kartell zur Regulierung der Produktion. Ein Ausschuß setzt das von jedem Etablissement zu produzierende Quantum fest und verteilt in letzter Instanz die einlaufenden Aufträge. In einzelnen Fällen kam es zeitweise sogar zu internationalen Kartellen, so zwischen der englischen und deutschen Eisenproduktion. Aber auch diese Form der Vergesellschaftung der Produktion genügte noch nicht. Der Interessengegensatz der einzelnen Geschäftsfirmen durchbrach sie nur zu oft und stellte die Konkurrenz wieder her.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.453f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Es ist ein sich selbst aufhebender Widerspruch, der den Übergangspunkt zu einer neuen Produktionsform darstellt. In gewissen Sphären wird das Monopol hergestellt und fordert die Staatseinmischung heraus.<br/>Es wird eine neue Finanzaristokratie, Parasiten in Gestalt von „Projektenmachern“ etc. gebildet. Es ist die Privatproduktion ohne die Kontrolle des Privateigentums.<br />
<br />
{{Zitat |So ist in diesem Zweig, der die Grundlage der ganzen chemischen Industrie bildet, in England die Konkurrenz durch das Monopol ersetzt und der künftigen Expropriation durch die Gesamtgesellschaft, die Nation, aufs erfreulichste vorgearbeitet.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.454)}}<br />
<br />
{{Zitat |Es ist dies die Aufhebung der kapitalistischen Produktionsweise innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise selbst, und daher ein sich selbst aufhebender Widerspruch, der prima facie als bloßer Übergangspunkt zu einer neuen Produktionsform sich darstellt. Als solcher Widerspruch stellt er sich dann auch in der Erscheinung dar. Er stellt in gewissen Sphären das Monopol her und fordert daher die Staatseinmischung heraus. Er reproduziert eine neue Finanzaristokratie, eine neue Sorte Parasiten in Gestalt von Projektenmachern, Gründern und bloß nominellen Direktoren; ein ganzes System des Schwindels und Betrugs mit Bezug auf Gründungen, Aktienausgabe und Aktienhandel. Es ist Privatproduktion ohne die Kontrolle des Privateigentums.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.454)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Der Kredit bietet dem einzelnen Kapitalisten absolute Verfügung über fremdes Kapital in gewissen Schranken, er ermöglicht die Verfügung über gesellschaftliches, nicht eigenes Kapital, und damit über fremde Arbeit.<br/>Das Kapital wird zur reinen Basis für den Kreditüberbau.<br />
<br />
{{Zitat |IV. Abgesehn von dem Aktienwesen – das eine Aufhebung der kapitalistischen Privatindustrie auf Grundlage des kapitalistischen Systems selbst ist, und in demselben Umfang, worin es sich ausdehnt und neue Produktionssphären ergreift, die Privatindustrie vernichtet – , bietet der Kredit dem einzelnen Kapitalisten, oder dem, der für einen Kapitalisten gilt, eine innerhalb gewisser Schranken absolute Verfügung über fremdes Kapital und fremdes Eigentum, und dadurch über fremde Arbeit.87 Verfügung über gesellschaftliches, nicht eignes Kapital, gibt ihm Verfügung über gesellschaftliche Arbeit. Das Kapital selbst, das man wirklich oder in der Meinung des Publikums besitzt, wird nur noch die Basis zum Kreditüberbau.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.455)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Die Expropriation (auch der kleineren und mittleren Kapitalisten) ist der Ausgangspunkt der kapitalistischen Produktionsweise. Ihre Durchführung ist ihr Ziel. In letzter Instanz ist das die Expropriation aller einzelnen von den Produktionsmitteln, die mit der Entwicklung der gesellschaftlichen Produktion aufhören, Produktionsmittel der Privatproduktion zu sein. Sie können nur noch Produktionsmittel in der Hand der assoziierten Produzenten sein, daher ihr gesellschaftliches Eigentum, ebenso wie ihr gesellschaftliches Produkt.<br />
<br />
{{Zitat |Die Expropriation erstreckt sich hier von den unmittelbaren Produzenten auf die kleineren und mittleren Kapitalisten selbst. Diese Expropriation ist der Ausgangspunkt der kapitalistischen Produktionsweise; ihre Durchführung ist ihr Ziel, und zwar in letzter Instanz die Expropriation aller einzelnen von den Produktionsmitteln, die mit der Entwicklung der gesellschaftlichen Produktion aufhören, Mittel der Privatproduktion und Produkte der Privatproduktion zu sein, und die nur noch Produktionsmittel in der Hand der assoziierten Produzenten, daher ihr gesellschaftliches Eigentum, sein können, wie sie ihr gesellschaftliches Produkt sind.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.455f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 8'''<br />
<br />
Im Aktienwesen existiert schon der Gegensatz gegen die alte Form, worin gesellschaftliches Produktionsmittel als individuelles Eigentum erscheint, aber Verwandlung bleibt in kapitalistischen Schranken befangen. Sie überwindet den Gegensatz zwischen dem Charakter des Reichtums als gesellschaftlicher und als Privateigentum nicht, sondern bildet ihn in neuer Gestalt aus.<br />
<br />
{{Zitat |Da das Eigentum hier in der Form der Aktie existiert, wird seine Bewegung und Übertragung reines Resultat des Börsenspiels, wo die kleinen Fische von den Haifischen und die Schafe von den Börsenwölfen verschlungen werden. In dem Aktienwesen existiert schon Gegensatz gegen die alte Form, worin gesellschaftliches Produktionsmittel als individuelles Eigentum erscheint; aber die Verwandlung in die Form der Aktie bleibt selbst noch befangen in den kapitalistischen Schranken; statt daher den Gegensatz zwischen dem Charakter des Reichtums als gesellschaftlicher und als Privatreichtum zu überwinden, bildet sie ihn nur in neuer Gestalt aus.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.456)}}<br />
<br />
'''Annahme 9'''<br />
<br />
Kreditwesen erscheint als Haupthebel der Überproduktion und Überspekulation im Handel, weil er den Reproduktionsprozess bis zur äußersten Grenze forciert.<br/>Großer Teil des gesellschaftlichen Kapitals wird von den Nichteigentümern angewandt, die nicht ängstlich ans Zeug gehen wie der Eigentümer seines Privatkapitals. Verwertung des Kapitals erlaubt freie Entfaltung nur bis zu einem gewissen Punkt, der durch das Kreditwesen durchbrochen wird. Das Kreditwesen beschleunigt die materielle Entwicklung der Produktivkräfte und die Herstellung des Weltmarkts, die als materielle Grundlagen der neuen Produktionsform bis auf einen gewissen Höhegrad herzustellen, die Aufgabe der kapitalistischen Produktionsweise ist.<br/>Der Kredit beschleunigt gleichzeitig die gewaltsamen Ausbrüche des Widerspruchs, die Krisen und damit die Elemente der Auflösung der alten Produktionsweise.<br />
<br />
{{Zitat |Wenn das Kreditwesen als Haupthebel der Überproduktion und Überspekulation im Handel erscheint, so nur, weil der Reproduktionsprozeß, der seiner Natur nach elastisch ist, hier bis zur äußersten Grenze forciert wird, und zwar deshalb forciert wird, weil ein großer Teil des gesellschaftlichen Kapitals von den Nichteigentümern desselben angewandt wird, die daher ganz anders ins Zeug gehn als der ängstlich die Schranken seines Privatkapitals erwägende Eigentümer, soweit er selbst fungiert. Es tritt damit nur hervor, daß die auf den gegensätzlichen Charakter der kapitalistischen Produktion gegründete Verwertung des Kapitals die wirkliche, freie Entwicklung nur bis zu einem gewissen Punkt erlaubt, also in der Tat eine immanente Fessel und Schranke der Produktion bildet, die beständig durch das Kreditwesen durchbrochen wird. Das Kreditwesen beschleunigt daher die materielle Entwicklung der Produktivkräfte und die Herstellung des Weltmarkts, die als materielle Grundlagen der neuen Produktionsform bis auf einen gewissen Höhegrad herzustellen, die historische Aufgabe der kapitalistischen Produktionsweise ist. Gleichzeitig beschleunigt der Kredit die gewaltsamen Ausbrüche dieses Widerspruchs, die Krisen, und damit die Elemente der Auflösung der alten Produktionsweise.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.457)}}<br />
<br />
==Bestandteile des Bankkapitals==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Bankkapital, Wertpapiere, Aktien, Zinstragendes Kapital, Geldrevenue, Fiktives Kapital, Zins, Eigentumstitel, Rechtstitel, Reservefonds der Banken, Bankierkapital<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Bankkapital besteht aus barem Geld, Gold oder Noten, sowie aus Wertpapieren.<br/>Diese teilen sich auf in Wechsel und öffentliche Wertpapiere (Staatspapiere, Schatzscheine, Aktien).<br />
<br />
{{Zitat |Das Bankkapital besteht 1. aus barem Geld, Gold oder Noten, 2. Wertpapieren. Diese können wir wieder in zwei Teile teilen: Handelspapiere, Wechsel, die schwebend sind, von Zeit zu Zeit verfallen und in deren Diskontierung das eigentliche Geschäft des Bankiers gemacht wird; und öffentliche Wertpapiere, wie Staatspapiere, Schatzscheine, Aktien aller Art, kurz zinstragende Papiere, die sich aber wesentlich von den Wechseln unterscheiden.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.481)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Form des zinstragenden Kapitals bringt es mit sich, dass jede regelmäßige Geldrevenue als Zins eines Kapitals erscheint – mag sie aus einem Kapital entspringen oder nicht.<br />
<br />
{{Zitat |Die Form des zinstragenden Kapitals bringt es mit sich, daß jede bestimmte und regelmäßige Geldrevenue als Zins eines Kapitals erscheint, sie mag aus einem Kapital entspringen oder nicht. Erst wird das Geldeinkommen in Zins verwandelt, und mit dem Zins findet sich dann auch das Kapital, woraus es entspringt. Ebenso erscheint mit dem zinstragenden Kapital jede Wertsumme als Kapital, sobald sie nicht als Revenue verausgabt wird; nämlich als Hauptsumme (principal) im Gegensatz zum möglichen oder wirklichen Zins, den sie tragen kann. Die Sache ist einfach: Gesetzt, der Durchschnittszinsfuß sei 5% jährlich. Eine Summe von 500 Pfd.St. würde also jährlich, wenn in zinstragendes Kapital verwandelt, 25 Pfd.St. einbringen. Jede feste jährliche Einnahme von 25 Pfd.St. wird daher als Zins eines Kapitals von 500 Pfd.St. betrachtet.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.482)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Bildung des fiktiven Kapitals nennt man kapitalisieren. Jede wiederholende Einnahme wird nach dem Durchschnittszins berechnet, als Ertrag, den ein Kapital zu diesem Zins ausgeliehen abwerfen würde.<br/>Aller Zusammenhang mit dem wirklichen Verwertungsprozess geht bis auf die letzte Spur verloren, die Vorstellung vom Kapital als einem sich durch sich selbst verwertenden Automaten befestigt sich.<br />
<br />
{{Zitat |Die Bildung des fiktiven Kapitals nennt man kapitalisieren. Man kapitalisiert jede regelmäßig sich wiederholende Einnahme, indem man sie nach dem Durchschnittszinsfuß berechnet, als Ertrag, den ein Kapital, zu diesem Zinsfuß ausgeliehen, abwerfen würde; z.B. wenn die jährliche Einnahme 100 Pfd. St. und der Zinsfuß 5%, so wären die 100 Pfd. St. der jährliche Zins von 2000 Pfd.St., und diese 2000 Pfd.St. gelten nun als der Kapitalwert des juristischen Eigentumstitels auf die 100 Pfd. St. jährlich. für den, der diesen Eigentumstitel kauft, stellen die 100 Pfd. St. jährliche Einnahme dann in der Tat die Verzinsung seines angelegten Kapitals zu 5 % vor. Aller Zusammenhang mit dem wirklichen Verwertungsprozeß des Kapitals geht so bis auf die letzte Spur verloren, und die Vorstellung vom Kapital als einem sich durch sich selbst verwertenden Automaten befestigt sich.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.484)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Die selbständige Bewegung des Werts dieser Eigentumstitel (man kann sie kaufen und verkaufen, Anm. d. Redaktion) bestätigt den Schein, als bildeten sie wirkliches Kapital neben dem Kapital.<br />
<br />
{{Zitat |Die selbständige Bewegung des Werts dieser Eigentumstitel, nicht nur der Staatseffekten, sondern auch der Aktien, bestätigt den Schein, als bildeten sie wirkliches Kapital neben dem Kapital oder dem Anspruch, worauf sie möglicherweise Titel sind. Sie werden nämlich zu Waren, deren Preis eine eigentümliche Bewegung und Festsetzung hat. Ihr Marktwert erhält eine von ihrem Nominalwert verschiedne Bestimmung, ohne daß sich der Wert (wenn auch die Verwertung) des wirklichen Kapitals änderte.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.485)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Diese Papiere stellen nichts dar als akkumulierte Ansprüche, Rechtstitel auf künftige Produktion.<br />
<br />
{{Zitat |Alle diese Papiere stellen in der Tat nichts vor als akkumulierte Ansprüche Rechtstitel, auf künftige Produktion, deren Geld- oder Kapitalwert entweder gar kein Kapital repräsentiert, wie bei den Staatsschulden, oder von dem Wert des wirklichen Kapitals, das sie vorstellen, unabhängig reguliert wird.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.486)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Reservefonds der Banken drücken im Durchschnitt die Größe des als Schatz vorhandenen Gelds aus.<br />
Und ein Teil dieses Schatz besteht aus Anweisungen auf Gold, die aber keine Selbstwerte sind.<br />
Größter Teil des Bankierkapitals ist daher rein fiktiv und besteht aus Schuldforderungen, Staatspapieren und Aktien.<br />
<br />
{{Zitat |Die Reservefonds der Banken, in Ländern entwickelter kapitalistischer Produktion, drücken immer im Durchschnitt die Größe des als Schatz vorhandnen Geldes aus, und ein Teil dieses Schatzes besteht selbst wieder aus Papier, bloßen Anweisungen auf Gold, die aber keine Selbstwerte sind. Der größte Teil des Bankierkapitals ist daher rein fiktiv und besteht aus Schuldforderungen (Wechseln), Staatspapieren (die vergangnes Kapital repräsentieren) und Aktien (Anweisungen auf künftigen Ertrag).| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.487)}}<br />
<br />
==Geldkapital und wirkliches Kapital I==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Das Geldkapital ist Geld, das zur Beschaffung von beispielsweise Produktionsmitteln angewandt wird. In der Volkswirtschaftslehre wird es als die Verfügungsmöglichkeit von Geld zur Beschaffung von Investitionsgütern verstanden.<br />
Dieses Geldkapital kann durch Kredite beschaffen werden, womit die Notwendigkeit eines starken Reservekapitals umgangen wird.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Akkumulation, Staatskapital, Leihkapital, Produktivkraftentwicklung, Ausdehnung der Märkte, Kredit, Spekulation, Bankierkredit, Reproduktionsprozess, Warenmetarmophose, industrielles Kapital, Stockung Expansion, Konsumtionsfähigkeit, Geldkredit, Reservekapital, Börse<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Anarchie der kapitalistischen Produktion führt immer zu wiederkehrenden Krisen. Da bei der Produktion Geldkapital gebraucht wird, um beispielsweise die Bestandteile des konstanten Kapitals zu ersetzen. Da Leihkapital dieses nötige Geldkapital darstellt, nimmt der Kredit auch eine wichtige Rolle ein. Diese Entwicklung wurde auch im dritten Band des Kapitals von Marx schriftlich ausgearbeitet.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Akkumulation von Geldkapital und Geldvermögen hat sich aufgelöst in Akkumulation von Ansprüchen des Eigentums auf Arbeit.<br />
Akkumulation des Kapitals der Staatsschuld heißt die Vermehrung einer Klasse von Staatsgläubigern, die Steuern für sich vorwegzunehmen berechtigt sind.<br />
<br />
{{Zitat |Soweit wir die eigentümliche Form der Akkumulation des Geldkapitals und Geldvermögens überhaupt bis jetzt betrachtet haben, hat sie sich aufgelöst in Akkumulation von Ansprüchen des Eigentums auf die Arbeit. Die Akkumulation des Kapitals der Staatsschuld heißt, wie sich gezeigt hat, weiter nichts als Vermehrung einer Klasse von Staatsgläubigern, die gewisse Summen auf den Betrag der Steuern für sich vorwegzunehmen berechtigt sind.<br/>Sismondi-Fußnote:"Die Staatspapiere sind nichts anderes als das imaginäre Kapital, das der zur Bezahlung der Schulden bestimmte Teil des jährlichen Einkommens darstellt. Ein gleichgroßes Kapital ist vergeudet worden; dieses dient als Nenner für die Anleihe, aber es ist nicht das, was das Staatspapier darstellt; denn das Kapital existiert überhaupt nicht mehr. Mittlerweile müssen neue Reichtümer aus der Arbeit der Industrie entstehen; ein jährlicher Teil dieser Reichtümer wird im voraus denen angewiesen, die jene vergeudeten Reichtümer geliehen hatten; dieser Teil wird durch Steuern jenen abgenommen, die die Reichtümer hervorbringen, um an die Staatsgläubiger gegeben zu werden, und nach dem landesüblichen Verhältnis zwischen Kapital und Zins nimmt man ein imaginäres Kapital an, das ebenso groß ist wie das Kapital, woraus die jährliche Rente entstehen könnte, die die Gläubiger zu bekommen haben." (Sismondi, "Nouveaux Principes", II, p.229, 230.)| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.493f.])}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Die Staatsanleihen und Aktien sind so gesehen lediglich Anlagesphären für das verleihbare Kapital. Doch erfüllen diese Anlagesphären selbst nicht die Funktion von Leihkapital und sind somit selbst kein Leihkapital.<br />
Dies liegt daran, dass der Industrielle oder Kaufmann nicht die Staatspapiere und Aktien benötigt, sondern Geld.<br />
<br />
{{Zitat |Um die vorliegende Frage auf engere Grenzen zurückzuführen: Staatseffekten wie Aktien und andere Wertpapiere aller Art sind Anlagesphären für verleihbares Kapital, für Kapital, das bestimmt ist, zinstragend zu werden. Sie sind Formen, es auszuleihen. Aber sie sind nicht selbst das Leihkapital, das in ihnen angelegt wird. Andrerseits, soweit der Kredit direkte Rolle im Reproduktionsprozeß spielt: Was der Industrielle oder Kaufmann braucht, wenn er Wechsel diskontiert haben oder eine Anleihe aufnehmen will, sind weder Aktien noch Staatspapiere. Was er braucht, ist Geld. Er versetzt oder verkauft also jene Wertpapiere, wenn er das Geld sich anders nicht beschaffen kann.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.495])}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Durch die voranschreitende Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit werden die Märkte ausgedehnt und somit auch an ferne Orte verlegt. Aus diesem Grund, und da sich die Wechsel länger vollziehen, müssen sich auch die Kredite verlängern. Das spekulative Element in Transaktionen nimmt daher zu.<br/><br />
Die Entwicklung des Produktionsprozesses erweitert so den Kredit, der wiederum zur Ausdehnung der industriellen und merkantilen, resp. kaufmännischen, Operationen führt. Es findet hier somit Wechselwirkung statt.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist aber klar, daß mit der Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit, und daher der Produktion auf großer Stufenleiter, 1. die Märkte sich ausdehnen und vom Produktionsort sich entfernen, 2. daher die Kredite sich verlängern müssen, und also 3. das spekulative Element mehr und mehr die Transaktionen beherrschen muß. Die Produktion auf großer Stufenleiter und für entfernte Märkte wirft das Gesamtprodukt in die Hand des Handels; es ist aber unmöglich, daß sich das Kapital der Nation verdopple, so daß der Handel für sich fähig wäre, mit eignem Kapital das gesamte nationale Produkt aufzukaufen und wieder zu verkaufen. Kredit ist hier also unerläßlich; Kredit, dem Umfang nach wachsend mit dem wachsenden Wertumfang der Produktion, und der Zeitdauer nach mit der zunehmenden Entfernung der Märkte. Es findet hier Wechselwirkung statt. Die Entwicklung des Produktionsprozesses erweitert den Kredit, und der Kredit führt zur Ausdehnung der industriellen und merkantilen Operationen.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.498])}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der vom Bankierkredit getrennte Kredit wächst mit dem Umfang des industriellen Kapitals. Diese geliehenen Kapitale sind Warenkapitale und somit Kapital, dass sich in einer bestimmten Phase des Reproduktionsprozesses befindet.<br />
<br />
{{Zitat |Betrachten wir diesen Kredit, getrennt vom Bankierkredit, so ist klar, daß er wächst mit dem Umfang des industriellen Kapitals selbst. Leihkapital und industrielles Kapital sind hier identisch; die geliehenen Kapitale sind Warenkapitale, bestimmt entweder für schließliche individuelle Konsumtion oder zum Ersatz der konstanten Elemente von produktivem Kapital. Was hier also als geliehenes Kapital erscheint, ist immer Kapital, das sich in einer bestimmten Phase des Reproduktionsprozesses befindet, aber durch Kauf und Verkauf aus einer Hand in die andre übergeht, während das Äquivalent dafür [von] dem Käufer erst später zu bedungner Frist gezahlt wird.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.498])}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Viel Kredit innerhalb des reproduktiven Kreislaufs bedeutet eine große Beschäftigung von Kapital im Reproduktionsprozess, wenn die Metamorphose der Ware durch den Kredit vermittelt wird. Der Kredit vermittelt den Übergang des industriellen Kapitals in eine andere Phase.<br />
Der Kredit ist somit nicht unbeschäftigtes Kapital, sondern Beschäftigung von Kapital im Reproduktionsprozess.<br />
<br />
{{Zitat |Was demnach hier verliehen wird, ist nie unbeschäftigtes Kapital, sondern Kapital, das in der Hand seines Besitzers seine Form ändern muß, das in einer Form existiert, worin es für ihn bloßes Warenkapital ist, d.h. Kapital, das rückverwandelt, und zwar wenigstens zunächst in Geld umgesetzt werden muß. Es ist somit die Metamorphose der Ware, die hier durch den Kredit vermittelt wird; nicht nur W – G, sondern auch G – W und der wirkliche Produktionsprozeß. Viel Kredit innerhalb des reproduktiven Kreislaufs – abgesehn vom Bankierkredit – heißt nicht: viel unbeschäftigtes Kapital, das zu Anleihen ausgeboten wird und profitliche Anlage sucht, sondern: große Beschäftigung von Kapital im Reproduktionsprozeß. Der Kredit vermittelt hier also 1. soweit die industriellen Kapitalisten in Betracht kommen, den Übergang des industriellen Kapitals aus einer Phase in die andre, den Zusammenhang der zueinander gehörigen und ineinander eingreifenden Produktionssphären; 2. soweit die Kaufleute in Betracht kommen, den Transport und den Übergang der Waren aus einer Hand in die andre bis zu ihrem definitiven Verkauf für Geld oder ihrem Austausch mit einer andern Ware.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.499])}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Solange der Reproduktionsprozess flüssig ist und andauert, dauert auch der Kredit an und dehnt sich aus. Bei einer Stockung durch verzögerte Rückflüsse, überführter Märkte ist Überfluss von industriellem Kapital vorhanden, aber auch eine Masse von unbeschäftigtem fixem Kapital. Das industrielle Kapital existiert allerdings in Form von Warenkapital, das aber unverkäuflich ist.<br />
Der Kredit kontrahiert sich somit, weil das Kapital unbeschäftigt ist und stockt, und weil das Vertrauen in den Reproduktionsprozesses gebrochen ist und die Nachfrage nach einem kommerziellen Kredit abnimmt.<br />
<br />
{{Zitat |Solange der Reproduktionsprozeß flüssig und damit der Rückfluss gesichert bleibt, dauert dieser Kredit und dehnt sich aus, und seine Ausdehnung ist basiert auf die Ausdehnung des Reproduktionsprozesses selbst. Sobald eine Stockung eintritt, infolge verzögerter Rückflüsse, überführter Märkte, gefallner Preise, ist Überfluß von industriellem Kapital vorhanden, aber in einer Form, worin es seine Funktion nicht vollziehn kann. Masse von Warenkapital, aber unverkäuflich. Masse von fixem Kapital, aber durch Stockung der Reproduktion großenteils unbeschäftigt. Der Kredit kontrahiert sich, 1. weil dies Kapital unbeschäftigt ist, d.h. in einer seiner Reproduktionsphasen stockt, weil es seine Metamorphose nicht vollziehn kann; 2. weil das Vertrauen in die Flüssigkeit des Reproduktionsprozesses gebrochen ist; 3. weil die Nachfrage nach diesem kommerziellen Kredit abnimmt. Der Spinner, der seine Produktion einschränkt und eine Masse unverkauftes Garn auf Lager hat, braucht keine Baumwolle auf Kredit zu kaufen; der Kaufmann braucht keine Waren auf Kredit zu kaufen, weil er deren schon mehr als genug hat.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.500])}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Bei einer Störung der Expansion des Reproduktionsprozesses kommt es zu einem Kreditmangel, wodurch Waren schwerer auf Kredit zu erhalten sind. In der Krise sind die Masse des unbeschäftigten Kapitals im Reproduktionsprozess und der erwähnte Kreditmangel am größten.<br />
Fabriken stehen still, Rohstoffe häufen sich auf, und fertige Produkte überfüllen den Markt, da ein Überfluss von unbeschäftigtem produktivem Kapital herrscht.<br />
<br />
{{Zitat |Tritt also Störung in dieser Expansion oder auch nur in der normalen Anspannung des Reproduktionsprozesses ein, so damit auch Kreditmangel; Waren sind schwerer auf Kredit zu erhalten. Besonders aber ist das Verlangen nach barer Zahlung und die Vorsicht im Kreditverkauf charakteristisch für die Phase des industriellen Zyklus, die auf den Krach folgt. In der Krisis selbst, da jeder zu verkaufen hat und nicht verkaufen kann und doch verkaufen muß, um zu zahlen, ist die Masse, nicht des unbeschäftigten, unterzubringenden Kapitals, sondern die des in seinem Reproduktionsprozeß gehemmten Kapitals gerade dann am größten, wenn auch der Kreditmangel am größten ist (und daher bei Bankierkredit die Diskontorate am höchsten). Das schon ausgelegte Kapital ist dann in der Tat massenweis unbeschäftigt, weil der Reproduktionsprozeß stockt. Fabriken stehn still, Rohstoffe häufen sich auf, fertige Produkte überfüllen als Waren den Markt. Es ist also nichts falscher, als solchen Zustand einem Mangel an produktivem Kapital zuzuschreiben. Es ist gerade dann Überfluß von produktivem Kapital vorhanden, teils in bezug auf den normalen, aber augenblicklich kontrahierten Maßstab der Reproduktion, teils in bezug auf die gelähmte Konsumtion.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.500])}}<br />
<br />
'''Annahme 8'''<br />
<br />
Der Ersatz von angelegten Kapitalen in der Produktion, hängt größtenteils von der Konsumtionsfähigkeit der nicht produktiven Klassen ab, während die Konsumtionsfähigkeit der Arbeiter durch die Gesetze des Arbeitslohns und durch das Maß der Anwendung ihrer Arbeitskraft begrenzt ist, in denen sie der Bourgeoisie Profit bringen.<br />
Deswegen bleibt der letzte Grund aller wirklichen Krisen immer „die Armut und Konsumtionsbeschränkung der Massen gegenüber dem Trieb der kapitalistischen Produktion“.<br />
Wirklicher Mangel an produktivem Kapital kann nur bei Missernten von Nahrungsmitteln und Rohstoffen entstehen (s. Annahme 7).<br />
<br />
{{Zitat |Wie aber die Dinge liegen, hängt der Ersatz der in der Produktion angelegten Kapitale großenteils ab von der Konsumtionsfähigkeit der nicht produktiven Klassen; während die Konsumtionsfähigkeit der Arbeiter teils durch die Gesetze des Arbeitslohns, teils dadurch beschränkt ist, daß sie nur solange angewandt werden, als sie mit Profit für die Kapitalistenklasse angewandt werden können. Der letzte Grund aller wirklichen Krisen bleibt immer die Armut und Konsumtionsbeschränkung der Massen gegenüber dem Trieb der kapitalistischen Produktion, die Produktivkräfte so zu entwickeln, als ob nur die absolute Konsumtionsfähigkeit der Gesellschaft ihre Grenze bilde.<br/>Von wirklichem Mangel an produktivem Kapital, wenigstens bei kapitalistisch entwickelten Nationen, kann nur gesprochen werden bei allgemeinen Mißernten, sei es der Hauptnahrungsmittel, sei es der hauptsächlichsten industriellen Rohstoffe.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.501])}}<br />
<br />
'''Annahme 9'''<br />
<br />
Zum kommerziellen Kredit kommt der eigentliche Geldkredit hinzu.<br />
Durch das Vorschießen des Gelds durch die Bankiers wird für jeden industriellen Fabrikanten oder Kaufmann die Notwendigkeit eines starken Reservekapitals umgangen. Aber der Prozess verkompliziert sich soweit, dass durch Wechselreiterei etc. der Schein eines soliden Geschäfts weiterexistieren kann, nachdem die Rückflüsse nur auf Kosten geprellter Geldverleiher und Produzenten gemacht worden sind.<br />
Das gesamte Geschäft macht deswegen einen gesunden Anschein, gerade unmittelbar vor dem Krach.<br />
<br />
{{Zitat |Es kommt aber nun zu diesem kommerziellen Kredit der eigentliche Geldkredit hinzu. Das Vorschießen der Industriellen und Kaufleute untereinander verquickt sich mit dem Vorschießen des Geldes an sie seitens der Bankiers und Geldverleiher. […] So wird für jeden individuellen Fabrikanten oder Kaufmann sowohl die Notwendigkeit eines starken Reservekapitals umgangen, wie die Abhängigkeit von den wirklichen Rückflüssen. Andrerseits aber kompliziert sich teils durch einfache Wechselreiterei, teils durch Warengeschäfte zum Zweck der bloßen Wechselfabrikation der ganze Prozeß so sehr, daß der Schein eines sehr soliden Geschäfts und flotter Rückflüsse noch ruhig fortexistieren kann, nachdem die Rückflüsse in der Tat schon längst nur noch auf Kosten teils geprellter Geldverleiher, teils geprellter Produzenten gemacht worden sind. Daher scheint immer das Geschäft fast übertrieben gesund gerade unmittelbar vor dem Krach.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.501])}}<br />
<br />
'''Annahme 10'''<br />
<br />
Eine unwissende und verkehrte Bankgesetzgebung kann die Krise erschweren, aber keine Bankgesetzgebung ist in der Lage die Krise zu beseitigen.<br />
<br />
{{Zitat |Daß es in der Periode der Krise an Zahlungsmitteln fehlt, ist selbsteinleuchtend. Die Konvertibilität der Wechsel hat sich substituiert der Metamorphose der Waren selbst, und grade zu solcher Zeit um so mehr, je mehr ein Teil der Geschäftshäuser bloß auf Kredit arbeitet. Unwissende und verkehrte Bankgesetzgebung, wie die von 1844/45, kann diese Geldkrise erschweren. Aber keine Art Bankgesetzgebung kann die Krise beseitigen.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.507f.])}}<br />
<br />
'''Annahme 11'''<br />
<br />
Das Warenkapital verliert in der Krise und großen Stockungen, seine Eigenschaft ein potentielles Geldkapital darzustellen.<br />
Dasselbe gilt auch für das fiktive Kapital. Dieses fiktive Geldkapital ist in Krisen enorm vermindert, doch hat diese Verminderung der Geldnamen – des Preises – von Wertpapieren nichts mit dem wirklichen Kapital zu tun, aber viel mehr mit der Zahlungsfähigkeit seiner Eigner.<br />
<br />
{{Zitat |Aus dem Gesagten ergibt sich, daß das Warenkapital seine Eigenschaft, potentielles Geldkapital darzustellen, in der Krise und überhaupt in Geschäftsstockungen in großem Maß verliert. Dasselbe gilt von dem fiktiven Kapital, den zinstragenden Papieren, soweit diese selbst als Geldkapitale auf der Börse zirkulieren. Mit dem steigenden Zins fällt ihr Preis. Er fällt ferner durch den allgemeinen Kreditmangel, der ihre Eigner zwingt, sie massenweis auf dem Markt loszuschlagen, um sich Geld zu verschaffen. Er fällt endlich bei Aktien, teils infolge der Abnahme der Revenuen, worauf sie Anweisungen sind, teils infolge des Schwindelcharakters der Unternehmungen, die sie oft genug repräsentieren. Dies fiktive Geldkapital ist in Krisen enorm vermindert, und damit die Macht seiner Eigner, Geld darauf im Markt aufzunehmen. Die Verminderung der Geldnamen dieser Wertpapiere im Kurszettel hat jedoch nichts zu tun mit dem wirklichen Kapital, das sie vorstellen, dagegen sehr viel mit der Zahlungsfähigkeit seiner Eigner.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.510])}}<br />
<br />
'''Annahme 12'''<br />
<br />
Die Bedeutung der Börse ist enorm gestiegen, da sich die gesamte Produktion, der Verkehr, die Kommunikationsmittel, usw. zunehmend in den Händen von Börsianer konzentriert.<br />
Dadurch wird die Börse zur hervorragendsten Vertreterin der kapitalistischen Produktion.<br />
<br />
{{Zitat |1. Aus dem 3.Bd., 5.Abschnitt, besonders Kapitel [27], geht hervor, welche Stellung die Börse in der kapitalistischen Produktion überhaupt einnimmt. Nun ist aber seit 1865, wo das Buch verfaßt, eine Veränderung eingetreten, die der Börse heute eine um ein Bedeutendes gesteigerte und noch stets wachsende Rolle zuweist und die bei der ferneren Entwicklung die Tendenz hat, die gesamte Produktion, industrielle wie agrikulturelle, und den gesamten Verkehr, Kommunikationsmittel wie Austauschfunktion, in den Händen von Börsianern zu konzentrieren, so daß die Börse die hervorragendste Vertreterin der kapitalistischen Produktion selbst wird.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.917])}}<br />
<br />
'''Annahme 13'''<br />
<br />
Die Akkumulation des Kapitals vollzieht sich mit stets wachsender Schnelligkeit, auch schneller als die Ausdehnung der eigentlichen Produktion.<br />
Die Akkumulation des einzelnen Kapitalisten konnte, resp. kann, somit nicht in der Vergrößerung seines eigenen Geschäfts volle Verwendung finden.<br />
<br />
{{Zitat |3. Jetzt anders. Die Akkumulation ist seit der Krise von 1866 mit einer stets wachsenden Schnelligkeit vorgegangen, und zwar so, daß in keinem Industrieland, am wenigsten England, die Ausdehnung der Produktion mit der der Akkumulation Schritt halten, die Akkumulation des einzelnen Kapitalisten in der Vergrößerung seines eigenen Geschäfts volle Verwendung finden konnte| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.917f.])}}<br />
<br />
== Quellen ==<br />
<br />
Marx, Karl: MEW Bd. 23-25, Das Kapital in: Marx wirklich studieren, URL: https://marx-wirklich-studieren.net/marx-engels-werke-als-pdf-zum-download/ (06.01.2019).<br />
<br />
[[Kategorie: AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
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<hr />
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<br />
==Ware und ihre Eigenschaften==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Eine Ware ist ein Produkt menschlicher Arbeitskraft, welches für den gesellschaftlichen Austausch produziert wird und menschliche Bedürfnisse befriedigt. Sie Besitzen Gebrauchswert und Tauschwert. Der Gebrauchswert ist qualitativ und beschreibt den Nutzen einer Ware für den Käufer. Der Tauschwert ist quantitativ - er spiegelt eine bestimmte Summe gesellschaftlich notwendiger Arbeit wieder.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Gebrauchswert, Tauschwert, Wert, Konsumtion, Quantitatives Verhältnis, Ware, Produkt, Austausch, Rock, Verhältnis, Erscheinungsform, Arbeitsprodukt, abstrakt menschliche Arbeit, Warenwert, Arbeitszeit, Arbeitskraft, Durchschnitt, Produktionsbedingungen<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Ware und ihrer Eigenschaften wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
Waren haben immer sowohl Gebrauchswert, als auch Tauschwert. Die Trennung in Qualität (Gebrauchswert) und Quantität (Tauschwert) dient lediglich der besseren Erklärbarkeit. Wenn im Folgenden von „Wert“ einer Ware gesprochen wird, meint das nichts „drittes“, sondern die Einheit von Gebrauchs- und Tauschwert.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Eine Ware ist zunächst ein Gegenstand, der menschliche Bedürfnisse aller Art befriedigt, ob als Lebensmittel oder als Produktionsmittel.<br />
<br />
{{Zitat |Die Ware ist zunächst ein äußerer Gegenstand, ein Ding, das durch seine Eigenschaften menschliche Bedürfnisse irgendeiner Art befriedigt. Die Natur dieser Bedürfnisse, ob sie z.B. dem Magen oder der Phantasie entspringen, ändert nichts an der Sache. Es handelt sich hier auch nicht darum, wie die Sache das menschliche Bedürfnis befriedigt, ob unmittelbar als Lebensmittel, d. h. als Gegenstand des Genusses, oder auf einem Umweg, als Produktionsmittel. Jedes nützliche Ding, wie Eisen, Papier usw., ist unter doppeltem Gesichtspunkt zu betrachten, nach Qualität und Quantität.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.49])}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Der Gebrauchswert einer Ware verwirklicht sich im Gebrauch, in seinem Nutzen, abhängig von der Eigenschaft der Ware, von der Qualität der Ware. Zugleich bilden Gebrauchswerte den stofflichen Inhalt des Reichtums. Im Kapitalismus bilden sie zugleich die stofflichen Träger des Tauschwerts. Der Tauschwert erscheint, wenn man verschiedene Gebrauchswerte miteinander tauschen möchte und drückt somit ein quantitatives Verhältnis aus.<br />
<br />
{{Zitat |Die Nützlichkeit eines Dings macht es zum Gebrauchswert. Aber diese Nützlichkeit schwebt nicht in der Luft. Durch die Eigenschaften des Warenkörpers bedingt, existiert sie nicht ohne denselben. Der Warenkörper selbst, wie Eisen, Weizen, Diamant usw., ist daher ein Gebrauchswert oder Gut. Dieser sein Charakter hängt nicht davon ab, ob die Aneignung seiner Gebrauchseigenschaften dem Menschen viel oder wenig Arbeit kostet. Bei Betrachtung der Gebrauchswerte wird stets ihre quantitative Bestimmtheit vorausgesetzt, wie Dutzend Uhren, Elle Leinwand, Tonne Eisen usw. Die Gebrauchswerte der Waren liefern das Material einer eignen Disziplin, der Warenkunde. Der Gebrauchswert verwirklicht sich nur im Gebrauch oder der Konsumtion. Gebrauchswerte bilden den stofflichen Inhalt des Reichtums, welches immer seine gesellschaftliche Form sei. In der von uns zu betrachtenden Gesellschaftsform bilden sie zugleich die stofflichen Träger des – Tauschwerts. Der Tauschwert erscheint zunächst als das quantitative Verhältnis, die Proportion, worin sich Gebrauchswerte einer Art gegen Gebrauchswerte anderer Art austauschen, ein Verhältnis, das beständig mit Zeit und Ort wechselt.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.50])}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Der Grund, um überhaupt Produkte zu tauschen, sind ihre unterschiedlichen Gebrauchswerte. In diesem Tauschprozess wird ein Produkt zur Ware.<br />
<br />
{{Zitat |Um Ware zu werden, muß das Produkt dem andern, dem es als Gebrauchswert dient, durch den Austausch übertragen werden. Endlich kann kein Ding Wert sein, ohne Gebrauchsgegenstand zu sein.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.55])}}<br />
<br />
{{Zitat |Wären jene Dinge nicht qualitativ verschiedne Gebrauchswerte und daher Produkte qualitativ verschiedner nützlicher Arbeiten, so könnten sie sich überhaupt nicht als Waren gegenübertreten. Rock tauscht sich nicht aus gegen Rock, derselbe Gebrauchswert nicht gegen denselben Gebrauchswert.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.56])}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Eine gewisse Ware lässt sich in einem bestimmten Verhältnis mit einer anderen Ware tauschen, z. B. x kg Weizen gegen y kg Kartoffeln oder z kg Möhren. Also hat der Weizen unzählig viele Tauschwerte. Die Tauschwerte müssen aber auch etwas Gleiches haben, um vergleichbar zu sein, der Tauschwert kann also nur die "Erscheinungsform" eines Dritten sein.<br />
<br />
{{Zitat |Eine gewisse Ware, ein Quarter Weizen z.B. tauscht, sich mit x Stiefelwichse oder mit y Seide oder mit z Gold usw., kurz mit andern Waren in den verschiedensten Proportionen. Mannigfache Tauschwerte also hat der Weizen statt eines einzigen. Aber da x Stiefelwichse, ebenso y Seide, ebenso z Gold usw. der Tauschwert von einem Quarter Weizen ist, müssen y Stiefelwichse, y Seide, z Gold usw. durch einander ersetzbare oder einander gleich große Tauschwerte sein. Es folgt daher erstens: Die gültigen Tauschwerte derselben Ware drücken ein Gleiches aus. Zweitens aber: Der Tauschwert kann überhaupt nur die Ausdrucksweise, die ‚Erscheinungsform‛ eines von ihm unterscheidbaren Gehalts sein.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.51])}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Alle Gebrauchswerte sind Arbeitsprodukte und damit auf abstrakte Arbeit reduzierbar. Diese Arbeit produziert Wert, Warenwert. Das Gemeinsame der unterschiedlichen Waren, was sich beim Tauschen darstellt, ist also ihr Wert.<br />
<br />
{{Zitat |Sieht man nun vom Gebrauchswert der Warenkörper ab, so bleibt ihnen nur noch eine Eigenschaft, die von Arbeitsprodukten. Jedoch ist uns auch das Arbeitsprodukt bereits in der Hand verwandelt. Abstrahieren wir von seinem Gebrauchswert, so abstrahieren wir auch von den körperlichen Bestandteilen und Formen, die es zum Gebrauchswert machen. Es ist nicht länger Tisch oder Haus oder Garn oder sonst ein nützlich Ding. Alle seine sinnlichen Beschaffenheiten sind ausgelöscht. Es ist auch nicht länger das Produkt der Tischlerarbeit oder der Bauarbeit oder der Spinnarbeit oder sonst einer bestimmten produktiven Arbeit. Mit dem nützlichen Charakter der Arbeitsprodukte verschwindet der nützliche Charakter der in ihnen dargestellten Arbeiten, es verschwinden also auch die verschiedenen konkreten Formen dieser Arbeiten, sie unterscheiden sich nicht länger, sondern sind allzusamt reduziert auf gleiche menschliche Arbeit, abstrakt menschliche Arbeit. […] Als Kristalle dieser ihnen gemeinschaftlichen gesellschaftlichen Substanz sind sie Werte – Warenwerte.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.52)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Die Größe des Werts misst sich an der Quantität der Arbeit, an der Arbeitszeit in Minuten, Stunden, Tagen etc.<br />
<br />
{{Zitat |Ein Gebrauchswert oder Gut hat also nur einen Wert, weil abstrakt menschliche Arbeit in ihm vergegenständlicht oder materialisiert ist. Wie nun die Größe seines Werts messen? Durch das Quantum der in ihm enthaltenen ‚wertbildenden Substanz‛, der Arbeit. Die Quantität der Arbeit selbst mißt sich an ihrer Zeitdauer, und die Arbeitszeit besitzt wieder ihren Maßstab an bestimmten Zeitteilen, wie Stunde, Tag usw.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.53)}}<br />
<br />
'''Annahme 7 '''<br />
<br />
Die Arbeitszeit für den Wert einer Ware bemisst sich nicht nach einem individuellen (faulen, schnellen, ungeschickten) Arbeiter, sondern an der durchschnittlich gesellschaftlich notwendigen Dauer zur Erstellung dieser Ware unter normalen Produktionsbedingungen.<br />
<br />
{{Zitat |Die gesamte Arbeitskraft der Gesellschaft, die sich in den Werten der Warenwelt darstellt, gilt hier als eine und dieselbe menschliche Arbeitskraft, obgleich sie aus zahllosen individuellen Arbeitskräften besteht. Jede dieser individuellen Arbeitskräfte ist dieselbe menschliche Arbeitskraft wie die andere, soweit sie den Charakter einer gesellschaftlichen Durchschnitts-Arbeitskraft besitzt und als solche gesellschaftliche Durchschnitts-Arbeitskraft wirkt, also in der Produktion einer Ware auch nur die im Durchschnitt notwendige oder gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit braucht. Gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit ist Arbeitszeit, erheischt, um irgendeinen Gebrauchswert mit den vorhandenen gesellschaftlich- normalen Produktionsbedingungen und dem gesellschaftlichen Durchschnittsgrad von Geschick und Intensität der Arbeit darzustellen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.53)}}<br />
<br />
==Arbeitswerttheorie/ Wertgesetz==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Arbeitswerttheorie besagt, dass sich der Wert der Waren entsprechend der zu ihrer Produktion notwendigen Menge gesellschaftlich notwendiger Arbeit bemisst und sie sich dementsprechend austauschen. Das Wertgesetz wirkt innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise als Regulator der Produktion- es treibt die Warenproduzenten an, den gesellschaftlich notwendigen Arbeitsaufwand zu senken und bewegt die gesellschaftliche Produktion in die Bereiche, die am meisten Profit versprechen. Dadurch wird auch bestimmt, welcher Teil gesellschaftlich vorhandener Arbeitszeit für die Produktion der einzelnen Waren verwendet wird.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Wertgröße, Arbeitszeit, Produktivkraft, Wert, Preise, Wertgesetz<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Arbeitswerttheorie/ des Wertgesetzes wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt. Das Wertgesetz wirkt innerhalb der kapitalistischen Produktion spontan als ökonomischer Regulator, was zur Folge hat, dass über das Schwanken der Marktpreise (als Erscheinungsform des Wertes) sich die Produktion hin zur größten Nachfrage und weg vom Überangebot verlagert und so gesellschaftliche Arbeitszeit durch bspw. Nichteinsatz vergeudet wird. Diese destriktive Wirkung wird in Zeiten von Überproduktionskrisen. Unter der Bedingung kapitalistischer Monopole finden sich veränderte Bedingungen für Form und Wirkung des Wertgesetzes.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Der Grad der Entwicklung der Produktivkraft beeinflusst die Arbeitszeit, die zur Herstellung einer Ware nötig ist und somit beeinflusst sie auch die Wertgröße der Ware und ihren Preis: Je größer die Produktivkraft, umso kürzer die benötigte Arbeitszeit, umso kleiner der Wert der Ware, umso kleiner der Preis. Diese Bewegung ist durch das Wertgesetz bestimmt<br />
<br />
{{Zitat |Die Wertgröße einer Ware bliebe daher konstant, wäre die zu ihrer Produktion erheischte Arbeitszeit konstant. Letztere wechselt aber mit jedem Wechsel in der Produktivkraft der Arbeit.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.54)}}<br />
<br />
{{Zitat |Je größer die Produktivkraft der Arbeit, desto kleiner die zur Herstellung eines Artikels erheischte Arbeitszeit, desto kleiner die in ihm kristallisierte Arbeitsmasse, desto kleiner sein Wert. Umgekehrt, je kleiner die Produktivkraft der Arbeit, desto größer die zur Herstellung eines Artikels notwendige Arbeitszeit, desto größer sein Wert. Die Wertgröße einer Ware wechselt also direkt wie das Quantum und umgekehrt wie die Produktivkraft der sich in ihr verwirklichenden Arbeit.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.55)}}<br />
<br />
{{Zitat |In welcher Weise immer die Preise der verschiedenen Waren zuerst gegeneinander festgesetzt oder geregelt sein mögen, das Wertgesetz beherrscht ihre Bewegung. Wo die zu ihrer Produktion erheischte Arbeitszeit fällt, fallen die Preise; wo sie steigt, steigen die Preise, bei sonst gleichbleibenden Umständen.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.186)}}<br />
<br />
== Warenproduktion und gesellschaftliche Teilung der Arbeit ==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Warenproduktion hat ihre objektive Grundlage und historische Bedingung in der gesellschaftlichen Arbeitsteilung. Ab einem gewissen Stand der Produktivkraftentwicklung werden Produkte nicht für den Eigenverbrauch, sondern für den gesellschaftlichen Austausch produziert: die Produkte menschlicher Arbeitskraft werden zu Waren.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Arbeitsteilung, Gebrauchswert, nützliche Arbeit, Warenproduzenten, Arbeitsteilung, Warenproduktion, Existenzbedingung<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Warenproduktion und der gesellschaftlichen Teilung der Arbeit wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Die gesellschaftliche Teilung der Arbeit ist die Voraussetzung der Warenproduktion, umgekehrt gilt diese Voraussetzung jedoch nicht. Jeder Produzent stellt Waren unterschiedlicher Gebrauchswerte her, die durch ihre Unterschiedlichkeit tauschbar sind.<br />
<br />
{{Zitat |[…]: in dem Gebrauchswert jeder Ware steckt eine bestimmte zweckmäßig produktive Tätigkeit oder nützliche Arbeit. Gebrauchswerte können sich nicht als Waren gegenübertreten, wenn nicht qualitativ verschiedne nützliche Arbeiten in ihnen stecken. In einer Gesellschaft, deren Produkte allgemein die Form der Ware annehmen, d. h. in einer Gesellschaft von Warenproduzenten, entwickelt sich dieser qualitative Unterschied der nützlichen Arbeiten, welche unabhängig voneinander als Privatgeschäfte selbständiger Produzenten betrieben werden, zu einem vielgliedrigen System, zu einer gesellschaftlichen Teilung der Arbeit.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.57)}}<br />
<br />
{{Zitat |[…] – eine gesellschaftliche Teilung der Arbeit. Sie ist Existenzbedingung der Warenproduktion, obgleich Warenproduktion nicht umgekehrt die Existenzbedingung gesellschaftlicher Arbeitsteilung.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.56)}}<br />
<br />
==Wertform==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Wertform ist jene Form, in der der Wert einer Ware erscheint. Man unterscheidet die relative, die entfaltete und die allgemeine Wertform. Die relative Wertform einer Ware drückt dabei ihr Verhältnis zu einer bestimmten, ihr äquivalenten anderen Ware aus, bsp.: 1Beil= 2 Paar Stiefel. Bei der entfaltetetn Wertform drückt diese sich in mehreren ihr Äquivalenten Waren aus, bsp.: 1Beil = 4Paar Stiefel = 20Sack Stroh = 10Pfund Butter. Bei der allgemeinen Wertform lassen sich die Werte aller Waren in einer einzigen Ware ausdrücken- sie fungiert als allgemeines Äquivalent.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Wertform, Wertverhältnis, Austauschverhältnis, Quantum, Äquivalent<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Wertform wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Der Tauschwert erscheint erst im Austauschverhältnis zweier Waren. Der Wert einer Ware wird im Äquivalent einer anderen quantitativ ausgedrückt.<br />
<br />
{{Zitat |Die einfache Wertform einer Ware ist enthalten in ihrem Wertverhältnis zu einer verschiedenartigen Ware oder im Austauschverhältnis mit derselben. Der Wert der Ware A wird qualitativ ausgedrückt durch die unmittelbare Austauschbarkeit der Ware B mit der Ware A. Er wird quantitativ ausgedrückt durch die Austauschbarkeit eines bestimmten Quantums der Ware B mit dem gegebenen Quantum der Ware A. In andren Worten: Der Wert einer Ware ist selbständig ausgedrückt durch seine Darstellung als ‚Tauschwert‛.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.74)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Einfache Wertform: xWareA = yWareB<br />
<br />
Entfaltete Wertform: xWare = unendliche viele unterschiedliche Waren<br />
<br />
Allgemeine Wertform: viele unterschiedliche Waren = yWareZ (allgemein anerkanntes Äquivalent)<br />
<br />
Es kristallisiert sich eine Ware heraus, die als allgemein gültiges Äquivalent zu allen anderen Waren tauschbar ist.<br />
<br />
{{Zitat |Die einfache oder vereinzelte relative Wertform einer Ware macht eine andre Ware zum einzelnen Äquivalent. Die entfaltete Form des relativen Werts, dieser Ausdruck des Werts einer Ware in allen andren Waren, prägt ihnen die Form verschiedenartiger besonderer Äquivalente auf. Endlich erhält eine besondre Warenart die allgemeine Äquivalentform, weil alle andren Waren sie zum Material ihrer einheitlichen, allgemeinen Wertform machen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.82)}}<br />
<br />
==Geld==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Geld ist eine Ware, die ein spezifisches Äquivalent für alle anderen Waren ist. Sie bringt deren Wert zum Ausdruck und vermittelt deren Austausch. In dieser Eigenschaft besteht ihr spezifischer Gebrauchswert.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Geldform, Wertform, Vergegenständlichte menschliche Arbeit, Ware, Wertausdruck, Zirkulationsmittel, Wertmaß, Tauschwert, Geld, Krise<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition von Geld wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Die Allgemeine Wertform geht über zur Geldform. Geld hat die gesellschaftliche Gültigkeit bekommen, allgemeines Äquivalent zu allen anderen Waren zu sein.<br />
<br />
{{Zitat |Und erst vom Augenblick, wo diese Ausschließung sich endgültig auf eine spezifische Warenart beschränkt, hat die einheitliche relative Wertform der Waren weit objektive Festigkeit und allgemein gesellschaftliche Gültigkeit gewonnen. Die spezifische Warenart nun, mit deren Naturalform die Äquivalentform gesellschaftlich verwächst, wird zur Geldware oder funktioniert als Geld. Es wird ihre spezifisch gesellschaftliche Funktion, und daher ihr gesellschaftliches Monopol, innerhalb der Warenwelt die Rolle des allgemeinen Äquivalents zu spielen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.109)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Da allen Waren vergegenständlichte menschliche Arbeit sind, können sie in dem gleichen Wertmaß, in Geldform oder Preis ausgedrückt werden.<br />
<br />
{{Zitat |Weil alle Waren als Werte vergegenständlichte menschliche Arbeit, daher an und für sich kommensurabel sind, können sie ihre Werte gemeinschaftlich in derselben spezifischen Ware messen und diese dadurch in ihr gemeinschaftliches Wertmaß oder Geld verwandeln. Geld als Wertmaß ist notwendige Erscheinungsform des immanenten Wertmaßes der Waren, der Arbeitszeit. Der Wertausdruck einer Ware in Gold – x Ware A (ist gleich) y Geldware – ist ihre Geldform oder ihr Preis.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.109)}}<br />
<br />
'''Annahme 3 '''<br />
<br />
Die Ware, die als Zirkulationsmittel funktioniert, ist Geld. Geld ist somit die adäquate Daseinsform des Tauschwerts, die alle anderen Waren als bloße Gebrauchswerte fixiert. Dabei ist es gleich, ob das Geld in „leiblicher“ Form (Goldstück) oder ideell auftritt.<br />
<br />
{{Zitat |Die Ware, welche als Wertmaß und daher auch, leiblich oder durch Stellvertreter, als Zirkulationsmittel funktioniert, ist Geld. Gold (resp. Silber) ist daher Geld. Als Geld funktioniert es, einerseits wo es in seiner goldnen (resp. silbernen) Leiblichkeit erscheinen muß, daher als Geldware, also weder bloß ideell, wie im Wertmaß, noch repräsentationsfähig, wie im Zirkulationsmittel; andrerseits wo seine Funktion, ob es selbe nun in eigner Person oder durch Stellvertreter vollziehe, es als alleinige Wertgestalt oder allein adäquates Dasein des Tauschwerts allen andren Waren als bloßen Gebrauchswerten gegenüber fixiert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.143)}}<br />
<br />
'''Annahme 4 '''<br />
<br />
Dadurch dass die Ware Geld nicht nur leiblich, sondern auch ideell als Zahlungsmittel benutzt wird, entsteht ein Widerspruch. Dieser Widerspruch zwischen Ware und Wertgestalt wird sichtbar, wenn dass Geld – durch Produktions- und Handelskrisen – nicht mehr nur repräsentatives Rechengeld sein kann, sondern harte Ware sein muss. Plötzlich wird der Gegensatz zwischen der Ware und ihrer Wertgestalt, dem Geld, bis zum absoluten Widerspruch gesteigert.<br />
<br />
{{Zitat |Die Funktion des Geldes als Zahlungsmittel schließt einen unvermittelten Widerspruch ein. Soweit sich die Zahlungen ausgleichen, funktioniert es nur ideell als Rechengeld oder Maß der Werte. Soweit wirkliche Zahlung zu verrichten, tritt es nicht als Zirkulationsmittel auf, als nur verschwindende und vermittelnde Form des Stoffwechsels, sondern als die individuelle Inkarnation der gesellschaftlichen Arbeit, selbständiges Dasein des Tauschwerts, absolute Ware. Dieser Widerspruch eklatiert in dem Moment der Produktions- und Handelskrisen, der Geldkrise heißt. Sie ereignet sich nur, wo die prozessierende Kette der Zahlungen und ein künstliches System ihrer Ausgleichung völlig entwickelt sind. Mit allgemeineren Störungen dieses Mechanismus, woher sie immer entspringen mögen, schlägt das Geld plötzlich und unvermittelt um aus der nur ideellen Gestalt des Rechengeldes in hartes Geld. Es wird unersetzlich durch profane Waren. Der Gebrauchswert der Ware wird wertlos, und ihr Wert verschwindet vor seiner eignen Wertform.<br/> In der Krise wird der Gegensatz zwischen der Ware und ihrer Wertgestalt, dem Geld, bis zum absoluten Widerspruch gesteigert. Die Erscheinungsform des Geldes ist hier daher auch gleichgültig. Die Geldhungersnot bleibt dieselbe, ob in Gold oder Kreditgeld, Banknoten etwa, zu zahlen ist.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.151)}}<br />
<br />
==Einfache Warenzirkulation==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die einfache Warenzirkulation (W – G – W) beschreibt den Ausgangspunkt des Kapitals. Ihre Voraussetzungen sind die Warenproduktion, die entwickelte Warenzirkulation und der Handel. In der einfachen Warenzirkulation werden Äquivalente getauscht und sie endet somit in der Aneignung von Gebrauchswerten.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Warenzirkulation, Kapital, Handel, Ware, Zirkulation, Konsumtion, Aneignung, Befriedigung<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Einfachen Warenzirkulation wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Warenzirkulation ist Ausgangspunkt des Kapitals. Damit Kapital entstehen kann, braucht es historische Voraussetzungen: Warenproduktion, entwickelte Warenzirkulation und Handel.<br />
<br />
{{Zitat |Die Warenzirkulation ist der Ausgangspunkt des Kapitals. Warenproduktion und entwickelte Warenzirkulation, Handel, bilden die historischen Voraussetzungen, unter denen es entsteht.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.161)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Einfache Warenzirkulation Ware – Geld – Ware (W – G – W) endet in der Aneignung von Gebrauchswerten.<br />
<br />
{{Zitat |Der Kreislauf W – G – W geht aus von dem Extrem einer Ware und schließt ab mit dem Extrem einer andren Ware, die aus der Zirkulation heraus und der Konsumtion anheimfällt. Konsumtion, Befriedigung von Bedürfnissen, mit einem Wort, Gebrauchswert ist daher sein Endzweck.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.164)}}<br />
<br />
{{Zitat |Die einfache Warenzirkulation – der Verkauf für den Kauf – dient zum Mittel für einen außerhalb der Zirkulation liegenden Endzweck, die Aneignung von Gebrauchswerten, die Befriedigung von Bedürfnissen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.167)}}<br />
<br />
==Kapitalkreislauf==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Der Kapitalkreislauf beschreibt die Bewegung des Kapitals in der Produktions- und Zirkulationssphäre. Bei der Bewegung G – W – G wird Geld gegen Ware und Ware gegen Geld getauscht, wobei G und W jeweils verschiedene Existenzweisen des Werts bilden. Durch das Verändern seiner Erscheinungsformen vergrößert sich der Wert, er verwertet sich selbst. Der Prozess endet bei G‘, was den zugesetzten Mehrwert beinhaltet und das Kapital steht somit wieder am Ausgangspunkt seiner endlosen Bewegung.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Zirkulation, Geld, Ware, Geldsumme, Mehrwert, Kapital, Verwertung, Bewegung, Selbstverwertung, Kapitalkreislauf<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition des Kapitalkreislaufs wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Bei der Zirkulation Geld – Ware – Geld (G – W – G) tauscht man Geld gegen Ware, um sie wieder gegen Geld zu tauschen, kurz Austausch von Geld gegen Geld.<br />
<br />
{{Zitat |Sehn wir uns die Zirkulation G – W – G näher an. Sie durchläuft, gleich der einfachen Warenzirkulation, zwei entgegengesetzte Phasen. In der ersten Phase, G – W, Kauf, wird das Geld in Ware verwandelt. In der zweiten Phase, W – G, Verkauf, wird die Ware in Geld rückverwandelt. Die Einheit beider Phasen aber ist die Gesamtbewegung, welche Geld gegen Ware und dieselbe Ware wieder gegen Geld austauscht, Ware kauft, um sie zu verkaufen, oder wenn man die formellen Unterschiede von Kauf und Verkauf vernachlässigt, mit dem Geld Ware und mit der Ware Geld kauft. Das Resultat, worin der ganze Prozeß erlischt, ist Austausch von Geld gegen Geld, G – G.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.162)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Der Prozess G – W – G macht nur Sinn, wenn G quantitativ verschieden ist, wenn G – W – G', wo G' größer als G ist. Den Zuwachs zu G nennt man Mehrwert. In dem Prozess, in dem G zu G' wird, wird G zu Kapital.<br />
<br />
{{Zitat |Eine Geldsumme kann sich von der andren Geldsumme überhaupt nur durch ihre Größe unterscheiden. Der Prozeß G – W – G schuldet seinen Inhalt daher keinem qualitativen Unterschied seiner Extreme, denn sie sind beide Geld, sondern nur ihrer quantitativen Verschiedenheit. Schließlich wird der Zirkulation mehr Geld entzogen, als anfangs hineingeworfen ward. Die zu 100 Pfd.St. gekaufte Baumwolle wird z.B. wieder verkauft zu 100 (plus) 10 Pfd.St. oder 110 Pfd.St. Die vollständige Form dieses Prozesses ist daher G – W – G' , wo G' (gleich) G + A G, d. h. gleich der ursprünglich vorgeschossenen Geldsumme plus einem Inkrement. Dieses Inkrement oder den Überschuß über den ursprünglichen Wert nenne ich – Mehrwert (surplus value). Der ursprünglich vorgeschoßne Wert erhält sich daher nicht nur in der Zirkulation, sondern in ihr verändert er seine Wertgröße, setzt einen Mehrwert zu oder verwertet sich. Und diese Bewegung verwandelt ihn in Kapital.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.165)}}<br />
<br />
'''Annahme 3 '''<br />
<br />
Die Verwertung des Werts ist Ziel und Selbstzweck der Zirkulation des Geldes als Kapital, weshalb der Kreislauf sich unerschöpflich wiederholt. Diese Kreislaufbewegung unterscheidet den Geldbesitzer vom Kapitalisten. <br />
<br />
{{Zitat |Die Zirkulation des Geldes als Kapital ist dagegen Selbstzweck, denn die Verwertung des Werts existiert nur innerhalb dieser stets erneuerten Bewegung. Die Bewegung des Kapitals ist daher maßlos. Als bewußter Träger dieser Bewegung wird der Geldbesitzer Kapitalist.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.167)}}<br />
<br />
'''Annahme 4 '''<br />
<br />
Ware und Geld sind verschiedene Existenzweisen des Werts, im Verändern seiner Erscheinungsformen (Geld – Ware – Geld) vergrößert er sich. Zum ursprünglichen Wert gibt sich Mehrwert dazu, er verwertet sich somit selbst.<br />
<br />
{{Zitat |Die selbständigen Formen, die Geldformen, welche der Wert der Waren in der einfachen Zirkulation annimmt, vermitteln nur den Warenaustausch und verschwinden im Endresultat der Bewegung. In der Zirkulation G – W – G funktionieren dagegen beide, Ware und Geld, nur als verschiedne Existenzweisen des Werts selbst, das Geld seine allgemeine, die Ware seine besondre, sozusagen nur verkleidete Existenzweise. […] Fixiert man die besondren Erscheinungsformen, welche der sich verwertende Wert im Kreislauf seines Lebens abwechselnd annimmt, so erhält man die Erklärungen: Kapital ist Geld, Kapital ist Ware. In der Tat aber wird der Wert hier das Subjekt eines Prozesses, worin er unter dem beständigen Wechsel der Formen von Geld und Ware seine Größe selbst verändert, sich als Mehrwert von sich selbst als ursprünglichem Wert abstößt, sich selbst verwertet. Denn die Bewegung, worin er Mehrwert zusetzt, ist seine eigne Bewegung, seine Verwertung also Selbstverwertung. Er hat die okkulte Qualität erhalten, Wert zu setzen, weil er Wert ist. Er wirft lebendige Junge oder legt wenigstens goldne Eier.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.169)}}<br />
<br />
'''Annahme 5 '''<br />
<br />
Kapitalkreislauf: Wert kommt aus dem Kreislauf, geht wieder in ihn hinein, erhält sich und vergrößert sich (Mehrwert), kommt insgesamt größer aus ihm heraus und beginnt von neuem denselben Kreislauf. Dieser sich verwertende Wert ist Kapital.<br />
<br />
{{Zitat |Der Wert wird also prozessierender Wert, prozessierendes Geld und als solches Kapital. Er kommt aus der Zirkulation her, geht wieder in sie ein, erhält und vervielfältigt sich in ihr, kehrt vergrößert aus ihr zurück und beginnt denselben Kreislauf stets wieder von neuem. G – G ', geldheckendes Geld – money which begets money – lautet die Beschreibung des Kapitals im Munde seiner ersten Dolmetscher, der Merkantilisten.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.170)}}<br />
<br />
==Mehrwert==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Bei der Metamorphose des Werts G – W – G‘ setzt der Wert einen Mehrwert zu. Dieser entspringt aber nicht dem Äquivalententausch und ebensowenig dem Tausch von Nicht-Äquivalenten. Der Warenbesitzer kann den Wert einer Ware nur erhöhen, indem er ihr neuen Wert durch den Einsatz von Arbeit zusetzt.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Tausch, Äquivalent, Mehrwert, Warenaustausch, Kapital, Verteilung, Minderwert, Zirkulation, Arbeit, Mehrwert, Wertbildung<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition des Mehrwerts wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Beim Tausch von Äquivalenten wird kein Mehrwert produziert. Auch beim Tausch von Nicht-Äquivalenten (wenn Käufer über oder unter Wert kauft bzw. Verkäufer unter oder über Wert verkauft) wird kein Mehrwert produziert, da sich dieser kurzfristige Vorteil im Kreislauf wieder aufheben wird.<br />
Die Zirkulation oder der Warenaustausch schafft keinen Wert. Nur Arbeit kann Waren Wert zusetzen, Mehrwert erzeugen.<br />
<br />
{{Zitat |Werden Waren oder Waren und Geld von gleichem Tauschwert, also Äquivalente ausgetauscht, so zieht offenbar keiner mehr Wert aus der Zirkulation heraus, als er in sie hineinwirft. Es findet dann keine Bildung von Mehrwert statt.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.174)}}<br />
<br />
{{Zitat |Die Bildung von Mehrwert und daher die Verwandlung von Geld in Kapital, kann also weder dadurch erklärt werden, daß die Verkäufer die Waren über ihrem Werte verkaufen, noch dadurch, daß die Käufer sie unter ihrem Werte kaufen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.175)}}<br />
<br />
{{Zitat |Der zirkulierende Wert hat sich um kein Atom vergrößert, seine Verteilung zwischen A und B hat sich verändert. Auf der einen Seite erscheint als Mehrwert, was auf der andren Minderwert ist, auf der einen Seite als Plus, was auf der andren als Minus.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.177)}}<br />
<br />
{{Zitat |Man mag sich also drehen und wenden, wie man will, das Fazit bleibt dasselbe. Werden Äquivalente ausgetauscht, so entsteht kein Mehrwert, und werden Nicht-Äquivalente ausgetauscht, so entsteht auch kein Mehrwert. Die Zirkulation oder der Warenaustausch schafft keinen Wert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.177f.)}}<br />
<br />
{{Zitat |Kann aber der Mehrwert anderswoher entspringen als aus der Zirkulation? Die Zirkulation ist die Summe aller Wechselbeziehungen der Warenbesitzer. Außerhalb derselben steht der Warenbesitzer nur noch in Beziehung zu seiner eignen Ware. […] Aber seine Arbeit stellt sich nicht dar im Werte der Ware und einem Überschuß über ihrem eignen Wert, nicht in einem Preise von 10, der zugleich ein Preis von 11, nicht in einem Wert, der größer als er selbst ist. Der Warenbesitzer kann durch seine Arbeit Werte bilden, aber keine sich verwertenden Werte. Er kann den Wert einer Ware erhöhn, indem er vorhandnem Wert neuen Wert durch neue Arbeit zusetzt, z.B. aus Leder Stiefel macht.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.179f.)}}<br />
<br />
==Ware Arbeitskraft==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Ware Arbeitskraft ist die dem Arbeiter eigene Ware. Ob sie körperliche oder geistige Arbeit verrichtet- ihr spezifischer Gebrauchswert ist die Erzeugung von Wert. Ihr Tauschwert richtet sich nach der Summe der notwendigen Lebensmittel, die der Arbeiter braucht, um sich selbst zu reproduzieren und ist abhängig von der Kulturstufe, den Ansprüchen, die der Arbeiter stellt und dem Wert der benötigten Lebensmittel. Steigt der Wert der benötigten Lebensmittel, steigt auch der Wert der Arbeitskraft. Die Minimalgrenze des Werts der Arbeitskraft ist der Wert der täglichen Lebensmittel des Arbeiters. Sinkt der Preis der Arbeitskraft unter diesen Wert, hört der Arbeiter auf, zu existieren.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Arbeitskraft, Wert, Gebrauchswert, Arbeitsvermögen, Kapitalist, Geldbesitzer, Arbeiter, Warenbesitzer, Eigentum, Kapital, Warenmarkt, Freiheit, Ware, Produktion, Reproduktion, Arbeitszeit, Lebensmittel, Grenze, Minimum<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Ware Arbeitskraft wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Der Gebrauchswert der Ware Arbeitskraft ist es Wert zu schaffen. Zur Arbeitskraft zählen alle körperlichen und geistigen Fähigkeiten, die beim Arbeiten benutzt werden.<br />
<br />
{{Zitat |Die Veränderung muß sich also zutragen mit der Ware, die im ersten Akt G – W gekauft wird, aber nicht mit ihrem Wert, denn es werden Äquivalente ausgetauscht, die Ware wird zu ihrem Werte bezahlt. Die Veränderung kann also nur entspringen aus ihrem Gebrauchswert als solchem, d. h. aus ihrem Verbrauch. Um aus dem Verbrauch einer Ware Wert herauszuziehn, müßte unser Geldbesitzer so glücklich sein, innerhalb der Zirkulationssphäre, auf dem Markt, eine Ware zu entdecken, deren Gebrauchswert selbst die eigentümliche Beschaffenheit besäße, Quelle von Wert zu sein, deren wirklicher Verbrauch also selbst Vergegenständlichung von Arbeit wäre, daher Wertschöpfung. Und der Geldbesitzer findet auf dem Markt eine solche spezifische Ware vor – das Arbeitsvermögen oder die Arbeitskraft. Unter Arbeitskraft oder Arbeitsvermögen verstehen wir den Inbegriff der physischen und geistigen Fähigkeiten, die in der Leiblichkeit, der lebendigen Persönlichkeit eines Menschen existieren und die er in Bewegung setzt, sooft er Gebrauchswerte irgendeiner Art produziert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.181)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Der Kapitalist und der Arbeiter begegnen sich als juristisch gleiche Personen, als ebenbürtige Warenbesitzer auf dem Markt. Der einzige Unterschied ist, dass der eine Käufer, der andere Verkäufer ist. Der Arbeiter muss immer Besitzer seiner Ware, also Arbeitskraft, sein und kann sie somit nur für einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung stellen.<br />
<br />
{{Zitat |Er und der Geldbesitzer begegnen sich auf dem Markt und treten in Verhältnis zueinander als ebenbürtige Warenbesitzer, nur dadurch unterschieden, daß der eine Käufer, der andre Verkäufer, beide also juristisch gleiche Personen sind. Die Fortdauer dieses Verhältnisses erheischt, daß der Eigentümer der Arbeitskraft sie stets nur für bestimmte Zeit verkaufe, denn verkauft er sie in Bausch und Bogen, ein für allemal, so verkauft er sich selbst, verwandelt sich aus einem Freien in einen Sklaven, aus einem Warenbesitzer in eine Ware. Er als Person muß sich beständig zu seiner Arbeitskraft als seinem Eigentum und daher seiner eignen Ware verhalten, und das kann er nur, soweit er sie dem Käufer stets nur vorübergehend, für einen bestimmten Zeittermin, zur Verfügung stellt, zum Verbrauch überläßt, also durch ihre Veräußerung nicht auf sein Eigentum an ihr verzichtet.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.182)}}<br />
<br />
'''Annahme 3 '''<br />
<br />
Voraussetzung für die Verwandlung von Geld in Kapital ist, dass es Arbeiter auf dem Warenmarkt gibt. Die Arbeiter müssen über ihre Arbeitskraft als Ware verfügen können und besitzen keine eigenen Produktionsmittel.<br />
<br />
{{Zitat |Zur Verwandlung von Geld in Kapital muß der Geldbesitzer also den freien Arbeiter auf dem Warenmarkt vorfinden, frei in dem Doppelsinn, daß er als freie Person über seine Arbeitskraft als seine Ware verfügt, daß er andrerseits andre Waren nicht zu verkaufen hat, los und ledig, frei ist von allen zur Verwirklichung seiner Arbeitskraft nötigen Sachen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.183)}}<br />
<br />
'''Annahme 4 '''<br />
<br />
Der Wert der Ware Arbeitskraft wird gemessen an dem Wert der Summe der Lebensmittel, die der Arbeiter benötigt, um existieren zu können, sowie sich selbst fortzupflanzen. <br />
<br />
{{Zitat |Die Arbeitskraft existiert nur als Anlage des lebendigen Individuums. Ihre Produktion setzt also seine Existenz voraus. Die Existenz des Individuums gegeben, besteht die Produktion der Arbeitskraft in seiner eignen Reproduktion oder Erhaltung. Zu seiner Erhaltung bedarf das lebendige Individuum einer gewissen Summe von Lebensmitteln. Die zur Produktion der Arbeitskraft notwendige Arbeitszeit löst sich also auf in die zur Produktion dieser Lebensmittel notwendige Arbeitszeit, oder der Wert der Arbeitskraft ist der Wert der zur Erhaltung ihres Besitzers notwendigen Lebensmittel.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.185)}}<br />
<br />
'''Annahme 5 '''<br />
<br />
Besonderheit des Werts der Ware Arbeitskaft: Er ist beeinflussbar; abhängig von der Kulturstufe, den Ansprüchen, die die Arbeiter stellen, die sich historisch entwickelt haben und als natürliche Bedürfnisse gelten.<br />
<br />
{{Zitat |Die Summe der Lebensmittel muß also hinreichen, das arbeitende Individuum als arbeitendes Individuum in seinem normalen Lebenszustand zu erhalten. Die natürlichen Bedürfnisse selbst, wie Nahrung, Kleidung, Heizung, Wohnung usw., sind verschieden je nach den klimatischen und andren natürlichen Eigentümlichkeiten eines Landes. Andrerseits ist der Umfang sog. notwendiger Bedürfnisse, wie die Art ihrer Befriedigung, selbst ein historisches Produkt und hängt daher großenteils von der Kulturstufe eines Landes, unter andrem auch wesentlich davon ab, unter welchen Bedingungen, und daher mit welchen Gewohnheiten und Lebensansprüchen die Klasse der freien Arbeiter sich gebildet hat. Im Gegensatz zu den andren Waren enthält also die Wertbestimmung der Arbeitskraft ein historisches und moralisches Element. Für ein bestimmtes Land, zu einer bestimmten Periode jedoch, ist der Durchschnitts-Umkreis der notwendigen Lebensmittel gegeben.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.185)}}<br />
<br />
'''Annahme 6 '''<br />
<br />
Da der Wert der Ware Arbeitskraft an der Summe der Lebensmittel gemessen wird, die der Arbeiter zur Reproduktion seiner Arbeitskraft benötigt, verändert sich dieser Wert, wenn der Wert der Lebensmittel sich verändert.<br />
<br />
{{Zitat |Der Wert der Arbeitskraft löst sich auf in den Wert einer bestimmten Summe von Lebensmitteln. Er wechselt daher auch mit dem Wert dieser Lebensmittel, d. h. der Größe der zu ihrer Produktion erheischten Arbeitszeit.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.186)}}<br />
<br />
'''Annahme 7 '''<br />
<br />
Die Minimalgrenze des Werts der Ware Arbeitskraft ist erreicht, wenn ein Sinken des Preises der Arbeitskraft dazu führen würde, dass die tägliche Reproduktion des Arbeiters nicht mehr gewährleistet wäre und er sterben müsste. <br />
<br />
{{Zitat |Die letzte Grenze oder Minimalgrenze des Werts der Arbeitskraft wird gebildet durch den Wert einer Warenmasse, ohne deren tägliche Zufuhr der Träger der Arbeitskraft, der Mensch, seinen Lebensprozeß nicht erneuern kann, also durch den Wert der physisch unentbehrlichen Lebensmittel.<br/> Sinkt der Preis der Arbeitskraft auf dieses Minimum, so sinkt er unter ihren Wert, denn sie kann sich so nur in verkümmerter Form erhalten und entwickeln. Der Wert jeder Ware ist aber bestimmt durch die Arbeitszeit, erfordert, um sie in normaler Güte zu liefern.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.187)}}<br />
<br />
==Konstantes und variables Kapital==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Das im Arbeitsprozess eingesetzte Kapital unterteilt sich in konstantes und variables Kapital. Das konstante Kapital (k) wird dabei gebildet aus dem eingesetzten Rohmaterial, der Hilfsstoffe und den Arbeitsmitteln. Das variable Kapital (v) bildet sich aus der bezahlten Arbeitskraft. Während das variable Kapital einerseits den Wert des konstanten Kapitals auf das Arbeitsprodukt überträgt und sein eigenes Äquivalent, schafft es zusätzlich Mehrwert. Es verändert also seine Wertgröße. Die Wertgröße des konstanten Kapitals verändert sich hingegen nicht.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Arbeitskraft, lebendige Arbeit, Kapital, Produktionsmittel, Verausgabung, Produkt, Wert, Konstantes Kapital, Variables Kapital, Verwertungsprozess, Wertzusammensetzung, Technische Zusammensetzung des Kapitals, Organische Zusammensetzung des Kapitals<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition des konstanten und variablen Kapitals wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Im Arbeitsprozess überträgt der Arbeiter den Wert der verwendeten Produktionsmittel (Rohstoffe, Hilfsstoffe, Teilwert der verwendeten Maschinen) und schafft neuen Wert durch seine hinzugefügte Arbeit.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist also eine Naturgabe der sich betätigenden Arbeitskraft, der lebendigen Arbeit, Wert zu erhalten, indem sie Wert zusetzt, eine Naturgabe, die dem Arbeiter nichts kostet, aber dem Kapitalisten viel einbringt, die Erhaltung des vorhandnen Kapitalwerts.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.221)}}<br />
<br />
{{Zitat |In ihrer abstrakten, allgemeinen Eigenschaft also, als Verausgabung menschlicher Arbeitskraft, setzt die Arbeit des Spinners den Werten von Baumwolle und Spindel Neuwert zu, und in ihrer konkreten, besondren, nützlichen Eigenschaft als Spinnprozeß, überträgt sie den Wert dieser Produktionsmittel auf das Produkt und erhält so ihren Wert im Produkt. Daher die Doppelseitigkeit ihres Resultats in demselben Zeitpunkt. Durch das bloß quantitative Zusetzen von Arbeit wird neuer Wert zugesetzt, durch die Qualität der zugesetzten Arbeit werden die alten Werte der Produktionsmittel im Produkt erhalten.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.215)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Konstantes Kapital sind Ausgaben für Rohmaterialien, Hilfsstoffe und Arbeitsmittel, die ihre Wertgröße im Produktionsprozess nicht verändern.<br />
Variables Kapital ist die Bezahlung der Arbeitskraft. Die Arbeitskraft überträgt nicht nur ihren eigenen Wert auf das Produkt, sondern schafft zusätzlich neuen (Mehrwert), der mal größer, mal kleiner sein kann.<br />
<br />
{{Zitat |Der Überschuß des Gesamtwerts des Produkts über die Wertsumme seiner Bildungselemente ist der Überschuß des verwerteten Kapitals über den ursprünglich vorgeschoßnen Kapitalwert. Produktionsmittel auf der einen Seite, Arbeitskraft auf der andren sind nur die verschiednen Existenzformen, die der ursprüngliche Kapitalwert annahm bei Abstreifung seiner Geldform und seiner Verwandlung in die Faktoren des Arbeitsprozesses.<br/> Der Teil des Kapitals also, der sich in Produktionsmittel, d. h. in Rohmaterial, Hilfsstoffe und Arbeitsmittel umsetzt, verändert seine Wertgröße nicht im Produktionsprozeß. Ich nenne ihn daher konstanten Kapitalteil, oder kürzer: konstantes Kapital.<br/> Der in Arbeitskraft umgesetzte Teil des Kapitals verändert dagegen seinen Wert im Produktionsprozeß. Er reproduziert sein eignes Äquivalent und einen Überschuß darüber, Mehrwert, der selbst wechseln, größer oder kleiner sein kann. Aus einer konstanten Größe verwandelt sich dieser Teil des Kapitals fortwährend in eine variable. Ich nenne ihn daher variablen Kapitalteil, oder kürzer: variables Kapital. Dieselben Kapitalbestandteile, die sich vom Standpunkt des Arbeitsprozesses als objektive und subjektive Faktoren, als Produktionsmittel und Arbeitskraft unterscheiden, unterscheiden sich vom Standpunkt des Verwertungsprozesses als konstantes Kapital und variables Kapital.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.223f.)}}<br />
<br />
==Die Mehrwertrate==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Mehrwertrate (m‘) drückt das Verhältnis von gewonnener Mehrwertmasse (m) und eingesetzter Arbeitskraft oder variablem Kapital (v) aus, bzw. von Mehrarbeitszeit zu notwendiger Arbeitszeit. Sie beschreibt den Exploitations- bzw. Ausbeutungsgrad der Arbeitskraft.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Konstantes Kapital, Variables Kapital, Mehrwertrate, Exploitationsgrad, Mehrprodukt, Mehrwert<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Mehrwertrate wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Die Mehrwertrate (m´) bestimmt das Verhältnis des Mehrwerts (m) zu den Lohnkosten (v) oder der Mehrarbeitszeit zu der notwenigen Arbeitszeit.(m´) = Mehrwert (m) / variables Kapital (v) oder Mehrarbeitszeit / notwendige Arbeitszeit. Somit lässt sich durch die Mehrwertrate der Ausbeutungsgrad des Arbeiters durch den Kapitalisten bestimmen.<br />
<br />
{{Zitat |Der Mehrwert verhält sich zum variablen Kapital, wie die Mehrarbeit zur notwendigen, oder die Rate des Mehrwerts m (geteilt durch) v gleich Mehrarbeit (geteilt durch) Notwendige Arbeit. Beide Proportionen drücken dasselbe Verhältnis in verschiedner Form aus, das eine Mal in der Form vergegenständlichter, das andre Mal in der Form flüssiger Arbeit. Die Rate des Mehrwerts ist daher der exakte Ausdruck für den Exploitationsgrad der Arbeitskraft durch das Kapital oder des Arbeiters durch den Kapitalisten.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.231f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Da der Zweck der kapitalistischen Produktion die Produktion von Mehrwert ist, ist die Höhe der Mehrwertrate eine bestimmende Größe.<br />
<br />
{{Zitat |Wie die Produktion von Mehrwert der bestimmende Zweck der kapitalistischen Produktion, so mißt nicht die absolute Größe des Produkts, sondern die relative Größe des Mehrprodukts den Höhegrad des Reichtums.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.243f.)}}<br />
<br />
==Der Arbeitstag==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Länge eines Arbeitstages im Industriekapitalismus hat eine untere und eine obere Grenze. Die untere Grenze muss oberhalb der notwendigen Arbeitszeit liegen, da Kapitalisten profitabel produzieren müssen. Die obere Grenze kann durch physische und moralische Kriterien beantwortet werden. Physisch muss die obere Grenze den Arbeitern die Reproduktion ihrer Arbeitskraft ermöglichen. Moralisch müssen auch geistige, soziale etc. Bedürfnisse der Arbeiter befriedigt werden. Die moralische Grenze resultiert aus den Machtverhältnissen der organisierten Arbeiter gegenüber der Kapitalseite, die sich in Arbeitskämpfen austragen und innerhalb des Kapitalismus in Staatsgesetzen ausdrücken. Die Kapitalisten drängen auf ihr Optimum, also auf eine für sie günstige und ständige Verwertung von Arbeitskraft, da Maschinen ständige, also 24-stündige, Verwertungsmöglichkeiten darstellen. Das bedeutet die Verkehrung der Verhältnisse von toter und lebendiger Arbeit.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Arbeitstag, Klassenkampf, Länge des Arbeitstags, Maximalgrenze des Arbeitstags, Minimalgrenze des Arbeitstags, notwendige Arbeit, Notwendigkeit der Organisierung der Arbeiter, Recht als Käufer/Verkäufer, Staatsgesetz<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die Länge des Arbeitstags hat gewisse Schranken, in denen sie variieren kann.<br />
<br />
{{Zitat |Obgleich nun der Arbeitstag keine feste, sondern eine fließende Größe ist, kann er andrerseits nur innerhalb gewisser Schranken variieren.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.246)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
In der kapitalistischen Produktionsweise kann sich der Arbeitstag nie nur auf den Teil der notwendigen Arbeit verkürzen.<br />
<br />
{{Zitat |Auf Grundlage der kapitalistischen Produktionsweise kann die notwendige Arbeit […] immer nur einen Teil seines [des Arbeiters] Arbeitstages bilden, der Arbeitstag sich also nie auf dies Minimum verkürzen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.246)}}<br />
<br />
'''Annahme 3 '''<br />
<br />
Die Maximalgrenze ist doppelt bestimmt. Der Arbeiter hat eine physische Grenze. Ein Teil des Tages muss er schlafen, essen, sich reinigen etc. Und es gibt eine moralische Grenze. Der Arbeiter braucht Zeit, geistige und soziale Bedürfnisse zu befriedigen, deren Umfang abhängig vom allgemeinen Kulturzustand ist. Beide Schranken sind sehr elastisch.<br />
<br />
{{Zitat |Er ist über eine gewisse Grenze hinaus nicht verlängerbar. Diese Maximalschranke ist doppelt bestimmt. Einmal durch die physische Schranke der Arbeitskraft. Ein Mensch kann während des natürlichen Tags von 24 Stunden nur ein bestimmtes Quantum Lebenskraft verausgaben. So kann ein Pferd tagaus, tagein nur 8 Stunden arbeiten. Während eines Teils des Tags muß die Kraft ruhen, schlafen, während eines andren Teils hat der Mensch andre physische Bedürfnisse zu befriedigen, sich zu nähren, reinigen, kleiden usw. Außer dieser rein physischen Schranke stößt die Verlängrung des Arbeitstags auf moralische Schranken. Der Arbeiter braucht Zeit zur Befriedigung geistiger und sozialer Bedürfnisse, deren Umfang und Zahl durch den allgemeinen Kulturzustand bestimmt sind. Die Variation des Arbeitstags bewegt sich daher innerhalb physischer und sozialer Schranken. Beide Schranken sind aber sehr elastischer Natur und erlauben den größten Spielraum. So finden wir Arbeitstage von 8, 10, 12, 14, 16, 18 Stunden, also von der verschiedensten Länge.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.246f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Aus Sicht des Kapitalisten darf er größtmöglichen Nutzen aus seiner gekauften Ware Arbeitskraft herauszuschlagen, wie jeder andere auch aus seiner gekauften Ware. Das konstante (tote) Kapital und die Produktionsmittel sind nur da, um lebendige Arbeit einzusaugen. Das Interesse des Kapitalisten ist es sein Kapital zu verwerten und so viel Mehrwert wie möglich zu schaffen.<br/><br />
Der Kapitalist kauft den Gebrauchswert der Arbeitskraft, der Arbeiter erhält den Tauschwert. Dennoch zieht der Kapitalist Mehrwert aus diesem Tausch, der den Gesetzen des Warentauschs entspricht.<br />
<br />
{{Zitat |Der Kapitalist hat die Arbeitskraft zu ihrem Tageswert gekauft. Ihm gehört ihr Gebrauchswert während eines Arbeitstags. Er hat also das Recht erlangt, den Arbeiter während eines Tags für sich arbeiten zu lassen. Aber was ist ein Arbeitstag? Jedenfalls weniger als ein natürlicher Lebenstag. Um wieviel? Der Kapitalist hat seine eigne Ansicht über dies ultima Thüle, die notwendige Schranke des Arbeitstags. Als Kapitalist ist er nur personifiziertes Kapital. Seine Seele ist die Kapitalseele. Das Kapital hat aber einen einzigen Lebenstrieb, den Trieb, sich zu verwerten, Mehrwert zu schaffen, mit seinem konstanten Teil, den Produktionsmitteln, die größtmögliche Masse Mehrarbeit einzusaugen. Das Kapital ist verstorbne Arbeit, die sich nur vampyrmäßig belebt durch Einsaugung lebendiger Arbeit und um so mehr lebt, je mehr sie davon einsaugt. Die Zeit, während deren der Arbeiter arbeitet, ist die Zeit, während deren der Kapitalist die von ihm gekaufte Arbeitskraft konsumiert. Konsumiert der Arbeiter seine disponible Zeit für sich selbst, so bestiehlt er den Kapitalisten. <br/> Der Kapitalist beruft sich also auf das Gesetz des Warenaustausches. Er, wie jeder andre Käufer, sucht den größtmöglichen Nutzen aus dem Gebrauchswert seiner Ware herauszuschlagen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.223f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Stillliegendes konstantes Kapital bringt Verlust. Die Ausdehnung der Arbeitszeit in die Nacht hinein und generell auf alle 24 Stunden des Tages ist Trieb der kapitalistischen Produktion.<br />
<br />
{{Zitat |Das konstante Kapital, die Produktionsmittel, sind, vom Standpunkt des Verwertungsprozesses betrachtet, nur da, um Arbeit und mit jedem Tropfen Arbeit ein proportionelles Quantum Mehrarbeit einzusaugen. Soweit sie das nicht tun, bildet ihre bloße Existenz einen negativen Verlust für den Kapitalisten, denn sie repräsentieren während der Zeit, wo sie brachliegen, nutzlosen Kapitalvorschuß, und dieser Verlust wird positiv, sobald die Unterbrechung zusätzliche Auslagen nötig macht für den Wiederbeginn des Werks. Die Verlängrung des Arbeitstags über die Grenzen des natürlichen Tags in die Nacht hinein wirkt nur als Palliativ, stillt nur annähernd den Vampyrdurst nach lebendigem Arbeitsblut. Arbeit während aller 24 Stunden des Tags anzueignen ist daher der immanente Trieb der kapitalistischen Produktion.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.271f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Von den elastischen Schranken abgesehen, gibt es keine Grenze des Arbeitstages. Der Kapitalist als Käufer will den Gebrauchswert der Ware Arbeitskraft so lange wie möglich nutzen. Der Arbeiter als Verkäufer behauptet sein Recht, den Arbeitstag auf eine Normalgröße zu beschränken. <br />
Hier bringt die kapitalistische Produktionsweise also einen Kampf zwischen den Klassen hervor, damit einhergehend auch die Formierung der vielen einzelnen Kapitalisten zur Bourgeoisie und die Formierung der vielen einzelnen Angehörigen der Arbeiterklasse zu einer gemeinsam handelnden Arbeiterklasse.<br />
<br />
{{Zitat |Man sieht: Von ganz elastischen Schranken abgesehn, ergibt sich aus der Natur des Warenaustausches selbst keine Grenze des Arbeitstags, also keine Grenze der Mehrarbeit. Der Kapitalist behauptet sein Recht als Käufer, wenn er den Arbeitstag so lang als möglich und womöglich aus einem Arbeitstag zwei zu machen sucht. Andrerseits schließt die spezifische Natur der verkauften Ware eine Schranke ihres Konsums durch den Käufer ein, und der Arbeiter behauptet sein Recht als Verkäufer, wenn er den Arbeitstag auf eine bestimmte Normalgröße beschränken will. Es findet hier also eine Antinomie statt, Recht wider Recht, beide gleichmäßig durch das Gesetz des Warenaustausches besiegelt. Zwischen gleichen Rechten entscheidet die Gewalt. Und so stellt sich in der Geschichte der kapitalistischen Produktion die Normierung des Arbeitstags als Kampf um die Schranken des Arbeitstags dar – ein Kampf zwischen dem Gesamtkapitalisten, d.h. der Klasse der Kapitalisten, und dem Gesamtarbeiter, oder der Arbeiterklasse.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.249)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Ab einer gewissen Reifestufe der kapitalistischen Produktion ist der einzelne Arbeiter machtlos. Der Normalarbeitstag ist Produkt des Klassenkampfs. <br />
<br />
{{Zitat |Die Geschichte der Reglung des Arbeitstags in einigen Produktionsweisen, in andren der noch fortdauernde Kampf um diese Reglung, beweisen handgreiflich, daß der vereinzelte Arbeiter, der Arbeiter als ‚freier‘ Verkäufer seiner Arbeitskraft, auf gewisser Reifestufe der kapitalistischen Produktion, widerstandslos unterliegt. Die Schöpfung eines Normalarbeitstags ist daher das Produkt eines langwierigen, mehr oder minder versteckten Bürgerkriegs zwischen der Kapitalistenklasse und der Arbeiterklasse.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.316)}}<br />
<br />
'''Annahme 8'''<br />
<br />
Die Arbeiter als Klasse müssen zu ihrem eigenen Schutze ein Staatsgesetz erzwingen, ein Vertrag mit den Kapitalisten eingehen, um sich nicht individuell zu Tode zu arbeiten. <br />
<br />
{{Zitat |Zum ‚Schutz‘ gegen die Schlange ihrer Qualen müssen die Arbeiter ihre Köpfe zusammenrotten und als Klasse ein Staatsgesetz erzwingen, ein übermächtiges gesellschaftliches Hindernis, das sie selbst verhindert, durch freiwilligen Kontrakt mit dem Kapital sich und ihr Geschlecht in Tod und Sklaverei zu verkaufen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.320)}}<br />
<br />
'''Annahme 9'''<br />
<br />
Der Kapitalist passt auf, dass der Arbeiter mit Intensität Arbeit verrichtet.<br />
Kapital wird zum Zwangsverhältnis, welches die Arbeiterklasse nötigt, mehr Arbeit zu verrichten, als der enge Kreis der Lebensbedürfnisse vorschrieb. <br/> Das Kapital übertrifft im Grad der Ausbeutung alle Produktionsverhältnisse direkter Zwangsarbeit.<br />
<br />
{{Zitat |Innerhalb des Produktionsprozesses entwickelte sich das Kapital zum Kommando über die Arbeit, d.h. über die sich betätigende Arbeitskraft oder den Arbeiter selbst. Das personifizierte Kapital, der Kapitalist, paßt auf, daß der Arbeiter sein Werk ordentlich und mit dem gehörigen Grad von Intensität verrichte. Das Kapital entwickelte sich ferner zu einem Zwangsverhältnis, welches die Arbeiterklasse nötigt, mehr Arbeit zu verrichten, als der enge Umkreis ihrer eignen Lebensbedürfnisse vorschrieb. Und als Produzent fremder Arbeitsamkeit, als Auspumper von Mehrarbeit und Exploiteur von Arbeitskraft übergipfelt es an Energie, Maßlosigkeit und Wirksamkeit alle frühern auf direkter Zwangsarbeit beruhenden Produktionssysteme.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.328)}}<br />
<br />
'''Annahme 10'''<br />
<br />
Produktionsmittel wenden den Arbeiter an. Sie verzehren ihn als Element ihres eigenen Lebensprozesses, als Lebensprozess des Kapitals. Das bedeutet die Verkehrung der Verhältnisses von toter und lebendiger Arbeit.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist nicht mehr der Arbeiter, der die Produktionsmittel anwendet, sondern es sind die Produktionsmittel, die den Arbeiter anwenden. Statt von ihm als stoffliche Elemente seiner produktiven Tätigkeit verzehrt zu werden, verzehren sie ihn als Ferment ihres eignen Lebensprozesses, und der Lebensprozeß des Kapitals besteht nur in seiner Bewegung als sich selbst verwertender Wert. Schmelzöfen und Arbeitsgebäude, die des Nachts ruhn und keine lebendige Arbeit einsaugen, sind ‚reiner Verlust‘ (‚mere loss‘) für den Kapitalisten. Darum konstituieren Schmelzöfen und Arbeitsgebäude einen ‚Anspruch auf die Nachtarbeit‘ der Arbeitskräfte. Die bloße Verwandlung des Geldes in gegenständliche Faktoren des Produktionsprozesses, in Produktionsmittel, verwandelt letztre in Rechtstitel und Zwangstitel auf fremde Arbeit und Mehrarbeit.<br/> Wie diese der kapitalistischen Produktion eigentümliche und sie charakterisierende Verkehrung, ja Verrückung des Verhältnisses von toter und lebendiger Arbeit, von Wert und wertschöpferischer Kraft, sich im Bewusstsein der Kapitalistenköpfe abspiegelt [...]| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.329)}}<br />
<br />
==Der Arbeitslohn==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Der Arbeitslohn ist der Verkaufspreis von Arbeitskraft. Seine Untergrenze ist der Wert von Arbeitskraft, der sich durch den Wert der gewohnheitsmäßig notwendigen Lebensmittel des Durchschnittsarbeiters bemisst. Der Arbeitswert stellt gleichzeitig die notwendige Arbeit dar. Das relative Verhältnis von Arbeitslohn und Mehrwert wird durch <br />
1) die Länge eines Arbeitstags sowie durch die <br />
2) Intensität und <br />
3) Produktivkraft von Arbeit bestimmt. <br />
Arbeitslohn ist bezahlte Arbeit, Mehrwert ist unbezahlte Arbeit.<br />
<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Preis der Arbeitskraft, Wert der Arbeitskraft, Verelendung der Arbeiterklasse, bezahlte Arbeit, unbezahlte Arbeit, notwendige Arbeit, Mehrarbeit, Stundenlohn, Ausbeutung<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Der Wert der Arbeitskraft ist bestimmt durch den Wert der gewohnheitsmäßig notwendigen Lebensmittel des Durchschnittsarbeiters. Für die Wertbestimmung der Arbeitskraft sind zwei faktoren relevant: Einerseits ihre Entwicklungskosten, die sich mit der Produktionsweise ändern, andererseits ihre Naturdifferenz, ob sie beispielsweise erfahren oder unerfahren ist. Der Preis der Arbeitskraft kann gelegentlich über den Wert der Ware steigen, aber nie unter ihn sinken. <br/> Die relativen Größen von Preis der Arbeitskraft und von Mehrwert werden durch drei Umstände bedingt: 1. die Länge des Arbeitstags, 2. die Intensität der Arbeit und 3. endlich die Produktivkraft der Arbeit.<br />
<br />
{{Zitat |Der Wert der Arbeitskraft ist bestimmt durch den Wert der gewohnheitsmäßig notwendigen Lebensmittel des Durchschnittsarbeiters. Die Masse dieser Lebensmittel, obgleich ihre Form wechseln mag, ist in einer bestimmten Epoche einer bestimmten Gesellschaft gegeben und daher als konstante Größe zu behandeln. Was wechselt, ist der Wert dieser Masse. Zwei andre Faktoren gehn in die Wertbestimmung der Arbeitskraft ein. Einerseits ihre Entwicklungskosten, die sich mit der Produktionsweise ändern, andrerseits ihre Naturdifferenz, ob sie männlich oder weiblich, reif oder unreif. Der Verbrauch dieser differenten Arbeitskräfte, wieder bedingt durch die Produktionsweise, macht großen Unterschied in den Reproduktionskosten der Arbeiterfamilie und dem Wert des erwachsnen männlichen Arbeiters. Beide Faktoren bleiben jedoch bei der folgenden Untersuchung ausgeschlossen . Wir unterstellen. 1. daß die Waren zu ihrem Wert verkauft werden, 2. daß der Preis der Arbeitskraft wohl gelegentlich über ihren Wert steigt, aber nie unter ihn sinkt. <br/> Dies einmal unterstellt, fand sich, daß die relativen Größen von Preis der Arbeitskraft und von Mehrwert durch drei Umstände bedingt sind: 1. die Länge des Arbeitstags oder die extensive Größe der Arbeit; 2. die normale Intensität der Arbeit oder ihre intensive Größe, so daß ein bestimmtes Arbeitsquantum in bestimmter Zeit verausgabt wird; 3. endlich die Produktivkraft der Arbeit, so daß je nach dem Entwicklungsgrad der Produktionsbedingungen dasselbe Quantum Arbeit in derselben Zeit ein größeres oder kleineres Quantum Produkt liefert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.542)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Der Preis der Arbeitskraft könnte bei steigender Produktivkraft sinken, bei gleichzeitigem Wachstum der Lebensmittelmasse des Arbeiters. Aber im Vergleich zum Mehrwert sänke der Arbeitslohn. Die Kluft zwischen den Lebenslagen der Arbeiter und Kapitalisten wächst.<br />
<br />
{{Zitat |Der Preis der Arbeitskraft könnte so bei steigender Produktivkraft der Arbeit beständig fallen mit gleichzeitigem, fortwährendem Wachstum der Lebensmittelmasse des Arbeiters. Relativ aber, d.h. verglichen mit dem Mehrwert, sänke der Wert der Arbeitskraft beständig und erweiterte sich also die Kluft zwischen den Lebenslagen von Arbeiter und Kapitalist.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.546)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Form des Arbeitslohn verschleiert die Teilung des Arbeitstages in bezahlte und unbezahlte Arbeit.<br />
<br />
{{Zitat|Die Form des Arbeitslohns löscht also jede Spur der Teilung des Arbeitstags in notwendige Arbeit und Mehrarbeit, in bezahlte und unbezahlte Arbeit aus. Alle Arbeit erscheint als bezahlte Arbeit.|(Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.562f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Bei Zahlung einzelner Arbeitsstunden wird der Zusammenhang zwischen bezahlter und unbezahlter Arbeit aufgehoben. Dem Arbeiter ist nicht garantiert auf die notwendige Arbeitszeit zu kommen um seine Selbsterhaltung zu gewährleisten.<br />
<br />
{{Zitat |Wird der Stundenlohn in der Weise fixiert, daß der Kapitalist sich nicht zur Zahlung eines Tages- oder Wochenlohns verpflichtet, sondern nur zur Zahlung der Arbeitsstunden, während deren es ihm beliebt, den Arbeiter zu beschäftigen, so kann er ihn unter der Zeit beschäftigen, die der Schätzung des Stundenlohns oder der Maßeinheit für den Preis der Arbeit ursprünglich zugrunde liegt. Da diese Maßeinheit bestimmt ist durch die Proportion Tageswert der Arbeitskraft/Arbeitstag von gegebener Stundenzahl, verliert sie natürlich allen Sinn, sobald der Arbeitstag aufhört, eine bestimmte Stundenzahl zu zählen. Der Zusammenhang zwischen der bezahlten und unbezahlten Arbeit wird aufgehoben. Der Kapitalist kann jetzt ein bestimmtes Quantum Mehrarbeit aus dem Arbeiter herausschlagen, ohne ihm die zu seiner Selbsterhaltung notwendige Arbeitszeit einzuräumen.|(Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.568)}}<br />
<br />
==Produktive und unproduktive Arbeit im Kapitalismus==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Produktive Arbeit, Mehrwert, Kaufmann, Kaufmannskapital, Zirkulationsprozess, Wert, industrielles Kapital, unbezahlte Arbeit, Zirkulationskosten, Profitrate, Kopfarbeit,<br />
Handarbeit, Gesamtarbeiter<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Produktiv Arbeit ist Arbeit, welche sich direkt in Kapital verwandelt, Arbeit die Mehrwert schafft oder jene die dem Kapital als Helbel dient Mehrwert zu schaffen. <br />
<br />
{{Zitat |Bloß die bürgerliche Borniertheit, die die kapitalistische Formen der Produktion für die absoluten Formen derselben hält – daher für ewige Naturformen der Produktion – kann die Frage, was produktive Arbeit vom Standpunkt des Kapitals aus ist, mit der Frage, welche Arbeit überhaupt produktiv ist oder was produktive Arbeit überhaupt ist, verwechseln und daher sich sehr weise dünken in der Antwort, daß jede Arbeit, die überhaupt etwas produziert, in irgendetwas resultiert, von sich aus produktive Arbeit ist. [...] Nur die Arbeit, die sich direkt in Kapital verwandelt, ist produktiv; [...] Arbeit, die Mehrwert setzt oder dem Kapital als Hebel dient, Mehrwert zu setzen und daher sich als Kapital, als sich verwertenden Wert zu setzen.| (Marx, Theorien über den Mehrwert I, MEW Band 26, S.369)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Es gibt gesellschaftlich notwendige Bereiche, die keine Werte – und damit keinen Mehrwert – schaffen, weil sich die dort geleistete Arbeit nicht in Produkten materialisiert. Unproduktive Arbeit hat den Nutzen, einen geringeren Teil der gesamten Arbeitskraft der Gesellschaft in unproduktiver Form binden zu müssen.<br />
<br />
{{Zitat |Er [der Kaufmann] verrichtet eine notwendige Funktion, weil der Reproduktionsprozess selbst unproduktive Funktionen einschließt. Er arbeitet so gut wie ein anderer, aber der Inhalt seiner Arbeit schafft weder Wert noch Produkt. Er selbst gehört zu den faux frais der Produktion. Sein Nutzen besteht nicht darin, eine unproduktive in eine produktive Funktion zu verwandeln, oder unproduktive Arbeit in produktive. […] Sein Nutzen besteht vielmehr darin, dass ein geringerer Teil der Arbeitskraft und Arbeitszeit der Gesellschaft in dieser unproduktiven Form gebunden wird.| (Marx, Kapital 2.Band, MEW Band 24, S.133f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Im Zirkulationsprozess wird kein Wert und damit kein Mehrwert produziert.<br />
<br />
{{Zitat |Das Kaufmannskapital ist nichts als innerhalb der Zirkulationssphäre fungierendes Kapital. Der Zirkulationsprozeß ist eine Phase des gesamten Reproduktionsprozesses. Aber im Zirkulationsprozeß wird kein Wert produziert, also auch kein Mehrwert.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.290)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Das industrielle Kapital produziert den Mehrwert durch direkte Aneignung unbezahlter, fremder Arbeit. Das Kaufmannskapital eignet sich einen Teil dieses Mehrwerts an.<br />
<br />
{{Zitat |Das Verhältnis des Kaufmannskapitals zum Mehrwert ist ein anderes als das des industriellen Kapitals. Das letztere produziert den Mehrwert durch direkte Aneignung unbezahlter fremder Arbeit. Das erstere eignet sich einen Teil dieses Mehrwerts an, indem es diesen Teil vom industriellen Kapital auf sich übertragen lässt.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.304)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Dem industriellen Kapital sind die Zirkulationskosten Unkosten, für das Handelskapital Quelle des Profits.<br />
<br />
{{Zitat |Dem industriellen Kapital erscheinen und sind die Zirkulationskosten Unkosten. Dem Kaufmann erscheinen sie als Quelle seines Profits, der – die allgemeine Profitrate vorausgesetzt – im Verhältnis zur Größe derselben steht.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.313.)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Im kooperativen Arbeitsprozess wird unterteilt in Hand- und Kopfarbeit. Im Sinne des Gesamtarbeiters verrichten aber beide Teile produktive Arbeit. Für produktive Arbeit, ist es nicht mehr notwendig selbst Hand anzulegen, es genügt Teil des Gesamtarbeiters zu sein.<br />
<br />
{{Zitat |Wie im Natursystem Kopf und Hand zusammengehören, vereint der Arbeitsprozeß Kopfarbeit und Handarbeit. Später scheiden sie sich bis zum feindlichen Gegensatz. Das Produkt verwandelt sich überhaupt aus dem unmittelbaren Produkt des individuellen Produzenten in ein gesellschaftliches, in das gemeinsame Produkt eines Gesamtarbeiters, d.h. eines kombinierten Arbeitspersonals, dessen Glieder der Handhabung des Arbeitsgegenstandes näher oder ferner stehn. Mit dem kooperativen Charakter des Arbeitsprozesses selbst erweitert sich daher notwendig der Begriff der produktiven Arbeit und ihres Trägers, des produktiven Arbeiters. Um produktiv zu arbeiten, ist es nun nicht mehr nötig, selbst Hand anzulegen; es genügt, Organ des Gesamtarbeiters zu sein, irgendeine seiner Unterfunktionen zu vollziehn.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.531)}}<br />
<br />
==Absolute Mehrwertproduktion==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Exploitationsgrad, variables Kapital<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Unter absoluter Mehrwertproduktion versteht Marx die Verschärfung der Ausbeutung durch die Verlängerung des Arbeitstages, damit also der Verlängerung der Mehrarbeit, und durch die Abnahme der beschäftigten Arbeiter.<br />
<br />
{{Zitat |Verminderung des variablen Kapitals ist […] ausgleichbar durch proportionelle Erhöhung im Exploitationsgrad der Arbeitskraft oder die Abnahme in der Anzahl der beschäftigten Arbeiter durch proportionelle Verlängerung des Arbeitstags.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.322f.)}}<br />
<br />
{{Zitat |Durch Verlängrung des Arbeitstags produzierten Mehrwert nenne ich absoluten Mehrwert; […]| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.334)}}<br />
<br />
==Relative Mehrwertproduktion==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Länge des Arbeitstags, Relative Mehrwertproduktion, Mehrarbeit, notwendige Arbeit, relativer Mehrwert, Wert der Arbeitskraft, Produktivkraftentwicklung, Produktivkraftsteigerung, Mehrwertrate<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Wenn der Teil der Arbeitszeit, den der Arbeiter für seine Reproduktion braucht (notwendige Arbeitszeit), verkürzt wird, ohne dass sich die gesamte Arbeitszeit reduziert, erzielt der Kapitalist eine relative Mehrwertsteigerung. Die Verlängerung des Arbeitstages führt zu einer absoluten Mehrwertsteigerung.<br />
<br />
{{Zitat |Wie kann nun die Produktion von Mehrwert vergrößert, d.h. die Mehrarbeit verlängert werden, ohne jede weitere Verlängrung oder unabhängig von jeder weiteren Verlängrung [des Arbeitstages] […]?| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.331)}}<br />
<br />
{{Zitat |Der Verlängrung der Mehrarbeit entspräche die Verkürzung der notwendigen Arbeit, oder ein Teil der Arbeitszeit, die der Arbeiter bisher in der Tat für sich selbst verbraucht, verwandelt sich in Arbeitszeit für den Kapitalisten. Was verändert, wäre nicht die Länge des Arbeitstags, sondern seine Teilung in notwendige Arbeit und Mehrarbeit.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.321f.)}}<br />
<br />
{{Zitat |Durch Verlängrung des Arbeitstags produzierten Mehrwert nenne ich absoluten Mehrwert; den Mehrwert dagegen, der aus Verkürzung der notwendigen Arbeitszeit und entsprechender Verändrung im Größenverhältnis der beiden Bestandteile des Arbeitstags entspringt – relativen Mehrwert| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.334)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Die notwendige Arbeitszeit kann sich nur verkürzen, wenn der Wert der Ware Arbeitskraft sinkt. Dieser kann nur sinken, wenn die Masse Lebensmittel in kürzerer Arbeitszeit hergestellt wird und damit geringeren Wert hat. Dies ist jedoch ohne eine Erhöhung der Produktivkraft der Arbeit unmöglich.<br />
<br />
{{Zitat |Bei gegebner Länge des Arbeitstags muß die Verlängrung der Mehrarbeit aus der Verkürzung der notwendigen Arbeitszeit entspringen, […] in unsrem Beispiel muß der Wert der Arbeitskraft wirklich um ein Zehntel sinken, damit die notwendige Arbeitszeit um ein Zehntel abnehme, von 10 auf 9 Stunden, und daher die Mehrarbeit sich von 2 auf 3 Stunden verlängre. Eine solche Senkung des Werts der Arbeitskraft um ein Zehntel bedingt aber ihrerseits, daß dieselbe Masse Lebensmittel, die früher in 10, jetzt in 9 Stunden produziert wird. Dies ist jedoch unmöglich ohne eine Erhöhung der Produktivkraft der Arbeit. […] Unter Erhöhung der Produktivkraft der Arbeit verstehn wir hier überhaupt eine Verändrung im Arbeitsprozeß, wodurch die zur Produktion einer Ware gesellschaftlich erheischte Arbeitszeit verkürzt wird, ein kleinres Quantum Arbeit also die Kraft erwirbt, ein größres Quantum Gebrauchswert zu produzieren. Während also bei der Produktion des Mehrwerts in der bisher betrachteten Form die Produktionsweise als gegeben unterstellt war, genügt es für die Produktion von Mehrwert durch Verwandlung notwendiger Arbeit in Mehrarbeit keineswegs, daß das Kapital sich des Arbeitsprozesses in seiner historisch überlieferten oder vorhandnen Gestalt bemächtigt und nur seine Dauer verlängert. Es muß die technischen und gesellschaftlichen Bedingungen des Arbeitsprozesses, also die Produktionsweise selbst umwälzen, um die Produktivkraft der Arbeit zu erhöhn, durch die Erhöhung der Produktivkraft der Arbeit den Wert der Arbeitskraft zu senken und so den zur Reproduktion dieses Werts notwendigen Teil des Arbeitstags zu verkürzen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.333f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Steigerung der Produktivkraft muss Industriezweige betreffen, deren Produkte den Wert der Arbeitskraft bestimmen.<br />
<br />
{{Zitat |Um den Wert der Arbeitskraft zu senken, muß die Steigerung der Produktivkraft Industriezweige ergreifen, deren Produkte den Wert der Arbeitskraft bestimmen, also entweder dem Umkreis der gewohnheitsmäßigen Lebensmittel angehören oder sie ersetzen können.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.334)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der Wert der Ware Arbeitskraft nimmt ab mit der zu seiner Reproduktion notwendigen Arbeitszeit, deren Gesamtverkürzung gleich der Summe ihrer Verkürzungen in allen jenen besonderen Produktionszweigen ist. Wenn ein einzelner Kapitalist durch Steigerung der Produktivkraft der Arbeit z. B. Hemden verbilligt, schwebt ihm keineswegs notwendig der Zweck vor, den Wert der Arbeitskraft und daher die notwendige Arbeitszeit pro tanto zu senken, aber nur soweit er schließlich zu diesem Resultat beiträgt, trägt er zur Erhöhung der allgemeinen Rate des Mehrwerts bei. Die allgemeinen Bewegungsgesetze des Kapitals setzen sich hinter dem Rücken der Menschen durch, ohne dass sie den Kapitalisten bewusst sind, aber immer im Sinne der Steigerung des Werts.<br />
<br />
{{Zitat |Die verwohlfeilerte Ware senkt natürlich den Wert der Arbeitskraft nur pro tanto, d.h. nur im Verhältnis, worin sie in die Reproduktion der Arbeitskraft eingeht. Hemden z.B. sind ein notwendiges Lebensmittel, aber nur eins von vielen. Ihre Verwohlfeilerung vermindert bloß die Ausgabe des Arbeiters für Hemden. Die Gesamtsumme der notwendigen Lebensmittel besteht jedoch nur aus verschiednen Waren, lauter Produkten besondrer Industrien, und der Wert jeder solchen Ware bildet stets einen aliquoten Teil vom Wert der Arbeitskraft. Dieser Wert nimmt ab mit der zu seiner Reproduktion notwendigen Arbeitszeit, deren Gesamtverkürzung gleich der Summe ihrer Verkürzungen in allen jenen besondren Produktionszweigen ist.<br/> Wir behandeln dies allgemeine Resultat hier so, als wäre es unmittelbares Resultat und unmittelbarer Zweck in jedem einzelnen Fall. Wenn ein einzelner Kapitalist durch Steigerung der Produktivkraft der Arbeit z.B. Hemden verwohlfeilert, schwebt ihm keineswegs notwendig der Zweck vor, den Wert der Arbeitskraft und daher die notwendige Arbeitszeit pro tanto zu senken, aber nur soweit er schließlich zu diesem Resultat beiträgt, trägt er bei zur Erhöhung der allgemeinen Rate des Mehrwerts. Die allgemeinen und notwendigen Tendenzen des Kapitals sind zu unterscheiden von ihren Erscheinungsformen.<br/> Die Art und Weise, wie die immanenten Gesetze der kapitalistischen Produktion in der äußern Bewegung der Kapitale erscheinen, sich als Zwangsgesetze der Konkurrenz geltend machen und daher als treibende Motive dem individuellen Kapitalisten zum Bewußtsein kommen, ist jetzt nicht zu betrachten, aber soviel erhellt von vornherein: Wissenschaftliche Analyse der Konkurrenz ist nur möglich, sobald die innere Natur des Kapitals begriffen ist, ganz wie die scheinbare Bewegung der Himmelskörper nur dem verständlich, der ihre wirkliche, aber sinnlich nicht wahrnehmbare Bewegung kennt. Dennoch ist zum Verständnis der Produktion des relativen Mehrwerts und bloß auf Grundlage der bereits gewonnenen Resultate folgendes zu bemerken.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.334f.)}}<br />
<br />
==Die Jagd nach dem Extraprofit==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Produktivkraftsteigerung, Wert der Ware, Extramehrwert, Wert der Arbeitskraft, Produktivkraftentwicklung, relativer Mehrwert, Extramehrwert<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Wenn es einem Kapitalisten gelingt, die Produktivkraft zu steigern, produziert er mehr Waren in gegebener Zeit. Der individuelle Wert einer dieser Waren steht nun unter ihrem gesellschaftlichen Wert, d. h., sie kostet weniger Arbeitszeit als der große Haufen derselben Artikel, produziert unter den gesellschaftlichen Durchschnittsbedingungen. Der wirkliche Wert einer Ware ist aber nicht ihr individueller, sondern ihr gesellschaftlicher Wert, d. h., er wird nicht durch die Arbeitszeit gemessen, die sie im einzelnen Fall den Produzenten tatsächlich kostet, sondern durch die gesellschaftlich zu ihrer Produktion erheischte Arbeitszeit. Verkauft also der Kapitalist, der die neue Methode anwendet, seine Ware zu ihrem gesellschaftlichen Wert, kann er Extramehrwert realisieren. Diese Steigerung des Mehrwerts findet für ihn statt, ob oder ob nicht seine Ware dem Umkreis der notwendigen Lebensmittel angehört und daher bestimmend in den allgemeinen Wert der Arbeitskraft eingeht.<br />
<br />
{{Zitat |Stellt sich eine Arbeitsstunde in einem Goldquantum von 6 d. oder einen halben sh. dar, so wird in zwölfstündigem Arbeitstag ein Wert von 6 sh. produziert. Gesetzt, mit der gegebnen Produktivkraft der Arbeit würden 12 Stück Waren in diesen 12 Arbeitsstunden verfertigt. Der Wert der in jedem Stück vernutzten Produktionsmittel, Rohmaterial usw. sei 6 d. Unter diesen Umständen kostet die einzelne Ware 1 sh., nämlich 6 d. für den Wert der Produktionsmittel, 6 d. für den in ihrer Verarbeitung neu zugesetzten Wert.<br/> Es gelinge nun einem Kapitalisten, die Produktivkraft der Arbeit zu verdoppeln und daher 24 statt 12 Stück dieser Warenart in dem zwölfstündigen Arbeitstag zu produzieren. Bei unverändertem Wert der Produktionsmittel sinkt der Wert der einzelnen Ware jetzt auf 9 d., nämlich 6 d. für den Wert der Produktionsmittel, 3 d. für den durch die letzte Arbeit neu zugesetzten Wert. Trotz der verdoppelten Produktivkraft schafft der Arbeitstag nach wie vor nur einen Neuwert von 6 sh., welcher sich jedoch jetzt auf doppelt soviel Produkte verteilt. Auf jedes einzelne Produkt fällt daher nur noch ein Vierundzwanzigstel statt ein Zwölftel dieses Gesamtwerts, 3 d. statt 6 d. oder, was dasselbe ist, den Produktionsmitteln wird bei ihrer Verwandlung in Produkt, jedes Stück berechnet, jetzt nur noch eine halbe statt wie früher eine ganze Arbeitsstunde zugesetzt.<br/> Der individuelle Wert dieser Ware steht nun unter ihrem gesellschaftlichen Wert, d.h., sie kostet weniger Arbeitszeit als der große Haufen derselben Artikel, produziert unter den gesellschaftlichen Durchschnittsbedingungen. Das Stück kostet im Durchschnitt 1 sh. oder stellt 2 Stunden gesellschaftlicher Arbeit dar; mit der veränderten Produktionsweise kostet es nur 9 d. oder enthält nur IV2 Arbeitsstunden. <br/> Der wirkliche Wert einer Ware ist aber nicht ihr individueller, sondern ihr gesellschaftlicher Wert, d.h., er wird nicht durch die Arbeitszeit gemessen, die sie im einzelnen Fall dem Produzenten tatsächlich kostet, sondern durch die gesellschaftlich zu ihrer Produktion erheischte Arbeitszeit.<br/> Verkauft also der Kapitalist, der die neue Methode anwendet, seine Ware zu ihrem gesellschaftlichen Wert von 1 sh., so verkauft er sie 3 d. über ihrem individuellen Wert und realisiert so einen Extramehrwert von 3 d. Andrerseits stellt sich aber der zwölfstündige Arbeitstag jetzt für ihn in 24 Stück Ware dar statt früher in 12. Um also das Produkt eines Arbeitstags zu verkaufen, bedarf er doppelten Absatzes oder eines zweifach größern Markts. Unter sonst gleichbleibenden Umständen erobern seine Waren nur größern Marktraum durch Kontraktion ihrer Preise. Er wird sie daher über ihrem individuellen, aber unter ihrem gesellschaftlichen Wert verkaufen, sage zu 10 d. das Stück. So schlägt er an jedem einzelnen Stück immer noch einen Extramehrwert von 1 d. heraus. Diese Steigerung des Mehrwerts findet für ihn statt, ob oder ob nicht seine Ware dem Umkreis der notwendigen Lebensmittel angehört und daher bestimmend in den allgemeinen Wert der Arbeitskraft eingeht.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.335f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Es ist der immanente Trieb und die beständige Tendenz des Kapitals, die Produktivkräfte der Arbeit zu steigern, um die Ware und durch die Vergünstigung der Ware den Arbeiter selbst zu vergünstigen, zu erklären.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist daher der immanente Trieb und die beständige Tendenz des Kapitals, die Produktivkraft der Arbeit zu steigern, um die Ware und durch die Verwohlfeilerung der Ware den Arbeiter selbst zu verwohlfeilern.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.338)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Der absolute Wert der Ware ist dem Kapitalisten gleichgültig. Ihn interessiert nur der Mehrwert. Der relative Mehrwert steigt durch die Produktivkraft der Arbeit, der Wert der Waren sinkt dagegen. Dem Kapitalisten geht es nur um die Produktion von Tauschwert, er will den Tauschwert der Waren beständig senken.<br />
<br />
{{Zitat |Der absolute Wert der Ware ist dem Kapitalisten, der sie produziert, an und für sich gleichgültig. Ihn interessiert nur der in ihr steckende und im Verkauf realisierbare Mehrwert. Realisierung von Mehrwert schließt von selbst Ersatz des vorgeschoßnen Werts ein. Da nun der relative Mehrwert in direktem Verhältnis zur Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit wächst, während der Wert der Waren in umgekehrtem Verhältnis zur selben Entwicklung fällt, da also derselbe identische Prozeß die Waren verwohlfeilert und den in ihnen enthaltnen Mehrwert steigert, löst sich das Rätsel, daß der Kapitalist, dem es nur um die Produktion von Tauschwert zu tun ist, den Tauschwert der Waren beständig zu senken strebt, […]| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.338f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der Extramehrwert verschwindet, sobald sich die neue Produktionsweise verallgemeinert und bestimmend ist für den gesellschaftlichen Wert der Ware.<br />
<br />
{{Zitat |Andrerseits aber verschwindet jener Extramehrwert, sobald die neue Produktionsweise sich verallgemeinert und damit die Differenz Zwischen dem individuellen Wert der wohlfeiler produzierten Waren und ihrem gesellschaftlichen Wert verschwindet.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.337)}}<br />
<br />
==Die Profitrate==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Profit, Kapital, Mehrwert, Kapitalverhältnis, Konstantes Kapital, variables Kapital, Profitrate, Mehrwertrate<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Der Kapitalist kann keinen Unterschied zwischen konstantem und variablen Kapital erkennen, da er nur sieht, dass er für beide Ausgaben Kapital vorschießen muss. So misst er den Grad des Gewinns an der Differenz von Ausgaben und Überschuss = Profit.<br/> Die Wertveränderung, die sich während des Produktionsprozesses ereignet, wird vom variablen Kapital in das Gesamtkapital verlegt.<br/> Der Profit ist zunächst dasselbe wie der Mehrwert, nur in mystifizierter Form, die aus der kapitalistischen Produktionsweise entsteht.<br />
<br />
{{Zitat |1=Als solcher vorgestellter Abkömmling des vorgeschoßnen Gesamtkapitals erhält der Mehrwert die verwandelte Form des Profits. Eine Wertsumme ist daher Kapital, weil sie ausgelegt wird, um einen Profit zu erzeugen, oder der Profit kommt heraus, weil eine Wertsumme als Kapital angewandt wird. Nennen wir den Profit p, so verwandelt sich die Formel W = c + v + m = k + m in die Formel W = k + p oder Warenwert = Kostpreis + Profit. Der Profit, wie wir ihn hier zunächst vor uns haben, ist also dasselbe, was der Mehrwert ist, nur in einer mystifizierten Form, die jedoch mit Notwendigkeit aus der kapitalistischen Produktionsweise herauswächst. Weil in der scheinbaren Bildung des Kostpreises kein Unterschied zwischen konstantem und variablem Kapital zu erkennen ist, muß der Ursprung der Wertveränderung, die während des Produktionsprozesses sich ereignet, von dem variablen Kapitalteil in das Gesamtkapital verlegt werden.| 2=(Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.46)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Weil alle Teile des Kapitals gleichmäßig als Quelle des Profits erscheinen, wird das Kapitalverhältnis mystifiziert.<br />
<br />
{{Zitat |Indem alle Teile des Kapitals gleichmäßig als Quelle des überschüssigen Werts (Profits) erscheinen, wird das Kapitalverhältnis mystifiziert.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.55)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Der Kapitalist kann keinen Unterschied zwischen konstantem und variablem Kapital erkennen, da er nur sieht, dass er für beide Ausgaben Kapital vorschießen muss. So misst er den Grad des Gewinns an der Differenz von Ausgaben und Überschuss = Profit.<br />
Der Grad des Gewinns ist nicht durch das Verhältnis zum variablen Kapital, sondern zum Gesamtkapital, nicht durch die Rate des Mehrwerts, sondern durch die Rate des Profits bestimmt.<br />
<br />
{{Zitat |Da der Kapitalist die Arbeit nur exploitieren kann durch Vorschuß des konstanten Kapitals, da er das konstante Kapital nur verwerten kann durch Vorschuß des variablen, so fallen ihm diese in der Vorstellung alle gleichmäßig zusammen, und dies um so mehr, als der wirkliche Grad seines Gewinns bestimmt ist nicht durch das Verhältnis zum variablen Kapital, sondern zum Gesamtkapital, nicht durch die Rate des Mehrwerts, sondern durch die Rate des Profits, die, wie wir sehn werden, dieselbe bleiben, und doch verschiedne Raten des Mehrwerts ausdrücken kann.<br/> Zu den Kosten des Produkts gehören alle seine Wertbestandteile, die der Kapitalist gezahlt, oder für die er ein Äquivalent in die Produktion geworfen hat. Diese Kosten müssen ersetzt werden, damit das Kapital sich einfach erhalte oder in seiner ursprünglichen Größe reproduziere.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.52)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der Profit des Kapitalisten kommt daher, dass er etwas zu verkaufen hat, das er nicht bezahlt hat. Der Mehrwert resp. Profit besteht gerade in dem Überschuss des Warenwerts über ihren Kostpreis, d. h. in dem Überschuss der in der Ware enthaltenen Gesamtsumme von Arbeit über die in ihr enthaltene bezahlte Summe Arbeit. Dieser Überschuss steht also in einem Verhältnis zum Gesamtkapital, das sich ausdrückt in dem Bruch m/C, wo C das Gesamtkapital bedeutet. So erhalten wir die Profitrate m/(c+v).<br />
<br />
{{Zitat | 1=Der in der Ware enthaltne Wert ist gleich der Arbeitszeit, die ihre Herstellung kostet, und die Summe dieser Arbeit besteht aus bezahlter und unbezahlter. Die Kosten der Ware für den Kapitalisten bestehn dagegen nur aus dem Teil der in ihr vergegenständlichten Arbeit, den er gezahlt hat. Die in der Ware enthaltne Mehrarbeit kostet dem Kapitalisten nichts, obgleich sie dem Arbeiter, ganz so gut wie die bezahlte, Arbeit kostet, und obgleich sie, ganz so gut wie jene, Wert schafft und als wertbildendes Element in die Ware eingeht. Der Profit des Kapitalisten kommt daher, daß er etwas zu verkaufen hat, das er nicht bezahlt hat. Der Mehrwert resp. Profit besteht gerade in dem Uberschuß des Warenwerts über ihren Kostpreis, d.h. in dem Uberschuß der in der Ware enthaltnen Gesamtsumme von Arbeit über die in ihr enthaltne bezahlte Summe Arbeit. […] Dieser Überschuß steht also in einem Verhältnis zum Gesamtkapital, das sich ausdrückt in dem Bruch m/C, wo C das Gesamtkapital bedeutet. So erhalten wir die Profitrate m/c+v im Unterschiede von der Rate des Mehrwerts m/v.| 2=(Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.52)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
m/C drückt den Verwertungsgrad des vorgeschossenen Kapital aus.<br />
<br />
{{Zitat |In der Tat drückt das Verhältnis m/C den Verwertungsgrad des ganzen vorgeschoßnen Kapitals aus, […].| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.55)}}<br />
<br />
==Akkumulationsprozess des Kapitals==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Rückverwandlung, Reproduktion des vorgeschossenen Kapitals, Akkumulation, Mehrwert, Geld, Verwandlung in Kapital, Reproduktionsprozess auf erweiterter Stufenleiter, Überschuss, Kapitalakkumulation, Reproduktion, Ausbeutung, Kapital, Eigentum<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Eine Gesellschaft kann weder aufhören zu konsumieren, noch zu produzieren. Jeder gesellschaftliche Produktionsprozess ist Reproduktionsprozess. <br />
<br />
{{Zitat |So wenig eine Gesellschaft aufhören kann zu konsumieren, so wenig kann sie aufhören zu produzieren. In einem stetigen Zusammenhang und dem beständigen Fluß seiner Erneuerung betrachtet, ist jeder gesellschaftliche Produktionsprozeß daher zugleich Reproduktionsprozeß.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.591)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Ein Teil der Produkte muss in Produktionsmittel rückverwandelt werden. <br />
<br />
{{Zitat |Die Bedingungen der Produktion sind zugleich die Bedingungen der Reproduktion. Keine Gesellschaft kann fortwährend produzieren, d. h. reproduzieren, ohne fortwährend einen Teil ihrer Produkte in Produktionsmittel oder Elemente der Neuproduktion rückzuverwandeln.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.591)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die kapitalistische Reproduktion dient nur als ein Mittel dazu, den vorgeschossenen Wert als Kapital zu reproduzieren. <br />
<br />
{{Zitat |Hat die Produktion kapitalistische Form, so die Reproduktion. Wie in der kapitalistischen Produktionsweise der Arbeitsprozeß nur als ein Mittel für den Verwertungsprozeß erscheint, so die Reproduktion nur als ein Mittel, den vorgeschoßnen Wert als Kapital zu reproduzieren, d.h. als sich verwertenden Wert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.591)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der Produktionsprozess verwandelt den stofflichen Reichtum in Kapital, der Arbeiter bleibt entblößt von allen Mitteln, diesen Reichtum für sich zu verwirklichen. Seine eigene Arbeit vergegenständlicht sich im fremden Produkt, das sich in Kapital verwandelt. Das Kapital saugt die wertschöpfende Kraft – Arbeit – aus. Der Arbeiter selbst produziert den gesellschaftlichen Reichtum als Kapital, ihn beherrschende und ausbeutende Macht. Der Kapitalist produziert beständig Arbeitskraft als abstrakte, in der bloßen Leiblichkeit des Arbeiters existierende Reichtumsquelle, den Arbeiter als Lohnarbeiter. Diese beständige Reproduktion ist die unerlässliche Bedingung der kapitalistischen Produktion. <br />
<br />
{{Zitat |Was aber anfangs nur Ausgangspunkt war, wird vermittelst der bloßen Kontinuität des Prozesses, der einfachen Reproduktion, stets aufs neue produziert und verewigt als eignes Resultat der kapitalistischen Produktion. Einerseits verwandelt der Produktionsprozeß fortwährend den stofflichen Reichtum in Kapital, in Verwertungs- und Genußmittel für den Kapitalisten. Andrerseits kommt der Arbeiter beständig aus dem Prozeß heraus, wie er in ihn eintrat - persönliche Quelle des Reichtums, aber entblößt von allen Mitteln, diesen Reichtum für sich zu verwirklichen. Da vor seinem Eintritt in den Prozeß seine eigne Arbeit ihm selbst entfremdet, dem Kapitalisten angeeignet und dem Kapital einverleibt ist, vergegenständlicht sie sich während des Prozesses beständig in fremdem Produkt. Da der Produktionsprozeß zugleich der Konsumtionsprozeß der Arbeitskraft durch den Kapitalisten, verwandelt sich das Produkt des Arbeiters nicht nur fortwährend in Ware, sondern in Kapital, Wert, der die wertschöpfende Kraft aussaugt, Lebensmittel, die Personen kaufen, Produktionsmittel, die den Produzenten anwenden. Der Arbeiter selbst produziert daher beständig den objektiven Reichtum als Kapital, ihm fremde, ihn beherrschende und ausbeutende Macht, und der Kapitalist produziert ebenso beständig die Arbeitskraft als subjektive, von ihren eignen Vergegenständlichungs- und Verwirklichungsmitteln getrennte, abstrakte, in der bloßen Leiblichkeit des Arbeiters existierende Reichtumsquelle, kurz den Arbeiter als Lohnarbeiter. Diese beständige Reproduktion oder Verewigung des Arbeiters ist das sine qua non der kapitalistischen Produktion.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.595f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Anwendung von Mehrwert als Kapital oder die Rückverwandlung von Mehrwert in Kapital heißt Akkumulation des Kapitals.<br />
<br />
{{Zitat |Anwendung von Mehrwert als Kapital oder Rückverwandlung von Mehrwert in Kapital heißt Akkumulation des Kapitals.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.605)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Kapitalwert war in Geldform vorgeschossen, der Mehrwert besteht aber als Teil des Produkts.<br/> Mit Verkauf des Produkts wird Kapitalwert wieder in Geld zurückverwandelt, der Mehrwert ändert aber seine ursprüngliche Daseinsweise in Geld.<br />
Der Kapitalwert und der Mehrwert sind dann beides Geldsummen, die sich in Kapital verwandeln.<br/>Mit dem Kauf von Waren, die es dem Kapitalisten ermöglichen, die Produktion fortzusetzen verwandeln sich beide Geldsummen wieder in Kapital. Damit beginnt der Reproduktionsprozess auf erweiterter Stufenleiter, vorausgesetzt die Waren sind auf dem Markt vorzufinden. <br />
<br />
{{Zitat |Der Kapitalwert war ursprünglich vorgeschossen in Geldform; der Mehrwert dagegen existiert von vornherein als Wert eines bestimmten Teils des Bruttoprodukts. Wird dieses verkauft, in Geld verwandelt, so gewinnt der Kapitalwert seine ursprüngliche Form wieder, aber der Mehrwert verwandelt seine ursprüngliche Daseinsweise.<br/>Von diesem Augenblick an sind jedoch Kapitalwert und Mehrwert beides Geldsummen, und ihre Wiederverwandlung in Kapital vollzieht sich auf ganz dieselbe Weise.<br/>Die eine wie die andre legt der Kapitalist an im Ankauf der Waren, die ihn instand setzen, die Verfertigung seines Artikels von neuem zu beginnen, und zwar diesmal auf erweiterter Stufenleiter. Um aber diese Waren zu kaufen, muß er sie auf dem Markte vorfinden.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.606)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Das Mehrprodukt kann nur in Kapital durch Produktionsmittel und Lebensmittel verwandelt werden. Ein Teil der jährlichen Mehrarbeit muss zur Herstellung zusätzlicher Produktions- und Lebensmittel – über das Quantum – verwandt worden sein, das zum Ersatz des vorgeschossenen Kapitals erforderlich war. Das Mehrprodukt, dessen Wert der Mehrwert ist, enthält bereits die sachlichen Bestandteile eines neuen Kapitals. Deshalb ist der Mehrwert in Kapital verwandelbar. <br />
<br />
{{Zitat |Um zu akkumulieren, muß man einen Teil des Mehrprodukts in Kapital verwandeln. Aber, ohne Wunder zu tun, kann man nur solche Dinge in Kapital verwandeln, die im Arbeitsprozeß verwendbar sind, d. h. Produktionsmittel, und des ferneren Dinge, von denen der Arbeiter sich erhalten kann, d.h. Lebensmittel.<br/> Folglich muß ein Teil der jährlichen Mehrarbeit verwandt worden sein zur Herstellung zusätzlicher Produktions- und Lebensmittel, im Überschuß über das Quantum, das zum Ersatz des vorgeschossenen Kapitals erforderlich war.<br/>Mit einem Wort: der Mehrwert ist nur deshalb in Kapital verwandelbar, weil das Mehrprodukt, dessen Wert er ist, bereits die sachlichen Bestandteile eines neuen Kapitals enthält.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.606f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 8'''<br />
<br />
Die Arbeiterklasse hat durch ihre diesjährige Mehrarbeit das Kapital geschaffen, mit dem im nächsten Jahr zuschüssige Arbeit beschäftigt wird. Das nennt man Kapital durch Kapital erzeugen. <br />
<br />
{{Zitat |In allen Fällen hat die Arbeiterklasse durch ihre diesjährige Mehrarbeit das Kapital geschaffen, das im nächsten Jahr zuschüssige Arbeit beschäftigen wird. Das ist es, was man nennt: Kapital durch Kapital erzeugen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.608)}}<br />
<br />
'''Annahme 9'''<br />
<br />
Das Eigentum an vergangener unbezahlter Arbeit ist Bedingung für die Aneignung gegenwärtiger lebendiger Arbeit. Je mehr der Kapitalist akkumuliert hat, desto mehr kann er akkumulieren. <br />
(Das ist bereits ein wichtiger Hinweis auf die Konzentration und Zentralisation.) <br />
<br />
{{Zitat |Eigentum an vergangner unbezahlter Arbeit erscheint jetzt als die einzige Bedingung für gegenwärtige Aneignung lebendiger unbezahlter Arbeit in stets wachsendem Umfang. Je mehr der Kapitalist akkumuliert hat, desto mehr kann er akkumulieren.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.609)}}<br />
<br />
'''Annahme 10'''<br />
<br />
In allen Gesellschaftsformationen findet Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter statt, es erscheint aber nicht als Akkumulation des Kapitals, solange dem Arbeiter seine Produktionsmittel noch nicht in der Form von Kapital gegenüberstehen. <br />
<br />
{{Zitat |In den verschiedensten ökonomischen Gesellschaftsformationen findet nicht nur einfache Reproduktion statt, sondern, obgleich auf verschiednem Maßstab, Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter. Es wird progressiv mehr produziert und mehr konsumiert, also auch mehr Produkt in Produktionsmittel verwandelt. Dieser Prozeß erscheint aber nicht als Akkumulation von Kapital und daher auch nicht als Funktion des Kapitalisten, solange dem Arbeiter seine Produktionsmittel, daher auch sein Produkt und seine Lebensmittel, noch nicht in der Form von Kapital gegenüberstehn.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.624)}}<br />
<br />
'''Annahme 11'''<br />
<br />
Die Arbeitskraft wird gekauft zur Verwertung des Kapitals. Die Produktion von Mehrwert ist das absolute Gesetz dieser Produktionsweise. Nur soweit sie die Produktionsmittel als Kapital erhält, ihren eigenen Wert als Kapital reproduziert und unbezahlte Arbeit eine Quelle von Zuschusskapital liefert, ist die Arbeitskraft verkaufbar. Die Bedingung für den Verkauf ist die stets erweiterte Reproduktion des Reichtums als Kapital. <br />
<br />
{{Zitat |So wenig aber bessere Kleidung, Nahrung, Behandlung und ein größeres Peculium das Abhängigkeitsverhältnis und die Exploitation des Sklaven aufheben, so wenig die des Lohnarbeiters. Steigender Preis der Arbeit infolge der Akkumulation des Kapitals besagt in der Tat nur, daß der Umfang und die Wucht der goldnen Kette, die der Lohnarbeiter sich selbst bereits geschmiedet hat, ihre losere Spannung erlauben. In den Kontroversen über diesen Gegenstand hat man meist die Hauptsache übersehn, nämlich die differentia specifica der kapitalistischen Produktion. Arbeitskraft wird hier gekauft, nicht um durch ihren Dienst oder ihr Produkt die persönlichen Bedürfnisse des Käufers zu befriedigen. Sein Zweck ist Verwertung seines Kapitals, Produktion von Waren, die mehr Arbeit enthalten, als er zahlt, also einen Wertteil enthalten, der ihm nichts kostet und dennoch durch den Warenverkauf realisiert wird. Produktion von Mehrwert oder Plusmacherei ist das absolute Gesetz dieser Produktionsweise. Nur soweit sie die Produktionsmittel als Kapital erhält, ihren eignen Wert als Kapital reproduziert und in unbezahlter Arbeit eine Quelle von Zuschußkapital liefert, ist die Arbeitskraft verkaufbar. Die Bedingungen ihres Verkaufs, ob mehr oder minder günstig für den Arbeiter, schließen also die Notwendigkeit ihres steten Wiederverkaufs und die stets erweiterte Reproduktion des Reichtums als Kapital ein.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.646f.)}}<br />
<br />
==Mehrwertproduktion durch Ausbeutung der Arbeitskraft ==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Mehrwert, Konsumtionsfonds, Variables Kapital, Ausbeutung, Verschleierung, Lohn, Reproduktion, Arbeitslohn, Mehrarbeit<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Der Arbeiter produziert den Mehrwert, der als Konsumtionsfonds des Kapitalisten dient und den Fonds seiner eigenen Zahlung, das variable Kapital, bevor es ihm als Arbeitslohn zufließt. <br />
<br />
{{Zitat |Der Produktionsprozeß wird eingeleitet mit dem Kauf der Arbeitskraft für eine bestimmte Zeit, und diese Einleitung erneuert sich beständig, sobald der Verkaufstermin der Arbeit fällig und damit eine bestimmte Produktionsperiode, Woche, Monat usw., abgelaufen ist. Gezahlt wird der Arbeiter aber erst, nachdem seine Arbeitskraft gewirkt und sowohl ihren eignen Wert als den Mehrwert in Waren realisiert hat. Er hat also wie den Mehrwert, den wir einstweilen nur als Konsumtionsfonds des Kapitalisten betrachten, so den Fonds seiner eignen Zahlung, das variable Kapital, produziert, bevor es ihm in der Form des Arbeitslohnes zurückfließt, und er wird nur so lange beschäftigt, als er ihn beständig reproduziert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.592)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Die Warenform des Produkts und die Geldform der Ware verkleiden die Transaktion, in der die Kapitalistenklasse der Arbeiterklasse Zuweisungen in Geldform auf das von ihr produzierte und durch die Kapitalistenklasse angeeignete Produkt gibt. <br />
<br />
{{Zitat |Die Illusion, welche die Geldform erzeugt, verschwindet sofort, sobald statt des einzelnen Kapitalisten und des einzelnen Arbeiters Kapitalistenklasse und Arbeiterklasse betrachtet werden. Die Kapitalistenklasse gibt der Arbeiterklasse beständig in Geldform Anweisungen auf einen Teil des von der letzteren produzierten und von der erstren angeeigneten Produkts. Diese Anweisungen gibt der Arbeiter der Kapitalistenklasse ebenso beständig zurück und entzieht ihr damit den ihm selbst zufallenden Teil seines eignen Produkts. Die Warenform des Produkts und die Geldform der Ware verkleiden die Transaktion.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.593)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Das variable Kapital ist nur eine historische Erscheinungsform des Fonds von Lebensmitteln oder Arbeitsfonds, den der Arbeiter zu seiner Selbsterhaltung benötigt. <br />
<br />
{{Zitat |Das variable Kapital ist also nur eine besondre historische Erscheinungsform des Fonds von Lebensmitteln oder des Arbeitsfonds, den der Arbeiter zu seiner Selbsterhaltung und Reproduktion bedarf und den er in allen Systemen der gesellschaftlichen Produktion stets selbst produzieren und reproduzieren muß.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.593)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Die bloße Kontinuität des Reproduktionsprozesses verwandelt Kapital in akkumuliertes Kapital. Es wird Materiatur unbezahlter, fremder Arbeit. <br />
<br />
{{Zitat |Ganz abgesehn von aller Akkumulation verwandelt also die bloße Kontinuität des Produktionsprozesses, oder die einfache Reproduktion, nach kürzerer oder längerer Periode jedes Kapital notwendig in akkumuliertes Kapital oder kapitalisierten Mehrwert. War es selbst bei seinem Eintritt in den Produktionsprozeß persönlich erarbeitetes Eigentum seines Anwenders, früher oder später wird es ohne Äquivalent angeeigneter Wert oder Materiatur, ob in Geldform oder anders, unbezahlter fremder Arbeit.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.595)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Um die Bestandteile als Kapital fungieren zu lassen, braucht es zusätzliche Arbeitskräfte. Daher ist die Arbeiterklasse die vom Lohn abhängige Klasse, deren Lohn auch zu ihrer eigenen Vermehrung hinreicht.<br />
<br />
{{Zitat |Um nun diese Bestandteile tatsächlich als Kapital fungieren zu lassen, bedarf die Kapitalistenklasse eines Zuschusses von Arbeit. Soll nicht die Ausbeutung der schon beschäftigten Arbeiter extensiv oder intensiv wachsen, so müssen zusätzliche Arbeitskräfte eingestellt werden. Dafür hat der Mechanismus der kapitalistischen Produktion ebenfalls schon gesorgt, indem er die Arbeiterklasse reproduziert als vom Arbeitslohn abhängige Klasse, deren gewöhnlicher Lohn hinreicht, nicht nur ihre Erhaltung zu sichern, sondern auch ihre Vermehrung.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.607)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Auch die Lebensmittel, von denen sich die Arbeiterklasse erhält, sind Bestandteile des Mehrprodukts. Wenn die Kapitalistenklasse mit dem Mehrprodukt neue Arbeitskräfte kauft, bezahlt er sie mit ihrem eigenen Geld. <br />
<br />
{{Zitat |Die Produktionsmittel, denen die zuschüssige Arbeitskraft einverleibt wird, wie die Lebensmittel, von denen diese sich erhält, sind nichts als integrierende Bestandteile des Mehrprodukts, des der Arbeiterklasse jährlich durch die Kapitalistenklasse entrissenen Tributs. Wenn diese mit einem Teil des Tributs von jener zusätzliche Arbeitskraft kauft, selbst zum vollen Preise, so daß Äquivalent sich austauscht gegen Äquivalent - es bleibt immer das alte Verfahren des Eroberers, der den Besiegten Waren abkauft mit ihrem eignen, geraubten Geld.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.608)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Die gewaltsame Herabsetzung des Arbeitslohns unter den Wert der Arbeitskraft spielt in der praktischen Bewegung eine wichtige Rolle. Sie verwandelt faktisch, innerhalb gewisser Grenzen, den notwendigen Konsumtionsfonds des Arbeiters in einen Akkumulationsfonds von Kapital.<br />
<br />
{{Zitat |Man erinnert sich, daß die Rate des Mehrwerts in erster Instanz abhängt vom Exploitationsgrad der Arbeitskraft. Die politische Ökonomie würdigt diese Rolle so sehr, daß sie gelegentlich die Beschleunigung der Akkumulation durch erhöhte Produktionskraft der Arbeit identifiziert mit ihrer Beschleunigung durch erhöhte Exploitation des Arbeiters. In den Abschnitten über die Produktion des Mehrwerts ward beständig unterstellt, daß der Arbeitslohn wenigstens gleich dem Wert der Arbeitskraft ist. Die gewaltsame Herabsetzung des Arbeitslohns unter diesen Wert spielt jedoch in der praktischen Bewegung eine zu wichtige Rolle, um uns nicht einen Augenblick dabei aufzuhalten. Sie verwandelt faktisch, innerhalb gewisser Grenzen, den notwendigen Konsumtionsfonds des Arbeiters in einen Akkumulationsfonds von Kapital.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.626)}}<br />
<br />
==Trennung von Arbeitsprodukt und Produzenten==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Entfremdung, Trennung von Arbeitsprodukt und Produzenten, Ursprüngliche Akkumulation, Kapitalverhältnis, Klasse, Lohnarbeiter, Kapitalisten <br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die Scheidung zwischen Arbeitsprodukt und Arbeit, Besitzer von Produktionsmitteln und Besitzer von Arbeitskraft und sonst nichts war der Ausgangspunkt des kapitalistischen Produktionsprozesses.<br />
<br />
{{Zitat |Um Geld in Kapital zu verwandeln, genügte nicht das Vorhandensein von Warenproduktion und Warenzirkulation. Es mußten erst, hier Besitzer von Wert oder Geld, dort Besitzer der wertschaffenden Substanz; hier Besitzer von Produktions- und Lebensmitteln, dort Besitzer von nichts als Arbeitskraft, einander als Käufer und Verkäufer gegenübertreten. Scheidung zwischen dem Arbeitsprodukt und der Arbeit selbst, zwischen den objektiven Arbeitsbedingungen und der subjektiven Arbeitskraft, war also die tatsächlich gegebne Grundlage, der Ausgangspunkt des kapitalistischen Produktionsprozesses.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.595)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Der Reproduktionsprozess reproduziert das Kapitalverhältnis selbst, auf der einen Seite den Kapitalisten, auf der anderen den Lohnarbeiter. <br />
<br />
{{Zitat |Der kapitalistische Produktionsprozeß, im Zusammenhang betrachtet oder als Reproduktionsprozeß, produziert also nicht nur Ware, nicht nur Mehrwert, er produziert und reproduziert das Kapitalverhältnis selbst, auf der einen Seite den Kapitalisten, auf der andren den Lohnarbeiter.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.604)}}<br />
<br />
==Produktive und individuelle Konsumtion==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Produktive Konsumtion, Individuelle Konsumtion, Wertschöpfung, Unproduktive Konsumtion, Akkumulationsfonds, Konsumtionsfonds, Mehrwert <br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die produktive Konsumtion bedeutet: durch die Arbeit konsumiert der Arbeiter Produktionsmittel und verwandelt sie in Produkte von höherem Wert. <br/> Die individuelle Konsumtion bedeutet: von dem vom Kapitalisten gezahlten Geld kauft der Arbeiter Lebensmittel.<br/> Die produktiven Konsumtion des Arbeiters hat zum Resultat das Leben des Kapitalisten, die individuelle Konsumtion des Arbeiters hat sein Leben selbst zum Resultat.<br />
<br />
{{Zitat |Die Konsumtion des Arbeiters ist doppelter Art. In der Produktion selbst konsumiert er durch seine Arbeit Produktionsmittel und verwandelt sie in Produkte von höherem Wert als dem des vorgeschoßnen Kapitals. Dies ist seine produktive Konsumtion. Sie ist gleichzeitig Konsumtion seiner Arbeitskraft durch den Kapitalisten, der sie gekauft hat. Andrerseits verwendet der Arbeiter das für den Kauf der Arbeitskraft gezahlte Geld in Lebensmittel: dies ist seine individuelle Konsumtion. Die produktive und die individuelle Konsumtion des Arbeiters sind also total verschieden. In der ersten handelt er als bewegende Kraft des Kapitals und gehört dem Kapitalisten; in der zweiten gehört er sich selbst und verrichtet Lebensfunktionen außerhalb des Produktionsprozesses. Das Resultat der einen ist das Leben des Kapitalisten, das der andern ist das Leben des Arbeiters selbst.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.596f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Für die Kapitalisten ist die individuelle Konsumtion der Arbeiter nur produktiv, wenn sie zur Erhaltung der Arbeiter dient, weil sie so für neue auszubeutende Arbeiter sorgt. Bekommt der Arbeiter einen höheren Lohn, um mehr konsumieren zu können, ohne danach mehr zu arbeiten, ist das für den Kapitalist unproduktiv. <br><br />
Die Arbeiterklasse ist also Zubehör des Kapitals, die individuelle Konsumtion der Arbeiter nur ein Moment des Reproduktionsprozesses des Kapitals. <br><br />
Dieser Prozess sorgt dafür, dass der Arbeiter durch unsichtbare Fäden an den Kapitalisten gebunden ist. Da die von der Arbeiterklasse hergestellten Konsumtionsgüter nicht ihnen gehören und sie sie nur bekommen, wenn sie ihre Arbeitskraft auf dem Arbeitsmarkt verkaufen und ihren Lohn gegen Konsumtionsgüter eintauschen.<br />
<br />
{{Zitat |Daher betrachtet auch der Kapitalist und sein Ideolog, der politische Ökonom, nur den Teil der individuellen Konsumtion des Arbeiters als produktiv, der zur Verewigung der Arbeiterklasse erheischt ist, also in der Tat verzehrt werden muß, damit das Kapital die Arbeitskraft verzehre; was der Arbeiter außerdem zu seinem Vergnügen verzehren mag, ist unproduktive Konsumtion.<br/>Würde die Akkumulation des Kapitals eine Erhöhung des Arbeitslohns und daher Vermehrung der Konsumtionsmittel des Arbeiters verursachen ohne Konsum von mehr Arbeitskraft durch das Kapital, so wäre das zuschüssige Kapital unproduktiv konsumiert.<br/>In der Tat: die individuelle Konsumtion des Arbeiters ist für ihn selbst unproduktiv, denn sie reproduziert nur das bedürftige Individuum; sie ist produktiv für den Kapitalisten und den Staat, denn sie ist Produktion der den fremden Reichtum produzierenden Kraft.<br/>Von gesellschaftlichem Standpunkt ist also die Arbeiterklasse, auch außerhalb des unmittelbaren Arbeitsprozesses, ebensosehr Zubehör des Kapitals als das tote Arbeitsinstrument. Selbst ihre individuelle Konsumtion ist innerhalb gewisser Grenzen nur ein Moment des Reproduktionsprozesses des Kapitals.<br/>Der Prozeß aber sorgt dafür, daß diese selbstbewußten Produktionsinstrumente nicht weglaufen, indem er ihr Produkt beständig von ihrem Pol zum Gegenpol des Kapitals entfernt. Die individuelle Konsumtion sorgt einerseits für ihre eigne Erhaltung und Reproduktion, andrerseits durch Vernichtung der Lebensmittel für ihr beständiges Wiedererscheinen auf dem Arbeitsmarkt.<br/>Der römische Sklave war durch Ketten, der Lohnarbeiter ist durch unsichtbare Fäden an seinen Eigentümer gebunden. Der Schein seiner Unabhängigkeit wird durch den beständigen Wechsel der individuellen Lohnherrn und die fictio juris des Kontrakts aufrechterhalten.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.598f.)}}<br />
<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Der Mehrwert bzw. das Mehrprodukt ist indivudeller Konsumtionsfonds des Kapitalisten und zugleich Akkumulationsfonds. <br />
<br />
{{Zitat |Im vorigen Kapitel betrachteten wir den Mehrwert, resp. das Mehrprodukt, nur als individuellen Konsumtionsfonds des Kapitalisten, in diesem Kapitel bisher nur als einen Akkumulationsfonds. Er ist aber weder nur das eine noch das andre, sondern beides zugleich. Ein Teil des Mehrwerts wird vom Kapitalisten als Revenue verzehrt ein andrer Teil als Kapital angewandt oder akkumuliert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.617f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der Kapitalist zwingt zur Verwertung des Werts, und so zur Produktion der Produktion willen, zur Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte, und zur Schöpfung der materiellen Produktionsbedingungen, die die reale Basis einer höheren Gesellschaftsformation bilden.<br/><br />
Der Kapitalist ist das Triebrad des gesellschaftlichen Mechanismus. <br/>Die kapitalistische Produktion macht eine fortwährende Steigerung des in einem industriellen Unternehmens angelegten Kapitals zur Notwendigkeit. Die Konkurrenz herrscht jedem individuellen Kapitalisten die immanenten Gesetze der kapitalistischen Produktionsweise als äußere Zwangsgesetze auf, das Kapital fortwährend auszudehnen, um es zu erhalten, was nur mit ansteigender Akkumulation möglich ist. <br />
<br />
{{Zitat |Als Fanatiker der Verwertung des Werts zwingt er rücksichtslos die Menschheit zur Produktion um der Produktion willen, daher zu einer Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte und zur Schöpfung von materiellen Produktionsbedingungen, welche allein die reale Basis einer höheren Gesellschaftsform bilden können, deren Grundprinzip die volle und freie Entwicklung jedes Individuums ist. Nur als Personifikation des Kapitals ist der Kapitalist respektabel.<br/>Als solche teilt er mit dem Schatzbildner den absoluten Bereicherungstrieb. Was aber bei diesem als individuelle Manie erscheint, ist beim Kapitalisten Wirkung des gesellschaftlichen Mechanismus, worin er nur ein Triebrad ist. Außerdem macht die Entwicklung der kapitalistischen Produktion eine fortwährende Steigerung des in einem industriellen Unternehmen angelegten Kapitals zur Notwendigkeit, und die Konkurrenz herrscht jedem individuellen Kapitalisten die immanenten Gesetze der kapitalistischen Produktionsweise als äußere Zwangsgesetze auf. Sie zwingt ihn, sein Kapital fortwährend auszudehnen, um es zu erhalten, und ausdehnen kann er es nur vermittelst progressiver Akkumulation.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.618)}}<br />
<br />
==Warenproduktion als Grundlage der kapitalistischen Produktion==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Warenproduktion, Eigentum, Ausbeutung, Mehrarbeit, Ware Arbeitskraft, Wertübertragung, Geld, Kapital, Doppelt freier Lohnarbeiter, Kapitalistische Produktion <br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Das Eigentum als Recht auf Aneignung unbezahlter Arbeit erscheint als Verletzung der Gesetze der Warenproduktion, resultiert aber aus ihrer Anwendung. <br />
<br />
{{Zitat |Eigentum erscheint jetzt auf Seite des Kapitalisten als das Recht, fremde unbezahlte Arbeit oder ihr Produkt, auf Seite des Arbeiters als Unmöglichkeit, sich sein eignes Produkt anzueignen. Die Scheidung zwischen Eigentum und Arbeit wird zur notwendigen Konsequenz eines Gesetzes, das scheinbar von ihrer Identität ausging. Sosehr die kapitalistische Aneignungsweise also den ursprünglichen Gesetzen der Warenproduktion ins Gesicht zu schlagen scheint, so entspringt sie doch keineswegs aus der Verletzung, sondern im Gegenteil aus der Anwendung dieser Gesetze.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.610)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Der Verbrauch der Ware Arbeitskraft durch den Käufer, nicht die Übervorteilung des Verkäufers, führt zum Mehrwert.<br />
<br />
{{Zitat |Wenn also die in Arbeitslohn vorgeschoßne Wertsumme sich in Produkt nicht bloß einfach wieder vorfindet, sondern um einen Mehrwert vermehrt vorfindet, so rührt dies nicht her aus einer Übervorteilung des Verkäufers, der ja den Wert seiner Ware erhalten, sondern nur aus dem Verbrauch dieser Ware durch den Käufer.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.611)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Verwandlung von Geld in Kapital hat zum Ergebnis, dass das Produkt dem Kapitalisten gehört und nicht dem Arbeiter, dass es einen Mehrwert enthält, der den Arbeiter Arbeit, den Kapitalisten nichts gekostet hat, aber dennoch ihm gehört; dass der Arbeiter seine Arbeitskraft erhalten kann. Einfache Reproduktion ist periodische Wiederholung dieser ersten Operation. <br />
<br />
<br />
{{Zitat |Die ursprüngliche Verwandlung des Geldes in Kapital vollzieht sich also im genauesten Einklang mit den ökonomischen Gesetzen der Warenproduktion und mit dem daraus sich ableitenden Eigentumsrecht. Trotzdem aber hat sie zum Ergebnis:<br/>1. daß das Produkt dem Kapitalisten gehört und nicht dem Arbeiter; <br/>2. daß der Wert dieses Produkts, außer dem Wert des vorgeschoßnen Kapitals, einen Mehrwert einschließt, der dem Arbeiter Arbeit, dem Kapitalisten aber nichts gekostet hat und der dennoch das rechtmäßige Eigentum des Kapitalisten wird;<br/> 3. daß der Arbeiter seine Arbeitskraft forterhalten hat und sie aufs neue verkaufen kann, wenn er einen Käufer findet. Die einfache Reproduktion ist nur die periodische Wiederholung dieser ersten Operation; jedesmal wird, stets von neuem, Geld in Kapital verwandelt. Das Gesetz wird also nicht gebrochen, im Gegenteil es erhält nur Gelegenheit, sich dauernd zu betätigen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.611)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Sobald die Arbeitskraft durch den Arbeiter frei verkauft wird, verallgemeinert sich die Warenproduktion zur typischen Produktionsform. Die Warenproduktion bildet sich nach ihren eigenen immanenten Gesetzen zur kapitalistischen Produktion fort, ihre Eigentumsgesetze schlagen um in Gesetze der kapitalistischen Aneignung. <br />
<br />
{{Zitat |Dies Resultat wird unvermeidlich, sobald die Arbeitskraft durch den Arbeiter selbst als Ware frei verkauft wird. Aber auch erst von da an verallgemeinert sich die Warenproduktion und wird sie typische Produktionsform; erst von da an wird jedes Produkt von vornherein für den Verkauf produziert und geht aller produzierte Reichtum durch die Zirkulation hindurch.<br/>Erst da, wo die Lohnarbeit ihre Basis, zwingt die Warenproduktion sich der gesamten Gesellschaft auf; aber auch erst da entfaltet sie alle ihre verborgnen Potenzen. Sagen, daß die Dazwischenkunft der Lohnarbeit die Warenproduktion fälscht, heißt sagen, daß die Warenproduktion, will sie unverfälscht bleiben, sich nicht entwickeln darf. Im selben Maß, wie sie nach ihren eignen immanenten Gesetzen sich zur kapitalistischen Produktion fortbildet, in demselben Maß schlagen die Eigentumsgesetze der Warenproduktion um in Gesetze der kapitalistischen Aneignung.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.613)}}<br />
<br />
==Wachstum des Kapitals==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Das Wachstum des Kapitals bedeutet sowohl Vergrößerung der Einzelkapitale, als auch des gesellschaftlichen Kapitals insgesamt, durch die Eroberung der Welt und der Menschen. Beides ist bedingt durch die Akkumulation von Kapital. Diese zwingt immer mehr Menschen, ihre Arbeitskraft an die Kapitalisten zu verkaufen, welche sich das von den Arbeitern produzierte Mehrprodukt aneignen. Weiterhin geht mit der Akkumulation des Kapitals eine Produktivkraftsteigerung einher. Dadurch wächst die Produktenmasse, da ein Arbeiter in der selben Zeit mehr Produktionsmittel verarbeitet. Der Anteil des variablen Kapitals sinkt also relativ mit dem Wachstum des Kapitals. Gleichzeitig steigt das variable Kapital absolut, da die wachsende Masse an Produktionsmitteln mehr Arbeitskraft benötigt.<br />
<br />
Der Mehrwert teilt sich auf in den Konsumtionsfond und den Akkumulationsfond, also in den Teil den der Kapitalist zur Befriedigung seiner persönlichen Bedürfnisse benutzt, und in den Teil den der Kapitalist wieder in den Produktionsprozess steckt. Durch das Wachstum des Kapitals steigt auch der Mehrwert, wodurch mehr Kapital in den Produktionsprozess geführt werden kann. Das Wachstum des Kapitals bedingt also ein Wachstum des Proletariats und der in Bewegung gesetzten Produktionsmittel. Durch die Erschließung neuer Märkte oder neue gesellschaftliche Bedürfnisse entwickelt sich eine verstärkte Nachfrage an Arbeitskräften, welche den Kapitalisten zwingen kann, die Löhne zu erhöhen.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Ausdehnung, Herrschaft, Wachstum, Wachstumsbeschleunigung, Produktenmasse, Gesellschaftlicher Reichtum, Produktivität, Aufschwung, Akkumulation, Wertübertragung, Abstrakte Arbeit, Kapitalfetisch, Selbstverwertung, Mehrarbeit, Aneignung, Ausbeutung, Tote und lebendige Arbeit<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Das Wachstums des Kapitals wird bereits von der bürgerlichen Ökonomen wie Adam Smith und David Ricardo untersucht. Im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] beschreibt Karl Marx die tatsächlichen Ursachen und die Bedeutung des Wachstums des Kapitals für die politische Ökonomie. Marx widerlegt die bürgerliche Vorstellung, dass der gesamte Mehrwert, welcher in Kapital verwandelt wird, zu variablem Kapital werden würde. Vielmehr legt er eindeutig fest, dass sich der Mehrwert als Kapital wieder in konstantes und variables Kapital teilt, also in Produktionsmittel und Arbeitskraft. Der Kapitalist teilt den Mehrwert zudem auf in den Konsumtionsfond und den Akkumulationsfond, wobei das Verhältnis beider Fonds die Größe der Akkumulation beeinflusst. Das heißt, umso mehr sich der Kapitalist am von den Arbeitern produzierten Mehrwert bereichert und diesen für die Befriedigung seiner persönlichen Bedürfnisse ausgibt, umso weniger Mehrwert kann der Kapitalist in den Akkumulationsprozess stecken, und andersherum.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die Akkumulation ist die Eroberung der Welt, denn sie dehnt ausbeutbares Menschenmaterial und die Herrschaft der Kapitalisten aus.<br />
<br />
{{Zitat |Die Akkumulation ist Eroberung der Welt des gesellschaftlichen Reichtums. Sie dehnt mit der Masse des exploitierten Menschenmaterials zugleich die direkte und indirekte Herrschaft des Kapitalisten aus.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.619)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Das Kapital verleibt sich Arbeitskraft und Erde ein und erwirbt neue Expansionskraft, die es erlaubt, die Elemente der Akkumulation auszudehnen.<br />
<br />
{{Zitat |Allgemeines Resultat: Indem das Kapital sich die beiden Urbildner des Reichtums, Arbeitskraft und Erde, einverleibt, erwirbt es eine Expansionskraft, die ihm erlaubt, die Elemente seiner Akkumulation auszudehnen jenseits der scheinbar durch seine eigne Größe gesteckten Grenzen, gesteckt durch den Wert und die Masse der bereits produzierten Produktionsmittel, in denen es sein Dasein hat.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.630f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Mit wachsender Produktivität wächst die Produktenmasse. Bei gleichbleibender und selbst bei fallender Mehrwertrate wächst die Masse des Mehrprodukts. <br />
<br />
{{Zitat |Ein andrer wichtiger Faktor in der Akkumulation des Kapitals ist der Produktivitätsgrad der gesellschaftlichen Arbeit. Mit der Produktivkraft der Arbeit wächst die Produktenmasse, worin sich ein bestimmter Wert, also auch Mehrwert von gegebner Größe, darstellt. Bei gleichbleibender und selbst bei fallender Rate des Mehrwerts, sofern sie nur langsamer fällt, als die Produktivkraft der Arbeit steigt, wächst die Masse des Mehrprodukts.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.631)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Mit wachsender Produktivität geht eine wachsende Rate des Mehrwerts einher. Derselbe variable Kapitalteil setzt mehr Arbeitskraft und daher mehr Arbeit in Bewegung. Derselbe konstante Kapitalteil stellt sich in mehr Produktionsmitteln dar, liefert mehr Produktbildner oder Arbeitseinsauger. Es findet bei gleichbleibendem Wert des Zusatzkapitals beschleunigte Akkumulation statt. Die Produktion des Mehrwerts wächst schneller als der Wert des Zusatzkapitals. <br />
<br />
{{Zitat |Aber mit der wachsenden Produktivität der Arbeit geht, wie man gesehn, die Verwohlfeilerung des Arbeiters, also wachsende Rate des Mehrwerts, Hand in Hand, selbst wenn der reelle Arbeitslohn steigt. Er steigt nie verhältnismäßig mit der Produktivität der Arbeit. Derselbe variable Kapitalwert setzt also mehr Arbeitskraft und daher mehr Arbeit in Bewegung. Derselbe konstante Kapitalwert stellt sich in mehr Produktionsmitteln, d.h. mehr Arbeitsmitteln, Arbeitsmaterial und Hilfsstoffen dar, liefert also sowohl mehr Produktbildner als Wertbildner oder Arbeitseinsauger. Bei gleichbleibendem und selbst abnehmendem Wert des Zusatzkapitals findet daher beschleunigte Akkumulation statt. Nicht nur erweitert sich die Stufenleiter der Reproduktion stofflich, sondern die Produktion des Mehrwerts wächst schneller als der Wert des Zusatzkapitals.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.631)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Die Arbeit überträgt den Wert der von ihr konsumierten Produktionsmittel auf das Produkt. Deren Wert und Masse steigt mit der Produktivität der Arbeit. Auch wenn dieselbe Arbeitsmenge ihren Produkten immer nur dieselbe Summe Neuwert zusetzt, wächst doch der alte Kapitalwert, den sie ihnen überträgt. <br />
<br />
{{Zitat |Die Arbeit überträgt auf das Produkt den Wert der von ihr konsumierten Produktionsmittel. Andrerseits wächst Wert und Masse der durch gegebne Arbeitsmenge in Bewegung gesetzten Produktionsmittel im Verhältnis, wie die Arbeit produktiver wird. Setzt also auch dieselbe Arbeitsmenge ihren Produkten immer nur dieselbe Summe Neuwert zu, so wächst doch der alte Kapitalwert, den sie ihnen gleichzeitig überträgt, mit steigender Produktivität der Arbeit.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.632)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Die Arbeit erhält Wert und schafft neuen. Mit steigender Produktivität erhält und verewigt die Arbeit in stets neuer Form einen stets schwellenden Kapitalwert. <br />
<br />
{{Zitat |Es ist die Naturgabe der lebendigen Arbeit, alten Wert zu erhalten, während sie Neuwert schafft. Mit dem Wachstum von Wirksamkeit, Umfang und Wert ihrer Produktionsmittel, also mit der die Entwicklung ihrer Produktivkraft begleitenden Akkumulation erhält und verewigt die Arbeit daher in stets neuer Form einen stets schwellenden Kapitalwert.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.633)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Diese Kraft der Arbeit erscheint als Selbsterhaltungskraft des Kapitals. Die beständige Aneignung der Mehrarbeit durch den Kapitalisten erscheint als beständige Selbstverwertung des Kapitals.<br />
<br />
{{Zitat |Diese Naturkraft der Arbeit erscheint als Selbsterhaltungskraft des Kapitals, dem sie einverleibt ist, ganz wie ihre gesellschaftlichen Produktivkräfte als seine Eigenschaften, und wie die beständige Aneignung der Mehrarbeit durch den Kapitalisten als beständige Selbstverwertung des Kapitals. Alle Kräfte der Arbeit projektieren sich als Kräfte des Kapitals, wie alle Wertformen der Ware als Formen des Geldes.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.633f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 8'''<br />
<br />
Mit dem Wachstum des Kapitals wächst die Differenz zwischen angewandtem und konsumiertem Kapital. Der Gratisdienst der vergangenen Arbeit – wenn von lebendiger Arbeit ergriffen – akkumuliert mit der wachsenden Stufenleiter der Akkumulation. <br />
<br />
{{Zitat |Mit dem Wachstum des Kapitals wächst die Differenz zwischen angewandtem und konsumiertem Kapital. Im Verhältnis, worin diese Arbeitsmittel als Produktbildner dienen, ohne dem Produkt Wert zuzusetzen, also ganz angewandt, aber nur teilweise konsumiert werden, leisten sie, wie früher erwähnt, denselben Gratisdienst wie Naturkräfte, Wasser, Dampf, Luft, Elektrizität usw. Dieser Gratisdienst der vergangnen Arbeit, wenn ergriffen und beseelt von der lebendigen Arbeit, akkumuliert mit der wachsenden Stufenleiter der Akkumulation.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.635)}}<br />
<br />
'''Annahme 9'''<br />
<br />
Die Masse des Mehrwerts ist bestimmt durch die Anzahl der gleichzeitig ausgebeuteten Arbeiter. Diese entspricht in wechselndem Verhältnis der Größe des Kapitals. Je mehr das Kapital durch Akkumulation wächst, desto mehr wächst die Wertsumme, die sich in Konsumtionsfonds und Akkumulationsfonds spaltet.<br />
<br />
{{Zitat |Bei gegebnem Exploitationsgrad der Arbeitskraft ist die Masse des Mehrwerts bestimmt durch die Anzahl der gleichzeitig ausgebeuteten Arbeiter, und diese entspricht, obgleich in wechselndem Verhältnis, der Größe des Kapitals. Je mehr also das Kapital vermittelst sukzessiver Akkumulationen wächst, desto mehr wächst auch die Wertsumme, die sich in Konsumtionsfonds und Akkumulationsfonds spaltet. Der Kapitalist kann daher flotter leben und zugleich mehr „entsagen". Und schließlich spielen alle Springfedern der Produktion um so energischer, je mehr ihre Stufenleiter sich erweitert mit der Masse des vorgeschossenen Kapitals.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.635f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 10'''<br />
<br />
Mit Wachstum des Kapitals ist Wachstum des variablen Kapitals verbunden – also Wachstum des Arbeitsfonds der Arbeitskraft.<br />
<br />
{{Zitat |Wachstum des Kapitals schließt Wachstum seines variablen oder in Arbeitskraft umgesetzten Bestandteils ein. Ein Teil des in Zusatzkapital verwandelten Mehrwerts muß stets rückverwandelt werden in variables Kapital oder zuschüssigen Arbeitsfonds. Unterstellen wir, daß, nebst sonst gleichbleibenden Umständen; die Zusammensetzung des Kapitals unverändert bleibt, d.h. eine bestimmte Masse Produktionsmittel oder konstantes Kapital stets dieselbe Masse Arbeitskraft erheischt, um in Bewegung gesetzt zu werden, so wächst offenbar die Nachfrage nach Arbeit und der Subsistenzfonds der Arbeiter verhältnismäßig mit dem Kapital und um so rascher, je rascher das Kapital wächst.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.641)}}<br />
<br />
'''Annahme 11'''<br />
<br />
Das Wachstum des Kapitals schließt das Wachstum seines variablen Teils ein. Eine bestimmte Masse Produktionsmittel erheischt stets dieselbe Masse Arbeitskraft, um in Bewegung gesetzt zu werden. Die Nachfrage nach Arbeit wächst. Akkumulation des Kapitals ist also Vermehrung des Proletariats.<br />
Die Reproduktion der Arbeitskraft bildet selbst einen Moment der Reproduktion des Kapitals. <br />
<br />
{{Zitat |Wie die einfache Reproduktion fortwährend das Kapitalverhältnis selbst reproduziert, Kapitalisten auf der einen Seite, Lohnarbeiter auf der andren, so reproduziert die Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter oder die Akkumulation das Kapitalverhältnis auf erweiterter Stufenleiter, mehr Kapitalisten oder größere Kapitalisten auf diesem Pol, mehr Lohnarbeiter auf jenem.<br/>Die Reproduktion der Arbeitskraft, die sich dem Kapital unaufhörlich als Verwertungsmittel einverleiben muß, nicht von ihm loskommen kann und deren Hörigkeit zum Kapital nur versteckt wird durch den Wechsel der individuellen Kapitalisten, woran sie sich verkauft, bildet in der Tat ein Moment der Reproduktion des Kapitals selbst. Akkumulation des Kapitals ist also Vermehrung des Proletariats.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.641f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 12'''<br />
<br />
Die Kapitalisten können unter bestimmten Bedingungen (z.B. Eröffnung neuer Märkte, Entstehung neuer gesellschaftlicher Bedürfnisse) eine verstärkte Nachfrage nach Arbeitern entwickeln, die sie nur befriedigen können, wenn sie höhere Arbeitslöhne zahlen. Das können sie jederzeit ohne vorherige Mehrwertsteigerung, indem sie den Teil des Mehrwerts den sie für ihren Privatkonsum nutzen (Revenue) kürzen und den, den sie wieder in den Produktionsprozess werfen (Kapital), vergrößern.<br />
<br />
{{Zitat |und da endlich, unter besondrem Sporn des Bereicherungstriebs wie z. B. Öffnung neuer Märkte, neuer Sphären der Kapitalanlage infolge neu entwickelter gesellschaftlicher Bedürfnisse Usw., die Stufenleiter der Akkumulation plötzlich ausdehnbar ist durch bloß veränderte Teilung des Mehrwerts oder Mehrprodukts in Kapital und Revenue, können die Akkumulationsbedürfnisse des Kapitals das Wachstum der Arbeitskraft oder der Arbeiteranzahl, die Nachfrage nach Arbeitern ihre Zufuhr überflügeln und daher die Arbeitslöhne steigen.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.641)}}<br />
<br />
==Wissenschaftlich-technischer Fortschritt==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Der wissenschaftlich-technische Fortschritt beschreibt die Verbesserung der wissenschafltichen und technischen Möglichkeiten. Durch die Entwicklung von Wissenschaft und Technik erweitert sich die Produktivkraft der Arbeit, was bewirkt, dass neue Maschinen, Werkzeuge und andere Produktionsmittel an die Stelle der Alten treten. Jeder wissenschaftliche und technische Fortschritt vervielfacht nicht nur die Effizienz im Produktionsprozess, sondern sorgt auch für eine Ausdehnung der Anlagensphäre des Kapitals. Der Fortschritt von Wissenschaft und Technik ist somit eine wichtige Folge der Akkumulation des Kapitals.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Wissenschaft, Technik, Fortschritt <br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Marx betrachtet den wissenschaftlich-technischen Fortschritt im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] als eine Folge des Wachstums und der Akkumulation des Kapitals. Durch diesen Fortschritt werden neue Produktionsmöglichkeiten erschlossen, welche allein dem Kapitalisten dienen, mehr Profit zu erzielen und die technische Entwicklung zur Verbesserung der kapitalistischen Produktion voranzutreiben, um sich somit einen individuellen Vorteil in einem Produktionsbereich gegenüber seinen kapitalistischen Konkurrenten zu haben. Die Akkumulation des Kapitals und der wissenschaftlich-technische Fortschritt gehen also Hand in Hand.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die Wissenschaft und die Technik bilden eine von der Größe des Kapitals unabhängige Potenz seiner Expansion. In seine neue Form einverleibt es gratis den vollzogenen gesellschaftlichen Fortschritt. <br />
<br />
{{Zitat |Gleich vermehrter Ausbeutung des Naturreichtums durch bloß höhere Spannung der Arbeitskraft, bilden Wissenschaft und Technik eine von der gegebnen Größe des funktionierenden Kapitals unabhängige Potenz seiner Expansion. Sie reagiert zugleich auf den in sein Erneuerungsstadium eingetretenen Teil des Originalkapitals. In seine neue Form einverleibt es gratis den hinter dem Rücken seiner alten Form vollzogenen gesellschaftlichen Fortschritt.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.632)}}<br />
<br />
==Aufschwung und Krise==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Der Aufschwung und die Krise bezeichneen die jeweilige Phase der Akkumulation des Kapitals. Beide Phasen bedingen sich gegenseitig und stehen in einem engen Verhältnis. Wächst in einer Aufschwungsphase die Menge der unbezahlten Arbeit so schnell, dass sie nur durch Zuschuss von bezahlter Arbeit zu Kapital werden kann, so steigt der Arbeitslohn, und der Anteil der unbezahlten Arbeit, der Mehrarbeit, nimmt ab.<br />
<br />
Dieser Anstieg ist jedoch an gewisse Grenzen gekoppelt. Bei steigenden Arbeitslöhnen wird weniger unbezahlte Mehrarbeit geleistet. Dies führt dazu, dass relativ immer weniger Kapital akkumuliert wird. Dadurch wird der Anstieg der Arbeitslöhne automatisch gebremst. Somit verschwindet durch die Abnahme der Akkumulation gleichzeitig die Ursache dafür, nämlich das Ungleichverhältnis zwischen Kapital und ausgebeuteter Arbeitskraft. Der Mechanismus des kapitalistischen Produktionsprozesses beseitigt also selbst die Hindernisse, die er vorübergehend schafft. Der Arbeitslohn fällt wieder auf ein Niveau, welches den Verwertungsbedürfnissen des Kapitals entspricht.<br />
Eine Abnahme des Ausbeutungsgrades der Arbeit und eine Zunahme des Arbeitslohns bewegen sich also immer in einem eingbetteten Rahmen, welcher die Reproduktion des Kapitalverhältnisses und dessen Reproduktion auf stets erweiterter Stufenleiter, also die Ausdehnung der Kapitalverhältnisse auf ein höheres Reproduktionsniveau sichert. Die relative Prosperität der Arbeiterklasse wird somit von der kapitalistischen Produktion nur vorübergehend, als Vorläufer einer Krise, zugelassen.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Krise, Aufschwung, Lohnhöhe, Arbeit, Konsumtion<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Der Aufschwung und die Krise des Akkumulationsprozesses werden von Marx im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] beschrieben. Diese beiden Phasen erklärt Marx mit der Steigerung und dem Fall von bezahlter und unbezahlter Arbeit, wobei beide Phasen sich gegenseitig bedingen und die Geschwindigkeit der Akkumulation steuern. Während in einer Aufschwungsphase die Menge an Arbeitskraft steigt und somit die Löhne erhöht, wird zunehmend weniger Mehrwert kapitalisiert und somit weniger Kapital akkumuliert. Die logische Konsequenz darauf ist eine Verlangsamung der Akkumulation, was eine notwenige Senkung der Löhne zur Folge hat, damit die Reproduktion der Kapitalverhältnisse nicht gefährdet wird. <br />
Eine Aufschwungsphase und somit eine Prosperität der Arbeiterklasse durch höhere Löhne wird von der kapitalistischen Produktion nur momentan zugelassen und dient als Vorbote einer Krisenphase, in der die Löhne wieder sinken. <br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Das Verhältnis zwischen Kapital, Akkumulation und Lohnrate ist das Verhältnis zwischen unbezahlter, in Kapital verwandelter Arbeit und der zur Bewegung des Zusatzkapitals erforderlichen zuschüssigen Arbeit. Das Verhältnis von unbezahlter und bezahlter Arbeit der Arbeiterbevölkerung.<br/> Wenn die Menge der unbezahlten Arbeit rasch wächst, um außergewöhnlichen Zuschuss bezahlter Arbeit in Kapital verwandeln zu können, steigt der Lohn, die unbezahlte Arbeit nimmt ab.<br/>Sobald aber der Punkt eintritt, wo die das Kapital ernährende Mehrarbeit nicht in normaler Menge angeboten wird, erlahmt die Akkumulation, die steigende Lohnbewegung erhält Gegenschlag.<br/>Die Erhöhung des Arbeitspreises bleibt eingebannt in Grenzen, die die Grundlagen des kapitalistischen Systems nicht nur unangetastet lassen, sondern auch seine Reproduktion auf wachsender Stufenleiter sichern.<br />
<br />
{{Zitat |Das Verhältnis zwischen Kapital, Akkumulation und Lohnrate ist nichts als das Verhältnis zwischen der unbezahlten, in Kapital verwandelten Arbeit und der zur Bewegung des Zusatzkapitals erforderlichen zuschüssigen Arbeit.<br/>Es ist also keineswegs ein Verhältnis zweier voneinander unabhängigen Größen, einerseits der Größe des Kapitals, andrerseits der Zahl der Arbeiterbevölkerung, es ist vielmehr in letzter Instanz nur das Verhältnis zwischen der unbezahlten und der bezahlten Arbeit derselben Arbeiterbevölkerung. Wächst die Menge der von der Arbeiterklasse gelieferten und von der Kapitalistenklasse akkumulierten, unbezahlten Arbeit rasch genug, um nur durch einen außergewöhnlichen Zuschuß bezahlter Arbeit sich in Kapital verwandeln zu können, so steigt der Lohn, und alles andre gleichgesetzt, nimmt die unbezahlte Arbeit im Verhältnis ab.<br/>Sobald aber diese Abnahme den Punkt berührt, wo die das Kapital ernährende Mehrarbeit nicht mehr in normaler Menge angeboten wird, so tritt eine Reaktion ein: ein geringerer Teil der Revenue wird kapitalisiert, die Akkumulation erlahmt, und die steigende Lohnbewegung empfängt einen Gegenschlag. Die Erhöhung des Arbeitspreises bleibt also eingebannt in Grenzen, die die Grundlagen des kapitalistischen Systems nicht nur unangetastet lassen, sondern auch seine Reproduktion auf wachsender Stufenleiter sichern.<br/> Das in ein Naturgesetz mystifizierte Gesetz der kapitalistischen Akkumulation drückt also in der Tat nur aus, daß ihre Natur jede solche Abnahme im Exploitationsgrad der Arbeit oder jede solche Steigerung des Arbeitspreises ausschließt, welche die stetige Reproduktion des Kapitalverhältnisses und seine Reproduktion auf stets erweiterter Stufenleiter ernsthaft gefährden könnte.<br/>Es kann nicht anders sein in einer Produktionsweise, worin der Arbeiter für die Verwertungsbedürfnisse vorhandner Werte, statt umgekehrt der gegenständliche Reichtum für die Entwicklungsbedürfnisse des Arbeiters da ist. Wie der Mensch in der Religion vom Machwerk seines eignen Kopfes, so wird er in der kapitalistischen Produktion vom Machwerk seiner eignen Hand beherrscht.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.649)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Krisen gehen aus Mangel an zahlungsfähiger Konsumtion hervor. Das ist eine Tautologie. Abhilfe schaffen zu wollen, in dem die Arbeiterklasse einen größeren Teil ihres Produkts erhält, ignoriert, dass Krisen vorbereitet werden durch eine Periode, in der der Arbeitslohn allgemein steigt und die Arbeiterklasse größeren Anteil erhält. Die kapitalistische Produktion schafft unabhängig von gutem oder schlechtem Willen Bedingungen, die die relative Prosperität der Arbeiterklasse nur vorübergehend – als Vorlauf der Krise - zulassen.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist eine reine Tautologie zu sagen, daß die Krisen aus Mangel an zahlungsfähiger Konsumtion oder an zahlungsfähigen Konsumenten hervorgehn. Andre Konsumarten, als zahlende, kennt das kapitalistische System nicht, ausgenommen die sub forma pauperis oder die des „Spitzbuben". Daß Waren unverkäuflich sind, heißt nichts, als daß sich keine zahlungsfähigen Käufer für sie fanden, also Konsumenten (sei es nun, daß die Waren in letzter Instanz zum Behuf produktiver oder individueller Konsumtion gekauft werden).<br/>Will man aber dieser Tautologie einen Schein tiefrer Begründung dadurch geben, daß man sagt, die Arbeiterklasse erhalte einen zu geringen Teil ihres eignen Produkts, und dem Übelstand werde mithin abgeholfen, sobald sie größern Anteil davon empfängt, ihr Arbeitslohn folglich wächst, so ist nur zu bemerken, daß die Krisen jedesmal gerade vorbereitet werden durch eine Periode, worin der Arbeitslohn allgemein steigt und die Arbeiterklasse realiter größern Anteil an dem für Konsumtion bestimmten Teil des jährlichen Produkts erhält. Jene Periode müsste – von dem Gesichtspunkt dieser Ritter vom gesunden und „einfachen" (!) Menschenverstand - umgekehrt die Krise entfernen.<br/> Es scheint also, daß die kapitalistische Produktion vom guten oder bösen Willen unabhängige Bedingungen einschließt, die jene relative Prosperität der Arbeiterklasse nur momentan zulassen, und zwar immer nur als Sturmvogel einer Krise.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band24.pdf Kapital 2.Band, MEW Band 24], S.409f.)}}<br />
<br />
==Produktivkraftentwicklung==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Produktivkraftentwicklung ist ein wichtiges Element der kapitalistischen Produktion, denn ab einem gewissen Punkt wird sie der mächtigste Hebel der Akkumulation. Der gesellschaftliche Produktivgrad der Arbeit drückt sich in dem Verhältnis zwischen eingesetzten Produktionsmitteln und der Arbeitskraft aus. Bei wachsender Produktivkraftentwicklung werden im Produktionsprozess zunehmend mehr Produktionsmittel eingesetzt, was das Verhältnis von eingesetzter Arbeitskraft und Produktionsmittel entscheidend ändert. Ein Arbeiter kann nun mehr Produktionsmittel in kürzerer Zeit verbrauchen. Somit ändert sich die technische Zusammensetzung des Kapitals, also das Verhältnis der Masse der angewandten Produktionsmittel und der dazu benötigten Arbeitskraft, durch die Steigerung der Produktivkraftentwicklung. <br />
<br />
Diese Veränderung spiegelt sich wieder in der Veränderung der Zusammensetzung des Kapitals. Der Anteil des konstanten Kapitals steigt und der Anteil des variablen Kapitals sinkt. Der Unterschied der technischen Zusammensetzung ist allerdings größer als derjenige der Kapitalzusammensetzung, da der Wert des einzelnen Produktionsmittel sinkt. Der konstante Kapitalteil steigt also nicht proportional zu der gesteigerten Masse an Produktionsmitteln, und die Kapitalzusammensetzung verschiebt sich nicht so schnell Richtung konstantes Kapital wie die stoffliche Zusammensetzung desselben. Obwohl der variable Kapitalteil relativ abnimmt, kann er absolut steigen, da mehr Arbeitskraft für den Gebrauch der Produktionsmittel benötigt wird.<br />
<br />
Dadurch, dass die Rückverwandlung von Mehrwert in Kapital sich als wachsende Größe des Kapitals darstellt, ist sie gleichzeitig Grundlage einer erweiterten Stufenleiter der Produktion, der Methoden zur Steigerung der Produktivkraft der Arbeit und einer beschleunigten Produktion von Mehrwert. Ein gewisser Grad der Kapitalakkumulation ist also Bedingung der spezifisch kapitalistischen Produktionsweis, indem die Akkumulation des Kapitals beschleunigt wird. <br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Produktivität, Wachstum, Produktivkraftentwicklung, Wertzusammensetzung, Organische Zusammensetzung des Kapitals, Relative Mehrwertproduktion, Vergesellschaftung der Produktion, Technische Zusammensetzung des Kapitals<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Produktivkraftentwicklung wird von Marx im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|1. Band des Kapitals]] beschrieben. Hierbei zeigt er auf, dass die Steigerung der Produktivkraft mit der Veränderung des Verhältnisses der in der kapitalistischen Produktion eingesetzten Produktionsmittel und Arbeitskraft einhergeht. Dies verändert automatisch sowohl die technische, als auch die Wertzusammensetzung des Kapitals. Der Anteil des konstanten Kapitals steigt, während der Anteil des variablen Kapitals, sinkt.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Der gesellschaftliche Produktivgrad der Arbeit drückt sich im relativen Größenumfang der Produktionsmittel aus, die ein Arbeiter während gegebener Zeit, mit derselben Anspannung von Arbeitskraft, in Produkt verwandelt.<br />
Die Masse der Produktionsmittel, womit er funktioniert, wächst mit der Produktivität seiner Arbeit.<br/>Das Wachstum der Produktionsmittel ist Folge und Bedingung der wachsenden Produktivität der Arbeit.<br />
<br />
{{Zitat |Abgesehn von Naturbedingungen, wie Fruchtbarkeit des Bodens usw., und vom Geschick unabhängiger und isoliert arbeitender Produzenten, das sich jedoch mehr qualitativ in der Güte als quantitativ in der Masse des Machwerks bewährt, drückt sich der gesellschaftliche Produktivgrad der Arbeit aus im relativen Größenumfang der Produktionsmittel, welche ein Arbeiter, während gegebner Zeit, mit derselben Anspannung von Arbeitskraft, in Produkt verwandelt.<br/>Die Masse der Produktionsmittel, womit er funktioniert, wächst mit der Produktivität seiner Arbeit. Diese Produktionsmittel spielen dabei eine doppelte Rolle. Das Wachstum der einen ist Folge, das der andren Bedingung der wachsenden Produktivität der Arbeit.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.650)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Im Verlauf der Akkumulation tritt ein Punkt ein, wo die Entwicklung der Produktivität der Arbeit der mächtigste Hebel der Akkumulation wird.<br />
<br />
{{Zitat |Die allgemeinen Grundlagen des kapitalistischen Systems einmal gegeben, tritt im Verlauf der Akkumulation jedesmal ein Punkt ein, wo die Entwicklung der Produktivität der gesellschaftlichen Arbeit der mächtigste Hebel der Akkumulation wird.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.650)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Zunahme der Produktivität der Arbeit erscheint in der Abnahme der Arbeitsmasse verhältnismäßig zu der von ihr bewegten Masse von Produktionsmitteln oder in der Größenabnahme des subjektiven Faktors des Arbeitsprozesses, verglichen mit seinen objektiven Faktoren.<br/><br />
Diese Veränderung in der technischen Zusammensetzung des Kapitals – das Wachstum der Produktionsmittel verglichen mit dem der Arbeiterklasse, spiegelt sich wider in seiner Wertzusammensetzung, in der Zunahme des konstanten Bestandteil des Kapitals. <br />
<br />
{{Zitat |Die Zunahme der letzteren erscheint also in der Abnahme der Arbeitsmasse verhältnismäßig zu der von ihr bewegten Masse von Produktionsmitteln oder in der Größenabnahme des subjektiven Faktors des Arbeitsprozesses, verglichen mit seinen objektiven Faktoren. Diese Veränderung in der technischen Zusammensetzung des Kapitals, das Wachstum in der Masse der Produktionsmittel, verglichen mit der Masse der sie belebenden Arbeitskraft, spiegelt sich wider in seiner Wertzusammensetzung, in der Zunahme des konstanten Bestandteils des Kapitalwerts auf Kosten seines variablen Bestandteils.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.651f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Die Änderung der Zusammensetzung der stofflichen Bestandteile ist größer als die der Wertzusammensetzung, da der Wert des einzelnen Produktionsmittel sinkt. <br />
<br />
{{Zitat |Die Abnahme des variablen Kapitalteils gegenüber dem konstanten oder die veränderte Zusammensetzung des Kapitalwerts zeigt jedoch nur annähernd den Wechsel in der Zusammensetzung seiner stofflichen Bestandteile an. […] Der Grund ist einfach der, daß mit der wachsenden Produktivität der Arbeit nicht nur der Umfang der von ihr vernutzten Produktionsmittel steigt, sondern deren Wert, verglichen mit ihrem Umfang, sinkt. Ihr Wert steigt also absolut, aber nicht proportionell mit ihrem Umfang. Das Wachstum der Differenz zwischen konstantem und variablem Kapital ist daher viel kleiner als das der Differenz zwischen der Masse der Produktionsmittel, worin das konstante, und der Masse Arbeitskraft, worin das variable Kapital umgesetzt wird. Die erstere Differenz nimmt zu mit der letzteren, aber in geringerem Grad.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.651f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Die absolute Größe des variablen Kapitalteils kann trotz seiner relativen Abnahme steigen, da mehr Arbeitskraft notwendig ist, um die Produktionsmittel zu verarbeiten.<br />
<br />
{{Zitat |Übrigens, wenn der Fortschritt der Akkumulation die relative Größe des variablen Kapitalteils vermindert, schließt er damit die Steigerung ihrer absoluten Größe keineswegs aus.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.652)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Die Kooperation auf großer Stufenleiter, welche Produktionsmittel durch massenhafte Konzentration ökonomisiert, ist Voraussetzung für die Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit. <br />
<br />
{{Zitat |Im vierten Abschnitt wurde gezeigt, wie die Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit Kooperation auf großer Stufenleiter voraussetzt, wie nur unter dieser Voraussetzung Teilung und Kombination der Arbeit organisiert, Produktionsmittel durch massenhafte Konzentration ökonomisiert, schon stofflich nur gemeinsam anwendbare Arbeitsmittel, z.B. System der Maschinerie usw., ins Leben gerufen, ungeheure Naturkräfte in den Dienst der Produktion gepreßt und die Verwandlung des Produktionsprozesses in technologische Anwendung der Wissenschaft vollzogen werden können.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.652)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Ein gewisser Grad der Kapitalakkumulation ist Bedingung für die kapitalistische Produktionsweise, welche eine beschleunigte Akkumulation verursacht. Beide Faktoren verursachen den Wechsel in der technischen Zusammensetzung des Kapitals. Der Anteil des variablen Kapitals nimmt ab, der des konstanten Kapitals nimmt zu.<br />
<br />
{{Zitat |Die kontinuierliche Rückverwandlung von Mehrwert in Kapital stellt sich dar als wachsende Größe des in den Produktionsprozeß eingehenden Kapitals. Diese wird ihrerseits Grundlage einer erweiterten Stufenleiter der Produktion, der sie begleitenden Methoden zur Steigerung der Produktivkraft der Arbeit und beschleunigter Produktion von Mehrwert. Wenn also ein gewisser Grad der Kapitalakkumulation als Bedingung der spezifisch kapitalistischen Produktionsweise erscheint, verursacht die letztere rückschlagend eine beschleunigte Akkumulation des Kapitals. Mit der Akkumulation des Kapitals entwickelt sich daher die spezifisch kapitalistische Produktionsweise und mit der spezifisch kapitalistischen Produktionsweise die Akkumulation des Kapitals. Diese beiden ökonomischen Faktoren erzeugen, nach dem zusammengesetzten Verhältnis des Anstoßes, den sie sich gegenseitig erteilen, den Wechsel in der technischen Zusammensetzung des Kapitals, durch welchen der variable Bestandteil immer kleiner und kleiner wird, verglichen mit dem konstanten.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.653)}}<br />
<br />
==Konzentration des Kapitals==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Konzentration des Kapitals beschreibt die wachsende Konzentration der Produktionsmittel in den Händen der Kapitalisten, welche durch ein Wachstum vieler individueller und somit des gesellschaftlichen Kapitals gesteuert wird. Dieser Prozess ist identisch mit der Akkumulation. Durch das Abspalten alter Kapitale und Bildung neuer Kapitale wächst auch die Kapitalistenklasse. Das Kapital ist auf viele individuelle Kapitalisten verteilt, die sich in der freien Konkurrenz gegenüber stehen, sich also gegenseitig abstoßen.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Kapitalkonzentration, Kapitalakkumulation<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Konzentration des Kapitals beschreibt Marx im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|1. Band des Kapitals]] als eine wachsende Konzentration in den Händen der Kapitalisten. Dadurch, dass viele individuelle Kapitale wachsen, spalten sich einige von ihnen ab oder bilden sich neu. Daraus schlussfolgert Marx ein absolutes Wachsen der Anzahl an Kapitalisten.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Jedes individuelle Kapital ist bereits eine größere oder kleinere Konzentration von Produktionsmitteln. Das Wachstum des gesellschaftlichen Kapitals vollzieht sich im Wachstum vieler individueller Kapitale. Mit ihnen wächst die Konzentration der Produktionsmittel. Zugleich reißen sich Ableger los und fungieren als neue Kapitale. Mit der Akkumulation wächst daher auch die Anzahl der Kapitalisten. Dieser Prozess ist identisch mit der Akkumulation: Wachsende Konzentration der gesellschaftlichen Produktionsmittel in den Händen individueller Kapitalisten. Das Kapital ist verteilt auf viele Punkte, das Wachstum der Kapitale ist durchkreuzt durch die Bildung neuer und die Spaltung alter Kapitale. Akkumulation stellt sich dar als wachsende Konzentration der Produktionsmittel einerseits, andererseits als Abstoßen vieler individueller Kapitale voneinander.<br />
<br />
{{Zitat |Jedes individuelle Kapital ist eine größere oder kleinere Konzentration von Produktionsmitteln mit entsprechendem Kommando über eine größere oder kleinere Arbeiterarmee. Jede Akkumulation wird das Mittel neuer Akkumulation. Sie erweitert mit der vermehrten Masse des als Kapital funktionierenden Reichtums seine Konzentration in den Händen individueller Kapitalisten, daher die Grundlage der Produktion auf großer Stufenleiter und der spezifisch kapitalistischen Produktionsmethoden. Das Wachstum des gesellschaftlichen Kapitals vollzieht sich im Wachstum vieler individuellen Kapitale. Alle andren Umstände als gleichbleibend vorausgesetzt, wachsen die individuellen Kapitale, und mit ihnen die Konzentration der Produktionsmittel, im Verhältnis, worin sie aliquote Teile des gesellschaftlichen Gesamtkapitals bilden. Zugleich reißen sich Ableger von den Originalkapitalen los und funktionieren als neue selbständige Kapitale. Eine große Rolle spielt dabei unter anderm die Teilung des Vermögens in Kapitalistenfamilien. Mit der Akkumulation des Kapitals wächst daher auch mehr oder minder die Anzahl der Kapitalisten. Zwei Punkte charakterisieren diese Art Konzentration, welche unmittelbar auf der Akkumulation beruht oder vielmehr mit ihr identisch ist. Erstens: Die wachsende Konzentration der gesellschaftlichen Produktionsmittel in den Händen individueller Kapitalisten ist, unter sonst gleichbleibenden Umständen, beschränkt durch den Wachstumsgrad des gesellschaftlichen Reichtums. Zweitens: Der in jeder besondren Produktionssphäre ansässige Teil des gesellschaftlichen Kapitals ist verteilt unter viele Kapitalisten, welche einander als unabhängige und miteinander konkurrierende Warenproduzenten gegenüberstehn. Die Akkumulation und die sie begleitende Konzentration sind also nicht nur auf viele Punkte zersplittert, sondern das Wachstum der funktionierenden Kapitale ist durchkreuzt durch die Bildung neuer und die Spaltung alter Kapitale. Stellt sich die Akkumulation daher einerseits dar als wachsende Konzentration der Produktionsmittel und des Kommandos über Arbeit, so andrerseits als Repulsion vieler individueller Kapitale voneinander.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.653f.)}}<br />
<br />
==Zentralisation der Kapitale==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Als Zentralisation bezeichnet man das Wachstum des Kapitalumfanges in den Händen einzelner Kapitalisten oder Kapitalistengruppen durch den Zusammenschluss schon bestehender kleinerer Kapitale zu größeren. Durch die Zusammenschlüsse nimmt die Anzahl an Einzelkapitalen ab. Die Zentralisation ist Kenntzeichen der höchsten Form der Kapitalistischen Monopolvereinigung (siehe hierzu: [[Der imperialistische Kapitalismus|Imperialismus]]). Die größeren Kapitalisten mit größerer Akkumulation und dadurch Konzentration schlagen die kleineren. Das bedeutet den Untergang der kleineren, deren Kapitale teils in die Hand der größeren Kapitalisten übergehen, teils untergehen. Einen mächtigen Hebel der Zentralisation bildet das Kreditwesen, in dem es eine fruchtbare Waffe im Konkurrenzkampf wird und sich schließlich selbst in einen Mechanismus zur Zentralisation der Kapitale verwandelt. Die Zentralisation ist Ausgangspunkt für eine umfassendere Organisation der Gesamtarbeit. Einzelne Produktionsprozesse werden zu gesellschaftlich kombinierten und wissenschaftlich disponierten Produktionsprozessen. Die Akkumulation ist ein langsamer, allmählicher Prozess, Zentralisation dagegen schnell. Sprunghafter technischer Fortschritt wird durch Zentralisation, großes Kapital in einzelner Hand, beschleunigt. Der Anteil des konstanten Kapitals nimmt aufgrund dieser Produktivkraftentwicklung zu, derjenige des veriablen Kapitals ab.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Zentralisation der Kapitale, Kredit, Zentralisation, Konkurrenz, Kreditwesen, Übernahme, Akkumulation, Vergesellschaftung der Produktion, Organische Zusammensetzung des Kapitals, Arbeitslosigkeit, Industrielle Reservearmee<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Marx beschreibt die Charakteristik der Zentralisation im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]]. <br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Dem entgegen wirkt die nicht mehr einfache Konzentration, die mit der Akkumulation identisch ist, sondern Konzentration bereits gebildeter Kapitale, Aufhebung ihrer individuellen Selbständigkeit, Expropriation von Kapitalist durch Kapitalist. Verwandlung vieler kleinerer in weniger größere Kapitale. Der Unterschied zur Konzentration durch Akkumulation ist, dass er nur eine veränderte Verteilung der bereits vorhandenen und funktionierenden Kapitale voraussetzt. Es ist die eigentliche Zentralisation um Unterschied zur Akkumulation und Konzentration. <br />
<br />
{{Zitat |Dieser Zersplitterung des gesellschaftlichen Gesamtkapitals in viele individuelle Kapitale oder der Repulsion seiner Bruchteile voneinander wirkt entgegen ihre Attraktion. Es ist dies nicht mehr einfache, mit der Akkumulation identische Konzentration von Produktionsmitteln und Kommando über Arbeit. Es ist Konzentration bereits gebildeter Kapitale, Aufhebung ihrer individuellen Selbständigkeit, Expropriation von Kapitalist durch Kapitalist, Verwandlung vieler kleineren in weniger größere Kapitale. Dieser Prozeß unterscheidet sich von dem ersten dadurch, daß er nur veränderte Verteilung der bereits vorhandnen und funktionierenden Kapitale voraussetzt, sein Spielraum also durch das absolute Wachstum des gesellschaftlichen Reichtums oder die absoluten Grenzen der Akkumulation nicht beschränkt ist. Das Kapital schwillt hier in einer Hand zu großen Massen, weil es dort in vielen Händen verlorengeht. Es ist die eigentliche Zentralisation im Unterschied zur Akkumulation und Konzentration.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.654)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Das Kreditwesen wird eine neue Waffe im Konkurrenzkampf. Konkurrenz und Kredit werden zu den beiden mächtigsten Hebeln der Zentralisation.<br />
<br />
<br />
{{Zitat |Abgesehn hiervon bildet sich mit der kapitalistischen Produktion eine ganz neue Macht, das Kreditwesen, das in seinen Anfängen verstohlen, als bescheidne Beihilfe der Akkumulation, sich einschleicht, durch unsichtbare Fäden die über die Oberfläche der Gesellschaft in größern oder kleinern Massen zersplitterten Geldmittel in die Hände individueller oder assoziierter Kapitalisten zieht, aber bald eine neue und furchtbare Waffe im Konkurrenzkampf wird und sich schließlich in einen ungeheuren sozialen Mechanismus zur Zentralisation der Kapitale verwandelt.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.654f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Konkurrenz und der Kredit stehen im selben Verhältnis wie kapitalistische Produktion und Akkumulation, das eine bedingt das andere. Der Fortschritt der Akkumulation vermehrt die Einzelkapitale. Gesellschaftliches Bedürfnis und technische Mittel schaffen den Antrieb zur Ausweitung der kapitalistischen Produktion und somit zu gewaltigen industriellen Unternehmungen, deren Durchführung an eine vorangegangene Zentralisation des Kapitals gebunden ist. Der Fortschritt der Zentralisation hängt nicht vom Größenwachstum des gesellschaftlichen Kapitals ab, sie kann durch bloße veränderte Verteilung schon bestehender Kapitale erfolgen. Kapital kann in einer Hand zu gewaltigen Massen anwachsen, weil es vielen einzelnen Händen entzogen wird. In einem Geschäftszweig hätte die Zentralisation ihre Grenze erreicht, wenn alle dort angelegten Kapital zu einem Einzelkapital verschmolzen wären. <br />
<br />
{{Zitat |Im Maß wie die kapitalistische Produktion und Akkumulation, im selben Maß entwickeln sich Konkurrenz und Kredit, die beiden mächtigsten Hebel der Zentralisation. Daneben vermehrt der Fortschritt der Akkumulation den zentralisierbaren Stoff, d.h. die Einzelkapitale, während die Ausweitung der kapitalistischen Produktion, hier das gesellschaftliche Bedürfnis, dort die technischen Mittel jener gewaltigen industriellen Unternehmungen schafft, deren Durchführung an eine vorgängige Zentralisation des Kapitals gebunden ist. Heutzutage ist also die gegenseitige Attraktionskraft der Einzelkapitale und die Tendenz zur Zentralisation stärker als je zuvor. Wenn aber auch die relative Ausdehnung und Energie der zentralisierenden Bewegung in gewissem Grad bestimmt ist durch die schon erreichte Größe des kapitalistischen Reichtums und die Überlegenheit des ökonomischen Mechanismus, so hängt doch der Fortschritt der Zentralisation keineswegs ab von dem positiven Größenwachstum des gesellschaftlichen Kapitals. Und dies speziell unterscheidet die Zentralisation von der Konzentration, die nur ein andrer Ausdruck für die Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter ist. Die Zentralisation kann erfolgen durch bloße veränderte Verteilung schon bestehender Kapitale, durch einfache Veränderung der quantitativen Gruppierung der Bestandteile des gesellschaftlichen Kapitals. Das Kapital kann hier zu gewaltigen Massen in einer Hand anwachsen, weil es dort vielen einzelnen Händen entzogen wird. In einem gegebnen Geschäftszweig hätte die Zentralisation ihre äußerste Grenze erreicht, wenn alle darin angelegten Kapitale zu einem Einzelkapital verschmolzen wären.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.655)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Die Zentralisation ergänzt die Akkumulation. Sie kann auf verschiedenen Wegen stattfinden, durch Annexion, Verschmelzung oder der Bildung von Aktiengesellschaften - die Wirkung bleibt dieselbe. Die Ausdehnung der industriellen Tätigkeit ist Ausgangspunkt für umfassendere Organisation der Gesamtarbeit. Einzelne Produktionsprozesse werden zu gesellschaftlich kombinierten und wissenschaftlich disponierten Produktionsprozessen. <br />
<br />
{{Zitat |Die Zentralisation ergänzt das Werk der Akkumulation, indem sie die industriellen Kapitalisten instand setzt, die Stufenleiter ihrer Operationen auszudehnen. Sei dies letztre Resultat nun Folge der Akkumulation oder der Zentralisation; vollziehe sich die Zentralisation auf dem gewaltsamen Weg der Annexion - wo gewisse Kapitale so überwiegende Gravitationszentren für andre werden, daß sie deren individuelle Kohäsion brechen und dann die vereinzelten Bruchstücke an sich ziehn - oder geschehe die Verschmelzung einer Menge bereits gebildeter, resp. in der Bildung begriffner Kapitale vermittelst des glatteren Verfahrens der Bildung von Aktiengesellschaften - die ökonomische Wirkung bleibt dieselbe. Die gewachsne Ausdehnung der industriellen Etablissements bildet überall den Ausgangspunkt für eine umfassendere Organisation der Gesamtarbeit vieler, für eine breitre Entwicklung ihrer materiellen Triebkräfte, d.h. für die fortschreitende Umwandlung vereinzelter und gewohnheitsmäßig betriebner Produktionsprozesse in gesellschaftlich kombinierte und wissenschaftlich disponierte Produktionsprozesse.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.656)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Zentralisation ist im Vergleich zur Konzentration ein schnellerer Prozess. Ohne Zentralisation hätte es sehr lange gedauert, bis einzelne Unternehmen groß genug gewesen wären, um die Eisenbahn zu bauen. Die Zentralisation steigert und beschleunigt die Wirkung der Akkumulation und beschleunigt gleichzeitig die Umwälzungen in der technischen Zusammensetzung des Kapitals – Zunahme des konstanten Kapitals auf Kosten des variablen. Abnahme der Nachfrage nach Arbeit.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist aber klar, daß die Akkumulation, die allmähliche Vermehrung des Kapitals durch die aus der Kreisform in die Spirale übergehende Reproduktion ein gar langsames Verfahren ist, im Vergleich mit der Zentralisation, die nur die quantitative Gruppierung der integrierenden Teile des gesellschaftlichen Kapitals zu ändern braucht. Die Welt wäre noch ohne Eisenbahnen, hätte sie solange warten müssen, bis die Akkumulation einige Einzelkapitale dahin gebracht hätte, dem Bau einer Eisenbahn gewachsen zu sein. Die Zentralisation dagegen hat dies, vermittelst der Aktiengesellschaften, im Handumdrehn fertiggebracht. Und während die Zentralisation so die Wirkungen der Akkumulation steigert und beschleunigt, erweitert und beschleunigt sie gleichzeitig die Umwälzungen in der technischen Zusammensetzung des Kapitals, die dessen konstanten Teil vermehren auf Kosten seines variablen Teils und damit die relative Nachfrage nach Arbeit vermindern.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.656)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Das Kapital erneuert sich, in einer verbesserten technischen Ausgestaltung, die es möglich macht mit weniger Arbeit größere Massen an Maschinen in Gang zu setzen. Die Abnahme der Nachfrage nach Arbeit wird größer, je mehr Zentralisation herrscht.<br />
<br />
{{Zitat |Die im Lauf der normalen Akkumulation gebildeten Zusatzkapitale (s. Kap.XXII, 1) dienen vorzugsweise als Vehikel zur Exploitation neuer Erfindungen und Entdeckungen, überhaupt industrieller Vervollkommnungen. Aber auch das alte Kapital erreicht mit der Zeit den Moment seiner Erneuerung an Haupt und Gliedern, wo es sich häutet und ebenfalls wiedergeboren wird in der vervollkommneten technischen Gestalt, worin eine geringere Masse Arbeit genügte, eine größere Masse Maschinerie und Rohstoffe in Bewegung zu setzen. Die hieraus notwendig folgende absolute Abnahme der Nachfrage nach Arbeit wird selbstredend um so größer, je mehr die diesen Erneuerungsprozeß durchmachenden Kapitale bereits zu Massen angehäuft sind vermöge der zentralisierenden Bewegung. Einerseits attrahiert also das im Fortgang der Akkumulation gebildete Zuschußkapital, verhältnismäßig zu seiner Größe, weniger und weniger Arbeiter. Andrerseits repelliert das periodisch in neuer Zusammensetzung reproduzierte alte Kapital mehr und mehr früher von ihm beschäftigte Arbeiter.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.657)}}<br />
<br />
==Kapitalistische Konkurrenz ==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die kapitalistische Konkurrenz beschreibt das Verhältnis einzelner Kapitalisten untereinander. Wenn die kapitalistische Produktion eine neue Stufenleiter erreicht, so steigt auch die Produktivität der Arbeit, was wiederum die Preise der Waren sinken lässt. Die Konkurrenz unter Kapitalisten nimmt dadurch zu, da auf jeder höheren Stufe der Stufenleiter der Minimalumfang, den ein individuelles Kapital haben muss um profitabel zu sein, steigt. Das größere Kapital schlägt deshalb die kleineren in der direkten Konkurrenz. Kleinere Kapitale bewegen sich in Produktionssphären, die nicht mehr von großen Kapitalen erschlossen sind. <br />
<br />
Ein weiteres Phänomen der kapitalistischen Produktion auf erweiterter Stufenleiter ist die Bildung des Kreditwesens, welches Anfangs als Stütze und Hilfe der Akkumulation dient. Das Kreditwesen konzentriert die vielen größeren und kleineren Geldmittel der Gesellschaft in den Händen der Kapitalisten und spielt eine zunehmend wichtigere Rolle in der Zentralisation der Kapitale. <br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Konkurrenz, Übernahme, Kredit <br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Marx beschreibt die kapitalistische Konkurrenz im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|1. Band des Kapitals]] mit dem Verhältnis der vielen großen und kleinen Kapitale untereinander. Die Konkurrenz bewirkt, dass viele kleine Kapitale sich den großen beugen müssen und von ihnen vereinnahmt werden. Durch die kapitalistische Produktion entsteht auch das Kreditwesen, welches die unterschiedlichen Geldmittel der Gesellschaft in den Händen der Kapitalisten konzentriert und weiterhin eine wichtige Rolle in der Zentralisation der Kapitale spielt. <br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die Konkurrenz wird durch Preis der Waren geführt, der von der Produktivität der Arbeit abhängt, dieser wiederum von der Stufenleiter der Produktion. Die größeren Kapitale schlagen die kleineren. Mit Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise ist der Minimalumfang des Kapitals größer. Kleinere Kapital drängen daher in Produktionssphären, deren sich die große Industrie noch nicht bemächtigt hat. Viele kleine gehen unter oder landen in der Hand des Siegers.<br/>Mit der kapitalistischen Produktion bildet sich eine neue Macht: Das Kreditwesen. Anfangs als Hilfe der Akkumulation, sich einschleichend, durch unsichtbare Fäden die über die Oberfläche der Gesellschaft in größere oder kleinere Massen zersplitterte Geldmittel in die Hände individueller oder assoziierter Kapitalisten zieht. <br />
<br />
{{Zitat |Der Konkurrenzkampf wird durch Verwohlfeilerung der Waren geführt. Die Wohlfeilheit der Waren hängt, caeteris paribus, von der Produktivität der Arbeit, diese aber von der Stufenleiter der Produktion ab. Die größeren Kapitale schlagen daher die kleineren. Man erinnert sich ferner, daß mit der Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise der Minimalumfang des individuellen Kapitals wächst, das erheischt ist, um ein Geschäft unter seinen normalen Bedingungen zu betreiben. Die kleineren Kapitale drängen sich daher in Produktionssphären, deren sich die große Industrie nur noch sporadisch oder unvollkommen bemächtigt hat. Die Konkurrenz rast hier im direkten Verhältnis zur Anzahl und im umgekehrten Verhältnis zur Größe der rivalisierenden Kapitale. Sie endet stets mit Untergang vieler kleineren Kapitalisten, deren Kapitale teils in die Hand des Siegers übergehn, teils untergehn.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.654f.)}}<br />
<br />
==Entstehung und Funktion der Industriellen Reservearmee ==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die industrielle Reservearmee sind diejenigen Arbeiter, die gezwungen sind ihre Arbeitskraft zu verkaufen, aber keinen Käufer dafür finden. Durch Produktivkraftentwicklung ändert sich die Kapitalzusammensetzung erfordert für die selbe Menge an Produkten weniger Arbeitskraft. Mit der durch die Arbeiter selbst produzierten Akkumulation des Kapitals produziert die Arbeiterbevölkerung in wachsendem Umfang demnach die Mittel ihrer eigenen relativen Überzähligmachung. Das ist das eigene Populationsgesetz in der kapitalistischen Produktionsweise. Die immer einsetzbare industrielle Reservearmee schafft für die wechselnden Verwertungsbedürfnisse des Kapitals das stets ausbeutbare Menschenmaterial, unabhängig von den Schranken der wirklichen Zunahme der Bevölkerung. Es kommt demnach zur Freisetzung von Arbeitskraft. Dadurch entsteht eine Bewegung in der immer Teile der Arbeiter halbbeschäftigt oder unbeschäftigt sind. Der einzelne Arbeiter stemmt dann mehr Arbeit, aber es werden nicht mehr Arbeiter beschäftigt. <br />
<br />
Jeder Kapitalist hat das absolute Interesse, ein bestimmtes Arbeitsquantum aus kleinerer Arbeiterzahl auszupressen. Dies tut er durch größere extensive oder intensive Ausbeutung der individuellen Arbeitskräfte. Mit der Steigerung der Produktivkraft der Arbeit, steigert das Kapital also seine Zufuhr von Arbeit rascher als die Zufuhr von Arbeitern. Die Überarbeit des beschäftigten Teils schwellt die Reihen ihrer Reserve. Die Reserve übt wiederum indirekt Druck auf Beschäftigte aus, wodurch sie durch die Kapitalisten zu Überarbeit gezwungen werden können. Der Zwang zu Müßiggang und der Zwang zu Überarbeit wird Bereicherungsmittel des einzelnen Kapitalisten. Das Einsaugen und Abstoßen von Arbeitskraft wird noch intensiviert durch die zyklischen Bewegungen von Aufschwung und Krise. Die allgemeinen Bewegungen des Arbeitslohns sind ausschließlich reguliert durch die Expansion und Kontraktion der industriellen Reservearmee, welche dem Periodenwechsel des industriellen Zyklus entsprechen. Sie sind bestimmt durch das wechselnde Verhältnis worin die Arbeiterklasse in aktive Armee und Reservearmee zerfällt.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Arbeitslosigkeit, Industrielle Reservearmee, Wachstum des Gesamtkapitals, Relative Überbevölkerung, Krise, Aufschwung, Ausbeutung, Relative Mehrwertproduktion, Mehrarbeit, Produktivkraftentwicklung, Variables Kapital, Organische Zusammensetzung des Kapitals, Arbeitslosigkeit, Arbeitslohn, Lohndruck, Nachfrage nach Arbeit, Zyklus <br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Mit der schon bei David Ricardo zu findenden Vorstellung einer zunehmenden Mechanisierung des Produktionsprozesses bei gleichzeitiger Abnahme der Nachfrage nach Arbeitskraft begründet Karl Marx im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] die Entstehung einer wachsenden "industriellen Reservearmee". Diese relative Überbevölkerung wird von Marx als Konsequenz des Akkumulationsprozesses im Kapitalismus und der Produktivkraftentwicklung verdeutlicht. Die Aufrechterhaltung der industriellen Reservearmee führt zu einem Zerfall des Klassenzusammenhalts und zersetzt somit die Kräfte der Arbeiterschaft. Grund dafür ist, dass mehr Arbeitskräfte als Arbeitsplätze vorhanden sind und der Konkurrenzdruck dadurch steigt. Der Kapitalismus ist folglich auf die industrielle Reservearmee angewiesen, um die Löhne niedrig halten zu können und eine Solidarität zwischen Arbeitern und Arbeitslosen zu verhindern.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Da die Nachfrage nach Arbeit nicht durch den Umfang des Gesamtkapitals, sondern durch den seines variablen Bestandteils bestimmt ist, fällt sie also progressiv mit dem Wachstum des Gesamtkapitals, statt verhältnismäßig mit ihm zu wachsen. Mit Wachstum des Gesamtkapitals wächst zwar auch sein variabler Bestandteil, die ihm einverleibte Arbeitskraft, aber in beständig abnehmender Proportion. <br />
<br />
{{Zitat |Da die Nachfrage nach Arbeit nicht durch den Umfang des Gesamtkapitals, sondern durch den seines variablen Bestandteils bestimmt ist, fällt sie also progressiv mit dem Wachstum des Gesamtkapitals, statt, wie vorhin unterstellt, verhältnismäßig mit ihm zu wachsen. Sie fällt relativ zur Größe des Gesamtkapitals und in beschleunigter Progression mit dem Wachstum dieser Größe. Mit dem Wachstum des Gesamtkapitals wächst zwar auch sein variabler Bestandteil, oder die ihm einverleibte Arbeitskraft, aber in beständig abnehmender Proportion.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.658)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Auf der anderen Seite wächst die relative Arbeiterbevölkerung schneller als das variable Kapital. Es kommt zu einer relativen, also für die durchschnittlichen Verwertungsbedürfnisse des Kapitals überschüssigen, daher überflüssigen Arbeiterbevölkerung, sprich einem Überangebot an Arbeitskraft. Die Reservearmee wächst im Verhältnis zum Umfang der Akkumulation.<br />
<br />
<br />
{{Zitat |Diese mit dem Wachstum des Gesamtkapitals beschleunigte und rascher als sein eignes Wachstum beschleunigte relative Abnahme seines variablen Bestandteils scheint auf der andren Seite umgekehrt stets rascheres absolutes Wachstum der Arbeiterbevölkerung als das des variablen Kapitals oder ihrer Beschäftigungsmittel. Die kapitalistische Akkumulation produziert vielmehr, und zwar im Verhältnis zu ihrer Energie und ihrem Umfang, beständig eine relative, d.h. für die mittleren Verwertungsbedürfnisse des Kapitals überschüssige, daher überflüssige oder Zuschuß-Arbeiterbevölkerung.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.658)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Mit Ausdehnung der Produktionsleiter, der Produktivität der Arbeit dehnt sich auch die Stufenleiter, worin größere Attraktion der Arbeiter mit größerer Repulsion derselben verbunden ist. Mit der durch sie selbst produzierten Akkumulation des Kapitals produziert die Arbeiterbevölkerung in wachsendem Umfang die Mittel ihrer eigenen relativen Überzähligmachung. Das ist das der kapitalistischen Produktionsweise eigene Populationsgesetz. <br />
<br />
{{Zitat |Mit der Größe des bereits funktionierenden Gesellschaftskapitals und dem Grad seines Wachstums, mit der Ausdehnung der Produktionsleiter und der Masse der in Bewegung gesetzten Arbeiter, mit der Entwicklung der Produktivkraft ihrer Arbeit, mit dem breiteren und volleren Strom aller Springquellen des Reichtums dehnt sich auch die Stufenleiter, worin größere Attraktion der Arbeiter durch das Kapital mit größerer Repulsion derselben verbunden ist, nimmt die Raschheit der Wechsel in der organischen Zusammensetzung des Kapitals und seiner technischen Form zu, und schwillt der Umkreis der Produktionssphären, die bald gleichzeitig, bald abwechselnd davon ergriffen werden. Mit der durch sie selbst produzierten Akkumulation des Kapitals produziert die Arbeiterbevölkerung also in wachsendem Umfang die Mittel ihrer eignen relativen Uberzähligmachung. Es ist dies ein der kapitalistischen Produktionsweise eigentümliches Populationsgesetz, wie in der Tat jede besondre historische Produktionsweise ihre besondren, historisch gültigen Populationsgesetze hat. Ein abstraktes Populationsgesetz existiert nur für Pflanze und Tier, soweit der Mensch nicht geschichtlich eingreift.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.659f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Das überschüssige Angebot an Arbeitskraft ist notwendiges Resultat der Akkumulation und sie ist umgekehrt Hebel der Akkumulation, eben Existenzbedingung der kap. Produktionsweise. Sie ist disponible industrielle Reservearmee, die dem Kapital ganz gehört, ist stets ausbeutbares Menschenmaterial unabhängig von der wirklichen Bevölkerungszunahme. <br />
<br />
{{Zitat |Wenn aber eine Surplusarbeiterpopulation notwendiges Produkt der Akkumulation oder der Entwicklung des Reichtums auf kapitalistischer Grundlage ist, wird diese Übervölkerung umgekehrt zum Hebel der kapitalistischen Akkumulation, ja zu einer Existenzbedingung der kapitalistischen Produktionsweise. Sie bildet eine disponible industrielle Reservearmee, die dem Kapital ganz so absolut gehört, als ob es sie auf seine eignen Kosten großgezüchtet hätte. Sie schafft für seine wechselnden Verwertungsbedürfnisse das stets bereite exploitable Menschenmaterial, unabhängig von den Schranken der wirklichen Bevölkerungszunahme.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.661)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Der zehnjährige Zyklus von Krise und Boom beruht auf der beständigen Bildung der relativen Überbevölkerung. Der industrielle Zyklus rekrutiert wiederum die relative Überbevölkerung, und wird zum entscheidenden Faktor ihrer Reproduktion. <br />
<br />
{{Zitat |Der charakteristische Lebenslauf der modernen Industrie, die Form eines durch kleinere Schwankungen unterbrochnen zehnjährigen Zyklus von Perioden mittlerer Lebendigkeit, Produktion unter Hochdruck, Krise und Stagnation, beruht auf der beständigen Bildung, größern oder geringem Absorption und Wiederbildung der industriellen Reservearmee oder Übervölkerung. Ihrerseits rekrutieren die Wechselfälle des industriellen Zyklus die Übervölkerung und werden zu einem ihrer energischsten Reproduktionsagentien.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.661)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
In der frühen Periode des Kapitalismus veränderte sich die Zusammensetzung des Kapitals nur allmählich, die Arbeitsnachfrage entsprach also im Großen und Ganzen verhältnismäßig dem Wachstum.<br />
<br />
{{Zitat |Dieser eigentümliche Lebenslauf der modernen Industrie, der uns in keinem frühern Zeitalter der Menschheit begegnet, war auch in der Kindheitsperiode der kapitalistischen Produktion unmöglich. Die Zusammensetzung des Kapitals veränderte sich nur sehr allmählich. Seiner Akkumulation entsprach also im Ganzen verhältnismäßiges Wachstum der Arbeitsnachfrage.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.661)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Die Bewegungsform der modernen Industrie erwächst aus der beständigen Verwandlung eines Teils der Arbeiterbevölkerung in unbeschäftigte oder halbbeschäftigte Hände. <br />
<br />
{{Zitat |Die ganze Bewegungsform der modernen Industrie erwächst also aus der beständigen Verwandlung eines Teils der Arbeiterbevölkerung in unbeschäftigte oder halbbeschäftigte Hände. Die Oberflächlichkeit der politischen Ökonomie zeigt sich u.a. darin, daß sie die Expansion und Kontraktion des Kredits, das bloße Symptom der Wechselperioden des industriellen Zyklus, zu deren Ursache macht.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.662)}}<br />
<br />
'''Annahme 8'''<br />
<br />
Wenn der individuelle Arbeiter mehr Arbeit liefert und daher sein Arbeitslohn steigt, obgleich der Arbeitspreis gleich bleibt, wird der Zuwachs von variablem Kapital zu Index von mehr Arbeit, aber nicht mehr Arbeitern. Jeder Kapitalist hat das absolute Interesse, ein bestimmtes Arbeitsquantum aus kleinerer Arbeiterzahl auszupressen. Dies ist der Grund für die Steigerung der organischen Zusammensetzung des Kapitals.<br />
<br />
{{Zitat |Bei gleichbleibender oder selbst verminderter Zahl der von ihm kommandierten Arbeiter wächst jedoch das variable Kapital, wenn der individuelle Arbeiter mehr Arbeit liefert und daher sein Arbeitslohn wächst, obgleich der Arbeitspreis gleichbleibt oder selbst sinkt, nur langsamer, als die Arbeitsmasse steigt. Der Zuwachs des variablen Kapitals wird dann Index von mehr Arbeit, aber nicht von mehr beschäftigten Arbeitern. Jeder Kapitalist hat das absolute Interesse, ein bestimmtes Arbeitsquantum aus kleinerer, statt ebenso wohlfeil oder selbst wohlfeiler aus größerer Arbeiterzahl auszupressen. In dem letzten Fall wächst die Auslage von konstantem Kapital verhältnismäßig zur Masse der in Fluß gesetzten Arbeit, im ersten Fall viel langsamer. Je größer die Stufenleiter der Produktion, desto entscheidender dies Motiv. Seine Wucht wächst mit der Akkumulation des Kapitals.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.664)}}<br />
<br />
'''Annahme 9'''<br />
<br />
Die Produktivkraft der Arbeit befähigt Kapitalisten mit derselben Auslage von variablem Kapital mehr Arbeit durch größere extensive oder intensive Ausbeutung der individuellen Arbeitskräfte flüssig zu machen. Er kauft mit demselben Kapitalwert mehr Arbeitskräfte, indem er geschicktere durch ungeschicktere, reife durch unreife, männliche durch weibliche,…ersetzt.<br/>Ein größeres variables Kapital macht mehr Arbeit flüssig, ohne mehr Arbeiter zu werben. <br/>Variables Kapital von derselben Größe macht mehr Arbeit mit derselben Masse Arbeitskraft flüssig und beschäftigt mehr niedere durch Verdrängung höherer Arbeitskräfte. <br/>Dies ist wichtig für die Zusammensetzung der Arbeiterklasse bzw. für die industrielle Reservearmee.<br />
<br />
{{Zitat |Man hat gesehn, daß die Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise und Produktivkraft der Arbeit - zugleich Ursache und Wirkung der Akkumulation - den Kapitalisten befähigt, mit derselben Auslage von variablem Kapital mehr Arbeit durch größere extensive oder intensive Exploitation der individuellen Arbeitskräfte flüssig zu machen. Man hat ferner gesehn, daß er mit demselben Kapitalwert mehr Arbeitskräfte kauft, indem er progressiv geschicktere Arbeiter durch ungeschicktere, reife durch unreife, männliche durch weibliche, erwachsne Arbeitskraft durch jugendliche oder kindliche verdrängt. Einerseits macht also, im Fortgang der Akkumulation, größeres variables Kapital mehr Arbeit flüssig, ohne mehr Arbeiter zu werben, andrerseits macht variables Kapital von derselben Größe mehr Arbeit mit derselben Masse Arbeitskraft flüssig und endlich mehr niedere Arbeitskräfte durch Verdrängung höherer.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.664f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 10'''<br />
<br />
Mit der Steigerung der Produktivkraft der Arbeit, steigert das Kapital seine Zufuhr von Arbeit rascher als die von Arbeitern. Die Überarbeit des beschäftigten Teils schwellt die Reihen ihrer Reserve. Reserve übt Druck auf Beschäftigte aus, zwingt sie zu Überarbeit. Zwang zu Müßiggang und Zwang zu Überarbeit wird Bereicherungsmittel des einzelnen Kapitalisten.<br />
<br />
{{Zitat |Wenn die Produktionsmittel, wie sie an Umfang und Wirkungskraft zunehmen, in geringerem Grad Beschäftigungsmittel der Arbeiter werden, wird dies Verhältnis selbst wieder dadurch modifiziert, daß im Maß, wie die Produktivkraft der Arbeit wächst, das Kapital seine Zufuhr von Arbeit rascher steigert als seine Nachfrage nach Arbeitern. Die Überarbeit des beschäftigten Teils der Arbeiterklasse schwellt die Reihen ihrer Reserve, während umgekehrt der vermehrte Druck, den die letztere durch ihre Konkurrenz auf die erstere ausübt, diese zur Überarbeit und Unterwerfung unter die Diktate des Kapitals zwingt. Die Verdammung eines Teils der Arbeiterklasse zu erzwungenem Müßiggang durch Überarbeit des andren Teils und umgekehrt, wird Bereicherungsmittel des einzelnen Kapitalisten und beschleunigt zugleich die Produktion der industriellen Reservearmee auf einem dem Fortschritt der gesellschaftlichen Akkumulation entsprechenden Maßstab.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.665f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 11'''<br />
<br />
Die allgemeinen Bewegungen des Arbeitslohns sind ausschließlich reguliert durch die Expansion und Kontraktion der industriellen Reservearmee, welche dem Periodenwechsel des industriellen Zyklus entsprechen. Sie sind bestimmt durch das wechselnde Verhältnis worin die Arbeiterklasse in aktive Armee und Reservearmee zerfällt. <br />
<br />
{{Zitat |Im großen und ganzen sind die allgemeinen Bewegungen des Arbeitslohns ausschließlich reguliert durch die Expansion und Kontraktion der industriellen Reservearmee, welche dem Periodenwechsel des industriellen Zyklus entsprechen. Sie sind also nicht bestimmt durch die Bewegung der absoluten Anzahl der Arbeiterbevölkerung, sondern durch das wechselnde Verhältnis, worin die Arbeiterklasse in aktive Armee und Reservearmee zerfällt, durch die Zunahme und Abnahme des relativen Umfangs der Übervölkerung, durch den Grad, worin sie bald absorbiert, bald wieder freigesetzt wird.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.666)}}<br />
<br />
'''Annahme 12'''<br />
<br />
Die industrielle Reservearmee drückt während der Perioden der Stagnation und mittleren Prosperität auf die aktive Arbeiterarmee und hält ihre Ansprüche während der Überproduktion und des Booms im Zaum. Die relative Überbevölkerung ist der Hintergrund, worauf das Gesetz der Nachfrage und Zufuhr von Arbeit sich bewegt. <br />
<br />
{{Zitat |Die industrielle Reservearmee drückt während der Perioden der Stagnation und mittleren Prosperität auf die aktive Arbeiterarmee und hält ihre Ansprüche während der Periode der Überproduktion und des Paroxysmus im Zaum. Die relative Übervölkerung ist also der Hintergrund, worauf das Gesetz der Nachfrage und Zufuhr von Arbeit sich bewegt. Sie zwängt den Spielraum dieses Gesetzes in die der Exploitationsgier und Herrschsucht des Kapitals absolut zusagenden Schranken ein.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.668)}}<br />
<br />
'''Annahme 13'''<br />
<br />
Die Akkumulation des Kapitals vermehrt die Nachfrage nach Arbeit, zugleich setzt sie Arbeiter „frei“. Der Druck der Unbeschäftigten zwingt die Beschäftigten zur Flüssigmachung von mehr Arbeit, macht also die Arbeitszufuhr in gewissem Grad von der Zufuhr von Arbeitern unabhängig. <br />
<br />
{{Zitat |Wenn seine Akkumulation einerseits die Nachfrage nach Arbeit vermehrt, vermehrt sie andrerseits die Zufuhr von Arbeitern durch deren „Freisetzung", während zugleich der Druck der Unbeschäftigten die Beschäftigten zur Flüssigmachung von mehr Arbeit zwingt, also in gewissem Grad die Arbeitszufuhr von der Zufuhr von Arbeitern unabhängig macht.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.669)}}<br />
<br />
==Formen der industriellen Reservearmee ==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Marx bezeichnet die industrielle Reservearmee als "relative Überbevölkerung". Ihr Angehörige werden vom Produktionsprozess abgestoßen und stehen in hoher Konkurrenz zu den derzeit Beschäftigten. Marx unterscheidet drei Typen der relativen Überbevölkerung: die flüssige, die latente und die stockende.<br />
<br />
Die ''flüssige'' relative Überbevölkerung zählen die Arbeiter in der Stadt, welche in Zeiten des Booms und des Aufschwungs beschäftigt sind und in Krisenzeiten wieder aus dem Produktionsprozess abgestoßen werden. Sind sie unbeschäftigt oder halbbeschäftigt, zählen sie zur industriellen Reservearmee. Die ''latente'' (versteckte) relative Überbevölkerung betrifft Arbeitsverhältnisse, die direkt in Arbeitslosigkeit münden oder nur Scheinalternativen zur Arbeitslosigkeit bieten. Sie rekrutiert sich aus den Tätigen in der Landwirtschaft, welche ihre Produktionsmittel verloren haben und in die Stadt ziehen müssen. Die ''stockende'' relative Überbevölkerung bildet einen Teil der aktiven Arbeiterarmee, aber mit durchweg unregelmäßiger Beschäftigung. Sie bietet dem Kapital einen unterschöpflichen Bestand disponibler Arbeitskraft.<br />
<br />
Dazu kommt noch der Pauperismus. Arbeitsunfähige, Invaliden, Verstümmelte usw., welche durch die Auswirkungen der Teilung der harten Arbeit arbeitsunfähig wurden, gehen in der Industrie unter. Die industrielle Reservearmee wächst mit der absoluten Größe des Proletariats und des gesellschaftlichen Reichtums. Je größer die industrielle Reservearmee, desto massenhafter die relative Überbevölkerung. Zu ihr gehört ebenfalls eine "Lazarusschicht", deren Angehörige nicht nur zyklisch, sondern dauerhaft keine Arbeit mehr finden. Sollten die Arbeiter entdecken, dass der Intensitätsgrad ihrer Konkurrenz vom Druck der relativen Überbevölkerung abhängt, sie also planmäßig zusammenwirken als Beschäftigte und Unbeschäftigte, wird dies für das Kapital ein Problem. <br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Klassenkampf, Überbevölkerung, Industrielle Reservearmee, Flüssige Überbevölkerung, Latente Überbevölkerung, Stockende Überbevölkerung, Landflucht, Armut, Pauperismus, Lumpenproletariat, Gesellschaftlicher Reichtum <br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Marx geht im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] nicht nur auf die industrielle Reservearmee ein, sondern leitet drei Typen der relativen Überbevölkerung von ihr ab. Er konnte bei seinen ökonomischen Studien im 19. Jahrhundert erkennen, dass es Arbeiter gab, die vollbeschäftigt waren, aber eben so diejenigen die nur unregelmäßig arbeiteten und zwischen der aktiven Arbeiterbevölkerung und der industriellen Reservearmee schwankten. Ebenfalls sah er dass es Menschen gab, die komplett unfähig waren, aufgrund von Verletzungen oder Erkrankungen, zu arbeiten und das diese besonders unter Armut litten. <br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
In dem selben Maß, wie die Arbeiter mehr arbeiten und die Produktivkraft ihrer Arbeit wächst, desto prekärer wird ihre Funktion als Verwertungsmittel des Kapitals. Wenn sie entdecken, dass der Intensitätsgrad der Konkurrenz unter ihnen vom Druck der relativen Überbevölkerung abhängt, sobald sie durch Trade Unions eine planmäßige Zusammenwirkung zwischen den Beschäftigten und Unbeschäftigten zu organisieren suchen, zetert das Kapital. Jeder Zusammenhalt zwischen den Beschäftigten und Unbeschäftigten stört das „reine“ Spiel jenes Gesetzes. <br />
<br />
{{Zitat |Die Bewegung des Gesetzes der Nachfrage und Zufuhr von Arbeit auf dieser Basis vollendet die Despotie des Kapitals. Sobald daher die Arbeiter hinter das Geheimnis kommen, wie es angeht, daß im selben Maß, wie sie mehr arbeiten, mehr fremden Reichtum produzieren und die Produktivkraft ihrer Arbeit wächst, sogar ihre Funktion als Verwertungsmittel des Kapitals immer prekärer für sie wird; sobald sie entdecken, daß der Intensitätsgrad der Konkurrenz unter ihnen selbst ganz und gar von dem Druck der relativen Übervölkerung abhängt; sobald sie daher durch Trade's Unions usw. eine planmäßige Zusammenwirkung zwischen den Beschäftigten und Unbeschäftigten zu organisieren suchen, um die ruinierenden Folgen jenes Naturgesetzes der kapitalistischen Produktion auf ihre Klasse zu brechen oder zu schwächen, zetert das Kapital und sein Sykophant, der politische Ökonom, über Verletzung des „ewigen“ und sozusagen „heiligen" Gesetzes der Nachfrage und Zufuhr. Jeder Zusammenhalt zwischen den Beschäftigten und Unbeschäftigten stört nämlich das „reine" Spiel jenes Gesetzes. Sobald andrerseits, in den Kolonien z.B., widrige Umstände die Schöpfung der industriellen Reservearmee und mit ihr die absolute Abhängigkeit der Arbeiterklasse von der Kapitalistenklasse verhindern, rebelliert das Kapital, samt seinem gemeinplätzlichen Sancho Pansa, gegen das „heilige" Gesetz der Nachfrage und Zufuhr und sucht ihm durch Zwangsmittel unter die Arme zu greifen.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.669f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Der Arbeiter gehört der relativen Überbevölkerung an, wenn er halb oder gar nicht beschäftigt ist.<br/>Der Phasenwechsel des industriellen Zyklus prägt ihr ihre Formen auf.<br />
Sie besitzt aber immer drei Formen: flüssige, latente, stockende.<br />
<br />
{{Zitat |Die relative Übervölkerung existiert in allen möglichen Schattierungen. Jeder Arbeiter gehört ihr an während der Zeit, wo er halb oder gar nicht beschäftigt ist. Abgesehn von den großen, periodisch wiederkehrenden Formen, welche der Phasenwechsel des industriellen Zyklus ihr aufprägt, so daß sie bald akut in den Krisen erscheint, bald chronisch in den Zeiten flauen Geschäfts, besitzt sie fortwährend drei Formen: flüssige, latente und stockende.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.670)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Arbeiter werden repelliert und attrahiert, hin- und hergechleudert, und dies bei beständigem Wechsel in Geschlecht, Alter und Geschick. Im großen und ganzen nimmt dadurch die Zahl der Beschäftigten zu, wenn auch stets im abnehmenden Verhältnis zur höheren Stufe der Produktionsleiter. Relative Überbevölkerung existiert hier in fließender Form.<br />
<br />
{{Zitat |Die Relative Überbevölkerung existiert in allen möglichen Schattierungen [...] besitzt sie fortwährend drei Formen: flüssige, latente und stockende.<br/>In den Zentren der modernen Industrie Fabriken, Manufakturen, Hütten und Bergwerken usw. - werden Arbeiter bald repeliiert, bald in größerem Umfang wieder attrahiert, so daß im großen und ganzen die Zahl der Beschäftigten zunimmt, wenn auch in stets abnehmendem Verhältnis zur Produktionsleiter. Die Übervölkerung existiert hier in fließender Form.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.670)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der beständige Fluss der Landarbeiter in die Städte setzt eine latente Überbevölkerung voraus. <br />
<br />
{{Zitat |Aber ihr beständiger Fluß nach den Städten setzt auf dem Lande selbst eine fortwährend latente Übervölkerung voraus, deren Umfang nur sichtbar wird, sobald sich die Abzugskanäle ausnahmsweise weit öffnen. Der Landarbeiter wird daher auf das Minimum des Salairs herabgedrückt und steht mit einem Fuß stets im Sumpf des Pauperismus.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.672)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Die stockende Überbevölkerung ist von unregelmäßiger Beschäftigung geprägt und stellt einen unerschöpflichen Behälter disponibler Arbeitskraft dar. Maximum der Arbeitszeit und Minimum des Lohns charakterisieren sie.<br />
<br />
{{Zitat |Die dritte Kategorie der relativen Übervölkerung, die stockende, bildet einen Teil der aktiven Arbeiterarmee, aber mit durchaus unregelmäßiger Beschäftigung. Sie bietet so dem Kapital einen unerschöpflichen Behälter disponibler Arbeitskraft. Ihre Lebenslage sinkt unter das durchschnittliche Normalniveau der arbeitenden Klasse, und grade dies macht sie zur breiten Grundlage eigner Exploitationszweige des Kapitals. Maximum der Arbeits-zeit und Minimum des Salairs charakterisieren sie.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.672)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Der Pauperismus ist der tiefste Niederschlag der relativen Überbevölkerung. Abgesehen vom Lumpenproletariat besteht die Gesellschaftsschicht aus drei Kategorien: Erstens den Arbeitsfähigen. Deren Zahl steigt mit jeder Krise und nimmt bei jedem Aufschwung ab. Zweitens die Waisen- und Pauperkinder. Sie sind Kandidaten der industriellen Reservearmee und werden in Zeiten des großen Aufschwungs in die aktive Arbeiterarmee rekrutiert. Drittens: Verkommene, Verlumpte, Arbeitsunfähige, Verstümmelte, usw., die an ihrer durch die Teilung der Arbeit verursachten Unbeweglichkeit und den Gefahren der harten Arbeit in der Industrie untergehen. Der Pauperismus bildet das Invalidenhaus der aktiven Arbeiterarmee und ebenso das tote Gewicht der industriellen Reservearmee.<br />
<br />
{{Zitat |Der tiefste Niederschlag der relativen Übervölkerung endlich behaust die Sphäre des Pauperismus. Abgesehn von Vagabunden, Verbrechern, Prostituierten, kurz dem eigentlichen Lumpenproletariat, besteht diese Gesellschaftsschichte aus drei Kategorien. Erstens Arbeitsfähige. Man braucht die Statistik des englischen Pauperismus nur oberflächlich anzusehn, und man findet, daß seine Masse mit jeder Krise schwillt und mit jeder Wiederbelebung des Geschäfts abnimmt. Zweitens: Waisen- und Pauperkinder. Sie sind Kandidaten der industriellen Reservearmee und werden in Zeiten großen Aufschwungs, wie 1860 z.B., rasch und massenhaft in die aktive Arbeiterarmee einrolliert. Drittens: Verkommene, Verlumpte, Arbeitsunfähige. Es sind namentlich Individuen, die an ihrer durch die Teilung der Arbeit verursachten Unbeweglichkeit untergehn, solche, die über das Normalalter eines Arbeiters hinausleben, endlich die Opfer der Industrie, deren Zahl mit gefährlicher Maschinerie, Bergwerksbau, chemischen Fabriken etc. wächst, Verstümmelte, Verkrankte, Witwen etc. Der Pauperismus bildet das Invalidenhaus der aktiven Arbeiterarmee und das tote Gewicht der industriellen Reservearmee. Seine Produktion ist eingeschlossen in der Produktion der relativen Übervölkerung, seine Notwendigkeit in ihrer Notwendigkeit, mit ihr bildet er eine Existenzbedingung der kapitalistischen Produktion und Entwicklung des Reichtums. Er gehört zu den faux frais der kapitalistischen Produktion, die das Kapital jedoch großenteils von sich selbst ab auf die Schultern der Arbeiterklasse und der kleinen Mittelklasse zu wälzen weiß.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.673)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Umso größer der gesellschaftliche Reichtum und das funktionierende Kapital ist, desto größer ist die absolute Größe des Proletariats und die Produktivkraft der Arbeit. Daraus resultiert auch eine größere industrielle Reservearmee. Je größer die industrielle Reservearmee im Verhältnis zur aktiven Arbeiterarmee, desto massenhafter die relative Überbevölkerung, deren Elend im umgekehrten Verhältnis zu ihrer Arbeitsqual steht. Je größer die Lazarusschicht der Arbeiterklasse und die industrielle Reservearmee, desto größer der offizielle Pauperismus. Das ist das absolute, allgemeine Gesetz der kapitalistischen Akkumulation. <br />
<br />
{{Zitat |Je größer der gesellschaftliche Reichtum, das funktionierende Kapital, Umfang und Energie seines Wachstums, also auch die absolute Größe des Proletariats und die Produktivkraft seiner Arbeit, desto größer die industrielle Reservearmee. Die disponible Arbeitskraft wird durch dieselben Ursachen entwickelt wie die Expansivkraft des Kapitals. Die verhältnismäßige Größe der industriellen Reservearmee wächst also mit den Potenzen des Reichtums. Je größer aber diese Reservearmee im Verhältnis zur aktiven Arbeiterarmee, desto massenhafter die konsolidierte Übervölkerung, deren Elend im umgekehrten Verhältnis zu ihrer Arbeitsqual steht. Je größer endlich die Lazarusschichte der Arbeiterklasse und die industrielle Reservearmee, desto größer der offizielle Pauperismus. Dies ist das absolute, allgemeine Gesetz der kapitalistischen Akkumulation. Es wird gleich allen andren Gesetzen in seiner Verwirklichung durch mannigfache Umstände modifiziert, deren Analyse nicht hierher gehört.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.673f.)}}<br />
<br />
==Armut und Reichtum==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Armut und Reichtum sind Größen, welche den Besitz von Produktionsmitteln, Kapital und Geld beschreiben. Armut und Reichtum gab es bereits in vorkapitalistischen Gesellschaften. Die Besonderheit im Kapitalismus ist, dass die Arbeiterklasse über nichts anderes, als ihre Arbeitskraft vefügt, und somit gezwungen ist, diese an den Kapitalisten zu verkaufen, welcher sowohl die Produktionsmittel besitzt, als auch den von den Arbeitern produzierten Mehrwert und dessen Produkte aneignet. Die Armut und der Reichtum bilden im Kapitalismus einen antagonistischen Charakter, welche sich gegenseitig bedingen. Die Produktion von Reichtum bedingt automatisch die Produktion von Armut und Elend. Je größer die Produktivkraft der Arbeit, desto größer der Druck der Arbeiter auf ihre Beschäftigungsmittel, desto prekärer also ihre Existenzberechtigung. Die Akkumulation von Reichtum auf Seiten der Bourgeoisie bedingt zugleich die Akkumulation von Elend und Armut auf Seiten des Proletariats. Die kapitalistische Produktion hat somit einen zweideutigen Charakter, welche sowohl Reichtum, als auch Armut produziert. Es wird also logischerweise keinen Kapitalismus ohne Armut geben können. <br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Armut, Reichtum, Lohndruck, Arbeitsdruck, Entfremdung, Verrohung<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Armut und Reichtum wurde bereits in der politischen Ökonomie des 19. Jahrhunderts beschrieben. Allerdings wurde dieser antagonistische Charakter der kapitalistischen Akkumulation mit Erscheinungen aus vorkapitalistischen Produktionsweisen zusammengeworfen. Marx weist im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] nach, dass sich Armut und Reichtum gegenseitig bedingen. Die Akkumulation von Kapital auf Seiten der Bourgeoisie, bedingt automatisch die Akkumulation von Elend, Arbeitsqual, Sklaverei und moralischer Degradation auf Seite der Arbeiterklasse. Marx beschreibt als absolut allgemeines Gesetz der kapitalistischen Akkumulation das enge Verhältnis von Armut und Reichtum. Umso größer der gesellschaftliche Reichtum, und die Größe des Kapitals, umso größer auch die industrielle Reservearmee. Das Verhältnis der industriellen Reservearmee und der aktiven Arbeiterarmee bestimmt die Größe der konsolidierten Überbevölkerung, dessen Elend im umgekehrten Verhältnis zu ihrer Arbeitsqual steht.<br />
<br />
Bereits der venezianische Mönch Ortes aus Venezien, ein wichtiger ökonomischer Schriftsteller des 18.Jahrhunderts, sagte: "Großer Reichtum von einigen ist stets begleitet von absoluter Beraubung des Notwendigen bei viel meht andren. Der Reichtum einer Nation entspricht ihrer Bevölkerung, und ihr Elend entspricht ihrem Reichtum. Die Arbeitsamkeit in einigen erzwingt den Müßiggang in andren. Die Armen und Müßigen sind eine notwendige Frucht der Reichen und Tätigen".<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Der Fortschritt der Produktivität drückt sich auf kapitalistischer Grundlage so aus, dass je höher die Produktivkraft der Arbeit, desto größer der Druck der Arbeiter auf ihre Beschäftigungsmittel, desto prekärer ihre Existenzbedingung. Die bedeutet Verkauf der eigenen Kraft zur Vermehrung fremden Eigentums. Das Wachstum der Menge an Produktionsmitteln und der Produktivität der Arbeit geht mit einem Wachstum der Arbeiterklasse und somit auch der industriellen Reservearmee einher. Dies bedingt automatisch den Wachstum von Armut und Elend.<br />
<br />
{{Zitat |Das Gesetz, wonach eine immer wachsende Masse von Produktionsmitteln, dank dem Fortschritt in der Produktivität der gesellschaftlichen Arbeit, mit einer progressiv abnehmenden Ausgabe von Menschenkraft in Bewegung gesetzt werden kann - dies Gesetz drückt sich auf kapitalistischer Grundlage, wo nicht der Arbeiter die Arbeitsmittel, sondern die Arbeitsmittel den Arbeiter anwenden, darin aus, daß, je höher die Produktivkraft der Arbeit, desto größer der Druck der Arbeiter auf ihre Beschäftigungsmittel, desto prekärer also ihre Existenzbedingung: Verkauf der eignen Kraft zur Vermehrung des fremden Reichtums oder zur Selbstverwertung des Kapitals. Rascheres Wachstum der Produktionsmittel und der Produktivität der Arbeit als der produktiven Bevölkerung drückt sich kapitalistisch also umgekehrt darin aus, daß die Arbeiterbevölkerung stets rascher wächst als das Verwertungsbedürfnis des Kapitals.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.674)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Die Steigerung der ges. Produktivkraft der Arbeit auf Kosten des individuellen Arbeiters. Die Mittel der Entwicklung der Produktion schlagen um in Beherrschungs- und Exploitationsmittel, verstümmeln den Arbeiter in einen Teilmenschen, entwürdigen ihn zum Anhängsel der Maschine, vernichten mit der Qual seiner Arbeit ihren Inhalt.<br/> Alle Methoden zur Produktion des Mehrwerts sind zugleich Methoden der Akkumulation. Es folgt daher, dass im Maße wie Kapital akkumuliert wird, die Lage des Arbeiters, welches immer seine Zahlung, hoch oder niedrig, sich verschlechtern muss. Das Gesetz, dass die relative Überbevölkerung stets mit Umfang und Energie der Akkumulation im Gleichgewicht hält, bindet den Arbeiter fest an das Kapital. Es bedingt eine der Akkumulation von Kapital entsprechende Akkumulation von Elend, Arbeitsqual, Sklaverei, Unwissenheit, Brutalisierung und moralischer Degradation auf der Seite der Klasse, die ihr eigenes Produkt als Kapital produziert. Die Produktion von Reichtum und Armut bedingen sich antagonistisch und schließen sich im Kapitalismus niemals aus.<br />
<br />
{{Zitat |Wir sahen im vierten Abschnitt bei Analyse der Produktion des relativen Mehrwerts: innerhalb des kapitalistischen Systems vollziehn sich alle Methoden zur Steigerung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit auf Kosten des individuellen Arbeiters; alle Mittel zur Entwicklung der Produktion schlagen um in Beherrschungs- und Exploitationsmittel des Produzenten, verstümmeln den Arbeiter in einen Teilmenschen, entwürdigen ihn zum Anhängsel der Maschine, vernichten mit der Qual seiner Arbeit ihren Inhalt, entfremden ihm die geistigen Potenzen des Arbeitsprozesses im selben Maße, worin letzterem die Wissenschaft als selbständige Potenz einverleibt wird; sie verunstalten die Bedingungen, innerhalb deren er arbeitet, unterwerfen ihn während des Arbeitsprozesses der kleinlichst gehässigen Despotie, verwandeln seine Lebenszeit in Arbeitszeit, schleudern sein Weib und Kind unter das Juggernaut-Rad des Kapitals. Aber alle Methoden zur Produktion des Mehrwerts sind zugleich Methoden der Akkumulation, und jede Ausdehnung der Akkumulation wird umgekehrt Mittel zur Entwicklung jener Methoden. Es folgt daher, daß im Maße wie Kapital akkumuliert, die Lage des Arbeiters, welches immer seine Zahlung, hoch oder niedrig, sich verschlechtern muß. Das Gesetz endlich, welches die relative Übervölkerung oder industrielle Reservearmee stets mit Umfang und Energie der Akkumulation in Gleichgewicht hält, schmiedet den Arbeiter fester an das Kapital als den Prometheus die Keile des Hephästos an den Felsen. Es bedingt eine der Akkumulation von Kapital entsprechende Akkumulation von Elend. Die Akkumulation von Reichtum auf dem einen Pol ist also zugleich Akkumulation von Elend, Arbeitsqual, Sklaverei, Unwissenheit, Brutalisierung und moralischer Degradation auf dem Gegenpol, d.h. auf Seite der Klasse, die ihr eignes Produkt als Kapital produziert.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.674f.)}}<br />
<br />
==Kapitalmonopol als Fessel der Produktionsweise==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Zentralisation des Kapitals ist der kapitalistischen Produktion eigen. Sie führt zur Zentralisierung der Produktionmittel in wenigen Händen (Kapitalmonopolen), während das Elend und der Grad der Ausbeutung steigt. Das Kapitalmonopol wird zur Fessel der Produktionsweise. Für eine weitere Entwicklung der Produktuktionsweise muss die kapitalistische Hülle gesprengt werden.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Verhältnis zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen, Zentralisation, Stagnation, Monopole, kapitalistische Produktion, Elend, Ausbeutung, Expropriation, kooperative Form des Arbeitsprozesses, kapitalistische Hülle, Privateigentums<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Vor allem in seinem Hauptwerk – dem Kapital – hat Marx die Zentralisation des Kapitals und das daraus folgende Kapitalmonopol offengelegt und als eine Tendenz der kapitalistischen Produktion theoretisiert. Diese führt zur stetigen Abnahme der Anzahl von Kapitalmagnaten und zur Monopolbildung. Diese Annahme stößt allerdings von bürgerlicher Seite auf Kritik. So seien die meisten Fälle nur Folge einer falschen „Ordnungspolitik“ des Staates.<br />
Doch zeigt diese Kritik nur das Gegenteil auf – dass die kapitalistische Produktion ohne entgegenwirkende Maßnahmen zu der von Marx beschriebenen Zentralisation des Kapitals drängt.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die kapitalistische Produktion führt zu einer Zentralisierung der Kapitale in der Hand einer Minderheit – zur Monopolisierung. Mit dieser Zentralisation entwickelt sich auch die kooperative Form des Arbeitsprozesses. Mit einer fortschreitenden Zentralisation und abnehmenden Zahl der Kapitalmagnaten wächst die Masse des Elends, der Ausbeutung, aber auch der Empörung der Arbeiterklasse. Das Kapitalmonopol wird zur Fessel der Produktionsweise, da die Zentralisation der Vergesellschaftung der Arbeit einen Punkt erreicht, an dem sie unverträglich wird mit ihrer kapitalistischen Hülle. Sie wird gesprengt und die Macht des Kapitals, der Bourgeoisie, gestürzt.<br />
<br />
{{Zitat |Diese Expropriation vollzieht sich durch das Spiel der immanenten Gesetze der kapitalistischen Produktion selbst, durch die Zentralisation der Kapitale. Je ein Kapitalist schlägt viele tot. Hand in Hand mit dieser Zentralisation oder der Expropriation vieler Kapitalisten durch wenige entwickelt sich die kooperative Form des Arbeitsprozesses auf stets wachsender Stufenleiter, die bewußte technische Anwendung der Wissenschaft, die planmäßige Ausbeutung der Erde, die Verwandlung der Arbeitsmittel in nur gemeinsam verwendbare Arbeitsmittel, die Ökonomisierung aller Produktionsmittel durch ihren Gebrauch als Produktionsmittel kombinierter, gesellschaftlicher Arbeit, die Verschlingung aller Völker in das Netz des Weltmarkts und damit der internationale Charakter des kapitalistischen Regimes. Mit der beständig abnehmenden Zahl der Kapitalmagnaten, welche alle Vorteile dieses Umwandlungsprozesses usurpieren und monopolisieren, wächst die Masse des Elends, des Drucks, der Knechtschaft, der Entartung, der Ausbeutung, aber auch die Empörung der stets anschwellenden und durch den Mechanismus des kapitalistischen Produktionsprozesses selbst geschulten, vereinten und organisierten Arbeiterklasse. Das Kapitalmonopol wird zur Fessel der Produktionsweise, die mit und unter ihm aufgeblüht ist. Die Zentralisation der Produktionsmittel und die Vergesellschaftung der Arbeit erreichen einen Punkt, wo sie unverträglich werden mit ihrer kapitalistischen Hülle. Sie wird gesprengt. Die Stunde des kapitalistischen Privateigentums schlägt. Die Expropriateurs werden expropriiert.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.790f.])}}<br />
<br />
==Der Tendenzielle Fall der Profitrate==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Das „Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate“ beschreibt den Fall der allgemeinen Profitrate als einen tendenziellen Verlauf. Da nur die menschliche Arbeit Werte schafft, ergibt sich der Profit ausschließlich aus dem unbezahlten Teil der Arbeit, den sich der Kapitalist aneignet. Diese unbezahlte Arbeit drückt sich im Mehrwert aus. Da der Anteil lebendiger Arbeit, das variable Kapital, durch die fortlaufende technische Entwicklung abnimmt, nimmt auch die Masse des Mehrwerts ab. Diese Abnahme der lebendigen Arbeit ergibt einen Fall der Profitrate. Dieser wird durch mehrere Ursachen aufgehalten und gehemmt, weswegen der Fall der Profitrate nur als Tendenz aufritt und nicht absolut.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Tendenzieller Fall der Profitrate, Gesamtkapital, Variables Kapital, Konstantes Kapital, Kapital, Produktivkraft, Akkumulation, Zusammensetzung, Profitrate<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Theorie des Tendenziellen Falls der Profitrate wird von Karl Marx im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] dargestellt.<br />
<br />
Der Fall der allgemeinen Profitrate war in der klassischen Nationalökonomie bereits eine der gängigen Vorstellungen. Allerdings war es noch unklar wie ein Sinken der Profitrate zu Stande kommt. Vorläufige Erklärungen und Theorien waren zu oberflächlich. Marx forschte nach den Ursachen und fand diese in der stetigen Veränderung der Zusammensetzung des Kapitals und der Theorie des Mehrwerts. Das Marx'sche „Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate“ ist heute umstritten.<br />
<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Der tendenzielle Fall der Profitrate steht im Zusammenhang mit der organischen Zusammensetzung des Gesamtkapitals. Nimmt der Anteil der lebendigen Arbeit im Verhältnis zum konstantem Kapital ab, sinkt die Profitrate. Durch die kapitalistische Produktionsweise nimmt das variable Kapital proportional zum Gesamtkapital ab. Aufgrund dieser proportionalen Abnahme des variablen Bestandteils sinkt die Nachfrage nach lebendiger Arbeit progressiv mit dem Wachstum des Gesamtkapitals und erzeugt somit auch eine überschüssige, daher überflüssige oder Zuschuß-Arbeiterbevölkerung die nicht am Produktionsprozess beteiligt ist. Die Zunahme des konstanten Kapitals im Verhältnis zum variablen Kapitalteil ist das Resultat der fortschreitenden Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit. Das heißt, dass die Entwicklung der Produktivkräfte den tendenziellen Fall der Profitrate zur Folge hat. Da durch die Entwicklung der Produktion die angewandte lebendige Arbeit im Verhältnis zum konstanten Kapital abnimmt, so muss auch die unbezahlte Mehrarbeit abnehmen die sich in Form des Mehrwerts äußerst. Dieser Rückgang des Mehrwerts bewirkt wiederum einen stetigen Fall der Profitrate.<br />
<br />
{{Zitat |Die Akkumulation des Kapitals, welche ursprünglich nur als seine quantitative Erweiterung erschien, vollzieht sich, wie wir gesehn, in fortwährendem qualitativen Wechsel seiner Zusammensetzung, in beständiger Zunahme seines konstanten auf Kosten seines variablen Bestandteil. Die spezifisch kapitalistische Produktionsweise, die ihr entsprechende Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit, der dadurch verursachte Wechsel in der organischen Zusammensetzung des Kapitals halten nicht nur Schritt mit dem Fortschritt der Akkumulation oder dem Wachstum des gesellschaftlichen Reichtums. Sie schreiten ungleich schneller, weil die einfache Akkumulation oder die absolute Ausdehnung des Gesamtkapitals von der Zentralisation seiner individuellen Elemente, und die technische Umwälzung des Zusatzkapitals von technischer Umwälzung des Originalkapitals begleitet sind. Mit dem Fortgang der Akkumulation wandelt sich also das Verhältnis von konstantem zu variablem Kapitalteil, wenn ursprünglich 1: 1, in 2: 1,3: 1,4: 1,5: 1, 7: 1 usw. … Da die Nachfrage nach Arbeit nicht durch den Umfang des Gesamtkapitals, sondern durch den seines variablen Bestandteils bestimmt ist, fällt sie also progressiv mit dem Wachstum des Gesamtkapitals, statt, wie vorhin unterstellt, verhältnismäßig mit ihm zu wachsen. Sie fällt relativ zur Größe des Gesamtkapitals und in beschleunigter Progression mit dem Wachstum dieser Größe. Mit dem Wachstum des Gesamtkapitals wächst zwar auch sein variabler Bestandteil, oder die ihm einverleibte Arbeitskraft, aber in beständig abnehmender Proportion. …Diese mit dem Wachstum des Gesamtkapitals beschleunigte und rascher als sein eignes Wachstum beschleunigte relative Abnahme seines variablen Bestandteils scheint auf der andren Seite umgekehrt stets rascheres absolutes Wachstum der Arbeiterbevölkerung als das des variablen Kapitals oder ihrer Beschäftigungsmittel. Die kapitalistische Akkumulation produziert, und zwar im Verhältnis zu ihrer Energie und ihrem Umfang, beständig eine relative, d.h. für die mittleren Verwertungsbedürfnisse des Kapitals überschüssige, daher überflüssige oder Zuschuß-Arbeiterbevölkerung.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.657f.])}}<br />
<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Die Zunahme des konstanten Kapitals im Verhältnis zum variablen Kapitalteil ist das Resultat der fortschreitenden Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit. Das heißt, dass die Entwicklung der Produktivkräfte den tendenziellen Fall der Profitrate zur Folge hat. Da durch die Entwicklung der Produktion die angewandte lebendige Arbeit im Verhältnis zum konstanten Kapital abnimmt, so muss auch die unbezahlte Mehrarbeit abnehmen die sich in Form des Mehrwerts äußerst. Dieser Rückgang des Mehrwerts bewirkt wiederum einen stetigen Fall der Profitrate.<br />
<br />
{{Zitat |„Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate 13. Kapital, Das Gesetz als solches. Bei gegebnem Arbeitslohn und Arbeitstag stellt ein variables Kapital, z.B. von 100, eine bestimmte Anzahl in Bewegung gesetzter Arbeiter vor; es ist der Index dieser Anzahl. Z.B. 100 Pfd.St. sei der Arbeitslohn für 100 Arbeiter, sage für eine Woche. Verrichten diese 100 Arbeiter ebensoviel notwendige Arbeit wie Mehrarbeit, arbeiten sie also täglich ebensoviel Zeit für sich selbst, d.h. für die Reproduktion ihres Arbeitslohns, wie für den Kapitalisten, d.h. für die Produktion von Mehrwert, so wäre ihr Gesamtwertprodukt = 200 Pfd.St. und der von ihnen erzeugte Mehrwert betrüge 100 Pfd.St. Die Rate des Mehrwerts m/v wäre =100% . Diese Rate des Mehrwerts würde sich jedoch, wie wir gesehn, in sehr verschiednen Profitraten ausdrücken, je nach dem verschiednen Umfang des konstanten Kapitals c und damit des Gesamtkapitals C, da die Profitrate = m/C . <br />
Ist die Mehrwertsrate 100%,: <br />
Wenn c = 50, v = 100, so ist p' = 100/150 = 66,66 %. <br />
Wenn c = 100, v = 100, so ist p' =100/200 = 50%. <br />
Wenn c = 200, v = 100, so ist p' = 100/300 = 33,33%. <br />
Wenn c = 300, v = 100, so ist p' = 100/400 = 25%. <br />
Wenn c = 400, v = 100, so ist p' = 100/500 = 20%. <br />
Dieselbe Rate des Mehrwerts, bei unverändertem Exploitationsgrad der Arbeit, würde sich so in einer fallenden Profitrate ausdrücken, weil mit seinem materiellen Umfang, wenn auch nicht im selben Verhältnis, auch der Wertumfang des konstanten und damit des Gesamtkapitals wächst<br />
Nimmt man nun ferner an, daß diese graduelle Veränderung in der Zusammensetzung des Kapitals sich nicht bloß in vereinzelten Produktionssphären zuträgt, sondern mehr oder weniger in allen, oder doch in den entscheidenden Produktionssphären, daß sie also Veränderungen in der organischen Durchschnittszusammensetzung des einer bestimmten Gesellschaft angehörigen Gesamtkapitals einschließt, so muß dies allmähliche Anwachsen des konstanten Kapitals, im Verhältnis zum variablen, notwendig zum Resultat haben einen graduellen Fall in der allgemeinen Profitrate bei gleichbleibender Rate des Mehrwerts oder gleichbleibendem Exploitationsgrad der Arbeit durch das Kapital. Nun hat sich aber gezeigt, als ein Gesetz der kapitalistischen Produktionsweise, daß mit ihrer Entwicklung eine relative Abnahme des variablen Kapitals im Verhältnis zum konstanten Kapital und damit im Verhältnis zu dem in Bewegung gesetzten Gesamtkapital stattfindet. Es heißt dies nur, daß dieselbe Arbeiterzahl, dieselbe Menge Arbeitskraft, disponibel gemacht durch ein variables Kapital von gegebnem Wertumfang, infolge der innerhalb der kapitalistischen Produktion sich entwickelnden eigentümlichen Produktionsmethoden, eine stets wachsende Masse Arbeitsmittel, Maschinerie und fixes Kapital aller Art, Roh- und Hilfsstoffe in derselben Zeit in Bewegung setzt, verarbeitet, produktiv konsumiert - daher auch ein konstantes Kapital von stets wachsendem Wertumfang. Diese fortschreitende relative Abnahme des variablen Kapitals im Verhältnis zum konstanten und daher zum Gesamtkapital ist identisch mit der fortschreitend höhern organischen Zusammensetzung des gesellschaftlichen Kapitals in seinem Durchschnitt. Es ist ebenso nur ein andrer Ausdruck für die fortschreitende Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit, die sich grade darin zeigt, daß vermittelst der wachsenden Anwendung von Maschinerie und fixem Kapital überhaupt mehr Roh- und Hilfsstoffe von derselben Anzahl Arbeiter in derselben Zeit, d.h. mit weniger Arbeit in Produkte verwandelt werden. Es entspricht diesem wachsenden Wertumfang des konstanten Kapitals - obgleich er nur entfernt das Wachstum in der wirklichen Masse der Gebrauchswerte darstellt, aus denen das konstante Kapital stofflich besteht - eine wachsende Verwohlfeilerung des Produkts. Jedes individuelle Produkt, für sich betrachtet, enthält eine geringre Summe von Arbeit, als auf niedrigem Stufen der Produktion, wo das in Arbeit ausgelegte Kapital in ungleich größrem Verhältnis steht zu dem in Produktionsmitteln ausgelegten. Die im Eingang hypothetisch aufgestellte Reihe drückt also die wirkliche Tendenz der kapitalistischen Produktion aus. Diese erzeugt mit der fortschreitenden relativen Abnahme des variablen Kapitals gegen das konstante eine steigend höhere organische Zusammensetzung des Gesamtkapitals, deren unmittelbare Folge ist, daß die Rate des Mehrwerts bei gleichbleibendem und selbst bei steigendem Exploitationsgrad der Arbeit sich in einer beständig sinkenden allgemeinen Profitrate ausdrückt. (Es wird sich weiter zeigen1 *, warum dies Sinken nicht in dieser absoluten Form, sondern mehr in Tendenz zum progressiven Fall hervortritt.) Die progressive Tendenz der allgemeinen Profitrate zum Sinken ist also nur ein der kapitalistischen Produktionsweise eigentümlicher Ausdruck für die fortschreitende Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit. Es ist damit nicht gesagt, daß die Profitrate nicht auch aus andren Gründen vorübergehend fallen kann, aber es ist damit aus dem Wesen der kapitalistischen Produktionsweise als eine selbstverständliche Notwendigkeit bewiesen, daß in ihrem Fortschritt die allgemeine Durchschnittsrate des Mehrwerts sich in einer fallenden allgemeinen Profitrate ausdrücken muß. Da die Masse der angewandten lebendigen Arbeit stets abnimmt im Verhältnis zu der Masse der von ihr in Bewegung gesetzten vergegenständlichten Arbeit, der produktiv konsumierten Produktionsmittel, so muß auch der Teil dieser lebendigen Arbeit, der unbezahlt ist und sich in Mehrwert vergegenständlicht, in einem stets abnehmenden Verhältnis stehn zum Wertumfang des angewandten Gesamtkapitals. Dies Verhältnis der Mehrwertsmasse zum Wert des angewandten Gesamtkapitals bildet aber die Profitrate, die daher beständig fallen muß.“| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.221ff.])}}<br />
<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Erzeugung relativen Mehrwerts drängt dazu möglichst viel Arbeit in Mehrwert zu verwandeln und gleichzeitig die Masse der lebendigen Arbeit im Verhältnis zum vorgeschoßenen Gesamtkapital zu verringern. Diese Veränderung der organischen Zusammensetzung des Gesamtkapitals verdeutlicht sich somit in einem Fall der Profitrate.<br />
<br />
{{Zitat |Sonst ist es bereits nachgewiesen - und bildet das eigentliche Geheimnis des tendenziellen Falls der Profitrate - , daß die Prozeduren zur Erzeugung von relativem Mehrwert im ganzen und großen darauf hinauslaufen: einerseits von einer gegebnen Masse Arbeit möglichst viel in Mehrwert zu verwandeln, andrerseits im Verhältnis zum vorgeschoßnen Kapital möglichst wenig Arbeit überhaupt anzuwenden; so daß dieselben Gründe, welche erlauben, den Exploitationsgrad der Arbeit zu erhöhen, es verbieten, mit demselben Gesamtkapital ebensoviel Arbeit wie früher zu exploitieren. Dies sind die widerstreitenden Tendenzen, die, während sie auf eine Steigerung in der Rate des Mehrwerts, gleichzeitig auf einen Fall der von einem gegebnen Kapital erzeugten Masse des Mehrwerts und daher der Rate des Profits hinwirken.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.243])}}<br />
<br />
==Sozialistische Revolution==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Revolution, Enteignung<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die Expropriation der Expropriateure wird durch die Volksmassen stattfinden. <br />
<br />
{{Zitat |Die Verwandlung des auf eigner Arbeit der Individuen beruhenden, zersplitterten Privateigentums in kapitalistisches ist natürlich ein Prozeß, ungleich mehr langwierig, hart und schwierig als die Verwandlung des tatsächlich bereits auf gesellschaftlichem Produktionsbetrieb beruhenden kapitalistischen Eigentums in gesellschaftliches. Dort handelte es sich um die Expropriation der Volksmasse durch wenige Usurpatoren, hier handelt es sich um die Expropriation weniger Usurpatoren durch die Volksmasse.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.791)}}<br />
<br />
==Produktionsmittel und Konsumtionsmittel==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Einfache Reproduktion, Produktionsmittel, Konsumtionsmittel<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Das Gesamtprodukt der Gesellschaft zerfällt in zwei Abteilungen. I. Produktionsmittel, II. Konsumtionsmittel.<br/><br />
<br />
{{Zitat |Die zwei Abteilungen der gesellschaftlichen Produktion<br/>Das Gesamtprodukt, also auch die Gesamtproduktion, der Gesellschaft zerfällt in zwei große Abteilungen:<br/>I. Produktionsmittel, Waren, welche eine Form besitzen, worin sie in die produktive Konsumtion eingehn müssen oder wenigstens eingehn können.<br/>II. Konsumtionsmittel, Waren, welche eine Form besitzen, worin sie in die individuelle Konsumtion der Kapitalisten- und Arbeiterklasse eingehn. In jeder dieser Abteilungen bilden sämtliche verschiedne ihr angehörige Produktionszweige einen einzigen großen Produktionszweig, die einen den der Produktionsmittel, die andern den der Konsumtionsmittel. Das in jedem der beiden Produktionszweige angewandte gesamte Kapital bildet eine besondre große Abteilung des gesellschaftlichen Kapitals.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band24.pdf Kapital 2.Band, MEW Band 24], S.394)}}<br />
<br />
==Zyklische Bewegung des Industriekapitals==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Industriekapital, Zyklische Bewegung des Kapitals, Geldkapital, Warenkapital, Stagnation, Schatzbildung, Mehrwertschöpfung, Zirkulation, Reproduktion, Monopolisierung<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Das Industriekapital nimmt drei Formen an: Produktives Kapital, Warenkapital und Geldkapital. Sie sind keine eigenständigen Kapitalsorten, sondern Funktionsformen des Industriekapitals. Der Kreislauf des Kapitals kann stocken. Wenn G-W stockt, erstarrt das Geldkapital. Wenn er in der Produktionsphase stockt, liegen die Produktionsmittel brach, Arbeiter bleiben unbeschäftigt. Wenn der Kreislauf an der Stelle W‘-G‘ stockt, bleiben unverkäufliche Waren liegen und versperren den Zirkulationsfluss.<br />
<br />
{{Zitat |Die beiden Formen, die der Kapitalwert innerhalb seiner Zirkulationsstadien annimmt, sind die von Geldkapital und Warenkapital; seine dem Produktionsstadium angehörige Form ist die von produktivem Kapital. Das Kapital, welches im Verlauf seines Gesamtkreislaufs diese Formen annimmt und wieder abstreift und in jeder die ihr entsprechende Funktion vollzieht, ist industrielles Kapital - industriell hier in dem Sinn, daß es jeden kapitalistisch betriebnen Produktionszweig umfaßt. Geldkapital, Warenkapital, produktives Kapital bezeichnen hier also nicht selbständige Kapitalsorten, deren Funktionen den Inhalt gleichfalls selbständiger und voneinander getrennter Geschäftszweige bilden. Sie bezeichnen hier nur besondre Funktionsformen des industriellen Kapitals, das sie alle drei nacheinander annimmt.<br/> Der Kreislauf des Kapitals geht nur normal vonstatten, solange seine verschiednen Phasen ohne Stockung ineinander übergehn. Stockt das Kapital in der ersten Phase G - W , so erstarrt das Geldkapital zum Schatz; wenn in der Produktionsphase, so liegen die Produktionsmittel funktionslos auf der einen Seite, während die Arbeitskraft auf der andern unbeschäftigt bleibt; wenn in der letzten Phase W ' - G ' , so versperren unverkäuflich aufgehäufte Waren den Zirkulationsfluß.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band24.pdf Kapital 2.Band, MEW Band 24], S.56)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Industrielles Kapital ist die einzige Daseinsweise des Kapitals, die Mehrwert schöpft und den kap. Charakter der Produktion bedingt.<br/>Technik und gesellschaftliche Organisation des Arbeitsprozesses werden durch industrielles Kapital umgewälzt.<br/> Alle anderen Arten von Kapital werden ihm untergeordnet und entsprechend seines Mechanismus verändert, bewegen sich nur auf seiner Grundlage – stehen und fallen mit ihr.<br/> Waren- und Geldkapital sind auch wenn sie als eigene Geschäftszweige auftreten, nur Funktionsweisen des industriellen Kapitals.<br />
<br />
{{Zitat |Das industrielle Kapital ist die einzige Daseinsweise des Kapitals, worin nicht nur Aneignung von Mehrwert, resp. Mehrprodukt, sondern zugleich dessen Schöpfung Funktion des Kapitals ist. Es bedingt daher den kapitalistischen Charakter der Produktion; sein Dasein schließt das des Klassengegensatzes von Kapitalisten und Lohnarbeitern ein.<br/> Im Maß wie es sich der gesellschaftlichen Produktion bemächtigt, werden Technik und gesellschaftliche Organisation des Arbeitsprozesses umgewälzt, und damit der ökonomisch-geschichtliche Typus der Gesellschaft.<br/> Die andern Arten von Kapital, die vor ihm inmitten vergangner oder untergehender gesellschaftlicher Produktionszustände erschienen, werden ihm nicht nur untergeordnet und im Mechanismus ihrer Funktionen ihm entsprechend verändert, sondern bewegen sich nur noch auf seiner Grundlage, leben und sterben, stehen und fallen daher mit dieser ihrer Grundlage.<br/>Geldkapital und Warenkapital, soweit sie mit ihren Funktionen als Träger eigner Geschäftszweige neben dem industriellen Kapital auftreten, sind nur noch durch die gesellschaftliche Teilung der Arbeit verselbständigte und einseitig ausgebildete Existenzweisen der verschiednen Funktionsformen, die das industrielle Kapital innerhalb der Zirkulationssphäre bald annimmt, bald abstreift.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band24.pdf Kapital 2.Band, MEW Band 24], S.61)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Gesamtproduktionsprozess des Kapitals heißt: Reproduktionsprozess sowie Kreislauf aller Elemente.<br/> Alle Teile durchlaufen Kreisläufe. Alle drei Formen sind beständig vorhanden durch den Kreislauf des Gesamtkapitals durch diese drei Phasen: Waren-, Geld-, produktives Kapital.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist eine notwendige Bedingung für den Gesamtproduktionsprozeß, besonders für das gesellschaftliche Kapital, daß er zugleich Reproduktionsprozeß, und daher Kreislauf jedes seiner Momente ist. Verschiedne Bruchteile des Kapitals durchlaufen sukzessiv die verschiednen Stadien und Funktionsformen.<br/>Jede Funktionsform, obgleich sich stets ein andrer Teil des Kapitals darin darstellt, durchläuft dadurch gleichzeitig mit den andren ihren eignen Kreislauf. Ein Teil des Kapitals, aber ein stets wechselnder, stets reproduziert, existiert als Warenkapital, das sich in Geld verwandelt; ein andrer als Geldkapital, das sich in produktives verwandelt; ein dritter als produktives Kapital, das sich in Warenkapital verwandelt. Das beständige Vorhandensein aller drei Formen ist vermittelt durch den Kreislauf des Gesamtkapitals durch eben diese drei Phasen.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band24.pdf Kapital 2.Band, MEW Band 24], S.108)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der Prozess verläuft nur normal, solange die Wertverhältnisse konstant bleiben. Je größer die Störungen sind, desto mehr Geldkapital muss der industrielle Kapitalist besitzen, um Ausgleichungen abwarten zu können.<br/>Durch Wachstum des vorzuschießenden Kapitals werden industrielle Kapitalisten mehr und mehr in ein Monopol großer Geldkapitalisten verwandelt.<br />
<br />
{{Zitat |Ganz normal verläuft der Prozeß nur, wenn die Wertverhältnisse konstant bleiben; er verläuft faktisch, solange sich Störungen in der Wiederholung des Kreislaufs ausgleichen; je größer die Störungen, um so größres Geldkapital muß der industrielle Kapitalist besitzen, um die Ausgleichung abwarten zu können; und da im Fortgang der kapitalistischen Produktion sich die Stufenleiter jedes individuellen Produktionsprozesses, und mit ihm die Minimalgröße des vorzuschießenden Kapitals erweitert, so kommt jener Umstand zu den andren, die die Funktion des industrieller Kapitalisten mehr und mehr in ein Monopol großer Geldkapitalisten, vereinzelter der assoziierter, verwandeln.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band24.pdf Kapital 2.Band, MEW Band 24], S.111)}}<br />
<br />
==Möglichkeiten einer Wirtschaftskrise==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Krise, Zirkulation, Geld als Zirkulationsmittel, Marktanteil, Metamorphose des Kapitals, Weltmarkt, Überproduktion, Industrieproduktion<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
In der Zirkulation sind Kauf und Verkauf zeitlich und räumlich voneinander getrennt, sie sind scheinbar selbständig. Da sie aber wesentliche Momente eines Ganzen sind, muss ein Moment eintreten, in dem diese Selbständigkeit gebrochen wird und die innere Einheit wieder hergestellt wird.<br />
Dieses Auseinanderfallen des Austauschs mit Geld als Zirkulationsmittel beinhaltet die Möglichkeit für den Keim einer Krise.<br />
<br />
{{Zitat |Insofern Kauf und Verkauf, die beiden wesentlichen Momente der Zirkulation, gleichgültig gegeneinander sind, in Raum und Zeit getrennt, brauchen sie keineswegs zusammenzufallen. Ihre Gleichgültigkeit kann zur Befestigung und scheinbaren Selbständigkeit des einen gegen das andere fortgehen. (So dass einer nur kauft, ohne zu verkaufen – Warenhortung –, oder dass einer nur verkauft, ohne zu kaufen – Geldhortung, Schatzbildung.) Indem Kauf und Verkauf aber beide wesentlich Momente eines Ganzen bilden (der Warenproduzent verkauft seine Ware, um mit dem Geld andere Ware zu kaufen, die seine Bedürfnisse befriedigt), muss ein Moment eintreten, wo die selbständige Gestalt gewaltsam gebrochen und die innere Einheit äußerlich durch eine gewaltsame Explosion hergestellt wird. So liegt schon in der Bestimmung des Geldes als Mittler, in dem Auseinanderfallen des Austauschs in zwei Akte, der Keim der Krisen, wenigstens ihrer Möglichkeit, die nicht realisiert werden kann, als die, wo die Grundbedingungen der klassisch ausgebildeten, ihrem Begriff entsprechenden Zirkulation vorhanden sind.| (Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie. Fotomechanischer Nachdruck der beiden Teile des im Verlag für fremdsprachige Literatur, Moskau, 1939 und 1941 erschienen Ausgaben, EVA Frankfurt/M, S. 112f)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Ziel des Kapitalisten ist, so viel Platz auf dem Markt einzunehmen, wie es sein verfügbares Kapital zulässt, indem er sich einen größeren Anteil des Marktes aneignet oder den Markt selbst erweitert.<br />
<br />
{{Zitat |Was aber den einzelnen Kapitalisten betrifft, so misst er den Umfang seiner Produktion durch den seines verfügbaren Kapitals, soweit er es noch selbst überwachen kann. Was er im Auge hat, ist, so viel Platz wie möglich auf dem Markt einzunehmen. Wird überproduziert, so schiebt er die Schuld nicht sich, sondern seinen Konkurrenten zu. Der einzelne Kapitalist kann seine Produktion ausdehnen, ebenso wohl indem er einen größeren Anteil des gegebenen Markts sich aneignet, als auch indem er den Markt selbst erweitert.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.685)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Geld fungiert als Zirkulationsmittel als Maß der Werte und Realisierung des Werts. Diese Momente, Kauf und Verkauf, fallen auseinander: Der Wert der Ware kann sich verändern oder in einem bestimmten Zeitraum nicht verkauft werden. Alle davon abhängigen Transaktionen, eine Reihe von Zahlungen, können nicht erfüllt werden: Möglichkeit der Krise.<br />
<br />
Auseinanderfallen von Kauf und Verkauf sind aber nie Ursache der Krise. Diese ist aus den allgemeinen Bedingungen der kapitalistischen Produktion zu entwickeln.<br />
<br />
{{Zitat |1. Die allgemeine Möglichkeit der Krisen ist in dem Prozess der Metamorphose des Kapitals [Geldkapital – Warenkapital – Geldkapital] selbst gegeben und zwar doppelt, soweit das Geld als Zirkulationsmittel fungiert – Auseinanderfallen von Kauf und Verkauf. Soweit es als Zahlungsmittel fungiert, wo es in zwei verschiedenen Momenten wirkt, als Maß der Werte und als Realisierung des Werts. Diese beiden Momente fallen auseinander. Hat der Wert sich geändert in dem Intervalle, ist die Ware im Moment ihres Verkaufs nicht wert, was sie wert war im Moment, wo das Geld das Maß der Ware war, […] dann kann aus dem Erlös der Ware die Obligation nicht erfüllt werden und daher die ganze Reihe der Transaktionen nicht saldiert werden, die rückgängig von dieser einen abhängen.<br/>Kann die Ware auch nur in einem bestimmten Zeitraum nicht verkauft werden, selbst wenn ihr Wert nicht sich änderte, so kann das Geld nicht als Zahlungsmittel funktionieren, da es in bestimmter, vorausgesetzter Frist als solches funktionieren muss. Da dieselbe Geldsumme aber hier für eine Reihe von wechselseitigen Transaktionen und Obligationen funktioniert, tritt hier Zahlungsunfähigkeit nicht nur in einem, sondern vielen Punkten ein, daher Krise.<br/>Aber im letzteren Fall ist die Krise nicht nur da, weil Ware unverkäuflich ist, sondern weil sie nicht in bestimmtem Zeitraum verkäuflich ist, und die Krise entsteht und leitet ihren Charakter her nicht nur von der Unverkäuflichkeit der Ware, sondern von der Nichtrealisierung einer ganzen Reihe von Zahlungen, die auf dem Verkauf dieser bestimmten Ware in dieser bestimmten Frist beruhen. Dies ist die eigentliche Form der Geldkrisen.<br/>Tritt also Krise ein, weil Kauf und Verkauf auseinander fallen, so entwickelt sie sich als Geldkrise, sobald das Geld als Zahlungsmittel [in Kreditverhältnissen] entwickelt ist, und diese zweite Form der Krisen versteht sich dann von selbst, sobald die erste eintritt. […]<br/>2. Soweit Krisen aus Preisveränderungen und Preisrevolutionen hervorgehen, die mit den Wertveränderungen der Waren nicht zusammenfallen, können sie natürlich nicht entwickelt werden bei Betrachtung des Kapitals im Allgemeinen, wo bei den Werten der Waren identische Preise vorausgesetzt werden.<br/>3. Die allgemeine Möglichkeit der Krisen ist die formelle Metamorphose des Kapitals selbst, das zeitliche und räumliche Auseinanderfallen von Kauf und Verkauf. Aber dies ist nie die Ursache der Krise. […] Fragt man nach ihrer Ursache, so will man eben wissen, warum […] sie aus der Möglichkeit zur Wirklichkeit wird.<br/>4. Die allgemeinen Bedingungen der Krisen, soweit sie unabhängig von Preisschwankungen sind (ob diese nun mit dem Kreditwesen zusammenhängen oder nicht) – als verschieden von Wertschwankungen – müssen aus den allgemeinen Bedingungen der kapitalistischen Produktion zu entwickeln sein.| (Marx, Theorien über den Mehrwert, Band II, MEW 26.2, S. 514ff)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Ausdehnbarkeit des Fabrikwesens und Abhängigkeit vom Weltmarkt führen zu Überfüllung der Märkte, mit deren Kontraktion Lähmung eintritt. Das Leben der Industrie verwandelt sich in Reihenfolge von Perioden mittlerer Lebendigkeit, Prosperität, Überproduktion, Krise und Stagnation.<br />
<br />
{{Zitat |Die ungeheure, stoßweise Ausdehnbarkeit des Fabrikwesens und seine Abhängigkeit vom Weltmarkt erzeugen notwendig fieberhafte Produktion und darauf folgende Überfüllung der Märkte, mit deren Kontraktion Lähmung eintritt. Das Leben der Industrie verwandelt sich in eine Reihenfolge von Perioden mittlerer Lebendigkeit, Prosperität, Überproduktion, Krise und Stagnation.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.476)}}<br />
<br />
==Der Krisenzyklus==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Krisenzyklus, Überproduktion, Entlassung, Krise, Preisentwertung, Kreditsystem, Kapitalvernichtung, Poduktivkraftvernichtung, Eroberung neuer Märkte<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Bei einem Zuviel des Angebotes fallen die Preise unter die Werte, manche Waren bleiben unverkäuflich, die Investitionstätigkeit geht zurück, was die Situation verschärft, Betriebe nehmen Entlassungen vor, andere Betriebe gehen pleite. Kapital und Produktionsmittel werden vernichtet. Das Angebot sinkt so weit, dass es unter der gesellschaftlichen Nachfrage liegt, die Preise steigen wieder, die Investitionstätigkeit wird angekurbelt, die kapitalistische Wirtschaft kommt aus dem Tal, ein „Aufschwung“ entsteht. Alle wollen teilhaben, die Investitionstätigkeit wird rege, die „Konjunktur überhitzt“, die Märkte füllen sich, schließlich staut es sich, die Investitionstätigkeit wird heruntergefahren, die Preise fallen unter die Werte, die nächste Krise beginnt – und so weiter und so fort als ein Perpetuum Mobile des kapitalistischen Krisenzyklus.<br />
<br />
{{Zitat |In der Tat, seit 1825, wo die erste allgemeine Krise ausbrach, geht die ganze industrielle und kommerzielle Welt, die Produktion und der Austausch sämtlicher zivilisierter Völker und ihrer mehr oder weniger barbarischen Anhängsel so ziemlich alle zehn Jahre einmal aus den Fugen. Der Verkehr stockt, die Märkte sind überfüllt, die Produkte liegen da, ebenso massenhaft wie unabsetzbar, das bare Geld wird unsichtbar, der Kredit verschwindet, die Fabriken stehen still, die arbeitenden Massen ermangeln der Lebensmittel, weil sie zu viel Lebensmittel produziert haben. Bankrott folgt auf Bankrott, Zwangsverkauf auf Zwangsverkauf. Jahrelang dauert die Stockung, Produktivkräfte wie Produkte werden massenhaft vergeudet und zerstört, bis die aufgehäuften Warenmassen unter größerer oder geringerer Entwertung endlich abfließen, bis Produktion und Austausch allmählich wieder in Gang kommen.<br/>Nach und nach beschleunigt sich die Gangart, fällt in Trab, der industrielle Trab geht über in Galopp, und dieser steigert sich wieder bis zum zügellosen Tempo eines vollständigen industriellen, kommerziellen, kreditlichen und spekulativen Hindernisrennens, um endlich nach den halsbrechendsten Sprüngen wieder anzulangen – im Graben des Krachs. Und so immer von neuem.| (Friedrich Engels, Anti-Dühring, MEW 20, S. 257)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Krisen sind nur kurzfristige Lösungen der vorhandenen Widersprüche, die das gestörte Gleichgewicht für einen Moment wiederherstellen.<br />
<br />
{{Zitat |Die Krisen sind immer nur momentane gewaltsame Lösungen der vorhandnen Widersprüche, gewaltsame Eruptionen, die das gestörte Gleichgewicht für den Augenblick wiederherstellen.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.259)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Ein Teil der Waren kann seinen Zirkulations- und Reproduktionsprozess nur durch Kontraktion seiner Preise vollziehen, also durch Entwertung des Kapitals.<br />
Elemente des fixen Kapitals (Arbeitsmittel, Gebäude, Maschinen) werden entwertet. Durch Preisverfall gerät Reproduktionsprozess ins Stocken.<br />
Dadurch wird Funktion des Geldes als Zahlungsmittel paralysiert.<br />
Kette der Zahlungsobligationen wird unterbrochen. Kreditsystem kann zusammenbrechen, verschärft die Krise.<br />
<br />
{{Zitat |Ein Teil der auf dem Markt befindlichen Waren kann seinen Zirkulations- und Reproduktionsprozess [Verkauf und Kauf] nur vollziehen durch ungeheure Kontraktion seiner Preise, also durch Entwertung des Kapitals, das er darstellt. Ebenso werden die Elemente des fixen Kapitals [Arbeitsmittel wie Gebäude und Maschinerie] mehr oder minder entwertet. Es kommt hinzu, dass bestimmte, vorausgesetzte Preisverhältnisse den Reproduktionsprozess bedingen, dieser daher durch den allgemeinen Preisfall in Stockung und Verwirrung gerät. Diese Störung und Stockung paralysiert die […] auf jenen vorausgesetzten Preisverhältnissen beruhende Funktion des Geldes als Zahlungsmittel [von Krediten], unterbricht an hundert Stellen die Kette der Zahlungsobligationen an bestimmten Terminen und wird noch verschärft durch das damit gegebene Zusammenbrechen des […] Kreditsystems und führt so zu heftigen akuten Krisen, […].| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.264)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
In Krisen gibt es Kapitalvernichtung und Vernichtung von Produktionsmitteln aufgrund der Überproduktion. Die Auswege für die Bourgeoisie sind Vernichtung, Eroberung neuer Märkte und gründlichere Ausbeutung alter Märkte – was wiederum größere Krisen vorbereitet.<br />
<br />
{{Zitat |Produkte, sondern sogar der bereits geschaffenen Produktivkräfte regelmäßig vernichtet. In den Krisen bricht eine gesellschaftliche Epidemie aus, welche allen früheren Epochen als ein Widersinn erschienen wäre – die Epidemie der Überproduktion. Die Gesellschaft findet sich plötzlich in einen Zustand momentaner Barbarei zurückversetzt; eine Hungersnot, ein allgemeiner Vernichtungskrieg scheinen ihr alle Lebensmittel abgeschnitten zu haben; die Industrie, der Handel scheinen vernichtet, und warum? Weil sie zu viel Zivilisation, zu viel Lebensmittel, zu viel Industrie, zu viel Handel besitzt. […]<br/>Die bürgerlichen Verhältnisse sind zu eng geworden, um den von ihnen erzeugten Reichtum zu fassen. – Wodurch überwindet die Bourgeoisie Krisen? Einerseits durch die erzwungene Vernichtung einer Masse von Produktivkräften; andererseits durch die Eroberung neuer Märkte und die gründlichere Ausbeutung der alten Märkte. Wodurch also? Dadurch, dass sie allseitigere und gewaltigere Krisen vorbereitet und die Mittel, den Krisen vorzubeugen, vermindert.| (Marx, Kommunistisches Manifest, MEW 4, S. 468)}}<br />
<br />
==Kredit, fiktives Kapital==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Geldkapital, Zentralisation, Zinsprofit, Reservefonds, Industrielles Kapital, Händlerkapital, Banksystem, Geldmacht<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Das verleihbare Geldkapital konzentriert sich in den Händen des Bankiers. Sie werden die allgemeinen Verwalter des Geldkapitals gegenüber den industriellen und kommerziellen Kapitalisten. Eine Bank ist die Zentralisation des Geldkapitals. Ihr Profit besteht in höheren Zinsen.<br />
<br />
{{Zitat |Allgemein ausgedrückt besteht das Bankiergeschäft nach dieser Seite darin, das verleihbare Geldkapital in seiner Hand zu großen Massen zu konzentrieren, so daß statt des einzelnen Geldverleihers die Bankiers als Repräsentanten aller Geldverleiher den industriellen und kommerziellen Kapitalisten gegenübertreten. Sie werden die allgemeinen Verwalter des Geldkapitals. Andrerseits konzentrieren sie, allen Verleihern gegenüber, die Borger, indem sie für die ganze Handelswelt borgen. Eine Bank stellt auf der einen Seite die Zentralisation des Geldkapitals, der Verleiher, auf der andern die Zentralisation der Borger dar. Ihr Profit besteht im allgemeinen darin, daß sie zu niedrigem Zinsen borgt, als sie ausleiht.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.416)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Das Geld fließt den Bankiers aus Reservefonds der Händler und Industriellen zu.<br />
<br />
{{Zitat |Das verleihbare Kapital, worüber die Banken verfügen, fließt ihnen in mehrfacher Weise zu. Zunächst konzentriert sich in ihrer Hand, da sie Kassierer der industriellen Kapitalisten sind, das Geldkapital, das jeder Produzent und Kaufmann als Reservefonds hält, oder das ihm als Zahlung zufließt. Diese Fonds verwandeln sich so in verleihbares Geldkapital.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.416)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Banken sammeln alles unbeschäftigte Geld und auch die kleinen Geldsummen aus allen Klassen und bilden so eine Geldmacht. Dies ist eine besondere Wirkung des Banksystems, die von der Mittlertätigkeit zwischen Geldkapitalisten und Borgern unterschieden werden muss.<br />
<br />
{{Zitat |Mit der Entwicklung des Banksystems und namentlich, sobald sie Zins für Depositen zahlen, werden ferner die Geldersparnisse und das augenblicklich unbeschäftigte Geld aller Klassen bei ihnen deponiert. Kleine Summen, jede für sich unfähig, als Geldkapital zu wirken, werden zu großen Massen vereinigt und bilden so eine Geldmacht. Diese Ansammlung kleiner Beträge muß als besondre Wirkung des Banksystems unterschieden werden von seiner Mittlerschaft zwischen den eigentlichen Geldkapitalisten und den Borgern. Endlich werden auch die Revenuen, die nur allmählich verzehrt werden sollen, bei den Banken deponiert.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.416)}}<br />
<br />
==Die Rolle des Kredits in der kapitalistischen Produktion==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Warenzirkulation, Warenmetamorphose<br />
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'''Annahme 1'''<br />
<br />
Durch den Kredit werden die Phasen der Zirkulation und der Metamorphose des Kapitals beschleunigt.<br />
<br />
{{Zitat |2. Beschleunigung, durch den Kredit, der einzelnen Phasen der Zirkulation oder der Warenmetamorphose, weiter der Metamorphose des Kapitals, und damit Beschleunigung des Reproduktionsprozesses überhaupt. (Andrerseits erlaubt der Kredit, die Akte des Kaufens und Verkaufens länger auseinanderzuhalten und dient daher der Spekulation als Basis.) Kontraktion der Reservefonds, was doppelt betrachtet werden kann: einerseits als Verminderung des zirkulierenden Mediums, andrerseits als Beschränkung des Teils des Kapitals, der stets in Geldform existieren muß.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.453)}}<br />
<br />
==Bildung von Aktiengesellschaften==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Aktiengesellschaften, Produktionserweiterung, Gesellschaftskapital, Kapitalverwaltung, Zinsprofit, Fallen der Profitrate, Schutzzollpolitik, Überproduktion, fallende Profitrate, Kartellbildung, Konkurrenz, Kapitalistische Produktionsweise, Monopolbildung, Staatseinmischung, Finanzaristokratie, aufhebender Widerspruch, Monopolbildung, Kredit, Kreditüberbau, Verfügung über fremdes Kapital, Expropriation, Aktienwesen, gesellschaftliches Produktionsmittel, Kreditwesen, Überproduktion, Überspekulation, Produktivkraftentwicklung, Weltmarkt, Krise, Bankkapital, Wertpapiere, Aktien<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Durch die Bildung von Aktiengesellschaften werden die Stufenleitern der Produktion ausgedehnt.<br/> Das Kapital erhält durch die Aktiengesellschaften die Form von Gesellschaftskapital.<br />
Das bedeutet die Aufhebung des Kapitals als Privateigentum innerhalb der Grenzen der kapitalistischen Produktionsweise selbst.<br/>Damit findet die Verwandlung des fungierenden Kapitalisten in einen bloßen Dirigenten statt, einen Verwalter fremden Kapitals und die Verwandlung der Kapitaleigentümer in bloße Eigentümer, bloße Geldkapitalisten.<br/>Profit wird in Form der Vergütung des Kapitaleigentums bezogen, das von der Funktion im Reproduktionsprozess getrennt wird.<br/>Die Person des Dirigenten wird vom Kapitaleigentum getrennt.<br />
<br />
{{Zitat |III. Bildung von Aktiengesellschaften. Hierdurch:<br/> 1. Ungeheure Ausdehnung der Stufenleiter der Produktion und Unternehmungen, die für Einzelkapitale unmöglich waren. Solche Unternehmungen zugleich, die früher Regierungsunternehmungen waren, werden gesellschaftliche.<br/>2. Das Kapital, das an sich auf gesellschaftlicher Produktionsweise beruht und eine gesellschaftliche Konzentration von Produktionsmitteln und Arbeitskräften voraussetzt, erhält hier direkt die Form von Gesellschaftskapital (Kapital direkt assoziierter Individuen) im Gegensatz zum Privatkapital, und seine Unternehmungen treten auf als Gesellschaftsunternehmungen im Gegensatz zu Privatunternehmungen. Es ist die Aufhebung des Kapitals als Privateigentum innerhalb der Grenzen der kapitalistischen Produktionsweise selbst.<br/>3. Verwandlung des wirklich fungierenden Kapitalisten in einen bloßen Dirigenten, Verwalter fremdes Kapitals, und der Kapitaleigentümer in bloße Eigentümer, bloße Geldkapitalisten. Selbst wenn die Dividenden, die sie beziehn, den Zins und Unternehmergewinn, d.h. den Totalprofit einschließen (denn das Gehalt des Dirigenten ist, oder soll sein, bloßer Arbeitslohn einer gewissen Art geschickter Arbeit, deren Preis im Arbeitsmarkt reguliert wird, wie der jeder andren Arbeit), so wird dieser Totalprofit nur noch bezogen in der Form des Zinses, d.h. als bloße Vergütung des Kapitaleigentums, das nun ganz so von der Funktion im wirklichen Reproduktionsprozeß getrennt wird, wie diese Funktion, in der Person des Dirigenten, vom Kapitaleigentum.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.453 )}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
In Aktiengesellschaften ist die Funktion getrennt vom Kapitaleigentum.<br/>Es ist das Resultat der höchsten Entwicklung der kapitalistischen Produktion, notwendiger Durchgangspunkt zur Rückverwandlung des Kapitals in Eigentum der Produzenten, aber nicht mehr als Privateigentum vereinzelter Produzenten, sondern als Eigentum ihrer als Gesellschaftseigentum.<br/>Verwandlung aller Funktionen im Reproduktionsprozess in bloße gesellschaftliche Funktionen.<br />
<br />
{{Zitat |In den Aktiengesellschaften ist die Funktion getrennt vom Kapitaleigentum, also auch die Arbeit gänzlich getrennt vom Eigentum an den Produktionsmitteln und an der Mehrarbeit. Es ist dies Resultat der höchsten Entwicklung der kapitalistischen Produktion ein notwendiger Durchgangspunkt zur Rückverwandlung des Kapitals in Eigentum der Produzenten, aber nicht mehr als das Privateigentum vereinzelter Produzenten, sondern als das Eigentum ihrer als assoziierter, als unmittelbares Gesellschaftseigentum. Es ist andrerseits Durchgangspunkt zur Verwandlung aller mit dem Kapitaleigentum bisher noch verknüpften Funktionen im Reproduktionsprozeß in bloße Funktionen der assoziierten Produzenten, in gesellschaftliche Funktionen.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.453)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Der Profit nimmt die Form des Zinses an. Unternehmungen sind möglich, wenn sie bloßen Zins abwerfen. Das ist einer der Gründe, die das Fallen der allgemeinen Profitrate aufhalten. Unternehmen mit ungeheurem Verhältnis von konstantem zu variablem Kapital gehen nicht notwendig in die Ausgleichung der allgemeinen Profitrate ein.<br />
<br />
{{Zitat |Da der Profit hier rein die Form des Zinses annimmt, sind solche Unternehmungen noch möglich, wenn sie bloßen Zins abwerfen, und es ist dies einer der Gründe, die das Fallen der allgemeinen Profitrate aufhalten, indem diese Unternehmungen, wo das konstante Kapital in so ungeheurem Verhältnis zum variablen steht, nicht notwendig in die Ausgleichung der allgemeinen Profitrate eingehn.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.453)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der raschen Steigerung der Produktion steht zunehmende Langsamkeit der Ausdehnung des Markts gegenüber.<br/>Die Folge ist allgemeine chronische Überproduktion, gedrückte Preise, fallende Profite.<br/>Die Freiheit der Konkurrenz ist am Ende des Lateins.<br/>Großindustrielle eines Zweigs schließen sich zu Kartell zusammen, teilweise zu internationalen Kartellen.<br />
Aber der Interessengegensatz der einzelnen Firmen durchbricht die Kartelle und stellet die Konkurrenz wieder her.<br />
<br />
{{Zitat |Der täglich wachsenden Raschheit, womit auf allen großindustriellen Gebieten heute die Produktion gesteigert werden kann, steht gegenüber die stets zunehmende Langsamkeit der Ausdehnung des Markts für diese vermehrten Produkte. Was jene in Monaten herstellt, kann dieser kaum in Jahren absorbieren. Dazu die Schutzzollpolitik, wodurch jedes Industrieland sich gegen die andern und namentlich gegen England abschließt und die heimische Produktionsfähigkeit noch künstlich steigert.<br/>Die Folgen sind allgemeine chronische Überproduktion, gedrückte Preise, fallende und sogar ganz wegfallende Profite; kurz, die alt gerühmte Freiheit der Konkurrenz ist am Ende ihres Lateins und muß ihren offenbaren skandalösen Bankrott selbst ansagen. Und zwar dadurch, daß in jedem Land die Großindustriellen eines bestimmten Zweigs sich zusammentun zu einem Kartell zur Regulierung der Produktion. Ein Ausschuß setzt das von jedem Etablissement zu produzierende Quantum fest und verteilt in letzter Instanz die einlaufenden Aufträge. In einzelnen Fällen kam es zeitweise sogar zu internationalen Kartellen, so zwischen der englischen und deutschen Eisenproduktion. Aber auch diese Form der Vergesellschaftung der Produktion genügte noch nicht. Der Interessengegensatz der einzelnen Geschäftsfirmen durchbrach sie nur zu oft und stellte die Konkurrenz wieder her.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.453f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Es ist ein sich selbst aufhebender Widerspruch, der den Übergangspunkt zu einer neuen Produktionsform darstellt. In gewissen Sphären wird das Monopol hergestellt und fordert die Staatseinmischung heraus.<br/>Es wird eine neue Finanzaristokratie, Parasiten in Gestalt von „Projektenmachern“ etc. gebildet. Es ist die Privatproduktion ohne die Kontrolle des Privateigentums.<br />
<br />
{{Zitat |So ist in diesem Zweig, der die Grundlage der ganzen chemischen Industrie bildet, in England die Konkurrenz durch das Monopol ersetzt und der künftigen Expropriation durch die Gesamtgesellschaft, die Nation, aufs erfreulichste vorgearbeitet.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.454)}}<br />
<br />
{{Zitat |Es ist dies die Aufhebung der kapitalistischen Produktionsweise innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise selbst, und daher ein sich selbst aufhebender Widerspruch, der prima facie als bloßer Übergangspunkt zu einer neuen Produktionsform sich darstellt. Als solcher Widerspruch stellt er sich dann auch in der Erscheinung dar. Er stellt in gewissen Sphären das Monopol her und fordert daher die Staatseinmischung heraus. Er reproduziert eine neue Finanzaristokratie, eine neue Sorte Parasiten in Gestalt von Projektenmachern, Gründern und bloß nominellen Direktoren; ein ganzes System des Schwindels und Betrugs mit Bezug auf Gründungen, Aktienausgabe und Aktienhandel. Es ist Privatproduktion ohne die Kontrolle des Privateigentums.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.454)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Der Kredit bietet dem einzelnen Kapitalisten absolute Verfügung über fremdes Kapital in gewissen Schranken, er ermöglicht die Verfügung über gesellschaftliches, nicht eigenes Kapital, und damit über fremde Arbeit.<br/>Das Kapital wird zur reinen Basis für den Kreditüberbau.<br />
<br />
{{Zitat |IV. Abgesehn von dem Aktienwesen – das eine Aufhebung der kapitalistischen Privatindustrie auf Grundlage des kapitalistischen Systems selbst ist, und in demselben Umfang, worin es sich ausdehnt und neue Produktionssphären ergreift, die Privatindustrie vernichtet – , bietet der Kredit dem einzelnen Kapitalisten, oder dem, der für einen Kapitalisten gilt, eine innerhalb gewisser Schranken absolute Verfügung über fremdes Kapital und fremdes Eigentum, und dadurch über fremde Arbeit.87 Verfügung über gesellschaftliches, nicht eignes Kapital, gibt ihm Verfügung über gesellschaftliche Arbeit. Das Kapital selbst, das man wirklich oder in der Meinung des Publikums besitzt, wird nur noch die Basis zum Kreditüberbau.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.455)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Die Expropriation (auch der kleineren und mittleren Kapitalisten) ist der Ausgangspunkt der kapitalistischen Produktionsweise. Ihre Durchführung ist ihr Ziel. In letzter Instanz ist das die Expropriation aller einzelnen von den Produktionsmitteln, die mit der Entwicklung der gesellschaftlichen Produktion aufhören, Produktionsmittel der Privatproduktion zu sein. Sie können nur noch Produktionsmittel in der Hand der assoziierten Produzenten sein, daher ihr gesellschaftliches Eigentum, ebenso wie ihr gesellschaftliches Produkt.<br />
<br />
{{Zitat |Die Expropriation erstreckt sich hier von den unmittelbaren Produzenten auf die kleineren und mittleren Kapitalisten selbst. Diese Expropriation ist der Ausgangspunkt der kapitalistischen Produktionsweise; ihre Durchführung ist ihr Ziel, und zwar in letzter Instanz die Expropriation aller einzelnen von den Produktionsmitteln, die mit der Entwicklung der gesellschaftlichen Produktion aufhören, Mittel der Privatproduktion und Produkte der Privatproduktion zu sein, und die nur noch Produktionsmittel in der Hand der assoziierten Produzenten, daher ihr gesellschaftliches Eigentum, sein können, wie sie ihr gesellschaftliches Produkt sind.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.455f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 8'''<br />
<br />
Im Aktienwesen existiert schon der Gegensatz gegen die alte Form, worin gesellschaftliches Produktionsmittel als individuelles Eigentum erscheint, aber Verwandlung bleibt in kapitalistischen Schranken befangen. Sie überwindet den Gegensatz zwischen dem Charakter des Reichtums als gesellschaftlicher und als Privateigentum nicht, sondern bildet ihn in neuer Gestalt aus.<br />
<br />
{{Zitat |Da das Eigentum hier in der Form der Aktie existiert, wird seine Bewegung und Übertragung reines Resultat des Börsenspiels, wo die kleinen Fische von den Haifischen und die Schafe von den Börsenwölfen verschlungen werden. In dem Aktienwesen existiert schon Gegensatz gegen die alte Form, worin gesellschaftliches Produktionsmittel als individuelles Eigentum erscheint; aber die Verwandlung in die Form der Aktie bleibt selbst noch befangen in den kapitalistischen Schranken; statt daher den Gegensatz zwischen dem Charakter des Reichtums als gesellschaftlicher und als Privatreichtum zu überwinden, bildet sie ihn nur in neuer Gestalt aus.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.456)}}<br />
<br />
'''Annahme 9'''<br />
<br />
Kreditwesen erscheint als Haupthebel der Überproduktion und Überspekulation im Handel, weil er den Reproduktionsprozess bis zur äußersten Grenze forciert.<br/>Großer Teil des gesellschaftlichen Kapitals wird von den Nichteigentümern angewandt, die nicht ängstlich ans Zeug gehen wie der Eigentümer seines Privatkapitals. Verwertung des Kapitals erlaubt freie Entfaltung nur bis zu einem gewissen Punkt, der durch das Kreditwesen durchbrochen wird. Das Kreditwesen beschleunigt die materielle Entwicklung der Produktivkräfte und die Herstellung des Weltmarkts, die als materielle Grundlagen der neuen Produktionsform bis auf einen gewissen Höhegrad herzustellen, die Aufgabe der kapitalistischen Produktionsweise ist.<br/>Der Kredit beschleunigt gleichzeitig die gewaltsamen Ausbrüche des Widerspruchs, die Krisen und damit die Elemente der Auflösung der alten Produktionsweise.<br />
<br />
{{Zitat |Wenn das Kreditwesen als Haupthebel der Überproduktion und Überspekulation im Handel erscheint, so nur, weil der Reproduktionsprozeß, der seiner Natur nach elastisch ist, hier bis zur äußersten Grenze forciert wird, und zwar deshalb forciert wird, weil ein großer Teil des gesellschaftlichen Kapitals von den Nichteigentümern desselben angewandt wird, die daher ganz anders ins Zeug gehn als der ängstlich die Schranken seines Privatkapitals erwägende Eigentümer, soweit er selbst fungiert. Es tritt damit nur hervor, daß die auf den gegensätzlichen Charakter der kapitalistischen Produktion gegründete Verwertung des Kapitals die wirkliche, freie Entwicklung nur bis zu einem gewissen Punkt erlaubt, also in der Tat eine immanente Fessel und Schranke der Produktion bildet, die beständig durch das Kreditwesen durchbrochen wird. Das Kreditwesen beschleunigt daher die materielle Entwicklung der Produktivkräfte und die Herstellung des Weltmarkts, die als materielle Grundlagen der neuen Produktionsform bis auf einen gewissen Höhegrad herzustellen, die historische Aufgabe der kapitalistischen Produktionsweise ist. Gleichzeitig beschleunigt der Kredit die gewaltsamen Ausbrüche dieses Widerspruchs, die Krisen, und damit die Elemente der Auflösung der alten Produktionsweise.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.457)}}<br />
<br />
==Bestandteile des Bankkapitals==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Bankkapital, Wertpapiere, Aktien, Zinstragendes Kapital, Geldrevenue, Fiktives Kapital, Zins, Eigentumstitel, Rechtstitel, Reservefonds der Banken, Bankierkapital<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Bankkapital besteht aus barem Geld, Gold oder Noten, sowie aus Wertpapieren.<br/>Diese teilen sich auf in Wechsel und öffentliche Wertpapiere (Staatspapiere, Schatzscheine, Aktien).<br />
<br />
{{Zitat |Das Bankkapital besteht 1. aus barem Geld, Gold oder Noten, 2. Wertpapieren. Diese können wir wieder in zwei Teile teilen: Handelspapiere, Wechsel, die schwebend sind, von Zeit zu Zeit verfallen und in deren Diskontierung das eigentliche Geschäft des Bankiers gemacht wird; und öffentliche Wertpapiere, wie Staatspapiere, Schatzscheine, Aktien aller Art, kurz zinstragende Papiere, die sich aber wesentlich von den Wechseln unterscheiden.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.481)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Form des zinstragenden Kapitals bringt es mit sich, dass jede regelmäßige Geldrevenue als Zins eines Kapitals erscheint – mag sie aus einem Kapital entspringen oder nicht.<br />
<br />
{{Zitat |Die Form des zinstragenden Kapitals bringt es mit sich, daß jede bestimmte und regelmäßige Geldrevenue als Zins eines Kapitals erscheint, sie mag aus einem Kapital entspringen oder nicht. Erst wird das Geldeinkommen in Zins verwandelt, und mit dem Zins findet sich dann auch das Kapital, woraus es entspringt. Ebenso erscheint mit dem zinstragenden Kapital jede Wertsumme als Kapital, sobald sie nicht als Revenue verausgabt wird; nämlich als Hauptsumme (principal) im Gegensatz zum möglichen oder wirklichen Zins, den sie tragen kann. Die Sache ist einfach: Gesetzt, der Durchschnittszinsfuß sei 5% jährlich. Eine Summe von 500 Pfd.St. würde also jährlich, wenn in zinstragendes Kapital verwandelt, 25 Pfd.St. einbringen. Jede feste jährliche Einnahme von 25 Pfd.St. wird daher als Zins eines Kapitals von 500 Pfd.St. betrachtet.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.482)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Bildung des fiktiven Kapitals nennt man kapitalisieren. Jede wiederholende Einnahme wird nach dem Durchschnittszins berechnet, als Ertrag, den ein Kapital zu diesem Zins ausgeliehen abwerfen würde.<br/>Aller Zusammenhang mit dem wirklichen Verwertungsprozess geht bis auf die letzte Spur verloren, die Vorstellung vom Kapital als einem sich durch sich selbst verwertenden Automaten befestigt sich.<br />
<br />
{{Zitat |Die Bildung des fiktiven Kapitals nennt man kapitalisieren. Man kapitalisiert jede regelmäßig sich wiederholende Einnahme, indem man sie nach dem Durchschnittszinsfuß berechnet, als Ertrag, den ein Kapital, zu diesem Zinsfuß ausgeliehen, abwerfen würde; z.B. wenn die jährliche Einnahme 100 Pfd. St. und der Zinsfuß 5%, so wären die 100 Pfd. St. der jährliche Zins von 2000 Pfd.St., und diese 2000 Pfd.St. gelten nun als der Kapitalwert des juristischen Eigentumstitels auf die 100 Pfd. St. jährlich. für den, der diesen Eigentumstitel kauft, stellen die 100 Pfd. St. jährliche Einnahme dann in der Tat die Verzinsung seines angelegten Kapitals zu 5 % vor. Aller Zusammenhang mit dem wirklichen Verwertungsprozeß des Kapitals geht so bis auf die letzte Spur verloren, und die Vorstellung vom Kapital als einem sich durch sich selbst verwertenden Automaten befestigt sich.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.484)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Die selbständige Bewegung des Werts dieser Eigentumstitel (man kann sie kaufen und verkaufen, PK) bestätigt den Schein, als bildeten sie wirkliches Kapital neben dem Kapital.<br />
<br />
{{Zitat |Die selbständige Bewegung des Werts dieser Eigentumstitel, nicht nur der Staatseffekten, sondern auch der Aktien, bestätigt den Schein, als bildeten sie wirkliches Kapital neben dem Kapital oder dem Anspruch, worauf sie möglicherweise Titel sind. Sie werden nämlich zu Waren, deren Preis eine eigentümliche Bewegung und Festsetzung hat. Ihr Marktwert erhält eine von ihrem Nominalwert verschiedne Bestimmung, ohne daß sich der Wert (wenn auch die Verwertung) des wirklichen Kapitals änderte.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.485)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Diese Papiere stellen nichts dar als akkumulierte Ansprüche, Rechtstitel auf künftige Produktion.<br />
<br />
{{Zitat |Alle diese Papiere stellen in der Tat nichts vor als akkumulierte Ansprüche Rechtstitel, auf künftige Produktion, deren Geld- oder Kapitalwert entweder gar kein Kapital repräsentiert, wie bei den Staatsschulden, oder von dem Wert des wirklichen Kapitals, das sie vorstellen, unabhängig reguliert wird.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.486)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Reservefonds der Banken drücken im Durchschnitt die Größe des als Schatz vorhandenen Gelds aus.<br />
Und ein Teil dieses Schatz besteht aus Anweisungen auf Gold, die aber keine Selbstwerte sind.<br />
Größter Teil des Bankierkapitals ist daher rein fiktiv und besteht aus Schuldforderungen, Staatspapieren und Aktien.<br />
<br />
{{Zitat |Die Reservefonds der Banken, in Ländern entwickelter kapitalistischer Produktion, drücken immer im Durchschnitt die Größe des als Schatz vorhandnen Geldes aus, und ein Teil dieses Schatzes besteht selbst wieder aus Papier, bloßen Anweisungen auf Gold, die aber keine Selbstwerte sind. Der größte Teil des Bankierkapitals ist daher rein fiktiv und besteht aus Schuldforderungen (Wechseln), Staatspapieren (die vergangnes Kapital repräsentieren) und Aktien (Anweisungen auf künftigen Ertrag).| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.487)}}<br />
<br />
==Geldkapital und wirkliches Kapital I==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Das Geldkapital ist Geld, das zur Beschaffung von beispielsweise Produktionsmitteln angewandt wird. In der Volkswirtschaftslehre wird es als die Verfügungsmöglichkeit von Geld zur Beschaffung von Investitionsgütern verstanden.<br />
Dieses Geldkapital kann durch Kredite beschaffen werden, womit die Notwendigkeit eines starken Reservekapitals umgangen wird.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Akkumulation, Staatskapital, Leihkapital, Produktivkraftentwicklung, Ausdehnung der Märkte, Kredit, Spekulation, Bankierkredit, Reproduktionsprozess, Warenmetarmophose, industrielles Kapital, Stockung Expansion, Konsumtionsfähigkeit, Geldkredit, Reservekapital, Börse<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Anarchie der kapitalistischen Produktion führt immer zu wiederkehrenden Krisen. Da bei der Produktion Geldkapital gebraucht wird, um beispielsweise die Bestandteile des konstanten Kapitals zu ersetzen. Da Leihkapital dieses nötige Geldkapital darstellt, nimmt der Kredit auch eine wichtige Rolle ein. Diese Entwicklung wurde auch im dritten Band des Kapitals von Marx schriftlich ausgearbeitet.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Akkumulation von Geldkapital und Geldvermögen hat sich aufgelöst in Akkumulation von Ansprüchen des Eigentums auf Arbeit.<br />
Akkumulation des Kapitals der Staatsschuld heißt die Vermehrung einer Klasse von Staatsgläubigern, die Steuern für sich vorwegzunehmen berechtigt sind.<br />
<br />
{{Zitat |Soweit wir die eigentümliche Form der Akkumulation des Geldkapitals und Geldvermögens überhaupt bis jetzt betrachtet haben, hat sie sich aufgelöst in Akkumulation von Ansprüchen des Eigentums auf die Arbeit. Die Akkumulation des Kapitals der Staatsschuld heißt, wie sich gezeigt hat, weiter nichts als Vermehrung einer Klasse von Staatsgläubigern, die gewisse Summen auf den Betrag der Steuern für sich vorwegzunehmen berechtigt sind.<br/>Sismondi-Fußnote:"Die Staatspapiere sind nichts anderes als das imaginäre Kapital, das der zur Bezahlung der Schulden bestimmte Teil des jährlichen Einkommens darstellt. Ein gleichgroßes Kapital ist vergeudet worden; dieses dient als Nenner für die Anleihe, aber es ist nicht das, was das Staatspapier darstellt; denn das Kapital existiert überhaupt nicht mehr. Mittlerweile müssen neue Reichtümer aus der Arbeit der Industrie entstehen; ein jährlicher Teil dieser Reichtümer wird im voraus denen angewiesen, die jene vergeudeten Reichtümer geliehen hatten; dieser Teil wird durch Steuern jenen abgenommen, die die Reichtümer hervorbringen, um an die Staatsgläubiger gegeben zu werden, und nach dem landesüblichen Verhältnis zwischen Kapital und Zins nimmt man ein imaginäres Kapital an, das ebenso groß ist wie das Kapital, woraus die jährliche Rente entstehen könnte, die die Gläubiger zu bekommen haben." (Sismondi, "Nouveaux Principes", II, p.229, 230.)| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.493f.])}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Die Staatsanleihen und Aktien sind so gesehen lediglich Anlagesphären für das verleihbare Kapital. Doch erfüllen diese Anlagesphären selbst nicht die Funktion von Leihkapital und sind somit selbst kein Leihkapital.<br />
Dies liegt daran, dass der Industrielle oder Kaufmann nicht die Staatspapiere und Aktien benötigt, sondern Geld.<br />
<br />
{{Zitat |Um die vorliegende Frage auf engere Grenzen zurückzuführen: Staatseffekten wie Aktien und andere Wertpapiere aller Art sind Anlagesphären für verleihbares Kapital, für Kapital, das bestimmt ist, zinstragend zu werden. Sie sind Formen, es auszuleihen. Aber sie sind nicht selbst das Leihkapital, das in ihnen angelegt wird. Andrerseits, soweit der Kredit direkte Rolle im Reproduktionsprozeß spielt: Was der Industrielle oder Kaufmann braucht, wenn er Wechsel diskontiert haben oder eine Anleihe aufnehmen will, sind weder Aktien noch Staatspapiere. Was er braucht, ist Geld. Er versetzt oder verkauft also jene Wertpapiere, wenn er das Geld sich anders nicht beschaffen kann.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.495])}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Durch die voranschreitende Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit werden die Märkte ausgedehnt und somit auch an ferne Orte verlegt. Aus diesem Grund, und da sich die Wechsel länger vollziehen, müssen sich auch die Kredite verlängern. Das spekulative Element in Transaktionen nimmt daher zu.<br/><br />
Die Entwicklung des Produktionsprozesses erweitert so den Kredit, der wiederum zur Ausdehnung der industriellen und merkantilen, resp. kaufmännischen, Operationen führt. Es findet hier somit Wechselwirkung statt.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist aber klar, daß mit der Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit, und daher der Produktion auf großer Stufenleiter, 1. die Märkte sich ausdehnen und vom Produktionsort sich entfernen, 2. daher die Kredite sich verlängern müssen, und also 3. das spekulative Element mehr und mehr die Transaktionen beherrschen muß. Die Produktion auf großer Stufenleiter und für entfernte Märkte wirft das Gesamtprodukt in die Hand des Handels; es ist aber unmöglich, daß sich das Kapital der Nation verdopple, so daß der Handel für sich fähig wäre, mit eignem Kapital das gesamte nationale Produkt aufzukaufen und wieder zu verkaufen. Kredit ist hier also unerläßlich; Kredit, dem Umfang nach wachsend mit dem wachsenden Wertumfang der Produktion, und der Zeitdauer nach mit der zunehmenden Entfernung der Märkte. Es findet hier Wechselwirkung statt. Die Entwicklung des Produktionsprozesses erweitert den Kredit, und der Kredit führt zur Ausdehnung der industriellen und merkantilen Operationen.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.498])}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der vom Bankierkredit getrennte Kredit wächst mit dem Umfang des industriellen Kapitals. Diese geliehenen Kapitale sind Warenkapitale und somit Kapital, dass sich in einer bestimmten Phase des Reproduktionsprozesses befindet.<br />
<br />
{{Zitat |Betrachten wir diesen Kredit, getrennt vom Bankierkredit, so ist klar, daß er wächst mit dem Umfang des industriellen Kapitals selbst. Leihkapital und industrielles Kapital sind hier identisch; die geliehenen Kapitale sind Warenkapitale, bestimmt entweder für schließliche individuelle Konsumtion oder zum Ersatz der konstanten Elemente von produktivem Kapital. Was hier also als geliehenes Kapital erscheint, ist immer Kapital, das sich in einer bestimmten Phase des Reproduktionsprozesses befindet, aber durch Kauf und Verkauf aus einer Hand in die andre übergeht, während das Äquivalent dafür [von] dem Käufer erst später zu bedungner Frist gezahlt wird.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.498])}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Viel Kredit innerhalb des reproduktiven Kreislaufs bedeutet eine große Beschäftigung von Kapital im Reproduktionsprozess, wenn die Metamorphose der Ware durch den Kredit vermittelt wird. Der Kredit vermittelt den Übergang des industriellen Kapitals in eine andere Phase.<br />
Der Kredit ist somit nicht unbeschäftigtes Kapital, sondern Beschäftigung von Kapital im Reproduktionsprozess.<br />
<br />
{{Zitat |Was demnach hier verliehen wird, ist nie unbeschäftigtes Kapital, sondern Kapital, das in der Hand seines Besitzers seine Form ändern muß, das in einer Form existiert, worin es für ihn bloßes Warenkapital ist, d.h. Kapital, das rückverwandelt, und zwar wenigstens zunächst in Geld umgesetzt werden muß. Es ist somit die Metamorphose der Ware, die hier durch den Kredit vermittelt wird; nicht nur W – G, sondern auch G – W und der wirkliche Produktionsprozeß. Viel Kredit innerhalb des reproduktiven Kreislaufs – abgesehn vom Bankierkredit – heißt nicht: viel unbeschäftigtes Kapital, das zu Anleihen ausgeboten wird und profitliche Anlage sucht, sondern: große Beschäftigung von Kapital im Reproduktionsprozeß. Der Kredit vermittelt hier also 1. soweit die industriellen Kapitalisten in Betracht kommen, den Übergang des industriellen Kapitals aus einer Phase in die andre, den Zusammenhang der zueinander gehörigen und ineinander eingreifenden Produktionssphären; 2. soweit die Kaufleute in Betracht kommen, den Transport und den Übergang der Waren aus einer Hand in die andre bis zu ihrem definitiven Verkauf für Geld oder ihrem Austausch mit einer andern Ware.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.499])}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Solange der Reproduktionsprozess flüssig ist und andauert, dauert auch der Kredit an und dehnt sich aus. Bei einer Stockung durch verzögerte Rückflüsse, überführter Märkte ist Überfluss von industriellem Kapital vorhanden, aber auch eine Masse von unbeschäftigtem fixem Kapital. Das industrielle Kapital existiert allerdings in Form von Warenkapital, das aber unverkäuflich ist.<br />
Der Kredit kontrahiert sich somit, weil das Kapital unbeschäftigt ist und stockt, und weil das Vertrauen in den Reproduktionsprozesses gebrochen ist und die Nachfrage nach einem kommerziellen Kredit abnimmt.<br />
<br />
{{Zitat |Solange der Reproduktionsprozeß flüssig und damit der Rückfluss gesichert bleibt, dauert dieser Kredit und dehnt sich aus, und seine Ausdehnung ist basiert auf die Ausdehnung des Reproduktionsprozesses selbst. Sobald eine Stockung eintritt, infolge verzögerter Rückflüsse, überführter Märkte, gefallner Preise, ist Überfluß von industriellem Kapital vorhanden, aber in einer Form, worin es seine Funktion nicht vollziehn kann. Masse von Warenkapital, aber unverkäuflich. Masse von fixem Kapital, aber durch Stockung der Reproduktion großenteils unbeschäftigt. Der Kredit kontrahiert sich, 1. weil dies Kapital unbeschäftigt ist, d.h. in einer seiner Reproduktionsphasen stockt, weil es seine Metamorphose nicht vollziehn kann; 2. weil das Vertrauen in die Flüssigkeit des Reproduktionsprozesses gebrochen ist; 3. weil die Nachfrage nach diesem kommerziellen Kredit abnimmt. Der Spinner, der seine Produktion einschränkt und eine Masse unverkauftes Garn auf Lager hat, braucht keine Baumwolle auf Kredit zu kaufen; der Kaufmann braucht keine Waren auf Kredit zu kaufen, weil er deren schon mehr als genug hat.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.500])}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Bei einer Störung der Expansion des Reproduktionsprozesses kommt es zu einem Kreditmangel, wodurch Waren schwerer auf Kredit zu erhalten sind. In der Krise sind die Masse des unbeschäftigten Kapitals im Reproduktionsprozess und der erwähnte Kreditmangel am größten.<br />
Fabriken stehen still, Rohstoffe häufen sich auf, und fertige Produkte überfüllen den Markt, da ein Überfluss von unbeschäftigtem produktivem Kapital herrscht.<br />
<br />
{{Zitat |Tritt also Störung in dieser Expansion oder auch nur in der normalen Anspannung des Reproduktionsprozesses ein, so damit auch Kreditmangel; Waren sind schwerer auf Kredit zu erhalten. Besonders aber ist das Verlangen nach barer Zahlung und die Vorsicht im Kreditverkauf charakteristisch für die Phase des industriellen Zyklus, die auf den Krach folgt. In der Krisis selbst, da jeder zu verkaufen hat und nicht verkaufen kann und doch verkaufen muß, um zu zahlen, ist die Masse, nicht des unbeschäftigten, unterzubringenden Kapitals, sondern die des in seinem Reproduktionsprozeß gehemmten Kapitals gerade dann am größten, wenn auch der Kreditmangel am größten ist (und daher bei Bankierkredit die Diskontorate am höchsten). Das schon ausgelegte Kapital ist dann in der Tat massenweis unbeschäftigt, weil der Reproduktionsprozeß stockt. Fabriken stehn still, Rohstoffe häufen sich auf, fertige Produkte überfüllen als Waren den Markt. Es ist also nichts falscher, als solchen Zustand einem Mangel an produktivem Kapital zuzuschreiben. Es ist gerade dann Überfluß von produktivem Kapital vorhanden, teils in bezug auf den normalen, aber augenblicklich kontrahierten Maßstab der Reproduktion, teils in bezug auf die gelähmte Konsumtion.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.500])}}<br />
<br />
'''Annahme 8'''<br />
<br />
Der Ersatz von angelegten Kapitalen in der Produktion, hängt größtenteils von der Konsumtionsfähigkeit der nicht produktiven Klassen ab, während die Konsumtionsfähigkeit der Arbeiter durch die Gesetze des Arbeitslohns und durch das Maß der Anwendung ihrer Arbeitskraft begrenzt ist, in denen sie der Bourgeoisie Profit bringen.<br />
Deswegen bleibt der letzte Grund aller wirklichen Krisen immer „die Armut und Konsumtionsbeschränkung der Massen gegenüber dem Trieb der kapitalistischen Produktion“.<br />
Wirklicher Mangel an produktivem Kapital kann nur bei Missernten von Nahrungsmitteln und Rohstoffen entstehen (s. Annahme 7).<br />
<br />
{{Zitat |Wie aber die Dinge liegen, hängt der Ersatz der in der Produktion angelegten Kapitale großenteils ab von der Konsumtionsfähigkeit der nicht produktiven Klassen; während die Konsumtionsfähigkeit der Arbeiter teils durch die Gesetze des Arbeitslohns, teils dadurch beschränkt ist, daß sie nur solange angewandt werden, als sie mit Profit für die Kapitalistenklasse angewandt werden können. Der letzte Grund aller wirklichen Krisen bleibt immer die Armut und Konsumtionsbeschränkung der Massen gegenüber dem Trieb der kapitalistischen Produktion, die Produktivkräfte so zu entwickeln, als ob nur die absolute Konsumtionsfähigkeit der Gesellschaft ihre Grenze bilde.<br/>Von wirklichem Mangel an produktivem Kapital, wenigstens bei kapitalistisch entwickelten Nationen, kann nur gesprochen werden bei allgemeinen Mißernten, sei es der Hauptnahrungsmittel, sei es der hauptsächlichsten industriellen Rohstoffe.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.501])}}<br />
<br />
'''Annahme 9'''<br />
<br />
Zum kommerziellen Kredit kommt der eigentliche Geldkredit hinzu.<br />
Durch das Vorschießen des Gelds durch die Bankiers wird für jeden industriellen Fabrikanten oder Kaufmann die Notwendigkeit eines starken Reservekapitals umgangen. Aber der Prozess verkompliziert sich soweit, dass durch Wechselreiterei etc. der Schein eines soliden Geschäfts weiterexistieren kann, nachdem die Rückflüsse nur auf Kosten geprellter Geldverleiher und Produzenten gemacht worden sind.<br />
Das gesamte Geschäft macht deswegen einen gesunden Anschein, gerade unmittelbar vor dem Krach.<br />
<br />
{{Zitat |Es kommt aber nun zu diesem kommerziellen Kredit der eigentliche Geldkredit hinzu. Das Vorschießen der Industriellen und Kaufleute untereinander verquickt sich mit dem Vorschießen des Geldes an sie seitens der Bankiers und Geldverleiher. […] So wird für jeden individuellen Fabrikanten oder Kaufmann sowohl die Notwendigkeit eines starken Reservekapitals umgangen, wie die Abhängigkeit von den wirklichen Rückflüssen. Andrerseits aber kompliziert sich teils durch einfache Wechselreiterei, teils durch Warengeschäfte zum Zweck der bloßen Wechselfabrikation der ganze Prozeß so sehr, daß der Schein eines sehr soliden Geschäfts und flotter Rückflüsse noch ruhig fortexistieren kann, nachdem die Rückflüsse in der Tat schon längst nur noch auf Kosten teils geprellter Geldverleiher, teils geprellter Produzenten gemacht worden sind. Daher scheint immer das Geschäft fast übertrieben gesund gerade unmittelbar vor dem Krach.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.501])}}<br />
<br />
'''Annahme 10'''<br />
<br />
Eine unwissende und verkehrte Bankgesetzgebung kann die Krise erschweren, aber keine Bankgesetzgebung ist in der Lage die Krise zu beseitigen.<br />
<br />
{{Zitat |Daß es in der Periode der Krise an Zahlungsmitteln fehlt, ist selbsteinleuchtend. Die Konvertibilität der Wechsel hat sich substituiert der Metamorphose der Waren selbst, und grade zu solcher Zeit um so mehr, je mehr ein Teil der Geschäftshäuser bloß auf Kredit arbeitet. Unwissende und verkehrte Bankgesetzgebung, wie die von 1844/45, kann diese Geldkrise erschweren. Aber keine Art Bankgesetzgebung kann die Krise beseitigen.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.507f.])}}<br />
<br />
'''Annahme 11'''<br />
<br />
Das Warenkapital verliert in der Krise und großen Stockungen, seine Eigenschaft ein potentielles Geldkapital darzustellen.<br />
Dasselbe gilt auch für das fiktive Kapital. Dieses fiktive Geldkapital ist in Krisen enorm vermindert, doch hat diese Verminderung der Geldnamen – des Preises – von Wertpapieren nichts mit dem wirklichen Kapital zu tun, aber viel mehr mit der Zahlungsfähigkeit seiner Eigner.<br />
<br />
{{Zitat |Aus dem Gesagten ergibt sich, daß das Warenkapital seine Eigenschaft, potentielles Geldkapital darzustellen, in der Krise und überhaupt in Geschäftsstockungen in großem Maß verliert. Dasselbe gilt von dem fiktiven Kapital, den zinstragenden Papieren, soweit diese selbst als Geldkapitale auf der Börse zirkulieren. Mit dem steigenden Zins fällt ihr Preis. Er fällt ferner durch den allgemeinen Kreditmangel, der ihre Eigner zwingt, sie massenweis auf dem Markt loszuschlagen, um sich Geld zu verschaffen. Er fällt endlich bei Aktien, teils infolge der Abnahme der Revenuen, worauf sie Anweisungen sind, teils infolge des Schwindelcharakters der Unternehmungen, die sie oft genug repräsentieren. Dies fiktive Geldkapital ist in Krisen enorm vermindert, und damit die Macht seiner Eigner, Geld darauf im Markt aufzunehmen. Die Verminderung der Geldnamen dieser Wertpapiere im Kurszettel hat jedoch nichts zu tun mit dem wirklichen Kapital, das sie vorstellen, dagegen sehr viel mit der Zahlungsfähigkeit seiner Eigner.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.510])}}<br />
<br />
'''Annahme 12'''<br />
<br />
Die Bedeutung der Börse ist enorm gestiegen, da sich die gesamte Produktion, der Verkehr, die Kommunikationsmittel, usw. zunehmend in den Händen von Börsianer konzentriert.<br />
Dadurch wird die Börse zur hervorragendsten Vertreterin der kapitalistischen Produktion.<br />
<br />
{{Zitat |1. Aus dem 3.Bd., 5.Abschnitt, besonders Kapitel [27], geht hervor, welche Stellung die Börse in der kapitalistischen Produktion überhaupt einnimmt. Nun ist aber seit 1865, wo das Buch verfaßt, eine Veränderung eingetreten, die der Börse heute eine um ein Bedeutendes gesteigerte und noch stets wachsende Rolle zuweist und die bei der ferneren Entwicklung die Tendenz hat, die gesamte Produktion, industrielle wie agrikulturelle, und den gesamten Verkehr, Kommunikationsmittel wie Austauschfunktion, in den Händen von Börsianern zu konzentrieren, so daß die Börse die hervorragendste Vertreterin der kapitalistischen Produktion selbst wird.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.917])}}<br />
<br />
'''Annahme 13'''<br />
<br />
Die Akkumulation des Kapitals vollzieht sich mit stets wachsender Schnelligkeit, auch schneller als die Ausdehnung der eigentlichen Produktion.<br />
Die Akkumulation des einzelnen Kapitalisten konnte, resp. kann, somit nicht in der Vergrößerung seines eigenen Geschäfts volle Verwendung finden.<br />
<br />
{{Zitat |3. Jetzt anders. Die Akkumulation ist seit der Krise von 1866 mit einer stets wachsenden Schnelligkeit vorgegangen, und zwar so, daß in keinem Industrieland, am wenigsten England, die Ausdehnung der Produktion mit der der Akkumulation Schritt halten, die Akkumulation des einzelnen Kapitalisten in der Vergrößerung seines eigenen Geschäfts volle Verwendung finden konnte| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.917f.])}}<br />
<br />
== Quellen ==<br />
<br />
Marx, Karl: MEW Bd. 23-25, Das Kapital in: Marx wirklich studieren, URL: https://marx-wirklich-studieren.net/marx-engels-werke-als-pdf-zum-download/ (06.01.2019).<br />
<br />
[[Kategorie: AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
[[Kategorie: Grundannahmen]]<br />
[[Kategorie: Grundannahme AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]</div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Politische_%C3%96konomie_des_Kapitalismus&diff=7040Politische Ökonomie des Kapitalismus2020-02-16T11:10:12Z<p>Mati: /* Bestandteile des Bankkapitals */</p>
<hr />
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<br />
==Ware und ihre Eigenschaften==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Eine Ware ist ein Produkt menschlicher Arbeitskraft, welches für den gesellschaftlichen Austausch produziert wird und menschliche Bedürfnisse befriedigt. Sie Besitzen Gebrauchswert und Tauschwert. Der Gebrauchswert ist qualitativ und beschreibt den Nutzen einer Ware für den Käufer. Der Tauschwert ist quantitativ - er spiegelt eine bestimmte Summe gesellschaftlich notwendiger Arbeit wieder.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Gebrauchswert, Tauschwert, Wert, Konsumtion, Quantitatives Verhältnis, Ware, Produkt, Austausch, Rock, Verhältnis, Erscheinungsform, Arbeitsprodukt, abstrakt menschliche Arbeit, Warenwert, Arbeitszeit, Arbeitskraft, Durchschnitt, Produktionsbedingungen<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Ware und ihrer Eigenschaften wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
Waren haben immer sowohl Gebrauchswert, als auch Tauschwert. Die Trennung in Qualität (Gebrauchswert) und Quantität (Tauschwert) dient lediglich der besseren Erklärbarkeit. Wenn im Folgenden von „Wert“ einer Ware gesprochen wird, meint das nichts „drittes“, sondern die Einheit von Gebrauchs- und Tauschwert.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Eine Ware ist zunächst ein Gegenstand, der menschliche Bedürfnisse aller Art befriedigt, ob als Lebensmittel oder als Produktionsmittel.<br />
<br />
{{Zitat |Die Ware ist zunächst ein äußerer Gegenstand, ein Ding, das durch seine Eigenschaften menschliche Bedürfnisse irgendeiner Art befriedigt. Die Natur dieser Bedürfnisse, ob sie z.B. dem Magen oder der Phantasie entspringen, ändert nichts an der Sache. Es handelt sich hier auch nicht darum, wie die Sache das menschliche Bedürfnis befriedigt, ob unmittelbar als Lebensmittel, d. h. als Gegenstand des Genusses, oder auf einem Umweg, als Produktionsmittel. Jedes nützliche Ding, wie Eisen, Papier usw., ist unter doppeltem Gesichtspunkt zu betrachten, nach Qualität und Quantität.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.49])}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Der Gebrauchswert einer Ware verwirklicht sich im Gebrauch, in seinem Nutzen, abhängig von der Eigenschaft der Ware, von der Qualität der Ware. Zugleich bilden Gebrauchswerte den stofflichen Inhalt des Reichtums. Im Kapitalismus bilden sie zugleich die stofflichen Träger des Tauschwerts. Der Tauschwert erscheint, wenn man verschiedene Gebrauchswerte miteinander tauschen möchte und drückt somit ein quantitatives Verhältnis aus.<br />
<br />
{{Zitat |Die Nützlichkeit eines Dings macht es zum Gebrauchswert. Aber diese Nützlichkeit schwebt nicht in der Luft. Durch die Eigenschaften des Warenkörpers bedingt, existiert sie nicht ohne denselben. Der Warenkörper selbst, wie Eisen, Weizen, Diamant usw., ist daher ein Gebrauchswert oder Gut. Dieser sein Charakter hängt nicht davon ab, ob die Aneignung seiner Gebrauchseigenschaften dem Menschen viel oder wenig Arbeit kostet. Bei Betrachtung der Gebrauchswerte wird stets ihre quantitative Bestimmtheit vorausgesetzt, wie Dutzend Uhren, Elle Leinwand, Tonne Eisen usw. Die Gebrauchswerte der Waren liefern das Material einer eignen Disziplin, der Warenkunde. Der Gebrauchswert verwirklicht sich nur im Gebrauch oder der Konsumtion. Gebrauchswerte bilden den stofflichen Inhalt des Reichtums, welches immer seine gesellschaftliche Form sei. In der von uns zu betrachtenden Gesellschaftsform bilden sie zugleich die stofflichen Träger des – Tauschwerts. Der Tauschwert erscheint zunächst als das quantitative Verhältnis, die Proportion, worin sich Gebrauchswerte einer Art gegen Gebrauchswerte anderer Art austauschen, ein Verhältnis, das beständig mit Zeit und Ort wechselt.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.50])}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Der Grund, um überhaupt Produkte zu tauschen, sind ihre unterschiedlichen Gebrauchswerte. In diesem Tauschprozess wird ein Produkt zur Ware.<br />
<br />
{{Zitat |Um Ware zu werden, muß das Produkt dem andern, dem es als Gebrauchswert dient, durch den Austausch übertragen werden. Endlich kann kein Ding Wert sein, ohne Gebrauchsgegenstand zu sein.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.55])}}<br />
<br />
{{Zitat |Wären jene Dinge nicht qualitativ verschiedne Gebrauchswerte und daher Produkte qualitativ verschiedner nützlicher Arbeiten, so könnten sie sich überhaupt nicht als Waren gegenübertreten. Rock tauscht sich nicht aus gegen Rock, derselbe Gebrauchswert nicht gegen denselben Gebrauchswert.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.56])}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Eine gewisse Ware lässt sich in einem bestimmten Verhältnis mit einer anderen Ware tauschen, z. B. x kg Weizen gegen y kg Kartoffeln oder z kg Möhren. Also hat der Weizen unzählig viele Tauschwerte. Die Tauschwerte müssen aber auch etwas Gleiches haben, um vergleichbar zu sein, der Tauschwert kann also nur die "Erscheinungsform" eines Dritten sein.<br />
<br />
{{Zitat |Eine gewisse Ware, ein Quarter Weizen z.B. tauscht, sich mit x Stiefelwichse oder mit y Seide oder mit z Gold usw., kurz mit andern Waren in den verschiedensten Proportionen. Mannigfache Tauschwerte also hat der Weizen statt eines einzigen. Aber da x Stiefelwichse, ebenso y Seide, ebenso z Gold usw. der Tauschwert von einem Quarter Weizen ist, müssen y Stiefelwichse, y Seide, z Gold usw. durch einander ersetzbare oder einander gleich große Tauschwerte sein. Es folgt daher erstens: Die gültigen Tauschwerte derselben Ware drücken ein Gleiches aus. Zweitens aber: Der Tauschwert kann überhaupt nur die Ausdrucksweise, die ‚Erscheinungsform‛ eines von ihm unterscheidbaren Gehalts sein.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.51])}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Alle Gebrauchswerte sind Arbeitsprodukte und damit auf abstrakte Arbeit reduzierbar. Diese Arbeit produziert Wert, Warenwert. Das Gemeinsame der unterschiedlichen Waren, was sich beim Tauschen darstellt, ist also ihr Wert.<br />
<br />
{{Zitat |Sieht man nun vom Gebrauchswert der Warenkörper ab, so bleibt ihnen nur noch eine Eigenschaft, die von Arbeitsprodukten. Jedoch ist uns auch das Arbeitsprodukt bereits in der Hand verwandelt. Abstrahieren wir von seinem Gebrauchswert, so abstrahieren wir auch von den körperlichen Bestandteilen und Formen, die es zum Gebrauchswert machen. Es ist nicht länger Tisch oder Haus oder Garn oder sonst ein nützlich Ding. Alle seine sinnlichen Beschaffenheiten sind ausgelöscht. Es ist auch nicht länger das Produkt der Tischlerarbeit oder der Bauarbeit oder der Spinnarbeit oder sonst einer bestimmten produktiven Arbeit. Mit dem nützlichen Charakter der Arbeitsprodukte verschwindet der nützliche Charakter der in ihnen dargestellten Arbeiten, es verschwinden also auch die verschiedenen konkreten Formen dieser Arbeiten, sie unterscheiden sich nicht länger, sondern sind allzusamt reduziert auf gleiche menschliche Arbeit, abstrakt menschliche Arbeit. […] Als Kristalle dieser ihnen gemeinschaftlichen gesellschaftlichen Substanz sind sie Werte – Warenwerte.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.52)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Die Größe des Werts misst sich an der Quantität der Arbeit, an der Arbeitszeit in Minuten, Stunden, Tagen etc.<br />
<br />
{{Zitat |Ein Gebrauchswert oder Gut hat also nur einen Wert, weil abstrakt menschliche Arbeit in ihm vergegenständlicht oder materialisiert ist. Wie nun die Größe seines Werts messen? Durch das Quantum der in ihm enthaltenen ‚wertbildenden Substanz‛, der Arbeit. Die Quantität der Arbeit selbst mißt sich an ihrer Zeitdauer, und die Arbeitszeit besitzt wieder ihren Maßstab an bestimmten Zeitteilen, wie Stunde, Tag usw.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.53)}}<br />
<br />
'''Annahme 7 '''<br />
<br />
Die Arbeitszeit für den Wert einer Ware bemisst sich nicht nach einem individuellen (faulen, schnellen, ungeschickten) Arbeiter, sondern an der durchschnittlich gesellschaftlich notwendigen Dauer zur Erstellung dieser Ware unter normalen Produktionsbedingungen.<br />
<br />
{{Zitat |Die gesamte Arbeitskraft der Gesellschaft, die sich in den Werten der Warenwelt darstellt, gilt hier als eine und dieselbe menschliche Arbeitskraft, obgleich sie aus zahllosen individuellen Arbeitskräften besteht. Jede dieser individuellen Arbeitskräfte ist dieselbe menschliche Arbeitskraft wie die andere, soweit sie den Charakter einer gesellschaftlichen Durchschnitts-Arbeitskraft besitzt und als solche gesellschaftliche Durchschnitts-Arbeitskraft wirkt, also in der Produktion einer Ware auch nur die im Durchschnitt notwendige oder gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit braucht. Gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit ist Arbeitszeit, erheischt, um irgendeinen Gebrauchswert mit den vorhandenen gesellschaftlich- normalen Produktionsbedingungen und dem gesellschaftlichen Durchschnittsgrad von Geschick und Intensität der Arbeit darzustellen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.53)}}<br />
<br />
==Arbeitswerttheorie/ Wertgesetz==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Arbeitswerttheorie besagt, dass sich der Wert der Waren entsprechend der zu ihrer Produktion notwendigen Menge gesellschaftlich notwendiger Arbeit bemisst und sie sich dementsprechend austauschen. Das Wertgesetz wirkt innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise als Regulator der Produktion- es treibt die Warenproduzenten an, den gesellschaftlich notwendigen Arbeitsaufwand zu senken und bewegt die gesellschaftliche Produktion in die Bereiche, die am meisten Profit versprechen. Dadurch wird auch bestimmt, welcher Teil gesellschaftlich vorhandener Arbeitszeit für die Produktion der einzelnen Waren verwendet wird.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Wertgröße, Arbeitszeit, Produktivkraft, Wert, Preise, Wertgesetz<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Arbeitswerttheorie/ des Wertgesetzes wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt. Das Wertgesetz wirkt innerhalb der kapitalistischen Produktion spontan als ökonomischer Regulator, was zur Folge hat, dass über das Schwanken der Marktpreise (als Erscheinungsform des Wertes) sich die Produktion hin zur größten Nachfrage und weg vom Überangebot verlagert und so gesellschaftliche Arbeitszeit durch bspw. Nichteinsatz vergeudet wird. Diese destriktive Wirkung wird in Zeiten von Überproduktionskrisen. Unter der Bedingung kapitalistischer Monopole finden sich veränderte Bedingungen für Form und Wirkung des Wertgesetzes.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Der Grad der Entwicklung der Produktivkraft beeinflusst die Arbeitszeit, die zur Herstellung einer Ware nötig ist und somit beeinflusst sie auch die Wertgröße der Ware und ihren Preis: Je größer die Produktivkraft, umso kürzer die benötigte Arbeitszeit, umso kleiner der Wert der Ware, umso kleiner der Preis. Diese Bewegung ist durch das Wertgesetz bestimmt<br />
<br />
{{Zitat |Die Wertgröße einer Ware bliebe daher konstant, wäre die zu ihrer Produktion erheischte Arbeitszeit konstant. Letztere wechselt aber mit jedem Wechsel in der Produktivkraft der Arbeit.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.54)}}<br />
<br />
{{Zitat |Je größer die Produktivkraft der Arbeit, desto kleiner die zur Herstellung eines Artikels erheischte Arbeitszeit, desto kleiner die in ihm kristallisierte Arbeitsmasse, desto kleiner sein Wert. Umgekehrt, je kleiner die Produktivkraft der Arbeit, desto größer die zur Herstellung eines Artikels notwendige Arbeitszeit, desto größer sein Wert. Die Wertgröße einer Ware wechselt also direkt wie das Quantum und umgekehrt wie die Produktivkraft der sich in ihr verwirklichenden Arbeit.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.55)}}<br />
<br />
{{Zitat |In welcher Weise immer die Preise der verschiedenen Waren zuerst gegeneinander festgesetzt oder geregelt sein mögen, das Wertgesetz beherrscht ihre Bewegung. Wo die zu ihrer Produktion erheischte Arbeitszeit fällt, fallen die Preise; wo sie steigt, steigen die Preise, bei sonst gleichbleibenden Umständen.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.186)}}<br />
<br />
== Warenproduktion und gesellschaftliche Teilung der Arbeit ==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Warenproduktion hat ihre objektive Grundlage und historische Bedingung in der gesellschaftlichen Arbeitsteilung. Ab einem gewissen Stand der Produktivkraftentwicklung werden Produkte nicht für den Eigenverbrauch, sondern für den gesellschaftlichen Austausch produziert: die Produkte menschlicher Arbeitskraft werden zu Waren.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Arbeitsteilung, Gebrauchswert, nützliche Arbeit, Warenproduzenten, Arbeitsteilung, Warenproduktion, Existenzbedingung<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Warenproduktion und der gesellschaftlichen Teilung der Arbeit wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Die gesellschaftliche Teilung der Arbeit ist die Voraussetzung der Warenproduktion, umgekehrt gilt diese Voraussetzung jedoch nicht. Jeder Produzent stellt Waren unterschiedlicher Gebrauchswerte her, die durch ihre Unterschiedlichkeit tauschbar sind.<br />
<br />
{{Zitat |[…]: in dem Gebrauchswert jeder Ware steckt eine bestimmte zweckmäßig produktive Tätigkeit oder nützliche Arbeit. Gebrauchswerte können sich nicht als Waren gegenübertreten, wenn nicht qualitativ verschiedne nützliche Arbeiten in ihnen stecken. In einer Gesellschaft, deren Produkte allgemein die Form der Ware annehmen, d. h. in einer Gesellschaft von Warenproduzenten, entwickelt sich dieser qualitative Unterschied der nützlichen Arbeiten, welche unabhängig voneinander als Privatgeschäfte selbständiger Produzenten betrieben werden, zu einem vielgliedrigen System, zu einer gesellschaftlichen Teilung der Arbeit.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.57)}}<br />
<br />
{{Zitat |[…] – eine gesellschaftliche Teilung der Arbeit. Sie ist Existenzbedingung der Warenproduktion, obgleich Warenproduktion nicht umgekehrt die Existenzbedingung gesellschaftlicher Arbeitsteilung.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.56)}}<br />
<br />
==Wertform==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Wertform ist jene Form, in der der Wert einer Ware erscheint. Man unterscheidet die relative, die entfaltete und die allgemeine Wertform. Die relative Wertform einer Ware drückt dabei ihr Verhältnis zu einer bestimmten, ihr äquivalenten anderen Ware aus, bsp.: 1Beil= 2 Paar Stiefel. Bei der entfaltetetn Wertform drückt diese sich in mehreren ihr Äquivalenten Waren aus, bsp.: 1Beil = 4Paar Stiefel = 20Sack Stroh = 10Pfund Butter. Bei der allgemeinen Wertform lassen sich die Werte aller Waren in einer einzigen Ware ausdrücken- sie fungiert als allgemeines Äquivalent.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Wertform, Wertverhältnis, Austauschverhältnis, Quantum, Äquivalent<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Wertform wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Der Tauschwert erscheint erst im Austauschverhältnis zweier Waren. Der Wert einer Ware wird im Äquivalent einer anderen quantitativ ausgedrückt.<br />
<br />
{{Zitat |Die einfache Wertform einer Ware ist enthalten in ihrem Wertverhältnis zu einer verschiedenartigen Ware oder im Austauschverhältnis mit derselben. Der Wert der Ware A wird qualitativ ausgedrückt durch die unmittelbare Austauschbarkeit der Ware B mit der Ware A. Er wird quantitativ ausgedrückt durch die Austauschbarkeit eines bestimmten Quantums der Ware B mit dem gegebenen Quantum der Ware A. In andren Worten: Der Wert einer Ware ist selbständig ausgedrückt durch seine Darstellung als ‚Tauschwert‛.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.74)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Einfache Wertform: xWareA = yWareB<br />
<br />
Entfaltete Wertform: xWare = unendliche viele unterschiedliche Waren<br />
<br />
Allgemeine Wertform: viele unterschiedliche Waren = yWareZ (allgemein anerkanntes Äquivalent)<br />
<br />
Es kristallisiert sich eine Ware heraus, die als allgemein gültiges Äquivalent zu allen anderen Waren tauschbar ist.<br />
<br />
{{Zitat |Die einfache oder vereinzelte relative Wertform einer Ware macht eine andre Ware zum einzelnen Äquivalent. Die entfaltete Form des relativen Werts, dieser Ausdruck des Werts einer Ware in allen andren Waren, prägt ihnen die Form verschiedenartiger besonderer Äquivalente auf. Endlich erhält eine besondre Warenart die allgemeine Äquivalentform, weil alle andren Waren sie zum Material ihrer einheitlichen, allgemeinen Wertform machen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.82)}}<br />
<br />
==Geld==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Geld ist eine Ware, die ein spezifisches Äquivalent für alle anderen Waren ist. Sie bringt deren Wert zum Ausdruck und vermittelt deren Austausch. In dieser Eigenschaft besteht ihr spezifischer Gebrauchswert.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Geldform, Wertform, Vergegenständlichte menschliche Arbeit, Ware, Wertausdruck, Zirkulationsmittel, Wertmaß, Tauschwert, Geld, Krise<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition von Geld wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Die Allgemeine Wertform geht über zur Geldform. Geld hat die gesellschaftliche Gültigkeit bekommen, allgemeines Äquivalent zu allen anderen Waren zu sein.<br />
<br />
{{Zitat |Und erst vom Augenblick, wo diese Ausschließung sich endgültig auf eine spezifische Warenart beschränkt, hat die einheitliche relative Wertform der Waren weit objektive Festigkeit und allgemein gesellschaftliche Gültigkeit gewonnen. Die spezifische Warenart nun, mit deren Naturalform die Äquivalentform gesellschaftlich verwächst, wird zur Geldware oder funktioniert als Geld. Es wird ihre spezifisch gesellschaftliche Funktion, und daher ihr gesellschaftliches Monopol, innerhalb der Warenwelt die Rolle des allgemeinen Äquivalents zu spielen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.109)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Da allen Waren vergegenständlichte menschliche Arbeit sind, können sie in dem gleichen Wertmaß, in Geldform oder Preis ausgedrückt werden.<br />
<br />
{{Zitat |Weil alle Waren als Werte vergegenständlichte menschliche Arbeit, daher an und für sich kommensurabel sind, können sie ihre Werte gemeinschaftlich in derselben spezifischen Ware messen und diese dadurch in ihr gemeinschaftliches Wertmaß oder Geld verwandeln. Geld als Wertmaß ist notwendige Erscheinungsform des immanenten Wertmaßes der Waren, der Arbeitszeit. Der Wertausdruck einer Ware in Gold – x Ware A (ist gleich) y Geldware – ist ihre Geldform oder ihr Preis.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.109)}}<br />
<br />
'''Annahme 3 '''<br />
<br />
Die Ware, die als Zirkulationsmittel funktioniert, ist Geld. Geld ist somit die adäquate Daseinsform des Tauschwerts, die alle anderen Waren als bloße Gebrauchswerte fixiert. Dabei ist es gleich, ob das Geld in „leiblicher“ Form (Goldstück) oder ideell auftritt.<br />
<br />
{{Zitat |Die Ware, welche als Wertmaß und daher auch, leiblich oder durch Stellvertreter, als Zirkulationsmittel funktioniert, ist Geld. Gold (resp. Silber) ist daher Geld. Als Geld funktioniert es, einerseits wo es in seiner goldnen (resp. silbernen) Leiblichkeit erscheinen muß, daher als Geldware, also weder bloß ideell, wie im Wertmaß, noch repräsentationsfähig, wie im Zirkulationsmittel; andrerseits wo seine Funktion, ob es selbe nun in eigner Person oder durch Stellvertreter vollziehe, es als alleinige Wertgestalt oder allein adäquates Dasein des Tauschwerts allen andren Waren als bloßen Gebrauchswerten gegenüber fixiert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.143)}}<br />
<br />
'''Annahme 4 '''<br />
<br />
Dadurch dass die Ware Geld nicht nur leiblich, sondern auch ideell als Zahlungsmittel benutzt wird, entsteht ein Widerspruch. Dieser Widerspruch zwischen Ware und Wertgestalt wird sichtbar, wenn dass Geld – durch Produktions- und Handelskrisen – nicht mehr nur repräsentatives Rechengeld sein kann, sondern harte Ware sein muss. Plötzlich wird der Gegensatz zwischen der Ware und ihrer Wertgestalt, dem Geld, bis zum absoluten Widerspruch gesteigert.<br />
<br />
{{Zitat |Die Funktion des Geldes als Zahlungsmittel schließt einen unvermittelten Widerspruch ein. Soweit sich die Zahlungen ausgleichen, funktioniert es nur ideell als Rechengeld oder Maß der Werte. Soweit wirkliche Zahlung zu verrichten, tritt es nicht als Zirkulationsmittel auf, als nur verschwindende und vermittelnde Form des Stoffwechsels, sondern als die individuelle Inkarnation der gesellschaftlichen Arbeit, selbständiges Dasein des Tauschwerts, absolute Ware. Dieser Widerspruch eklatiert in dem Moment der Produktions- und Handelskrisen, der Geldkrise heißt. Sie ereignet sich nur, wo die prozessierende Kette der Zahlungen und ein künstliches System ihrer Ausgleichung völlig entwickelt sind. Mit allgemeineren Störungen dieses Mechanismus, woher sie immer entspringen mögen, schlägt das Geld plötzlich und unvermittelt um aus der nur ideellen Gestalt des Rechengeldes in hartes Geld. Es wird unersetzlich durch profane Waren. Der Gebrauchswert der Ware wird wertlos, und ihr Wert verschwindet vor seiner eignen Wertform.<br/> In der Krise wird der Gegensatz zwischen der Ware und ihrer Wertgestalt, dem Geld, bis zum absoluten Widerspruch gesteigert. Die Erscheinungsform des Geldes ist hier daher auch gleichgültig. Die Geldhungersnot bleibt dieselbe, ob in Gold oder Kreditgeld, Banknoten etwa, zu zahlen ist.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.151)}}<br />
<br />
==Einfache Warenzirkulation==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die einfache Warenzirkulation (W – G – W) beschreibt den Ausgangspunkt des Kapitals. Ihre Voraussetzungen sind die Warenproduktion, die entwickelte Warenzirkulation und der Handel. In der einfachen Warenzirkulation werden Äquivalente getauscht und sie endet somit in der Aneignung von Gebrauchswerten.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Warenzirkulation, Kapital, Handel, Ware, Zirkulation, Konsumtion, Aneignung, Befriedigung<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Einfachen Warenzirkulation wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Warenzirkulation ist Ausgangspunkt des Kapitals. Damit Kapital entstehen kann, braucht es historische Voraussetzungen: Warenproduktion, entwickelte Warenzirkulation und Handel.<br />
<br />
{{Zitat |Die Warenzirkulation ist der Ausgangspunkt des Kapitals. Warenproduktion und entwickelte Warenzirkulation, Handel, bilden die historischen Voraussetzungen, unter denen es entsteht.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.161)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Einfache Warenzirkulation Ware – Geld – Ware (W – G – W) endet in der Aneignung von Gebrauchswerten.<br />
<br />
{{Zitat |Der Kreislauf W – G – W geht aus von dem Extrem einer Ware und schließt ab mit dem Extrem einer andren Ware, die aus der Zirkulation heraus und der Konsumtion anheimfällt. Konsumtion, Befriedigung von Bedürfnissen, mit einem Wort, Gebrauchswert ist daher sein Endzweck.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.164)}}<br />
<br />
{{Zitat |Die einfache Warenzirkulation – der Verkauf für den Kauf – dient zum Mittel für einen außerhalb der Zirkulation liegenden Endzweck, die Aneignung von Gebrauchswerten, die Befriedigung von Bedürfnissen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.167)}}<br />
<br />
==Kapitalkreislauf==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Der Kapitalkreislauf beschreibt die Bewegung des Kapitals in der Produktions- und Zirkulationssphäre. Bei der Bewegung G – W – G wird Geld gegen Ware und Ware gegen Geld getauscht, wobei G und W jeweils verschiedene Existenzweisen des Werts bilden. Durch das Verändern seiner Erscheinungsformen vergrößert sich der Wert, er verwertet sich selbst. Der Prozess endet bei G‘, was den zugesetzten Mehrwert beinhaltet und das Kapital steht somit wieder am Ausgangspunkt seiner endlosen Bewegung.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Zirkulation, Geld, Ware, Geldsumme, Mehrwert, Kapital, Verwertung, Bewegung, Selbstverwertung, Kapitalkreislauf<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition des Kapitalkreislaufs wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Bei der Zirkulation Geld – Ware – Geld (G – W – G) tauscht man Geld gegen Ware, um sie wieder gegen Geld zu tauschen, kurz Austausch von Geld gegen Geld.<br />
<br />
{{Zitat |Sehn wir uns die Zirkulation G – W – G näher an. Sie durchläuft, gleich der einfachen Warenzirkulation, zwei entgegengesetzte Phasen. In der ersten Phase, G – W, Kauf, wird das Geld in Ware verwandelt. In der zweiten Phase, W – G, Verkauf, wird die Ware in Geld rückverwandelt. Die Einheit beider Phasen aber ist die Gesamtbewegung, welche Geld gegen Ware und dieselbe Ware wieder gegen Geld austauscht, Ware kauft, um sie zu verkaufen, oder wenn man die formellen Unterschiede von Kauf und Verkauf vernachlässigt, mit dem Geld Ware und mit der Ware Geld kauft. Das Resultat, worin der ganze Prozeß erlischt, ist Austausch von Geld gegen Geld, G – G.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.162)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Der Prozess G – W – G macht nur Sinn, wenn G quantitativ verschieden ist, wenn G – W – G', wo G' größer als G ist. Den Zuwachs zu G nennt man Mehrwert. In dem Prozess, in dem G zu G' wird, wird G zu Kapital.<br />
<br />
{{Zitat |Eine Geldsumme kann sich von der andren Geldsumme überhaupt nur durch ihre Größe unterscheiden. Der Prozeß G – W – G schuldet seinen Inhalt daher keinem qualitativen Unterschied seiner Extreme, denn sie sind beide Geld, sondern nur ihrer quantitativen Verschiedenheit. Schließlich wird der Zirkulation mehr Geld entzogen, als anfangs hineingeworfen ward. Die zu 100 Pfd.St. gekaufte Baumwolle wird z.B. wieder verkauft zu 100 (plus) 10 Pfd.St. oder 110 Pfd.St. Die vollständige Form dieses Prozesses ist daher G – W – G' , wo G' (gleich) G + A G, d. h. gleich der ursprünglich vorgeschossenen Geldsumme plus einem Inkrement. Dieses Inkrement oder den Überschuß über den ursprünglichen Wert nenne ich – Mehrwert (surplus value). Der ursprünglich vorgeschoßne Wert erhält sich daher nicht nur in der Zirkulation, sondern in ihr verändert er seine Wertgröße, setzt einen Mehrwert zu oder verwertet sich. Und diese Bewegung verwandelt ihn in Kapital.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.165)}}<br />
<br />
'''Annahme 3 '''<br />
<br />
Die Verwertung des Werts ist Ziel und Selbstzweck der Zirkulation des Geldes als Kapital, weshalb der Kreislauf sich unerschöpflich wiederholt. Diese Kreislaufbewegung unterscheidet den Geldbesitzer vom Kapitalisten. <br />
<br />
{{Zitat |Die Zirkulation des Geldes als Kapital ist dagegen Selbstzweck, denn die Verwertung des Werts existiert nur innerhalb dieser stets erneuerten Bewegung. Die Bewegung des Kapitals ist daher maßlos. Als bewußter Träger dieser Bewegung wird der Geldbesitzer Kapitalist.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.167)}}<br />
<br />
'''Annahme 4 '''<br />
<br />
Ware und Geld sind verschiedene Existenzweisen des Werts, im Verändern seiner Erscheinungsformen (Geld – Ware – Geld) vergrößert er sich. Zum ursprünglichen Wert gibt sich Mehrwert dazu, er verwertet sich somit selbst.<br />
<br />
{{Zitat |Die selbständigen Formen, die Geldformen, welche der Wert der Waren in der einfachen Zirkulation annimmt, vermitteln nur den Warenaustausch und verschwinden im Endresultat der Bewegung. In der Zirkulation G – W – G funktionieren dagegen beide, Ware und Geld, nur als verschiedne Existenzweisen des Werts selbst, das Geld seine allgemeine, die Ware seine besondre, sozusagen nur verkleidete Existenzweise. […] Fixiert man die besondren Erscheinungsformen, welche der sich verwertende Wert im Kreislauf seines Lebens abwechselnd annimmt, so erhält man die Erklärungen: Kapital ist Geld, Kapital ist Ware. In der Tat aber wird der Wert hier das Subjekt eines Prozesses, worin er unter dem beständigen Wechsel der Formen von Geld und Ware seine Größe selbst verändert, sich als Mehrwert von sich selbst als ursprünglichem Wert abstößt, sich selbst verwertet. Denn die Bewegung, worin er Mehrwert zusetzt, ist seine eigne Bewegung, seine Verwertung also Selbstverwertung. Er hat die okkulte Qualität erhalten, Wert zu setzen, weil er Wert ist. Er wirft lebendige Junge oder legt wenigstens goldne Eier.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.169)}}<br />
<br />
'''Annahme 5 '''<br />
<br />
Kapitalkreislauf: Wert kommt aus dem Kreislauf, geht wieder in ihn hinein, erhält sich und vergrößert sich (Mehrwert), kommt insgesamt größer aus ihm heraus und beginnt von neuem denselben Kreislauf. Dieser sich verwertende Wert ist Kapital.<br />
<br />
{{Zitat |Der Wert wird also prozessierender Wert, prozessierendes Geld und als solches Kapital. Er kommt aus der Zirkulation her, geht wieder in sie ein, erhält und vervielfältigt sich in ihr, kehrt vergrößert aus ihr zurück und beginnt denselben Kreislauf stets wieder von neuem. G – G ', geldheckendes Geld – money which begets money – lautet die Beschreibung des Kapitals im Munde seiner ersten Dolmetscher, der Merkantilisten.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.170)}}<br />
<br />
==Mehrwert==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Bei der Metamorphose des Werts G – W – G‘ setzt der Wert einen Mehrwert zu. Dieser entspringt aber nicht dem Äquivalententausch und ebensowenig dem Tausch von Nicht-Äquivalenten. Der Warenbesitzer kann den Wert einer Ware nur erhöhen, indem er ihr neuen Wert durch den Einsatz von Arbeit zusetzt.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Tausch, Äquivalent, Mehrwert, Warenaustausch, Kapital, Verteilung, Minderwert, Zirkulation, Arbeit, Mehrwert, Wertbildung<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition des Mehrwerts wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Beim Tausch von Äquivalenten wird kein Mehrwert produziert. Auch beim Tausch von Nicht-Äquivalenten (wenn Käufer über oder unter Wert kauft bzw. Verkäufer unter oder über Wert verkauft) wird kein Mehrwert produziert, da sich dieser kurzfristige Vorteil im Kreislauf wieder aufheben wird.<br />
Die Zirkulation oder der Warenaustausch schafft keinen Wert. Nur Arbeit kann Waren Wert zusetzen, Mehrwert erzeugen.<br />
<br />
{{Zitat |Werden Waren oder Waren und Geld von gleichem Tauschwert, also Äquivalente ausgetauscht, so zieht offenbar keiner mehr Wert aus der Zirkulation heraus, als er in sie hineinwirft. Es findet dann keine Bildung von Mehrwert statt.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.174)}}<br />
<br />
{{Zitat |Die Bildung von Mehrwert und daher die Verwandlung von Geld in Kapital, kann also weder dadurch erklärt werden, daß die Verkäufer die Waren über ihrem Werte verkaufen, noch dadurch, daß die Käufer sie unter ihrem Werte kaufen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.175)}}<br />
<br />
{{Zitat |Der zirkulierende Wert hat sich um kein Atom vergrößert, seine Verteilung zwischen A und B hat sich verändert. Auf der einen Seite erscheint als Mehrwert, was auf der andren Minderwert ist, auf der einen Seite als Plus, was auf der andren als Minus.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.177)}}<br />
<br />
{{Zitat |Man mag sich also drehen und wenden, wie man will, das Fazit bleibt dasselbe. Werden Äquivalente ausgetauscht, so entsteht kein Mehrwert, und werden Nicht-Äquivalente ausgetauscht, so entsteht auch kein Mehrwert. Die Zirkulation oder der Warenaustausch schafft keinen Wert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.177f.)}}<br />
<br />
{{Zitat |Kann aber der Mehrwert anderswoher entspringen als aus der Zirkulation? Die Zirkulation ist die Summe aller Wechselbeziehungen der Warenbesitzer. Außerhalb derselben steht der Warenbesitzer nur noch in Beziehung zu seiner eignen Ware. […] Aber seine Arbeit stellt sich nicht dar im Werte der Ware und einem Überschuß über ihrem eignen Wert, nicht in einem Preise von 10, der zugleich ein Preis von 11, nicht in einem Wert, der größer als er selbst ist. Der Warenbesitzer kann durch seine Arbeit Werte bilden, aber keine sich verwertenden Werte. Er kann den Wert einer Ware erhöhn, indem er vorhandnem Wert neuen Wert durch neue Arbeit zusetzt, z.B. aus Leder Stiefel macht.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.179f.)}}<br />
<br />
==Ware Arbeitskraft==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Ware Arbeitskraft ist die dem Arbeiter eigene Ware. Ob sie körperliche oder geistige Arbeit verrichtet- ihr spezifischer Gebrauchswert ist die Erzeugung von Wert. Ihr Tauschwert richtet sich nach der Summe der notwendigen Lebensmittel, die der Arbeiter braucht, um sich selbst zu reproduzieren und ist abhängig von der Kulturstufe, den Ansprüchen, die der Arbeiter stellt und dem Wert der benötigten Lebensmittel. Steigt der Wert der benötigten Lebensmittel, steigt auch der Wert der Arbeitskraft. Die Minimalgrenze des Werts der Arbeitskraft ist der Wert der täglichen Lebensmittel des Arbeiters. Sinkt der Preis der Arbeitskraft unter diesen Wert, hört der Arbeiter auf, zu existieren.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Arbeitskraft, Wert, Gebrauchswert, Arbeitsvermögen, Kapitalist, Geldbesitzer, Arbeiter, Warenbesitzer, Eigentum, Kapital, Warenmarkt, Freiheit, Ware, Produktion, Reproduktion, Arbeitszeit, Lebensmittel, Grenze, Minimum<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Ware Arbeitskraft wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Der Gebrauchswert der Ware Arbeitskraft ist es Wert zu schaffen. Zur Arbeitskraft zählen alle körperlichen und geistigen Fähigkeiten, die beim Arbeiten benutzt werden.<br />
<br />
{{Zitat |Die Veränderung muß sich also zutragen mit der Ware, die im ersten Akt G – W gekauft wird, aber nicht mit ihrem Wert, denn es werden Äquivalente ausgetauscht, die Ware wird zu ihrem Werte bezahlt. Die Veränderung kann also nur entspringen aus ihrem Gebrauchswert als solchem, d. h. aus ihrem Verbrauch. Um aus dem Verbrauch einer Ware Wert herauszuziehn, müßte unser Geldbesitzer so glücklich sein, innerhalb der Zirkulationssphäre, auf dem Markt, eine Ware zu entdecken, deren Gebrauchswert selbst die eigentümliche Beschaffenheit besäße, Quelle von Wert zu sein, deren wirklicher Verbrauch also selbst Vergegenständlichung von Arbeit wäre, daher Wertschöpfung. Und der Geldbesitzer findet auf dem Markt eine solche spezifische Ware vor – das Arbeitsvermögen oder die Arbeitskraft. Unter Arbeitskraft oder Arbeitsvermögen verstehen wir den Inbegriff der physischen und geistigen Fähigkeiten, die in der Leiblichkeit, der lebendigen Persönlichkeit eines Menschen existieren und die er in Bewegung setzt, sooft er Gebrauchswerte irgendeiner Art produziert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.181)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Der Kapitalist und der Arbeiter begegnen sich als juristisch gleiche Personen, als ebenbürtige Warenbesitzer auf dem Markt. Der einzige Unterschied ist, dass der eine Käufer, der andere Verkäufer ist. Der Arbeiter muss immer Besitzer seiner Ware, also Arbeitskraft, sein und kann sie somit nur für einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung stellen.<br />
<br />
{{Zitat |Er und der Geldbesitzer begegnen sich auf dem Markt und treten in Verhältnis zueinander als ebenbürtige Warenbesitzer, nur dadurch unterschieden, daß der eine Käufer, der andre Verkäufer, beide also juristisch gleiche Personen sind. Die Fortdauer dieses Verhältnisses erheischt, daß der Eigentümer der Arbeitskraft sie stets nur für bestimmte Zeit verkaufe, denn verkauft er sie in Bausch und Bogen, ein für allemal, so verkauft er sich selbst, verwandelt sich aus einem Freien in einen Sklaven, aus einem Warenbesitzer in eine Ware. Er als Person muß sich beständig zu seiner Arbeitskraft als seinem Eigentum und daher seiner eignen Ware verhalten, und das kann er nur, soweit er sie dem Käufer stets nur vorübergehend, für einen bestimmten Zeittermin, zur Verfügung stellt, zum Verbrauch überläßt, also durch ihre Veräußerung nicht auf sein Eigentum an ihr verzichtet.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.182)}}<br />
<br />
'''Annahme 3 '''<br />
<br />
Voraussetzung für die Verwandlung von Geld in Kapital ist, dass es Arbeiter auf dem Warenmarkt gibt. Die Arbeiter müssen über ihre Arbeitskraft als Ware verfügen können und besitzen keine eigenen Produktionsmittel.<br />
<br />
{{Zitat |Zur Verwandlung von Geld in Kapital muß der Geldbesitzer also den freien Arbeiter auf dem Warenmarkt vorfinden, frei in dem Doppelsinn, daß er als freie Person über seine Arbeitskraft als seine Ware verfügt, daß er andrerseits andre Waren nicht zu verkaufen hat, los und ledig, frei ist von allen zur Verwirklichung seiner Arbeitskraft nötigen Sachen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.183)}}<br />
<br />
'''Annahme 4 '''<br />
<br />
Der Wert der Ware Arbeitskraft wird gemessen an dem Wert der Summe der Lebensmittel, die der Arbeiter benötigt, um existieren zu können, sowie sich selbst fortzupflanzen. <br />
<br />
{{Zitat |Die Arbeitskraft existiert nur als Anlage des lebendigen Individuums. Ihre Produktion setzt also seine Existenz voraus. Die Existenz des Individuums gegeben, besteht die Produktion der Arbeitskraft in seiner eignen Reproduktion oder Erhaltung. Zu seiner Erhaltung bedarf das lebendige Individuum einer gewissen Summe von Lebensmitteln. Die zur Produktion der Arbeitskraft notwendige Arbeitszeit löst sich also auf in die zur Produktion dieser Lebensmittel notwendige Arbeitszeit, oder der Wert der Arbeitskraft ist der Wert der zur Erhaltung ihres Besitzers notwendigen Lebensmittel.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.185)}}<br />
<br />
'''Annahme 5 '''<br />
<br />
Besonderheit des Werts der Ware Arbeitskaft: Er ist beeinflussbar; abhängig von der Kulturstufe, den Ansprüchen, die die Arbeiter stellen, die sich historisch entwickelt haben und als natürliche Bedürfnisse gelten.<br />
<br />
{{Zitat |Die Summe der Lebensmittel muß also hinreichen, das arbeitende Individuum als arbeitendes Individuum in seinem normalen Lebenszustand zu erhalten. Die natürlichen Bedürfnisse selbst, wie Nahrung, Kleidung, Heizung, Wohnung usw., sind verschieden je nach den klimatischen und andren natürlichen Eigentümlichkeiten eines Landes. Andrerseits ist der Umfang sog. notwendiger Bedürfnisse, wie die Art ihrer Befriedigung, selbst ein historisches Produkt und hängt daher großenteils von der Kulturstufe eines Landes, unter andrem auch wesentlich davon ab, unter welchen Bedingungen, und daher mit welchen Gewohnheiten und Lebensansprüchen die Klasse der freien Arbeiter sich gebildet hat. Im Gegensatz zu den andren Waren enthält also die Wertbestimmung der Arbeitskraft ein historisches und moralisches Element. Für ein bestimmtes Land, zu einer bestimmten Periode jedoch, ist der Durchschnitts-Umkreis der notwendigen Lebensmittel gegeben.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.185)}}<br />
<br />
'''Annahme 6 '''<br />
<br />
Da der Wert der Ware Arbeitskraft an der Summe der Lebensmittel gemessen wird, die der Arbeiter zur Reproduktion seiner Arbeitskraft benötigt, verändert sich dieser Wert, wenn der Wert der Lebensmittel sich verändert.<br />
<br />
{{Zitat |Der Wert der Arbeitskraft löst sich auf in den Wert einer bestimmten Summe von Lebensmitteln. Er wechselt daher auch mit dem Wert dieser Lebensmittel, d. h. der Größe der zu ihrer Produktion erheischten Arbeitszeit.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.186)}}<br />
<br />
'''Annahme 7 '''<br />
<br />
Die Minimalgrenze des Werts der Ware Arbeitskraft ist erreicht, wenn ein Sinken des Preises der Arbeitskraft dazu führen würde, dass die tägliche Reproduktion des Arbeiters nicht mehr gewährleistet wäre und er sterben müsste. <br />
<br />
{{Zitat |Die letzte Grenze oder Minimalgrenze des Werts der Arbeitskraft wird gebildet durch den Wert einer Warenmasse, ohne deren tägliche Zufuhr der Träger der Arbeitskraft, der Mensch, seinen Lebensprozeß nicht erneuern kann, also durch den Wert der physisch unentbehrlichen Lebensmittel.<br/> Sinkt der Preis der Arbeitskraft auf dieses Minimum, so sinkt er unter ihren Wert, denn sie kann sich so nur in verkümmerter Form erhalten und entwickeln. Der Wert jeder Ware ist aber bestimmt durch die Arbeitszeit, erfordert, um sie in normaler Güte zu liefern.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.187)}}<br />
<br />
==Konstantes und variables Kapital==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Das im Arbeitsprozess eingesetzte Kapital unterteilt sich in konstantes und variables Kapital. Das konstante Kapital (k) wird dabei gebildet aus dem eingesetzten Rohmaterial, der Hilfsstoffe und den Arbeitsmitteln. Das variable Kapital (v) bildet sich aus der bezahlten Arbeitskraft. Während das variable Kapital einerseits den Wert des konstanten Kapitals auf das Arbeitsprodukt überträgt und sein eigenes Äquivalent, schafft es zusätzlich Mehrwert. Es verändert also seine Wertgröße. Die Wertgröße des konstanten Kapitals verändert sich hingegen nicht.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Arbeitskraft, lebendige Arbeit, Kapital, Produktionsmittel, Verausgabung, Produkt, Wert, Konstantes Kapital, Variables Kapital, Verwertungsprozess, Wertzusammensetzung, Technische Zusammensetzung des Kapitals, Organische Zusammensetzung des Kapitals<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition des konstanten und variablen Kapitals wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Im Arbeitsprozess überträgt der Arbeiter den Wert der verwendeten Produktionsmittel (Rohstoffe, Hilfsstoffe, Teilwert der verwendeten Maschinen) und schafft neuen Wert durch seine hinzugefügte Arbeit.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist also eine Naturgabe der sich betätigenden Arbeitskraft, der lebendigen Arbeit, Wert zu erhalten, indem sie Wert zusetzt, eine Naturgabe, die dem Arbeiter nichts kostet, aber dem Kapitalisten viel einbringt, die Erhaltung des vorhandnen Kapitalwerts.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.221)}}<br />
<br />
{{Zitat |In ihrer abstrakten, allgemeinen Eigenschaft also, als Verausgabung menschlicher Arbeitskraft, setzt die Arbeit des Spinners den Werten von Baumwolle und Spindel Neuwert zu, und in ihrer konkreten, besondren, nützlichen Eigenschaft als Spinnprozeß, überträgt sie den Wert dieser Produktionsmittel auf das Produkt und erhält so ihren Wert im Produkt. Daher die Doppelseitigkeit ihres Resultats in demselben Zeitpunkt. Durch das bloß quantitative Zusetzen von Arbeit wird neuer Wert zugesetzt, durch die Qualität der zugesetzten Arbeit werden die alten Werte der Produktionsmittel im Produkt erhalten.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.215)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Konstantes Kapital sind Ausgaben für Rohmaterialien, Hilfsstoffe und Arbeitsmittel, die ihre Wertgröße im Produktionsprozess nicht verändern.<br />
Variables Kapital ist die Bezahlung der Arbeitskraft. Die Arbeitskraft überträgt nicht nur ihren eigenen Wert auf das Produkt, sondern schafft zusätzlich neuen (Mehrwert), der mal größer, mal kleiner sein kann.<br />
<br />
{{Zitat |Der Überschuß des Gesamtwerts des Produkts über die Wertsumme seiner Bildungselemente ist der Überschuß des verwerteten Kapitals über den ursprünglich vorgeschoßnen Kapitalwert. Produktionsmittel auf der einen Seite, Arbeitskraft auf der andren sind nur die verschiednen Existenzformen, die der ursprüngliche Kapitalwert annahm bei Abstreifung seiner Geldform und seiner Verwandlung in die Faktoren des Arbeitsprozesses.<br/> Der Teil des Kapitals also, der sich in Produktionsmittel, d. h. in Rohmaterial, Hilfsstoffe und Arbeitsmittel umsetzt, verändert seine Wertgröße nicht im Produktionsprozeß. Ich nenne ihn daher konstanten Kapitalteil, oder kürzer: konstantes Kapital.<br/> Der in Arbeitskraft umgesetzte Teil des Kapitals verändert dagegen seinen Wert im Produktionsprozeß. Er reproduziert sein eignes Äquivalent und einen Überschuß darüber, Mehrwert, der selbst wechseln, größer oder kleiner sein kann. Aus einer konstanten Größe verwandelt sich dieser Teil des Kapitals fortwährend in eine variable. Ich nenne ihn daher variablen Kapitalteil, oder kürzer: variables Kapital. Dieselben Kapitalbestandteile, die sich vom Standpunkt des Arbeitsprozesses als objektive und subjektive Faktoren, als Produktionsmittel und Arbeitskraft unterscheiden, unterscheiden sich vom Standpunkt des Verwertungsprozesses als konstantes Kapital und variables Kapital.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.223f.)}}<br />
<br />
==Die Mehrwertrate==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Mehrwertrate (m‘) drückt das Verhältnis von gewonnener Mehrwertmasse (m) und eingesetzter Arbeitskraft oder variablem Kapital (v) aus, bzw. von Mehrarbeitszeit zu notwendiger Arbeitszeit. Sie beschreibt den Exploitations- bzw. Ausbeutungsgrad der Arbeitskraft.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Konstantes Kapital, Variables Kapital, Mehrwertrate, Exploitationsgrad, Mehrprodukt, Mehrwert<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Mehrwertrate wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Die Mehrwertrate (m´) bestimmt das Verhältnis des Mehrwerts (m) zu den Lohnkosten (v) oder der Mehrarbeitszeit zu der notwenigen Arbeitszeit.(m´) = Mehrwert (m) / variables Kapital (v) oder Mehrarbeitszeit / notwendige Arbeitszeit. Somit lässt sich durch die Mehrwertrate der Ausbeutungsgrad des Arbeiters durch den Kapitalisten bestimmen.<br />
<br />
{{Zitat |Der Mehrwert verhält sich zum variablen Kapital, wie die Mehrarbeit zur notwendigen, oder die Rate des Mehrwerts m (geteilt durch) v gleich Mehrarbeit (geteilt durch) Notwendige Arbeit. Beide Proportionen drücken dasselbe Verhältnis in verschiedner Form aus, das eine Mal in der Form vergegenständlichter, das andre Mal in der Form flüssiger Arbeit. Die Rate des Mehrwerts ist daher der exakte Ausdruck für den Exploitationsgrad der Arbeitskraft durch das Kapital oder des Arbeiters durch den Kapitalisten.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.231f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Da der Zweck der kapitalistischen Produktion die Produktion von Mehrwert ist, ist die Höhe der Mehrwertrate eine bestimmende Größe.<br />
<br />
{{Zitat |Wie die Produktion von Mehrwert der bestimmende Zweck der kapitalistischen Produktion, so mißt nicht die absolute Größe des Produkts, sondern die relative Größe des Mehrprodukts den Höhegrad des Reichtums.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.243f.)}}<br />
<br />
==Der Arbeitstag==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Länge eines Arbeitstages im Industriekapitalismus hat eine untere und eine obere Grenze. Die untere Grenze muss oberhalb der notwendigen Arbeitszeit liegen, da Kapitalisten profitabel produzieren müssen. Die obere Grenze kann durch physische und moralische Kriterien beantwortet werden. Physisch muss die obere Grenze den Arbeitern die Reproduktion ihrer Arbeitskraft ermöglichen. Moralisch müssen auch geistige, soziale etc. Bedürfnisse der Arbeiter befriedigt werden. Die moralische Grenze resultiert aus den Machtverhältnissen der organisierten Arbeiter gegenüber der Kapitalseite, die sich in Arbeitskämpfen austragen und innerhalb des Kapitalismus in Staatsgesetzen ausdrücken. Die Kapitalisten drängen auf ihr Optimum, also auf eine für sie günstige und ständige Verwertung von Arbeitskraft, da Maschinen ständige, also 24-stündige, Verwertungsmöglichkeiten darstellen. Das bedeutet die Verkehrung der Verhältnisse von toter und lebendiger Arbeit.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Arbeitstag, Klassenkampf, Länge des Arbeitstags, Maximalgrenze des Arbeitstags, Minimalgrenze des Arbeitstags, notwendige Arbeit, Notwendigkeit der Organisierung der Arbeiter, Recht als Käufer/Verkäufer, Staatsgesetz<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die Länge des Arbeitstags hat gewisse Schranken, in denen sie variieren kann.<br />
<br />
{{Zitat |Obgleich nun der Arbeitstag keine feste, sondern eine fließende Größe ist, kann er andrerseits nur innerhalb gewisser Schranken variieren.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.246)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
In der kapitalistischen Produktionsweise kann sich der Arbeitstag nie nur auf den Teil der notwendigen Arbeit verkürzen.<br />
<br />
{{Zitat |Auf Grundlage der kapitalistischen Produktionsweise kann die notwendige Arbeit […] immer nur einen Teil seines [des Arbeiters] Arbeitstages bilden, der Arbeitstag sich also nie auf dies Minimum verkürzen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.246)}}<br />
<br />
'''Annahme 3 '''<br />
<br />
Die Maximalgrenze ist doppelt bestimmt. Der Arbeiter hat eine physische Grenze. Ein Teil des Tages muss er schlafen, essen, sich reinigen etc. Und es gibt eine moralische Grenze. Der Arbeiter braucht Zeit, geistige und soziale Bedürfnisse zu befriedigen, deren Umfang abhängig vom allgemeinen Kulturzustand ist. Beide Schranken sind sehr elastisch.<br />
<br />
{{Zitat |Er ist über eine gewisse Grenze hinaus nicht verlängerbar. Diese Maximalschranke ist doppelt bestimmt. Einmal durch die physische Schranke der Arbeitskraft. Ein Mensch kann während des natürlichen Tags von 24 Stunden nur ein bestimmtes Quantum Lebenskraft verausgaben. So kann ein Pferd tagaus, tagein nur 8 Stunden arbeiten. Während eines Teils des Tags muß die Kraft ruhen, schlafen, während eines andren Teils hat der Mensch andre physische Bedürfnisse zu befriedigen, sich zu nähren, reinigen, kleiden usw. Außer dieser rein physischen Schranke stößt die Verlängrung des Arbeitstags auf moralische Schranken. Der Arbeiter braucht Zeit zur Befriedigung geistiger und sozialer Bedürfnisse, deren Umfang und Zahl durch den allgemeinen Kulturzustand bestimmt sind. Die Variation des Arbeitstags bewegt sich daher innerhalb physischer und sozialer Schranken. Beide Schranken sind aber sehr elastischer Natur und erlauben den größten Spielraum. So finden wir Arbeitstage von 8, 10, 12, 14, 16, 18 Stunden, also von der verschiedensten Länge.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.246f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Aus Sicht des Kapitalisten darf er größtmöglichen Nutzen aus seiner gekauften Ware Arbeitskraft herauszuschlagen, wie jeder andere auch aus seiner gekauften Ware. Das konstante (tote) Kapital und die Produktionsmittel sind nur da, um lebendige Arbeit einzusaugen. Das Interesse des Kapitalisten ist es sein Kapital zu verwerten und so viel Mehrwert wie möglich zu schaffen.<br/><br />
Der Kapitalist kauft den Gebrauchswert der Arbeitskraft, der Arbeiter erhält den Tauschwert. Dennoch zieht der Kapitalist Mehrwert aus diesem Tausch, der den Gesetzen des Warentauschs entspricht.<br />
<br />
{{Zitat |Der Kapitalist hat die Arbeitskraft zu ihrem Tageswert gekauft. Ihm gehört ihr Gebrauchswert während eines Arbeitstags. Er hat also das Recht erlangt, den Arbeiter während eines Tags für sich arbeiten zu lassen. Aber was ist ein Arbeitstag? Jedenfalls weniger als ein natürlicher Lebenstag. Um wieviel? Der Kapitalist hat seine eigne Ansicht über dies ultima Thüle, die notwendige Schranke des Arbeitstags. Als Kapitalist ist er nur personifiziertes Kapital. Seine Seele ist die Kapitalseele. Das Kapital hat aber einen einzigen Lebenstrieb, den Trieb, sich zu verwerten, Mehrwert zu schaffen, mit seinem konstanten Teil, den Produktionsmitteln, die größtmögliche Masse Mehrarbeit einzusaugen. Das Kapital ist verstorbne Arbeit, die sich nur vampyrmäßig belebt durch Einsaugung lebendiger Arbeit und um so mehr lebt, je mehr sie davon einsaugt. Die Zeit, während deren der Arbeiter arbeitet, ist die Zeit, während deren der Kapitalist die von ihm gekaufte Arbeitskraft konsumiert. Konsumiert der Arbeiter seine disponible Zeit für sich selbst, so bestiehlt er den Kapitalisten. <br/> Der Kapitalist beruft sich also auf das Gesetz des Warenaustausches. Er, wie jeder andre Käufer, sucht den größtmöglichen Nutzen aus dem Gebrauchswert seiner Ware herauszuschlagen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.223f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Stillliegendes konstantes Kapital bringt Verlust. Die Ausdehnung der Arbeitszeit in die Nacht hinein und generell auf alle 24 Stunden des Tages ist Trieb der kapitalistischen Produktion.<br />
<br />
{{Zitat |Das konstante Kapital, die Produktionsmittel, sind, vom Standpunkt des Verwertungsprozesses betrachtet, nur da, um Arbeit und mit jedem Tropfen Arbeit ein proportionelles Quantum Mehrarbeit einzusaugen. Soweit sie das nicht tun, bildet ihre bloße Existenz einen negativen Verlust für den Kapitalisten, denn sie repräsentieren während der Zeit, wo sie brachliegen, nutzlosen Kapitalvorschuß, und dieser Verlust wird positiv, sobald die Unterbrechung zusätzliche Auslagen nötig macht für den Wiederbeginn des Werks. Die Verlängrung des Arbeitstags über die Grenzen des natürlichen Tags in die Nacht hinein wirkt nur als Palliativ, stillt nur annähernd den Vampyrdurst nach lebendigem Arbeitsblut. Arbeit während aller 24 Stunden des Tags anzueignen ist daher der immanente Trieb der kapitalistischen Produktion.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.271f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Von den elastischen Schranken abgesehen, gibt es keine Grenze des Arbeitstages. Der Kapitalist als Käufer will den Gebrauchswert der Ware Arbeitskraft so lange wie möglich nutzen. Der Arbeiter als Verkäufer behauptet sein Recht, den Arbeitstag auf eine Normalgröße zu beschränken. <br />
Hier bringt die kapitalistische Produktionsweise also einen Kampf zwischen den Klassen hervor, damit einhergehend auch die Formierung der vielen einzelnen Kapitalisten zur Bourgeoisie und die Formierung der vielen einzelnen Angehörigen der Arbeiterklasse zu einer gemeinsam handelnden Arbeiterklasse.<br />
<br />
{{Zitat |Man sieht: Von ganz elastischen Schranken abgesehn, ergibt sich aus der Natur des Warenaustausches selbst keine Grenze des Arbeitstags, also keine Grenze der Mehrarbeit. Der Kapitalist behauptet sein Recht als Käufer, wenn er den Arbeitstag so lang als möglich und womöglich aus einem Arbeitstag zwei zu machen sucht. Andrerseits schließt die spezifische Natur der verkauften Ware eine Schranke ihres Konsums durch den Käufer ein, und der Arbeiter behauptet sein Recht als Verkäufer, wenn er den Arbeitstag auf eine bestimmte Normalgröße beschränken will. Es findet hier also eine Antinomie statt, Recht wider Recht, beide gleichmäßig durch das Gesetz des Warenaustausches besiegelt. Zwischen gleichen Rechten entscheidet die Gewalt. Und so stellt sich in der Geschichte der kapitalistischen Produktion die Normierung des Arbeitstags als Kampf um die Schranken des Arbeitstags dar – ein Kampf zwischen dem Gesamtkapitalisten, d.h. der Klasse der Kapitalisten, und dem Gesamtarbeiter, oder der Arbeiterklasse.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.249)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Ab einer gewissen Reifestufe der kapitalistischen Produktion ist der einzelne Arbeiter machtlos. Der Normalarbeitstag ist Produkt des Klassenkampfs. <br />
<br />
{{Zitat |Die Geschichte der Reglung des Arbeitstags in einigen Produktionsweisen, in andren der noch fortdauernde Kampf um diese Reglung, beweisen handgreiflich, daß der vereinzelte Arbeiter, der Arbeiter als ‚freier‘ Verkäufer seiner Arbeitskraft, auf gewisser Reifestufe der kapitalistischen Produktion, widerstandslos unterliegt. Die Schöpfung eines Normalarbeitstags ist daher das Produkt eines langwierigen, mehr oder minder versteckten Bürgerkriegs zwischen der Kapitalistenklasse und der Arbeiterklasse.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.316)}}<br />
<br />
'''Annahme 8'''<br />
<br />
Die Arbeiter als Klasse müssen zu ihrem eigenen Schutze ein Staatsgesetz erzwingen, ein Vertrag mit den Kapitalisten eingehen, um sich nicht individuell zu Tode zu arbeiten. <br />
<br />
{{Zitat |Zum ‚Schutz‘ gegen die Schlange ihrer Qualen müssen die Arbeiter ihre Köpfe zusammenrotten und als Klasse ein Staatsgesetz erzwingen, ein übermächtiges gesellschaftliches Hindernis, das sie selbst verhindert, durch freiwilligen Kontrakt mit dem Kapital sich und ihr Geschlecht in Tod und Sklaverei zu verkaufen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.320)}}<br />
<br />
'''Annahme 9'''<br />
<br />
Der Kapitalist passt auf, dass der Arbeiter mit Intensität Arbeit verrichtet.<br />
Kapital wird zum Zwangsverhältnis, welches die Arbeiterklasse nötigt, mehr Arbeit zu verrichten, als der enge Kreis der Lebensbedürfnisse vorschrieb. <br/> Das Kapital übertrifft im Grad der Ausbeutung alle Produktionsverhältnisse direkter Zwangsarbeit.<br />
<br />
{{Zitat |Innerhalb des Produktionsprozesses entwickelte sich das Kapital zum Kommando über die Arbeit, d.h. über die sich betätigende Arbeitskraft oder den Arbeiter selbst. Das personifizierte Kapital, der Kapitalist, paßt auf, daß der Arbeiter sein Werk ordentlich und mit dem gehörigen Grad von Intensität verrichte. Das Kapital entwickelte sich ferner zu einem Zwangsverhältnis, welches die Arbeiterklasse nötigt, mehr Arbeit zu verrichten, als der enge Umkreis ihrer eignen Lebensbedürfnisse vorschrieb. Und als Produzent fremder Arbeitsamkeit, als Auspumper von Mehrarbeit und Exploiteur von Arbeitskraft übergipfelt es an Energie, Maßlosigkeit und Wirksamkeit alle frühern auf direkter Zwangsarbeit beruhenden Produktionssysteme.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.328)}}<br />
<br />
'''Annahme 10'''<br />
<br />
Produktionsmittel wenden den Arbeiter an. Sie verzehren ihn als Element ihres eigenen Lebensprozesses, als Lebensprozess des Kapitals. Das bedeutet die Verkehrung der Verhältnisses von toter und lebendiger Arbeit.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist nicht mehr der Arbeiter, der die Produktionsmittel anwendet, sondern es sind die Produktionsmittel, die den Arbeiter anwenden. Statt von ihm als stoffliche Elemente seiner produktiven Tätigkeit verzehrt zu werden, verzehren sie ihn als Ferment ihres eignen Lebensprozesses, und der Lebensprozeß des Kapitals besteht nur in seiner Bewegung als sich selbst verwertender Wert. Schmelzöfen und Arbeitsgebäude, die des Nachts ruhn und keine lebendige Arbeit einsaugen, sind ‚reiner Verlust‘ (‚mere loss‘) für den Kapitalisten. Darum konstituieren Schmelzöfen und Arbeitsgebäude einen ‚Anspruch auf die Nachtarbeit‘ der Arbeitskräfte. Die bloße Verwandlung des Geldes in gegenständliche Faktoren des Produktionsprozesses, in Produktionsmittel, verwandelt letztre in Rechtstitel und Zwangstitel auf fremde Arbeit und Mehrarbeit.<br/> Wie diese der kapitalistischen Produktion eigentümliche und sie charakterisierende Verkehrung, ja Verrückung des Verhältnisses von toter und lebendiger Arbeit, von Wert und wertschöpferischer Kraft, sich im Bewusstsein der Kapitalistenköpfe abspiegelt [...]| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.329)}}<br />
<br />
==Der Arbeitslohn==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Der Arbeitslohn ist der Verkaufspreis von Arbeitskraft. Seine Untergrenze ist der Wert von Arbeitskraft, der sich durch den Wert der gewohnheitsmäßig notwendigen Lebensmittel des Durchschnittsarbeiters bemisst. Der Arbeitswert stellt gleichzeitig die notwendige Arbeit dar. Das relative Verhältnis von Arbeitslohn und Mehrwert wird durch <br />
1) die Länge eines Arbeitstags sowie durch die <br />
2) Intensität und <br />
3) Produktivkraft von Arbeit bestimmt. <br />
Arbeitslohn ist bezahlte Arbeit, Mehrwert ist unbezahlte Arbeit.<br />
<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Preis der Arbeitskraft, Wert der Arbeitskraft, Verelendung der Arbeiterklasse, bezahlte Arbeit, unbezahlte Arbeit, notwendige Arbeit, Mehrarbeit, Stundenlohn, Ausbeutung<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Der Wert der Arbeitskraft ist bestimmt durch den Wert der gewohnheitsmäßig notwendigen Lebensmittel des Durchschnittsarbeiters. Für die Wertbestimmung der Arbeitskraft sind zwei faktoren relevant: Einerseits ihre Entwicklungskosten, die sich mit der Produktionsweise ändern, andererseits ihre Naturdifferenz, ob sie beispielsweise erfahren oder unerfahren ist. Der Preis der Arbeitskraft kann gelegentlich über den Wert der Ware steigen, aber nie unter ihn sinken. <br/> Die relativen Größen von Preis der Arbeitskraft und von Mehrwert werden durch drei Umstände bedingt: 1. die Länge des Arbeitstags, 2. die Intensität der Arbeit und 3. endlich die Produktivkraft der Arbeit.<br />
<br />
{{Zitat |Der Wert der Arbeitskraft ist bestimmt durch den Wert der gewohnheitsmäßig notwendigen Lebensmittel des Durchschnittsarbeiters. Die Masse dieser Lebensmittel, obgleich ihre Form wechseln mag, ist in einer bestimmten Epoche einer bestimmten Gesellschaft gegeben und daher als konstante Größe zu behandeln. Was wechselt, ist der Wert dieser Masse. Zwei andre Faktoren gehn in die Wertbestimmung der Arbeitskraft ein. Einerseits ihre Entwicklungskosten, die sich mit der Produktionsweise ändern, andrerseits ihre Naturdifferenz, ob sie männlich oder weiblich, reif oder unreif. Der Verbrauch dieser differenten Arbeitskräfte, wieder bedingt durch die Produktionsweise, macht großen Unterschied in den Reproduktionskosten der Arbeiterfamilie und dem Wert des erwachsnen männlichen Arbeiters. Beide Faktoren bleiben jedoch bei der folgenden Untersuchung ausgeschlossen . Wir unterstellen. 1. daß die Waren zu ihrem Wert verkauft werden, 2. daß der Preis der Arbeitskraft wohl gelegentlich über ihren Wert steigt, aber nie unter ihn sinkt. <br/> Dies einmal unterstellt, fand sich, daß die relativen Größen von Preis der Arbeitskraft und von Mehrwert durch drei Umstände bedingt sind: 1. die Länge des Arbeitstags oder die extensive Größe der Arbeit; 2. die normale Intensität der Arbeit oder ihre intensive Größe, so daß ein bestimmtes Arbeitsquantum in bestimmter Zeit verausgabt wird; 3. endlich die Produktivkraft der Arbeit, so daß je nach dem Entwicklungsgrad der Produktionsbedingungen dasselbe Quantum Arbeit in derselben Zeit ein größeres oder kleineres Quantum Produkt liefert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.542)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Der Preis der Arbeitskraft könnte bei steigender Produktivkraft sinken, bei gleichzeitigem Wachstum der Lebensmittelmasse des Arbeiters. Aber im Vergleich zum Mehrwert sänke der Arbeitslohn. Die Kluft zwischen den Lebenslagen der Arbeiter und Kapitalisten wächst.<br />
<br />
{{Zitat |Der Preis der Arbeitskraft könnte so bei steigender Produktivkraft der Arbeit beständig fallen mit gleichzeitigem, fortwährendem Wachstum der Lebensmittelmasse des Arbeiters. Relativ aber, d.h. verglichen mit dem Mehrwert, sänke der Wert der Arbeitskraft beständig und erweiterte sich also die Kluft zwischen den Lebenslagen von Arbeiter und Kapitalist.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.546)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Form des Arbeitslohn verschleiert die Teilung des Arbeitstages in bezahlte und unbezahlte Arbeit.<br />
<br />
{{Zitat|Die Form des Arbeitslohns löscht also jede Spur der Teilung des Arbeitstags in notwendige Arbeit und Mehrarbeit, in bezahlte und unbezahlte Arbeit aus. Alle Arbeit erscheint als bezahlte Arbeit.|(Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.562f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Bei Zahlung einzelner Arbeitsstunden wird der Zusammenhang zwischen bezahlter und unbezahlter Arbeit aufgehoben. Dem Arbeiter ist nicht garantiert auf die notwendige Arbeitszeit zu kommen um seine Selbsterhaltung zu gewährleisten.<br />
<br />
{{Zitat |Wird der Stundenlohn in der Weise fixiert, daß der Kapitalist sich nicht zur Zahlung eines Tages- oder Wochenlohns verpflichtet, sondern nur zur Zahlung der Arbeitsstunden, während deren es ihm beliebt, den Arbeiter zu beschäftigen, so kann er ihn unter der Zeit beschäftigen, die der Schätzung des Stundenlohns oder der Maßeinheit für den Preis der Arbeit ursprünglich zugrunde liegt. Da diese Maßeinheit bestimmt ist durch die Proportion Tageswert der Arbeitskraft/Arbeitstag von gegebener Stundenzahl, verliert sie natürlich allen Sinn, sobald der Arbeitstag aufhört, eine bestimmte Stundenzahl zu zählen. Der Zusammenhang zwischen der bezahlten und unbezahlten Arbeit wird aufgehoben. Der Kapitalist kann jetzt ein bestimmtes Quantum Mehrarbeit aus dem Arbeiter herausschlagen, ohne ihm die zu seiner Selbsterhaltung notwendige Arbeitszeit einzuräumen.|(Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.568)}}<br />
<br />
==Produktive und unproduktive Arbeit im Kapitalismus==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Produktive Arbeit, Mehrwert, Kaufmann, Kaufmannskapital, Zirkulationsprozess, Wert, industrielles Kapital, unbezahlte Arbeit, Zirkulationskosten, Profitrate, Kopfarbeit,<br />
Handarbeit, Gesamtarbeiter<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Produktiv Arbeit ist Arbeit, welche sich direkt in Kapital verwandelt, Arbeit die Mehrwert schafft oder jene die dem Kapital als Helbel dient Mehrwert zu schaffen. <br />
<br />
{{Zitat |Bloß die bürgerliche Borniertheit, die die kapitalistische Formen der Produktion für die absoluten Formen derselben hält – daher für ewige Naturformen der Produktion – kann die Frage, was produktive Arbeit vom Standpunkt des Kapitals aus ist, mit der Frage, welche Arbeit überhaupt produktiv ist oder was produktive Arbeit überhaupt ist, verwechseln und daher sich sehr weise dünken in der Antwort, daß jede Arbeit, die überhaupt etwas produziert, in irgendetwas resultiert, von sich aus produktive Arbeit ist. [...] Nur die Arbeit, die sich direkt in Kapital verwandelt, ist produktiv; [...] Arbeit, die Mehrwert setzt oder dem Kapital als Hebel dient, Mehrwert zu setzen und daher sich als Kapital, als sich verwertenden Wert zu setzen.| (Marx, Theorien über den Mehrwert I, MEW Band 26, S.369)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Es gibt gesellschaftlich notwendige Bereiche, die keine Werte – und damit keinen Mehrwert – schaffen, weil sich die dort geleistete Arbeit nicht in Produkten materialisiert. Unproduktive Arbeit hat den Nutzen, einen geringeren Teil der gesamten Arbeitskraft der Gesellschaft in unproduktiver Form binden zu müssen.<br />
<br />
{{Zitat |Er [der Kaufmann] verrichtet eine notwendige Funktion, weil der Reproduktionsprozess selbst unproduktive Funktionen einschließt. Er arbeitet so gut wie ein anderer, aber der Inhalt seiner Arbeit schafft weder Wert noch Produkt. Er selbst gehört zu den faux frais der Produktion. Sein Nutzen besteht nicht darin, eine unproduktive in eine produktive Funktion zu verwandeln, oder unproduktive Arbeit in produktive. […] Sein Nutzen besteht vielmehr darin, dass ein geringerer Teil der Arbeitskraft und Arbeitszeit der Gesellschaft in dieser unproduktiven Form gebunden wird.| (Marx, Kapital 2.Band, MEW Band 24, S.133f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Im Zirkulationsprozess wird kein Wert und damit kein Mehrwert produziert.<br />
<br />
{{Zitat |Das Kaufmannskapital ist nichts als innerhalb der Zirkulationssphäre fungierendes Kapital. Der Zirkulationsprozeß ist eine Phase des gesamten Reproduktionsprozesses. Aber im Zirkulationsprozeß wird kein Wert produziert, also auch kein Mehrwert.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.290)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Das industrielle Kapital produziert den Mehrwert durch direkte Aneignung unbezahlter, fremder Arbeit. Das Kaufmannskapital eignet sich einen Teil dieses Mehrwerts an.<br />
<br />
{{Zitat |Das Verhältnis des Kaufmannskapitals zum Mehrwert ist ein anderes als das des industriellen Kapitals. Das letztere produziert den Mehrwert durch direkte Aneignung unbezahlter fremder Arbeit. Das erstere eignet sich einen Teil dieses Mehrwerts an, indem es diesen Teil vom industriellen Kapital auf sich übertragen lässt.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.304)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Dem industriellen Kapital sind die Zirkulationskosten Unkosten, für das Handelskapital Quelle des Profits.<br />
<br />
{{Zitat |Dem industriellen Kapital erscheinen und sind die Zirkulationskosten Unkosten. Dem Kaufmann erscheinen sie als Quelle seines Profits, der – die allgemeine Profitrate vorausgesetzt – im Verhältnis zur Größe derselben steht.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.313.)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Im kooperativen Arbeitsprozess wird unterteilt in Hand- und Kopfarbeit. Im Sinne des Gesamtarbeiters verrichten aber beide Teile produktive Arbeit. Für produktive Arbeit, ist es nicht mehr notwendig selbst Hand anzulegen, es genügt Teil des Gesamtarbeiters zu sein.<br />
<br />
{{Zitat |Wie im Natursystem Kopf und Hand zusammengehören, vereint der Arbeitsprozeß Kopfarbeit und Handarbeit. Später scheiden sie sich bis zum feindlichen Gegensatz. Das Produkt verwandelt sich überhaupt aus dem unmittelbaren Produkt des individuellen Produzenten in ein gesellschaftliches, in das gemeinsame Produkt eines Gesamtarbeiters, d.h. eines kombinierten Arbeitspersonals, dessen Glieder der Handhabung des Arbeitsgegenstandes näher oder ferner stehn. Mit dem kooperativen Charakter des Arbeitsprozesses selbst erweitert sich daher notwendig der Begriff der produktiven Arbeit und ihres Trägers, des produktiven Arbeiters. Um produktiv zu arbeiten, ist es nun nicht mehr nötig, selbst Hand anzulegen; es genügt, Organ des Gesamtarbeiters zu sein, irgendeine seiner Unterfunktionen zu vollziehn.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.531)}}<br />
<br />
==Absolute Mehrwertproduktion==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Exploitationsgrad, variables Kapital<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Unter absoluter Mehrwertproduktion versteht Marx die Verschärfung der Ausbeutung durch die Verlängerung des Arbeitstages, damit also der Verlängerung der Mehrarbeit, und durch die Abnahme der beschäftigten Arbeiter.<br />
<br />
{{Zitat |Verminderung des variablen Kapitals ist […] ausgleichbar durch proportionelle Erhöhung im Exploitationsgrad der Arbeitskraft oder die Abnahme in der Anzahl der beschäftigten Arbeiter durch proportionelle Verlängerung des Arbeitstags.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.322f.)}}<br />
<br />
{{Zitat |Durch Verlängrung des Arbeitstags produzierten Mehrwert nenne ich absoluten Mehrwert; […]| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.334)}}<br />
<br />
==Relative Mehrwertproduktion==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Länge des Arbeitstags, Relative Mehrwertproduktion, Mehrarbeit, notwendige Arbeit, relativer Mehrwert, Wert der Arbeitskraft, Produktivkraftentwicklung, Produktivkraftsteigerung, Mehrwertrate<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Wenn der Teil der Arbeitszeit, den der Arbeiter für seine Reproduktion braucht (notwendige Arbeitszeit), verkürzt wird, ohne dass sich die gesamte Arbeitszeit reduziert, erzielt der Kapitalist eine relative Mehrwertsteigerung. Die Verlängerung des Arbeitstages führt zu einer absoluten Mehrwertsteigerung.<br />
<br />
{{Zitat |Wie kann nun die Produktion von Mehrwert vergrößert, d.h. die Mehrarbeit verlängert werden, ohne jede weitere Verlängrung oder unabhängig von jeder weiteren Verlängrung [des Arbeitstages] […]?| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.331)}}<br />
<br />
{{Zitat |Der Verlängrung der Mehrarbeit entspräche die Verkürzung der notwendigen Arbeit, oder ein Teil der Arbeitszeit, die der Arbeiter bisher in der Tat für sich selbst verbraucht, verwandelt sich in Arbeitszeit für den Kapitalisten. Was verändert, wäre nicht die Länge des Arbeitstags, sondern seine Teilung in notwendige Arbeit und Mehrarbeit.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.321f.)}}<br />
<br />
{{Zitat |Durch Verlängrung des Arbeitstags produzierten Mehrwert nenne ich absoluten Mehrwert; den Mehrwert dagegen, der aus Verkürzung der notwendigen Arbeitszeit und entsprechender Verändrung im Größenverhältnis der beiden Bestandteile des Arbeitstags entspringt – relativen Mehrwert| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.334)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Die notwendige Arbeitszeit kann sich nur verkürzen, wenn der Wert der Ware Arbeitskraft sinkt. Dieser kann nur sinken, wenn die Masse Lebensmittel in kürzerer Arbeitszeit hergestellt wird und damit geringeren Wert hat. Dies ist jedoch ohne eine Erhöhung der Produktivkraft der Arbeit unmöglich.<br />
<br />
{{Zitat |Bei gegebner Länge des Arbeitstags muß die Verlängrung der Mehrarbeit aus der Verkürzung der notwendigen Arbeitszeit entspringen, […] in unsrem Beispiel muß der Wert der Arbeitskraft wirklich um ein Zehntel sinken, damit die notwendige Arbeitszeit um ein Zehntel abnehme, von 10 auf 9 Stunden, und daher die Mehrarbeit sich von 2 auf 3 Stunden verlängre. Eine solche Senkung des Werts der Arbeitskraft um ein Zehntel bedingt aber ihrerseits, daß dieselbe Masse Lebensmittel, die früher in 10, jetzt in 9 Stunden produziert wird. Dies ist jedoch unmöglich ohne eine Erhöhung der Produktivkraft der Arbeit. […] Unter Erhöhung der Produktivkraft der Arbeit verstehn wir hier überhaupt eine Verändrung im Arbeitsprozeß, wodurch die zur Produktion einer Ware gesellschaftlich erheischte Arbeitszeit verkürzt wird, ein kleinres Quantum Arbeit also die Kraft erwirbt, ein größres Quantum Gebrauchswert zu produzieren. Während also bei der Produktion des Mehrwerts in der bisher betrachteten Form die Produktionsweise als gegeben unterstellt war, genügt es für die Produktion von Mehrwert durch Verwandlung notwendiger Arbeit in Mehrarbeit keineswegs, daß das Kapital sich des Arbeitsprozesses in seiner historisch überlieferten oder vorhandnen Gestalt bemächtigt und nur seine Dauer verlängert. Es muß die technischen und gesellschaftlichen Bedingungen des Arbeitsprozesses, also die Produktionsweise selbst umwälzen, um die Produktivkraft der Arbeit zu erhöhn, durch die Erhöhung der Produktivkraft der Arbeit den Wert der Arbeitskraft zu senken und so den zur Reproduktion dieses Werts notwendigen Teil des Arbeitstags zu verkürzen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.333f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Steigerung der Produktivkraft muss Industriezweige betreffen, deren Produkte den Wert der Arbeitskraft bestimmen.<br />
<br />
{{Zitat |Um den Wert der Arbeitskraft zu senken, muß die Steigerung der Produktivkraft Industriezweige ergreifen, deren Produkte den Wert der Arbeitskraft bestimmen, also entweder dem Umkreis der gewohnheitsmäßigen Lebensmittel angehören oder sie ersetzen können.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.334)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der Wert der Ware Arbeitskraft nimmt ab mit der zu seiner Reproduktion notwendigen Arbeitszeit, deren Gesamtverkürzung gleich der Summe ihrer Verkürzungen in allen jenen besonderen Produktionszweigen ist. Wenn ein einzelner Kapitalist durch Steigerung der Produktivkraft der Arbeit z. B. Hemden verbilligt, schwebt ihm keineswegs notwendig der Zweck vor, den Wert der Arbeitskraft und daher die notwendige Arbeitszeit pro tanto zu senken, aber nur soweit er schließlich zu diesem Resultat beiträgt, trägt er zur Erhöhung der allgemeinen Rate des Mehrwerts bei. Die allgemeinen Bewegungsgesetze des Kapitals setzen sich hinter dem Rücken der Menschen durch, ohne dass sie den Kapitalisten bewusst sind, aber immer im Sinne der Steigerung des Werts.<br />
<br />
{{Zitat |Die verwohlfeilerte Ware senkt natürlich den Wert der Arbeitskraft nur pro tanto, d.h. nur im Verhältnis, worin sie in die Reproduktion der Arbeitskraft eingeht. Hemden z.B. sind ein notwendiges Lebensmittel, aber nur eins von vielen. Ihre Verwohlfeilerung vermindert bloß die Ausgabe des Arbeiters für Hemden. Die Gesamtsumme der notwendigen Lebensmittel besteht jedoch nur aus verschiednen Waren, lauter Produkten besondrer Industrien, und der Wert jeder solchen Ware bildet stets einen aliquoten Teil vom Wert der Arbeitskraft. Dieser Wert nimmt ab mit der zu seiner Reproduktion notwendigen Arbeitszeit, deren Gesamtverkürzung gleich der Summe ihrer Verkürzungen in allen jenen besondren Produktionszweigen ist.<br/> Wir behandeln dies allgemeine Resultat hier so, als wäre es unmittelbares Resultat und unmittelbarer Zweck in jedem einzelnen Fall. Wenn ein einzelner Kapitalist durch Steigerung der Produktivkraft der Arbeit z.B. Hemden verwohlfeilert, schwebt ihm keineswegs notwendig der Zweck vor, den Wert der Arbeitskraft und daher die notwendige Arbeitszeit pro tanto zu senken, aber nur soweit er schließlich zu diesem Resultat beiträgt, trägt er bei zur Erhöhung der allgemeinen Rate des Mehrwerts. Die allgemeinen und notwendigen Tendenzen des Kapitals sind zu unterscheiden von ihren Erscheinungsformen.<br/> Die Art und Weise, wie die immanenten Gesetze der kapitalistischen Produktion in der äußern Bewegung der Kapitale erscheinen, sich als Zwangsgesetze der Konkurrenz geltend machen und daher als treibende Motive dem individuellen Kapitalisten zum Bewußtsein kommen, ist jetzt nicht zu betrachten, aber soviel erhellt von vornherein: Wissenschaftliche Analyse der Konkurrenz ist nur möglich, sobald die innere Natur des Kapitals begriffen ist, ganz wie die scheinbare Bewegung der Himmelskörper nur dem verständlich, der ihre wirkliche, aber sinnlich nicht wahrnehmbare Bewegung kennt. Dennoch ist zum Verständnis der Produktion des relativen Mehrwerts und bloß auf Grundlage der bereits gewonnenen Resultate folgendes zu bemerken.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.334f.)}}<br />
<br />
==Die Jagd nach dem Extraprofit==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Produktivkraftsteigerung, Wert der Ware, Extramehrwert, Wert der Arbeitskraft, Produktivkraftentwicklung, relativer Mehrwert, Extramehrwert<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Wenn es einem Kapitalisten gelingt, die Produktivkraft zu steigern, produziert er mehr Waren in gegebener Zeit. Der individuelle Wert einer dieser Waren steht nun unter ihrem gesellschaftlichen Wert, d. h., sie kostet weniger Arbeitszeit als der große Haufen derselben Artikel, produziert unter den gesellschaftlichen Durchschnittsbedingungen. Der wirkliche Wert einer Ware ist aber nicht ihr individueller, sondern ihr gesellschaftlicher Wert, d. h., er wird nicht durch die Arbeitszeit gemessen, die sie im einzelnen Fall den Produzenten tatsächlich kostet, sondern durch die gesellschaftlich zu ihrer Produktion erheischte Arbeitszeit. Verkauft also der Kapitalist, der die neue Methode anwendet, seine Ware zu ihrem gesellschaftlichen Wert, kann er Extramehrwert realisieren. Diese Steigerung des Mehrwerts findet für ihn statt, ob oder ob nicht seine Ware dem Umkreis der notwendigen Lebensmittel angehört und daher bestimmend in den allgemeinen Wert der Arbeitskraft eingeht.<br />
<br />
{{Zitat |Stellt sich eine Arbeitsstunde in einem Goldquantum von 6 d. oder einen halben sh. dar, so wird in zwölfstündigem Arbeitstag ein Wert von 6 sh. produziert. Gesetzt, mit der gegebnen Produktivkraft der Arbeit würden 12 Stück Waren in diesen 12 Arbeitsstunden verfertigt. Der Wert der in jedem Stück vernutzten Produktionsmittel, Rohmaterial usw. sei 6 d. Unter diesen Umständen kostet die einzelne Ware 1 sh., nämlich 6 d. für den Wert der Produktionsmittel, 6 d. für den in ihrer Verarbeitung neu zugesetzten Wert.<br/> Es gelinge nun einem Kapitalisten, die Produktivkraft der Arbeit zu verdoppeln und daher 24 statt 12 Stück dieser Warenart in dem zwölfstündigen Arbeitstag zu produzieren. Bei unverändertem Wert der Produktionsmittel sinkt der Wert der einzelnen Ware jetzt auf 9 d., nämlich 6 d. für den Wert der Produktionsmittel, 3 d. für den durch die letzte Arbeit neu zugesetzten Wert. Trotz der verdoppelten Produktivkraft schafft der Arbeitstag nach wie vor nur einen Neuwert von 6 sh., welcher sich jedoch jetzt auf doppelt soviel Produkte verteilt. Auf jedes einzelne Produkt fällt daher nur noch ein Vierundzwanzigstel statt ein Zwölftel dieses Gesamtwerts, 3 d. statt 6 d. oder, was dasselbe ist, den Produktionsmitteln wird bei ihrer Verwandlung in Produkt, jedes Stück berechnet, jetzt nur noch eine halbe statt wie früher eine ganze Arbeitsstunde zugesetzt.<br/> Der individuelle Wert dieser Ware steht nun unter ihrem gesellschaftlichen Wert, d.h., sie kostet weniger Arbeitszeit als der große Haufen derselben Artikel, produziert unter den gesellschaftlichen Durchschnittsbedingungen. Das Stück kostet im Durchschnitt 1 sh. oder stellt 2 Stunden gesellschaftlicher Arbeit dar; mit der veränderten Produktionsweise kostet es nur 9 d. oder enthält nur IV2 Arbeitsstunden. <br/> Der wirkliche Wert einer Ware ist aber nicht ihr individueller, sondern ihr gesellschaftlicher Wert, d.h., er wird nicht durch die Arbeitszeit gemessen, die sie im einzelnen Fall dem Produzenten tatsächlich kostet, sondern durch die gesellschaftlich zu ihrer Produktion erheischte Arbeitszeit.<br/> Verkauft also der Kapitalist, der die neue Methode anwendet, seine Ware zu ihrem gesellschaftlichen Wert von 1 sh., so verkauft er sie 3 d. über ihrem individuellen Wert und realisiert so einen Extramehrwert von 3 d. Andrerseits stellt sich aber der zwölfstündige Arbeitstag jetzt für ihn in 24 Stück Ware dar statt früher in 12. Um also das Produkt eines Arbeitstags zu verkaufen, bedarf er doppelten Absatzes oder eines zweifach größern Markts. Unter sonst gleichbleibenden Umständen erobern seine Waren nur größern Marktraum durch Kontraktion ihrer Preise. Er wird sie daher über ihrem individuellen, aber unter ihrem gesellschaftlichen Wert verkaufen, sage zu 10 d. das Stück. So schlägt er an jedem einzelnen Stück immer noch einen Extramehrwert von 1 d. heraus. Diese Steigerung des Mehrwerts findet für ihn statt, ob oder ob nicht seine Ware dem Umkreis der notwendigen Lebensmittel angehört und daher bestimmend in den allgemeinen Wert der Arbeitskraft eingeht.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.335f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Es ist der immanente Trieb und die beständige Tendenz des Kapitals, die Produktivkräfte der Arbeit zu steigern, um die Ware und durch die Vergünstigung der Ware den Arbeiter selbst zu vergünstigen, zu erklären.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist daher der immanente Trieb und die beständige Tendenz des Kapitals, die Produktivkraft der Arbeit zu steigern, um die Ware und durch die Verwohlfeilerung der Ware den Arbeiter selbst zu verwohlfeilern.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.338)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Der absolute Wert der Ware ist dem Kapitalisten gleichgültig. Ihn interessiert nur der Mehrwert. Der relative Mehrwert steigt durch die Produktivkraft der Arbeit, der Wert der Waren sinkt dagegen. Dem Kapitalisten geht es nur um die Produktion von Tauschwert, er will den Tauschwert der Waren beständig senken.<br />
<br />
{{Zitat |Der absolute Wert der Ware ist dem Kapitalisten, der sie produziert, an und für sich gleichgültig. Ihn interessiert nur der in ihr steckende und im Verkauf realisierbare Mehrwert. Realisierung von Mehrwert schließt von selbst Ersatz des vorgeschoßnen Werts ein. Da nun der relative Mehrwert in direktem Verhältnis zur Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit wächst, während der Wert der Waren in umgekehrtem Verhältnis zur selben Entwicklung fällt, da also derselbe identische Prozeß die Waren verwohlfeilert und den in ihnen enthaltnen Mehrwert steigert, löst sich das Rätsel, daß der Kapitalist, dem es nur um die Produktion von Tauschwert zu tun ist, den Tauschwert der Waren beständig zu senken strebt, […]| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.338f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der Extramehrwert verschwindet, sobald sich die neue Produktionsweise verallgemeinert und bestimmend ist für den gesellschaftlichen Wert der Ware.<br />
<br />
{{Zitat |Andrerseits aber verschwindet jener Extramehrwert, sobald die neue Produktionsweise sich verallgemeinert und damit die Differenz Zwischen dem individuellen Wert der wohlfeiler produzierten Waren und ihrem gesellschaftlichen Wert verschwindet.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.337)}}<br />
<br />
==Die Profitrate==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Profit, Kapital, Mehrwert, Kapitalverhältnis, Konstantes Kapital, variables Kapital, Profitrate, Mehrwertrate<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Der Kapitalist kann keinen Unterschied zwischen konstantem und variablen Kapital erkennen, da er nur sieht, dass er für beide Ausgaben Kapital vorschießen muss. So misst er den Grad des Gewinns an der Differenz von Ausgaben und Überschuss = Profit.<br/> Die Wertveränderung, die sich während des Produktionsprozesses ereignet, wird vom variablen Kapital in das Gesamtkapital verlegt.<br/> Der Profit ist zunächst dasselbe wie der Mehrwert, nur in mystifizierter Form, die aus der kapitalistischen Produktionsweise entsteht.<br />
<br />
{{Zitat |1=Als solcher vorgestellter Abkömmling des vorgeschoßnen Gesamtkapitals erhält der Mehrwert die verwandelte Form des Profits. Eine Wertsumme ist daher Kapital, weil sie ausgelegt wird, um einen Profit zu erzeugen, oder der Profit kommt heraus, weil eine Wertsumme als Kapital angewandt wird. Nennen wir den Profit p, so verwandelt sich die Formel W = c + v + m = k + m in die Formel W = k + p oder Warenwert = Kostpreis + Profit. Der Profit, wie wir ihn hier zunächst vor uns haben, ist also dasselbe, was der Mehrwert ist, nur in einer mystifizierten Form, die jedoch mit Notwendigkeit aus der kapitalistischen Produktionsweise herauswächst. Weil in der scheinbaren Bildung des Kostpreises kein Unterschied zwischen konstantem und variablem Kapital zu erkennen ist, muß der Ursprung der Wertveränderung, die während des Produktionsprozesses sich ereignet, von dem variablen Kapitalteil in das Gesamtkapital verlegt werden.| 2=(Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.46)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Weil alle Teile des Kapitals gleichmäßig als Quelle des Profits erscheinen, wird das Kapitalverhältnis mystifiziert.<br />
<br />
{{Zitat |Indem alle Teile des Kapitals gleichmäßig als Quelle des überschüssigen Werts (Profits) erscheinen, wird das Kapitalverhältnis mystifiziert.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.55)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Der Kapitalist kann keinen Unterschied zwischen konstantem und variablem Kapital erkennen, da er nur sieht, dass er für beide Ausgaben Kapital vorschießen muss. So misst er den Grad des Gewinns an der Differenz von Ausgaben und Überschuss = Profit.<br />
Der Grad des Gewinns ist nicht durch das Verhältnis zum variablen Kapital, sondern zum Gesamtkapital, nicht durch die Rate des Mehrwerts, sondern durch die Rate des Profits bestimmt.<br />
<br />
{{Zitat |Da der Kapitalist die Arbeit nur exploitieren kann durch Vorschuß des konstanten Kapitals, da er das konstante Kapital nur verwerten kann durch Vorschuß des variablen, so fallen ihm diese in der Vorstellung alle gleichmäßig zusammen, und dies um so mehr, als der wirkliche Grad seines Gewinns bestimmt ist nicht durch das Verhältnis zum variablen Kapital, sondern zum Gesamtkapital, nicht durch die Rate des Mehrwerts, sondern durch die Rate des Profits, die, wie wir sehn werden, dieselbe bleiben, und doch verschiedne Raten des Mehrwerts ausdrücken kann.<br/> Zu den Kosten des Produkts gehören alle seine Wertbestandteile, die der Kapitalist gezahlt, oder für die er ein Äquivalent in die Produktion geworfen hat. Diese Kosten müssen ersetzt werden, damit das Kapital sich einfach erhalte oder in seiner ursprünglichen Größe reproduziere.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.52)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der Profit des Kapitalisten kommt daher, dass er etwas zu verkaufen hat, das er nicht bezahlt hat. Der Mehrwert resp. Profit besteht gerade in dem Überschuss des Warenwerts über ihren Kostpreis, d. h. in dem Überschuss der in der Ware enthaltenen Gesamtsumme von Arbeit über die in ihr enthaltene bezahlte Summe Arbeit. Dieser Überschuss steht also in einem Verhältnis zum Gesamtkapital, das sich ausdrückt in dem Bruch m/C, wo C das Gesamtkapital bedeutet. So erhalten wir die Profitrate m/(c+v).<br />
<br />
{{Zitat | 1=Der in der Ware enthaltne Wert ist gleich der Arbeitszeit, die ihre Herstellung kostet, und die Summe dieser Arbeit besteht aus bezahlter und unbezahlter. Die Kosten der Ware für den Kapitalisten bestehn dagegen nur aus dem Teil der in ihr vergegenständlichten Arbeit, den er gezahlt hat. Die in der Ware enthaltne Mehrarbeit kostet dem Kapitalisten nichts, obgleich sie dem Arbeiter, ganz so gut wie die bezahlte, Arbeit kostet, und obgleich sie, ganz so gut wie jene, Wert schafft und als wertbildendes Element in die Ware eingeht. Der Profit des Kapitalisten kommt daher, daß er etwas zu verkaufen hat, das er nicht bezahlt hat. Der Mehrwert resp. Profit besteht gerade in dem Uberschuß des Warenwerts über ihren Kostpreis, d.h. in dem Uberschuß der in der Ware enthaltnen Gesamtsumme von Arbeit über die in ihr enthaltne bezahlte Summe Arbeit. […] Dieser Überschuß steht also in einem Verhältnis zum Gesamtkapital, das sich ausdrückt in dem Bruch m/C, wo C das Gesamtkapital bedeutet. So erhalten wir die Profitrate m/c+v im Unterschiede von der Rate des Mehrwerts m/v.| 2=(Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.52)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
m/C drückt den Verwertungsgrad des vorgeschossenen Kapital aus.<br />
<br />
{{Zitat |In der Tat drückt das Verhältnis m/C den Verwertungsgrad des ganzen vorgeschoßnen Kapitals aus, […].| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.55)}}<br />
<br />
==Akkumulationsprozess des Kapitals==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Rückverwandlung, Reproduktion des vorgeschossenen Kapitals, Akkumulation, Mehrwert, Geld, Verwandlung in Kapital, Reproduktionsprozess auf erweiterter Stufenleiter, Überschuss, Kapitalakkumulation, Reproduktion, Ausbeutung, Kapital, Eigentum<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Eine Gesellschaft kann weder aufhören zu konsumieren, noch zu produzieren. Jeder gesellschaftliche Produktionsprozess ist Reproduktionsprozess. <br />
<br />
{{Zitat |So wenig eine Gesellschaft aufhören kann zu konsumieren, so wenig kann sie aufhören zu produzieren. In einem stetigen Zusammenhang und dem beständigen Fluß seiner Erneuerung betrachtet, ist jeder gesellschaftliche Produktionsprozeß daher zugleich Reproduktionsprozeß.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.591)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Ein Teil der Produkte muss in Produktionsmittel rückverwandelt werden. <br />
<br />
{{Zitat |Die Bedingungen der Produktion sind zugleich die Bedingungen der Reproduktion. Keine Gesellschaft kann fortwährend produzieren, d. h. reproduzieren, ohne fortwährend einen Teil ihrer Produkte in Produktionsmittel oder Elemente der Neuproduktion rückzuverwandeln.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.591)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die kapitalistische Reproduktion dient nur als ein Mittel dazu, den vorgeschossenen Wert als Kapital zu reproduzieren. <br />
<br />
{{Zitat |Hat die Produktion kapitalistische Form, so die Reproduktion. Wie in der kapitalistischen Produktionsweise der Arbeitsprozeß nur als ein Mittel für den Verwertungsprozeß erscheint, so die Reproduktion nur als ein Mittel, den vorgeschoßnen Wert als Kapital zu reproduzieren, d.h. als sich verwertenden Wert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.591)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der Produktionsprozess verwandelt den stofflichen Reichtum in Kapital, der Arbeiter bleibt entblößt von allen Mitteln, diesen Reichtum für sich zu verwirklichen. Seine eigene Arbeit vergegenständlicht sich im fremden Produkt, das sich in Kapital verwandelt. Das Kapital saugt die wertschöpfende Kraft – Arbeit – aus. Der Arbeiter selbst produziert den gesellschaftlichen Reichtum als Kapital, ihn beherrschende und ausbeutende Macht. Der Kapitalist produziert beständig Arbeitskraft als abstrakte, in der bloßen Leiblichkeit des Arbeiters existierende Reichtumsquelle, den Arbeiter als Lohnarbeiter. Diese beständige Reproduktion ist die unerlässliche Bedingung der kapitalistischen Produktion. <br />
<br />
{{Zitat |Was aber anfangs nur Ausgangspunkt war, wird vermittelst der bloßen Kontinuität des Prozesses, der einfachen Reproduktion, stets aufs neue produziert und verewigt als eignes Resultat der kapitalistischen Produktion. Einerseits verwandelt der Produktionsprozeß fortwährend den stofflichen Reichtum in Kapital, in Verwertungs- und Genußmittel für den Kapitalisten. Andrerseits kommt der Arbeiter beständig aus dem Prozeß heraus, wie er in ihn eintrat - persönliche Quelle des Reichtums, aber entblößt von allen Mitteln, diesen Reichtum für sich zu verwirklichen. Da vor seinem Eintritt in den Prozeß seine eigne Arbeit ihm selbst entfremdet, dem Kapitalisten angeeignet und dem Kapital einverleibt ist, vergegenständlicht sie sich während des Prozesses beständig in fremdem Produkt. Da der Produktionsprozeß zugleich der Konsumtionsprozeß der Arbeitskraft durch den Kapitalisten, verwandelt sich das Produkt des Arbeiters nicht nur fortwährend in Ware, sondern in Kapital, Wert, der die wertschöpfende Kraft aussaugt, Lebensmittel, die Personen kaufen, Produktionsmittel, die den Produzenten anwenden. Der Arbeiter selbst produziert daher beständig den objektiven Reichtum als Kapital, ihm fremde, ihn beherrschende und ausbeutende Macht, und der Kapitalist produziert ebenso beständig die Arbeitskraft als subjektive, von ihren eignen Vergegenständlichungs- und Verwirklichungsmitteln getrennte, abstrakte, in der bloßen Leiblichkeit des Arbeiters existierende Reichtumsquelle, kurz den Arbeiter als Lohnarbeiter. Diese beständige Reproduktion oder Verewigung des Arbeiters ist das sine qua non der kapitalistischen Produktion.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.595f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Anwendung von Mehrwert als Kapital oder die Rückverwandlung von Mehrwert in Kapital heißt Akkumulation des Kapitals.<br />
<br />
{{Zitat |Anwendung von Mehrwert als Kapital oder Rückverwandlung von Mehrwert in Kapital heißt Akkumulation des Kapitals.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.605)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Kapitalwert war in Geldform vorgeschossen, der Mehrwert besteht aber als Teil des Produkts.<br/> Mit Verkauf des Produkts wird Kapitalwert wieder in Geld zurückverwandelt, der Mehrwert ändert aber seine ursprüngliche Daseinsweise in Geld.<br />
Der Kapitalwert und der Mehrwert sind dann beides Geldsummen, die sich in Kapital verwandeln.<br/>Mit dem Kauf von Waren, die es dem Kapitalisten ermöglichen, die Produktion fortzusetzen verwandeln sich beide Geldsummen wieder in Kapital. Damit beginnt der Reproduktionsprozess auf erweiterter Stufenleiter, vorausgesetzt die Waren sind auf dem Markt vorzufinden. <br />
<br />
{{Zitat |Der Kapitalwert war ursprünglich vorgeschossen in Geldform; der Mehrwert dagegen existiert von vornherein als Wert eines bestimmten Teils des Bruttoprodukts. Wird dieses verkauft, in Geld verwandelt, so gewinnt der Kapitalwert seine ursprüngliche Form wieder, aber der Mehrwert verwandelt seine ursprüngliche Daseinsweise.<br/>Von diesem Augenblick an sind jedoch Kapitalwert und Mehrwert beides Geldsummen, und ihre Wiederverwandlung in Kapital vollzieht sich auf ganz dieselbe Weise.<br/>Die eine wie die andre legt der Kapitalist an im Ankauf der Waren, die ihn instand setzen, die Verfertigung seines Artikels von neuem zu beginnen, und zwar diesmal auf erweiterter Stufenleiter. Um aber diese Waren zu kaufen, muß er sie auf dem Markte vorfinden.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.606)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Das Mehrprodukt kann nur in Kapital durch Produktionsmittel und Lebensmittel verwandelt werden. Ein Teil der jährlichen Mehrarbeit muss zur Herstellung zusätzlicher Produktions- und Lebensmittel – über das Quantum – verwandt worden sein, das zum Ersatz des vorgeschossenen Kapitals erforderlich war. Das Mehrprodukt, dessen Wert der Mehrwert ist, enthält bereits die sachlichen Bestandteile eines neuen Kapitals. Deshalb ist der Mehrwert in Kapital verwandelbar. <br />
<br />
{{Zitat |Um zu akkumulieren, muß man einen Teil des Mehrprodukts in Kapital verwandeln. Aber, ohne Wunder zu tun, kann man nur solche Dinge in Kapital verwandeln, die im Arbeitsprozeß verwendbar sind, d. h. Produktionsmittel, und des ferneren Dinge, von denen der Arbeiter sich erhalten kann, d.h. Lebensmittel.<br/> Folglich muß ein Teil der jährlichen Mehrarbeit verwandt worden sein zur Herstellung zusätzlicher Produktions- und Lebensmittel, im Überschuß über das Quantum, das zum Ersatz des vorgeschossenen Kapitals erforderlich war.<br/>Mit einem Wort: der Mehrwert ist nur deshalb in Kapital verwandelbar, weil das Mehrprodukt, dessen Wert er ist, bereits die sachlichen Bestandteile eines neuen Kapitals enthält.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.606f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 8'''<br />
<br />
Die Arbeiterklasse hat durch ihre diesjährige Mehrarbeit das Kapital geschaffen, mit dem im nächsten Jahr zuschüssige Arbeit beschäftigt wird. Das nennt man Kapital durch Kapital erzeugen. <br />
<br />
{{Zitat |In allen Fällen hat die Arbeiterklasse durch ihre diesjährige Mehrarbeit das Kapital geschaffen, das im nächsten Jahr zuschüssige Arbeit beschäftigen wird. Das ist es, was man nennt: Kapital durch Kapital erzeugen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.608)}}<br />
<br />
'''Annahme 9'''<br />
<br />
Das Eigentum an vergangener unbezahlter Arbeit ist Bedingung für die Aneignung gegenwärtiger lebendiger Arbeit. Je mehr der Kapitalist akkumuliert hat, desto mehr kann er akkumulieren. <br />
(Das ist bereits ein wichtiger Hinweis auf die Konzentration und Zentralisation.) <br />
<br />
{{Zitat |Eigentum an vergangner unbezahlter Arbeit erscheint jetzt als die einzige Bedingung für gegenwärtige Aneignung lebendiger unbezahlter Arbeit in stets wachsendem Umfang. Je mehr der Kapitalist akkumuliert hat, desto mehr kann er akkumulieren.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.609)}}<br />
<br />
'''Annahme 10'''<br />
<br />
In allen Gesellschaftsformationen findet Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter statt, es erscheint aber nicht als Akkumulation des Kapitals, solange dem Arbeiter seine Produktionsmittel noch nicht in der Form von Kapital gegenüberstehen. <br />
<br />
{{Zitat |In den verschiedensten ökonomischen Gesellschaftsformationen findet nicht nur einfache Reproduktion statt, sondern, obgleich auf verschiednem Maßstab, Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter. Es wird progressiv mehr produziert und mehr konsumiert, also auch mehr Produkt in Produktionsmittel verwandelt. Dieser Prozeß erscheint aber nicht als Akkumulation von Kapital und daher auch nicht als Funktion des Kapitalisten, solange dem Arbeiter seine Produktionsmittel, daher auch sein Produkt und seine Lebensmittel, noch nicht in der Form von Kapital gegenüberstehn.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.624)}}<br />
<br />
'''Annahme 11'''<br />
<br />
Die Arbeitskraft wird gekauft zur Verwertung des Kapitals. Die Produktion von Mehrwert ist das absolute Gesetz dieser Produktionsweise. Nur soweit sie die Produktionsmittel als Kapital erhält, ihren eigenen Wert als Kapital reproduziert und unbezahlte Arbeit eine Quelle von Zuschusskapital liefert, ist die Arbeitskraft verkaufbar. Die Bedingung für den Verkauf ist die stets erweiterte Reproduktion des Reichtums als Kapital. <br />
<br />
{{Zitat |So wenig aber bessere Kleidung, Nahrung, Behandlung und ein größeres Peculium das Abhängigkeitsverhältnis und die Exploitation des Sklaven aufheben, so wenig die des Lohnarbeiters. Steigender Preis der Arbeit infolge der Akkumulation des Kapitals besagt in der Tat nur, daß der Umfang und die Wucht der goldnen Kette, die der Lohnarbeiter sich selbst bereits geschmiedet hat, ihre losere Spannung erlauben. In den Kontroversen über diesen Gegenstand hat man meist die Hauptsache übersehn, nämlich die differentia specifica der kapitalistischen Produktion. Arbeitskraft wird hier gekauft, nicht um durch ihren Dienst oder ihr Produkt die persönlichen Bedürfnisse des Käufers zu befriedigen. Sein Zweck ist Verwertung seines Kapitals, Produktion von Waren, die mehr Arbeit enthalten, als er zahlt, also einen Wertteil enthalten, der ihm nichts kostet und dennoch durch den Warenverkauf realisiert wird. Produktion von Mehrwert oder Plusmacherei ist das absolute Gesetz dieser Produktionsweise. Nur soweit sie die Produktionsmittel als Kapital erhält, ihren eignen Wert als Kapital reproduziert und in unbezahlter Arbeit eine Quelle von Zuschußkapital liefert, ist die Arbeitskraft verkaufbar. Die Bedingungen ihres Verkaufs, ob mehr oder minder günstig für den Arbeiter, schließen also die Notwendigkeit ihres steten Wiederverkaufs und die stets erweiterte Reproduktion des Reichtums als Kapital ein.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.646f.)}}<br />
<br />
==Mehrwertproduktion durch Ausbeutung der Arbeitskraft ==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Mehrwert, Konsumtionsfonds, Variables Kapital, Ausbeutung, Verschleierung, Lohn, Reproduktion, Arbeitslohn, Mehrarbeit<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Der Arbeiter produziert den Mehrwert, der als Konsumtionsfonds des Kapitalisten dient und den Fonds seiner eigenen Zahlung, das variable Kapital, bevor es ihm als Arbeitslohn zufließt. <br />
<br />
{{Zitat |Der Produktionsprozeß wird eingeleitet mit dem Kauf der Arbeitskraft für eine bestimmte Zeit, und diese Einleitung erneuert sich beständig, sobald der Verkaufstermin der Arbeit fällig und damit eine bestimmte Produktionsperiode, Woche, Monat usw., abgelaufen ist. Gezahlt wird der Arbeiter aber erst, nachdem seine Arbeitskraft gewirkt und sowohl ihren eignen Wert als den Mehrwert in Waren realisiert hat. Er hat also wie den Mehrwert, den wir einstweilen nur als Konsumtionsfonds des Kapitalisten betrachten, so den Fonds seiner eignen Zahlung, das variable Kapital, produziert, bevor es ihm in der Form des Arbeitslohnes zurückfließt, und er wird nur so lange beschäftigt, als er ihn beständig reproduziert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.592)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Die Warenform des Produkts und die Geldform der Ware verkleiden die Transaktion, in der die Kapitalistenklasse der Arbeiterklasse Anweisungen in Geldform auf das von ihr produzierte und durch die Kapitalistenklasse angeeignete Produkt gibt. <br />
<br />
{{Zitat |Die Illusion, welche die Geldform erzeugt, verschwindet sofort, sobald statt des einzelnen Kapitalisten und des einzelnen Arbeiters Kapitalistenklasse und Arbeiterklasse betrachtet werden. Die Kapitalistenklasse gibt der Arbeiterklasse beständig in Geldform Anweisungen auf einen Teil des von der letzteren produzierten und von der erstren angeeigneten Produkts. Diese Anweisungen gibt der Arbeiter der Kapitalistenklasse ebenso beständig zurück und entzieht ihr damit den ihm selbst zufallenden Teil seines eignen Produkts. Die Warenform des Produkts und die Geldform der Ware verkleiden die Transaktion.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.593)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Das variable Kapital ist nur eine historische Erscheinungsform des Fonds von Lebensmitteln oder Arbeitsfonds, den der Arbeiter zu seiner Selbsterhaltung benötigt. <br />
<br />
{{Zitat |Das variable Kapital ist also nur eine besondre historische Erscheinungsform des Fonds von Lebensmitteln oder des Arbeitsfonds, den der Arbeiter zu seiner Selbsterhaltung und Reproduktion bedarf und den er in allen Systemen der gesellschaftlichen Produktion stets selbst produzieren und reproduzieren muß.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.593)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Die bloße Kontinuität des Reproduktionsprozesses verwandelt Kapital in akkumuliertes Kapital. Es wird Materiatur unbezahlter, fremder Arbeit. <br />
<br />
{{Zitat |Ganz abgesehn von aller Akkumulation verwandelt also die bloße Kontinuität des Produktionsprozesses, oder die einfache Reproduktion, nach kürzerer oder längerer Periode jedes Kapital notwendig in akkumuliertes Kapital oder kapitalisierten Mehrwert. War es selbst bei seinem Eintritt in den Produktionsprozeß persönlich erarbeitetes Eigentum seines Anwenders, früher oder später wird es ohne Äquivalent angeeigneter Wert oder Materiatur, ob in Geldform oder anders, unbezahlter fremder Arbeit.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.595)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Um die Bestandteile als Kapital fungieren zu lassen, braucht es zusätzliche Arbeitskräfte. Daher ist die Arbeiterklasse die vom Lohn abhängige Klasse, deren Lohn auch zu ihrer eigenen Vermehrung hinreicht.<br />
<br />
{{Zitat |Um nun diese Bestandteile tatsächlich als Kapital fungieren zu lassen, bedarf die Kapitalistenklasse eines Zuschusses von Arbeit. Soll nicht die Ausbeutung der schon beschäftigten Arbeiter extensiv oder intensiv wachsen, so müssen zusätzliche Arbeitskräfte eingestellt werden. Dafür hat der Mechanismus der kapitalistischen Produktion ebenfalls schon gesorgt, indem er die Arbeiterklasse reproduziert als vom Arbeitslohn abhängige Klasse, deren gewöhnlicher Lohn hinreicht, nicht nur ihre Erhaltung zu sichern, sondern auch ihre Vermehrung.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.607)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Auch die Lebensmittel, von denen sich die Arbeiterklasse erhält, sind Bestandteile des Mehrprodukts. Wenn die Kapitalistenklasse mit dem Mehrprodukt neue Arbeitskräfte kauft, bezahlt er sie mit ihrem eigenen Geld. <br />
<br />
{{Zitat |Die Produktionsmittel, denen die zuschüssige Arbeitskraft einverleibt wird, wie die Lebensmittel, von denen diese sich erhält, sind nichts als integrierende Bestandteile des Mehrprodukts, des der Arbeiterklasse jährlich durch die Kapitalistenklasse entrissenen Tributs. Wenn diese mit einem Teil des Tributs von jener zusätzliche Arbeitskraft kauft, selbst zum vollen Preise, so daß Äquivalent sich austauscht gegen Äquivalent - es bleibt immer das alte Verfahren des Eroberers, der den Besiegten Waren abkauft mit ihrem eignen, geraubten Geld.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.608)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Die gewaltsame Herabsetzung des Arbeitslohns unter den Wert der Arbeitskraft spielt in der praktischen Bewegung eine wichtige Rolle. Sie verwandelt faktisch, innerhalb gewisser Grenzen, den notwendigen Konsumtionsfonds des Arbeiters in einen Akkumulationsfonds von Kapital.<br />
<br />
{{Zitat |Man erinnert sich, daß die Rate des Mehrwerts in erster Instanz abhängt vom Exploitationsgrad der Arbeitskraft. Die politische Ökonomie würdigt diese Rolle so sehr, daß sie gelegentlich die Beschleunigung der Akkumulation durch erhöhte Produktionskraft der Arbeit identifiziert mit ihrer Beschleunigung durch erhöhte Exploitation des Arbeiters. In den Abschnitten über die Produktion des Mehrwerts ward beständig unterstellt, daß der Arbeitslohn wenigstens gleich dem Wert der Arbeitskraft ist. Die gewaltsame Herabsetzung des Arbeitslohns unter diesen Wert spielt jedoch in der praktischen Bewegung eine zu wichtige Rolle, um uns nicht einen Augenblick dabei aufzuhalten. Sie verwandelt faktisch, innerhalb gewisser Grenzen, den notwendigen Konsumtionsfonds des Arbeiters in einen Akkumulationsfonds von Kapital.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.626)}}<br />
<br />
==Trennung von Arbeitsprodukt und Produzenten==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Entfremdung, Trennung von Arbeitsprodukt und Produzenten, Ursprüngliche Akkumulation, Kapitalverhältnis, Klasse, Lohnarbeiter, Kapitalisten <br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die Scheidung zwischen Arbeitsprodukt und Arbeit, Besitzer von Produktionsmitteln und Besitzer von Arbeitskraft und sonst nichts war der Ausgangspunkt des kapitalistischen Produktionsprozesses.<br />
<br />
{{Zitat |Um Geld in Kapital zu verwandeln, genügte nicht das Vorhandensein von Warenproduktion und Warenzirkulation. Es mußten erst, hier Besitzer von Wert oder Geld, dort Besitzer der wertschaffenden Substanz; hier Besitzer von Produktions- und Lebensmitteln, dort Besitzer von nichts als Arbeitskraft, einander als Käufer und Verkäufer gegenübertreten. Scheidung zwischen dem Arbeitsprodukt und der Arbeit selbst, zwischen den objektiven Arbeitsbedingungen und der subjektiven Arbeitskraft, war also die tatsächlich gegebne Grundlage, der Ausgangspunkt des kapitalistischen Produktionsprozesses.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.595)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Der Reproduktionsprozess reproduziert das Kapitalverhältnis selbst, auf der einen Seite den Kapitalisten, auf der anderen den Lohnarbeiter. <br />
<br />
{{Zitat |Der kapitalistische Produktionsprozeß, im Zusammenhang betrachtet oder als Reproduktionsprozeß, produziert also nicht nur Ware, nicht nur Mehrwert, er produziert und reproduziert das Kapitalverhältnis selbst, auf der einen Seite den Kapitalisten, auf der andren den Lohnarbeiter.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.604)}}<br />
<br />
==Produktive und individuelle Konsumtion==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Produktive Konsumtion, Individuelle Konsumtion, Wertschöpfung, Unproduktive Konsumtion, Akkumulationsfonds, Konsumtionsfonds, Mehrwert <br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die produktive Konsumtion bedeutet: durch die Arbeit konsumiert der Arbeiter Produktionsmittel und verwandelt sie in Produkte von höherem Wert. <br/> Die individuelle Konsumtion bedeutet: von dem vom Kapitalisten gezahlten Geld kauft der Arbeiter Lebensmittel.<br/> Die produktiven Konsumtion des Arbeiters hat zum Resultat das Leben des Kapitalisten, die individuelle Konsumtion des Arbeiters hat sein Leben selbst zum Resultat.<br />
<br />
{{Zitat |Die Konsumtion des Arbeiters ist doppelter Art. In der Produktion selbst konsumiert er durch seine Arbeit Produktionsmittel und verwandelt sie in Produkte von höherem Wert als dem des vorgeschoßnen Kapitals. Dies ist seine produktive Konsumtion. Sie ist gleichzeitig Konsumtion seiner Arbeitskraft durch den Kapitalisten, der sie gekauft hat. Andrerseits verwendet der Arbeiter das für den Kauf der Arbeitskraft gezahlte Geld in Lebensmittel: dies ist seine individuelle Konsumtion. Die produktive und die individuelle Konsumtion des Arbeiters sind also total verschieden. In der ersten handelt er als bewegende Kraft des Kapitals und gehört dem Kapitalisten; in der zweiten gehört er sich selbst und verrichtet Lebensfunktionen außerhalb des Produktionsprozesses. Das Resultat der einen ist das Leben des Kapitalisten, das der andern ist das Leben des Arbeiters selbst.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.596f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Für die Kapitalisten ist die individuelle Konsumtion der Arbeiter nur produktiv, wenn sie zur Erhaltung der Arbeiter dient, weil sie so für neue auszubeutende Arbeiter sorgt. Bekommt der Arbeiter einen höheren Lohn, um mehr konsumieren zu können, ohne danach mehr zu arbeiten, ist das für den Kapitalist unproduktiv. <br><br />
Die Arbeiterklasse ist also Zubehör des Kapitals, die individuelle Konsumtion der Arbeiter nur ein Moment des Reproduktionsprozesses des Kapitals. <br><br />
Dieser Prozess sorgt dafür, dass der Arbeiter durch unsichtbare Fäden an den Kapitalisten gebunden ist. Da die von der Arbeiterklasse hergestellten Konsumtionsgüter nicht ihnen gehören und sie sie nur bekommen, wenn sie ihre Arbeitskraft auf dem Arbeitsmarkt verkaufen und ihren Lohn gegen Konsumtionsgüter eintauschen.<br />
<br />
{{Zitat |Daher betrachtet auch der Kapitalist und sein Ideolog, der politische Ökonom, nur den Teil der individuellen Konsumtion des Arbeiters als produktiv, der zur Verewigung der Arbeiterklasse erheischt ist, also in der Tat verzehrt werden muß, damit das Kapital die Arbeitskraft verzehre; was der Arbeiter außerdem zu seinem Vergnügen verzehren mag, ist unproduktive Konsumtion.<br/>Würde die Akkumulation des Kapitals eine Erhöhung des Arbeitslohns und daher Vermehrung der Konsumtionsmittel des Arbeiters verursachen ohne Konsum von mehr Arbeitskraft durch das Kapital, so wäre das zuschüssige Kapital unproduktiv konsumiert.<br/>In der Tat: die individuelle Konsumtion des Arbeiters ist für ihn selbst unproduktiv, denn sie reproduziert nur das bedürftige Individuum; sie ist produktiv für den Kapitalisten und den Staat, denn sie ist Produktion der den fremden Reichtum produzierenden Kraft.<br/>Von gesellschaftlichem Standpunkt ist also die Arbeiterklasse, auch außerhalb des unmittelbaren Arbeitsprozesses, ebensosehr Zubehör des Kapitals als das tote Arbeitsinstrument. Selbst ihre individuelle Konsumtion ist innerhalb gewisser Grenzen nur ein Moment des Reproduktionsprozesses des Kapitals.<br/>Der Prozeß aber sorgt dafür, daß diese selbstbewußten Produktionsinstrumente nicht weglaufen, indem er ihr Produkt beständig von ihrem Pol zum Gegenpol des Kapitals entfernt. Die individuelle Konsumtion sorgt einerseits für ihre eigne Erhaltung und Reproduktion, andrerseits durch Vernichtung der Lebensmittel für ihr beständiges Wiedererscheinen auf dem Arbeitsmarkt.<br/>Der römische Sklave war durch Ketten, der Lohnarbeiter ist durch unsichtbare Fäden an seinen Eigentümer gebunden. Der Schein seiner Unabhängigkeit wird durch den beständigen Wechsel der individuellen Lohnherrn und die fictio juris des Kontrakts aufrechterhalten.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.598f.)}}<br />
<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Der Mehrwert bzw. das Mehrprodukt ist indivudeller Konsumtionsfonds des Kapitalisten und zugleich Akkumulationsfonds. <br />
<br />
{{Zitat |Im vorigen Kapitel betrachteten wir den Mehrwert, resp. das Mehrprodukt, nur als individuellen Konsumtionsfonds des Kapitalisten, in diesem Kapitel bisher nur als einen Akkumulationsfonds. Er ist aber weder nur das eine noch das andre, sondern beides zugleich. Ein Teil des Mehrwerts wird vom Kapitalisten als Revenue verzehrt ein andrer Teil als Kapital angewandt oder akkumuliert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.617f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der Kapitalist zwingt zur Verwertung des Werts, und so zur Produktion der Produktion willen, zur Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte, und zur Schöpfung der materiellen Produktionsbedingungen, die die reale Basis einer höheren Gesellschaftsformation bilden.<br/><br />
Der Kapitalist ist das Triebrad des gesellschaftlichen Mechanismus. <br/>Die kapitalistische Produktion macht eine fortwährende Steigerung des in einem industriellen Unternehmens angelegten Kapitals zur Notwendigkeit. Die Konkurrenz herrscht jedem individuellen Kapitalisten die immanenten Gesetze der kapitalistischen Produktionsweise als äußere Zwangsgesetze auf, das Kapital fortwährend auszudehnen, um es zu erhalten, was nur mit ansteigender Akkumulation möglich ist. <br />
<br />
{{Zitat |Als Fanatiker der Verwertung des Werts zwingt er rücksichtslos die Menschheit zur Produktion um der Produktion willen, daher zu einer Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte und zur Schöpfung von materiellen Produktionsbedingungen, welche allein die reale Basis einer höheren Gesellschaftsform bilden können, deren Grundprinzip die volle und freie Entwicklung jedes Individuums ist. Nur als Personifikation des Kapitals ist der Kapitalist respektabel.<br/>Als solche teilt er mit dem Schatzbildner den absoluten Bereicherungstrieb. Was aber bei diesem als individuelle Manie erscheint, ist beim Kapitalisten Wirkung des gesellschaftlichen Mechanismus, worin er nur ein Triebrad ist. Außerdem macht die Entwicklung der kapitalistischen Produktion eine fortwährende Steigerung des in einem industriellen Unternehmen angelegten Kapitals zur Notwendigkeit, und die Konkurrenz herrscht jedem individuellen Kapitalisten die immanenten Gesetze der kapitalistischen Produktionsweise als äußere Zwangsgesetze auf. Sie zwingt ihn, sein Kapital fortwährend auszudehnen, um es zu erhalten, und ausdehnen kann er es nur vermittelst progressiver Akkumulation.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.618)}}<br />
<br />
==Warenproduktion als Grundlage der kapitalistischen Produktion==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Warenproduktion, Eigentum, Ausbeutung, Mehrarbeit, Ware Arbeitskraft, Wertübertragung, Geld, Kapital, Doppelt freier Lohnarbeiter, Kapitalistische Produktion <br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Das Eigentum als Recht auf Aneignung unbezahlter Arbeit erscheint als Verletzung der Gesetze der Warenproduktion, resultiert aber aus ihrer Anwendung. <br />
<br />
{{Zitat |Eigentum erscheint jetzt auf Seite des Kapitalisten als das Recht, fremde unbezahlte Arbeit oder ihr Produkt, auf Seite des Arbeiters als Unmöglichkeit, sich sein eignes Produkt anzueignen. Die Scheidung zwischen Eigentum und Arbeit wird zur notwendigen Konsequenz eines Gesetzes, das scheinbar von ihrer Identität ausging. Sosehr die kapitalistische Aneignungsweise also den ursprünglichen Gesetzen der Warenproduktion ins Gesicht zu schlagen scheint, so entspringt sie doch keineswegs aus der Verletzung, sondern im Gegenteil aus der Anwendung dieser Gesetze.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.610)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Der Verbrauch der Ware Arbeitskraft durch den Käufer, nicht die Übervorteilung des Verkäufers, führt zum Mehrwert.<br />
<br />
{{Zitat |Wenn also die in Arbeitslohn vorgeschoßne Wertsumme sich in Produkt nicht bloß einfach wieder vorfindet, sondern um einen Mehrwert vermehrt vorfindet, so rührt dies nicht her aus einer Übervorteilung des Verkäufers, der ja den Wert seiner Ware erhalten, sondern nur aus dem Verbrauch dieser Ware durch den Käufer.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.611)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Verwandlung von Geld in Kapital hat zum Ergebnis, dass das Produkt dem Kapitalisten gehört und nicht dem Arbeiter, dass es einen Mehrwert enthält, der den Arbeiter Arbeit, den Kapitalisten nichts gekostet hat, aber dennoch ihm gehört; dass der Arbeiter seine Arbeitskraft erhalten kann. Einfache Reproduktion ist periodische Wiederholung dieser ersten Operation. <br />
<br />
<br />
{{Zitat |Die ursprüngliche Verwandlung des Geldes in Kapital vollzieht sich also im genauesten Einklang mit den ökonomischen Gesetzen der Warenproduktion und mit dem daraus sich ableitenden Eigentumsrecht. Trotzdem aber hat sie zum Ergebnis:<br/>1. daß das Produkt dem Kapitalisten gehört und nicht dem Arbeiter; <br/>2. daß der Wert dieses Produkts, außer dem Wert des vorgeschoßnen Kapitals, einen Mehrwert einschließt, der dem Arbeiter Arbeit, dem Kapitalisten aber nichts gekostet hat und der dennoch das rechtmäßige Eigentum des Kapitalisten wird;<br/> 3. daß der Arbeiter seine Arbeitskraft forterhalten hat und sie aufs neue verkaufen kann, wenn er einen Käufer findet. Die einfache Reproduktion ist nur die periodische Wiederholung dieser ersten Operation; jedesmal wird, stets von neuem, Geld in Kapital verwandelt. Das Gesetz wird also nicht gebrochen, im Gegenteil es erhält nur Gelegenheit, sich dauernd zu betätigen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.611)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Sobald die Arbeitskraft durch den Arbeiter frei verkauft wird, verallgemeinert sich die Warenproduktion zur typischen Produktionsform. Die Warenproduktion bildet sich nach ihren eigenen immanenten Gesetzen zur kapitalistischen Produktion fort, ihre Eigentumsgesetze schlagen um in Gesetze der kapitalistischen Aneignung. <br />
<br />
{{Zitat |Dies Resultat wird unvermeidlich, sobald die Arbeitskraft durch den Arbeiter selbst als Ware frei verkauft wird. Aber auch erst von da an verallgemeinert sich die Warenproduktion und wird sie typische Produktionsform; erst von da an wird jedes Produkt von vornherein für den Verkauf produziert und geht aller produzierte Reichtum durch die Zirkulation hindurch.<br/>Erst da, wo die Lohnarbeit ihre Basis, zwingt die Warenproduktion sich der gesamten Gesellschaft auf; aber auch erst da entfaltet sie alle ihre verborgnen Potenzen. Sagen, daß die Dazwischenkunft der Lohnarbeit die Warenproduktion fälscht, heißt sagen, daß die Warenproduktion, will sie unverfälscht bleiben, sich nicht entwickeln darf. Im selben Maß, wie sie nach ihren eignen immanenten Gesetzen sich zur kapitalistischen Produktion fortbildet, in demselben Maß schlagen die Eigentumsgesetze der Warenproduktion um in Gesetze der kapitalistischen Aneignung.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.613)}}<br />
<br />
==Wachstum des Kapitals==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Das Wachstum des Kapitals bedeutet sowohl Vergrößerung der Einzelkapitale, als auch des gesellschaftlichen Kapitals insgesamt, durch die Eroberung der Welt und der Menschen. Beides ist bedingt durch die Akkumulation von Kapital. Diese zwingt immer mehr Menschen, ihre Arbeitskraft an die Kapitalisten zu verkaufen, welche sich das von den Arbeitern produzierte Mehrprodukt aneignen. Weiterhin geht mit der Akkumulation des Kapitals eine Produktivkraftsteigerung einher. Dadurch wächst die Produktenmasse, da ein Arbeiter in der selben Zeit mehr Produktionsmittel verarbeitet. Der Anteil des variablen Kapitals sinkt also relativ mit dem Wachstum des Kapitals. Gleichzeitig steigt das variable Kapital absolut, da die wachsende Masse an Produktionsmitteln mehr Arbeitskraft benötigt.<br />
<br />
Der Mehrwert teilt sich auf in den Konsumtionsfond und den Akkumulationsfond, also in den Teil den der Kapitalist zur Befriedigung seiner persönlichen Bedürfnisse benutzt, und in den Teil den der Kapitalist wieder in den Produktionsprozess steckt. Durch das Wachstum des Kapitals steigt auch der Mehrwert, wodurch mehr Kapital in den Produktionsprozess geführt werden kann. Das Wachstum des Kapitals bedingt also ein Wachstum des Proletariats und der in Bewegung gesetzten Produktionsmittel. Durch die Erschließung neuer Märkte oder neue gesellschaftliche Bedürfnisse entwickelt sich eine verstärkte Nachfrage an Arbeitskräften, welche den Kapitalisten zwingen kann, die Löhne zu erhöhen.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Ausdehnung, Herrschaft, Wachstum, Wachstumsbeschleunigung, Produktenmasse, Gesellschaftlicher Reichtum, Produktivität, Aufschwung, Akkumulation, Wertübertragung, Abstrakte Arbeit, Kapitalfetisch, Selbstverwertung, Mehrarbeit, Aneignung, Ausbeutung, Tote und lebendige Arbeit<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Das Wachstums des Kapitals wird bereits von der bürgerlichen Ökonomen wie Adam Smith und David Ricardo untersucht. Im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] beschreibt Karl Marx die tatsächlichen Ursachen und die Bedeutung des Wachstums des Kapitals für die politische Ökonomie. Marx widerlegt die bürgerliche Vorstellung, dass der gesamte Mehrwert, welcher in Kapital verwandelt wird, zu variablem Kapital werden würde. Vielmehr legt er eindeutig fest, dass sich der Mehrwert als Kapital wieder in konstantes und variables Kapital teilt, also in Produktionsmittel und Arbeitskraft. Der Kapitalist teilt den Mehrwert zudem auf in den Konsumtionsfond und den Akkumulationsfond, wobei das Verhältnis beider Fonds die Größe der Akkumulation beeinflusst. Das heißt, umso mehr sich der Kapitalist am von den Arbeitern produzierten Mehrwert bereichert und diesen für die Befriedigung seiner persönlichen Bedürfnisse ausgibt, umso weniger Mehrwert kann der Kapitalist in den Akkumulationsprozess stecken, und andersherum.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die Akkumulation ist die Eroberung der Welt, denn sie dehnt ausbeutbares Menschenmaterial und die Herrschaft der Kapitalisten aus.<br />
<br />
{{Zitat |Die Akkumulation ist Eroberung der Welt des gesellschaftlichen Reichtums. Sie dehnt mit der Masse des exploitierten Menschenmaterials zugleich die direkte und indirekte Herrschaft des Kapitalisten aus.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.619)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Das Kapital verleibt sich Arbeitskraft und Erde ein und erwirbt neue Expansionskraft, die es erlaubt, die Elemente der Akkumulation auszudehnen.<br />
<br />
{{Zitat |Allgemeines Resultat: Indem das Kapital sich die beiden Urbildner des Reichtums, Arbeitskraft und Erde, einverleibt, erwirbt es eine Expansionskraft, die ihm erlaubt, die Elemente seiner Akkumulation auszudehnen jenseits der scheinbar durch seine eigne Größe gesteckten Grenzen, gesteckt durch den Wert und die Masse der bereits produzierten Produktionsmittel, in denen es sein Dasein hat.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.630f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Mit wachsender Produktivität wächst die Produktenmasse. Bei gleichbleibender und selbst bei fallender Mehrwertrate wächst die Masse des Mehrprodukts. <br />
<br />
{{Zitat |Ein andrer wichtiger Faktor in der Akkumulation des Kapitals ist der Produktivitätsgrad der gesellschaftlichen Arbeit. Mit der Produktivkraft der Arbeit wächst die Produktenmasse, worin sich ein bestimmter Wert, also auch Mehrwert von gegebner Größe, darstellt. Bei gleichbleibender und selbst bei fallender Rate des Mehrwerts, sofern sie nur langsamer fällt, als die Produktivkraft der Arbeit steigt, wächst die Masse des Mehrprodukts.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.631)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Mit wachsender Produktivität geht eine wachsende Rate des Mehrwerts einher. Derselbe variable Kapitalteil setzt mehr Arbeitskraft und daher mehr Arbeit in Bewegung. Derselbe konstante Kapitalteil stellt sich in mehr Produktionsmitteln dar, liefert mehr Produktbildner oder Arbeitseinsauger. Es findet bei gleichbleibendem Wert des Zusatzkapitals beschleunigte Akkumulation statt. Die Produktion des Mehrwerts wächst schneller als der Wert des Zusatzkapitals. <br />
<br />
{{Zitat |Aber mit der wachsenden Produktivität der Arbeit geht, wie man gesehn, die Verwohlfeilerung des Arbeiters, also wachsende Rate des Mehrwerts, Hand in Hand, selbst wenn der reelle Arbeitslohn steigt. Er steigt nie verhältnismäßig mit der Produktivität der Arbeit. Derselbe variable Kapitalwert setzt also mehr Arbeitskraft und daher mehr Arbeit in Bewegung. Derselbe konstante Kapitalwert stellt sich in mehr Produktionsmitteln, d.h. mehr Arbeitsmitteln, Arbeitsmaterial und Hilfsstoffen dar, liefert also sowohl mehr Produktbildner als Wertbildner oder Arbeitseinsauger. Bei gleichbleibendem und selbst abnehmendem Wert des Zusatzkapitals findet daher beschleunigte Akkumulation statt. Nicht nur erweitert sich die Stufenleiter der Reproduktion stofflich, sondern die Produktion des Mehrwerts wächst schneller als der Wert des Zusatzkapitals.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.631)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Die Arbeit überträgt den Wert der von ihr konsumierten Produktionsmittel auf das Produkt. Deren Wert und Masse steigt mit der Produktivität der Arbeit. Auch wenn dieselbe Arbeitsmenge ihren Produkten immer nur dieselbe Summe Neuwert zusetzt, wächst doch der alte Kapitalwert, den sie ihnen überträgt. <br />
<br />
{{Zitat |Die Arbeit überträgt auf das Produkt den Wert der von ihr konsumierten Produktionsmittel. Andrerseits wächst Wert und Masse der durch gegebne Arbeitsmenge in Bewegung gesetzten Produktionsmittel im Verhältnis, wie die Arbeit produktiver wird. Setzt also auch dieselbe Arbeitsmenge ihren Produkten immer nur dieselbe Summe Neuwert zu, so wächst doch der alte Kapitalwert, den sie ihnen gleichzeitig überträgt, mit steigender Produktivität der Arbeit.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.632)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Die Arbeit erhält Wert und schafft neuen. Mit steigender Produktivität erhält und verewigt die Arbeit in stets neuer Form einen stets schwellenden Kapitalwert. <br />
<br />
{{Zitat |Es ist die Naturgabe der lebendigen Arbeit, alten Wert zu erhalten, während sie Neuwert schafft. Mit dem Wachstum von Wirksamkeit, Umfang und Wert ihrer Produktionsmittel, also mit der die Entwicklung ihrer Produktivkraft begleitenden Akkumulation erhält und verewigt die Arbeit daher in stets neuer Form einen stets schwellenden Kapitalwert.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.633)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Diese Kraft der Arbeit erscheint als Selbsterhaltungskraft des Kapitals. Die beständige Aneignung der Mehrarbeit durch den Kapitalisten erscheint als beständige Selbstverwertung des Kapitals.<br />
<br />
{{Zitat |Diese Naturkraft der Arbeit erscheint als Selbsterhaltungskraft des Kapitals, dem sie einverleibt ist, ganz wie ihre gesellschaftlichen Produktivkräfte als seine Eigenschaften, und wie die beständige Aneignung der Mehrarbeit durch den Kapitalisten als beständige Selbstverwertung des Kapitals. Alle Kräfte der Arbeit projektieren sich als Kräfte des Kapitals, wie alle Wertformen der Ware als Formen des Geldes.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.633f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 8'''<br />
<br />
Mit dem Wachstum des Kapitals wächst die Differenz zwischen angewandtem und konsumiertem Kapital. Der Gratisdienst der vergangenen Arbeit – wenn von lebendiger Arbeit ergriffen – akkumuliert mit der wachsenden Stufenleiter der Akkumulation. <br />
<br />
{{Zitat |Mit dem Wachstum des Kapitals wächst die Differenz zwischen angewandtem und konsumiertem Kapital. Im Verhältnis, worin diese Arbeitsmittel als Produktbildner dienen, ohne dem Produkt Wert zuzusetzen, also ganz angewandt, aber nur teilweise konsumiert werden, leisten sie, wie früher erwähnt, denselben Gratisdienst wie Naturkräfte, Wasser, Dampf, Luft, Elektrizität usw. Dieser Gratisdienst der vergangnen Arbeit, wenn ergriffen und beseelt von der lebendigen Arbeit, akkumuliert mit der wachsenden Stufenleiter der Akkumulation.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.635)}}<br />
<br />
'''Annahme 9'''<br />
<br />
Die Masse des Mehrwerts ist bestimmt durch die Anzahl der gleichzeitig ausgebeuteten Arbeiter. Diese entspricht in wechselndem Verhältnis der Größe des Kapitals. Je mehr das Kapital durch Akkumulation wächst, desto mehr wächst die Wertsumme, die sich in Konsumtionsfonds und Akkumulationsfonds spaltet.<br />
<br />
{{Zitat |Bei gegebnem Exploitationsgrad der Arbeitskraft ist die Masse des Mehrwerts bestimmt durch die Anzahl der gleichzeitig ausgebeuteten Arbeiter, und diese entspricht, obgleich in wechselndem Verhältnis, der Größe des Kapitals. Je mehr also das Kapital vermittelst sukzessiver Akkumulationen wächst, desto mehr wächst auch die Wertsumme, die sich in Konsumtionsfonds und Akkumulationsfonds spaltet. Der Kapitalist kann daher flotter leben und zugleich mehr „entsagen". Und schließlich spielen alle Springfedern der Produktion um so energischer, je mehr ihre Stufenleiter sich erweitert mit der Masse des vorgeschossenen Kapitals.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.635f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 10'''<br />
<br />
Mit Wachstum des Kapitals ist Wachstum des variablen Kapitals verbunden – also Wachstum des Arbeitsfonds der Arbeitskraft.<br />
<br />
{{Zitat |Wachstum des Kapitals schließt Wachstum seines variablen oder in Arbeitskraft umgesetzten Bestandteils ein. Ein Teil des in Zusatzkapital verwandelten Mehrwerts muß stets rückverwandelt werden in variables Kapital oder zuschüssigen Arbeitsfonds. Unterstellen wir, daß, nebst sonst gleichbleibenden Umständen; die Zusammensetzung des Kapitals unverändert bleibt, d.h. eine bestimmte Masse Produktionsmittel oder konstantes Kapital stets dieselbe Masse Arbeitskraft erheischt, um in Bewegung gesetzt zu werden, so wächst offenbar die Nachfrage nach Arbeit und der Subsistenzfonds der Arbeiter verhältnismäßig mit dem Kapital und um so rascher, je rascher das Kapital wächst.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.641)}}<br />
<br />
'''Annahme 11'''<br />
<br />
Das Wachstum des Kapitals schließt das Wachstum seines variablen Teils ein. Eine bestimmte Masse Produktionsmittel erheischt stets dieselbe Masse Arbeitskraft, um in Bewegung gesetzt zu werden. Die Nachfrage nach Arbeit wächst. Akkumulation des Kapitals ist also Vermehrung des Proletariats.<br />
Die Reproduktion der Arbeitskraft bildet selbst einen Moment der Reproduktion des Kapitals. <br />
<br />
{{Zitat |Wie die einfache Reproduktion fortwährend das Kapitalverhältnis selbst reproduziert, Kapitalisten auf der einen Seite, Lohnarbeiter auf der andren, so reproduziert die Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter oder die Akkumulation das Kapitalverhältnis auf erweiterter Stufenleiter, mehr Kapitalisten oder größere Kapitalisten auf diesem Pol, mehr Lohnarbeiter auf jenem.<br/>Die Reproduktion der Arbeitskraft, die sich dem Kapital unaufhörlich als Verwertungsmittel einverleiben muß, nicht von ihm loskommen kann und deren Hörigkeit zum Kapital nur versteckt wird durch den Wechsel der individuellen Kapitalisten, woran sie sich verkauft, bildet in der Tat ein Moment der Reproduktion des Kapitals selbst. Akkumulation des Kapitals ist also Vermehrung des Proletariats.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.641f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 12'''<br />
<br />
Die Kapitalisten können unter bestimmten Bedingungen (z.B. Eröffnung neuer Märkte, Entstehung neuer gesellschaftlicher Bedürfnisse) eine verstärkte Nachfrage nach Arbeitern entwickeln, die sie nur befriedigen können, wenn sie höhere Arbeitslöhne zahlen. Das können sie jederzeit ohne vorherige Mehrwertsteigerung, indem sie den Teil des Mehrwerts den sie für ihren Privatkonsum nutzen (Revenue) kürzen und den, den sie wieder in den Produktionsprozess werfen (Kapital), vergrößern.<br />
<br />
{{Zitat |und da endlich, unter besondrem Sporn des Bereicherungstriebs wie z. B. Öffnung neuer Märkte, neuer Sphären der Kapitalanlage infolge neu entwickelter gesellschaftlicher Bedürfnisse Usw., die Stufenleiter der Akkumulation plötzlich ausdehnbar ist durch bloß veränderte Teilung des Mehrwerts oder Mehrprodukts in Kapital und Revenue, können die Akkumulationsbedürfnisse des Kapitals das Wachstum der Arbeitskraft oder der Arbeiteranzahl, die Nachfrage nach Arbeitern ihre Zufuhr überflügeln und daher die Arbeitslöhne steigen.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.641)}}<br />
<br />
==Wissenschaftlich-technischer Fortschritt==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Der wissenschaftlich-technische Fortschritt beschreibt die Verbesserung der wissenschafltichen und technischen Möglichkeiten. Durch die Entwicklung von Wissenschaft und Technik erweitert sich die Produktivkraft der Arbeit, was bewirkt, dass neue Maschinen, Werkzeuge und andere Produktionsmittel an die Stelle der Alten treten. Jeder wissenschaftliche und technische Fortschritt vervielfacht nicht nur die Effizienz im Produktionsprozess, sondern sorgt auch für eine Ausdehnung der Anlagensphäre des Kapitals. Der Fortschritt von Wissenschaft und Technik ist somit eine wichtige Folge der Akkumulation des Kapitals.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Wissenschaft, Technik, Fortschritt <br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Marx betrachtet den wissenschaftlich-technischen Fortschritt im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] als eine Folge des Wachstums und der Akkumulation des Kapitals. Durch diesen Fortschritt werden neue Produktionsmöglichkeiten erschlossen, welche allein dem Kapitalisten dienen, mehr Profit zu erzielen und die technische Entwicklung zur Verbesserung der kapitalistischen Produktion voranzutreiben, um sich somit einen individuellen Vorteil in einem Produktionsbereich gegenüber seinen kapitalistischen Konkurrenten zu haben. Die Akkumulation des Kapitals und der wissenschaftlich-technische Fortschritt gehen also Hand in Hand.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die Wissenschaft und die Technik bilden eine von der Größe des Kapitals unabhängige Potenz seiner Expansion. In seine neue Form einverleibt es gratis den vollzogenen gesellschaftlichen Fortschritt. <br />
<br />
{{Zitat |Gleich vermehrter Ausbeutung des Naturreichtums durch bloß höhere Spannung der Arbeitskraft, bilden Wissenschaft und Technik eine von der gegebnen Größe des funktionierenden Kapitals unabhängige Potenz seiner Expansion. Sie reagiert zugleich auf den in sein Erneuerungsstadium eingetretenen Teil des Originalkapitals. In seine neue Form einverleibt es gratis den hinter dem Rücken seiner alten Form vollzogenen gesellschaftlichen Fortschritt.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.632)}}<br />
<br />
==Aufschwung und Krise==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Der Aufschwung und die Krise bezeichneen die jeweilige Phase der Akkumulation des Kapitals. Beide Phasen bedingen sich gegenseitig und stehen in einem engen Verhältnis. Wächst in einer Aufschwungsphase die Menge der unbezahlten Arbeit so schnell, dass sie nur durch Zuschuss von bezahlter Arbeit zu Kapital werden kann, so steigt der Arbeitslohn, und der Anteil der unbezahlten Arbeit, der Mehrarbeit, nimmt ab.<br />
<br />
Dieser Anstieg ist jedoch an gewisse Grenzen gekoppelt. Bei steigenden Arbeitslöhnen wird weniger unbezahlte Mehrarbeit geleistet. Dies führt dazu, dass relativ immer weniger Kapital akkumuliert wird. Dadurch wird der Anstieg der Arbeitslöhne automatisch gebremst. Somit verschwindet durch die Abnahme der Akkumulation gleichzeitig die Ursache dafür, nämlich das Ungleichverhältnis zwischen Kapital und ausgebeuteter Arbeitskraft. Der Mechanismus des kapitalistischen Produktionsprozesses beseitigt also selbst die Hindernisse, die er vorübergehend schafft. Der Arbeitslohn fällt wieder auf ein Niveau, welches den Verwertungsbedürfnissen des Kapitals entspricht.<br />
Eine Abnahme des Ausbeutungsgrades der Arbeit und eine Zunahme des Arbeitslohns bewegen sich also immer in einem eingbetteten Rahmen, welcher die Reproduktion des Kapitalverhältnisses und dessen Reproduktion auf stets erweiterter Stufenleiter, also die Ausdehnung der Kapitalverhältnisse auf ein höheres Reproduktionsniveau sichert. Die relative Prosperität der Arbeiterklasse wird somit von der kapitalistischen Produktion nur vorübergehend, als Vorläufer einer Krise, zugelassen.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Krise, Aufschwung, Lohnhöhe, Arbeit, Konsumtion<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Der Aufschwung und die Krise des Akkumulationsprozesses werden von Marx im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] beschrieben. Diese beiden Phasen erklärt Marx mit der Steigerung und dem Fall von bezahlter und unbezahlter Arbeit, wobei beide Phasen sich gegenseitig bedingen und die Geschwindigkeit der Akkumulation steuern. Während in einer Aufschwungsphase die Menge an Arbeitskraft steigt und somit die Löhne erhöht, wird zunehmend weniger Mehrwert kapitalisiert und somit weniger Kapital akkumuliert. Die logische Konsequenz darauf ist eine Verlangsamung der Akkumulation, was eine notwenige Senkung der Löhne zur Folge hat, damit die Reproduktion der Kapitalverhältnisse nicht gefährdet wird. <br />
Eine Aufschwungsphase und somit eine Prosperität der Arbeiterklasse durch höhere Löhne wird von der kapitalistischen Produktion nur momentan zugelassen und dient als Vorbote einer Krisenphase, in der die Löhne wieder sinken. <br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Das Verhältnis zwischen Kapital, Akkumulation und Lohnrate ist das Verhältnis zwischen unbezahlter, in Kapital verwandelter Arbeit und der zur Bewegung des Zusatzkapitals erforderlichen zuschüssigen Arbeit. Das Verhältnis von unbezahlter und bezahlter Arbeit der Arbeiterbevölkerung.<br/> Wenn die Menge der unbezahlten Arbeit rasch wächst, um außergewöhnlichen Zuschuss bezahlter Arbeit in Kapital verwandeln zu können, steigt der Lohn, die unbezahlte Arbeit nimmt ab.<br/>Sobald aber der Punkt eintritt, wo die das Kapital ernährende Mehrarbeit nicht in normaler Menge angeboten wird, erlahmt die Akkumulation, die steigende Lohnbewegung erhält Gegenschlag.<br/>Die Erhöhung des Arbeitspreises bleibt eingebannt in Grenzen, die die Grundlagen des kapitalistischen Systems nicht nur unangetastet lassen, sondern auch seine Reproduktion auf wachsender Stufenleiter sichern.<br />
<br />
{{Zitat |Das Verhältnis zwischen Kapital, Akkumulation und Lohnrate ist nichts als das Verhältnis zwischen der unbezahlten, in Kapital verwandelten Arbeit und der zur Bewegung des Zusatzkapitals erforderlichen zuschüssigen Arbeit.<br/>Es ist also keineswegs ein Verhältnis zweier voneinander unabhängigen Größen, einerseits der Größe des Kapitals, andrerseits der Zahl der Arbeiterbevölkerung, es ist vielmehr in letzter Instanz nur das Verhältnis zwischen der unbezahlten und der bezahlten Arbeit derselben Arbeiterbevölkerung. Wächst die Menge der von der Arbeiterklasse gelieferten und von der Kapitalistenklasse akkumulierten, unbezahlten Arbeit rasch genug, um nur durch einen außergewöhnlichen Zuschuß bezahlter Arbeit sich in Kapital verwandeln zu können, so steigt der Lohn, und alles andre gleichgesetzt, nimmt die unbezahlte Arbeit im Verhältnis ab.<br/>Sobald aber diese Abnahme den Punkt berührt, wo die das Kapital ernährende Mehrarbeit nicht mehr in normaler Menge angeboten wird, so tritt eine Reaktion ein: ein geringerer Teil der Revenue wird kapitalisiert, die Akkumulation erlahmt, und die steigende Lohnbewegung empfängt einen Gegenschlag. Die Erhöhung des Arbeitspreises bleibt also eingebannt in Grenzen, die die Grundlagen des kapitalistischen Systems nicht nur unangetastet lassen, sondern auch seine Reproduktion auf wachsender Stufenleiter sichern.<br/> Das in ein Naturgesetz mystifizierte Gesetz der kapitalistischen Akkumulation drückt also in der Tat nur aus, daß ihre Natur jede solche Abnahme im Exploitationsgrad der Arbeit oder jede solche Steigerung des Arbeitspreises ausschließt, welche die stetige Reproduktion des Kapitalverhältnisses und seine Reproduktion auf stets erweiterter Stufenleiter ernsthaft gefährden könnte.<br/>Es kann nicht anders sein in einer Produktionsweise, worin der Arbeiter für die Verwertungsbedürfnisse vorhandner Werte, statt umgekehrt der gegenständliche Reichtum für die Entwicklungsbedürfnisse des Arbeiters da ist. Wie der Mensch in der Religion vom Machwerk seines eignen Kopfes, so wird er in der kapitalistischen Produktion vom Machwerk seiner eignen Hand beherrscht.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.649)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Krisen gehen aus Mangel an zahlungsfähiger Konsumtion hervor. Das ist eine Tautologie. Abhilfe schaffen zu wollen, in dem die Arbeiterklasse einen größeren Teil ihres Produkts erhält, ignoriert, dass Krisen vorbereitet werden durch eine Periode, in der der Arbeitslohn allgemein steigt und die Arbeiterklasse größeren Anteil erhält. Die kapitalistische Produktion schafft unabhängig von gutem oder schlechtem Willen Bedingungen, die die relative Prosperität der Arbeiterklasse nur vorübergehend – als Vorlauf der Krise - zulassen.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist eine reine Tautologie zu sagen, daß die Krisen aus Mangel an zahlungsfähiger Konsumtion oder an zahlungsfähigen Konsumenten hervorgehn. Andre Konsumarten, als zahlende, kennt das kapitalistische System nicht, ausgenommen die sub forma pauperis oder die des „Spitzbuben". Daß Waren unverkäuflich sind, heißt nichts, als daß sich keine zahlungsfähigen Käufer für sie fanden, also Konsumenten (sei es nun, daß die Waren in letzter Instanz zum Behuf produktiver oder individueller Konsumtion gekauft werden).<br/>Will man aber dieser Tautologie einen Schein tiefrer Begründung dadurch geben, daß man sagt, die Arbeiterklasse erhalte einen zu geringen Teil ihres eignen Produkts, und dem Übelstand werde mithin abgeholfen, sobald sie größern Anteil davon empfängt, ihr Arbeitslohn folglich wächst, so ist nur zu bemerken, daß die Krisen jedesmal gerade vorbereitet werden durch eine Periode, worin der Arbeitslohn allgemein steigt und die Arbeiterklasse realiter größern Anteil an dem für Konsumtion bestimmten Teil des jährlichen Produkts erhält. Jene Periode müsste – von dem Gesichtspunkt dieser Ritter vom gesunden und „einfachen" (!) Menschenverstand - umgekehrt die Krise entfernen.<br/> Es scheint also, daß die kapitalistische Produktion vom guten oder bösen Willen unabhängige Bedingungen einschließt, die jene relative Prosperität der Arbeiterklasse nur momentan zulassen, und zwar immer nur als Sturmvogel einer Krise.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band24.pdf Kapital 2.Band, MEW Band 24], S.409f.)}}<br />
<br />
==Produktivkraftentwicklung==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Produktivkraftentwicklung ist ein wichtiges Element der kapitalistischen Produktion, denn ab einem gewissen Punkt wird sie der mächtigste Hebel der Akkumulation. Der gesellschaftliche Produktivgrad der Arbeit drückt sich in dem Verhältnis zwischen eingesetzten Produktionsmitteln und der Arbeitskraft aus. Bei wachsender Produktivkraftentwicklung werden im Produktionsprozess zunehmend mehr Produktionsmittel eingesetzt, was das Verhältnis von eingesetzter Arbeitskraft und Produktionsmittel entscheidend ändert. Ein Arbeiter kann nun mehr Produktionsmittel in kürzerer Zeit verbrauchen. Somit ändert sich die technische Zusammensetzung des Kapitals, also das Verhältnis der Masse der angewandten Produktionsmittel und der dazu benötigten Arbeitskraft, durch die Steigerung der Produktivkraftentwicklung. <br />
<br />
Diese Veränderung spiegelt sich wieder in der Veränderung der Zusammensetzung des Kapitals. Der Anteil des konstanten Kapitals steigt und der Anteil des variablen Kapitals sinkt. Der Unterschied der technischen Zusammensetzung ist allerdings größer als derjenige der Kapitalzusammensetzung, da der Wert des einzelnen Produktionsmittel sinkt. Der konstante Kapitalteil steigt also nicht proportional zu der gesteigerten Masse an Produktionsmitteln, und die Kapitalzusammensetzung verschiebt sich nicht so schnell Richtung konstantes Kapital wie die stoffliche Zusammensetzung desselben. Obwohl der variable Kapitalteil relativ abnimmt, kann er absolut steigen, da mehr Arbeitskraft für den Gebrauch der Produktionsmittel benötigt wird.<br />
<br />
Dadurch, dass die Rückverwandlung von Mehrwert in Kapital sich als wachsende Größe des Kapitals darstellt, ist sie gleichzeitig Grundlage einer erweiterten Stufenleiter der Produktion, der Methoden zur Steigerung der Produktivkraft der Arbeit und einer beschleunigten Produktion von Mehrwert. Ein gewisser Grad der Kapitalakkumulation ist also Bedingung der spezifisch kapitalistischen Produktionsweis, indem die Akkumulation des Kapitals beschleunigt wird. <br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Produktivität, Wachstum, Produktivkraftentwicklung, Wertzusammensetzung, Organische Zusammensetzung des Kapitals, Relative Mehrwertproduktion, Vergesellschaftung der Produktion, Technische Zusammensetzung des Kapitals<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Produktivkraftentwicklung wird von Marx im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|1. Band des Kapitals]] beschrieben. Hierbei zeigt er auf, dass die Steigerung der Produktivkraft mit der Veränderung des Verhältnisses der in der kapitalistischen Produktion eingesetzten Produktionsmittel und Arbeitskraft einhergeht. Dies verändert automatisch sowohl die technische, als auch die Wertzusammensetzung des Kapitals. Der Anteil des konstanten Kapitals steigt, während der Anteil des variablen Kapitals, sinkt.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Der gesellschaftliche Produktivgrad der Arbeit drückt sich im relativen Größenumfang der Produktionsmittel aus, die ein Arbeiter während gegebener Zeit, mit derselben Anspannung von Arbeitskraft, in Produkt verwandelt.<br />
Die Masse der Produktionsmittel, womit er funktioniert, wächst mit der Produktivität seiner Arbeit.<br/>Das Wachstum der Produktionsmittel ist Folge und Bedingung der wachsenden Produktivität der Arbeit.<br />
<br />
{{Zitat |Abgesehn von Naturbedingungen, wie Fruchtbarkeit des Bodens usw., und vom Geschick unabhängiger und isoliert arbeitender Produzenten, das sich jedoch mehr qualitativ in der Güte als quantitativ in der Masse des Machwerks bewährt, drückt sich der gesellschaftliche Produktivgrad der Arbeit aus im relativen Größenumfang der Produktionsmittel, welche ein Arbeiter, während gegebner Zeit, mit derselben Anspannung von Arbeitskraft, in Produkt verwandelt.<br/>Die Masse der Produktionsmittel, womit er funktioniert, wächst mit der Produktivität seiner Arbeit. Diese Produktionsmittel spielen dabei eine doppelte Rolle. Das Wachstum der einen ist Folge, das der andren Bedingung der wachsenden Produktivität der Arbeit.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.650)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Im Verlauf der Akkumulation tritt ein Punkt ein, wo die Entwicklung der Produktivität der Arbeit der mächtigste Hebel der Akkumulation wird.<br />
<br />
{{Zitat |Die allgemeinen Grundlagen des kapitalistischen Systems einmal gegeben, tritt im Verlauf der Akkumulation jedesmal ein Punkt ein, wo die Entwicklung der Produktivität der gesellschaftlichen Arbeit der mächtigste Hebel der Akkumulation wird.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.650)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Zunahme der Produktivität der Arbeit erscheint in der Abnahme der Arbeitsmasse verhältnismäßig zu der von ihr bewegten Masse von Produktionsmitteln oder in der Größenabnahme des subjektiven Faktors des Arbeitsprozesses, verglichen mit seinen objektiven Faktoren.<br/><br />
Diese Veränderung in der technischen Zusammensetzung des Kapitals – das Wachstum der Produktionsmittel verglichen mit dem der Arbeiterklasse, spiegelt sich wider in seiner Wertzusammensetzung, in der Zunahme des konstanten Bestandteil des Kapitals. <br />
<br />
{{Zitat |Die Zunahme der letzteren erscheint also in der Abnahme der Arbeitsmasse verhältnismäßig zu der von ihr bewegten Masse von Produktionsmitteln oder in der Größenabnahme des subjektiven Faktors des Arbeitsprozesses, verglichen mit seinen objektiven Faktoren. Diese Veränderung in der technischen Zusammensetzung des Kapitals, das Wachstum in der Masse der Produktionsmittel, verglichen mit der Masse der sie belebenden Arbeitskraft, spiegelt sich wider in seiner Wertzusammensetzung, in der Zunahme des konstanten Bestandteils des Kapitalwerts auf Kosten seines variablen Bestandteils.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.651f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Die Änderung der Zusammensetzung der stofflichen Bestandteile ist größer als die der Wertzusammensetzung, da der Wert des einzelnen Produktionsmittel sinkt. <br />
<br />
{{Zitat |Die Abnahme des variablen Kapitalteils gegenüber dem konstanten oder die veränderte Zusammensetzung des Kapitalwerts zeigt jedoch nur annähernd den Wechsel in der Zusammensetzung seiner stofflichen Bestandteile an. […] Der Grund ist einfach der, daß mit der wachsenden Produktivität der Arbeit nicht nur der Umfang der von ihr vernutzten Produktionsmittel steigt, sondern deren Wert, verglichen mit ihrem Umfang, sinkt. Ihr Wert steigt also absolut, aber nicht proportionell mit ihrem Umfang. Das Wachstum der Differenz zwischen konstantem und variablem Kapital ist daher viel kleiner als das der Differenz zwischen der Masse der Produktionsmittel, worin das konstante, und der Masse Arbeitskraft, worin das variable Kapital umgesetzt wird. Die erstere Differenz nimmt zu mit der letzteren, aber in geringerem Grad.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.651f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Die absolute Größe des variablen Kapitalteils kann trotz seiner relativen Abnahme steigen, da mehr Arbeitskraft notwendig ist, um die Produktionsmittel zu verarbeiten.<br />
<br />
{{Zitat |Übrigens, wenn der Fortschritt der Akkumulation die relative Größe des variablen Kapitalteils vermindert, schließt er damit die Steigerung ihrer absoluten Größe keineswegs aus.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.652)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Die Kooperation auf großer Stufenleiter, welche Produktionsmittel durch massenhafte Konzentration ökonomisiert, ist Voraussetzung für die Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit. <br />
<br />
{{Zitat |Im vierten Abschnitt wurde gezeigt, wie die Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit Kooperation auf großer Stufenleiter voraussetzt, wie nur unter dieser Voraussetzung Teilung und Kombination der Arbeit organisiert, Produktionsmittel durch massenhafte Konzentration ökonomisiert, schon stofflich nur gemeinsam anwendbare Arbeitsmittel, z.B. System der Maschinerie usw., ins Leben gerufen, ungeheure Naturkräfte in den Dienst der Produktion gepreßt und die Verwandlung des Produktionsprozesses in technologische Anwendung der Wissenschaft vollzogen werden können.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.652)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Ein gewisser Grad der Kapitalakkumulation ist Bedingung für die kapitalistische Produktionsweise, welche eine beschleunigte Akkumulation verursacht. Beide Faktoren verursachen den Wechsel in der technischen Zusammensetzung des Kapitals. Der Anteil des variablen Kapitals nimmt ab, der des konstanten Kapitals nimmt zu.<br />
<br />
{{Zitat |Die kontinuierliche Rückverwandlung von Mehrwert in Kapital stellt sich dar als wachsende Größe des in den Produktionsprozeß eingehenden Kapitals. Diese wird ihrerseits Grundlage einer erweiterten Stufenleiter der Produktion, der sie begleitenden Methoden zur Steigerung der Produktivkraft der Arbeit und beschleunigter Produktion von Mehrwert. Wenn also ein gewisser Grad der Kapitalakkumulation als Bedingung der spezifisch kapitalistischen Produktionsweise erscheint, verursacht die letztere rückschlagend eine beschleunigte Akkumulation des Kapitals. Mit der Akkumulation des Kapitals entwickelt sich daher die spezifisch kapitalistische Produktionsweise und mit der spezifisch kapitalistischen Produktionsweise die Akkumulation des Kapitals. Diese beiden ökonomischen Faktoren erzeugen, nach dem zusammengesetzten Verhältnis des Anstoßes, den sie sich gegenseitig erteilen, den Wechsel in der technischen Zusammensetzung des Kapitals, durch welchen der variable Bestandteil immer kleiner und kleiner wird, verglichen mit dem konstanten.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.653)}}<br />
<br />
==Konzentration des Kapitals==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Konzentration des Kapitals beschreibt die wachsende Konzentration der Produktionsmittel in den Händen der Kapitalisten, welche durch ein Wachstum vieler individueller und somit des gesellschaftlichen Kapitals gesteuert wird. Dieser Prozess ist identisch mit der Akkumulation. Durch das Abspalten alter Kapitale und Bildung neuer Kapitale wächst auch die Kapitalistenklasse. Das Kapital ist auf viele individuelle Kapitalisten verteilt, die sich in der freien Konkurrenz gegenüber stehen, sich also gegenseitig abstoßen.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Kapitalkonzentration, Kapitalakkumulation<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Konzentration des Kapitals beschreibt Marx im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|1. Band des Kapitals]] als eine wachsende Konzentration in den Händen der Kapitalisten. Dadurch, dass viele individuelle Kapitale wachsen, spalten sich einige von ihnen ab oder bilden sich neu. Daraus schlussfolgert Marx ein absolutes Wachsen der Anzahl an Kapitalisten.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Jedes individuelle Kapital ist bereits eine größere oder kleinere Konzentration von Produktionsmitteln. Das Wachstum des gesellschaftlichen Kapitals vollzieht sich im Wachstum vieler individueller Kapitale. Mit ihnen wächst die Konzentration der Produktionsmittel. Zugleich reißen sich Ableger los und fungieren als neue Kapitale. Mit der Akkumulation wächst daher auch die Anzahl der Kapitalisten. Dieser Prozess ist identisch mit der Akkumulation: Wachsende Konzentration der gesellschaftlichen Produktionsmittel in den Händen individueller Kapitalisten. Das Kapital ist verteilt auf viele Punkte, das Wachstum der Kapitale ist durchkreuzt durch die Bildung neuer und die Spaltung alter Kapitale. Akkumulation stellt sich dar als wachsende Konzentration der Produktionsmittel einerseits, andererseits als Abstoßen vieler individueller Kapitale voneinander.<br />
<br />
{{Zitat |Jedes individuelle Kapital ist eine größere oder kleinere Konzentration von Produktionsmitteln mit entsprechendem Kommando über eine größere oder kleinere Arbeiterarmee. Jede Akkumulation wird das Mittel neuer Akkumulation. Sie erweitert mit der vermehrten Masse des als Kapital funktionierenden Reichtums seine Konzentration in den Händen individueller Kapitalisten, daher die Grundlage der Produktion auf großer Stufenleiter und der spezifisch kapitalistischen Produktionsmethoden. Das Wachstum des gesellschaftlichen Kapitals vollzieht sich im Wachstum vieler individuellen Kapitale. Alle andren Umstände als gleichbleibend vorausgesetzt, wachsen die individuellen Kapitale, und mit ihnen die Konzentration der Produktionsmittel, im Verhältnis, worin sie aliquote Teile des gesellschaftlichen Gesamtkapitals bilden. Zugleich reißen sich Ableger von den Originalkapitalen los und funktionieren als neue selbständige Kapitale. Eine große Rolle spielt dabei unter anderm die Teilung des Vermögens in Kapitalistenfamilien. Mit der Akkumulation des Kapitals wächst daher auch mehr oder minder die Anzahl der Kapitalisten. Zwei Punkte charakterisieren diese Art Konzentration, welche unmittelbar auf der Akkumulation beruht oder vielmehr mit ihr identisch ist. Erstens: Die wachsende Konzentration der gesellschaftlichen Produktionsmittel in den Händen individueller Kapitalisten ist, unter sonst gleichbleibenden Umständen, beschränkt durch den Wachstumsgrad des gesellschaftlichen Reichtums. Zweitens: Der in jeder besondren Produktionssphäre ansässige Teil des gesellschaftlichen Kapitals ist verteilt unter viele Kapitalisten, welche einander als unabhängige und miteinander konkurrierende Warenproduzenten gegenüberstehn. Die Akkumulation und die sie begleitende Konzentration sind also nicht nur auf viele Punkte zersplittert, sondern das Wachstum der funktionierenden Kapitale ist durchkreuzt durch die Bildung neuer und die Spaltung alter Kapitale. Stellt sich die Akkumulation daher einerseits dar als wachsende Konzentration der Produktionsmittel und des Kommandos über Arbeit, so andrerseits als Repulsion vieler individueller Kapitale voneinander.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.653f.)}}<br />
<br />
==Zentralisation der Kapitale==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Als Zentralisation bezeichnet man das Wachstum des Kapitalumfanges in den Händen einzelner Kapitalisten oder Kapitalistengruppen durch den Zusammenschluss schon bestehender kleinerer Kapitale zu größeren. Durch die Zusammenschlüsse nimmt die Anzahl an Einzelkapitalen ab. Die Zentralisation ist Kenntzeichen der höchsten Form der Kapitalistischen Monopolvereinigung (siehe hierzu: [[Der imperialistische Kapitalismus|Imperialismus]]). Die größeren Kapitalisten mit größerer Akkumulation und dadurch Konzentration schlagen die kleineren. Das bedeutet den Untergang der kleineren, deren Kapitale teils in die Hand der größeren Kapitalisten übergehen, teils untergehen. Einen mächtigen Hebel der Zentralisation bildet das Kreditwesen, in dem es eine fruchtbare Waffe im Konkurrenzkampf wird und sich schließlich selbst in einen Mechanismus zur Zentralisation der Kapitale verwandelt. Die Zentralisation ist Ausgangspunkt für eine umfassendere Organisation der Gesamtarbeit. Einzelne Produktionsprozesse werden zu gesellschaftlich kombinierten und wissenschaftlich disponierten Produktionsprozessen. Die Akkumulation ist ein langsamer, allmählicher Prozess, Zentralisation dagegen schnell. Sprunghafter technischer Fortschritt wird durch Zentralisation, großes Kapital in einzelner Hand, beschleunigt. Der Anteil des konstanten Kapitals nimmt aufgrund dieser Produktivkraftentwicklung zu, derjenige des veriablen Kapitals ab.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Zentralisation der Kapitale, Kredit, Zentralisation, Konkurrenz, Kreditwesen, Übernahme, Akkumulation, Vergesellschaftung der Produktion, Organische Zusammensetzung des Kapitals, Arbeitslosigkeit, Industrielle Reservearmee<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Marx beschreibt die Charakteristik der Zentralisation im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]]. <br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Dem entgegen wirkt die nicht mehr einfache Konzentration, die mit der Akkumulation identisch ist, sondern Konzentration bereits gebildeter Kapitale, Aufhebung ihrer individuellen Selbständigkeit, Expropriation von Kapitalist durch Kapitalist. Verwandlung vieler kleinerer in weniger größere Kapitale. Der Unterschied zur Konzentration durch Akkumulation ist, dass er nur eine veränderte Verteilung der bereits vorhandenen und funktionierenden Kapitale voraussetzt. Es ist die eigentliche Zentralisation um Unterschied zur Akkumulation und Konzentration. <br />
<br />
{{Zitat |Dieser Zersplitterung des gesellschaftlichen Gesamtkapitals in viele individuelle Kapitale oder der Repulsion seiner Bruchteile voneinander wirkt entgegen ihre Attraktion. Es ist dies nicht mehr einfache, mit der Akkumulation identische Konzentration von Produktionsmitteln und Kommando über Arbeit. Es ist Konzentration bereits gebildeter Kapitale, Aufhebung ihrer individuellen Selbständigkeit, Expropriation von Kapitalist durch Kapitalist, Verwandlung vieler kleineren in weniger größere Kapitale. Dieser Prozeß unterscheidet sich von dem ersten dadurch, daß er nur veränderte Verteilung der bereits vorhandnen und funktionierenden Kapitale voraussetzt, sein Spielraum also durch das absolute Wachstum des gesellschaftlichen Reichtums oder die absoluten Grenzen der Akkumulation nicht beschränkt ist. Das Kapital schwillt hier in einer Hand zu großen Massen, weil es dort in vielen Händen verlorengeht. Es ist die eigentliche Zentralisation im Unterschied zur Akkumulation und Konzentration.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.654)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Das Kreditwesen wird eine neue Waffe im Konkurrenzkampf. Konkurrenz und Kredit werden zu den beiden mächtigsten Hebeln der Zentralisation.<br />
<br />
<br />
{{Zitat |Abgesehn hiervon bildet sich mit der kapitalistischen Produktion eine ganz neue Macht, das Kreditwesen, das in seinen Anfängen verstohlen, als bescheidne Beihilfe der Akkumulation, sich einschleicht, durch unsichtbare Fäden die über die Oberfläche der Gesellschaft in größern oder kleinern Massen zersplitterten Geldmittel in die Hände individueller oder assoziierter Kapitalisten zieht, aber bald eine neue und furchtbare Waffe im Konkurrenzkampf wird und sich schließlich in einen ungeheuren sozialen Mechanismus zur Zentralisation der Kapitale verwandelt.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.654f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Konkurrenz und der Kredit stehen im selben Verhältnis wie kapitalistische Produktion und Akkumulation, das eine bedingt das andere. Der Fortschritt der Akkumulation vermehrt die Einzelkapitale. Gesellschaftliches Bedürfnis und technische Mittel schaffen den Antrieb zur Ausweitung der kapitalistischen Produktion und somit zu gewaltigen industriellen Unternehmungen, deren Durchführung an eine vorangegangene Zentralisation des Kapitals gebunden ist. Der Fortschritt der Zentralisation hängt nicht vom Größenwachstum des gesellschaftlichen Kapitals ab, sie kann durch bloße veränderte Verteilung schon bestehender Kapitale erfolgen. Kapital kann in einer Hand zu gewaltigen Massen anwachsen, weil es vielen einzelnen Händen entzogen wird. In einem Geschäftszweig hätte die Zentralisation ihre Grenze erreicht, wenn alle dort angelegten Kapital zu einem Einzelkapital verschmolzen wären. <br />
<br />
{{Zitat |Im Maß wie die kapitalistische Produktion und Akkumulation, im selben Maß entwickeln sich Konkurrenz und Kredit, die beiden mächtigsten Hebel der Zentralisation. Daneben vermehrt der Fortschritt der Akkumulation den zentralisierbaren Stoff, d.h. die Einzelkapitale, während die Ausweitung der kapitalistischen Produktion, hier das gesellschaftliche Bedürfnis, dort die technischen Mittel jener gewaltigen industriellen Unternehmungen schafft, deren Durchführung an eine vorgängige Zentralisation des Kapitals gebunden ist. Heutzutage ist also die gegenseitige Attraktionskraft der Einzelkapitale und die Tendenz zur Zentralisation stärker als je zuvor. Wenn aber auch die relative Ausdehnung und Energie der zentralisierenden Bewegung in gewissem Grad bestimmt ist durch die schon erreichte Größe des kapitalistischen Reichtums und die Überlegenheit des ökonomischen Mechanismus, so hängt doch der Fortschritt der Zentralisation keineswegs ab von dem positiven Größenwachstum des gesellschaftlichen Kapitals. Und dies speziell unterscheidet die Zentralisation von der Konzentration, die nur ein andrer Ausdruck für die Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter ist. Die Zentralisation kann erfolgen durch bloße veränderte Verteilung schon bestehender Kapitale, durch einfache Veränderung der quantitativen Gruppierung der Bestandteile des gesellschaftlichen Kapitals. Das Kapital kann hier zu gewaltigen Massen in einer Hand anwachsen, weil es dort vielen einzelnen Händen entzogen wird. In einem gegebnen Geschäftszweig hätte die Zentralisation ihre äußerste Grenze erreicht, wenn alle darin angelegten Kapitale zu einem Einzelkapital verschmolzen wären.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.655)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Die Zentralisation ergänzt die Akkumulation. Sie kann auf verschiedenen Wegen stattfinden, durch Annexion, Verschmelzung oder der Bildung von Aktiengesellschaften - die Wirkung bleibt dieselbe. Die Ausdehnung der industriellen Tätigkeit ist Ausgangspunkt für umfassendere Organisation der Gesamtarbeit. Einzelne Produktionsprozesse werden zu gesellschaftlich kombinierten und wissenschaftlich disponierten Produktionsprozessen. <br />
<br />
{{Zitat |Die Zentralisation ergänzt das Werk der Akkumulation, indem sie die industriellen Kapitalisten instand setzt, die Stufenleiter ihrer Operationen auszudehnen. Sei dies letztre Resultat nun Folge der Akkumulation oder der Zentralisation; vollziehe sich die Zentralisation auf dem gewaltsamen Weg der Annexion - wo gewisse Kapitale so überwiegende Gravitationszentren für andre werden, daß sie deren individuelle Kohäsion brechen und dann die vereinzelten Bruchstücke an sich ziehn - oder geschehe die Verschmelzung einer Menge bereits gebildeter, resp. in der Bildung begriffner Kapitale vermittelst des glatteren Verfahrens der Bildung von Aktiengesellschaften - die ökonomische Wirkung bleibt dieselbe. Die gewachsne Ausdehnung der industriellen Etablissements bildet überall den Ausgangspunkt für eine umfassendere Organisation der Gesamtarbeit vieler, für eine breitre Entwicklung ihrer materiellen Triebkräfte, d.h. für die fortschreitende Umwandlung vereinzelter und gewohnheitsmäßig betriebner Produktionsprozesse in gesellschaftlich kombinierte und wissenschaftlich disponierte Produktionsprozesse.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.656)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Zentralisation ist im Vergleich zur Konzentration ein schnellerer Prozess. Ohne Zentralisation hätte es sehr lange gedauert, bis einzelne Unternehmen groß genug gewesen wären, um die Eisenbahn zu bauen. Die Zentralisation steigert und beschleunigt die Wirkung der Akkumulation und beschleunigt gleichzeitig die Umwälzungen in der technischen Zusammensetzung des Kapitals – Zunahme des konstanten Kapitals auf Kosten des variablen. Abnahme der Nachfrage nach Arbeit.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist aber klar, daß die Akkumulation, die allmähliche Vermehrung des Kapitals durch die aus der Kreisform in die Spirale übergehende Reproduktion ein gar langsames Verfahren ist, im Vergleich mit der Zentralisation, die nur die quantitative Gruppierung der integrierenden Teile des gesellschaftlichen Kapitals zu ändern braucht. Die Welt wäre noch ohne Eisenbahnen, hätte sie solange warten müssen, bis die Akkumulation einige Einzelkapitale dahin gebracht hätte, dem Bau einer Eisenbahn gewachsen zu sein. Die Zentralisation dagegen hat dies, vermittelst der Aktiengesellschaften, im Handumdrehn fertiggebracht. Und während die Zentralisation so die Wirkungen der Akkumulation steigert und beschleunigt, erweitert und beschleunigt sie gleichzeitig die Umwälzungen in der technischen Zusammensetzung des Kapitals, die dessen konstanten Teil vermehren auf Kosten seines variablen Teils und damit die relative Nachfrage nach Arbeit vermindern.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.656)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Das Kapital erneuert sich, in einer verbesserten technischen Ausgestaltung, die es möglich macht mit weniger Arbeit größere Massen an Maschinen in Gang zu setzen. Die Abnahme der Nachfrage nach Arbeit wird größer, je mehr Zentralisation herrscht.<br />
<br />
{{Zitat |Die im Lauf der normalen Akkumulation gebildeten Zusatzkapitale (s. Kap.XXII, 1) dienen vorzugsweise als Vehikel zur Exploitation neuer Erfindungen und Entdeckungen, überhaupt industrieller Vervollkommnungen. Aber auch das alte Kapital erreicht mit der Zeit den Moment seiner Erneuerung an Haupt und Gliedern, wo es sich häutet und ebenfalls wiedergeboren wird in der vervollkommneten technischen Gestalt, worin eine geringere Masse Arbeit genügte, eine größere Masse Maschinerie und Rohstoffe in Bewegung zu setzen. Die hieraus notwendig folgende absolute Abnahme der Nachfrage nach Arbeit wird selbstredend um so größer, je mehr die diesen Erneuerungsprozeß durchmachenden Kapitale bereits zu Massen angehäuft sind vermöge der zentralisierenden Bewegung. Einerseits attrahiert also das im Fortgang der Akkumulation gebildete Zuschußkapital, verhältnismäßig zu seiner Größe, weniger und weniger Arbeiter. Andrerseits repelliert das periodisch in neuer Zusammensetzung reproduzierte alte Kapital mehr und mehr früher von ihm beschäftigte Arbeiter.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.657)}}<br />
<br />
==Kapitalistische Konkurrenz ==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die kapitalistische Konkurrenz beschreibt das Verhältnis einzelner Kapitalisten untereinander. Wenn die kapitalistische Produktion eine neue Stufenleiter erreicht, so steigt auch die Produktivität der Arbeit, was wiederum die Preise der Waren sinken lässt. Die Konkurrenz unter Kapitalisten nimmt dadurch zu, da auf jeder höheren Stufe der Stufenleiter der Minimalumfang, den ein individuelles Kapital haben muss um profitabel zu sein, steigt. Das größere Kapital schlägt deshalb die kleineren in der direkten Konkurrenz. Kleinere Kapitale bewegen sich in Produktionssphären, die nicht mehr von großen Kapitalen erschlossen sind. <br />
<br />
Ein weiteres Phänomen der kapitalistischen Produktion auf erweiterter Stufenleiter ist die Bildung des Kreditwesens, welches Anfangs als Stütze und Hilfe der Akkumulation dient. Das Kreditwesen konzentriert die vielen größeren und kleineren Geldmittel der Gesellschaft in den Händen der Kapitalisten und spielt eine zunehmend wichtigere Rolle in der Zentralisation der Kapitale. <br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Konkurrenz, Übernahme, Kredit <br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Marx beschreibt die kapitalistische Konkurrenz im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|1. Band des Kapitals]] mit dem Verhältnis der vielen großen und kleinen Kapitale untereinander. Die Konkurrenz bewirkt, dass viele kleine Kapitale sich den großen beugen müssen und von ihnen vereinnahmt werden. Durch die kapitalistische Produktion entsteht auch das Kreditwesen, welches die unterschiedlichen Geldmittel der Gesellschaft in den Händen der Kapitalisten konzentriert und weiterhin eine wichtige Rolle in der Zentralisation der Kapitale spielt. <br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die Konkurrenz wird durch Preis der Waren geführt, der von der Produktivität der Arbeit abhängt, dieser wiederum von der Stufenleiter der Produktion. Die größeren Kapitale schlagen die kleineren. Mit Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise ist der Minimalumfang des Kapitals größer. Kleinere Kapital drängen daher in Produktionssphären, deren sich die große Industrie noch nicht bemächtigt hat. Viele kleine gehen unter oder landen in der Hand des Siegers.<br/>Mit der kapitalistischen Produktion bildet sich eine neue Macht: Das Kreditwesen. Anfangs als Hilfe der Akkumulation, sich einschleichend, durch unsichtbare Fäden die über die Oberfläche der Gesellschaft in größere oder kleinere Massen zersplitterte Geldmittel in die Hände individueller oder assoziierter Kapitalisten zieht. <br />
<br />
{{Zitat |Der Konkurrenzkampf wird durch Verwohlfeilerung der Waren geführt. Die Wohlfeilheit der Waren hängt, caeteris paribus, von der Produktivität der Arbeit, diese aber von der Stufenleiter der Produktion ab. Die größeren Kapitale schlagen daher die kleineren. Man erinnert sich ferner, daß mit der Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise der Minimalumfang des individuellen Kapitals wächst, das erheischt ist, um ein Geschäft unter seinen normalen Bedingungen zu betreiben. Die kleineren Kapitale drängen sich daher in Produktionssphären, deren sich die große Industrie nur noch sporadisch oder unvollkommen bemächtigt hat. Die Konkurrenz rast hier im direkten Verhältnis zur Anzahl und im umgekehrten Verhältnis zur Größe der rivalisierenden Kapitale. Sie endet stets mit Untergang vieler kleineren Kapitalisten, deren Kapitale teils in die Hand des Siegers übergehn, teils untergehn.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.654f.)}}<br />
<br />
==Entstehung und Funktion der Industriellen Reservearmee ==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die industrielle Reservearmee sind diejenigen Arbeiter, die gezwungen sind ihre Arbeitskraft zu verkaufen, aber keinen Käufer dafür finden. Durch Produktivkraftentwicklung ändert sich die Kapitalzusammensetzung erfordert für die selbe Menge an Produkten weniger Arbeitskraft. Mit der durch die Arbeiter selbst produzierten Akkumulation des Kapitals produziert die Arbeiterbevölkerung in wachsendem Umfang demnach die Mittel ihrer eigenen relativen Überzähligmachung. Das ist das eigene Populationsgesetz in der kapitalistischen Produktionsweise. Die immer einsetzbare industrielle Reservearmee schafft für die wechselnden Verwertungsbedürfnisse des Kapitals das stets ausbeutbare Menschenmaterial, unabhängig von den Schranken der wirklichen Zunahme der Bevölkerung. Es kommt demnach zur Freisetzung von Arbeitskraft. Dadurch entsteht eine Bewegung in der immer Teile der Arbeiter halbbeschäftigt oder unbeschäftigt sind. Der einzelne Arbeiter stemmt dann mehr Arbeit, aber es werden nicht mehr Arbeiter beschäftigt. <br />
<br />
Jeder Kapitalist hat das absolute Interesse, ein bestimmtes Arbeitsquantum aus kleinerer Arbeiterzahl auszupressen. Dies tut er durch größere extensive oder intensive Ausbeutung der individuellen Arbeitskräfte. Mit der Steigerung der Produktivkraft der Arbeit, steigert das Kapital also seine Zufuhr von Arbeit rascher als die Zufuhr von Arbeitern. Die Überarbeit des beschäftigten Teils schwellt die Reihen ihrer Reserve. Die Reserve übt wiederum indirekt Druck auf Beschäftigte aus, wodurch sie durch die Kapitalisten zu Überarbeit gezwungen werden können. Der Zwang zu Müßiggang und der Zwang zu Überarbeit wird Bereicherungsmittel des einzelnen Kapitalisten. Das Einsaugen und Abstoßen von Arbeitskraft wird noch intensiviert durch die zyklischen Bewegungen von Aufschwung und Krise. Die allgemeinen Bewegungen des Arbeitslohns sind ausschließlich reguliert durch die Expansion und Kontraktion der industriellen Reservearmee, welche dem Periodenwechsel des industriellen Zyklus entsprechen. Sie sind bestimmt durch das wechselnde Verhältnis worin die Arbeiterklasse in aktive Armee und Reservearmee zerfällt.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Arbeitslosigkeit, Industrielle Reservearmee, Wachstum des Gesamtkapitals, Relative Überbevölkerung, Krise, Aufschwung, Ausbeutung, Relative Mehrwertproduktion, Mehrarbeit, Produktivkraftentwicklung, Variables Kapital, Organische Zusammensetzung des Kapitals, Arbeitslosigkeit, Arbeitslohn, Lohndruck, Nachfrage nach Arbeit, Zyklus <br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Mit der schon bei David Ricardo zu findenden Vorstellung einer zunehmenden Mechanisierung des Produktionsprozesses bei gleichzeitiger Abnahme der Nachfrage nach Arbeitskraft begründet Karl Marx im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] die Entstehung einer wachsenden "industriellen Reservearmee". Diese relative Überbevölkerung wird von Marx als Konsequenz des Akkumulationsprozesses im Kapitalismus und der Produktivkraftentwicklung verdeutlicht. Die Aufrechterhaltung der industriellen Reservearmee führt zu einem Zerfall des Klassenzusammenhalts und zersetzt somit die Kräfte der Arbeiterschaft. Grund dafür ist, dass mehr Arbeitskräfte als Arbeitsplätze vorhanden sind und der Konkurrenzdruck dadurch steigt. Der Kapitalismus ist folglich auf die industrielle Reservearmee angewiesen, um die Löhne niedrig halten zu können und eine Solidarität zwischen Arbeitern und Arbeitslosen zu verhindern.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Da die Nachfrage nach Arbeit nicht durch den Umfang des Gesamtkapitals, sondern durch den seines variablen Bestandteils bestimmt ist, fällt sie also progressiv mit dem Wachstum des Gesamtkapitals, statt verhältnismäßig mit ihm zu wachsen. Mit Wachstum des Gesamtkapitals wächst zwar auch sein variabler Bestandteil, die ihm einverleibte Arbeitskraft, aber in beständig abnehmender Proportion. <br />
<br />
{{Zitat |Da die Nachfrage nach Arbeit nicht durch den Umfang des Gesamtkapitals, sondern durch den seines variablen Bestandteils bestimmt ist, fällt sie also progressiv mit dem Wachstum des Gesamtkapitals, statt, wie vorhin unterstellt, verhältnismäßig mit ihm zu wachsen. Sie fällt relativ zur Größe des Gesamtkapitals und in beschleunigter Progression mit dem Wachstum dieser Größe. Mit dem Wachstum des Gesamtkapitals wächst zwar auch sein variabler Bestandteil, oder die ihm einverleibte Arbeitskraft, aber in beständig abnehmender Proportion.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.658)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Auf der anderen Seite wächst die relative Arbeiterbevölkerung schneller als das variable Kapital. Es kommt zu einer relativen, also für die durchschnittlichen Verwertungsbedürfnisse des Kapitals überschüssigen, daher überflüssigen Arbeiterbevölkerung, sprich einem Überangebot an Arbeitskraft. Die Reservearmee wächst im Verhältnis zum Umfang der Akkumulation.<br />
<br />
<br />
{{Zitat |Diese mit dem Wachstum des Gesamtkapitals beschleunigte und rascher als sein eignes Wachstum beschleunigte relative Abnahme seines variablen Bestandteils scheint auf der andren Seite umgekehrt stets rascheres absolutes Wachstum der Arbeiterbevölkerung als das des variablen Kapitals oder ihrer Beschäftigungsmittel. Die kapitalistische Akkumulation produziert vielmehr, und zwar im Verhältnis zu ihrer Energie und ihrem Umfang, beständig eine relative, d.h. für die mittleren Verwertungsbedürfnisse des Kapitals überschüssige, daher überflüssige oder Zuschuß-Arbeiterbevölkerung.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.658)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Mit Ausdehnung der Produktionsleiter, der Produktivität der Arbeit dehnt sich auch die Stufenleiter, worin größere Attraktion der Arbeiter mit größerer Repulsion derselben verbunden ist. Mit der durch sie selbst produzierten Akkumulation des Kapitals produziert die Arbeiterbevölkerung in wachsendem Umfang die Mittel ihrer eigenen relativen Überzähligmachung. Das ist das der kapitalistischen Produktionsweise eigene Populationsgesetz. <br />
<br />
{{Zitat |Mit der Größe des bereits funktionierenden Gesellschaftskapitals und dem Grad seines Wachstums, mit der Ausdehnung der Produktionsleiter und der Masse der in Bewegung gesetzten Arbeiter, mit der Entwicklung der Produktivkraft ihrer Arbeit, mit dem breiteren und volleren Strom aller Springquellen des Reichtums dehnt sich auch die Stufenleiter, worin größere Attraktion der Arbeiter durch das Kapital mit größerer Repulsion derselben verbunden ist, nimmt die Raschheit der Wechsel in der organischen Zusammensetzung des Kapitals und seiner technischen Form zu, und schwillt der Umkreis der Produktionssphären, die bald gleichzeitig, bald abwechselnd davon ergriffen werden. Mit der durch sie selbst produzierten Akkumulation des Kapitals produziert die Arbeiterbevölkerung also in wachsendem Umfang die Mittel ihrer eignen relativen Uberzähligmachung. Es ist dies ein der kapitalistischen Produktionsweise eigentümliches Populationsgesetz, wie in der Tat jede besondre historische Produktionsweise ihre besondren, historisch gültigen Populationsgesetze hat. Ein abstraktes Populationsgesetz existiert nur für Pflanze und Tier, soweit der Mensch nicht geschichtlich eingreift.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.659f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Das überschüssige Angebot an Arbeitskraft ist notwendiges Resultat der Akkumulation und sie ist umgekehrt Hebel der Akkumulation, eben Existenzbedingung der kap. Produktionsweise. Sie ist disponible industrielle Reservearmee, die dem Kapital ganz gehört, ist stets ausbeutbares Menschenmaterial unabhängig von der wirklichen Bevölkerungszunahme. <br />
<br />
{{Zitat |Wenn aber eine Surplusarbeiterpopulation notwendiges Produkt der Akkumulation oder der Entwicklung des Reichtums auf kapitalistischer Grundlage ist, wird diese Übervölkerung umgekehrt zum Hebel der kapitalistischen Akkumulation, ja zu einer Existenzbedingung der kapitalistischen Produktionsweise. Sie bildet eine disponible industrielle Reservearmee, die dem Kapital ganz so absolut gehört, als ob es sie auf seine eignen Kosten großgezüchtet hätte. Sie schafft für seine wechselnden Verwertungsbedürfnisse das stets bereite exploitable Menschenmaterial, unabhängig von den Schranken der wirklichen Bevölkerungszunahme.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.661)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Der zehnjährige Zyklus von Krise und Boom beruht auf der beständigen Bildung der relativen Überbevölkerung. Der industrielle Zyklus rekrutiert wiederum die relative Überbevölkerung, und wird zum entscheidenden Faktor ihrer Reproduktion. <br />
<br />
{{Zitat |Der charakteristische Lebenslauf der modernen Industrie, die Form eines durch kleinere Schwankungen unterbrochnen zehnjährigen Zyklus von Perioden mittlerer Lebendigkeit, Produktion unter Hochdruck, Krise und Stagnation, beruht auf der beständigen Bildung, größern oder geringem Absorption und Wiederbildung der industriellen Reservearmee oder Übervölkerung. Ihrerseits rekrutieren die Wechselfälle des industriellen Zyklus die Übervölkerung und werden zu einem ihrer energischsten Reproduktionsagentien.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.661)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
In der frühen Periode des Kapitalismus veränderte sich die Zusammensetzung des Kapitals nur allmählich, die Arbeitsnachfrage entsprach also im Großen und Ganzen verhältnismäßig dem Wachstum.<br />
<br />
{{Zitat |Dieser eigentümliche Lebenslauf der modernen Industrie, der uns in keinem frühern Zeitalter der Menschheit begegnet, war auch in der Kindheitsperiode der kapitalistischen Produktion unmöglich. Die Zusammensetzung des Kapitals veränderte sich nur sehr allmählich. Seiner Akkumulation entsprach also im Ganzen verhältnismäßiges Wachstum der Arbeitsnachfrage.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.661)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Die Bewegungsform der modernen Industrie erwächst aus der beständigen Verwandlung eines Teils der Arbeiterbevölkerung in unbeschäftigte oder halbbeschäftigte Hände. <br />
<br />
{{Zitat |Die ganze Bewegungsform der modernen Industrie erwächst also aus der beständigen Verwandlung eines Teils der Arbeiterbevölkerung in unbeschäftigte oder halbbeschäftigte Hände. Die Oberflächlichkeit der politischen Ökonomie zeigt sich u.a. darin, daß sie die Expansion und Kontraktion des Kredits, das bloße Symptom der Wechselperioden des industriellen Zyklus, zu deren Ursache macht.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.662)}}<br />
<br />
'''Annahme 8'''<br />
<br />
Wenn der individuelle Arbeiter mehr Arbeit liefert und daher sein Arbeitslohn steigt, obgleich der Arbeitspreis gleich bleibt, wird der Zuwachs von variablem Kapital zu Index von mehr Arbeit, aber nicht mehr Arbeitern. Jeder Kapitalist hat das absolute Interesse, ein bestimmtes Arbeitsquantum aus kleinerer Arbeiterzahl auszupressen. Dies ist der Grund für die Steigerung der organischen Zusammensetzung des Kapitals.<br />
<br />
{{Zitat |Bei gleichbleibender oder selbst verminderter Zahl der von ihm kommandierten Arbeiter wächst jedoch das variable Kapital, wenn der individuelle Arbeiter mehr Arbeit liefert und daher sein Arbeitslohn wächst, obgleich der Arbeitspreis gleichbleibt oder selbst sinkt, nur langsamer, als die Arbeitsmasse steigt. Der Zuwachs des variablen Kapitals wird dann Index von mehr Arbeit, aber nicht von mehr beschäftigten Arbeitern. Jeder Kapitalist hat das absolute Interesse, ein bestimmtes Arbeitsquantum aus kleinerer, statt ebenso wohlfeil oder selbst wohlfeiler aus größerer Arbeiterzahl auszupressen. In dem letzten Fall wächst die Auslage von konstantem Kapital verhältnismäßig zur Masse der in Fluß gesetzten Arbeit, im ersten Fall viel langsamer. Je größer die Stufenleiter der Produktion, desto entscheidender dies Motiv. Seine Wucht wächst mit der Akkumulation des Kapitals.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.664)}}<br />
<br />
'''Annahme 9'''<br />
<br />
Die Produktivkraft der Arbeit befähigt Kapitalisten mit derselben Auslage von variablem Kapital mehr Arbeit durch größere extensive oder intensive Ausbeutung der individuellen Arbeitskräfte flüssig zu machen. Er kauft mit demselben Kapitalwert mehr Arbeitskräfte, indem er geschicktere durch ungeschicktere, reife durch unreife, männliche durch weibliche,…ersetzt.<br/>Ein größeres variables Kapital macht mehr Arbeit flüssig, ohne mehr Arbeiter zu werben. <br/>Variables Kapital von derselben Größe macht mehr Arbeit mit derselben Masse Arbeitskraft flüssig und beschäftigt mehr niedere durch Verdrängung höherer Arbeitskräfte. <br/>Dies ist wichtig für die Zusammensetzung der Arbeiterklasse bzw. für die industrielle Reservearmee.<br />
<br />
{{Zitat |Man hat gesehn, daß die Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise und Produktivkraft der Arbeit - zugleich Ursache und Wirkung der Akkumulation - den Kapitalisten befähigt, mit derselben Auslage von variablem Kapital mehr Arbeit durch größere extensive oder intensive Exploitation der individuellen Arbeitskräfte flüssig zu machen. Man hat ferner gesehn, daß er mit demselben Kapitalwert mehr Arbeitskräfte kauft, indem er progressiv geschicktere Arbeiter durch ungeschicktere, reife durch unreife, männliche durch weibliche, erwachsne Arbeitskraft durch jugendliche oder kindliche verdrängt. Einerseits macht also, im Fortgang der Akkumulation, größeres variables Kapital mehr Arbeit flüssig, ohne mehr Arbeiter zu werben, andrerseits macht variables Kapital von derselben Größe mehr Arbeit mit derselben Masse Arbeitskraft flüssig und endlich mehr niedere Arbeitskräfte durch Verdrängung höherer.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.664f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 10'''<br />
<br />
Mit der Steigerung der Produktivkraft der Arbeit, steigert das Kapital seine Zufuhr von Arbeit rascher als die von Arbeitern. Die Überarbeit des beschäftigten Teils schwellt die Reihen ihrer Reserve. Reserve übt Druck auf Beschäftigte aus, zwingt sie zu Überarbeit. Zwang zu Müßiggang und Zwang zu Überarbeit wird Bereicherungsmittel des einzelnen Kapitalisten.<br />
<br />
{{Zitat |Wenn die Produktionsmittel, wie sie an Umfang und Wirkungskraft zunehmen, in geringerem Grad Beschäftigungsmittel der Arbeiter werden, wird dies Verhältnis selbst wieder dadurch modifiziert, daß im Maß, wie die Produktivkraft der Arbeit wächst, das Kapital seine Zufuhr von Arbeit rascher steigert als seine Nachfrage nach Arbeitern. Die Überarbeit des beschäftigten Teils der Arbeiterklasse schwellt die Reihen ihrer Reserve, während umgekehrt der vermehrte Druck, den die letztere durch ihre Konkurrenz auf die erstere ausübt, diese zur Überarbeit und Unterwerfung unter die Diktate des Kapitals zwingt. Die Verdammung eines Teils der Arbeiterklasse zu erzwungenem Müßiggang durch Überarbeit des andren Teils und umgekehrt, wird Bereicherungsmittel des einzelnen Kapitalisten und beschleunigt zugleich die Produktion der industriellen Reservearmee auf einem dem Fortschritt der gesellschaftlichen Akkumulation entsprechenden Maßstab.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.665f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 11'''<br />
<br />
Die allgemeinen Bewegungen des Arbeitslohns sind ausschließlich reguliert durch die Expansion und Kontraktion der industriellen Reservearmee, welche dem Periodenwechsel des industriellen Zyklus entsprechen. Sie sind bestimmt durch das wechselnde Verhältnis worin die Arbeiterklasse in aktive Armee und Reservearmee zerfällt. <br />
<br />
{{Zitat |Im großen und ganzen sind die allgemeinen Bewegungen des Arbeitslohns ausschließlich reguliert durch die Expansion und Kontraktion der industriellen Reservearmee, welche dem Periodenwechsel des industriellen Zyklus entsprechen. Sie sind also nicht bestimmt durch die Bewegung der absoluten Anzahl der Arbeiterbevölkerung, sondern durch das wechselnde Verhältnis, worin die Arbeiterklasse in aktive Armee und Reservearmee zerfällt, durch die Zunahme und Abnahme des relativen Umfangs der Übervölkerung, durch den Grad, worin sie bald absorbiert, bald wieder freigesetzt wird.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.666)}}<br />
<br />
'''Annahme 12'''<br />
<br />
Die industrielle Reservearmee drückt während der Perioden der Stagnation und mittleren Prosperität auf die aktive Arbeiterarmee und hält ihre Ansprüche während der Überproduktion und des Booms im Zaum. Die relative Überbevölkerung ist der Hintergrund, worauf das Gesetz der Nachfrage und Zufuhr von Arbeit sich bewegt. <br />
<br />
{{Zitat |Die industrielle Reservearmee drückt während der Perioden der Stagnation und mittleren Prosperität auf die aktive Arbeiterarmee und hält ihre Ansprüche während der Periode der Überproduktion und des Paroxysmus im Zaum. Die relative Übervölkerung ist also der Hintergrund, worauf das Gesetz der Nachfrage und Zufuhr von Arbeit sich bewegt. Sie zwängt den Spielraum dieses Gesetzes in die der Exploitationsgier und Herrschsucht des Kapitals absolut zusagenden Schranken ein.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.668)}}<br />
<br />
'''Annahme 13'''<br />
<br />
Die Akkumulation des Kapitals vermehrt die Nachfrage nach Arbeit, zugleich setzt sie Arbeiter „frei“. Der Druck der Unbeschäftigten zwingt die Beschäftigten zur Flüssigmachung von mehr Arbeit, macht also die Arbeitszufuhr in gewissem Grad von der Zufuhr von Arbeitern unabhängig. <br />
<br />
{{Zitat |Wenn seine Akkumulation einerseits die Nachfrage nach Arbeit vermehrt, vermehrt sie andrerseits die Zufuhr von Arbeitern durch deren „Freisetzung", während zugleich der Druck der Unbeschäftigten die Beschäftigten zur Flüssigmachung von mehr Arbeit zwingt, also in gewissem Grad die Arbeitszufuhr von der Zufuhr von Arbeitern unabhängig macht.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.669)}}<br />
<br />
==Formen der industriellen Reservearmee ==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Marx bezeichnet die industrielle Reservearmee als "relative Überbevölkerung". Ihr Angehörige werden vom Produktionsprozess abgestoßen und stehen in hoher Konkurrenz zu den derzeit Beschäftigten. Marx unterscheidet drei Typen der relativen Überbevölkerung: die flüssige, die latente und die stockende.<br />
<br />
Die ''flüssige'' relative Überbevölkerung zählen die Arbeiter in der Stadt, welche in Zeiten des Booms und des Aufschwungs beschäftigt sind und in Krisenzeiten wieder aus dem Produktionsprozess abgestoßen werden. Sind sie unbeschäftigt oder halbbeschäftigt, zählen sie zur industriellen Reservearmee. Die ''latente'' (versteckte) relative Überbevölkerung betrifft Arbeitsverhältnisse, die direkt in Arbeitslosigkeit münden oder nur Scheinalternativen zur Arbeitslosigkeit bieten. Sie rekrutiert sich aus den Tätigen in der Landwirtschaft, welche ihre Produktionsmittel verloren haben und in die Stadt ziehen müssen. Die ''stockende'' relative Überbevölkerung bildet einen Teil der aktiven Arbeiterarmee, aber mit durchweg unregelmäßiger Beschäftigung. Sie bietet dem Kapital einen unterschöpflichen Bestand disponibler Arbeitskraft.<br />
<br />
Dazu kommt noch der Pauperismus. Arbeitsunfähige, Invaliden, Verstümmelte usw., welche durch die Auswirkungen der Teilung der harten Arbeit arbeitsunfähig wurden, gehen in der Industrie unter. Die industrielle Reservearmee wächst mit der absoluten Größe des Proletariats und des gesellschaftlichen Reichtums. Je größer die industrielle Reservearmee, desto massenhafter die relative Überbevölkerung. Zu ihr gehört ebenfalls eine "Lazarusschicht", deren Angehörige nicht nur zyklisch, sondern dauerhaft keine Arbeit mehr finden. Sollten die Arbeiter entdecken, dass der Intensitätsgrad ihrer Konkurrenz vom Druck der relativen Überbevölkerung abhängt, sie also planmäßig zusammenwirken als Beschäftigte und Unbeschäftigte, wird dies für das Kapital ein Problem. <br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Klassenkampf, Überbevölkerung, Industrielle Reservearmee, Flüssige Überbevölkerung, Latente Überbevölkerung, Stockende Überbevölkerung, Landflucht, Armut, Pauperismus, Lumpenproletariat, Gesellschaftlicher Reichtum <br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Marx geht im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] nicht nur auf die industrielle Reservearmee ein, sondern leitet drei Typen der relativen Überbevölkerung von ihr ab. Er konnte bei seinen ökonomischen Studien im 19. Jahrhundert erkennen, dass es Arbeiter gab, die vollbeschäftigt waren, aber eben so diejenigen die nur unregelmäßig arbeiteten und zwischen der aktiven Arbeiterbevölkerung und der industriellen Reservearmee schwankten. Ebenfalls sah er dass es Menschen gab, die komplett unfähig waren, aufgrund von Verletzungen oder Erkrankungen, zu arbeiten und das diese besonders unter Armut litten. <br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
In dem selben Maß, wie die Arbeiter mehr arbeiten und die Produktivkraft ihrer Arbeit wächst, desto prekärer wird ihre Funktion als Verwertungsmittel des Kapitals. Wenn sie entdecken, dass der Intensitätsgrad der Konkurrenz unter ihnen vom Druck der relativen Überbevölkerung abhängt, sobald sie durch Trade Unions eine planmäßige Zusammenwirkung zwischen den Beschäftigten und Unbeschäftigten zu organisieren suchen, zetert das Kapital. Jeder Zusammenhalt zwischen den Beschäftigten und Unbeschäftigten stört das „reine“ Spiel jenes Gesetzes. <br />
<br />
{{Zitat |Die Bewegung des Gesetzes der Nachfrage und Zufuhr von Arbeit auf dieser Basis vollendet die Despotie des Kapitals. Sobald daher die Arbeiter hinter das Geheimnis kommen, wie es angeht, daß im selben Maß, wie sie mehr arbeiten, mehr fremden Reichtum produzieren und die Produktivkraft ihrer Arbeit wächst, sogar ihre Funktion als Verwertungsmittel des Kapitals immer prekärer für sie wird; sobald sie entdecken, daß der Intensitätsgrad der Konkurrenz unter ihnen selbst ganz und gar von dem Druck der relativen Übervölkerung abhängt; sobald sie daher durch Trade's Unions usw. eine planmäßige Zusammenwirkung zwischen den Beschäftigten und Unbeschäftigten zu organisieren suchen, um die ruinierenden Folgen jenes Naturgesetzes der kapitalistischen Produktion auf ihre Klasse zu brechen oder zu schwächen, zetert das Kapital und sein Sykophant, der politische Ökonom, über Verletzung des „ewigen“ und sozusagen „heiligen" Gesetzes der Nachfrage und Zufuhr. Jeder Zusammenhalt zwischen den Beschäftigten und Unbeschäftigten stört nämlich das „reine" Spiel jenes Gesetzes. Sobald andrerseits, in den Kolonien z.B., widrige Umstände die Schöpfung der industriellen Reservearmee und mit ihr die absolute Abhängigkeit der Arbeiterklasse von der Kapitalistenklasse verhindern, rebelliert das Kapital, samt seinem gemeinplätzlichen Sancho Pansa, gegen das „heilige" Gesetz der Nachfrage und Zufuhr und sucht ihm durch Zwangsmittel unter die Arme zu greifen.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.669f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Der Arbeiter gehört der relativen Überbevölkerung an, wenn er halb oder gar nicht beschäftigt ist.<br/>Der Phasenwechsel des industriellen Zyklus prägt ihr ihre Formen auf.<br />
Sie besitzt aber immer drei Formen: flüssige, latente, stockende.<br />
<br />
{{Zitat |Die relative Übervölkerung existiert in allen möglichen Schattierungen. Jeder Arbeiter gehört ihr an während der Zeit, wo er halb oder gar nicht beschäftigt ist. Abgesehn von den großen, periodisch wiederkehrenden Formen, welche der Phasenwechsel des industriellen Zyklus ihr aufprägt, so daß sie bald akut in den Krisen erscheint, bald chronisch in den Zeiten flauen Geschäfts, besitzt sie fortwährend drei Formen: flüssige, latente und stockende.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.670)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Arbeiter werden repelliert und attrahiert, hin- und hergechleudert, und dies bei beständigem Wechsel in Geschlecht, Alter und Geschick. Im großen und ganzen nimmt dadurch die Zahl der Beschäftigten zu, wenn auch stets im abnehmenden Verhältnis zur höheren Stufe der Produktionsleiter. Relative Überbevölkerung existiert hier in fließender Form.<br />
<br />
{{Zitat |Die Relative Überbevölkerung existiert in allen möglichen Schattierungen [...] besitzt sie fortwährend drei Formen: flüssige, latente und stockende.<br/>In den Zentren der modernen Industrie Fabriken, Manufakturen, Hütten und Bergwerken usw. - werden Arbeiter bald repeliiert, bald in größerem Umfang wieder attrahiert, so daß im großen und ganzen die Zahl der Beschäftigten zunimmt, wenn auch in stets abnehmendem Verhältnis zur Produktionsleiter. Die Übervölkerung existiert hier in fließender Form.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.670)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der beständige Fluss der Landarbeiter in die Städte setzt eine latente Überbevölkerung voraus. <br />
<br />
{{Zitat |Aber ihr beständiger Fluß nach den Städten setzt auf dem Lande selbst eine fortwährend latente Übervölkerung voraus, deren Umfang nur sichtbar wird, sobald sich die Abzugskanäle ausnahmsweise weit öffnen. Der Landarbeiter wird daher auf das Minimum des Salairs herabgedrückt und steht mit einem Fuß stets im Sumpf des Pauperismus.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.672)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Die stockende Überbevölkerung ist von unregelmäßiger Beschäftigung geprägt und stellt einen unerschöpflichen Behälter disponibler Arbeitskraft dar. Maximum der Arbeitszeit und Minimum des Lohns charakterisieren sie.<br />
<br />
{{Zitat |Die dritte Kategorie der relativen Übervölkerung, die stockende, bildet einen Teil der aktiven Arbeiterarmee, aber mit durchaus unregelmäßiger Beschäftigung. Sie bietet so dem Kapital einen unerschöpflichen Behälter disponibler Arbeitskraft. Ihre Lebenslage sinkt unter das durchschnittliche Normalniveau der arbeitenden Klasse, und grade dies macht sie zur breiten Grundlage eigner Exploitationszweige des Kapitals. Maximum der Arbeits-zeit und Minimum des Salairs charakterisieren sie.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.672)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Der Pauperismus ist der tiefste Niederschlag der relativen Überbevölkerung. Abgesehen vom Lumpenproletariat besteht die Gesellschaftsschicht aus drei Kategorien: Erstens den Arbeitsfähigen. Deren Zahl steigt mit jeder Krise und nimmt bei jedem Aufschwung ab. Zweitens die Waisen- und Pauperkinder. Sie sind Kandidaten der industriellen Reservearmee und werden in Zeiten des großen Aufschwungs in die aktive Arbeiterarmee rekrutiert. Drittens: Verkommene, Verlumpte, Arbeitsunfähige, Verstümmelte, usw., die an ihrer durch die Teilung der Arbeit verursachten Unbeweglichkeit und den Gefahren der harten Arbeit in der Industrie untergehen. Der Pauperismus bildet das Invalidenhaus der aktiven Arbeiterarmee und ebenso das tote Gewicht der industriellen Reservearmee.<br />
<br />
{{Zitat |Der tiefste Niederschlag der relativen Übervölkerung endlich behaust die Sphäre des Pauperismus. Abgesehn von Vagabunden, Verbrechern, Prostituierten, kurz dem eigentlichen Lumpenproletariat, besteht diese Gesellschaftsschichte aus drei Kategorien. Erstens Arbeitsfähige. Man braucht die Statistik des englischen Pauperismus nur oberflächlich anzusehn, und man findet, daß seine Masse mit jeder Krise schwillt und mit jeder Wiederbelebung des Geschäfts abnimmt. Zweitens: Waisen- und Pauperkinder. Sie sind Kandidaten der industriellen Reservearmee und werden in Zeiten großen Aufschwungs, wie 1860 z.B., rasch und massenhaft in die aktive Arbeiterarmee einrolliert. Drittens: Verkommene, Verlumpte, Arbeitsunfähige. Es sind namentlich Individuen, die an ihrer durch die Teilung der Arbeit verursachten Unbeweglichkeit untergehn, solche, die über das Normalalter eines Arbeiters hinausleben, endlich die Opfer der Industrie, deren Zahl mit gefährlicher Maschinerie, Bergwerksbau, chemischen Fabriken etc. wächst, Verstümmelte, Verkrankte, Witwen etc. Der Pauperismus bildet das Invalidenhaus der aktiven Arbeiterarmee und das tote Gewicht der industriellen Reservearmee. Seine Produktion ist eingeschlossen in der Produktion der relativen Übervölkerung, seine Notwendigkeit in ihrer Notwendigkeit, mit ihr bildet er eine Existenzbedingung der kapitalistischen Produktion und Entwicklung des Reichtums. Er gehört zu den faux frais der kapitalistischen Produktion, die das Kapital jedoch großenteils von sich selbst ab auf die Schultern der Arbeiterklasse und der kleinen Mittelklasse zu wälzen weiß.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.673)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Umso größer der gesellschaftliche Reichtum und das funktionierende Kapital ist, desto größer ist die absolute Größe des Proletariats und die Produktivkraft der Arbeit. Daraus resultiert auch eine größere industrielle Reservearmee. Je größer die industrielle Reservearmee im Verhältnis zur aktiven Arbeiterarmee, desto massenhafter die relative Überbevölkerung, deren Elend im umgekehrten Verhältnis zu ihrer Arbeitsqual steht. Je größer die Lazarusschicht der Arbeiterklasse und die industrielle Reservearmee, desto größer der offizielle Pauperismus. Das ist das absolute, allgemeine Gesetz der kapitalistischen Akkumulation. <br />
<br />
{{Zitat |Je größer der gesellschaftliche Reichtum, das funktionierende Kapital, Umfang und Energie seines Wachstums, also auch die absolute Größe des Proletariats und die Produktivkraft seiner Arbeit, desto größer die industrielle Reservearmee. Die disponible Arbeitskraft wird durch dieselben Ursachen entwickelt wie die Expansivkraft des Kapitals. Die verhältnismäßige Größe der industriellen Reservearmee wächst also mit den Potenzen des Reichtums. Je größer aber diese Reservearmee im Verhältnis zur aktiven Arbeiterarmee, desto massenhafter die konsolidierte Übervölkerung, deren Elend im umgekehrten Verhältnis zu ihrer Arbeitsqual steht. Je größer endlich die Lazarusschichte der Arbeiterklasse und die industrielle Reservearmee, desto größer der offizielle Pauperismus. Dies ist das absolute, allgemeine Gesetz der kapitalistischen Akkumulation. Es wird gleich allen andren Gesetzen in seiner Verwirklichung durch mannigfache Umstände modifiziert, deren Analyse nicht hierher gehört.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.673f.)}}<br />
<br />
==Armut und Reichtum==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Armut und Reichtum sind Größen, welche den Besitz von Produktionsmitteln, Kapital und Geld beschreiben. Armut und Reichtum gab es bereits in vorkapitalistischen Gesellschaften. Die Besonderheit im Kapitalismus ist, dass die Arbeiterklasse über nichts anderes, als ihre Arbeitskraft vefügt, und somit gezwungen ist, diese an den Kapitalisten zu verkaufen, welcher sowohl die Produktionsmittel besitzt, als auch den von den Arbeitern produzierten Mehrwert und dessen Produkte aneignet. Die Armut und der Reichtum bilden im Kapitalismus einen antagonistischen Charakter, welche sich gegenseitig bedingen. Die Produktion von Reichtum bedingt automatisch die Produktion von Armut und Elend. Je größer die Produktivkraft der Arbeit, desto größer der Druck der Arbeiter auf ihre Beschäftigungsmittel, desto prekärer also ihre Existenzberechtigung. Die Akkumulation von Reichtum auf Seiten der Bourgeoisie bedingt zugleich die Akkumulation von Elend und Armut auf Seiten des Proletariats. Die kapitalistische Produktion hat somit einen zweideutigen Charakter, welche sowohl Reichtum, als auch Armut produziert. Es wird also logischerweise keinen Kapitalismus ohne Armut geben können. <br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Armut, Reichtum, Lohndruck, Arbeitsdruck, Entfremdung, Verrohung<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Armut und Reichtum wurde bereits in der politischen Ökonomie des 19. Jahrhunderts beschrieben. Allerdings wurde dieser antagonistische Charakter der kapitalistischen Akkumulation mit Erscheinungen aus vorkapitalistischen Produktionsweisen zusammengeworfen. Marx weist im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] nach, dass sich Armut und Reichtum gegenseitig bedingen. Die Akkumulation von Kapital auf Seiten der Bourgeoisie, bedingt automatisch die Akkumulation von Elend, Arbeitsqual, Sklaverei und moralischer Degradation auf Seite der Arbeiterklasse. Marx beschreibt als absolut allgemeines Gesetz der kapitalistischen Akkumulation das enge Verhältnis von Armut und Reichtum. Umso größer der gesellschaftliche Reichtum, und die Größe des Kapitals, umso größer auch die industrielle Reservearmee. Das Verhältnis der industriellen Reservearmee und der aktiven Arbeiterarmee bestimmt die Größe der konsolidierten Überbevölkerung, dessen Elend im umgekehrten Verhältnis zu ihrer Arbeitsqual steht.<br />
<br />
Bereits der venezianische Mönch Ortes aus Venezien, ein wichtiger ökonomischer Schriftsteller des 18.Jahrhunderts, sagte: "Großer Reichtum von einigen ist stets begleitet von absoluter Beraubung des Notwendigen bei viel meht andren. Der Reichtum einer Nation entspricht ihrer Bevölkerung, und ihr Elend entspricht ihrem Reichtum. Die Arbeitsamkeit in einigen erzwingt den Müßiggang in andren. Die Armen und Müßigen sind eine notwendige Frucht der Reichen und Tätigen".<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Der Fortschritt der Produktivität drückt sich auf kapitalistischer Grundlage so aus, dass je höher die Produktivkraft der Arbeit, desto größer der Druck der Arbeiter auf ihre Beschäftigungsmittel, desto prekärer ihre Existenzbedingung. Die bedeutet Verkauf der eigenen Kraft zur Vermehrung fremden Eigentums. Das Wachstum der Menge an Produktionsmitteln und der Produktivität der Arbeit geht mit einem Wachstum der Arbeiterklasse und somit auch der industriellen Reservearmee einher. Dies bedingt automatisch den Wachstum von Armut und Elend.<br />
<br />
{{Zitat |Das Gesetz, wonach eine immer wachsende Masse von Produktionsmitteln, dank dem Fortschritt in der Produktivität der gesellschaftlichen Arbeit, mit einer progressiv abnehmenden Ausgabe von Menschenkraft in Bewegung gesetzt werden kann - dies Gesetz drückt sich auf kapitalistischer Grundlage, wo nicht der Arbeiter die Arbeitsmittel, sondern die Arbeitsmittel den Arbeiter anwenden, darin aus, daß, je höher die Produktivkraft der Arbeit, desto größer der Druck der Arbeiter auf ihre Beschäftigungsmittel, desto prekärer also ihre Existenzbedingung: Verkauf der eignen Kraft zur Vermehrung des fremden Reichtums oder zur Selbstverwertung des Kapitals. Rascheres Wachstum der Produktionsmittel und der Produktivität der Arbeit als der produktiven Bevölkerung drückt sich kapitalistisch also umgekehrt darin aus, daß die Arbeiterbevölkerung stets rascher wächst als das Verwertungsbedürfnis des Kapitals.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.674)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Die Steigerung der ges. Produktivkraft der Arbeit auf Kosten des individuellen Arbeiters. Die Mittel der Entwicklung der Produktion schlagen um in Beherrschungs- und Exploitationsmittel, verstümmeln den Arbeiter in einen Teilmenschen, entwürdigen ihn zum Anhängsel der Maschine, vernichten mit der Qual seiner Arbeit ihren Inhalt.<br/> Alle Methoden zur Produktion des Mehrwerts sind zugleich Methoden der Akkumulation. Es folgt daher, dass im Maße wie Kapital akkumuliert wird, die Lage des Arbeiters, welches immer seine Zahlung, hoch oder niedrig, sich verschlechtern muss. Das Gesetz, dass die relative Überbevölkerung stets mit Umfang und Energie der Akkumulation im Gleichgewicht hält, bindet den Arbeiter fest an das Kapital. Es bedingt eine der Akkumulation von Kapital entsprechende Akkumulation von Elend, Arbeitsqual, Sklaverei, Unwissenheit, Brutalisierung und moralischer Degradation auf der Seite der Klasse, die ihr eigenes Produkt als Kapital produziert. Die Produktion von Reichtum und Armut bedingen sich antagonistisch und schließen sich im Kapitalismus niemals aus.<br />
<br />
{{Zitat |Wir sahen im vierten Abschnitt bei Analyse der Produktion des relativen Mehrwerts: innerhalb des kapitalistischen Systems vollziehn sich alle Methoden zur Steigerung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit auf Kosten des individuellen Arbeiters; alle Mittel zur Entwicklung der Produktion schlagen um in Beherrschungs- und Exploitationsmittel des Produzenten, verstümmeln den Arbeiter in einen Teilmenschen, entwürdigen ihn zum Anhängsel der Maschine, vernichten mit der Qual seiner Arbeit ihren Inhalt, entfremden ihm die geistigen Potenzen des Arbeitsprozesses im selben Maße, worin letzterem die Wissenschaft als selbständige Potenz einverleibt wird; sie verunstalten die Bedingungen, innerhalb deren er arbeitet, unterwerfen ihn während des Arbeitsprozesses der kleinlichst gehässigen Despotie, verwandeln seine Lebenszeit in Arbeitszeit, schleudern sein Weib und Kind unter das Juggernaut-Rad des Kapitals. Aber alle Methoden zur Produktion des Mehrwerts sind zugleich Methoden der Akkumulation, und jede Ausdehnung der Akkumulation wird umgekehrt Mittel zur Entwicklung jener Methoden. Es folgt daher, daß im Maße wie Kapital akkumuliert, die Lage des Arbeiters, welches immer seine Zahlung, hoch oder niedrig, sich verschlechtern muß. Das Gesetz endlich, welches die relative Übervölkerung oder industrielle Reservearmee stets mit Umfang und Energie der Akkumulation in Gleichgewicht hält, schmiedet den Arbeiter fester an das Kapital als den Prometheus die Keile des Hephästos an den Felsen. Es bedingt eine der Akkumulation von Kapital entsprechende Akkumulation von Elend. Die Akkumulation von Reichtum auf dem einen Pol ist also zugleich Akkumulation von Elend, Arbeitsqual, Sklaverei, Unwissenheit, Brutalisierung und moralischer Degradation auf dem Gegenpol, d.h. auf Seite der Klasse, die ihr eignes Produkt als Kapital produziert.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.674f.)}}<br />
<br />
==Kapitalmonopol als Fessel der Produktionsweise==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Zentralisation des Kapitals ist der kapitalistischen Produktion eigen. Sie führt zur Zentralisierung der Produktionmittel in wenigen Händen (Kapitalmonopolen), während das Elend und der Grad der Ausbeutung steigt. Das Kapitalmonopol wird zur Fessel der Produktionsweise. Für eine weitere Entwicklung der Produktuktionsweise muss die kapitalistische Hülle gesprengt werden.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Verhältnis zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen, Zentralisation, Stagnation, Monopole, kapitalistische Produktion, Elend, Ausbeutung, Expropriation, kooperative Form des Arbeitsprozesses, kapitalistische Hülle, Privateigentums<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Vor allem in seinem Hauptwerk – dem Kapital – hat Marx die Zentralisation des Kapitals und das daraus folgende Kapitalmonopol offengelegt und als eine Tendenz der kapitalistischen Produktion theoretisiert. Diese führt zur stetigen Abnahme der Anzahl von Kapitalmagnaten und zur Monopolbildung. Diese Annahme stößt allerdings von bürgerlicher Seite auf Kritik. So seien die meisten Fälle nur Folge einer falschen „Ordnungspolitik“ des Staates.<br />
Doch zeigt diese Kritik nur das Gegenteil auf – dass die kapitalistische Produktion ohne entgegenwirkende Maßnahmen zu der von Marx beschriebenen Zentralisation des Kapitals drängt.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die kapitalistische Produktion führt zu einer Zentralisierung der Kapitale in der Hand einer Minderheit – zur Monopolisierung. Mit dieser Zentralisation entwickelt sich auch die kooperative Form des Arbeitsprozesses. Mit einer fortschreitenden Zentralisation und abnehmenden Zahl der Kapitalmagnaten wächst die Masse des Elends, der Ausbeutung, aber auch der Empörung der Arbeiterklasse. Das Kapitalmonopol wird zur Fessel der Produktionsweise, da die Zentralisation der Vergesellschaftung der Arbeit einen Punkt erreicht, an dem sie unverträglich wird mit ihrer kapitalistischen Hülle. Sie wird gesprengt und die Macht des Kapitals, der Bourgeoisie, gestürzt.<br />
<br />
{{Zitat |Diese Expropriation vollzieht sich durch das Spiel der immanenten Gesetze der kapitalistischen Produktion selbst, durch die Zentralisation der Kapitale. Je ein Kapitalist schlägt viele tot. Hand in Hand mit dieser Zentralisation oder der Expropriation vieler Kapitalisten durch wenige entwickelt sich die kooperative Form des Arbeitsprozesses auf stets wachsender Stufenleiter, die bewußte technische Anwendung der Wissenschaft, die planmäßige Ausbeutung der Erde, die Verwandlung der Arbeitsmittel in nur gemeinsam verwendbare Arbeitsmittel, die Ökonomisierung aller Produktionsmittel durch ihren Gebrauch als Produktionsmittel kombinierter, gesellschaftlicher Arbeit, die Verschlingung aller Völker in das Netz des Weltmarkts und damit der internationale Charakter des kapitalistischen Regimes. Mit der beständig abnehmenden Zahl der Kapitalmagnaten, welche alle Vorteile dieses Umwandlungsprozesses usurpieren und monopolisieren, wächst die Masse des Elends, des Drucks, der Knechtschaft, der Entartung, der Ausbeutung, aber auch die Empörung der stets anschwellenden und durch den Mechanismus des kapitalistischen Produktionsprozesses selbst geschulten, vereinten und organisierten Arbeiterklasse. Das Kapitalmonopol wird zur Fessel der Produktionsweise, die mit und unter ihm aufgeblüht ist. Die Zentralisation der Produktionsmittel und die Vergesellschaftung der Arbeit erreichen einen Punkt, wo sie unverträglich werden mit ihrer kapitalistischen Hülle. Sie wird gesprengt. Die Stunde des kapitalistischen Privateigentums schlägt. Die Expropriateurs werden expropriiert.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.790f.])}}<br />
<br />
==Der Tendenzielle Fall der Profitrate==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Das „Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate“ beschreibt den Fall der allgemeinen Profitrate als einen tendenziellen Verlauf. Da nur die menschliche Arbeit Werte schafft, ergibt sich der Profit ausschließlich aus dem unbezahlten Teil der Arbeit, den sich der Kapitalist aneignet. Diese unbezahlte Arbeit drückt sich im Mehrwert aus. Da der Anteil lebendiger Arbeit, das variable Kapital, durch die fortlaufende technische Entwicklung abnimmt, nimmt auch die Masse des Mehrwerts ab. Diese Abnahme der lebendigen Arbeit ergibt einen Fall der Profitrate. Dieser wird durch mehrere Ursachen aufgehalten und gehemmt, weswegen der Fall der Profitrate nur als Tendenz aufritt und nicht absolut.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Tendenzieller Fall der Profitrate, Gesamtkapital, Variables Kapital, Konstantes Kapital, Kapital, Produktivkraft, Akkumulation, Zusammensetzung, Profitrate<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Theorie des Tendenziellen Falls der Profitrate wird von Karl Marx im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] dargestellt.<br />
<br />
Der Fall der allgemeinen Profitrate war in der klassischen Nationalökonomie bereits eine der gängigen Vorstellungen. Allerdings war es noch unklar wie ein Sinken der Profitrate zu Stande kommt. Vorläufige Erklärungen und Theorien waren zu oberflächlich. Marx forschte nach den Ursachen und fand diese in der stetigen Veränderung der Zusammensetzung des Kapitals und der Theorie des Mehrwerts. Das Marx'sche „Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate“ ist heute umstritten.<br />
<br />
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'''Annahme 1'''<br />
<br />
Der tendenzielle Fall der Profitrate steht im Zusammenhang mit der organischen Zusammensetzung des Gesamtkapitals. Nimmt der Anteil der lebendigen Arbeit im Verhältnis zum konstantem Kapital ab, sinkt die Profitrate. Durch die kapitalistische Produktionsweise nimmt das variable Kapital proportional zum Gesamtkapital ab. Aufgrund dieser proportionalen Abnahme des variablen Bestandteils sinkt die Nachfrage nach lebendiger Arbeit progressiv mit dem Wachstum des Gesamtkapitals und erzeugt somit auch eine überschüssige, daher überflüssige oder Zuschuß-Arbeiterbevölkerung die nicht am Produktionsprozess beteiligt ist. Die Zunahme des konstanten Kapitals im Verhältnis zum variablen Kapitalteil ist das Resultat der fortschreitenden Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit. Das heißt, dass die Entwicklung der Produktivkräfte den tendenziellen Fall der Profitrate zur Folge hat. Da durch die Entwicklung der Produktion die angewandte lebendige Arbeit im Verhältnis zum konstanten Kapital abnimmt, so muss auch die unbezahlte Mehrarbeit abnehmen die sich in Form des Mehrwerts äußerst. Dieser Rückgang des Mehrwerts bewirkt wiederum einen stetigen Fall der Profitrate.<br />
<br />
{{Zitat |Die Akkumulation des Kapitals, welche ursprünglich nur als seine quantitative Erweiterung erschien, vollzieht sich, wie wir gesehn, in fortwährendem qualitativen Wechsel seiner Zusammensetzung, in beständiger Zunahme seines konstanten auf Kosten seines variablen Bestandteil. Die spezifisch kapitalistische Produktionsweise, die ihr entsprechende Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit, der dadurch verursachte Wechsel in der organischen Zusammensetzung des Kapitals halten nicht nur Schritt mit dem Fortschritt der Akkumulation oder dem Wachstum des gesellschaftlichen Reichtums. Sie schreiten ungleich schneller, weil die einfache Akkumulation oder die absolute Ausdehnung des Gesamtkapitals von der Zentralisation seiner individuellen Elemente, und die technische Umwälzung des Zusatzkapitals von technischer Umwälzung des Originalkapitals begleitet sind. Mit dem Fortgang der Akkumulation wandelt sich also das Verhältnis von konstantem zu variablem Kapitalteil, wenn ursprünglich 1: 1, in 2: 1,3: 1,4: 1,5: 1, 7: 1 usw. … Da die Nachfrage nach Arbeit nicht durch den Umfang des Gesamtkapitals, sondern durch den seines variablen Bestandteils bestimmt ist, fällt sie also progressiv mit dem Wachstum des Gesamtkapitals, statt, wie vorhin unterstellt, verhältnismäßig mit ihm zu wachsen. Sie fällt relativ zur Größe des Gesamtkapitals und in beschleunigter Progression mit dem Wachstum dieser Größe. Mit dem Wachstum des Gesamtkapitals wächst zwar auch sein variabler Bestandteil, oder die ihm einverleibte Arbeitskraft, aber in beständig abnehmender Proportion. …Diese mit dem Wachstum des Gesamtkapitals beschleunigte und rascher als sein eignes Wachstum beschleunigte relative Abnahme seines variablen Bestandteils scheint auf der andren Seite umgekehrt stets rascheres absolutes Wachstum der Arbeiterbevölkerung als das des variablen Kapitals oder ihrer Beschäftigungsmittel. Die kapitalistische Akkumulation produziert, und zwar im Verhältnis zu ihrer Energie und ihrem Umfang, beständig eine relative, d.h. für die mittleren Verwertungsbedürfnisse des Kapitals überschüssige, daher überflüssige oder Zuschuß-Arbeiterbevölkerung.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.657f.])}}<br />
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'''Annahme 2'''<br />
<br />
Die Zunahme des konstanten Kapitals im Verhältnis zum variablen Kapitalteil ist das Resultat der fortschreitenden Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit. Das heißt, dass die Entwicklung der Produktivkräfte den tendenziellen Fall der Profitrate zur Folge hat. Da durch die Entwicklung der Produktion die angewandte lebendige Arbeit im Verhältnis zum konstanten Kapital abnimmt, so muss auch die unbezahlte Mehrarbeit abnehmen die sich in Form des Mehrwerts äußerst. Dieser Rückgang des Mehrwerts bewirkt wiederum einen stetigen Fall der Profitrate.<br />
<br />
{{Zitat |„Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate 13. Kapital, Das Gesetz als solches. Bei gegebnem Arbeitslohn und Arbeitstag stellt ein variables Kapital, z.B. von 100, eine bestimmte Anzahl in Bewegung gesetzter Arbeiter vor; es ist der Index dieser Anzahl. Z.B. 100 Pfd.St. sei der Arbeitslohn für 100 Arbeiter, sage für eine Woche. Verrichten diese 100 Arbeiter ebensoviel notwendige Arbeit wie Mehrarbeit, arbeiten sie also täglich ebensoviel Zeit für sich selbst, d.h. für die Reproduktion ihres Arbeitslohns, wie für den Kapitalisten, d.h. für die Produktion von Mehrwert, so wäre ihr Gesamtwertprodukt = 200 Pfd.St. und der von ihnen erzeugte Mehrwert betrüge 100 Pfd.St. Die Rate des Mehrwerts m/v wäre =100% . Diese Rate des Mehrwerts würde sich jedoch, wie wir gesehn, in sehr verschiednen Profitraten ausdrücken, je nach dem verschiednen Umfang des konstanten Kapitals c und damit des Gesamtkapitals C, da die Profitrate = m/C . <br />
Ist die Mehrwertsrate 100%,: <br />
Wenn c = 50, v = 100, so ist p' = 100/150 = 66,66 %. <br />
Wenn c = 100, v = 100, so ist p' =100/200 = 50%. <br />
Wenn c = 200, v = 100, so ist p' = 100/300 = 33,33%. <br />
Wenn c = 300, v = 100, so ist p' = 100/400 = 25%. <br />
Wenn c = 400, v = 100, so ist p' = 100/500 = 20%. <br />
Dieselbe Rate des Mehrwerts, bei unverändertem Exploitationsgrad der Arbeit, würde sich so in einer fallenden Profitrate ausdrücken, weil mit seinem materiellen Umfang, wenn auch nicht im selben Verhältnis, auch der Wertumfang des konstanten und damit des Gesamtkapitals wächst<br />
Nimmt man nun ferner an, daß diese graduelle Veränderung in der Zusammensetzung des Kapitals sich nicht bloß in vereinzelten Produktionssphären zuträgt, sondern mehr oder weniger in allen, oder doch in den entscheidenden Produktionssphären, daß sie also Veränderungen in der organischen Durchschnittszusammensetzung des einer bestimmten Gesellschaft angehörigen Gesamtkapitals einschließt, so muß dies allmähliche Anwachsen des konstanten Kapitals, im Verhältnis zum variablen, notwendig zum Resultat haben einen graduellen Fall in der allgemeinen Profitrate bei gleichbleibender Rate des Mehrwerts oder gleichbleibendem Exploitationsgrad der Arbeit durch das Kapital. Nun hat sich aber gezeigt, als ein Gesetz der kapitalistischen Produktionsweise, daß mit ihrer Entwicklung eine relative Abnahme des variablen Kapitals im Verhältnis zum konstanten Kapital und damit im Verhältnis zu dem in Bewegung gesetzten Gesamtkapital stattfindet. Es heißt dies nur, daß dieselbe Arbeiterzahl, dieselbe Menge Arbeitskraft, disponibel gemacht durch ein variables Kapital von gegebnem Wertumfang, infolge der innerhalb der kapitalistischen Produktion sich entwickelnden eigentümlichen Produktionsmethoden, eine stets wachsende Masse Arbeitsmittel, Maschinerie und fixes Kapital aller Art, Roh- und Hilfsstoffe in derselben Zeit in Bewegung setzt, verarbeitet, produktiv konsumiert - daher auch ein konstantes Kapital von stets wachsendem Wertumfang. Diese fortschreitende relative Abnahme des variablen Kapitals im Verhältnis zum konstanten und daher zum Gesamtkapital ist identisch mit der fortschreitend höhern organischen Zusammensetzung des gesellschaftlichen Kapitals in seinem Durchschnitt. Es ist ebenso nur ein andrer Ausdruck für die fortschreitende Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit, die sich grade darin zeigt, daß vermittelst der wachsenden Anwendung von Maschinerie und fixem Kapital überhaupt mehr Roh- und Hilfsstoffe von derselben Anzahl Arbeiter in derselben Zeit, d.h. mit weniger Arbeit in Produkte verwandelt werden. Es entspricht diesem wachsenden Wertumfang des konstanten Kapitals - obgleich er nur entfernt das Wachstum in der wirklichen Masse der Gebrauchswerte darstellt, aus denen das konstante Kapital stofflich besteht - eine wachsende Verwohlfeilerung des Produkts. Jedes individuelle Produkt, für sich betrachtet, enthält eine geringre Summe von Arbeit, als auf niedrigem Stufen der Produktion, wo das in Arbeit ausgelegte Kapital in ungleich größrem Verhältnis steht zu dem in Produktionsmitteln ausgelegten. Die im Eingang hypothetisch aufgestellte Reihe drückt also die wirkliche Tendenz der kapitalistischen Produktion aus. Diese erzeugt mit der fortschreitenden relativen Abnahme des variablen Kapitals gegen das konstante eine steigend höhere organische Zusammensetzung des Gesamtkapitals, deren unmittelbare Folge ist, daß die Rate des Mehrwerts bei gleichbleibendem und selbst bei steigendem Exploitationsgrad der Arbeit sich in einer beständig sinkenden allgemeinen Profitrate ausdrückt. (Es wird sich weiter zeigen1 *, warum dies Sinken nicht in dieser absoluten Form, sondern mehr in Tendenz zum progressiven Fall hervortritt.) Die progressive Tendenz der allgemeinen Profitrate zum Sinken ist also nur ein der kapitalistischen Produktionsweise eigentümlicher Ausdruck für die fortschreitende Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit. Es ist damit nicht gesagt, daß die Profitrate nicht auch aus andren Gründen vorübergehend fallen kann, aber es ist damit aus dem Wesen der kapitalistischen Produktionsweise als eine selbstverständliche Notwendigkeit bewiesen, daß in ihrem Fortschritt die allgemeine Durchschnittsrate des Mehrwerts sich in einer fallenden allgemeinen Profitrate ausdrücken muß. Da die Masse der angewandten lebendigen Arbeit stets abnimmt im Verhältnis zu der Masse der von ihr in Bewegung gesetzten vergegenständlichten Arbeit, der produktiv konsumierten Produktionsmittel, so muß auch der Teil dieser lebendigen Arbeit, der unbezahlt ist und sich in Mehrwert vergegenständlicht, in einem stets abnehmenden Verhältnis stehn zum Wertumfang des angewandten Gesamtkapitals. Dies Verhältnis der Mehrwertsmasse zum Wert des angewandten Gesamtkapitals bildet aber die Profitrate, die daher beständig fallen muß.“| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.221ff.])}}<br />
<br />
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'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Erzeugung relativen Mehrwerts drängt dazu möglichst viel Arbeit in Mehrwert zu verwandeln und gleichzeitig die Masse der lebendigen Arbeit im Verhältnis zum vorgeschoßenen Gesamtkapital zu verringern. Diese Veränderung der organischen Zusammensetzung des Gesamtkapitals verdeutlicht sich somit in einem Fall der Profitrate.<br />
<br />
{{Zitat |Sonst ist es bereits nachgewiesen - und bildet das eigentliche Geheimnis des tendenziellen Falls der Profitrate - , daß die Prozeduren zur Erzeugung von relativem Mehrwert im ganzen und großen darauf hinauslaufen: einerseits von einer gegebnen Masse Arbeit möglichst viel in Mehrwert zu verwandeln, andrerseits im Verhältnis zum vorgeschoßnen Kapital möglichst wenig Arbeit überhaupt anzuwenden; so daß dieselben Gründe, welche erlauben, den Exploitationsgrad der Arbeit zu erhöhen, es verbieten, mit demselben Gesamtkapital ebensoviel Arbeit wie früher zu exploitieren. Dies sind die widerstreitenden Tendenzen, die, während sie auf eine Steigerung in der Rate des Mehrwerts, gleichzeitig auf einen Fall der von einem gegebnen Kapital erzeugten Masse des Mehrwerts und daher der Rate des Profits hinwirken.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.243])}}<br />
<br />
==Sozialistische Revolution==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Revolution, Enteignung<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die Expropriation der Expropriateure wird durch die Volksmassen stattfinden. <br />
<br />
{{Zitat |Die Verwandlung des auf eigner Arbeit der Individuen beruhenden, zersplitterten Privateigentums in kapitalistisches ist natürlich ein Prozeß, ungleich mehr langwierig, hart und schwierig als die Verwandlung des tatsächlich bereits auf gesellschaftlichem Produktionsbetrieb beruhenden kapitalistischen Eigentums in gesellschaftliches. Dort handelte es sich um die Expropriation der Volksmasse durch wenige Usurpatoren, hier handelt es sich um die Expropriation weniger Usurpatoren durch die Volksmasse.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.791)}}<br />
<br />
==Produktionsmittel und Konsumtionsmittel==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Einfache Reproduktion, Produktionsmittel, Konsumtionsmittel<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Das Gesamtprodukt der Gesellschaft zerfällt in zwei Abteilungen. I. Produktionsmittel, II. Konsumtionsmittel.<br/><br />
<br />
{{Zitat |Die zwei Abteilungen der gesellschaftlichen Produktion<br/>Das Gesamtprodukt, also auch die Gesamtproduktion, der Gesellschaft zerfällt in zwei große Abteilungen:<br/>I. Produktionsmittel, Waren, welche eine Form besitzen, worin sie in die produktive Konsumtion eingehn müssen oder wenigstens eingehn können.<br/>II. Konsumtionsmittel, Waren, welche eine Form besitzen, worin sie in die individuelle Konsumtion der Kapitalisten- und Arbeiterklasse eingehn. In jeder dieser Abteilungen bilden sämtliche verschiedne ihr angehörige Produktionszweige einen einzigen großen Produktionszweig, die einen den der Produktionsmittel, die andern den der Konsumtionsmittel. Das in jedem der beiden Produktionszweige angewandte gesamte Kapital bildet eine besondre große Abteilung des gesellschaftlichen Kapitals.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band24.pdf Kapital 2.Band, MEW Band 24], S.394)}}<br />
<br />
==Zyklische Bewegung des Industriekapitals==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Industriekapital, Zyklische Bewegung des Kapitals, Geldkapital, Warenkapital, Stagnation, Schatzbildung, Mehrwertschöpfung, Zirkulation, Reproduktion, Monopolisierung<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Das Industriekapital nimmt drei Formen an: Produktives Kapital, Warenkapital und Geldkapital. Sie sind keine eigenständigen Kapitalsorten, sondern Funktionsformen des Industriekapitals. Der Kreislauf des Kapitals kann stocken. Wenn G-W stockt, erstarrt das Geldkapital. Wenn er in der Produktionsphase stockt, liegen die Produktionsmittel brach, Arbeiter bleiben unbeschäftigt. Wenn der Kreislauf an der Stelle W‘-G‘ stockt, bleiben unverkäufliche Waren liegen und versperren den Zirkulationsfluss.<br />
<br />
{{Zitat |Die beiden Formen, die der Kapitalwert innerhalb seiner Zirkulationsstadien annimmt, sind die von Geldkapital und Warenkapital; seine dem Produktionsstadium angehörige Form ist die von produktivem Kapital. Das Kapital, welches im Verlauf seines Gesamtkreislaufs diese Formen annimmt und wieder abstreift und in jeder die ihr entsprechende Funktion vollzieht, ist industrielles Kapital - industriell hier in dem Sinn, daß es jeden kapitalistisch betriebnen Produktionszweig umfaßt. Geldkapital, Warenkapital, produktives Kapital bezeichnen hier also nicht selbständige Kapitalsorten, deren Funktionen den Inhalt gleichfalls selbständiger und voneinander getrennter Geschäftszweige bilden. Sie bezeichnen hier nur besondre Funktionsformen des industriellen Kapitals, das sie alle drei nacheinander annimmt.<br/> Der Kreislauf des Kapitals geht nur normal vonstatten, solange seine verschiednen Phasen ohne Stockung ineinander übergehn. Stockt das Kapital in der ersten Phase G - W , so erstarrt das Geldkapital zum Schatz; wenn in der Produktionsphase, so liegen die Produktionsmittel funktionslos auf der einen Seite, während die Arbeitskraft auf der andern unbeschäftigt bleibt; wenn in der letzten Phase W ' - G ' , so versperren unverkäuflich aufgehäufte Waren den Zirkulationsfluß.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band24.pdf Kapital 2.Band, MEW Band 24], S.56)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Industrielles Kapital ist die einzige Daseinsweise des Kapitals, die Mehrwert schöpft und den kap. Charakter der Produktion bedingt.<br/>Technik und gesellschaftliche Organisation des Arbeitsprozesses werden durch industrielles Kapital umgewälzt.<br/> Alle anderen Arten von Kapital werden ihm untergeordnet und entsprechend seines Mechanismus verändert, bewegen sich nur auf seiner Grundlage – stehen und fallen mit ihr.<br/> Waren- und Geldkapital sind auch wenn sie als eigene Geschäftszweige auftreten, nur Funktionsweisen des industriellen Kapitals.<br />
<br />
{{Zitat |Das industrielle Kapital ist die einzige Daseinsweise des Kapitals, worin nicht nur Aneignung von Mehrwert, resp. Mehrprodukt, sondern zugleich dessen Schöpfung Funktion des Kapitals ist. Es bedingt daher den kapitalistischen Charakter der Produktion; sein Dasein schließt das des Klassengegensatzes von Kapitalisten und Lohnarbeitern ein.<br/> Im Maß wie es sich der gesellschaftlichen Produktion bemächtigt, werden Technik und gesellschaftliche Organisation des Arbeitsprozesses umgewälzt, und damit der ökonomisch-geschichtliche Typus der Gesellschaft.<br/> Die andern Arten von Kapital, die vor ihm inmitten vergangner oder untergehender gesellschaftlicher Produktionszustände erschienen, werden ihm nicht nur untergeordnet und im Mechanismus ihrer Funktionen ihm entsprechend verändert, sondern bewegen sich nur noch auf seiner Grundlage, leben und sterben, stehen und fallen daher mit dieser ihrer Grundlage.<br/>Geldkapital und Warenkapital, soweit sie mit ihren Funktionen als Träger eigner Geschäftszweige neben dem industriellen Kapital auftreten, sind nur noch durch die gesellschaftliche Teilung der Arbeit verselbständigte und einseitig ausgebildete Existenzweisen der verschiednen Funktionsformen, die das industrielle Kapital innerhalb der Zirkulationssphäre bald annimmt, bald abstreift.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band24.pdf Kapital 2.Band, MEW Band 24], S.61)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Gesamtproduktionsprozess des Kapitals heißt: Reproduktionsprozess sowie Kreislauf aller Elemente.<br/> Alle Teile durchlaufen Kreisläufe. Alle drei Formen sind beständig vorhanden durch den Kreislauf des Gesamtkapitals durch diese drei Phasen: Waren-, Geld-, produktives Kapital.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist eine notwendige Bedingung für den Gesamtproduktionsprozeß, besonders für das gesellschaftliche Kapital, daß er zugleich Reproduktionsprozeß, und daher Kreislauf jedes seiner Momente ist. Verschiedne Bruchteile des Kapitals durchlaufen sukzessiv die verschiednen Stadien und Funktionsformen.<br/>Jede Funktionsform, obgleich sich stets ein andrer Teil des Kapitals darin darstellt, durchläuft dadurch gleichzeitig mit den andren ihren eignen Kreislauf. Ein Teil des Kapitals, aber ein stets wechselnder, stets reproduziert, existiert als Warenkapital, das sich in Geld verwandelt; ein andrer als Geldkapital, das sich in produktives verwandelt; ein dritter als produktives Kapital, das sich in Warenkapital verwandelt. Das beständige Vorhandensein aller drei Formen ist vermittelt durch den Kreislauf des Gesamtkapitals durch eben diese drei Phasen.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band24.pdf Kapital 2.Band, MEW Band 24], S.108)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der Prozess verläuft nur normal, solange die Wertverhältnisse konstant bleiben. Je größer die Störungen sind, desto mehr Geldkapital muss der industrielle Kapitalist besitzen, um Ausgleichungen abwarten zu können.<br/>Durch Wachstum des vorzuschießenden Kapitals werden industrielle Kapitalisten mehr und mehr in ein Monopol großer Geldkapitalisten verwandelt.<br />
<br />
{{Zitat |Ganz normal verläuft der Prozeß nur, wenn die Wertverhältnisse konstant bleiben; er verläuft faktisch, solange sich Störungen in der Wiederholung des Kreislaufs ausgleichen; je größer die Störungen, um so größres Geldkapital muß der industrielle Kapitalist besitzen, um die Ausgleichung abwarten zu können; und da im Fortgang der kapitalistischen Produktion sich die Stufenleiter jedes individuellen Produktionsprozesses, und mit ihm die Minimalgröße des vorzuschießenden Kapitals erweitert, so kommt jener Umstand zu den andren, die die Funktion des industrieller Kapitalisten mehr und mehr in ein Monopol großer Geldkapitalisten, vereinzelter der assoziierter, verwandeln.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band24.pdf Kapital 2.Band, MEW Band 24], S.111)}}<br />
<br />
==Möglichkeiten einer Wirtschaftskrise==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Krise, Zirkulation, Geld als Zirkulationsmittel, Marktanteil, Metamorphose des Kapitals, Weltmarkt, Überproduktion, Industrieproduktion<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
In der Zirkulation sind Kauf und Verkauf zeitlich und räumlich voneinander getrennt, sie sind scheinbar selbständig. Da sie aber wesentliche Momente eines Ganzen sind, muss ein Moment eintreten, in dem diese Selbständigkeit gebrochen wird und die innere Einheit wieder hergestellt wird.<br />
Dieses Auseinanderfallen des Austauschs mit Geld als Zirkulationsmittel beinhaltet die Möglichkeit für den Keim einer Krise.<br />
<br />
{{Zitat |Insofern Kauf und Verkauf, die beiden wesentlichen Momente der Zirkulation, gleichgültig gegeneinander sind, in Raum und Zeit getrennt, brauchen sie keineswegs zusammenzufallen. Ihre Gleichgültigkeit kann zur Befestigung und scheinbaren Selbständigkeit des einen gegen das andere fortgehen. (So dass einer nur kauft, ohne zu verkaufen – Warenhortung –, oder dass einer nur verkauft, ohne zu kaufen – Geldhortung, Schatzbildung.) Indem Kauf und Verkauf aber beide wesentlich Momente eines Ganzen bilden (der Warenproduzent verkauft seine Ware, um mit dem Geld andere Ware zu kaufen, die seine Bedürfnisse befriedigt), muss ein Moment eintreten, wo die selbständige Gestalt gewaltsam gebrochen und die innere Einheit äußerlich durch eine gewaltsame Explosion hergestellt wird. So liegt schon in der Bestimmung des Geldes als Mittler, in dem Auseinanderfallen des Austauschs in zwei Akte, der Keim der Krisen, wenigstens ihrer Möglichkeit, die nicht realisiert werden kann, als die, wo die Grundbedingungen der klassisch ausgebildeten, ihrem Begriff entsprechenden Zirkulation vorhanden sind.| (Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie. Fotomechanischer Nachdruck der beiden Teile des im Verlag für fremdsprachige Literatur, Moskau, 1939 und 1941 erschienen Ausgaben, EVA Frankfurt/M, S. 112f)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Ziel des Kapitalisten ist, so viel Platz auf dem Markt einzunehmen, wie es sein verfügbares Kapital zulässt, indem er sich einen größeren Anteil des Marktes aneignet oder den Markt selbst erweitert.<br />
<br />
{{Zitat |Was aber den einzelnen Kapitalisten betrifft, so misst er den Umfang seiner Produktion durch den seines verfügbaren Kapitals, soweit er es noch selbst überwachen kann. Was er im Auge hat, ist, so viel Platz wie möglich auf dem Markt einzunehmen. Wird überproduziert, so schiebt er die Schuld nicht sich, sondern seinen Konkurrenten zu. Der einzelne Kapitalist kann seine Produktion ausdehnen, ebenso wohl indem er einen größeren Anteil des gegebenen Markts sich aneignet, als auch indem er den Markt selbst erweitert.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.685)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Geld fungiert als Zirkulationsmittel als Maß der Werte und Realisierung des Werts. Diese Momente, Kauf und Verkauf, fallen auseinander: Der Wert der Ware kann sich verändern oder in einem bestimmten Zeitraum nicht verkauft werden. Alle davon abhängigen Transaktionen, eine Reihe von Zahlungen, können nicht erfüllt werden: Möglichkeit der Krise.<br />
<br />
Auseinanderfallen von Kauf und Verkauf sind aber nie Ursache der Krise. Diese ist aus den allgemeinen Bedingungen der kapitalistischen Produktion zu entwickeln.<br />
<br />
{{Zitat |1. Die allgemeine Möglichkeit der Krisen ist in dem Prozess der Metamorphose des Kapitals [Geldkapital – Warenkapital – Geldkapital] selbst gegeben und zwar doppelt, soweit das Geld als Zirkulationsmittel fungiert – Auseinanderfallen von Kauf und Verkauf. Soweit es als Zahlungsmittel fungiert, wo es in zwei verschiedenen Momenten wirkt, als Maß der Werte und als Realisierung des Werts. Diese beiden Momente fallen auseinander. Hat der Wert sich geändert in dem Intervalle, ist die Ware im Moment ihres Verkaufs nicht wert, was sie wert war im Moment, wo das Geld das Maß der Ware war, […] dann kann aus dem Erlös der Ware die Obligation nicht erfüllt werden und daher die ganze Reihe der Transaktionen nicht saldiert werden, die rückgängig von dieser einen abhängen.<br/>Kann die Ware auch nur in einem bestimmten Zeitraum nicht verkauft werden, selbst wenn ihr Wert nicht sich änderte, so kann das Geld nicht als Zahlungsmittel funktionieren, da es in bestimmter, vorausgesetzter Frist als solches funktionieren muss. Da dieselbe Geldsumme aber hier für eine Reihe von wechselseitigen Transaktionen und Obligationen funktioniert, tritt hier Zahlungsunfähigkeit nicht nur in einem, sondern vielen Punkten ein, daher Krise.<br/>Aber im letzteren Fall ist die Krise nicht nur da, weil Ware unverkäuflich ist, sondern weil sie nicht in bestimmtem Zeitraum verkäuflich ist, und die Krise entsteht und leitet ihren Charakter her nicht nur von der Unverkäuflichkeit der Ware, sondern von der Nichtrealisierung einer ganzen Reihe von Zahlungen, die auf dem Verkauf dieser bestimmten Ware in dieser bestimmten Frist beruhen. Dies ist die eigentliche Form der Geldkrisen.<br/>Tritt also Krise ein, weil Kauf und Verkauf auseinander fallen, so entwickelt sie sich als Geldkrise, sobald das Geld als Zahlungsmittel [in Kreditverhältnissen] entwickelt ist, und diese zweite Form der Krisen versteht sich dann von selbst, sobald die erste eintritt. […]<br/>2. Soweit Krisen aus Preisveränderungen und Preisrevolutionen hervorgehen, die mit den Wertveränderungen der Waren nicht zusammenfallen, können sie natürlich nicht entwickelt werden bei Betrachtung des Kapitals im Allgemeinen, wo bei den Werten der Waren identische Preise vorausgesetzt werden.<br/>3. Die allgemeine Möglichkeit der Krisen ist die formelle Metamorphose des Kapitals selbst, das zeitliche und räumliche Auseinanderfallen von Kauf und Verkauf. Aber dies ist nie die Ursache der Krise. […] Fragt man nach ihrer Ursache, so will man eben wissen, warum […] sie aus der Möglichkeit zur Wirklichkeit wird.<br/>4. Die allgemeinen Bedingungen der Krisen, soweit sie unabhängig von Preisschwankungen sind (ob diese nun mit dem Kreditwesen zusammenhängen oder nicht) – als verschieden von Wertschwankungen – müssen aus den allgemeinen Bedingungen der kapitalistischen Produktion zu entwickeln sein.| (Marx, Theorien über den Mehrwert, Band II, MEW 26.2, S. 514ff)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Ausdehnbarkeit des Fabrikwesens und Abhängigkeit vom Weltmarkt führen zu Überfüllung der Märkte, mit deren Kontraktion Lähmung eintritt. Das Leben der Industrie verwandelt sich in Reihenfolge von Perioden mittlerer Lebendigkeit, Prosperität, Überproduktion, Krise und Stagnation.<br />
<br />
{{Zitat |Die ungeheure, stoßweise Ausdehnbarkeit des Fabrikwesens und seine Abhängigkeit vom Weltmarkt erzeugen notwendig fieberhafte Produktion und darauf folgende Überfüllung der Märkte, mit deren Kontraktion Lähmung eintritt. Das Leben der Industrie verwandelt sich in eine Reihenfolge von Perioden mittlerer Lebendigkeit, Prosperität, Überproduktion, Krise und Stagnation.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.476)}}<br />
<br />
==Der Krisenzyklus==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Krisenzyklus, Überproduktion, Entlassung, Krise, Preisentwertung, Kreditsystem, Kapitalvernichtung, Poduktivkraftvernichtung, Eroberung neuer Märkte<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Bei einem Zuviel des Angebotes fallen die Preise unter die Werte, manche Waren bleiben unverkäuflich, die Investitionstätigkeit geht zurück, was die Situation verschärft, Betriebe nehmen Entlassungen vor, andere Betriebe gehen pleite. Kapital und Produktionsmittel werden vernichtet. Das Angebot sinkt so weit, dass es unter der gesellschaftlichen Nachfrage liegt, die Preise steigen wieder, die Investitionstätigkeit wird angekurbelt, die kapitalistische Wirtschaft kommt aus dem Tal, ein „Aufschwung“ entsteht. Alle wollen teilhaben, die Investitionstätigkeit wird rege, die „Konjunktur überhitzt“, die Märkte füllen sich, schließlich staut es sich, die Investitionstätigkeit wird heruntergefahren, die Preise fallen unter die Werte, die nächste Krise beginnt – und so weiter und so fort als ein Perpetuum Mobile des kapitalistischen Krisenzyklus.<br />
<br />
{{Zitat |In der Tat, seit 1825, wo die erste allgemeine Krise ausbrach, geht die ganze industrielle und kommerzielle Welt, die Produktion und der Austausch sämtlicher zivilisierter Völker und ihrer mehr oder weniger barbarischen Anhängsel so ziemlich alle zehn Jahre einmal aus den Fugen. Der Verkehr stockt, die Märkte sind überfüllt, die Produkte liegen da, ebenso massenhaft wie unabsetzbar, das bare Geld wird unsichtbar, der Kredit verschwindet, die Fabriken stehen still, die arbeitenden Massen ermangeln der Lebensmittel, weil sie zu viel Lebensmittel produziert haben. Bankrott folgt auf Bankrott, Zwangsverkauf auf Zwangsverkauf. Jahrelang dauert die Stockung, Produktivkräfte wie Produkte werden massenhaft vergeudet und zerstört, bis die aufgehäuften Warenmassen unter größerer oder geringerer Entwertung endlich abfließen, bis Produktion und Austausch allmählich wieder in Gang kommen.<br/>Nach und nach beschleunigt sich die Gangart, fällt in Trab, der industrielle Trab geht über in Galopp, und dieser steigert sich wieder bis zum zügellosen Tempo eines vollständigen industriellen, kommerziellen, kreditlichen und spekulativen Hindernisrennens, um endlich nach den halsbrechendsten Sprüngen wieder anzulangen – im Graben des Krachs. Und so immer von neuem.| (Friedrich Engels, Anti-Dühring, MEW 20, S. 257)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Krisen sind nur kurzfristige Lösungen der vorhandenen Widersprüche, die das gestörte Gleichgewicht für einen Moment wiederherstellen.<br />
<br />
{{Zitat |Die Krisen sind immer nur momentane gewaltsame Lösungen der vorhandnen Widersprüche, gewaltsame Eruptionen, die das gestörte Gleichgewicht für den Augenblick wiederherstellen.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.259)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Ein Teil der Waren kann seinen Zirkulations- und Reproduktionsprozess nur durch Kontraktion seiner Preise vollziehen, also durch Entwertung des Kapitals.<br />
Elemente des fixen Kapitals (Arbeitsmittel, Gebäude, Maschinen) werden entwertet. Durch Preisverfall gerät Reproduktionsprozess ins Stocken.<br />
Dadurch wird Funktion des Geldes als Zahlungsmittel paralysiert.<br />
Kette der Zahlungsobligationen wird unterbrochen. Kreditsystem kann zusammenbrechen, verschärft die Krise.<br />
<br />
{{Zitat |Ein Teil der auf dem Markt befindlichen Waren kann seinen Zirkulations- und Reproduktionsprozess [Verkauf und Kauf] nur vollziehen durch ungeheure Kontraktion seiner Preise, also durch Entwertung des Kapitals, das er darstellt. Ebenso werden die Elemente des fixen Kapitals [Arbeitsmittel wie Gebäude und Maschinerie] mehr oder minder entwertet. Es kommt hinzu, dass bestimmte, vorausgesetzte Preisverhältnisse den Reproduktionsprozess bedingen, dieser daher durch den allgemeinen Preisfall in Stockung und Verwirrung gerät. Diese Störung und Stockung paralysiert die […] auf jenen vorausgesetzten Preisverhältnissen beruhende Funktion des Geldes als Zahlungsmittel [von Krediten], unterbricht an hundert Stellen die Kette der Zahlungsobligationen an bestimmten Terminen und wird noch verschärft durch das damit gegebene Zusammenbrechen des […] Kreditsystems und führt so zu heftigen akuten Krisen, […].| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.264)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
In Krisen gibt es Kapitalvernichtung und Vernichtung von Produktionsmitteln aufgrund der Überproduktion. Die Auswege für die Bourgeoisie sind Vernichtung, Eroberung neuer Märkte und gründlichere Ausbeutung alter Märkte – was wiederum größere Krisen vorbereitet.<br />
<br />
{{Zitat |Produkte, sondern sogar der bereits geschaffenen Produktivkräfte regelmäßig vernichtet. In den Krisen bricht eine gesellschaftliche Epidemie aus, welche allen früheren Epochen als ein Widersinn erschienen wäre – die Epidemie der Überproduktion. Die Gesellschaft findet sich plötzlich in einen Zustand momentaner Barbarei zurückversetzt; eine Hungersnot, ein allgemeiner Vernichtungskrieg scheinen ihr alle Lebensmittel abgeschnitten zu haben; die Industrie, der Handel scheinen vernichtet, und warum? Weil sie zu viel Zivilisation, zu viel Lebensmittel, zu viel Industrie, zu viel Handel besitzt. […]<br/>Die bürgerlichen Verhältnisse sind zu eng geworden, um den von ihnen erzeugten Reichtum zu fassen. – Wodurch überwindet die Bourgeoisie Krisen? Einerseits durch die erzwungene Vernichtung einer Masse von Produktivkräften; andererseits durch die Eroberung neuer Märkte und die gründlichere Ausbeutung der alten Märkte. Wodurch also? Dadurch, dass sie allseitigere und gewaltigere Krisen vorbereitet und die Mittel, den Krisen vorzubeugen, vermindert.| (Marx, Kommunistisches Manifest, MEW 4, S. 468)}}<br />
<br />
==Kredit, fiktives Kapital==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Geldkapital, Zentralisation, Zinsprofit, Reservefonds, Industrielles Kapital, Händlerkapital, Banksystem, Geldmacht<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Das verleihbare Geldkapital konzentriert sich in den Händen des Bankiers. Sie werden die allgemeinen Verwalter des Geldkapitals gegenüber den industriellen und kommerziellen Kapitalisten. Eine Bank ist die Zentralisation des Geldkapitals. Ihr Profit besteht in höheren Zinsen.<br />
<br />
{{Zitat |Allgemein ausgedrückt besteht das Bankiergeschäft nach dieser Seite darin, das verleihbare Geldkapital in seiner Hand zu großen Massen zu konzentrieren, so daß statt des einzelnen Geldverleihers die Bankiers als Repräsentanten aller Geldverleiher den industriellen und kommerziellen Kapitalisten gegenübertreten. Sie werden die allgemeinen Verwalter des Geldkapitals. Andrerseits konzentrieren sie, allen Verleihern gegenüber, die Borger, indem sie für die ganze Handelswelt borgen. Eine Bank stellt auf der einen Seite die Zentralisation des Geldkapitals, der Verleiher, auf der andern die Zentralisation der Borger dar. Ihr Profit besteht im allgemeinen darin, daß sie zu niedrigem Zinsen borgt, als sie ausleiht.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.416)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Das Geld fließt den Bankiers aus Reservefonds der Händler und Industriellen zu.<br />
<br />
{{Zitat |Das verleihbare Kapital, worüber die Banken verfügen, fließt ihnen in mehrfacher Weise zu. Zunächst konzentriert sich in ihrer Hand, da sie Kassierer der industriellen Kapitalisten sind, das Geldkapital, das jeder Produzent und Kaufmann als Reservefonds hält, oder das ihm als Zahlung zufließt. Diese Fonds verwandeln sich so in verleihbares Geldkapital.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.416)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Banken sammeln alles unbeschäftigte Geld und auch die kleinen Geldsummen aus allen Klassen und bilden so eine Geldmacht. Dies ist eine besondere Wirkung des Banksystems, die von der Mittlertätigkeit zwischen Geldkapitalisten und Borgern unterschieden werden muss.<br />
<br />
{{Zitat |Mit der Entwicklung des Banksystems und namentlich, sobald sie Zins für Depositen zahlen, werden ferner die Geldersparnisse und das augenblicklich unbeschäftigte Geld aller Klassen bei ihnen deponiert. Kleine Summen, jede für sich unfähig, als Geldkapital zu wirken, werden zu großen Massen vereinigt und bilden so eine Geldmacht. Diese Ansammlung kleiner Beträge muß als besondre Wirkung des Banksystems unterschieden werden von seiner Mittlerschaft zwischen den eigentlichen Geldkapitalisten und den Borgern. Endlich werden auch die Revenuen, die nur allmählich verzehrt werden sollen, bei den Banken deponiert.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.416)}}<br />
<br />
==Die Rolle des Kredits in der kapitalistischen Produktion==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Warenzirkulation, Warenmetamorphose<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Durch den Kredit werden die Phasen der Zirkulation und der Metamorphose des Kapitals beschleunigt.<br />
<br />
{{Zitat |2. Beschleunigung, durch den Kredit, der einzelnen Phasen der Zirkulation oder der Warenmetamorphose, weiter der Metamorphose des Kapitals, und damit Beschleunigung des Reproduktionsprozesses überhaupt. (Andrerseits erlaubt der Kredit, die Akte des Kaufens und Verkaufens länger auseinanderzuhalten und dient daher der Spekulation als Basis.) Kontraktion der Reservefonds, was doppelt betrachtet werden kann: einerseits als Verminderung des zirkulierenden Mediums, andrerseits als Beschränkung des Teils des Kapitals, der stets in Geldform existieren muß.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.453)}}<br />
<br />
==Bildung von Aktiengesellschaften==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Aktiengesellschaften, Produktionserweiterung, Gesellschaftskapital, Kapitalverwaltung, Zinsprofit, Fallen der Profitrate, Schutzzollpolitik, Überproduktion, fallende Profitrate, Kartellbildung, Konkurrenz, Kapitalistische Produktionsweise, Monopolbildung, Staatseinmischung, Finanzaristokratie, aufhebender Widerspruch, Monopolbildung, Kredit, Kreditüberbau, Verfügung über fremdes Kapital, Expropriation, Aktienwesen, gesellschaftliches Produktionsmittel, Kreditwesen, Überproduktion, Überspekulation, Produktivkraftentwicklung, Weltmarkt, Krise, Bankkapital, Wertpapiere, Aktien<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Durch die Bildung von Aktiengesellschaften werden die Stufenleitern der Produktion ausgedehnt.<br/> Das Kapital erhält durch die Aktiengesellschaften die Form von Gesellschaftskapital.<br />
Das bedeutet die Aufhebung des Kapitals als Privateigentum innerhalb der Grenzen der kapitalistischen Produktionsweise selbst.<br/>Damit findet die Verwandlung des fungierenden Kapitalisten in einen bloßen Dirigenten statt, einen Verwalter fremden Kapitals und die Verwandlung der Kapitaleigentümer in bloße Eigentümer, bloße Geldkapitalisten.<br/>Profit wird in Form der Vergütung des Kapitaleigentums bezogen, das von der Funktion im Reproduktionsprozess getrennt wird.<br/>Die Person des Dirigenten wird vom Kapitaleigentum getrennt.<br />
<br />
{{Zitat |III. Bildung von Aktiengesellschaften. Hierdurch:<br/> 1. Ungeheure Ausdehnung der Stufenleiter der Produktion und Unternehmungen, die für Einzelkapitale unmöglich waren. Solche Unternehmungen zugleich, die früher Regierungsunternehmungen waren, werden gesellschaftliche.<br/>2. Das Kapital, das an sich auf gesellschaftlicher Produktionsweise beruht und eine gesellschaftliche Konzentration von Produktionsmitteln und Arbeitskräften voraussetzt, erhält hier direkt die Form von Gesellschaftskapital (Kapital direkt assoziierter Individuen) im Gegensatz zum Privatkapital, und seine Unternehmungen treten auf als Gesellschaftsunternehmungen im Gegensatz zu Privatunternehmungen. Es ist die Aufhebung des Kapitals als Privateigentum innerhalb der Grenzen der kapitalistischen Produktionsweise selbst.<br/>3. Verwandlung des wirklich fungierenden Kapitalisten in einen bloßen Dirigenten, Verwalter fremdes Kapitals, und der Kapitaleigentümer in bloße Eigentümer, bloße Geldkapitalisten. Selbst wenn die Dividenden, die sie beziehn, den Zins und Unternehmergewinn, d.h. den Totalprofit einschließen (denn das Gehalt des Dirigenten ist, oder soll sein, bloßer Arbeitslohn einer gewissen Art geschickter Arbeit, deren Preis im Arbeitsmarkt reguliert wird, wie der jeder andren Arbeit), so wird dieser Totalprofit nur noch bezogen in der Form des Zinses, d.h. als bloße Vergütung des Kapitaleigentums, das nun ganz so von der Funktion im wirklichen Reproduktionsprozeß getrennt wird, wie diese Funktion, in der Person des Dirigenten, vom Kapitaleigentum.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.453 )}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
In Aktiengesellschaften ist die Funktion getrennt vom Kapitaleigentum.<br/>Es ist das Resultat der höchsten Entwicklung der kapitalistischen Produktion, notwendiger Durchgangspunkt zur Rückverwandlung des Kapitals in Eigentum der Produzenten, aber nicht mehr als Privateigentum vereinzelter Produzenten, sondern als Eigentum ihrer als Gesellschaftseigentum.<br/>Verwandlung aller Funktionen im Reproduktionsprozess in bloße gesellschaftliche Funktionen.<br />
<br />
{{Zitat |In den Aktiengesellschaften ist die Funktion getrennt vom Kapitaleigentum, also auch die Arbeit gänzlich getrennt vom Eigentum an den Produktionsmitteln und an der Mehrarbeit. Es ist dies Resultat der höchsten Entwicklung der kapitalistischen Produktion ein notwendiger Durchgangspunkt zur Rückverwandlung des Kapitals in Eigentum der Produzenten, aber nicht mehr als das Privateigentum vereinzelter Produzenten, sondern als das Eigentum ihrer als assoziierter, als unmittelbares Gesellschaftseigentum. Es ist andrerseits Durchgangspunkt zur Verwandlung aller mit dem Kapitaleigentum bisher noch verknüpften Funktionen im Reproduktionsprozeß in bloße Funktionen der assoziierten Produzenten, in gesellschaftliche Funktionen.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.453)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Der Profit nimmt die Form des Zinses an. Unternehmungen sind möglich, wenn sie bloßen Zins abwerfen. Das ist einer der Gründe, die das Fallen der allgemeinen Profitrate aufhalten. Unternehmen mit ungeheurem Verhältnis von konstantem zu variablem Kapital gehen nicht notwendig in die Ausgleichung der allgemeinen Profitrate ein.<br />
<br />
{{Zitat |Da der Profit hier rein die Form des Zinses annimmt, sind solche Unternehmungen noch möglich, wenn sie bloßen Zins abwerfen, und es ist dies einer der Gründe, die das Fallen der allgemeinen Profitrate aufhalten, indem diese Unternehmungen, wo das konstante Kapital in so ungeheurem Verhältnis zum variablen steht, nicht notwendig in die Ausgleichung der allgemeinen Profitrate eingehn.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.453)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der raschen Steigerung der Produktion steht zunehmende Langsamkeit der Ausdehnung des Markts gegenüber.<br/>Die Folge ist allgemeine chronische Überproduktion, gedrückte Preise, fallende Profite.<br/>Die Freiheit der Konkurrenz ist am Ende des Lateins.<br/>Großindustrielle eines Zweigs schließen sich zu Kartell zusammen, teilweise zu internationalen Kartellen.<br />
Aber der Interessengegensatz der einzelnen Firmen durchbricht die Kartelle und stellet die Konkurrenz wieder her.<br />
<br />
{{Zitat |Der täglich wachsenden Raschheit, womit auf allen großindustriellen Gebieten heute die Produktion gesteigert werden kann, steht gegenüber die stets zunehmende Langsamkeit der Ausdehnung des Markts für diese vermehrten Produkte. Was jene in Monaten herstellt, kann dieser kaum in Jahren absorbieren. Dazu die Schutzzollpolitik, wodurch jedes Industrieland sich gegen die andern und namentlich gegen England abschließt und die heimische Produktionsfähigkeit noch künstlich steigert.<br/>Die Folgen sind allgemeine chronische Überproduktion, gedrückte Preise, fallende und sogar ganz wegfallende Profite; kurz, die alt gerühmte Freiheit der Konkurrenz ist am Ende ihres Lateins und muß ihren offenbaren skandalösen Bankrott selbst ansagen. Und zwar dadurch, daß in jedem Land die Großindustriellen eines bestimmten Zweigs sich zusammentun zu einem Kartell zur Regulierung der Produktion. Ein Ausschuß setzt das von jedem Etablissement zu produzierende Quantum fest und verteilt in letzter Instanz die einlaufenden Aufträge. In einzelnen Fällen kam es zeitweise sogar zu internationalen Kartellen, so zwischen der englischen und deutschen Eisenproduktion. Aber auch diese Form der Vergesellschaftung der Produktion genügte noch nicht. Der Interessengegensatz der einzelnen Geschäftsfirmen durchbrach sie nur zu oft und stellte die Konkurrenz wieder her.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.453f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Es ist ein sich selbst aufhebender Widerspruch, der den Übergangspunkt zu einer neuen Produktionsform darstellt. In gewissen Sphären wird das Monopol hergestellt und fordert die Staatseinmischung heraus.<br/>Es wird eine neue Finanzaristokratie, Parasiten in Gestalt von „Projektenmachern“ etc. gebildet. Es ist die Privatproduktion ohne die Kontrolle des Privateigentums.<br />
<br />
{{Zitat |So ist in diesem Zweig, der die Grundlage der ganzen chemischen Industrie bildet, in England die Konkurrenz durch das Monopol ersetzt und der künftigen Expropriation durch die Gesamtgesellschaft, die Nation, aufs erfreulichste vorgearbeitet.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.454)}}<br />
<br />
{{Zitat |Es ist dies die Aufhebung der kapitalistischen Produktionsweise innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise selbst, und daher ein sich selbst aufhebender Widerspruch, der prima facie als bloßer Übergangspunkt zu einer neuen Produktionsform sich darstellt. Als solcher Widerspruch stellt er sich dann auch in der Erscheinung dar. Er stellt in gewissen Sphären das Monopol her und fordert daher die Staatseinmischung heraus. Er reproduziert eine neue Finanzaristokratie, eine neue Sorte Parasiten in Gestalt von Projektenmachern, Gründern und bloß nominellen Direktoren; ein ganzes System des Schwindels und Betrugs mit Bezug auf Gründungen, Aktienausgabe und Aktienhandel. Es ist Privatproduktion ohne die Kontrolle des Privateigentums.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.454)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Der Kredit bietet dem einzelnen Kapitalisten absolute Verfügung über fremdes Kapital in gewissen Schranken, er ermöglicht die Verfügung über gesellschaftliches, nicht eigenes Kapital, und damit über fremde Arbeit.<br/>Das Kapital wird zur reinen Basis für den Kreditüberbau.<br />
<br />
{{Zitat |IV. Abgesehn von dem Aktienwesen – das eine Aufhebung der kapitalistischen Privatindustrie auf Grundlage des kapitalistischen Systems selbst ist, und in demselben Umfang, worin es sich ausdehnt und neue Produktionssphären ergreift, die Privatindustrie vernichtet – , bietet der Kredit dem einzelnen Kapitalisten, oder dem, der für einen Kapitalisten gilt, eine innerhalb gewisser Schranken absolute Verfügung über fremdes Kapital und fremdes Eigentum, und dadurch über fremde Arbeit.87 Verfügung über gesellschaftliches, nicht eignes Kapital, gibt ihm Verfügung über gesellschaftliche Arbeit. Das Kapital selbst, das man wirklich oder in der Meinung des Publikums besitzt, wird nur noch die Basis zum Kreditüberbau.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.455)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Die Expropriation (auch der kleineren und mittleren Kapitalisten) ist der Ausgangspunkt der kapitalistischen Produktionsweise. Ihre Durchführung ist ihr Ziel. In letzter Instanz ist das die Expropriation aller einzelnen von den Produktionsmitteln, die mit der Entwicklung der gesellschaftlichen Produktion aufhören, Produktionsmittel der Privatproduktion zu sein. Sie können nur noch Produktionsmittel in der Hand der assoziierten Produzenten sein, daher ihr gesellschaftliches Eigentum, ebenso wie ihr gesellschaftliches Produkt.<br />
<br />
{{Zitat |Die Expropriation erstreckt sich hier von den unmittelbaren Produzenten auf die kleineren und mittleren Kapitalisten selbst. Diese Expropriation ist der Ausgangspunkt der kapitalistischen Produktionsweise; ihre Durchführung ist ihr Ziel, und zwar in letzter Instanz die Expropriation aller einzelnen von den Produktionsmitteln, die mit der Entwicklung der gesellschaftlichen Produktion aufhören, Mittel der Privatproduktion und Produkte der Privatproduktion zu sein, und die nur noch Produktionsmittel in der Hand der assoziierten Produzenten, daher ihr gesellschaftliches Eigentum, sein können, wie sie ihr gesellschaftliches Produkt sind.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.455f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 8'''<br />
<br />
Im Aktienwesen existiert schon der Gegensatz gegen die alte Form, worin gesellschaftliches Produktionsmittel als individuelles Eigentum erscheint, aber Verwandlung bleibt in kapitalistischen Schranken befangen. Sie überwindet den Gegensatz zwischen dem Charakter des Reichtums als gesellschaftlicher und als Privateigentum nicht, sondern bildet ihn in neuer Gestalt aus.<br />
<br />
{{Zitat |Da das Eigentum hier in der Form der Aktie existiert, wird seine Bewegung und Übertragung reines Resultat des Börsenspiels, wo die kleinen Fische von den Haifischen und die Schafe von den Börsenwölfen verschlungen werden. In dem Aktienwesen existiert schon Gegensatz gegen die alte Form, worin gesellschaftliches Produktionsmittel als individuelles Eigentum erscheint; aber die Verwandlung in die Form der Aktie bleibt selbst noch befangen in den kapitalistischen Schranken; statt daher den Gegensatz zwischen dem Charakter des Reichtums als gesellschaftlicher und als Privatreichtum zu überwinden, bildet sie ihn nur in neuer Gestalt aus.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.456)}}<br />
<br />
'''Annahme 9'''<br />
<br />
Kreditwesen erscheint als Haupthebel der Überproduktion und Überspekulation im Handel, weil er den Reproduktionsprozess bis zur äußersten Grenze forciert.<br/>Großer Teil des gesellschaftlichen Kapitals wird von den Nichteigentümern angewandt, die nicht ängstlich ans Zeug gehen wie der Eigentümer seines Privatkapitals. Verwertung des Kapitals erlaubt freie Entfaltung nur bis zu einem gewissen Punkt, der durch das Kreditwesen durchbrochen wird. Das Kreditwesen beschleunigt die materielle Entwicklung der Produktivkräfte und die Herstellung des Weltmarkts, die als materielle Grundlagen der neuen Produktionsform bis auf einen gewissen Höhegrad herzustellen, die Aufgabe der kapitalistischen Produktionsweise ist.<br/>Der Kredit beschleunigt gleichzeitig die gewaltsamen Ausbrüche des Widerspruchs, die Krisen und damit die Elemente der Auflösung der alten Produktionsweise.<br />
<br />
{{Zitat |Wenn das Kreditwesen als Haupthebel der Überproduktion und Überspekulation im Handel erscheint, so nur, weil der Reproduktionsprozeß, der seiner Natur nach elastisch ist, hier bis zur äußersten Grenze forciert wird, und zwar deshalb forciert wird, weil ein großer Teil des gesellschaftlichen Kapitals von den Nichteigentümern desselben angewandt wird, die daher ganz anders ins Zeug gehn als der ängstlich die Schranken seines Privatkapitals erwägende Eigentümer, soweit er selbst fungiert. Es tritt damit nur hervor, daß die auf den gegensätzlichen Charakter der kapitalistischen Produktion gegründete Verwertung des Kapitals die wirkliche, freie Entwicklung nur bis zu einem gewissen Punkt erlaubt, also in der Tat eine immanente Fessel und Schranke der Produktion bildet, die beständig durch das Kreditwesen durchbrochen wird. Das Kreditwesen beschleunigt daher die materielle Entwicklung der Produktivkräfte und die Herstellung des Weltmarkts, die als materielle Grundlagen der neuen Produktionsform bis auf einen gewissen Höhegrad herzustellen, die historische Aufgabe der kapitalistischen Produktionsweise ist. Gleichzeitig beschleunigt der Kredit die gewaltsamen Ausbrüche dieses Widerspruchs, die Krisen, und damit die Elemente der Auflösung der alten Produktionsweise.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.457)}}<br />
<br />
==Bestandteile des Bankkapitals==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Bankkapital, Wertpapiere, Aktien, Zinstragendes Kapital, Geldrevenue, Fiktives Kapital, Zins, Eigentumstitel, Rechtstitel, Reservefonds der Banken, Bankierkapital<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Bankkapital besteht aus barem Geld, Gold oder Noten, sowie aus Wertpapieren.<br/>Diese teilen sich auf in Wechsel und öffentliche Wertpapiere (Staatspapiere, Schatzscheine, Aktien).<br />
<br />
{{Zitat |Das Bankkapital besteht 1. aus barem Geld, Gold oder Noten, 2. Wertpapieren. Diese können wir wieder in zwei Teile teilen: Handelspapiere, Wechsel, die schwebend sind, von Zeit zu Zeit verfallen und in deren Diskontierung das eigentliche Geschäft des Bankiers gemacht wird; und öffentliche Wertpapiere, wie Staatspapiere, Schatzscheine, Aktien aller Art, kurz zinstragende Papiere, die sich aber wesentlich von den Wechseln unterscheiden.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.481)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Form des zinstragenden Kapitals bringt es mit sich, dass jede regelmäßige Geldrevenue als Zins eines Kapitals erscheint – mag sie aus einem Kapital entspringen oder nicht.<br />
<br />
{{Zitat |Die Form des zinstragenden Kapitals bringt es mit sich, daß jede bestimmte und regelmäßige Geldrevenue als Zins eines Kapitals erscheint, sie mag aus einem Kapital entspringen oder nicht. Erst wird das Geldeinkommen in Zins verwandelt, und mit dem Zins findet sich dann auch das Kapital, woraus es entspringt. Ebenso erscheint mit dem zinstragenden Kapital jede Wertsumme als Kapital, sobald sie nicht als Revenue verausgabt wird; nämlich als Hauptsumme (principal) im Gegensatz zum möglichen oder wirklichen Zins, den sie tragen kann. Die Sache ist einfach: Gesetzt, der Durchschnittszinsfuß sei 5% jährlich. Eine Summe von 500 Pfd.St. würde also jährlich, wenn in zinstragendes Kapital verwandelt, 25 Pfd.St. einbringen. Jede feste jährliche Einnahme von 25 Pfd.St. wird daher als Zins eines Kapitals von 500 Pfd.St. betrachtet.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.482)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Bildung des fiktiven Kapitals nennt man kapitalisieren. Jede wiederholende Einnahme wird nach dem Durchschnittszins berechnet, als Ertrag, den ein Kapital zu diesem Zins ausgeliehen abwerfen würde.<br/>Aller Zusammenhang mit dem wirklichen Verwertungsprozess geht bis auf die letzte Spur verloren, die Vorstellung vom Kapital als einem sich durch sich selbst verwertenden Automaten befestigt sich.<br />
<br />
{{Zitat |Die Bildung des fiktiven Kapitals nennt man kapitalisieren. Man kapitalisiert jede regelmäßig sich wiederholende Einnahme, indem man sie nach dem Durchschnittszinsfuß berechnet, als Ertrag, den ein Kapital, zu diesem Zinsfuß ausgeliehen, abwerfen würde; z.B. wenn die jährliche Einnahme 100 Pfd. St. und der Zinsfuß 5%, so wären die 100 Pfd. St. der jährliche Zins von 2000 Pfd.St., und diese 2000 Pfd.St. gelten nun als der Kapitalwert des juristischen Eigentumstitels auf die 100 Pfd. St. jährlich. für den, der diesen Eigentumstitel kauft, stellen die 100 Pfd. St. jährliche Einnahme dann in der Tat die Verzinsung seines angelegten Kapitals zu 5 % vor. Aller Zusammenhang mit dem wirklichen Verwertungsprozeß des Kapitals geht so bis auf die letzte Spur verloren, und die Vorstellung vom Kapital als einem sich durch sich selbst verwertenden Automaten befestigt sich.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.484)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Die selbständige Bewegung des Werts dieser Eigentumstitel (man kann sie kaufen und verkaufen, PK) bestätigt den Schein, als bildeten sie wirkliches Kapital neben dem Kapital.<br />
<br />
{{Zitat |Die selbständige Bewegung des Werts dieser Eigentumstitel, nicht nur der Staatseffekten, sondern auch der Aktien, bestätigt den Schein, als bildeten sie wirkliches Kapital neben dem Kapital oder dem Anspruch, worauf sie möglicherweise Titel sind. Sie werden nämlich zu Waren, deren Preis eine eigentümliche Bewegung und Festsetzung hat. Ihr Marktwert erhält eine von ihrem Nominalwert verschiedne Bestimmung, ohne daß sich der Wert (wenn auch die Verwertung) des wirklichen Kapitals änderte.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.485)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Diese Papiere stellen nichts dar als akkumulierte Ansprüche, Rechtstitel auf künftige Produktion.<br />
<br />
{{Zitat |Alle diese Papiere stellen in der Tat nichts vor als akkumulierte Ansprüche Rechtstitel, auf künftige Produktion, deren Geld- oder Kapitalwert entweder gar kein Kapital repräsentiert, wie bei den Staatsschulden, oder von dem Wert des wirklichen Kapitals, das sie vorstellen, unabhängig reguliert wird.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.486)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Reservefonds der Banken drücken im Durchschnitt die Größe des als Schatz vorhandenen Gelds aus.<br />
Und ein Teil dieses Schatz besteht aus Anweisungen auf Gold, die aber keine Selbstwerte sind.<br />
Größter Teil des Bankierkapitals ist daher rein fiktiv und besteht aus Schuldforderungen, Staatspapieren und Aktien.<br />
<br />
{{Zitat |Die Reservefonds der Banken, in Ländern entwickelter kapitalistischer Produktion, drücken immer im Durchschnitt die Größe des als Schatz vorhandnen Geldes aus, und ein Teil dieses Schatzes besteht selbst wieder aus Papier, bloßen Anweisungen auf Gold, die aber keine Selbstwerte sind. Der größte Teil des Bankierkapitals ist daher rein fiktiv und besteht aus Schuldforderungen (Wechseln), Staatspapieren (die vergangnes Kapital repräsentieren) und Aktien (Anweisungen auf künftigen Ertrag).| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.487)}}<br />
<br />
==Geldkapital und wirkliches Kapital I==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Das Geldkapital ist Geld das zur Beschaffung von beispielsweise Produktionsmitteln angewandt wird. In der Volkswirtschaftslehre wird es als die Verfügungsmöglichkeit von Geld zur Beschaffung von Investitionsgütern verstanden.<br />
Dieses Geldkapital kann durch Kredite beschaffen werden, womit die Notwendigkeit eines starken Reservekapitals umgangen wird.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Akkumulation, Staatskapital, Leihkapital, Produktivkraftentwicklung, Ausdehnung der Märkte, Kredit, Spekulation, Bankierkredit, Reproduktionsprozess, Warenmetarmophose, industrielles Kapital, Stockung Expansion, Konsumtionsfähigkeit, Geldkredit, Reservekapital, Börse<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Anarchie der kapitalistischen Produktion führt immer zu wiederkehrenden Krisen. Da bei der Produktion Geldkapital gebraucht wird um beispielsweise die Bestandteile des konstanten Kapitals zu ersetzen. Da Leihkapital dieses nötige Geldkapital darstellt nimmt der Kredit auch eine wichtige Rolle ein. Diese Entwicklung wurde auch im dritten Band des Kapitals von Marx schriftlich ausgearbeitet.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Akkumulation von Geldkapital und Geldvermögen hat sich aufgelöst in Akkumulation von Ansprüchen des Eigentums auf Arbeit.<br />
Akkumulation des Kapitals der Staatsschuld heißt die Vermehrung einer Klasse von Staatsgläubigern, die Steuern für sich vorwegzunehmen berechtigt sind.<br />
<br />
{{Zitat |Soweit wir die eigentümliche Form der Akkumulation des Geldkapitals und Geldvermögens überhaupt bis jetzt betrachtet haben, hat sie sich aufgelöst in Akkumulation von Ansprüchen des Eigentums auf die Arbeit. Die Akkumulation des Kapitals der Staatsschuld heißt, wie sich gezeigt hat, weiter nichts als Vermehrung einer Klasse von Staatsgläubigern, die gewisse Summen auf den Betrag der Steuern für sich vorwegzunehmen berechtigt sind.<br/>Sismondi-Fußnote:"Die Staatspapiere sind nichts anderes als das imaginäre Kapital, das der zur Bezahlung der Schulden bestimmte Teil des jährlichen Einkommens darstellt. Ein gleichgroßes Kapital ist vergeudet worden; dieses dient als Nenner für die Anleihe, aber es ist nicht das, was das Staatspapier darstellt; denn das Kapital existiert überhaupt nicht mehr. Mittlerweile müssen neue Reichtümer aus der Arbeit der Industrie entstehen; ein jährlicher Teil dieser Reichtümer wird im voraus denen angewiesen, die jene vergeudeten Reichtümer geliehen hatten; dieser Teil wird durch Steuern jenen abgenommen, die die Reichtümer hervorbringen, um an die Staatsgläubiger gegeben zu werden, und nach dem landesüblichen Verhältnis zwischen Kapital und Zins nimmt man ein imaginäres Kapital an, das ebenso groß ist wie das Kapital, woraus die jährliche Rente entstehen könnte, die die Gläubiger zu bekommen haben." (Sismondi, "Nouveaux Principes", II, p.229, 230.)| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.493f.])}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Die Staatsanleihen und Aktien sind so gesehen lediglich Anlagesphären für das verleihbare Kapital. Doch erfüllen diese Anlagesphären selbst nicht die Funktion von Leihkapital, und sind somit selbst kein Leihkapital.<br />
Dies liegt daran, dass der Industrielle oder Kaufmann nicht die Staatspapiere und Aktien benötigt, sondern Geld.<br />
<br />
{{Zitat |Um die vorliegende Frage auf engere Grenzen zurückzuführen: Staatseffekten wie Aktien und andere Wertpapiere aller Art sind Anlagesphären für verleihbares Kapital, für Kapital, das bestimmt ist, zinstragend zu werden. Sie sind Formen, es auszuleihen. Aber sie sind nicht selbst das Leihkapital, das in ihnen angelegt wird. Andrerseits, soweit der Kredit direkte Rolle im Reproduktionsprozeß spielt: Was der Industrielle oder Kaufmann braucht, wenn er Wechsel diskontiert haben oder eine Anleihe aufnehmen will, sind weder Aktien noch Staatspapiere. Was er braucht, ist Geld. Er versetzt oder verkauft also jene Wertpapiere, wenn er das Geld sich anders nicht beschaffen kann.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.495])}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Durch die voranschreitende Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit werden die Märkte ausgedehnt und somit auch an ferne Orte verlegt. Aus diesem Grund, und da sich die Wechsel länger vollziehen, müssen sich auch die Kredite verlängern. Das spekulative Element in Transaktionen nimmt daher zu.<br/><br />
Die Entwicklung des Produktionsprozesses erweitert so den Kredit, der wiederum zur Ausdehnung der industriellen und merkantilen, resp. kaufmännischen, Operationen führt. Es findet hier somit Wechselwirkung statt.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist aber klar, daß mit der Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit, und daher der Produktion auf großer Stufenleiter, 1. die Märkte sich ausdehnen und vom Produktionsort sich entfernen, 2. daher die Kredite sich verlängern müssen, und also 3. das spekulative Element mehr und mehr die Transaktionen beherrschen muß. Die Produktion auf großer Stufenleiter und für entfernte Märkte wirft das Gesamtprodukt in die Hand des Handels; es ist aber unmöglich, daß sich das Kapital der Nation verdopple, so daß der Handel für sich fähig wäre, mit eignem Kapital das gesamte nationale Produkt aufzukaufen und wieder zu verkaufen. Kredit ist hier also unerläßlich; Kredit, dem Umfang nach wachsend mit dem wachsenden Wertumfang der Produktion, und der Zeitdauer nach mit der zunehmenden Entfernung der Märkte. Es findet hier Wechselwirkung statt. Die Entwicklung des Produktionsprozesses erweitert den Kredit, und der Kredit führt zur Ausdehnung der industriellen und merkantilen Operationen.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.498])}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der vom Bankierkredit getrennte Kredit wächst mit dem Umfang des industriellen Kapitals. Diese geliehenen Kapitale sind Warenkapitale und somit Kapital, dass sich in einer bestimmten Phase des Reproduktionsprozesses befindet.<br />
<br />
{{Zitat |Betrachten wir diesen Kredit, getrennt vom Bankierkredit, so ist klar, daß er wächst mit dem Umfang des industriellen Kapitals selbst. Leihkapital und industrielles Kapital sind hier identisch; die geliehenen Kapitale sind Warenkapitale, bestimmt entweder für schließliche individuelle Konsumtion oder zum Ersatz der konstanten Elemente von produktivem Kapital. Was hier also als geliehenes Kapital erscheint, ist immer Kapital, das sich in einer bestimmten Phase des Reproduktionsprozesses befindet, aber durch Kauf und Verkauf aus einer Hand in die andre übergeht, während das Äquivalent dafür [von] dem Käufer erst später zu bedungner Frist gezahlt wird.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.498])}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Viel Kredit innerhalb des reproduktiven Kreislaufs bedeutet eine große Beschäftigung von Kapital im Reproduktionsprozess, wenn die Metamorphose der Ware durch den Kredit vermittelt wird. Der Kredit vermittelt den Übergang des industriellen Kapitals in eine andere Phase.<br />
Der Kredit ist somit nicht unbeschäftigtes Kapital, sondern Beschäftigung von Kapital im Reproduktionsprozess.<br />
<br />
{{Zitat |Was demnach hier verliehen wird, ist nie unbeschäftigtes Kapital, sondern Kapital, das in der Hand seines Besitzers seine Form ändern muß, das in einer Form existiert, worin es für ihn bloßes Warenkapital ist, d.h. Kapital, das rückverwandelt, und zwar wenigstens zunächst in Geld umgesetzt werden muß. Es ist somit die Metamorphose der Ware, die hier durch den Kredit vermittelt wird; nicht nur W – G, sondern auch G – W und der wirkliche Produktionsprozeß. Viel Kredit innerhalb des reproduktiven Kreislaufs – abgesehn vom Bankierkredit – heißt nicht: viel unbeschäftigtes Kapital, das zu Anleihen ausgeboten wird und profitliche Anlage sucht, sondern: große Beschäftigung von Kapital im Reproduktionsprozeß. Der Kredit vermittelt hier also 1. soweit die industriellen Kapitalisten in Betracht kommen, den Übergang des industriellen Kapitals aus einer Phase in die andre, den Zusammenhang der zueinander gehörigen und ineinander eingreifenden Produktionssphären; 2. soweit die Kaufleute in Betracht kommen, den Transport und den Übergang der Waren aus einer Hand in die andre bis zu ihrem definitiven Verkauf für Geld oder ihrem Austausch mit einer andern Ware.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.499])}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Solange der Reproduktionsprozess flüssig ist und andauert, dauert auch der Kredit an und dehnt sich aus. Bei einer Stockung durch verzögerte Rückflüsse, überführter Märkte ist Überfluss von industriellem Kapital vorhanden, aber auch eine Masse von unbeschäftigtem fixem Kapital. Das industrielle Kapital existiert allerdings in Form von Warenkapital, das aber unverkäuflich ist.<br />
Der Kredit kontrahiert sich somit, weil das Kapital unbeschäftigt ist und stockt, und weil das Vertrauen in den Reproduktionsprozesses gebrochen ist und die Nachfrage nach einem kommerziellen Kredit abnimmt.<br />
<br />
{{Zitat |Solange der Reproduktionsprozeß flüssig und damit der Rückfluss gesichert bleibt, dauert dieser Kredit und dehnt sich aus, und seine Ausdehnung ist basiert auf die Ausdehnung des Reproduktionsprozesses selbst. Sobald eine Stockung eintritt, infolge verzögerter Rückflüsse, überführter Märkte, gefallner Preise, ist Überfluß von industriellem Kapital vorhanden, aber in einer Form, worin es seine Funktion nicht vollziehn kann. Masse von Warenkapital, aber unverkäuflich. Masse von fixem Kapital, aber durch Stockung der Reproduktion großenteils unbeschäftigt. Der Kredit kontrahiert sich, 1. weil dies Kapital unbeschäftigt ist, d.h. in einer seiner Reproduktionsphasen stockt, weil es seine Metamorphose nicht vollziehn kann; 2. weil das Vertrauen in die Flüssigkeit des Reproduktionsprozesses gebrochen ist; 3. weil die Nachfrage nach diesem kommerziellen Kredit abnimmt. Der Spinner, der seine Produktion einschränkt und eine Masse unverkauftes Garn auf Lager hat, braucht keine Baumwolle auf Kredit zu kaufen; der Kaufmann braucht keine Waren auf Kredit zu kaufen, weil er deren schon mehr als genug hat.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.500])}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Bei einer Störung der Expansion des Reproduktionsprozesses kommt es zu einem Kreditmangel, wodurch Waren schwerer auf Kredit zu erhalten sind. In der Krise sind die Masse des unbeschäftigten Kapitals im Reproduktionsprozess und der erwähnte Kreditmangel am größten.<br />
Fabriken stehen still, Rohstoffe häufen sich auf, und fertige Produkte überfüllen den Markt, da ein Überfluss von unbeschäftigtem produktivem Kapital herrscht.<br />
<br />
{{Zitat |Tritt also Störung in dieser Expansion oder auch nur in der normalen Anspannung des Reproduktionsprozesses ein, so damit auch Kreditmangel; Waren sind schwerer auf Kredit zu erhalten. Besonders aber ist das Verlangen nach barer Zahlung und die Vorsicht im Kreditverkauf charakteristisch für die Phase des industriellen Zyklus, die auf den Krach folgt. In der Krisis selbst, da jeder zu verkaufen hat und nicht verkaufen kann und doch verkaufen muß, um zu zahlen, ist die Masse, nicht des unbeschäftigten, unterzubringenden Kapitals, sondern die des in seinem Reproduktionsprozeß gehemmten Kapitals gerade dann am größten, wenn auch der Kreditmangel am größten ist (und daher bei Bankierkredit die Diskontorate am höchsten). Das schon ausgelegte Kapital ist dann in der Tat massenweis unbeschäftigt, weil der Reproduktionsprozeß stockt. Fabriken stehn still, Rohstoffe häufen sich auf, fertige Produkte überfüllen als Waren den Markt. Es ist also nichts falscher, als solchen Zustand einem Mangel an produktivem Kapital zuzuschreiben. Es ist gerade dann Überfluß von produktivem Kapital vorhanden, teils in bezug auf den normalen, aber augenblicklich kontrahierten Maßstab der Reproduktion, teils in bezug auf die gelähmte Konsumtion.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.500])}}<br />
<br />
'''Annahme 8'''<br />
<br />
Der Ersatz von angelegten Kapitalen in der Produktion, hängt größtenteils von der Konsumtionsfähigkeit der nicht produktiven Klassen ab, während die Konsumtionsfähigkeit der Arbeiter durch die Gesetze des Arbeitslohns und durch das Maß der Anwendung ihrer Arbeitskraft begrenzt ist, in denen sie der Bourgeoisie Profit bringen.<br />
Deswegen bleibt der letzte Grund aller wirklichen Krisen immer „die Armut und Konsumtionsbeschränkung der Massen gegenüber dem Trieb der kapitalistischen Produktion“.<br />
Wirklicher Mangel an produktivem Kapital kann nur bei Missernten von Nahrungsmitteln und Rohstoffen entstehen (s. Annahme 7).<br />
<br />
{{Zitat |Wie aber die Dinge liegen, hängt der Ersatz der in der Produktion angelegten Kapitale großenteils ab von der Konsumtionsfähigkeit der nicht produktiven Klassen; während die Konsumtionsfähigkeit der Arbeiter teils durch die Gesetze des Arbeitslohns, teils dadurch beschränkt ist, daß sie nur solange angewandt werden, als sie mit Profit für die Kapitalistenklasse angewandt werden können. Der letzte Grund aller wirklichen Krisen bleibt immer die Armut und Konsumtionsbeschränkung der Massen gegenüber dem Trieb der kapitalistischen Produktion, die Produktivkräfte so zu entwickeln, als ob nur die absolute Konsumtionsfähigkeit der Gesellschaft ihre Grenze bilde.<br/>Von wirklichem Mangel an produktivem Kapital, wenigstens bei kapitalistisch entwickelten Nationen, kann nur gesprochen werden bei allgemeinen Mißernten, sei es der Hauptnahrungsmittel, sei es der hauptsächlichsten industriellen Rohstoffe.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.501])}}<br />
<br />
'''Annahme 9'''<br />
<br />
Zum kommerziellen Kredit kommt der eigentliche Geldkredit hinzu.<br />
Durch das Vorschießen des Gelds durch die Bankiers wird für jeden industriellen Fabrikanten oder Kaufmann die Notwendigkeit eines starken Reservekapitals umgangen. Aber der Prozess verkompliziert sich soweit, dass durch Wechselreiterei etc. der Schein eines soliden Geschäfts weiterexistieren kann, nachdem die Rückflüsse nur auf Kosten geprellter Geldverleiher und Produzenten gemacht worden sind.<br />
Das gesamte Geschäft macht deswegen einen gesunden Anschein, gerade unmittelbar vor dem Krach.<br />
<br />
{{Zitat |Es kommt aber nun zu diesem kommerziellen Kredit der eigentliche Geldkredit hinzu. Das Vorschießen der Industriellen und Kaufleute untereinander verquickt sich mit dem Vorschießen des Geldes an sie seitens der Bankiers und Geldverleiher. […] So wird für jeden individuellen Fabrikanten oder Kaufmann sowohl die Notwendigkeit eines starken Reservekapitals umgangen, wie die Abhängigkeit von den wirklichen Rückflüssen. Andrerseits aber kompliziert sich teils durch einfache Wechselreiterei, teils durch Warengeschäfte zum Zweck der bloßen Wechselfabrikation der ganze Prozeß so sehr, daß der Schein eines sehr soliden Geschäfts und flotter Rückflüsse noch ruhig fortexistieren kann, nachdem die Rückflüsse in der Tat schon längst nur noch auf Kosten teils geprellter Geldverleiher, teils geprellter Produzenten gemacht worden sind. Daher scheint immer das Geschäft fast übertrieben gesund gerade unmittelbar vor dem Krach.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.501])}}<br />
<br />
'''Annahme 10'''<br />
<br />
Eine unwissende und verkehrte Bankgesetzgebung kann die Krise erschweren, aber keine Bankgesetzgebung ist in der Lage die Krise zu beseitigen.<br />
<br />
{{Zitat |Daß es in der Periode der Krise an Zahlungsmitteln fehlt, ist selbsteinleuchtend. Die Konvertibilität der Wechsel hat sich substituiert der Metamorphose der Waren selbst, und grade zu solcher Zeit um so mehr, je mehr ein Teil der Geschäftshäuser bloß auf Kredit arbeitet. Unwissende und verkehrte Bankgesetzgebung, wie die von 1844/45, kann diese Geldkrise erschweren. Aber keine Art Bankgesetzgebung kann die Krise beseitigen.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.507f.])}}<br />
<br />
'''Annahme 11'''<br />
<br />
Das Warenkapital verliert in der Krise und großen Stockungen, seine Eigenschaft ein potentielles Geldkapital darzustellen.<br />
Dasselbe gilt auch für das fiktive Kapital. Dieses fiktive Geldkapital ist in Krisen enorm vermindert, doch hat diese Verminderung der Geldnamen – des Preises – von Wertpapieren nichts mit dem wirklichen Kapital zu tun, aber viel mehr mit der Zahlungsfähigkeit seiner Eigner.<br />
<br />
{{Zitat |Aus dem Gesagten ergibt sich, daß das Warenkapital seine Eigenschaft, potentielles Geldkapital darzustellen, in der Krise und überhaupt in Geschäftsstockungen in großem Maß verliert. Dasselbe gilt von dem fiktiven Kapital, den zinstragenden Papieren, soweit diese selbst als Geldkapitale auf der Börse zirkulieren. Mit dem steigenden Zins fällt ihr Preis. Er fällt ferner durch den allgemeinen Kreditmangel, der ihre Eigner zwingt, sie massenweis auf dem Markt loszuschlagen, um sich Geld zu verschaffen. Er fällt endlich bei Aktien, teils infolge der Abnahme der Revenuen, worauf sie Anweisungen sind, teils infolge des Schwindelcharakters der Unternehmungen, die sie oft genug repräsentieren. Dies fiktive Geldkapital ist in Krisen enorm vermindert, und damit die Macht seiner Eigner, Geld darauf im Markt aufzunehmen. Die Verminderung der Geldnamen dieser Wertpapiere im Kurszettel hat jedoch nichts zu tun mit dem wirklichen Kapital, das sie vorstellen, dagegen sehr viel mit der Zahlungsfähigkeit seiner Eigner.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.510])}}<br />
<br />
'''Annahme 12'''<br />
<br />
Die Bedeutung der Börse ist enorm gestiegen, da sich die gesamte Produktion, der Verkehr, die Kommunikationsmittel, usw. zunehmend in den Händen von Börsianer konzentriert.<br />
Dadurch wird die Börse zur hervorragendsten Vertreterin der kapitalistischen Produktion.<br />
<br />
{{Zitat |1. Aus dem 3.Bd., 5.Abschnitt, besonders Kapitel [27], geht hervor, welche Stellung die Börse in der kapitalistischen Produktion überhaupt einnimmt. Nun ist aber seit 1865, wo das Buch verfaßt, eine Veränderung eingetreten, die der Börse heute eine um ein Bedeutendes gesteigerte und noch stets wachsende Rolle zuweist und die bei der ferneren Entwicklung die Tendenz hat, die gesamte Produktion, industrielle wie agrikulturelle, und den gesamten Verkehr, Kommunikationsmittel wie Austauschfunktion, in den Händen von Börsianern zu konzentrieren, so daß die Börse die hervorragendste Vertreterin der kapitalistischen Produktion selbst wird.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.917])}}<br />
<br />
'''Annahme 13'''<br />
<br />
Die Akkumulation des Kapitals vollzieht sich mit stets wachsender Schnelligkeit, auch schneller als die Ausdehnung der eigentlichen Produktion.<br />
Die Akkumulation des einzelnen Kapitalisten konnte, resp. kann, somit nicht in der Vergrößerung seines eigenen Geschäfts volle Verwendung finden.<br />
<br />
{{Zitat |3. Jetzt anders. Die Akkumulation ist seit der Krise von 1866 mit einer stets wachsenden Schnelligkeit vorgegangen, und zwar so, daß in keinem Industrieland, am wenigsten England, die Ausdehnung der Produktion mit der der Akkumulation Schritt halten, die Akkumulation des einzelnen Kapitalisten in der Vergrößerung seines eigenen Geschäfts volle Verwendung finden konnte| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.917f.])}}<br />
<br />
== Quellen ==<br />
<br />
Marx, Karl: MEW Bd. 23-25, Das Kapital in: Marx wirklich studieren, URL: https://marx-wirklich-studieren.net/marx-engels-werke-als-pdf-zum-download/ (06.01.2019).<br />
<br />
[[Kategorie: AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
[[Kategorie: Grundannahmen]]<br />
[[Kategorie: Grundannahme AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]</div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Politische_%C3%96konomie_des_Kapitalismus&diff=7028Politische Ökonomie des Kapitalismus2020-02-16T10:26:14Z<p>Mati: /* Bestandteile des Bankkapitals */</p>
<hr />
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<br />
==Ware und ihre Eigenschaften==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Eine Ware ist ein Produkt menschlicher Arbeitskraft, welches für den gesellschaftlichen Austausch produziert wird und menschliche Bedürfnisse befriedigt. Sie Besitzen Gebrauchswert und Tauschwert. Der Gebrauchswert ist qualitativ und beschreibt den Nutzen einer Ware für den Käufer. Der Tauschwert ist quantitativ - er spiegelt eine bestimmte Summe gesellschaftlich notwendiger Arbeit wieder.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Gebrauchswert, Tauschwert, Wert, Konsumtion, Quantitatives Verhältnis, Ware, Produkt, Austausch, Rock, Verhältnis, Erscheinungsform, Arbeitsprodukt, abstrakt menschliche Arbeit, Warenwert, Arbeitszeit, Arbeitskraft, Durchschnitt, Produktionsbedingungen<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Ware und ihrer Eigenschaften wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
Waren haben immer sowohl Gebrauchswert, als auch Tauschwert. Die Trennung in Qualität (Gebrauchswert) und Quantität (Tauschwert) dient lediglich der besseren Erklärbarkeit. Wenn im Folgenden von „Wert“ einer Ware gesprochen wird, meint das nichts „drittes“, sondern die Einheit von Gebrauchs- und Tauschwert.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Eine Ware ist zunächst ein Gegenstand, der menschliche Bedürfnisse aller Art befriedigt, ob als Lebensmittel oder als Produktionsmittel.<br />
<br />
{{Zitat |Die Ware ist zunächst ein äußerer Gegenstand, ein Ding, das durch seine Eigenschaften menschliche Bedürfnisse irgendeiner Art befriedigt. Die Natur dieser Bedürfnisse, ob sie z.B. dem Magen oder der Phantasie entspringen, ändert nichts an der Sache. Es handelt sich hier auch nicht darum, wie die Sache das menschliche Bedürfnis befriedigt, ob unmittelbar als Lebensmittel, d. h. als Gegenstand des Genusses, oder auf einem Umweg, als Produktionsmittel. Jedes nützliche Ding, wie Eisen, Papier usw., ist unter doppeltem Gesichtspunkt zu betrachten, nach Qualität und Quantität.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.49])}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Der Gebrauchswert einer Ware verwirklicht sich im Gebrauch, in seinem Nutzen, abhängig von der Eigenschaft der Ware, von der Qualität der Ware. Zugleich bilden Gebrauchswerte den stofflichen Inhalt des Reichtums. Im Kapitalismus bilden sie zugleich die stofflichen Träger des Tauschwerts. Der Tauschwert erscheint, wenn man verschiedene Gebrauchswerte miteinander tauschen möchte und drückt somit ein quantitatives Verhältnis aus.<br />
<br />
{{Zitat |Die Nützlichkeit eines Dings macht es zum Gebrauchswert. Aber diese Nützlichkeit schwebt nicht in der Luft. Durch die Eigenschaften des Warenkörpers bedingt, existiert sie nicht ohne denselben. Der Warenkörper selbst, wie Eisen, Weizen, Diamant usw., ist daher ein Gebrauchswert oder Gut. Dieser sein Charakter hängt nicht davon ab, ob die Aneignung seiner Gebrauchseigenschaften dem Menschen viel oder wenig Arbeit kostet. Bei Betrachtung der Gebrauchswerte wird stets ihre quantitative Bestimmtheit vorausgesetzt, wie Dutzend Uhren, Elle Leinwand, Tonne Eisen usw. Die Gebrauchswerte der Waren liefern das Material einer eignen Disziplin, der Warenkunde. Der Gebrauchswert verwirklicht sich nur im Gebrauch oder der Konsumtion. Gebrauchswerte bilden den stofflichen Inhalt des Reichtums, welches immer seine gesellschaftliche Form sei. In der von uns zu betrachtenden Gesellschaftsform bilden sie zugleich die stofflichen Träger des – Tauschwerts. Der Tauschwert erscheint zunächst als das quantitative Verhältnis, die Proportion, worin sich Gebrauchswerte einer Art gegen Gebrauchswerte anderer Art austauschen, ein Verhältnis, das beständig mit Zeit und Ort wechselt.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.50])}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Der Grund, um überhaupt Produkte zu tauschen, sind ihre unterschiedlichen Gebrauchswerte. In diesem Tauschprozess wird ein Produkt zur Ware.<br />
<br />
{{Zitat |Um Ware zu werden, muß das Produkt dem andern, dem es als Gebrauchswert dient, durch den Austausch übertragen werden. Endlich kann kein Ding Wert sein, ohne Gebrauchsgegenstand zu sein.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.55])}}<br />
<br />
{{Zitat |Wären jene Dinge nicht qualitativ verschiedne Gebrauchswerte und daher Produkte qualitativ verschiedner nützlicher Arbeiten, so könnten sie sich überhaupt nicht als Waren gegenübertreten. Rock tauscht sich nicht aus gegen Rock, derselbe Gebrauchswert nicht gegen denselben Gebrauchswert.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.56])}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Eine gewisse Ware lässt sich in einem bestimmten Verhältnis mit einer anderen Ware tauschen, z. B. x kg Weizen gegen y kg Kartoffeln oder z kg Möhren. Also hat der Weizen unzählig viele Tauschwerte. Die Tauschwerte müssen aber auch etwas Gleiches haben, um vergleichbar zu sein, der Tauschwert kann also nur die "Erscheinungsform" eines Dritten sein.<br />
<br />
{{Zitat |Eine gewisse Ware, ein Quarter Weizen z.B. tauscht, sich mit x Stiefelwichse oder mit y Seide oder mit z Gold usw., kurz mit andern Waren in den verschiedensten Proportionen. Mannigfache Tauschwerte also hat der Weizen statt eines einzigen. Aber da x Stiefelwichse, ebenso y Seide, ebenso z Gold usw. der Tauschwert von einem Quarter Weizen ist, müssen y Stiefelwichse, y Seide, z Gold usw. durch einander ersetzbare oder einander gleich große Tauschwerte sein. Es folgt daher erstens: Die gültigen Tauschwerte derselben Ware drücken ein Gleiches aus. Zweitens aber: Der Tauschwert kann überhaupt nur die Ausdrucksweise, die ‚Erscheinungsform‛ eines von ihm unterscheidbaren Gehalts sein.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.51])}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Alle Gebrauchswerte sind Arbeitsprodukte und damit auf abstrakte Arbeit reduzierbar. Diese Arbeit produziert Wert, Warenwert. Das Gemeinsame der unterschiedlichen Waren, was sich beim Tauschen darstellt, ist also ihr Wert.<br />
<br />
{{Zitat |Sieht man nun vom Gebrauchswert der Warenkörper ab, so bleibt ihnen nur noch eine Eigenschaft, die von Arbeitsprodukten. Jedoch ist uns auch das Arbeitsprodukt bereits in der Hand verwandelt. Abstrahieren wir von seinem Gebrauchswert, so abstrahieren wir auch von den körperlichen Bestandteilen und Formen, die es zum Gebrauchswert machen. Es ist nicht länger Tisch oder Haus oder Garn oder sonst ein nützlich Ding. Alle seine sinnlichen Beschaffenheiten sind ausgelöscht. Es ist auch nicht länger das Produkt der Tischlerarbeit oder der Bauarbeit oder der Spinnarbeit oder sonst einer bestimmten produktiven Arbeit. Mit dem nützlichen Charakter der Arbeitsprodukte verschwindet der nützliche Charakter der in ihnen dargestellten Arbeiten, es verschwinden also auch die verschiedenen konkreten Formen dieser Arbeiten, sie unterscheiden sich nicht länger, sondern sind allzusamt reduziert auf gleiche menschliche Arbeit, abstrakt menschliche Arbeit. […] Als Kristalle dieser ihnen gemeinschaftlichen gesellschaftlichen Substanz sind sie Werte – Warenwerte.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.52)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Die Größe des Werts misst sich an der Quantität der Arbeit, an der Arbeitszeit in Minuten, Stunden, Tagen etc.<br />
<br />
{{Zitat |Ein Gebrauchswert oder Gut hat also nur einen Wert, weil abstrakt menschliche Arbeit in ihm vergegenständlicht oder materialisiert ist. Wie nun die Größe seines Werts messen? Durch das Quantum der in ihm enthaltenen ‚wertbildenden Substanz‛, der Arbeit. Die Quantität der Arbeit selbst mißt sich an ihrer Zeitdauer, und die Arbeitszeit besitzt wieder ihren Maßstab an bestimmten Zeitteilen, wie Stunde, Tag usw.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.53)}}<br />
<br />
'''Annahme 7 '''<br />
<br />
Die Arbeitszeit für den Wert einer Ware bemisst sich nicht nach einem individuellen (faulen, schnellen, ungeschickten) Arbeiter, sondern an der durchschnittlich gesellschaftlich notwendigen Dauer zur Erstellung dieser Ware unter normalen Produktionsbedingungen.<br />
<br />
{{Zitat |Die gesamte Arbeitskraft der Gesellschaft, die sich in den Werten der Warenwelt darstellt, gilt hier als eine und dieselbe menschliche Arbeitskraft, obgleich sie aus zahllosen individuellen Arbeitskräften besteht. Jede dieser individuellen Arbeitskräfte ist dieselbe menschliche Arbeitskraft wie die andere, soweit sie den Charakter einer gesellschaftlichen Durchschnitts-Arbeitskraft besitzt und als solche gesellschaftliche Durchschnitts-Arbeitskraft wirkt, also in der Produktion einer Ware auch nur die im Durchschnitt notwendige oder gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit braucht. Gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit ist Arbeitszeit, erheischt, um irgendeinen Gebrauchswert mit den vorhandenen gesellschaftlich- normalen Produktionsbedingungen und dem gesellschaftlichen Durchschnittsgrad von Geschick und Intensität der Arbeit darzustellen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.53)}}<br />
<br />
==Arbeitswerttheorie/ Wertgesetz==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Arbeitswerttheorie besagt, dass sich der Wert der Waren entsprechend der zu ihrer Produktion notwendigen Menge gesellschaftlich notwendiger Arbeit bemisst und sie sich dementsprechend austauschen. Das Wertgesetz wirkt innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise als Regulator der Produktion- es treibt die Warenproduzenten an, den gesellschaftlich notwendigen Arbeitsaufwand zu senken und bewegt die gesellschaftliche Produktion in die Bereiche, die am meisten Profit versprechen. Dadurch wird auch bestimmt, welcher Teil gesellschaftlich vorhandener Arbeitszeit für die Produktion der einzelnen Waren verwendet wird.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Wertgröße, Arbeitszeit, Produktivkraft, Wert, Preise, Wertgesetz<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Arbeitswerttheorie/ des Wertgesetzes wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt. Das Wertgesetz wirkt innerhalb der kapitalistischen Produktion spontan als ökonomischer Regulator, was zur Folge hat, dass über das Schwanken der Marktpreise (als Erscheinungsform des Wertes) sich die Produktion hin zur größten Nachfrage und weg vom Überangebot verlagert und so gesellschaftliche Arbeitszeit durch bspw. Nichteinsatz vergeudet wird. Diese destriktive Wirkung wird in Zeiten von Überproduktionskrisen. Unter der Bedingung kapitalistischer Monopole finden sich veränderte Bedingungen für Form und Wirkung des Wertgesetzes.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Der Grad der Entwicklung der Produktivkraft beeinflusst die Arbeitszeit, die zur Herstellung einer Ware nötig ist und somit beeinflusst sie auch die Wertgröße der Ware und ihren Preis: Je größer die Produktivkraft, umso kürzer die benötigte Arbeitszeit, umso kleiner der Wert der Ware, umso kleiner der Preis. Diese Bewegung ist durch das Wertgesetz bestimmt<br />
<br />
{{Zitat |Die Wertgröße einer Ware bliebe daher konstant, wäre die zu ihrer Produktion erheischte Arbeitszeit konstant. Letztere wechselt aber mit jedem Wechsel in der Produktivkraft der Arbeit.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.54)}}<br />
<br />
{{Zitat |Je größer die Produktivkraft der Arbeit, desto kleiner die zur Herstellung eines Artikels erheischte Arbeitszeit, desto kleiner die in ihm kristallisierte Arbeitsmasse, desto kleiner sein Wert. Umgekehrt, je kleiner die Produktivkraft der Arbeit, desto größer die zur Herstellung eines Artikels notwendige Arbeitszeit, desto größer sein Wert. Die Wertgröße einer Ware wechselt also direkt wie das Quantum und umgekehrt wie die Produktivkraft der sich in ihr verwirklichenden Arbeit.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.55)}}<br />
<br />
{{Zitat |In welcher Weise immer die Preise der verschiedenen Waren zuerst gegeneinander festgesetzt oder geregelt sein mögen, das Wertgesetz beherrscht ihre Bewegung. Wo die zu ihrer Produktion erheischte Arbeitszeit fällt, fallen die Preise; wo sie steigt, steigen die Preise, bei sonst gleichbleibenden Umständen.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.186)}}<br />
<br />
== Warenproduktion und gesellschaftliche Teilung der Arbeit ==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Warenproduktion hat ihre objektive Grundlage und historische Bedingung in der gesellschaftlichen Arbeitsteilung. Ab einem gewissen Stand der Produktivkraftentwicklung werden Produkte nicht für den Eigenverbrauch, sondern für den gesellschaftlichen Austausch produziert: die Produkte menschlicher Arbeitskraft werden zu Waren.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Arbeitsteilung, Gebrauchswert, nützliche Arbeit, Warenproduzenten, Arbeitsteilung, Warenproduktion, Existenzbedingung<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Warenproduktion und der gesellschaftlichen Teilung der Arbeit wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Die gesellschaftliche Teilung der Arbeit ist die Voraussetzung der Warenproduktion, umgekehrt gilt diese Voraussetzung jedoch nicht. Jeder Produzent stellt Waren unterschiedlicher Gebrauchswerte her, die durch ihre Unterschiedlichkeit tauschbar sind.<br />
<br />
{{Zitat |[…]: in dem Gebrauchswert jeder Ware steckt eine bestimmte zweckmäßig produktive Tätigkeit oder nützliche Arbeit. Gebrauchswerte können sich nicht als Waren gegenübertreten, wenn nicht qualitativ verschiedne nützliche Arbeiten in ihnen stecken. In einer Gesellschaft, deren Produkte allgemein die Form der Ware annehmen, d. h. in einer Gesellschaft von Warenproduzenten, entwickelt sich dieser qualitative Unterschied der nützlichen Arbeiten, welche unabhängig voneinander als Privatgeschäfte selbständiger Produzenten betrieben werden, zu einem vielgliedrigen System, zu einer gesellschaftlichen Teilung der Arbeit.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.57)}}<br />
<br />
{{Zitat |[…] – eine gesellschaftliche Teilung der Arbeit. Sie ist Existenzbedingung der Warenproduktion, obgleich Warenproduktion nicht umgekehrt die Existenzbedingung gesellschaftlicher Arbeitsteilung.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.56)}}<br />
<br />
==Wertform==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Wertform ist jene Form, in der der Wert einer Ware erscheint. Man unterscheidet die relative, die entfaltete und die allgemeine Wertform. Die relative Wertform einer Ware drückt dabei ihr Verhältnis zu einer bestimmten, ihr äquivalenten anderen Ware aus, bsp.: 1Beil= 2 Paar Stiefel. Bei der entfaltetetn Wertform drückt diese sich in mehreren ihr Äquivalenten Waren aus, bsp.: 1Beil = 4Paar Stiefel = 20Sack Stroh = 10Pfund Butter. Bei der allgemeinen Wertform lassen sich die Werte aller Waren in einer einzigen Ware ausdrücken- sie fungiert als allgemeines Äquivalent.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Wertform, Wertverhältnis, Austauschverhältnis, Quantum, Äquivalent<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Wertform wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Der Tauschwert erscheint erst im Austauschverhältnis zweier Waren. Der Wert einer Ware wird im Äquivalent einer anderen quantitativ ausgedrückt.<br />
<br />
{{Zitat |Die einfache Wertform einer Ware ist enthalten in ihrem Wertverhältnis zu einer verschiedenartigen Ware oder im Austauschverhältnis mit derselben. Der Wert der Ware A wird qualitativ ausgedrückt durch die unmittelbare Austauschbarkeit der Ware B mit der Ware A. Er wird quantitativ ausgedrückt durch die Austauschbarkeit eines bestimmten Quantums der Ware B mit dem gegebenen Quantum der Ware A. In andren Worten: Der Wert einer Ware ist selbständig ausgedrückt durch seine Darstellung als ‚Tauschwert‛.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.74)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Einfache Wertform: xWareA = yWareB<br />
<br />
Entfaltete Wertform: xWare = unendliche viele unterschiedliche Waren<br />
<br />
Allgemeine Wertform: viele unterschiedliche Waren = yWareZ (allgemein anerkanntes Äquivalent)<br />
<br />
Es kristallisiert sich eine Ware heraus, die als allgemein gültiges Äquivalent zu allen anderen Waren tauschbar ist.<br />
<br />
{{Zitat |Die einfache oder vereinzelte relative Wertform einer Ware macht eine andre Ware zum einzelnen Äquivalent. Die entfaltete Form des relativen Werts, dieser Ausdruck des Werts einer Ware in allen andren Waren, prägt ihnen die Form verschiedenartiger besonderer Äquivalente auf. Endlich erhält eine besondre Warenart die allgemeine Äquivalentform, weil alle andren Waren sie zum Material ihrer einheitlichen, allgemeinen Wertform machen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.82)}}<br />
<br />
==Geld==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Geld ist eine Ware, die ein spezifisches Äquivalent für alle anderen Waren ist. Sie bringt deren Wert zum Ausdruck und vermittelt deren Austausch. In dieser Eigenschaft besteht ihr spezifischer Gebrauchswert.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Geldform, Wertform, Vergegenständlichte menschliche Arbeit, Ware, Wertausdruck, Zirkulationsmittel, Wertmaß, Tauschwert, Geld, Krise<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition von Geld wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Die Allgemeine Wertform geht über zur Geldform. Geld hat die gesellschaftliche Gültigkeit bekommen, allgemeines Äquivalent zu allen anderen Waren zu sein.<br />
<br />
{{Zitat |Und erst vom Augenblick, wo diese Ausschließung sich endgültig auf eine spezifische Warenart beschränkt, hat die einheitliche relative Wertform der Waren weit objektive Festigkeit und allgemein gesellschaftliche Gültigkeit gewonnen. Die spezifische Warenart nun, mit deren Naturalform die Äquivalentform gesellschaftlich verwächst, wird zur Geldware oder funktioniert als Geld. Es wird ihre spezifisch gesellschaftliche Funktion, und daher ihr gesellschaftliches Monopol, innerhalb der Warenwelt die Rolle des allgemeinen Äquivalents zu spielen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.109)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Da allen Waren vergegenständlichte menschliche Arbeit sind, können sie in dem gleichen Wertmaß, in Geldform oder Preis ausgedrückt werden.<br />
<br />
{{Zitat |Weil alle Waren als Werte vergegenständlichte menschliche Arbeit, daher an und für sich kommensurabel sind, können sie ihre Werte gemeinschaftlich in derselben spezifischen Ware messen und diese dadurch in ihr gemeinschaftliches Wertmaß oder Geld verwandeln. Geld als Wertmaß ist notwendige Erscheinungsform des immanenten Wertmaßes der Waren, der Arbeitszeit. Der Wertausdruck einer Ware in Gold – x Ware A (ist gleich) y Geldware – ist ihre Geldform oder ihr Preis.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.109)}}<br />
<br />
'''Annahme 3 '''<br />
<br />
Die Ware, die als Zirkulationsmittel funktioniert, ist Geld. Geld ist somit die adäquate Daseinsform des Tauschwerts, die alle anderen Waren als bloße Gebrauchswerte fixiert. Dabei ist es gleich, ob das Geld in „leiblicher“ Form (Goldstück) oder ideell auftritt.<br />
<br />
{{Zitat |Die Ware, welche als Wertmaß und daher auch, leiblich oder durch Stellvertreter, als Zirkulationsmittel funktioniert, ist Geld. Gold (resp. Silber) ist daher Geld. Als Geld funktioniert es, einerseits wo es in seiner goldnen (resp. silbernen) Leiblichkeit erscheinen muß, daher als Geldware, also weder bloß ideell, wie im Wertmaß, noch repräsentationsfähig, wie im Zirkulationsmittel; andrerseits wo seine Funktion, ob es selbe nun in eigner Person oder durch Stellvertreter vollziehe, es als alleinige Wertgestalt oder allein adäquates Dasein des Tauschwerts allen andren Waren als bloßen Gebrauchswerten gegenüber fixiert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.143)}}<br />
<br />
'''Annahme 4 '''<br />
<br />
Dadurch dass die Ware Geld nicht nur leiblich, sondern auch ideell als Zahlungsmittel benutzt wird, entsteht ein Widerspruch. Dieser Widerspruch zwischen Ware und Wertgestalt wird sichtbar, wenn dass Geld – durch Produktions- und Handelskrisen – nicht mehr nur repräsentatives Rechengeld sein kann, sondern harte Ware sein muss. Plötzlich wird der Gegensatz zwischen der Ware und ihrer Wertgestalt, dem Geld, bis zum absoluten Widerspruch gesteigert.<br />
<br />
{{Zitat |Die Funktion des Geldes als Zahlungsmittel schließt einen unvermittelten Widerspruch ein. Soweit sich die Zahlungen ausgleichen, funktioniert es nur ideell als Rechengeld oder Maß der Werte. Soweit wirkliche Zahlung zu verrichten, tritt es nicht als Zirkulationsmittel auf, als nur verschwindende und vermittelnde Form des Stoffwechsels, sondern als die individuelle Inkarnation der gesellschaftlichen Arbeit, selbständiges Dasein des Tauschwerts, absolute Ware. Dieser Widerspruch eklatiert in dem Moment der Produktions- und Handelskrisen, der Geldkrise heißt. Sie ereignet sich nur, wo die prozessierende Kette der Zahlungen und ein künstliches System ihrer Ausgleichung völlig entwickelt sind. Mit allgemeineren Störungen dieses Mechanismus, woher sie immer entspringen mögen, schlägt das Geld plötzlich und unvermittelt um aus der nur ideellen Gestalt des Rechengeldes in hartes Geld. Es wird unersetzlich durch profane Waren. Der Gebrauchswert der Ware wird wertlos, und ihr Wert verschwindet vor seiner eignen Wertform.<br/> In der Krise wird der Gegensatz zwischen der Ware und ihrer Wertgestalt, dem Geld, bis zum absoluten Widerspruch gesteigert. Die Erscheinungsform des Geldes ist hier daher auch gleichgültig. Die Geldhungersnot bleibt dieselbe, ob in Gold oder Kreditgeld, Banknoten etwa, zu zahlen ist.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.151)}}<br />
<br />
==Einfache Warenzirkulation==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die einfache Warenzirkulation (W – G – W) beschreibt den Ausgangspunkt des Kapitals. Ihre Voraussetzungen sind die Warenproduktion, die entwickelte Warenzirkulation und der Handel. In der einfachen Warenzirkulation werden Äquivalente getauscht und sie endet somit in der Aneignung von Gebrauchswerten.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Warenzirkulation, Kapital, Handel, Ware, Zirkulation, Konsumtion, Aneignung, Befriedigung<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Einfachen Warenzirkulation wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Warenzirkulation ist Ausgangspunkt des Kapitals. Damit Kapital entstehen kann, braucht es historische Voraussetzungen: Warenproduktion, entwickelte Warenzirkulation und Handel.<br />
<br />
{{Zitat |Die Warenzirkulation ist der Ausgangspunkt des Kapitals. Warenproduktion und entwickelte Warenzirkulation, Handel, bilden die historischen Voraussetzungen, unter denen es entsteht.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.161)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Einfache Warenzirkulation Ware – Geld – Ware (W – G – W) endet in der Aneignung von Gebrauchswerten.<br />
<br />
{{Zitat |Der Kreislauf W – G – W geht aus von dem Extrem einer Ware und schließt ab mit dem Extrem einer andren Ware, die aus der Zirkulation heraus und der Konsumtion anheimfällt. Konsumtion, Befriedigung von Bedürfnissen, mit einem Wort, Gebrauchswert ist daher sein Endzweck.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.164)}}<br />
<br />
{{Zitat |Die einfache Warenzirkulation – der Verkauf für den Kauf – dient zum Mittel für einen außerhalb der Zirkulation liegenden Endzweck, die Aneignung von Gebrauchswerten, die Befriedigung von Bedürfnissen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.167)}}<br />
<br />
==Kapitalkreislauf==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Der Kapitalkreislauf beschreibt die Bewegung des Kapitals in der Produktions- und Zirkulationssphäre. Bei der Bewegung G – W – G wird Geld gegen Ware und Ware gegen Geld getauscht, wobei G und W jeweils verschiedene Existenzweisen des Werts bilden. Durch das Verändern seiner Erscheinungsformen vergrößert sich der Wert, er verwertet sich selbst. Der Prozess endet bei G‘, was den zugesetzten Mehrwert beinhaltet und das Kapital steht somit wieder am Ausgangspunkt seiner endlosen Bewegung.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Zirkulation, Geld, Ware, Geldsumme, Mehrwert, Kapital, Verwertung, Bewegung, Selbstverwertung, Kapitalkreislauf<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition des Kapitalkreislaufs wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Bei der Zirkulation Geld – Ware – Geld (G – W – G) tauscht man Geld gegen Ware, um sie wieder gegen Geld zu tauschen, kurz Austausch von Geld gegen Geld.<br />
<br />
{{Zitat |Sehn wir uns die Zirkulation G – W – G näher an. Sie durchläuft, gleich der einfachen Warenzirkulation, zwei entgegengesetzte Phasen. In der ersten Phase, G – W, Kauf, wird das Geld in Ware verwandelt. In der zweiten Phase, W – G, Verkauf, wird die Ware in Geld rückverwandelt. Die Einheit beider Phasen aber ist die Gesamtbewegung, welche Geld gegen Ware und dieselbe Ware wieder gegen Geld austauscht, Ware kauft, um sie zu verkaufen, oder wenn man die formellen Unterschiede von Kauf und Verkauf vernachlässigt, mit dem Geld Ware und mit der Ware Geld kauft. Das Resultat, worin der ganze Prozeß erlischt, ist Austausch von Geld gegen Geld, G – G.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.162)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Der Prozess G – W – G macht nur Sinn, wenn G quantitativ verschieden ist, wenn G – W – G', wo G' größer als G ist. Den Zuwachs zu G nennt man Mehrwert. In dem Prozess, in dem G zu G' wird, wird G zu Kapital.<br />
<br />
{{Zitat |Eine Geldsumme kann sich von der andren Geldsumme überhaupt nur durch ihre Größe unterscheiden. Der Prozeß G – W – G schuldet seinen Inhalt daher keinem qualitativen Unterschied seiner Extreme, denn sie sind beide Geld, sondern nur ihrer quantitativen Verschiedenheit. Schließlich wird der Zirkulation mehr Geld entzogen, als anfangs hineingeworfen ward. Die zu 100 Pfd.St. gekaufte Baumwolle wird z.B. wieder verkauft zu 100 (plus) 10 Pfd.St. oder 110 Pfd.St. Die vollständige Form dieses Prozesses ist daher G – W – G' , wo G' (gleich) G + A G, d. h. gleich der ursprünglich vorgeschossenen Geldsumme plus einem Inkrement. Dieses Inkrement oder den Überschuß über den ursprünglichen Wert nenne ich – Mehrwert (surplus value). Der ursprünglich vorgeschoßne Wert erhält sich daher nicht nur in der Zirkulation, sondern in ihr verändert er seine Wertgröße, setzt einen Mehrwert zu oder verwertet sich. Und diese Bewegung verwandelt ihn in Kapital.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.165)}}<br />
<br />
'''Annahme 3 '''<br />
<br />
Die Verwertung des Werts ist Ziel und Selbstzweck der Zirkulation des Geldes als Kapital, weshalb der Kreislauf sich unerschöpflich wiederholt. Diese Kreislaufbewegung unterscheidet den Geldbesitzer vom Kapitalisten. <br />
<br />
{{Zitat |Die Zirkulation des Geldes als Kapital ist dagegen Selbstzweck, denn die Verwertung des Werts existiert nur innerhalb dieser stets erneuerten Bewegung. Die Bewegung des Kapitals ist daher maßlos. Als bewußter Träger dieser Bewegung wird der Geldbesitzer Kapitalist.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.167)}}<br />
<br />
'''Annahme 4 '''<br />
<br />
Ware und Geld sind verschiedene Existenzweisen des Werts, im Verändern seiner Erscheinungsformen (Geld – Ware – Geld) vergrößert er sich. Zum ursprünglichen Wert gibt sich Mehrwert dazu, er verwertet sich somit selbst.<br />
<br />
{{Zitat |Die selbständigen Formen, die Geldformen, welche der Wert der Waren in der einfachen Zirkulation annimmt, vermitteln nur den Warenaustausch und verschwinden im Endresultat der Bewegung. In der Zirkulation G – W – G funktionieren dagegen beide, Ware und Geld, nur als verschiedne Existenzweisen des Werts selbst, das Geld seine allgemeine, die Ware seine besondre, sozusagen nur verkleidete Existenzweise. […] Fixiert man die besondren Erscheinungsformen, welche der sich verwertende Wert im Kreislauf seines Lebens abwechselnd annimmt, so erhält man die Erklärungen: Kapital ist Geld, Kapital ist Ware. In der Tat aber wird der Wert hier das Subjekt eines Prozesses, worin er unter dem beständigen Wechsel der Formen von Geld und Ware seine Größe selbst verändert, sich als Mehrwert von sich selbst als ursprünglichem Wert abstößt, sich selbst verwertet. Denn die Bewegung, worin er Mehrwert zusetzt, ist seine eigne Bewegung, seine Verwertung also Selbstverwertung. Er hat die okkulte Qualität erhalten, Wert zu setzen, weil er Wert ist. Er wirft lebendige Junge oder legt wenigstens goldne Eier.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.169)}}<br />
<br />
'''Annahme 5 '''<br />
<br />
Kapitalkreislauf: Wert kommt aus dem Kreislauf, geht wieder in ihn hinein, erhält sich und vergrößert sich (Mehrwert), kommt insgesamt größer aus ihm heraus und beginnt von neuem denselben Kreislauf. Dieser sich verwertende Wert ist Kapital.<br />
<br />
{{Zitat |Der Wert wird also prozessierender Wert, prozessierendes Geld und als solches Kapital. Er kommt aus der Zirkulation her, geht wieder in sie ein, erhält und vervielfältigt sich in ihr, kehrt vergrößert aus ihr zurück und beginnt denselben Kreislauf stets wieder von neuem. G – G ', geldheckendes Geld – money which begets money – lautet die Beschreibung des Kapitals im Munde seiner ersten Dolmetscher, der Merkantilisten.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.170)}}<br />
<br />
==Mehrwert==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Bei der Metamorphose des Werts G – W – G‘ setzt der Wert einen Mehrwert zu. Dieser entspringt aber nicht dem Äquivalententausch und ebensowenig dem Tausch von Nicht-Äquivalenten. Der Warenbesitzer kann den Wert einer Ware nur erhöhen, indem er ihr neuen Wert durch den Einsatz von Arbeit zusetzt.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Tausch, Äquivalent, Mehrwert, Warenaustausch, Kapital, Verteilung, Minderwert, Zirkulation, Arbeit, Mehrwert, Wertbildung<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition des Mehrwerts wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Beim Tausch von Äquivalenten wird kein Mehrwert produziert. Auch beim Tausch von Nicht-Äquivalenten (wenn Käufer über oder unter Wert kauft bzw. Verkäufer unter oder über Wert verkauft) wird kein Mehrwert produziert, da sich dieser kurzfristige Vorteil im Kreislauf wieder aufheben wird.<br />
Die Zirkulation oder der Warenaustausch schafft keinen Wert. Nur Arbeit kann Waren Wert zusetzen, Mehrwert erzeugen.<br />
<br />
{{Zitat |Werden Waren oder Waren und Geld von gleichem Tauschwert, also Äquivalente ausgetauscht, so zieht offenbar keiner mehr Wert aus der Zirkulation heraus, als er in sie hineinwirft. Es findet dann keine Bildung von Mehrwert statt.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.174)}}<br />
<br />
{{Zitat |Die Bildung von Mehrwert und daher die Verwandlung von Geld in Kapital, kann also weder dadurch erklärt werden, daß die Verkäufer die Waren über ihrem Werte verkaufen, noch dadurch, daß die Käufer sie unter ihrem Werte kaufen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.175)}}<br />
<br />
{{Zitat |Der zirkulierende Wert hat sich um kein Atom vergrößert, seine Verteilung zwischen A und B hat sich verändert. Auf der einen Seite erscheint als Mehrwert, was auf der andren Minderwert ist, auf der einen Seite als Plus, was auf der andren als Minus.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.177)}}<br />
<br />
{{Zitat |Man mag sich also drehen und wenden, wie man will, das Fazit bleibt dasselbe. Werden Äquivalente ausgetauscht, so entsteht kein Mehrwert, und werden Nicht-Äquivalente ausgetauscht, so entsteht auch kein Mehrwert. Die Zirkulation oder der Warenaustausch schafft keinen Wert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.177f.)}}<br />
<br />
{{Zitat |Kann aber der Mehrwert anderswoher entspringen als aus der Zirkulation? Die Zirkulation ist die Summe aller Wechselbeziehungen der Warenbesitzer. Außerhalb derselben steht der Warenbesitzer nur noch in Beziehung zu seiner eignen Ware. […] Aber seine Arbeit stellt sich nicht dar im Werte der Ware und einem Überschuß über ihrem eignen Wert, nicht in einem Preise von 10, der zugleich ein Preis von 11, nicht in einem Wert, der größer als er selbst ist. Der Warenbesitzer kann durch seine Arbeit Werte bilden, aber keine sich verwertenden Werte. Er kann den Wert einer Ware erhöhn, indem er vorhandnem Wert neuen Wert durch neue Arbeit zusetzt, z.B. aus Leder Stiefel macht.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.179f.)}}<br />
<br />
==Ware Arbeitskraft==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Ware Arbeitskraft ist die dem Arbeiter eigene Ware. Ob sie körperliche oder geistige Arbeit verrichtet- ihr spezifischer Gebrauchswert ist die Erzeugung von Wert. Ihr Tauschwert richtet sich nach der Summe der notwendigen Lebensmittel, die der Arbeiter braucht, um sich selbst zu reproduzieren und ist abhängig von der Kulturstufe, den Ansprüchen, die der Arbeiter stellt und dem Wert der benötigten Lebensmittel. Steigt der Wert der benötigten Lebensmittel, steigt auch der Wert der Arbeitskraft. Die Minimalgrenze des Werts der Arbeitskraft ist der Wert der täglichen Lebensmittel des Arbeiters. Sinkt der Preis der Arbeitskraft unter diesen Wert, hört der Arbeiter auf, zu existieren.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Arbeitskraft, Wert, Gebrauchswert, Arbeitsvermögen, Kapitalist, Geldbesitzer, Arbeiter, Warenbesitzer, Eigentum, Kapital, Warenmarkt, Freiheit, Ware, Produktion, Reproduktion, Arbeitszeit, Lebensmittel, Grenze, Minimum<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Ware Arbeitskraft wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Der Gebrauchswert der Ware Arbeitskraft ist es Wert zu schaffen. Zur Arbeitskraft zählen alle körperlichen und geistigen Fähigkeiten, die beim Arbeiten benutzt werden.<br />
<br />
{{Zitat |Die Veränderung muß sich also zutragen mit der Ware, die im ersten Akt G – W gekauft wird, aber nicht mit ihrem Wert, denn es werden Äquivalente ausgetauscht, die Ware wird zu ihrem Werte bezahlt. Die Veränderung kann also nur entspringen aus ihrem Gebrauchswert als solchem, d. h. aus ihrem Verbrauch. Um aus dem Verbrauch einer Ware Wert herauszuziehn, müßte unser Geldbesitzer so glücklich sein, innerhalb der Zirkulationssphäre, auf dem Markt, eine Ware zu entdecken, deren Gebrauchswert selbst die eigentümliche Beschaffenheit besäße, Quelle von Wert zu sein, deren wirklicher Verbrauch also selbst Vergegenständlichung von Arbeit wäre, daher Wertschöpfung. Und der Geldbesitzer findet auf dem Markt eine solche spezifische Ware vor – das Arbeitsvermögen oder die Arbeitskraft. Unter Arbeitskraft oder Arbeitsvermögen verstehen wir den Inbegriff der physischen und geistigen Fähigkeiten, die in der Leiblichkeit, der lebendigen Persönlichkeit eines Menschen existieren und die er in Bewegung setzt, sooft er Gebrauchswerte irgendeiner Art produziert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.181)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Der Kapitalist und der Arbeiter begegnen sich als juristisch gleiche Personen, als ebenbürtige Warenbesitzer auf dem Markt. Der einzige Unterschied ist, dass der eine Käufer, der andere Verkäufer ist. Der Arbeiter muss immer Besitzer seiner Ware, also Arbeitskraft, sein und kann sie somit nur für einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung stellen.<br />
<br />
{{Zitat |Er und der Geldbesitzer begegnen sich auf dem Markt und treten in Verhältnis zueinander als ebenbürtige Warenbesitzer, nur dadurch unterschieden, daß der eine Käufer, der andre Verkäufer, beide also juristisch gleiche Personen sind. Die Fortdauer dieses Verhältnisses erheischt, daß der Eigentümer der Arbeitskraft sie stets nur für bestimmte Zeit verkaufe, denn verkauft er sie in Bausch und Bogen, ein für allemal, so verkauft er sich selbst, verwandelt sich aus einem Freien in einen Sklaven, aus einem Warenbesitzer in eine Ware. Er als Person muß sich beständig zu seiner Arbeitskraft als seinem Eigentum und daher seiner eignen Ware verhalten, und das kann er nur, soweit er sie dem Käufer stets nur vorübergehend, für einen bestimmten Zeittermin, zur Verfügung stellt, zum Verbrauch überläßt, also durch ihre Veräußerung nicht auf sein Eigentum an ihr verzichtet.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.182)}}<br />
<br />
'''Annahme 3 '''<br />
<br />
Voraussetzung für die Verwandlung von Geld in Kapital ist, dass es Arbeiter auf dem Warenmarkt gibt. Die Arbeiter müssen über ihre Arbeitskraft als Ware verfügen können und besitzen keine eigenen Produktionsmittel.<br />
<br />
{{Zitat |Zur Verwandlung von Geld in Kapital muß der Geldbesitzer also den freien Arbeiter auf dem Warenmarkt vorfinden, frei in dem Doppelsinn, daß er als freie Person über seine Arbeitskraft als seine Ware verfügt, daß er andrerseits andre Waren nicht zu verkaufen hat, los und ledig, frei ist von allen zur Verwirklichung seiner Arbeitskraft nötigen Sachen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.183)}}<br />
<br />
'''Annahme 4 '''<br />
<br />
Der Wert der Ware Arbeitskraft wird gemessen an dem Wert der Summe der Lebensmittel, die der Arbeiter benötigt, um existieren zu können, sowie sich selbst fortzupflanzen. <br />
<br />
{{Zitat |Die Arbeitskraft existiert nur als Anlage des lebendigen Individuums. Ihre Produktion setzt also seine Existenz voraus. Die Existenz des Individuums gegeben, besteht die Produktion der Arbeitskraft in seiner eignen Reproduktion oder Erhaltung. Zu seiner Erhaltung bedarf das lebendige Individuum einer gewissen Summe von Lebensmitteln. Die zur Produktion der Arbeitskraft notwendige Arbeitszeit löst sich also auf in die zur Produktion dieser Lebensmittel notwendige Arbeitszeit, oder der Wert der Arbeitskraft ist der Wert der zur Erhaltung ihres Besitzers notwendigen Lebensmittel.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.185)}}<br />
<br />
'''Annahme 5 '''<br />
<br />
Besonderheit des Werts der Ware Arbeitskaft: Er ist beeinflussbar; abhängig von der Kulturstufe, den Ansprüchen, die die Arbeiter stellen, die sich historisch entwickelt haben und als natürliche Bedürfnisse gelten.<br />
<br />
{{Zitat |Die Summe der Lebensmittel muß also hinreichen, das arbeitende Individuum als arbeitendes Individuum in seinem normalen Lebenszustand zu erhalten. Die natürlichen Bedürfnisse selbst, wie Nahrung, Kleidung, Heizung, Wohnung usw., sind verschieden je nach den klimatischen und andren natürlichen Eigentümlichkeiten eines Landes. Andrerseits ist der Umfang sog. notwendiger Bedürfnisse, wie die Art ihrer Befriedigung, selbst ein historisches Produkt und hängt daher großenteils von der Kulturstufe eines Landes, unter andrem auch wesentlich davon ab, unter welchen Bedingungen, und daher mit welchen Gewohnheiten und Lebensansprüchen die Klasse der freien Arbeiter sich gebildet hat. Im Gegensatz zu den andren Waren enthält also die Wertbestimmung der Arbeitskraft ein historisches und moralisches Element. Für ein bestimmtes Land, zu einer bestimmten Periode jedoch, ist der Durchschnitts-Umkreis der notwendigen Lebensmittel gegeben.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.185)}}<br />
<br />
'''Annahme 6 '''<br />
<br />
Da der Wert der Ware Arbeitskraft an der Summe der Lebensmittel gemessen wird, die der Arbeiter zur Reproduktion seiner Arbeitskraft benötigt, verändert sich dieser Wert, wenn der Wert der Lebensmittel sich verändert.<br />
<br />
{{Zitat |Der Wert der Arbeitskraft löst sich auf in den Wert einer bestimmten Summe von Lebensmitteln. Er wechselt daher auch mit dem Wert dieser Lebensmittel, d. h. der Größe der zu ihrer Produktion erheischten Arbeitszeit.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.186)}}<br />
<br />
'''Annahme 7 '''<br />
<br />
Die Minimalgrenze des Werts der Ware Arbeitskraft ist erreicht, wenn ein Sinken des Preises der Arbeitskraft dazu führen würde, dass die tägliche Reproduktion des Arbeiters nicht mehr gewährleistet wäre und er sterben müsste. <br />
<br />
{{Zitat |Die letzte Grenze oder Minimalgrenze des Werts der Arbeitskraft wird gebildet durch den Wert einer Warenmasse, ohne deren tägliche Zufuhr der Träger der Arbeitskraft, der Mensch, seinen Lebensprozeß nicht erneuern kann, also durch den Wert der physisch unentbehrlichen Lebensmittel.<br/> Sinkt der Preis der Arbeitskraft auf dieses Minimum, so sinkt er unter ihren Wert, denn sie kann sich so nur in verkümmerter Form erhalten und entwickeln. Der Wert jeder Ware ist aber bestimmt durch die Arbeitszeit, erfordert, um sie in normaler Güte zu liefern.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.187)}}<br />
<br />
==Konstantes und variables Kapital==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Das im Arbeitsprozess eingesetzte Kapital unterteilt sich in konstantes und variables Kapital. Das konstante Kapital (k) wird dabei gebildet aus dem eingesetzten Rohmaterial, der Hilfsstoffe und den Arbeitsmitteln. Das variable Kapital (v) bildet sich aus der bezahlten Arbeitskraft. Während das variable Kapital einerseits den Wert des konstanten Kapitals auf das Arbeitsprodukt überträgt und sein eigenes Äquivalent, schafft es zusätzlich Mehrwert. Es verändert also seine Wertgröße. Die Wertgröße des konstanten Kapitals verändert sich hingegen nicht.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Arbeitskraft, lebendige Arbeit, Kapital, Produktionsmittel, Verausgabung, Produkt, Wert, Konstantes Kapital, Variables Kapital, Verwertungsprozess, Wertzusammensetzung, Technische Zusammensetzung des Kapitals, Organische Zusammensetzung des Kapitals<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition des konstanten und variablen Kapitals wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Im Arbeitsprozess überträgt der Arbeiter den Wert der verwendeten Produktionsmittel (Rohstoffe, Hilfsstoffe, Teilwert der verwendeten Maschinen) und schafft neuen Wert durch seine hinzugefügte Arbeit.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist also eine Naturgabe der sich betätigenden Arbeitskraft, der lebendigen Arbeit, Wert zu erhalten, indem sie Wert zusetzt, eine Naturgabe, die dem Arbeiter nichts kostet, aber dem Kapitalisten viel einbringt, die Erhaltung des vorhandnen Kapitalwerts.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.221)}}<br />
<br />
{{Zitat |In ihrer abstrakten, allgemeinen Eigenschaft also, als Verausgabung menschlicher Arbeitskraft, setzt die Arbeit des Spinners den Werten von Baumwolle und Spindel Neuwert zu, und in ihrer konkreten, besondren, nützlichen Eigenschaft als Spinnprozeß, überträgt sie den Wert dieser Produktionsmittel auf das Produkt und erhält so ihren Wert im Produkt. Daher die Doppelseitigkeit ihres Resultats in demselben Zeitpunkt. Durch das bloß quantitative Zusetzen von Arbeit wird neuer Wert zugesetzt, durch die Qualität der zugesetzten Arbeit werden die alten Werte der Produktionsmittel im Produkt erhalten.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.215)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Konstantes Kapital sind Ausgaben für Rohmaterialien, Hilfsstoffe und Arbeitsmittel, die ihre Wertgröße im Produktionsprozess nicht verändern.<br />
Variables Kapital ist die Bezahlung der Arbeitskraft. Die Arbeitskraft überträgt nicht nur ihren eigenen Wert auf das Produkt, sondern schafft zusätzlich neuen (Mehrwert), der mal größer, mal kleiner sein kann.<br />
<br />
{{Zitat |Der Überschuß des Gesamtwerts des Produkts über die Wertsumme seiner Bildungselemente ist der Überschuß des verwerteten Kapitals über den ursprünglich vorgeschoßnen Kapitalwert. Produktionsmittel auf der einen Seite, Arbeitskraft auf der andren sind nur die verschiednen Existenzformen, die der ursprüngliche Kapitalwert annahm bei Abstreifung seiner Geldform und seiner Verwandlung in die Faktoren des Arbeitsprozesses.<br/> Der Teil des Kapitals also, der sich in Produktionsmittel, d. h. in Rohmaterial, Hilfsstoffe und Arbeitsmittel umsetzt, verändert seine Wertgröße nicht im Produktionsprozeß. Ich nenne ihn daher konstanten Kapitalteil, oder kürzer: konstantes Kapital.<br/> Der in Arbeitskraft umgesetzte Teil des Kapitals verändert dagegen seinen Wert im Produktionsprozeß. Er reproduziert sein eignes Äquivalent und einen Überschuß darüber, Mehrwert, der selbst wechseln, größer oder kleiner sein kann. Aus einer konstanten Größe verwandelt sich dieser Teil des Kapitals fortwährend in eine variable. Ich nenne ihn daher variablen Kapitalteil, oder kürzer: variables Kapital. Dieselben Kapitalbestandteile, die sich vom Standpunkt des Arbeitsprozesses als objektive und subjektive Faktoren, als Produktionsmittel und Arbeitskraft unterscheiden, unterscheiden sich vom Standpunkt des Verwertungsprozesses als konstantes Kapital und variables Kapital.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.223f.)}}<br />
<br />
==Die Mehrwertrate==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Mehrwertrate (m‘) drückt das Verhältnis von gewonnener Mehrwertmasse (m) und eingesetzter Arbeitskraft oder variablem Kapital (v) aus, bzw. von Mehrarbeitszeit zu notwendiger Arbeitszeit. Sie beschreibt den Exploitations- bzw. Ausbeutungsgrad der Arbeitskraft.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Konstantes Kapital, Variables Kapital, Mehrwertrate, Exploitationsgrad, Mehrprodukt, Mehrwert<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Mehrwertrate wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Die Mehrwertrate (m´) bestimmt das Verhältnis des Mehrwerts (m) zu den Lohnkosten (v) oder der Mehrarbeitszeit zu der notwenigen Arbeitszeit.(m´) = Mehrwert (m) / variables Kapital (v) oder Mehrarbeitszeit / notwendige Arbeitszeit. Somit lässt sich durch die Mehrwertrate der Ausbeutungsgrad des Arbeiters durch den Kapitalisten bestimmen.<br />
<br />
{{Zitat |Der Mehrwert verhält sich zum variablen Kapital, wie die Mehrarbeit zur notwendigen, oder die Rate des Mehrwerts m (geteilt durch) v gleich Mehrarbeit (geteilt durch) Notwendige Arbeit. Beide Proportionen drücken dasselbe Verhältnis in verschiedner Form aus, das eine Mal in der Form vergegenständlichter, das andre Mal in der Form flüssiger Arbeit. Die Rate des Mehrwerts ist daher der exakte Ausdruck für den Exploitationsgrad der Arbeitskraft durch das Kapital oder des Arbeiters durch den Kapitalisten.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.231f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Da der Zweck der kapitalistischen Produktion die Produktion von Mehrwert ist, ist die Höhe der Mehrwertrate eine bestimmende Größe.<br />
<br />
{{Zitat |Wie die Produktion von Mehrwert der bestimmende Zweck der kapitalistischen Produktion, so mißt nicht die absolute Größe des Produkts, sondern die relative Größe des Mehrprodukts den Höhegrad des Reichtums.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.243f.)}}<br />
<br />
==Der Arbeitstag==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Länge eines Arbeitstages im Industriekapitalismus hat eine untere und eine obere Grenze. Die untere Grenze muss oberhalb der notwendigen Arbeitszeit liegen, da Kapitalisten profitabel produzieren müssen. Die obere Grenze kann durch physische und moralische Kriterien beantwortet werden. Physisch muss die obere Grenze den Arbeitern die Reproduktion ihrer Arbeitskraft ermöglichen. Moralisch müssen auch geistige, soziale etc. Bedürfnisse der Arbeiter befriedigt werden. Die moralische Grenze resultiert aus den Machtverhältnissen der organisierten Arbeiter gegenüber der Kapitalseite, die sich in Arbeitskämpfen austragen und innerhalb des Kapitalismus in Staatsgesetzen ausdrücken. Die Kapitalisten drängen auf ihr Optimum, also auf eine für sie günstige und ständige Verwertung von Arbeitskraft, da Maschinen ständige, also 24-stündige, Verwertungsmöglichkeiten darstellen. Das bedeutet die Verkehrung der Verhältnisse von toter und lebendiger Arbeit.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Arbeitstag, Klassenkampf, Länge des Arbeitstags, Maximalgrenze des Arbeitstags, Minimalgrenze des Arbeitstags, notwendige Arbeit, Notwendigkeit der Organisierung der Arbeiter, Recht als Käufer/Verkäufer, Staatsgesetz<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die Länge des Arbeitstags hat gewisse Schranken, in denen sie variieren kann.<br />
<br />
{{Zitat |Obgleich nun der Arbeitstag keine feste, sondern eine fließende Größe ist, kann er andrerseits nur innerhalb gewisser Schranken variieren.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.246)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
In der kapitalistischen Produktionsweise kann sich der Arbeitstag nie nur auf den Teil der notwendigen Arbeit verkürzen.<br />
<br />
{{Zitat |Auf Grundlage der kapitalistischen Produktionsweise kann die notwendige Arbeit […] immer nur einen Teil seines [des Arbeiters] Arbeitstages bilden, der Arbeitstag sich also nie auf dies Minimum verkürzen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.246)}}<br />
<br />
'''Annahme 3 '''<br />
<br />
Die Maximalgrenze ist doppelt bestimmt. Der Arbeiter hat eine physische Grenze. Ein Teil des Tages muss er schlafen, essen, sich reinigen etc. Und es gibt eine moralische Grenze. Der Arbeiter braucht Zeit, geistige und soziale Bedürfnisse zu befriedigen, deren Umfang abhängig vom allgemeinen Kulturzustand ist. Beide Schranken sind sehr elastisch.<br />
<br />
{{Zitat |Er ist über eine gewisse Grenze hinaus nicht verlängerbar. Diese Maximalschranke ist doppelt bestimmt. Einmal durch die physische Schranke der Arbeitskraft. Ein Mensch kann während des natürlichen Tags von 24 Stunden nur ein bestimmtes Quantum Lebenskraft verausgaben. So kann ein Pferd tagaus, tagein nur 8 Stunden arbeiten. Während eines Teils des Tags muß die Kraft ruhen, schlafen, während eines andren Teils hat der Mensch andre physische Bedürfnisse zu befriedigen, sich zu nähren, reinigen, kleiden usw. Außer dieser rein physischen Schranke stößt die Verlängrung des Arbeitstags auf moralische Schranken. Der Arbeiter braucht Zeit zur Befriedigung geistiger und sozialer Bedürfnisse, deren Umfang und Zahl durch den allgemeinen Kulturzustand bestimmt sind. Die Variation des Arbeitstags bewegt sich daher innerhalb physischer und sozialer Schranken. Beide Schranken sind aber sehr elastischer Natur und erlauben den größten Spielraum. So finden wir Arbeitstage von 8, 10, 12, 14, 16, 18 Stunden, also von der verschiedensten Länge.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.246f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Aus Sicht des Kapitalisten darf er größtmöglichen Nutzen aus seiner gekauften Ware Arbeitskraft herauszuschlagen, wie jeder andere auch aus seiner gekauften Ware. Das konstante (tote) Kapital und die Produktionsmittel sind nur da, um lebendige Arbeit einzusaugen. Das Interesse des Kapitalisten ist es sein Kapital zu verwerten und so viel Mehrwert wie möglich zu schaffen.<br/><br />
Der Kapitalist kauft den Gebrauchswert der Arbeitskraft, der Arbeiter erhält den Tauschwert. Dennoch zieht der Kapitalist Mehrwert aus diesem Tausch, der den Gesetzen des Warentauschs entspricht.<br />
<br />
{{Zitat |Der Kapitalist hat die Arbeitskraft zu ihrem Tageswert gekauft. Ihm gehört ihr Gebrauchswert während eines Arbeitstags. Er hat also das Recht erlangt, den Arbeiter während eines Tags für sich arbeiten zu lassen. Aber was ist ein Arbeitstag? Jedenfalls weniger als ein natürlicher Lebenstag. Um wieviel? Der Kapitalist hat seine eigne Ansicht über dies ultima Thüle, die notwendige Schranke des Arbeitstags. Als Kapitalist ist er nur personifiziertes Kapital. Seine Seele ist die Kapitalseele. Das Kapital hat aber einen einzigen Lebenstrieb, den Trieb, sich zu verwerten, Mehrwert zu schaffen, mit seinem konstanten Teil, den Produktionsmitteln, die größtmögliche Masse Mehrarbeit einzusaugen. Das Kapital ist verstorbne Arbeit, die sich nur vampyrmäßig belebt durch Einsaugung lebendiger Arbeit und um so mehr lebt, je mehr sie davon einsaugt. Die Zeit, während deren der Arbeiter arbeitet, ist die Zeit, während deren der Kapitalist die von ihm gekaufte Arbeitskraft konsumiert. Konsumiert der Arbeiter seine disponible Zeit für sich selbst, so bestiehlt er den Kapitalisten. <br/> Der Kapitalist beruft sich also auf das Gesetz des Warenaustausches. Er, wie jeder andre Käufer, sucht den größtmöglichen Nutzen aus dem Gebrauchswert seiner Ware herauszuschlagen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.223f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Stillliegendes konstantes Kapital bringt Verlust. Die Ausdehnung der Arbeitszeit in die Nacht hinein und generell auf alle 24 Stunden des Tages ist Trieb der kapitalistischen Produktion.<br />
<br />
{{Zitat |Das konstante Kapital, die Produktionsmittel, sind, vom Standpunkt des Verwertungsprozesses betrachtet, nur da, um Arbeit und mit jedem Tropfen Arbeit ein proportionelles Quantum Mehrarbeit einzusaugen. Soweit sie das nicht tun, bildet ihre bloße Existenz einen negativen Verlust für den Kapitalisten, denn sie repräsentieren während der Zeit, wo sie brachliegen, nutzlosen Kapitalvorschuß, und dieser Verlust wird positiv, sobald die Unterbrechung zusätzliche Auslagen nötig macht für den Wiederbeginn des Werks. Die Verlängrung des Arbeitstags über die Grenzen des natürlichen Tags in die Nacht hinein wirkt nur als Palliativ, stillt nur annähernd den Vampyrdurst nach lebendigem Arbeitsblut. Arbeit während aller 24 Stunden des Tags anzueignen ist daher der immanente Trieb der kapitalistischen Produktion.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.271f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Von den elastischen Schranken abgesehen, gibt es keine Grenze des Arbeitstages. Der Kapitalist als Käufer will den Gebrauchswert der Ware Arbeitskraft so lange wie möglich nutzen. Der Arbeiter als Verkäufer behauptet sein Recht, den Arbeitstag auf eine Normalgröße zu beschränken. <br />
Hier bringt die kapitalistische Produktionsweise also den Klassenkampf hervor, damit einhergehend auch die Formierung der vielen einzelnen Kapitalisten zur Bourgeoisie und die Formierung der vielen einzelnen Angehörigen der Arbeiterklasse zu einer gemeinsam handelnden Arbeiterklasse.<br />
<br />
{{Zitat |Man sieht: Von ganz elastischen Schranken abgesehn, ergibt sich aus der Natur des Warenaustausches selbst keine Grenze des Arbeitstags, also keine Grenze der Mehrarbeit. Der Kapitalist behauptet sein Recht als Käufer, wenn er den Arbeitstag so lang als möglich und womöglich aus einem Arbeitstag zwei zu machen sucht. Andrerseits schließt die spezifische Natur der verkauften Ware eine Schranke ihres Konsums durch den Käufer ein, und der Arbeiter behauptet sein Recht als Verkäufer, wenn er den Arbeitstag auf eine bestimmte Normalgröße beschränken will. Es findet hier also eine Antinomie statt, Recht wider Recht, beide gleichmäßig durch das Gesetz des Warenaustausches besiegelt. Zwischen gleichen Rechten entscheidet die Gewalt. Und so stellt sich in der Geschichte der kapitalistischen Produktion die Normierung des Arbeitstags als Kampf um die Schranken des Arbeitstags dar – ein Kampf zwischen dem Gesamtkapitalisten, d.h. der Klasse der Kapitalisten, und dem Gesamtarbeiter, oder der Arbeiterklasse.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.249)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Historisch zeigt sich die Notwendigkeit des Zusammenschlusses der Arbeiter als Klasse um einen Normalarbeitstag zu erreichen. Ab einer gewissen Reifestufe der kapitalistischen Produktion ist der einzelne Arbeiter machtlos. <br />
<br />
{{Zitat |Die Geschichte der Reglung des Arbeitstags in einigen Produktionsweisen, in andren der noch fortdauernde Kampf um diese Reglung, beweisen handgreiflich, daß der vereinzelte Arbeiter, der Arbeiter als ‚freier‘ Verkäufer seiner Arbeitskraft, auf gewisser Reifestufe der kapitalistischen Produktion, widerstandslos unterliegt. Die Schöpfung eines Normalarbeitstags ist daher das Produkt eines langwierigen, mehr oder minder versteckten Bürgerkriegs zwischen der Kapitalistenklasse und der Arbeiterklasse.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.316)}}<br />
<br />
'''Annahme 8'''<br />
<br />
Die Arbeiter als Klasse müssen zu ihrem eigenen Schutze ein Staatsgesetz erzwingen, ein Vertrag mit den Kapitalisten eingehen, um sich nicht individuell zu Tode zu arbeiten. <br />
<br />
{{Zitat |Zum ‚Schutz‘ gegen die Schlange ihrer Qualen müssen die Arbeiter ihre Köpfe zusammenrotten und als Klasse ein Staatsgesetz erzwingen, ein übermächtiges gesellschaftliches Hindernis, das sie selbst verhindert, durch freiwilligen Kontrakt mit dem Kapital sich und ihr Geschlecht in Tod und Sklaverei zu verkaufen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.320)}}<br />
<br />
'''Annahme 9'''<br />
<br />
Der Kapitalist passt auf, dass der Arbeiter mit Intensität Arbeit verrichtet.<br />
Kapital wird zum Zwangsverhältnis, welches die Arbeiterklasse nötigt, mehr Arbeit zu verrichten, als der enge Kreis der Lebensbedürfnisse vorschrieb. <br/> Hoher Grad der Ausbeutung der Arbeitskraft.<br />
<br />
{{Zitat |Innerhalb des Produktionsprozesses entwickelte sich das Kapital zum Kommando über die Arbeit, d.h. über die sich betätigende Arbeitskraft oder den Arbeiter selbst. Das personifizierte Kapital, der Kapitalist, paßt auf, daß der Arbeiter sein Werk ordentlich und mit dem gehörigen Grad von Intensität verrichte. Das Kapital entwickelte sich ferner zu einem Zwangsverhältnis, welches die Arbeiterklasse nötigt, mehr Arbeit zu verrichten, als der enge Umkreis ihrer eignen Lebensbedürfnisse vorschrieb. Und als Produzent fremder Arbeitsamkeit, als Auspumper von Mehrarbeit und Exploiteur von Arbeitskraft übergipfelt es an Energie, Maßlosigkeit und Wirksamkeit alle frühern auf direkter Zwangsarbeit beruhenden Produktionssysteme.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.328)}}<br />
<br />
'''Annahme 10'''<br />
<br />
Produktionsmittel wenden den Arbeiter an. Sie verzehren ihn als Element ihres eigenen Lebensprozesses, als Lebensprozess des Kapitals. Das bedeutet die Verkehrung der Verhältnisses von toter und lebendiger Arbeit.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist nicht mehr der Arbeiter, der die Produktionsmittel anwendet, sondern es sind die Produktionsmittel, die den Arbeiter anwenden. Statt von ihm als stoffliche Elemente seiner produktiven Tätigkeit verzehrt zu werden, verzehren sie ihn als Ferment ihres eignen Lebensprozesses, und der Lebensprozeß des Kapitals besteht nur in seiner Bewegung als sich selbst verwertender Wert. Schmelzöfen und Arbeitsgebäude, die des Nachts ruhn und keine lebendige Arbeit einsaugen, sind ‚reiner Verlust‘ (‚mere loss‘) für den Kapitalisten. Darum konstituieren Schmelzöfen und Arbeitsgebäude einen ‚Anspruch auf die Nachtarbeit‘ der Arbeitskräfte. Die bloße Verwandlung des Geldes in gegenständliche Faktoren des Produktionsprozesses, in Produktionsmittel, verwandelt letztre in Rechtstitel und Zwangstitel auf fremde Arbeit und Mehrarbeit.<br/> Wie diese der kapitalistischen Produktion eigentümliche und sie charakterisierende Verkehrung, ja Verrückung des Verhältnisses von toter und lebendiger Arbeit, von Wert und wertschöpferischer Kraft, sich im Bewusstsein der Kapitalistenköpfe abspiegelt [...]| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.329)}}<br />
<br />
==Der Arbeitslohn==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Der Arbeitslohn ist der Verkaufspreis von Arbeitskraft. Seine Untergrenze ist der Wert von Arbeitskraft, der sich durch den Wert der gewohnheitsmäßig notwendigen Lebensmittel des Durchschnittsarbeiters bemisst. Der Arbeitswert stellt gleichzeitig die notwendige Arbeit dar. Das relative Verhältnis von Arbeitslohn und Mehrwert wird durch <br />
1) die Länge eines Arbeitstags sowie durch die <br />
2) Intensität und <br />
3) Produktivkraft von Arbeit bestimmt. <br />
Arbeitslohn ist bezahlte Arbeit, Mehrwert ist unbezahlte Arbeit.<br />
<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Preis der Arbeitskraft, Wert der Arbeitskraft, Verelendung der Arbeiterklasse, bezahlte Arbeit, unbezahlte Arbeit, notwendige Arbeit, Mehrarbeit, Stundenlohn, Ausbeutung<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Der Wert der Arbeitskraft ist bestimmt durch den Wert der gewohnheitsmäßig notwendigen Lebensmittel des Durchschnittsarbeiters. Der Preis der Arbeitskraft kann gelegentlich über den Wert der Ware steigen, aber nie unter ihn sinken. <br/> Die relativen Größen von Preis der Arbeitskraft und von Mehrwert werden durch drei Umstände bedingt: 1. die Länge des Arbeitstags, 2. die Intensität der Arbeit und 3. endlich die Produktivkraft der Arbeit.<br />
<br />
{{Zitat |Der Wert der Arbeitskraft ist bestimmt durch den Wert der gewohnheitsmäßig notwendigen Lebensmittel des Durchschnittsarbeiters. Die Masse dieser Lebensmittel, obgleich ihre Form wechseln mag, ist in einer bestimmten Epoche einer bestimmten Gesellschaft gegeben und daher als konstante Größe zu behandeln. Was wechselt, ist der Wert dieser Masse. Zwei andre Faktoren gehn in die Wertbestimmung der Arbeitskraft ein. Einerseits ihre Entwicklungskosten, die sich mit der Produktionsweise ändern, andrerseits ihre Naturdifferenz, ob sie männlich oder weiblich, reif oder unreif. Der Verbrauch dieser differenten Arbeitskräfte, wieder bedingt durch die Produktionsweise, macht großen Unterschied in den Reproduktionskosten der Arbeiterfamilie und dem Wert des erwachsnen männlichen Arbeiters. Beide Faktoren bleiben jedoch bei der folgenden Untersuchung ausgeschlossen . Wir unterstellen. 1. daß die Waren zu ihrem Wert verkauft werden, 2. daß der Preis der Arbeitskraft wohl gelegentlich über ihren Wert steigt, aber nie unter ihn sinkt. <br/> Dies einmal unterstellt, fand sich, daß die relativen Größen von Preis der Arbeitskraft und von Mehrwert durch drei Umstände bedingt sind: 1. die Länge des Arbeitstags oder die extensive Größe der Arbeit; 2. die normale Intensität der Arbeit oder ihre intensive Größe, so daß ein bestimmtes Arbeitsquantum in bestimmter Zeit verausgabt wird; 3. endlich die Produktivkraft der Arbeit, so daß je nach dem Entwicklungsgrad der Produktionsbedingungen dasselbe Quantum Arbeit in derselben Zeit ein größeres oder kleineres Quantum Produkt liefert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.542)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Der Preis der Arbeitskraft könnte bei steigender Produktivkraft sinken, bei gleichzeitigem Wachstum der Lebensmittelmasse des Arbeiters. Aber im Vergleich zum Mehrwert sänke der Arbeitslohn. Die Kluft zwischen den Lebenslagen der Arbeiter und Kapitalisten wächst.<br />
<br />
{{Zitat |Der Preis der Arbeitskraft könnte so bei steigender Produktivkraft der Arbeit beständig fallen mit gleichzeitigem, fortwährendem Wachstum der Lebensmittelmasse des Arbeiters. Relativ aber, d.h. verglichen mit dem Mehrwert, sänke der Wert der Arbeitskraft beständig und erweiterte sich also die Kluft zwischen den Lebenslagen von Arbeiter und Kapitalist.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.546)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Form des Arbeitslohn verschleiert die Teilung des Arbeitstages in bezahlte und unbezahlte Arbeit.<br />
<br />
{{Zitat|Die Form des Arbeitslohns löscht also jede Spur der Teilung des Arbeitstags in notwendige Arbeit und Mehrarbeit, in bezahlte und unbezahlte Arbeit aus. Alle Arbeit erscheint als bezahlte Arbeit.|(Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.562f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Bei Zahlung einzelner Arbeitsstunden wird der Zusammenhang zwischen bezahlter und unbezahlter Arbeit aufgehoben. Dem Arbeiter ist nicht garantiert auf die notwendige Arbeitszeit zu kommen um seine Selbsterhaltung zu gewährleisten.<br />
<br />
{{Zitat |Wird der Stundenlohn in der Weise fixiert, daß der Kapitalist sich nicht zur Zahlung eines Tages- oder Wochenlohns verpflichtet, sondern nur zur Zahlung der Arbeitsstunden, während deren es ihm beliebt, den Arbeiter zu beschäftigen, so kann er ihn unter der Zeit beschäftigen, die der Schätzung des Stundenlohns oder der Maßeinheit für den Preis der Arbeit ursprünglich zugrunde liegt. Da diese Maßeinheit bestimmt ist durch die Proportion Tageswert der Arbeitskraft/Arbeitstag von gegebener Stundenzahl, verliert sie natürlich allen Sinn, sobald der Arbeitstag aufhört, eine bestimmte Stundenzahl zu zählen. Der Zusammenhang zwischen der bezahlten und unbezahlten Arbeit wird aufgehoben. Der Kapitalist kann jetzt ein bestimmtes Quantum Mehrarbeit aus dem Arbeiter herausschlagen, ohne ihm die zu seiner Selbsterhaltung notwendige Arbeitszeit einzuräumen.|(Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.568)}}<br />
<br />
==Produktive und unproduktive Arbeit im Kapitalismus==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Produktive Arbeit, Mehrwert, Kaufmann, Kaufmannskapital, Zirkulationsprozess, Wert, industrielles Kapital, unbezahlte Arbeit, Zirkulationskosten, Profitrate, Kopfarbeit,<br />
Handarbeit, Gesamtarbeiter<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Produktiv Arbeit ist Arbeit, welche sich direkt in Kapital verwandelt, Arbeit die Mehrwert schafft oder jene die dem Kapital als Helbel dient Mehrwert zu schaffen. <br />
<br />
{{Zitat |Bloß die bürgerliche Borniertheit, die die kapitalistische Formen der Produktion für die absoluten Formen derselben hält – daher für ewige Naturformen der Produktion – kann die Frage, was produktive Arbeit vom Standpunkt des Kapitals aus ist, mit der Frage, welche Arbeit überhaupt produktiv ist oder was produktive Arbeit überhaupt ist, verwechseln und daher sich sehr weise dünken in der Antwort, daß jede Arbeit, die überhaupt etwas produziert, in irgendetwas resultiert, von sich aus produktive Arbeit ist. [...] Nur die Arbeit, die sich direkt in Kapital verwandelt, ist produktiv; [...] Arbeit, die Mehrwert setzt oder dem Kapital als Hebel dient, Mehrwert zu setzen und daher sich als Kapital, als sich verwertenden Wert zu setzen.| (Marx, Theorien über den Mehrwert I, MEW Band 26, S.369)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Es gibt gesellschaftlich notwendige Bereiche, die keine Werte – und damit keinen Mehrwert – schaffen, weil sich die dort geleistete Arbeit nicht in Produkten materialisiert. Unproduktive Arbeit hat den Nutzen, einen geringeren Teil der Arbeitskraft der Gesellschaft zu binden.<br />
<br />
{{Zitat |Er [der Kaufmann] verrichtet eine notwendige Funktion, weil der Reproduktionsprozess selbst unproduktive Funktionen einschließt. Er arbeitet so gut wie ein anderer, aber der Inhalt seiner Arbeit schafft weder Wert noch Produkt. Er selbst gehört zu den faux frais der Produktion. Sein Nutzen besteht nicht darin, eine unproduktive in eine produktive zu verwandeln, oder unproduktive Arbeit in produktive. […] Sein Nutzen besteht vielmehr darin, dass ein geringerer Teil der Arbeitskraft und Arbeitszeit der Gesellschaft in dieser unproduktiven Form gebunden wird.| (Marx, Kapital 2.Band, MEW Band 24, S.133f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Im Zirkulationsprozess wird kein Wert und damit kein Mehrwert produziert.<br />
<br />
{{Zitat |Das Kaufmannskapital ist nichts als innerhalb der Zirkulationssphäre fungierendes Kapital. Der Zirkulationsprozeß ist eine Phase des gesamten Reproduktionsprozesses. Aber im Zirkulationsprozeß wird kein Wert produziert, also auch kein Mehrwert.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.290)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Das industrielle Kapital produziert den Mehrwert durch direkte Aneignung unbezahlter, fremder Arbeit. Das Kaufmannskapital eignet sich einen Teil dieses Mehrwerts an.<br />
<br />
{{Zitat |Das Verhältnis des Kaufmannskapitals zum Mehrwert ist ein anderes als das des industriellen Kapitals. Das letztere produziert den Mehrwert durch direkte Aneignung unbezahlter fremder Arbeit. Das erstere eignet sich einen Teil dieses Mehrwerts an, indem es diesen Teil vom industriellen Kapital auf sich übertragen lässt.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.304)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Dem industriellen Kapital sind die Zirkulationskosten Unkosten, für das Handelskapital Quelle des Profits.<br />
<br />
{{Zitat |Dem industriellen Kapital erscheinen und sind die Zirkulationskosten Unkosten. Dem Kaufmann erscheinen sie als Quelle seines Profits, der – die allgemeine Profitrate vorausgesetzt – im Verhältnis zur Größe derselben steht.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.313.)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Im kooperativen Arbeitsprozess wird unterteilt in Hand- und Kopfarbeit. Im Sinne des Gesamtarbeiters verrichten aber beide Teile produktive Arbeit. Für produktive Arbeit, ist es nicht mehr notwendig selbst Hand anzulegen, es genügt Teil des Gesamtarbeiters zu sein.<br />
<br />
{{Zitat |Wie im Natursystem Kopf und Hand zusammengehören, vereint der Arbeitsprozeß Kopfarbeit und Handarbeit. Später scheiden sie sich bis zum feindlichen Gegensatz. Das Produkt verwandelt sich überhaupt aus dem unmittelbaren Produkt des individuellen Produzenten in ein gesellschaftliches, in das gemeinsame Produkt eines Gesamtarbeiters, d.h. eines kombinierten Arbeitspersonals, dessen Glieder der Handhabung des Arbeitsgegenstandes näher oder ferner stehn. Mit dem kooperativen Charakter des Arbeitsprozesses selbst erweitert sich daher notwendig der Begriff der produktiven Arbeit und ihres Trägers, des produktiven Arbeiters. Um produktiv zu arbeiten, ist es nun nicht mehr nötig, selbst Hand anzulegen; es genügt, Organ des Gesamtarbeiters zu sein, irgendeine seiner Unterfunktionen zu vollziehn.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.531)}}<br />
<br />
==Absolute Mehrwertproduktion==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Exploitationsgrad, variables Kapital<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Unter absoluter Mehrwertproduktion versteht Marx die Verschärfung der Ausbeutung durch die Verlängerung des Arbeitstages, damit also der Verlängerung der Mehrarbeit, und durch die Abnahme der beschäftigten Arbeiter.<br />
<br />
{{Zitat |Verminderung des variablen Kapitals ist […] ausgleichbar durch proportionelle Erhöhung im Exploitationsgrad der Arbeitskraft oder die Abnahme in der Anzahl der beschäftigten Arbeiter durch proportionelle Verlängerung des Arbeitstags.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.322f.)}}<br />
<br />
{{Zitat |Durch Verlängrung des Arbeitstags produzierten Mehrwert nenne ich absoluten Mehrwert; […]| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.334)}}<br />
<br />
==Relative Mehrwertproduktion==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Länge des Arbeitstags, Relative Mehrwertproduktion, Mehrarbeit, notwendige Arbeit, relativer Mehrwert, Wert der Arbeitskraft, Produktivkraftentwicklung, Produktivkraftsteigerung, Mehrwertrate<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Wenn der Teil der Arbeitszeit, den der Arbeiter für seine Reproduktion braucht (notwendige Arbeitszeit), verkürzt wird, ohne dass sich die gesamte Arbeitszeit reduziert, erzielt der Kapitalist eine relative Mehrwertsteigerung. Die Verlängerung des Arbeitstages führt zu einer absoluten Mehrwertsteigerung.<br />
<br />
{{Zitat |Wie kann nun die Produktion von Mehrwert vergrößert, d.h. die Mehrarbeit verlängert werden, ohne jede weitere Verlängrung oder unabhängig von jeder weiteren Verlängrung [des Arbeitstages] […]?| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.331)}}<br />
<br />
{{Zitat |Der Verlängrung der Mehrarbeit entspräche die Verkürzung der notwendigen Arbeit, oder ein Teil der Arbeitszeit, die der Arbeiter bisher in der Tat für sich selbst verbraucht, verwandelt sich in Arbeitszeit für den Kapitalisten. Was verändert, wäre nicht die Länge des Arbeitstags, sondern seine Teilung in notwendige Arbeit und Mehrarbeit.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.321f.)}}<br />
<br />
{{Zitat |Durch Verlängrung des Arbeitstags produzierten Mehrwert nenne ich absoluten Mehrwert; den Mehrwert dagegen, der aus Verkürzung der notwendigen Arbeitszeit und entsprechender Verändrung im Größenverhältnis der beiden Bestandteile des Arbeitstags entspringt – relativen Mehrwert| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.334)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Die notwendige Arbeitszeit kann sich nur verkürzen, wenn der Wert der Ware Arbeitskraft sinkt. Dieser kann nur sinken, wenn die Masse Lebensmittel in kürzerer Arbeitszeit hergestellt wird und damit geringeren Wert hat. Dies ist jedoch ohne eine Erhöhung der Produktivkraft der Arbeit unmöglich.<br />
<br />
{{Zitat |Bei gegebner Länge des Arbeitstags muß die Verlängrung der Mehrarbeit aus der Verkürzung der notwendigen Arbeitszeit entspringen, […] in unsrem Beispiel muß der Wert der Arbeitskraft wirklich um ein Zehntel sinken, damit die notwendige Arbeitszeit um ein Zehntel abnehme, von 10 auf 9 Stunden, und daher die Mehrarbeit sich von 2 auf 3 Stunden verlängre. Eine solche Senkung des Werts der Arbeitskraft um ein Zehntel bedingt aber ihrerseits, daß dieselbe Masse Lebensmittel, die früher in 10, jetzt in 9 Stunden produziert wird. Dies ist jedoch unmöglich ohne eine Erhöhung der Produktivkraft der Arbeit. […] Unter Erhöhung der Produktivkraft der Arbeit verstehn wir hier überhaupt eine Verändrung im Arbeitsprozeß, wodurch die zur Produktion einer Ware gesellschaftlich erheischte Arbeitszeit verkürzt wird, ein kleinres Quantum Arbeit also die Kraft erwirbt, ein größres Quantum Gebrauchswert zu produzieren. Während also bei der Produktion des Mehrwerts in der bisher betrachteten Form die Produktionsweise als gegeben unterstellt war, genügt es für die Produktion von Mehrwert durch Verwandlung notwendiger Arbeit in Mehrarbeit keineswegs, daß das Kapital sich des Arbeitsprozesses in seiner historisch überlieferten oder vorhandnen Gestalt bemächtigt und nur seine Dauer verlängert. Es muß die technischen und gesellschaftlichen Bedingungen des Arbeitsprozesses, also die Produktionsweise selbst umwälzen, um die Produktivkraft der Arbeit zu erhöhn, durch die Erhöhung der Produktivkraft der Arbeit den Wert der Arbeitskraft zu senken und so den zur Reproduktion dieses Werts notwendigen Teil des Arbeitstags zu verkürzen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.333f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Steigerung der Produktivkraft muss Industriezweige betreffen, deren Produkte den Wert der Arbeitskraft bestimmen.<br />
<br />
{{Zitat |Um den Wert der Arbeitskraft zu senken, muß die Steigerung der Produktivkraft Industriezweige ergreifen, deren Produkte den Wert der Arbeitskraft bestimmen, also entweder dem Umkreis der gewohnheitsmäßigen Lebensmittel angehören oder sie ersetzen können.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.334)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der Wert der Ware Arbeitskraft nimmt ab mit der zu seiner Reproduktion notwendigen Arbeitszeit, deren Gesamtverkürzung gleich der Summe ihrer Verkürzungen in allen jenen besonderen Produktionszweigen ist. Wenn ein einzelner Kapitalist durch Steigerung der Produktivkraft der Arbeit z. B. Hemden verbilligt, schwebt ihm keineswegs notwendig der Zweck vor, den Wert der Arbeitskraft und daher die notwendige Arbeitszeit pro tanto zu senken, aber nur soweit er schließlich zu diesem Resultat beiträgt, trägt er zur Erhöhung der allgemeinen Rate des Mehrwerts bei. Die allgemeinen Bewegungsgesetze des Kapitals setzen sich hinter dem Rücken der Menschen durch, ohne dass sie den Kapitalisten bewusst sind, aber immer im Sinne der Steigerung des Werts.<br />
<br />
{{Zitat |Die verwohlfeilerte Ware senkt natürlich den Wert der Arbeitskraft nur pro tanto, d.h. nur im Verhältnis, worin sie in die Reproduktion der Arbeitskraft eingeht. Hemden z.B. sind ein notwendiges Lebensmittel, aber nur eins von vielen. Ihre Verwohlfeilerung vermindert bloß die Ausgabe des Arbeiters für Hemden. Die Gesamtsumme der notwendigen Lebensmittel besteht jedoch nur aus verschiednen Waren, lauter Produkten besondrer Industrien, und der Wert jeder solchen Ware bildet stets einen aliquoten Teil vom Wert der Arbeitskraft. Dieser Wert nimmt ab mit der zu seiner Reproduktion notwendigen Arbeitszeit, deren Gesamtverkürzung gleich der Summe ihrer Verkürzungen in allen jenen besondren Produktionszweigen ist.<br/> Wir behandeln dies allgemeine Resultat hier so, als wäre es unmittelbares Resultat und unmittelbarer Zweck in jedem einzelnen Fall. Wenn ein einzelner Kapitalist durch Steigerung der Produktivkraft der Arbeit z.B. Hemden verwohlfeilert, schwebt ihm keineswegs notwendig der Zweck vor, den Wert der Arbeitskraft und daher die notwendige Arbeitszeit pro tanto zu senken, aber nur soweit er schließlich zu diesem Resultat beiträgt, trägt er bei zur Erhöhung der allgemeinen Rate des Mehrwerts. Die allgemeinen und notwendigen Tendenzen des Kapitals sind zu unterscheiden von ihren Erscheinungsformen.<br/> Die Art und Weise, wie die immanenten Gesetze der kapitalistischen Produktion in der äußern Bewegung der Kapitale erscheinen, sich als Zwangsgesetze der Konkurrenz geltend machen und daher als treibende Motive dem individuellen Kapitalisten zum Bewußtsein kommen, ist jetzt nicht zu betrachten, aber soviel erhellt von vornherein: Wissenschaftliche Analyse der Konkurrenz ist nur möglich, sobald die innere Natur des Kapitals begriffen ist, ganz wie die scheinbare Bewegung der Himmelskörper nur dem verständlich, der ihre wirkliche, aber sinnlich nicht wahrnehmbare Bewegung kennt. Dennoch ist zum Verständnis der Produktion des relativen Mehrwerts und bloß auf Grundlage der bereits gewonnenen Resultate folgendes zu bemerken.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.334f.)}}<br />
<br />
==Die Jagd nach dem Extraprofit==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Produktivkraftsteigerung, Wert der Ware, Extramehrwert, Wert der Arbeitskraft, Produktivkraftentwicklung, relativer Mehrwert, Extramehrwert<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Wenn es einem Kapitalisten gelingt, die Produktivkraft zu steigern, produziert er mehr Waren in gegebener Zeit. Der individuelle Wert einer dieser Waren steht nun unter ihrem gesellschaftlichen Wert, d. h., sie kostet weniger Arbeitszeit als der große Haufen derselben Artikel, produziert unter den gesellschaftlichen Durchschnittsbedingungen. Der wirkliche Wert einer Ware ist aber nicht ihr individueller, sondern ihr gesellschaftlicher Wert, d. h., er wird nicht durch die Arbeitszeit gemessen, die sie im einzelnen Fall den Produzenten tatsächlich kostet, sondern durch die gesellschaftlich zu ihrer Produktion erheischte Arbeitszeit. Verkauft also der Kapitalist, der die neue Methode anwendet, seine Ware zu ihrem gesellschaftlichen Wert, kann er Extramehrwert realisieren. Diese Steigerung des Mehrwerts findet für ihn statt, ob oder ob nicht seine Ware dem Umkreis der notwendigen Lebensmittel angehört und daher bestimmend in den allgemeinen Wert der Arbeitskraft eingeht.<br />
<br />
{{Zitat |Stellt sich eine Arbeitsstunde in einem Goldquantum von 6 d. oder einen halben sh. dar, so wird in zwölfstündigem Arbeitstag ein Wert von 6 sh. produziert. Gesetzt, mit der gegebnen Produktivkraft der Arbeit würden 12 Stück Waren in diesen 12 Arbeitsstunden verfertigt. Der Wert der in jedem Stück vernutzten Produktionsmittel, Rohmaterial usw. sei 6 d. Unter diesen Umständen kostet die einzelne Ware 1 sh., nämlich 6 d. für den Wert der Produktionsmittel, 6 d. für den in ihrer Verarbeitung neu zugesetzten Wert.<br/> Es gelinge nun einem Kapitalisten, die Produktivkraft der Arbeit zu verdoppeln und daher 24 statt 12 Stück dieser Warenart in dem zwölfstündigen Arbeitstag zu produzieren. Bei unverändertem Wert der Produktionsmittel sinkt der Wert der einzelnen Ware jetzt auf 9 d., nämlich 6 d. für den Wert der Produktionsmittel, 3 d. für den durch die letzte Arbeit neu zugesetzten Wert. Trotz der verdoppelten Produktivkraft schafft der Arbeitstag nach wie vor nur einen Neuwert von 6 sh., welcher sich jedoch jetzt auf doppelt soviel Produkte verteilt. Auf jedes einzelne Produkt fällt daher nur noch ein Vierundzwanzigstel statt ein Zwölftel dieses Gesamtwerts, 3 d. statt 6 d. oder, was dasselbe ist, den Produktionsmitteln wird bei ihrer Verwandlung in Produkt, jedes Stück berechnet, jetzt nur noch eine halbe statt wie früher eine ganze Arbeitsstunde zugesetzt.<br/> Der individuelle Wert dieser Ware steht nun unter ihrem gesellschaftlichen Wert, d.h., sie kostet weniger Arbeitszeit als der große Haufen derselben Artikel, produziert unter den gesellschaftlichen Durchschnittsbedingungen. Das Stück kostet im Durchschnitt 1 sh. oder stellt 2 Stunden gesellschaftlicher Arbeit dar; mit der veränderten Produktionsweise kostet es nur 9 d. oder enthält nur IV2 Arbeitsstunden. <br/> Der wirkliche Wert einer Ware ist aber nicht ihr individueller, sondern ihr gesellschaftlicher Wert, d.h., er wird nicht durch die Arbeitszeit gemessen, die sie im einzelnen Fall dem Produzenten tatsächlich kostet, sondern durch die gesellschaftlich zu ihrer Produktion erheischte Arbeitszeit.<br/> Verkauft also der Kapitalist, der die neue Methode anwendet, seine Ware zu ihrem gesellschaftlichen Wert von 1 sh., so verkauft er sie 3 d. über ihrem individuellen Wert und realisiert so einen Extramehrwert von 3 d. Andrerseits stellt sich aber der zwölfstündige Arbeitstag jetzt für ihn in 24 Stück Ware dar statt früher in 12. Um also das Produkt eines Arbeitstags zu verkaufen, bedarf er doppelten Absatzes oder eines zweifach größern Markts. Unter sonst gleichbleibenden Umständen erobern seine Waren nur größern Marktraum durch Kontraktion ihrer Preise. Er wird sie daher über ihrem individuellen, aber unter ihrem gesellschaftlichen Wert verkaufen, sage zu 10 d. das Stück. So schlägt er an jedem einzelnen Stück immer noch einen Extramehrwert von 1 d. heraus. Diese Steigerung des Mehrwerts findet für ihn statt, ob oder ob nicht seine Ware dem Umkreis der notwendigen Lebensmittel angehört und daher bestimmend in den allgemeinen Wert der Arbeitskraft eingeht.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.335f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Es ist der immanente Trieb und die beständige Tendenz des Kapitals, die Produktivkräfte der Arbeit zu steigern, um die Ware und durch die Vergünstigung der Ware den Arbeiter selbst zu vergünstigen, zu erklären.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist daher der immanente Trieb und die beständige Tendenz des Kapitals, die Produktivkraft der Arbeit zu steigern, um die Ware und durch die Verwohlfeilerung der Ware den Arbeiter selbst zu verwohlfeilern.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.338)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Der absolute Wert der Ware ist dem Kapitalisten gleichgültig. Ihn interessiert nur der Mehrwert. Der relative Mehrwert steigt durch die Produktivkraft der Arbeit, der Wert der Waren sinkt dagegen. Dem Kapitalisten geht es nur um die Produktion von Tauschwert, er will den Tauschwert der Waren beständig senken.<br />
<br />
{{Zitat |Der absolute Wert der Ware ist dem Kapitalisten, der sie produziert, an und für sich gleichgültig. Ihn interessiert nur der in ihr steckende und im Verkauf realisierbare Mehrwert. Realisierung von Mehrwert schließt von selbst Ersatz des vorgeschoßnen Werts ein. Da nun der relative Mehrwert in direktem Verhältnis zur Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit wächst, während der Wert der Waren in umgekehrtem Verhältnis zur selben Entwicklung fällt, da also derselbe identische Prozeß die Waren verwohlfeilert und den in ihnen enthaltnen Mehrwert steigert, löst sich das Rätsel, daß der Kapitalist, dem es nur um die Produktion von Tauschwert zu tun ist, den Tauschwert der Waren beständig zu senken strebt, […]| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.338f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der Extramehrwert verschwindet, sobald sich die neue Produktionsweise verallgemeinert und bestimmend ist für den gesellschaftlichen Wert der Ware.<br />
<br />
{{Zitat |Andrerseits aber verschwindet jener Extramehrwert, sobald die neue Produktionsweise sich verallgemeinert und damit die Differenz Zwischen dem individuellen Wert der wohlfeiler produzierten Waren und ihrem gesellschaftlichen Wert verschwindet.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.337)}}<br />
<br />
==Die Profitrate==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Profit, Kapital, Mehrwert, Kapitalverhältnis, Konstantes Kapital, variables Kapital, Profitrate, Mehrwertrate<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Der Kapitalist kann keinen Unterschied zwischen konstantem und variablen Kapital erkennen, da er nur sieht, dass er für beide Ausgaben Kapital vorschießen muss. So misst er den Grad des Gewinns an der Differenz von Ausgaben und Überschuss = Profit.<br/> Die Wertveränderung, die sich während des Produktionsprozesses ereignet, wird vom variablen Kapital in das Gesamtkapital verlegt.<br/> Der Profit ist zunächst dasselbe wie der Mehrwert, nur in mystifizierter Form, die aus der kapitalistischen Produktionsweise entsteht.<br />
<br />
{{Zitat |1=Als solcher vorgestellter Abkömmling des vorgeschoßnen Gesamtkapitals erhält der Mehrwert die verwandelte Form des Profits. Eine Wertsumme ist daher Kapital, weil sie ausgelegt wird, um einen Profit zu erzeugen, oder der Profit kommt heraus, weil eine Wertsumme als Kapital angewandt wird. Nennen wir den Profit p, so verwandelt sich die Formel W = c + v + m = k + m in die Formel W = k + p oder Warenwert = Kostpreis + Profit. Der Profit, wie wir ihn hier zunächst vor uns haben, ist also dasselbe, was der Mehrwert ist, nur in einer mystifizierten Form, die jedoch mit Notwendigkeit aus der kapitalistischen Produktionsweise herauswächst. Weil in der scheinbaren Bildung des Kostpreises kein Unterschied zwischen konstantem und variablem Kapital zu erkennen ist, muß der Ursprung der Wertveränderung, die während des Produktionsprozesses sich ereignet, von dem variablen Kapitalteil in das Gesamtkapital verlegt werden.| 2=(Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.46)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Weil alle Teile des Kapitals gleichmäßig als Quelle des Profits erscheinen, wird das Kapitalverhältnis mystifiziert.<br />
<br />
{{Zitat |Indem alle Teile des Kapitals gleichmäßig als Quelle des überschüssigen Werts (Profits) erscheinen, wird das Kapitalverhältnis mystifiziert.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.55)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Der Kapitalist kann keinen Unterschied zwischen konstantem und variablem Kapital erkennen, da er nur sieht, dass er für beide Ausgaben Kapital vorschießen muss. So misst er den Grad des Gewinns an der Differenz von Ausgaben und Überschuss = Profit.<br />
Der Grad des Gewinns ist nicht durch das Verhältnis zum variablen Kapital, sondern zum Gesamtkapital, nicht durch die Rate des Mehrwerts, sondern durch die Rate des Profits bestimmt.<br />
<br />
{{Zitat |Da der Kapitalist die Arbeit nur exploitieren kann durch Vorschuß des konstanten Kapitals, da er das konstante Kapital nur verwerten kann durch Vorschuß des variablen, so fallen ihm diese in der Vorstellung alle gleichmäßig zusammen, und dies um so mehr, als der wirkliche Grad seines Gewinns bestimmt ist nicht durch das Verhältnis zum variablen Kapital, sondern zum Gesamtkapital, nicht durch die Rate des Mehrwerts, sondern durch die Rate des Profits, die, wie wir sehn werden, dieselbe bleiben, und doch verschiedne Raten des Mehrwerts ausdrücken kann.<br/> Zu den Kosten des Produkts gehören alle seine Wertbestandteile, die der Kapitalist gezahlt, oder für die er ein Äquivalent in die Produktion geworfen hat. Diese Kosten müssen ersetzt werden, damit das Kapital sich einfach erhalte oder in seiner ursprünglichen Größe reproduziere.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.52)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der Profit des Kapitalisten kommt daher, dass er etwas zu verkaufen hat, das er nicht bezahlt hat. Der Mehrwert resp. Profit besteht gerade in dem Überschuss des Warenwerts über ihren Kostpreis, d. h. in dem Überschuss der in der Ware enthaltenen Gesamtsumme von Arbeit über die in ihr enthaltene bezahlte Summe Arbeit. Dieser Überschuss steht also in einem Verhältnis zum Gesamtkapital, das sich ausdrückt in dem Bruch m/C, wo C das Gesamtkapital bedeutet. So erhalten wir die Profitrate m/(c+v).<br />
<br />
{{Zitat | 1=Der in der Ware enthaltne Wert ist gleich der Arbeitszeit, die ihre Herstellung kostet, und die Summe dieser Arbeit besteht aus bezahlter und unbezahlter. Die Kosten der Ware für den Kapitalisten bestehn dagegen nur aus dem Teil der in ihr vergegenständlichten Arbeit, den er gezahlt hat. Die in der Ware enthaltne Mehrarbeit kostet dem Kapitalisten nichts, obgleich sie dem Arbeiter, ganz so gut wie die bezahlte, Arbeit kostet, und obgleich sie, ganz so gut wie jene, Wert schafft und als wertbildendes Element in die Ware eingeht. Der Profit des Kapitalisten kommt daher, daß er etwas zu verkaufen hat, das er nicht bezahlt hat. Der Mehrwert resp. Profit besteht gerade in dem Uberschuß des Warenwerts über ihren Kostpreis, d.h. in dem Uberschuß der in der Ware enthaltnen Gesamtsumme von Arbeit über die in ihr enthaltne bezahlte Summe Arbeit. […] Dieser Überschuß steht also in einem Verhältnis zum Gesamtkapital, das sich ausdrückt in dem Bruch m/C, wo C das Gesamtkapital bedeutet. So erhalten wir die Profitrate m/c+v im Unterschiede von der Rate des Mehrwerts m/v.| 2=(Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.52)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
m/C drückt den Verwertungsgrad des vorgeschossenen Kapital aus.<br />
<br />
{{Zitat |In der Tat drückt das Verhältnis m/C den Verwertungsgrad des ganzen vorgeschoßnen Kapitals aus, […].| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.55)}}<br />
<br />
==Akkumulationsprozess des Kapitals==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Rückverwandlung, Reproduktion des vorgeschossenen Kapitals, Akkumulation, Mehrwert, Geld, Verwandlung in Kapital, Reproduktionsprozess auf erweiterter Stufenleiter, Überschuss, Kapitalakkumulation, Reproduktion, Ausbeutung, Kapital, Eigentum<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Eine Gesellschaft kann weder aufhören zu konsumieren, noch zu produzieren. Jeder gesellschaftliche Produktionsprozess ist Reproduktionsprozess. <br />
<br />
{{Zitat |So wenig eine Gesellschaft aufhören kann zu konsumieren, so wenig kann sie aufhören zu produzieren. In einem stetigen Zusammenhang und dem beständigen Fluß seiner Erneuerung betrachtet, ist jeder gesellschaftliche Produktionsprozeß daher zugleich Reproduktionsprozeß.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.591)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Ein Teil der Produkte muss in Produktionsmittel rückverwandelt werden. <br />
<br />
{{Zitat |Die Bedingungen der Produktion sind zugleich die Bedingungen der Reproduktion. Keine Gesellschaft kann fortwährend produzieren, d. h. reproduzieren, ohne fortwährend einen Teil ihrer Produkte in Produktionsmittel oder Elemente der Neuproduktion rückzuverwandeln.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.591)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die kapitalistische Reproduktion dient nur als ein Mittel dazu, den vorgeschossenen Wert als Kapital zu reproduzieren. <br />
<br />
{{Zitat |Hat die Produktion kapitalistische Form, so die Reproduktion. Wie in der kapitalistischen Produktionsweise der Arbeitsprozeß nur als ein Mittel für den Verwertungsprozeß erscheint, so die Reproduktion nur als ein Mittel, den vorgeschoßnen Wert als Kapital zu reproduzieren, d.h. als sich verwertenden Wert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.591)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der Produktionsprozess verwandelt den stofflichen Reichtum in Kapital, der Arbeiter bleibt entblößt von allen Mitteln, diesen Reichtum für sich zu verwirklichen. Seine eigene Arbeit vergegenständlicht sich im fremden Produkt, das sich in Kapital verwandelt. Das Kapital saugt die wertschöpfende Kraft – Arbeit – aus. Der Arbeiter selbst produziert den gesellschaftlichen Reichtum als Kapital, ihn beherrschende und ausbeutende Macht. Der Kapitalist produziert beständig Arbeitskraft als abstrakte, in der bloßen Leiblichkeit des Arbeiters existierende Reichtumsquelle, den Arbeiter als Lohnarbeiter. Diese beständige Reproduktion ist die unerlässliche Bedingung der kapitalistischen Produktion. <br />
<br />
{{Zitat |Was aber anfangs nur Ausgangspunkt war, wird vermittelst der bloßen Kontinuität des Prozesses, der einfachen Reproduktion, stets aufs neue produziert und verewigt als eignes Resultat der kapitalistischen Produktion. Einerseits verwandelt der Produktionsprozeß fortwährend den stofflichen Reichtum in Kapital, in Verwertungs- und Genußmittel für den Kapitalisten. Andrerseits kommt der Arbeiter beständig aus dem Prozeß heraus, wie er in ihn eintrat - persönliche Quelle des Reichtums, aber entblößt von allen Mitteln, diesen Reichtum für sich zu verwirklichen. Da vor seinem Eintritt in den Prozeß seine eigne Arbeit ihm selbst entfremdet, dem Kapitalisten angeeignet und dem Kapital einverleibt ist, vergegenständlicht sie sich während des Prozesses beständig in fremdem Produkt. Da der Produktionsprozeß zugleich der Konsumtionsprozeß der Arbeitskraft durch den Kapitalisten, verwandelt sich das Produkt des Arbeiters nicht nur fortwährend in Ware, sondern in Kapital, Wert, der die wertschöpfende Kraft aussaugt, Lebensmittel, die Personen kaufen, Produktionsmittel, die den Produzenten anwenden. Der Arbeiter selbst produziert daher beständig den objektiven Reichtum als Kapital, ihm fremde, ihn beherrschende und ausbeutende Macht, und der Kapitalist produziert ebenso beständig die Arbeitskraft als subjektive, von ihren eignen Vergegenständlichungs- und Verwirklichungsmitteln getrennte, abstrakte, in der bloßen Leiblichkeit des Arbeiters existierende Reichtumsquelle, kurz den Arbeiter als Lohnarbeiter. Diese beständige Reproduktion oder Verewigung des Arbeiters ist das sine qua non der kapitalistischen Produktion.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.595f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Anwendung von Mehrwert als Kapital oder die Rückverwandlung von Mehrwert in Kapital heißt Akkumulation des Kapitals.<br />
<br />
{{Zitat |Anwendung von Mehrwert als Kapital oder Rückverwandlung von Mehrwert in Kapital heißt Akkumulation des Kapitals.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.605)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Kapitalwert war in Geldform vorgeschossen, der Mehrwert besteht aber als Teil des Produkts.<br/> Mit Verkauf des Produkts wird Kapitalwert wieder in Geld zurückverwandelt, der Mehrwert ändert aber seine ursprüngliche Daseinsweise in Geld.<br />
Der Kapitalwert und der Mehrwert sind dann beides Geldsummen, die sich in Kapital verwandeln.<br/>Mit dem Kauf von Waren, die es dem Kapitalisten ermöglichen, die Produktion fortzusetzen verwandeln sich beide Geldsummen wieder in Kapital. Damit beginnt der Reproduktionsprozess auf erweiterter Stufenleiter, vorausgesetzt die Waren sind auf dem Markt vorzufinden. <br />
<br />
{{Zitat |Der Kapitalwert war ursprünglich vorgeschossen in Geldform; der Mehrwert dagegen existiert von vornherein als Wert eines bestimmten Teils des Bruttoprodukts. Wird dieses verkauft, in Geld verwandelt, so gewinnt der Kapitalwert seine ursprüngliche Form wieder, aber der Mehrwert verwandelt seine ursprüngliche Daseinsweise.<br/>Von diesem Augenblick an sind jedoch Kapitalwert und Mehrwert beides Geldsummen, und ihre Wiederverwandlung in Kapital vollzieht sich auf ganz dieselbe Weise.<br/>Die eine wie die andre legt der Kapitalist an im Ankauf der Waren, die ihn instand setzen, die Verfertigung seines Artikels von neuem zu beginnen, und zwar diesmal auf erweiterter Stufenleiter. Um aber diese Waren zu kaufen, muß er sie auf dem Markte vorfinden.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.606)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Das Mehrprodukt kann nur in Kapital durch Produktionsmittel und Lebensmittel verwandelt werden. Ein Teil der jährlichen Mehrarbeit muss zur Herstellung zusätzlicher Produktions- und Lebensmittel – über das Quantum – verwandt worden sein, das zum Ersatz des vorgeschossenen Kapitals erforderlich war. Das Mehrprodukt, dessen Wert der Mehrwert ist, enthält bereits die sachlichen Bestandteile eines neuen Kapitals. Deshalb ist der Mehrwert in Kapital verwandelbar. <br />
<br />
{{Zitat |Um zu akkumulieren, muß man einen Teil des Mehrprodukts in Kapital verwandeln. Aber, ohne Wunder zu tun, kann man nur solche Dinge in Kapital verwandeln, die im Arbeitsprozeß verwendbar sind, d. h. Produktionsmittel, und des ferneren Dinge, von denen der Arbeiter sich erhalten kann, d.h. Lebensmittel.<br/> Folglich muß ein Teil der jährlichen Mehrarbeit verwandt worden sein zur Herstellung zusätzlicher Produktions- und Lebensmittel, im Überschuß über das Quantum, das zum Ersatz des vorgeschossenen Kapitals erforderlich war.<br/>Mit einem Wort: der Mehrwert ist nur deshalb in Kapital verwandelbar, weil das Mehrprodukt, dessen Wert er ist, bereits die sachlichen Bestandteile eines neuen Kapitals enthält.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.606f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 8'''<br />
<br />
Die Arbeiterklasse hat durch ihre diesjährige Mehrarbeit das Kapital geschaffen, mit dem im nächsten Jahr zuschüssige Arbeit beschäftigt wird. Das nennt man Kapital durch Kapital erzeugen. <br />
<br />
{{Zitat |In allen Fällen hat die Arbeiterklasse durch ihre diesjährige Mehrarbeit das Kapital geschaffen, das im nächsten Jahr zuschüssige Arbeit beschäftigen wird. Das ist es, was man nennt: Kapital durch Kapital erzeugen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.608)}}<br />
<br />
'''Annahme 9'''<br />
<br />
Das Eigentum an vergangener unbezahlter Arbeit ist Bedingung für die Aneignung gegenwärtiger lebendiger Arbeit. Je mehr der Kapitalist akkumuliert hat, desto mehr kann er akkumulieren. <br />
(Das ist bereits ein wichtiger Hinweis auf die Konzentration und Zentralisation.) <br />
<br />
{{Zitat |Eigentum an vergangner unbezahlter Arbeit erscheint jetzt als die einzige Bedingung für gegenwärtige Aneignung lebendiger unbezahlter Arbeit in stets wachsendem Umfang. Je mehr der Kapitalist akkumuliert hat, desto mehr kann er akkumulieren.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.609)}}<br />
<br />
'''Annahme 10'''<br />
<br />
In allen Gesellschaftsformationen findet Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter statt, es erscheint aber nicht als Akkumulation des Kapitals, solange dem Arbeiter seine Produktionsmittel noch nicht in der Form von Kapital gegenüberstehen. <br />
<br />
{{Zitat |In den verschiedensten ökonomischen Gesellschaftsformationen findet nicht nur einfache Reproduktion statt, sondern, obgleich auf verschiednem Maßstab, Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter. Es wird progressiv mehr produziert und mehr konsumiert, also auch mehr Produkt in Produktionsmittel verwandelt. Dieser Prozeß erscheint aber nicht als Akkumulation von Kapital und daher auch nicht als Funktion des Kapitalisten, solange dem Arbeiter seine Produktionsmittel, daher auch sein Produkt und seine Lebensmittel, noch nicht in der Form von Kapital gegenüberstehn.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.624)}}<br />
<br />
'''Annahme 11'''<br />
<br />
Die Arbeitskraft wird gekauft zur Verwertung des Kapitals. Die Produktion von Mehrwert ist das absolute Gesetz dieser Produktionsweise. Nur soweit sie die Produktionsmittel als Kapital erhält, ihren eigenen Wert als Kapital reproduziert und unbezahlte Arbeit eine Quelle von Zuschusskapital liefert, ist die Arbeitskraft verkaufbar. Die Bedingung für den Verkauf ist die stets erweiterte Reproduktion des Reichtums als Kapital. <br />
<br />
{{Zitat |So wenig aber bessere Kleidung, Nahrung, Behandlung und ein größeres Peculium das Abhängigkeitsverhältnis und die Exploitation des Sklaven aufheben, so wenig die des Lohnarbeiters. Steigender Preis der Arbeit infolge der Akkumulation des Kapitals besagt in der Tat nur, daß der Umfang und die Wucht der goldnen Kette, die der Lohnarbeiter sich selbst bereits geschmiedet hat, ihre losere Spannung erlauben. In den Kontroversen über diesen Gegenstand hat man meist die Hauptsache übersehn, nämlich die differentia specifica der kapitalistischen Produktion. Arbeitskraft wird hier gekauft, nicht um durch ihren Dienst oder ihr Produkt die persönlichen Bedürfnisse des Käufers zu befriedigen. Sein Zweck ist Verwertung seines Kapitals, Produktion von Waren, die mehr Arbeit enthalten, als er zahlt, also einen Wertteil enthalten, der ihm nichts kostet und dennoch durch den Warenverkauf realisiert wird. Produktion von Mehrwert oder Plusmacherei ist das absolute Gesetz dieser Produktionsweise. Nur soweit sie die Produktionsmittel als Kapital erhält, ihren eignen Wert als Kapital reproduziert und in unbezahlter Arbeit eine Quelle von Zuschußkapital liefert, ist die Arbeitskraft verkaufbar. Die Bedingungen ihres Verkaufs, ob mehr oder minder günstig für den Arbeiter, schließen also die Notwendigkeit ihres steten Wiederverkaufs und die stets erweiterte Reproduktion des Reichtums als Kapital ein.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.646f.)}}<br />
<br />
==Mehrwertproduktion durch Ausbeutung der Arbeitskraft ==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Mehrwert, Konsumtionsfonds, Variables Kapital, Ausbeutung, Verschleierung, Lohn, Reproduktion, Arbeitslohn, Mehrarbeit<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Der Arbeiter produziert den Mehrwert, der als Konsumtionsfonds des Kapitalisten dient und den Fonds seiner eigenen Zahlung, das variable Kapital, bevor es ihm als Arbeitslohn zufließt. <br />
<br />
{{Zitat |Der Produktionsprozeß wird eingeleitet mit dem Kauf der Arbeitskraft für eine bestimmte Zeit, und diese Einleitung erneuert sich beständig, sobald der Verkaufstermin der Arbeit fällig und damit eine bestimmte Produktionsperiode, Woche, Monat usw., abgelaufen ist. Gezahlt wird der Arbeiter aber erst, nachdem seine Arbeitskraft gewirkt und sowohl ihren eignen Wert als den Mehrwert in Waren realisiert hat. Er hat also wie den Mehrwert, den wir einstweilen nur als Konsumtionsfonds des Kapitalisten betrachten, so den Fonds seiner eignen Zahlung, das variable Kapital, produziert, bevor es ihm in der Form des Arbeitslohnes zurückfließt, und er wird nur so lange beschäftigt, als er ihn beständig reproduziert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.592)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Die Warenform des Produkts und die Geldform der Ware verkleiden die Transaktion, in der die Kapitalistenklasse der Arbeiterklasse Anweisungen in Geldform auf das von ihr produzierte und durch die Kapitalistenklasse angeeignete Produkt gibt. <br />
<br />
{{Zitat |Die Illusion, welche die Geldform erzeugt, verschwindet sofort, sobald statt des einzelnen Kapitalisten und des einzelnen Arbeiters Kapitalistenklasse und Arbeiterklasse betrachtet werden. Die Kapitalistenklasse gibt der Arbeiterklasse beständig in Geldform Anweisungen auf einen Teil des von der letzteren produzierten und von der erstren angeeigneten Produkts. Diese Anweisungen gibt der Arbeiter der Kapitalistenklasse ebenso beständig zurück und entzieht ihr damit den ihm selbst zufallenden Teil seines eignen Produkts. Die Warenform des Produkts und die Geldform der Ware verkleiden die Transaktion.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.593)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Das variable Kapital ist nur eine historische Erscheinungsform des Fonds von Lebensmitteln oder Arbeitsfonds, den der Arbeiter zu seiner Selbsterhaltung benötigt. <br />
<br />
{{Zitat |Das variable Kapital ist also nur eine besondre historische Erscheinungsform des Fonds von Lebensmitteln oder des Arbeitsfonds, den der Arbeiter zu seiner Selbsterhaltung und Reproduktion bedarf und den er in allen Systemen der gesellschaftlichen Produktion stets selbst produzieren und reproduzieren muß.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.593)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Die bloße Kontinuität des Reproduktionsprozesses verwandelt Kapital in akkumuliertes Kapital. Es wird Materiatur unbezahlter, fremder Arbeit. <br />
<br />
{{Zitat |Ganz abgesehn von aller Akkumulation verwandelt also die bloße Kontinuität des Produktionsprozesses, oder die einfache Reproduktion, nach kürzerer oder längerer Periode jedes Kapital notwendig in akkumuliertes Kapital oder kapitalisierten Mehrwert. War es selbst bei seinem Eintritt in den Produktionsprozeß persönlich erarbeitetes Eigentum seines Anwenders, früher oder später wird es ohne Äquivalent angeeigneter Wert oder Materiatur, ob in Geldform oder anders, unbezahlter fremder Arbeit.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.595)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Um die Bestandteile als Kapital fungieren zu lassen, braucht es zusätzliche Arbeitskräfte. Daher ist die Arbeiterklasse die vom Lohn abhängige Klasse, deren Lohn auch zur Vermehrung hinreicht.<br />
<br />
{{Zitat |Um nun diese Bestandteile tatsächlich als Kapital fungieren zu lassen, bedarf die Kapitalistenklasse eines Zuschusses von Arbeit. Soll nicht die Ausbeutung der schon beschäftigten Arbeiter extensiv oder intensiv wachsen, so müssen zusätzliche Arbeitskräfte eingestellt werden. Dafür hat der Mechanismus der kapitalistischen Produktion ebenfalls schon gesorgt, indem er die Arbeiterklasse reproduziert als vom Arbeitslohn abhängige Klasse, deren gewöhnlicher Lohn hinreicht, nicht nur ihre Erhaltung zu sichern, sondern auch ihre Vermehrung.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.607)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Auch die Lebensmittel, von denen sich die Arbeiterklasse erhält, sind Bestandteile des Mehrprodukts. Wenn die Kapitalistenklasse mit dem Mehrprodukt neue Arbeitskräfte kauft, bezahlt er sie mit ihrem eigenen Geld. <br />
<br />
{{Zitat |Die Produktionsmittel, denen die zuschüssige Arbeitskraft einverleibt wird, wie die Lebensmittel, von denen diese sich erhält, sind nichts als integrierende Bestandteile des Mehrprodukts, des der Arbeiterklasse jährlich durch die Kapitalistenklasse entrissenen Tributs. Wenn diese mit einem Teil des Tributs von jener zusätzliche Arbeitskraft kauft, selbst zum vollen Preise, so daß Äquivalent sich austauscht gegen Äquivalent - es bleibt immer das alte Verfahren des Eroberers, der den Besiegten Waren abkauft mit ihrem eignen, geraubten Geld.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.608)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Die gewaltsame Herabsetzung des Arbeitslohns unter den Wert der Arbeitskraft spielt in der praktischen Bewegung eine wichtige Rolle. Sie verwandelt faktisch, innerhalb gewisser Grenzen, den notwendigen Konsumtionsfonds des Arbeiters in einen Akkumulationsfonds von Kapital.<br />
<br />
{{Zitat |Man erinnert sich, daß die Rate des Mehrwerts in erster Instanz abhängt vom Exploitationsgrad der Arbeitskraft. Die politische Ökonomie würdigt diese Rolle so sehr, daß sie gelegentlich die Beschleunigung der Akkumulation durch erhöhte Produktionskraft der Arbeit identifiziert mit ihrer Beschleunigung durch erhöhte Exploitation des Arbeiters. In den Abschnitten über die Produktion des Mehrwerts ward beständig unterstellt, daß der Arbeitslohn wenigstens gleich dem Wert der Arbeitskraft ist. Die gewaltsame Herabsetzung des Arbeitslohns unter diesen Wert spielt jedoch in der praktischen Bewegung eine zu wichtige Rolle, um uns nicht einen Augenblick dabei aufzuhalten. Sie verwandelt faktisch, innerhalb gewisser Grenzen, den notwendigen Konsumtionsfonds des Arbeiters in einen Akkumulationsfonds von Kapital.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.626)}}<br />
<br />
==Trennung von Arbeitsprodukt und Produzenten==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Entfremdung, Trennung von Arbeitsprodukt und Produzenten, Ursprüngliche Akkumulation, Kapitalverhältnis, Klasse, Lohnarbeiter, Kapitalisten <br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die Scheidung zwischen Arbeitsprodukt und Arbeit, Besitzer von Produktionsmitteln und Besitzer von Arbeitskraft und sonst nichts war der Ausgangspunkt des kapitalistischen Produktionsprozesses.<br />
<br />
{{Zitat |Um Geld in Kapital zu verwandeln, genügte nicht das Vorhandensein von Warenproduktion und Warenzirkulation. Es mußten erst, hier Besitzer von Wert oder Geld, dort Besitzer der wertschaffenden Substanz; hier Besitzer von Produktions- und Lebensmitteln, dort Besitzer von nichts als Arbeitskraft, einander als Käufer und Verkäufer gegenübertreten. Scheidung zwischen dem Arbeitsprodukt und der Arbeit selbst, zwischen den objektiven Arbeitsbedingungen und der subjektiven Arbeitskraft, war also die tatsächlich gegebne Grundlage, der Ausgangspunkt des kapitalistischen Produktionsprozesses.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.595)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Der Reproduktionsprozess reproduziert das Kapitalverhältnis selbst, auf der einen Seite den Kapitalisten, auf der anderen den Lohnarbeiter. <br />
<br />
{{Zitat |Der kapitalistische Produktionsprozeß, im Zusammenhang betrachtet oder als Reproduktionsprozeß, produziert also nicht nur Ware, nicht nur Mehrwert, er produziert und reproduziert das Kapitalverhältnis selbst, auf der einen Seite den Kapitalisten, auf der andren den Lohnarbeiter.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.604)}}<br />
<br />
==Produktive und individuelle Konsumtion==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Produktive Konsumtion, Individuelle Konsumtion, Wertschöpfung, Unproduktive Konsumtion, Akkumulationsfonds, Konsumtionsfonds, Mehrwert <br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die produktive Konsumtion bedeutet: durch die Arbeit konsumiert der Arbeiter Produktionsmittel und verwandelt sie in Produkte von höherem Wert. <br/> Die individuelle Konsumtion bedeutet: von dem vom Kapitalisten gezahlten Geld kauft der Arbeiter Lebensmittel.<br/> Es gibt zwei verschiedene Prozesse: der eine ist Leben des Kapitalisten und der andere Leben des Arbeiters. <br />
<br />
{{Zitat |Die Konsumtion des Arbeiters ist doppelter Art. In der Produktion selbst konsumiert er durch seine Arbeit Produktionsmittel und verwandelt sie in Produkte von höherem Wert als dem des vorgeschoßnen Kapitals. Dies ist seine produktive Konsumtion. Sie ist gleichzeitig Konsumtion seiner Arbeitskraft durch den Kapitalisten, der sie gekauft hat. Andrerseits verwendet der Arbeiter das für den Kauf der Arbeitskraft gezahlte Geld in Lebensmittel: dies ist seine individuelle Konsumtion. Die produktive und die individuelle Konsumtion des Arbeiters sind also total verschieden. In der ersten handelt er als bewegende Kraft des Kapitals und gehört dem Kapitalisten; in der zweiten gehört er sich selbst und verrichtet Lebensfunktionen außerhalb des Produktionsprozesses. Das Resultat der einen ist das Leben des Kapitalisten, das der andern ist das Leben des Arbeiters selbst.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.596f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Für die Kapitalisten ist die individuelle Konsumtion der Arbeiter nur produktiv, wenn sie zur Erhaltung der Arbeiter dient, weil sie so für neue auszubeutende Arbeiter sorgt. Bekommt der Arbeiter einen höheren Lohn, um mehr konsumieren zu können, ohne danach mehr zu arbeiten, ist das für den Kapitalist unproduktiv. <br><br />
Die Arbeiterklasse ist also Zubehör des Kapitals, die individuelle Konsumtion der Arbeiter nur ein Moment des Reproduktionsprozesses des Kapitals. <br><br />
Dieser Prozess sorgt dafür, dass der Arbeiter durch unsichtbare Fäden an den Kapitalisten gebunden ist. Da die von der Arbeiterklasse hergestellten Konsumtionsgüter nicht ihnen gehören und sie sie nur bekommen, wenn sie ihre Arbeitskraft auf dem Arbeitsmarkt verkaufen und ihren Lohn gegen Konsumtionsgüter eintauschen.<br />
<br />
{{Zitat |Daher betrachtet auch der Kapitalist und sein Ideolog, der politische Ökonom, nur den Teil der individuellen Konsumtion des Arbeiters als produktiv, der zur Verewigung der Arbeiterklasse erheischt ist, also in der Tat verzehrt werden muß, damit das Kapital die Arbeitskraft verzehre; was der Arbeiter außerdem zu seinem Vergnügen verzehren mag, ist unproduktive Konsumtion.<br/>Würde die Akkumulation des Kapitals eine Erhöhung des Arbeitslohns und daher Vermehrung der Konsumtionsmittel des Arbeiters verursachen ohne Konsum von mehr Arbeitskraft durch das Kapital, so wäre das zuschüssige Kapital unproduktiv konsumiert.<br/>In der Tat: die individuelle Konsumtion des Arbeiters ist für ihn selbst unproduktiv, denn sie reproduziert nur das bedürftige Individuum; sie ist produktiv für den Kapitalisten und den Staat, denn sie ist Produktion der den fremden Reichtum produzierenden Kraft.<br/>Von gesellschaftlichem Standpunkt ist also die Arbeiterklasse, auch außerhalb des unmittelbaren Arbeitsprozesses, ebensosehr Zubehör des Kapitals als das tote Arbeitsinstrument. Selbst ihre individuelle Konsumtion ist innerhalb gewisser Grenzen nur ein Moment des Reproduktionsprozesses des Kapitals.<br/>Der Prozeß aber sorgt dafür, daß diese selbstbewußten Produktionsinstrumente nicht weglaufen, indem er ihr Produkt beständig von ihrem Pol zum Gegenpol des Kapitals entfernt. Die individuelle Konsumtion sorgt einerseits für ihre eigne Erhaltung und Reproduktion, andrerseits durch Vernichtung der Lebensmittel für ihr beständiges Wiedererscheinen auf dem Arbeitsmarkt.<br/>Der römische Sklave war durch Ketten, der Lohnarbeiter ist durch unsichtbare Fäden an seinen Eigentümer gebunden. Der Schein seiner Unabhängigkeit wird durch den beständigen Wechsel der individuellen Lohnherrn und die fictio juris des Kontrakts aufrechterhalten.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.598f.)}}<br />
<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Der Mehrwert bzw. das Mehrprodukt ist indivudeller Konsumtionsfonds des Kapitalisten und zugleich Akkumulationsfonds. <br />
<br />
{{Zitat |Im vorigen Kapitel betrachteten wir den Mehrwert, resp. das Mehrprodukt, nur als individuellen Konsumtionsfonds des Kapitalisten, in diesem Kapitel bisher nur als einen Akkumulationsfonds. Er ist aber weder nur das eine noch das andre, sondern beides zugleich. Ein Teil des Mehrwerts wird vom Kapitalisten als Revenue verzehrt ein andrer Teil als Kapital angewandt oder akkumuliert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.617f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der Kapitalist zwingt zur Verwertung des Werts, und so zur Produktion der Produktion willen, zur Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte, und zur Schöpfung der materiellen Produktionsbedingungen, die die reale Basis einer höheren Gesellschaftsformation bilden.<br/><br />
Der Kapitalist ist das Triebrad des gesellschaftlichen Mechanismus. <br/>Die kapitalistische Produktion macht eine fortwährende Steigerung des in einem industriellen Unternehmens angelegten Kapitals zur Notwendigkeit. Die Konkurrenz herrscht jedem individuellen Kapitalisten die immanenten Gesetze der kapitalistischen Produktionsweise als äußere Zwangsgesetze auf, das Kapital fortwährend auszudehnen, um es zu erhalten, was nur mit ansteigender Akkumulation möglich ist. <br />
<br />
{{Zitat |Als Fanatiker der Verwertung des Werts zwingt er rücksichtslos die Menschheit zur Produktion um der Produktion willen, daher zu einer Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte und zur Schöpfung von materiellen Produktionsbedingungen, welche allein die reale Basis einer höheren Gesellschaftsform bilden können, deren Grundprinzip die volle und freie Entwicklung jedes Individuums ist. Nur als Personifikation des Kapitals ist der Kapitalist respektabel.<br/>Als solche teilt er mit dem Schatzbildner den absoluten Bereicherungstrieb. Was aber bei diesem als individuelle Manie erscheint, ist beim Kapitalisten Wirkung des gesellschaftlichen Mechanismus, worin er nur ein Triebrad ist. Außerdem macht die Entwicklung der kapitalistischen Produktion eine fortwährende Steigerung des in einem industriellen Unternehmen angelegten Kapitals zur Notwendigkeit, und die Konkurrenz herrscht jedem individuellen Kapitalisten die immanenten Gesetze der kapitalistischen Produktionsweise als äußere Zwangsgesetze auf. Sie zwingt ihn, sein Kapital fortwährend auszudehnen, um es zu erhalten, und ausdehnen kann er es nur vermittelst progressiver Akkumulation.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.618)}}<br />
<br />
==Warenproduktion als Grundlage der kapitalistischen Produktion==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Warenproduktion, Eigentum, Ausbeutung, Mehrarbeit, Ware Arbeitskraft, Wertübertragung, Geld, Kapital, Doppelt freier Lohnarbeiter, Kapitalistische Produktion <br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Das Eigentum als Recht auf Aneignung unbezahlter Arbeit erscheint als Verletzung der Gesetze der Warenproduktion, resultiert aber aus ihrer Anwendung. <br />
<br />
{{Zitat |Eigentum erscheint jetzt auf Seite des Kapitalisten als das Recht, fremde unbezahlte Arbeit oder ihr Produkt, auf Seite des Arbeiters als Unmöglichkeit, sich sein eignes Produkt anzueignen. Die Scheidung zwischen Eigentum und Arbeit wird zur notwendigen Konsequenz eines Gesetzes, das scheinbar von ihrer Identität ausging. Sosehr die kapitalistische Aneignungsweise also den ursprünglichen Gesetzen der Warenproduktion ins Gesicht zu schlagen scheint, so entspringt sie doch keineswegs aus der Verletzung, sondern im Gegenteil aus der Anwendung dieser Gesetze.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.610)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Der Verbrauch der Ware Arbeitskraft durch den Käufer, nicht die Übervorteilung des Verkäufers, führt zum Mehrwert.<br />
<br />
{{Zitat |Wenn also die in Arbeitslohn vorgeschoßne Wertsumme sich in Produkt nicht bloß einfach wieder vorfindet, sondern um einen Mehrwert vermehrt vorfindet, so rührt dies nicht her aus einer Übervorteilung des Verkäufers, der ja den Wert seiner Ware erhalten, sondern nur aus dem Verbrauch dieser Ware durch den Käufer.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.611)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Verwandlung von Geld in Kapital hat zum Ergebnis, dass das Produkt dem Kapitalisten gehört und nicht dem Arbeiter, dass es einen Mehrwert enthält, der den Arbeiter Arbeit, den Kapitalisten nichts gekostet hat, aber dennoch ihm gehört; dass der Arbeiter seine Arbeitskraft erhalten kann. Einfache Reproduktion ist periodische Wiederholung dieser ersten Operation. <br />
<br />
<br />
{{Zitat |Die ursprüngliche Verwandlung des Geldes in Kapital vollzieht sich also im genauesten Einklang mit den ökonomischen Gesetzen der Warenproduktion und mit dem daraus sich ableitenden Eigentumsrecht. Trotzdem aber hat sie zum Ergebnis:<br/>1. daß das Produkt dem Kapitalisten gehört und nicht dem Arbeiter; <br/>2. daß der Wert dieses Produkts, außer dem Wert des vorgeschoßnen Kapitals, einen Mehrwert einschließt, der dem Arbeiter Arbeit, dem Kapitalisten aber nichts gekostet hat und der dennoch das rechtmäßige Eigentum des Kapitalisten wird;<br/> 3. daß der Arbeiter seine Arbeitskraft forterhalten hat und sie aufs neue verkaufen kann, wenn er einen Käufer findet. Die einfache Reproduktion ist nur die periodische Wiederholung dieser ersten Operation; jedesmal wird, stets von neuem, Geld in Kapital verwandelt. Das Gesetz wird also nicht gebrochen, im Gegenteil es erhält nur Gelegenheit, sich dauernd zu betätigen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.611)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Sobald die Arbeitskraft durch den Arbeiter frei verkauft wird, verallgemeinert sich die Warenproduktion zur typischen Produktionsform. Die Warenproduktion bildet sich nach ihren eigenen immanenten Gesetzen zur kapitalistischen Produktion fort, ihre Eigentumsgesetze schlagen um in Gesetze der kapitalistischen Aneignung. <br />
<br />
{{Zitat |Dies Resultat wird unvermeidlich, sobald die Arbeitskraft durch den Arbeiter selbst als Ware frei verkauft wird. Aber auch erst von da an verallgemeinert sich die Warenproduktion und wird sie typische Produktionsform; erst von da an wird jedes Produkt von vornherein für den Verkauf produziert und geht aller produzierte Reichtum durch die Zirkulation hindurch.<br/>Erst da, wo die Lohnarbeit ihre Basis, zwingt die Warenproduktion sich der gesamten Gesellschaft auf; aber auch erst da entfaltet sie alle ihre verborgnen Potenzen. Sagen, daß die Dazwischenkunft der Lohnarbeit die Warenproduktion fälscht, heißt sagen, daß die Warenproduktion, will sie unverfälscht bleiben, sich nicht entwickeln darf. Im selben Maß, wie sie nach ihren eignen immanenten Gesetzen sich zur kapitalistischen Produktion fortbildet, in demselben Maß schlagen die Eigentumsgesetze der Warenproduktion um in Gesetze der kapitalistischen Aneignung.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.613)}}<br />
<br />
==Wachstum des Kapitals==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Das Wachstum des Kapitals bedeutet sowohl Vergrößerung der Einzelkapitale, als auch des gesellschaftlichen Kapitals insgesamt, durch die Eroberung der Welt und der Menschen. Beides ist bedingt durch die Akkumulation von Kapital. Diese zwingt immer mehr Menschen, ihre Arbeitskraft an die Kapitalisten zu verkaufen, welche sich das von den Arbeitern produzierte Mehrprodukt aneignen. Weiterhin geht mit der Akkumulation des Kapitals eine Produktivkraftsteigerung einher. Dadurch wächst die Produktenmasse, da ein Arbeiter in der selben Zeit mehr Produktionsmittel verarbeitet. Der Anteil des variablen Kapitals sinkt also relativ mit dem Wachstum des Kapitals. Gleichzeitig steigt das variable Kapital absolut, da die wachsende Masse an Produktionsmitteln mehr Arbeitskraft benötigt.<br />
<br />
Der Mehrwert teilt sich auf in den Konsumtionsfond und den Akkumulationsfond, also in den Teil den der Kapitalist zur Befriedigung seiner persönlichen Bedürfnisse benutzt, und in den Teil den der Kapitalist wieder in den Produktionsprozess steckt. Durch das Wachstum des Kapitals steigt auch der Mehrwert, wodurch mehr Kapital in den Produktionsprozess geführt werden kann. Das Wachstum des Kapitals bedingt also ein Wachstum des Proletariats und der in Bewegung gesetzten Produktionsmittel. Durch die Erschließung neuer Märkte oder neue gesellschaftliche Bedürfnisse entwickelt sich eine verstärkte Nachfrage an Arbeitskräften, welche den Kapitalisten zwingen kann, die Löhne zu erhöhen.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Ausdehnung, Herrschaft, Wachstum, Wachstumsbeschleunigung, Produktenmasse, Gesellschaftlicher Reichtum, Produktivität, Aufschwung, Akkumulation, Wertübertragung, Abstrakte Arbeit, Kapitalfetisch, Selbstverwertung, Mehrarbeit, Aneignung, Ausbeutung, Tote und lebendige Arbeit<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Das Wachstums des Kapitals wird bereits von der bürgerlichen Ökonomen wie Adam Smith und David Ricardo untersucht. Im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] beschreibt Karl Marx die tatsächlichen Ursachen und die Bedeutung des Wachstums des Kapitals für die politische Ökonomie. Marx widerlegt die bürgerliche Vorstellung, dass der gesamte Mehrwert, welcher in Kapital verwandelt wird, zu variablem Kapital werden würde. Vielmehr legt er eindeutig fest, dass sich der Mehrwert als Kapital wieder in konstantes und variables Kapital teilt, also in Produktionsmittel und Arbeitskraft. Der Kapitalist teilt den Mehrwert zudem auf in den Konsumtionsfond und den Akkumulationsfond, wobei das Verhältnis beider Fonds die Größe der Akkumulation beeinflusst. Das heißt, umso mehr sich der Kapitalist am von den Arbeitern produzierten Mehrwert bereichert und diesen für die Befriedigung seiner persönlichen Bedürfnisse ausgibt, umso weniger Mehrwert kann der Kapitalist in den Akkumulationsprozess stecken, und andersherum.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die Akkumulation ist die Eroberung der Welt, denn sie dehnt ausbeutbares Menschenmaterial und die Herrschaft der Kapitalisten aus.<br />
<br />
{{Zitat |Die Akkumulation ist Eroberung der Welt des gesellschaftlichen Reichtums. Sie dehnt mit der Masse des exploitierten Menschenmaterials zugleich die direkte und indirekte Herrschaft des Kapitalisten aus.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.619)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Das Kapital verleibt sich Arbeitskraft und Erde ein und erwirbt neue Expansionskraft, die es erlaubt, die Elemente der Akkumulation auszudehnen.<br />
<br />
{{Zitat |Allgemeines Resultat: Indem das Kapital sich die beiden Urbildner des Reichtums, Arbeitskraft und Erde, einverleibt, erwirbt es eine Expansionskraft, die ihm erlaubt, die Elemente seiner Akkumulation auszudehnen jenseits der scheinbar durch seine eigne Größe gesteckten Grenzen, gesteckt durch den Wert und die Masse der bereits produzierten Produktionsmittel, in denen es sein Dasein hat.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.630f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Mit wachsender Produktivität wächst die Produktenmasse. Bei gleichbleibender und selbst bei fallender Mehrwertrate wächst die Masse des Mehrprodukts. <br />
<br />
{{Zitat |Ein andrer wichtiger Faktor in der Akkumulation des Kapitals ist der Produktivitätsgrad der gesellschaftlichen Arbeit. Mit der Produktivkraft der Arbeit wächst die Produktenmasse, worin sich ein bestimmter Wert, also auch Mehrwert von gegebner Größe, darstellt. Bei gleichbleibender und selbst bei fallender Rate des Mehrwerts, sofern sie nur langsamer fällt, als die Produktivkraft der Arbeit steigt, wächst die Masse des Mehrprodukts.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.631)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Mit wachsender Produktivität geht eine wachsende Rate des Mehrwerts einher. Derselbe variable Kapitalteil setzt mehr Arbeitskraft und daher mehr Arbeit in Bewegung. Derselbe konstante Kapitalteil stellt sich in mehr Produktionsmitteln dar, liefert mehr Produktbildner oder Arbeitseinsauger. Es findet bei gleichbleibendem Wert des Zusatzkapitals beschleunigte Akkumulation statt. Die Produktion des Mehrwerts wächst schneller als der Wert des Zusatzkapitals. <br />
<br />
{{Zitat |Aber mit der wachsenden Produktivität der Arbeit geht, wie man gesehn, die Verwohlfeilerung des Arbeiters, also wachsende Rate des Mehrwerts, Hand in Hand, selbst wenn der reelle Arbeitslohn steigt. Er steigt nie verhältnismäßig mit der Produktivität der Arbeit. Derselbe variable Kapitalwert setzt also mehr Arbeitskraft und daher mehr Arbeit in Bewegung. Derselbe konstante Kapitalwert stellt sich in mehr Produktionsmitteln, d.h. mehr Arbeitsmitteln, Arbeitsmaterial und Hilfsstoffen dar, liefert also sowohl mehr Produktbildner als Wertbildner oder Arbeitseinsauger. Bei gleichbleibendem und selbst abnehmendem Wert des Zusatzkapitals findet daher beschleunigte Akkumulation statt. Nicht nur erweitert sich die Stufenleiter der Reproduktion stofflich, sondern die Produktion des Mehrwerts wächst schneller als der Wert des Zusatzkapitals.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.631)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Die Arbeit überträgt den Wert der von ihr konsumierten Produktionsmittel auf das Produkt. Deren Wert und Masse steigt mit der Produktivität der Arbeit. Auch wenn dieselbe Arbeitsmenge ihren Produkten immer nur dieselbe Summe Neuwert zusetzt, wächst doch der alte Kapitalwert, den sie ihnen überträgt. <br />
<br />
{{Zitat |Die Arbeit überträgt auf das Produkt den Wert der von ihr konsumierten Produktionsmittel. Andrerseits wächst Wert und Masse der durch gegebne Arbeitsmenge in Bewegung gesetzten Produktionsmittel im Verhältnis, wie die Arbeit produktiver wird. Setzt also auch dieselbe Arbeitsmenge ihren Produkten immer nur dieselbe Summe Neuwert zu, so wächst doch der alte Kapitalwert, den sie ihnen gleichzeitig überträgt, mit steigender Produktivität der Arbeit.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.632)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Die Arbeit erhält Wert und schafft neuen. Mit steigender Produktivität erhält und verewigt die Arbeit in stets neuer Form einen stets schwellenden Kapitalwert. <br />
<br />
{{Zitat |Es ist die Naturgabe der lebendigen Arbeit, alten Wert zu erhalten, während sie Neuwert schafft. Mit dem Wachstum von Wirksamkeit, Umfang und Wert ihrer Produktionsmittel, also mit der die Entwicklung ihrer Produktivkraft begleitenden Akkumulation erhält und verewigt die Arbeit daher in stets neuer Form einen stets schwellenden Kapitalwert.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.633)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Diese Kraft der Arbeit erscheint als Selbsterhaltungskraft des Kapitals. Die beständige Aneignung der Mehrarbeit durch den Kapitalisten erscheint als beständige Selbstverwertung des Kapitals.<br />
<br />
{{Zitat |Diese Naturkraft der Arbeit erscheint als Selbsterhaltungskraft des Kapitals, dem sie einverleibt ist, ganz wie ihre gesellschaftlichen Produktivkräfte als seine Eigenschaften, und wie die beständige Aneignung der Mehrarbeit durch den Kapitalisten als beständige Selbstverwertung des Kapitals. Alle Kräfte der Arbeit projektieren sich als Kräfte des Kapitals, wie alle Wertformen der Ware als Formen des Geldes.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.633f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 8'''<br />
<br />
Mit dem Wachstum des Kapitals wächst die Differenz zwischen angewandtem und konsumiertem Kapital. Der Gratisdienst der vergangenen Arbeit – wenn von lebendiger Arbeit ergriffen – akkumuliert mit der wachsenden Stufenleiter der Akkumulation. <br />
<br />
{{Zitat |Mit dem Wachstum des Kapitals wächst die Differenz zwischen angewandtem und konsumiertem Kapital. Im Verhältnis, worin diese Arbeitsmittel als Produktbildner dienen, ohne dem Produkt Wert zuzusetzen, also ganz angewandt, aber nur teilweise konsumiert werden, leisten sie, wie früher erwähnt, denselben Gratisdienst wie Naturkräfte, Wasser, Dampf, Luft, Elektrizität usw. Dieser Gratisdienst der vergangnen Arbeit, wenn ergriffen und beseelt von der lebendigen Arbeit, akkumuliert mit der wachsenden Stufenleiter der Akkumulation.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.635)}}<br />
<br />
'''Annahme 9'''<br />
<br />
Die Masse des Mehrwerts ist bestimmt durch die Anzahl der gleichzeitig ausgebeuteten Arbeiter. Diese entspricht in wechselndem Verhältnis der Größe des Kapitals. Je mehr das Kapital durch Akkumulation wächst, desto mehr wächst die Wertsumme, die sich in Konsumtionsfonds und Akkumulationsfonds spaltet.<br />
<br />
{{Zitat |Bei gegebnem Exploitationsgrad der Arbeitskraft ist die Masse des Mehrwerts bestimmt durch die Anzahl der gleichzeitig ausgebeuteten Arbeiter, und diese entspricht, obgleich in wechselndem Verhältnis, der Größe des Kapitals. Je mehr also das Kapital vermittelst sukzessiver Akkumulationen wächst, desto mehr wächst auch die Wertsumme, die sich in Konsumtionsfonds und Akkumulationsfonds spaltet. Der Kapitalist kann daher flotter leben und zugleich mehr „entsagen". Und schließlich spielen alle Springfedern der Produktion um so energischer, je mehr ihre Stufenleiter sich erweitert mit der Masse des vorgeschossenen Kapitals.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.635f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 10'''<br />
<br />
Mit Wachstum des Kapitals ist Wachstum des variablen Kapitals verbunden – also Wachstum des Arbeitsfonds der Arbeitskraft.<br />
<br />
{{Zitat |Wachstum des Kapitals schließt Wachstum seines variablen oder in Arbeitskraft umgesetzten Bestandteils ein. Ein Teil des in Zusatzkapital verwandelten Mehrwerts muß stets rückverwandelt werden in variables Kapital oder zuschüssigen Arbeitsfonds. Unterstellen wir, daß, nebst sonst gleichbleibenden Umständen; die Zusammensetzung des Kapitals unverändert bleibt, d.h. eine bestimmte Masse Produktionsmittel oder konstantes Kapital stets dieselbe Masse Arbeitskraft erheischt, um in Bewegung gesetzt zu werden, so wächst offenbar die Nachfrage nach Arbeit und der Subsistenzfonds der Arbeiter verhältnismäßig mit dem Kapital und um so rascher, je rascher das Kapital wächst.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.641)}}<br />
<br />
'''Annahme 11'''<br />
<br />
Das Wachstum des Kapitals schließt das Wachstum seines variablen Teils ein. Eine bestimmte Masse Produktionsmittel erheischt stets dieselbe Masse Arbeitskraft, um in Bewegung gesetzt zu werden. Die Nachfrage nach Arbeit wächst. Akkumulation des Kapitals ist also Vermehrung des Proletariats.<br />
Die Reproduktion der Arbeitskraft bildet selbst einen Moment der Reproduktion des Kapitals. <br />
<br />
{{Zitat |Wie die einfache Reproduktion fortwährend das Kapitalverhältnis selbst reproduziert, Kapitalisten auf der einen Seite, Lohnarbeiter auf der andren, so reproduziert die Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter oder die Akkumulation das Kapitalverhältnis auf erweiterter Stufenleiter, mehr Kapitalisten oder größere Kapitalisten auf diesem Pol, mehr Lohnarbeiter auf jenem.<br/>Die Reproduktion der Arbeitskraft, die sich dem Kapital unaufhörlich als Verwertungsmittel einverleiben muß, nicht von ihm loskommen kann und deren Hörigkeit zum Kapital nur versteckt wird durch den Wechsel der individuellen Kapitalisten, woran sie sich verkauft, bildet in der Tat ein Moment der Reproduktion des Kapitals selbst. Akkumulation des Kapitals ist also Vermehrung des Proletariats.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.641f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 12'''<br />
<br />
Die Kapitalisten können unter bestimmten Bedingungen (z.B. Eröffnung neuer Märkte, Entstehung neuer gesellschaftlicher Bedürfnisse) eine verstärkte Nachfrage nach Arbeitern entwickeln, die sie nur befriedigen können, wenn sie höhere Arbeitslöhne zahlen. Das können sie jederzeit ohne vorherige Mehrwertsteigerung, indem sie den Teil des Mehrwerts den sie für ihren Privatkonsum nutzen (Revenue) kürzen und den, den sie wieder in den Produktionsprozess werfen (Kapital), vergrößern.<br />
<br />
{{Zitat |und da endlich, unter besondrem Sporn des Bereicherungstriebs wie z. B. Öffnung neuer Märkte, neuer Sphären der Kapitalanlage infolge neu entwickelter gesellschaftlicher Bedürfnisse Usw., die Stufenleiter der Akkumulation plötzlich ausdehnbar ist durch bloß veränderte Teilung des Mehrwerts oder Mehrprodukts in Kapital und Revenue, können die Akkumulationsbedürfnisse des Kapitals das Wachstum der Arbeitskraft oder der Arbeiteranzahl, die Nachfrage nach Arbeitern ihre Zufuhr überflügeln und daher die Arbeitslöhne steigen.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.641)}}<br />
<br />
==Wissenschaftlich-technischer Fortschritt==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Der wissenschaftlich-technische Fortschritt beschreibt die Verbesserung der wissenschafltichen und technischen Möglichkeiten. Durch die Entwicklung von Wissenschaft und Technik erweitert sich die Produktivkraft der Arbeit, was bewirkt, dass neue Maschinen, Werkzeuge und andere Produktionsmittel an die Stelle der Alten treten. Jeder wissenschaftliche und technische Fortschritt vervielfacht nicht nur die Effizienz im Produktionsprozess, sondern sorgt auch für eine Ausdehnung der Anlagensphäre des Kapitals. Der Fortschritt von Wissenschaft und Technik ist somit eine wichtige Folge der Akkumulation des Kapitals.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Wissenschaft, Technik, Fortschritt <br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Marx betrachtet den wissenschaftlich-technischen Fortschritt im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] als eine Folge des Wachstums und der Akkumulation des Kapitals. Durch diesen Fortschritt werden neue Produktionsmöglichkeiten erschlossen, welche allein dem Kapitalisten dienen, mehr Profit zu erzielen und die technische Entwicklung zur Verbesserung der kapitalistischen Produktion voranzutreiben, um sich somit einen individuellen Vorteil in einem Produktionsbereich gegenüber seinen kapitalistischen Konkurrenten zu haben. Die Akkumulation des Kapitals und der wissenschaftlich-technische Fortschritt gehen also Hand in Hand.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die Wissenschaft und die Technik bilden eine von der Größe des Kapitals unabhängige Potenz seiner Expansion. In seine neue Form einverleibt es gratis den vollzogenen gesellschaftlichen Fortschritt. <br />
<br />
{{Zitat |Gleich vermehrter Ausbeutung des Naturreichtums durch bloß höhere Spannung der Arbeitskraft, bilden Wissenschaft und Technik eine von der gegebnen Größe des funktionierenden Kapitals unabhängige Potenz seiner Expansion. Sie reagiert zugleich auf den in sein Erneuerungsstadium eingetretenen Teil des Originalkapitals. In seine neue Form einverleibt es gratis den hinter dem Rücken seiner alten Form vollzogenen gesellschaftlichen Fortschritt.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.632)}}<br />
<br />
==Aufschwung und Krise==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Der Aufschwung und die Krise bezeichneen die jeweilige Phase der Akkumulation des Kapitals. Beide Phasen bedingen sich gegenseitig und stehen in einem engen Verhältnis. Wächst in einer Aufschwungsphase die Menge der unbezahlten Arbeit so schnell, dass sie nur durch Zuschuss von bezahlter Arbeit zu Kapital werden kann, so steigt der Arbeitslohn, und der Anteil der unbezahlten Arbeit, der Mehrarbeit, nimmt ab.<br />
<br />
Dieser Anstieg ist jedoch an gewisse Grenzen gekoppelt. Bei steigenden Arbeitslöhnen wird weniger unbezahlte Mehrarbeit geleistet. Dies führt dazu, dass relativ immer weniger Kapital akkumuliert wird. Dadurch wird der Anstieg der Arbeitslöhne automatisch gebremst. Somit verschwindet durch die Abnahme der Akkumulation gleichzeitig die Ursache dafür, nämlich das Ungleichverhältnis zwischen Kapital und ausgebeuteter Arbeitskraft. Der Mechanismus des kapitalistischen Produktionsprozesses beseitigt also selbst die Hindernisse, die er vorübergehend schafft. Der Arbeitslohn fällt wieder auf ein Niveau, welches den Verwertungsbedürfnissen des Kapitals entspricht.<br />
Eine Abnahme des Ausbeutungsgrades der Arbeit und eine Zunahme des Arbeitslohns bewegen sich also immer in einem eingbetteten Rahmen, welcher die Reproduktion des Kapitalverhältnisses und dessen Reproduktion auf stets erweiterter Stufenleiter, also die Ausdehnung der Kapitalverhältnisse auf ein höheres Reproduktionsniveau sichert. Die relative Prosperität der Arbeiterklasse wird somit von der kapitalistischen Produktion nur vorübergehend, als Vorläufer einer Krise, zugelassen.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Krise, Aufschwung, Lohnhöhe, Arbeit, Konsumtion<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Der Aufschwung und die Krise des Akkumulationsprozesses werden von Marx im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] beschrieben. Diese beiden Phasen erklärt Marx mit der Steigerung und dem Fall von bezahlter und unbezahlter Arbeit, wobei beide Phasen sich gegenseitig bedingen und die Geschwindigkeit der Akkumulation steuern. Während in einer Aufschwungsphase die Menge an Arbeitskraft steigt und somit die Löhne erhöht, wird zunehmend weniger Mehrwert kapitalisiert und somit weniger Kapital akkumuliert. Die logische Konsequenz darauf ist eine Verlangsamung der Akkumulation, was eine notwenige Senkung der Löhne zur Folge hat, damit die Reproduktion der Kapitalverhältnisse nicht gefährdet wird. <br />
Eine Aufschwungsphase und somit eine Prosperität der Arbeiterklasse durch höhere Löhne wird von der kapitalistischen Produktion nur momentan zugelassen und dient als Vorbote einer Krisenphase, in der die Löhne wieder sinken. <br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Das Verhältnis zwischen Kapital, Akkumulation und Lohnrate ist das Verhältnis zwischen unbezahlter, in Kapital verwandelter Arbeit und der zur Bewegung des Zusatzkapitals erforderlichen zuschüssigen Arbeit. Das Verhältnis von unbezahlter und bezahlter Arbeit der Arbeiterbevölkerung.<br/> Wenn die Menge der unbezahlten Arbeit rasch wächst, um außergewöhnlichen Zuschuss bezahlter Arbeit in Kapital verwandeln zu können, steigt der Lohn, die unbezahlte Arbeit nimmt ab.<br/>Sobald aber der Punkt eintritt, wo die das Kapital ernährende Mehrarbeit nicht in normaler Menge angeboten wird, erlahmt die Akkumulation, die steigende Lohnbewegung erhält Gegenschlag.<br/>Die Erhöhung des Arbeitspreises bleibt eingebannt in Grenzen, die die Grundlagen des kapitalistischen Systems nicht nur unangetastet lassen, sondern auch seine Reproduktion auf wachsender Stufenleiter sichern.<br />
<br />
{{Zitat |Das Verhältnis zwischen Kapital, Akkumulation und Lohnrate ist nichts als das Verhältnis zwischen der unbezahlten, in Kapital verwandelten Arbeit und der zur Bewegung des Zusatzkapitals erforderlichen zuschüssigen Arbeit.<br/>Es ist also keineswegs ein Verhältnis zweier voneinander unabhängigen Größen, einerseits der Größe des Kapitals, andrerseits der Zahl der Arbeiterbevölkerung, es ist vielmehr in letzter Instanz nur das Verhältnis zwischen der unbezahlten und der bezahlten Arbeit derselben Arbeiterbevölkerung. Wächst die Menge der von der Arbeiterklasse gelieferten und von der Kapitalistenklasse akkumulierten, unbezahlten Arbeit rasch genug, um nur durch einen außergewöhnlichen Zuschuß bezahlter Arbeit sich in Kapital verwandeln zu können, so steigt der Lohn, und alles andre gleichgesetzt, nimmt die unbezahlte Arbeit im Verhältnis ab.<br/>Sobald aber diese Abnahme den Punkt berührt, wo die das Kapital ernährende Mehrarbeit nicht mehr in normaler Menge angeboten wird, so tritt eine Reaktion ein: ein geringerer Teil der Revenue wird kapitalisiert, die Akkumulation erlahmt, und die steigende Lohnbewegung empfängt einen Gegenschlag. Die Erhöhung des Arbeitspreises bleibt also eingebannt in Grenzen, die die Grundlagen des kapitalistischen Systems nicht nur unangetastet lassen, sondern auch seine Reproduktion auf wachsender Stufenleiter sichern.<br/> Das in ein Naturgesetz mystifizierte Gesetz der kapitalistischen Akkumulation drückt also in der Tat nur aus, daß ihre Natur jede solche Abnahme im Exploitationsgrad der Arbeit oder jede solche Steigerung des Arbeitspreises ausschließt, welche die stetige Reproduktion des Kapitalverhältnisses und seine Reproduktion auf stets erweiterter Stufenleiter ernsthaft gefährden könnte.<br/>Es kann nicht anders sein in einer Produktionsweise, worin der Arbeiter für die Verwertungsbedürfnisse vorhandner Werte, statt umgekehrt der gegenständliche Reichtum für die Entwicklungsbedürfnisse des Arbeiters da ist. Wie der Mensch in der Religion vom Machwerk seines eignen Kopfes, so wird er in der kapitalistischen Produktion vom Machwerk seiner eignen Hand beherrscht.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.649)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Krisen gehen aus Mangel an zahlungsfähiger Konsumtion hervor. Das ist eine Tautologie. Abhilfe schaffen zu wollen, in dem die Arbeiterklasse einen größeren Teil ihres Produkts erhält, ignoriert, dass Krisen vorbereitet werden durch eine Periode, in der der Arbeitslohn allgemein steigt und die Arbeiterklasse größeren Anteil erhält. Die kapitalistische Produktion schafft unabhängig von gutem oder schlechtem Willen Bedingungen, die die relative Prosperität der Arbeiterklasse nur vorübergehend – als Vorlauf der Krise - zulassen.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist eine reine Tautologie zu sagen, daß die Krisen aus Mangel an zahlungsfähiger Konsumtion oder an zahlungsfähigen Konsumenten hervorgehn. Andre Konsumarten, als zahlende, kennt das kapitalistische System nicht, ausgenommen die sub forma pauperis oder die des „Spitzbuben". Daß Waren unverkäuflich sind, heißt nichts, als daß sich keine zahlungsfähigen Käufer für sie fanden, also Konsumenten (sei es nun, daß die Waren in letzter Instanz zum Behuf produktiver oder individueller Konsumtion gekauft werden).<br/>Will man aber dieser Tautologie einen Schein tiefrer Begründung dadurch geben, daß man sagt, die Arbeiterklasse erhalte einen zu geringen Teil ihres eignen Produkts, und dem Übelstand werde mithin abgeholfen, sobald sie größern Anteil davon empfängt, ihr Arbeitslohn folglich wächst, so ist nur zu bemerken, daß die Krisen jedesmal gerade vorbereitet werden durch eine Periode, worin der Arbeitslohn allgemein steigt und die Arbeiterklasse realiter größern Anteil an dem für Konsumtion bestimmten Teil des jährlichen Produkts erhält. Jene Periode müsste – von dem Gesichtspunkt dieser Ritter vom gesunden und „einfachen" (!) Menschenverstand - umgekehrt die Krise entfernen.<br/> Es scheint also, daß die kapitalistische Produktion vom guten oder bösen Willen unabhängige Bedingungen einschließt, die jene relative Prosperität der Arbeiterklasse nur momentan zulassen, und zwar immer nur als Sturmvogel einer Krise.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band24.pdf Kapital 2.Band, MEW Band 24], S.409f.)}}<br />
<br />
==Produktivkraftentwicklung==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Produktivkraftentwicklung ist ein wichtiges Element der kapitalistischen Produktion, denn ab einem gewissen Punkt wird sie der mächtigste Hebel der Akkumulation. Der gesellschaftliche Produktivgrad der Arbeit drückt sich in dem Verhältnis zwischen eingesetzten Produktionsmitteln und der Arbeitskraft aus. Bei wachsender Produktivkraftentwicklung werden im Produktionsprozess zunehmend mehr Produktionsmittel eingesetzt, was das Verhältnis von eingesetzter Arbeitskraft und Produktionsmittel entscheidend ändert. Ein Arbeiter kann nun mehr Produktionsmittel in kürzerer Zeit verbrauchen. Somit ändert sich die technische Zusammensetzung des Kapitals, also das Verhältnis der Masse der angewandten Produktionsmittel und der dazu benötigten Arbeitskraft, durch die Steigerung der Produktivkraftentwicklung. <br />
<br />
Diese Veränderung spiegelt sich wieder in der Veränderung der Zusammensetzung des Kapitals. Der Anteil des konstanten Kapitals steigt und der Anteil des variablen Kapitals sinkt. Der Unterschied der technischen Zusammensetzung ist allerdings größer als derjenige der Kapitalzusammensetzung, da der Wert des einzelnen Produktionsmittel sinkt. Der konstante Kapitalteil steigt also nicht proportional zu der gesteigerten Masse an Produktionsmitteln, und die Kapitalzusammensetzung verschiebt sich nicht so schnell Richtung konstantes Kapital wie die stoffliche Zusammensetzung desselben. Obwohl der variable Kapitalteil relativ abnimmt, kann er absolut steigen, da mehr Arbeitskraft für den Gebrauch der Produktionsmittel benötigt wird.<br />
<br />
Dadurch, dass die Rückverwandlung von Mehrwert in Kapital sich als wachsende Größe des Kapitals darstellt, ist sie gleichzeitig Grundlage einer erweiterten Stufenleiter der Produktion, der Methoden zur Steigerung der Produktivkraft der Arbeit und einer beschleunigten Produktion von Mehrwert. Ein gewisser Grad der Kapitalakkumulation ist also Bedingung der spezifisch kapitalistischen Produktionsweis, indem die Akkumulation des Kapitals beschleunigt wird. <br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Produktivität, Wachstum, Produktivkraftentwicklung, Wertzusammensetzung, Organische Zusammensetzung des Kapitals, Relative Mehrwertproduktion, Vergesellschaftung der Produktion, Technische Zusammensetzung des Kapitals<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Produktivkraftentwicklung wird von Marx im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|1. Band des Kapitals]] beschrieben. Hierbei zeigt er auf, dass die Steigerung der Produktivkraft mit der Veränderung des Verhältnisses der in der kapitalistischen Produktion eingesetzten Produktionsmittel und Arbeitskraft einhergeht. Dies verändert automatisch sowohl die technische, als auch die Wertzusammensetzung des Kapitals. Der Anteil des konstanten Kapitals steigt, während der Anteil des variablen Kapitals, sinkt.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Der gesellschaftliche Produktivgrad der Arbeit drückt sich im relativen Größenumfang der Produktionsmittel aus, die ein Arbeiter während gegebener Zeit, mit derselben Anspannung von Arbeitskraft, in Produkt verwandelt.<br />
Die Masse der Produktionsmittel, womit er funktioniert, wächst mit der Produktivität seiner Arbeit.<br/>Das Wachstum der Produktionsmittel ist Folge und Bedingung der wachsenden Produktivität der Arbeit.<br />
<br />
{{Zitat |Abgesehn von Naturbedingungen, wie Fruchtbarkeit des Bodens usw., und vom Geschick unabhängiger und isoliert arbeitender Produzenten, das sich jedoch mehr qualitativ in der Güte als quantitativ in der Masse des Machwerks bewährt, drückt sich der gesellschaftliche Produktivgrad der Arbeit aus im relativen Größenumfang der Produktionsmittel, welche ein Arbeiter, während gegebner Zeit, mit derselben Anspannung von Arbeitskraft, in Produkt verwandelt.<br/>Die Masse der Produktionsmittel, womit er funktioniert, wächst mit der Produktivität seiner Arbeit. Diese Produktionsmittel spielen dabei eine doppelte Rolle. Das Wachstum der einen ist Folge, das der andren Bedingung der wachsenden Produktivität der Arbeit.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.650)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Im Verlauf der Akkumulation tritt ein Punkt ein, wo die Entwicklung der Produktivität der Arbeit der mächtigste Hebel der Akkumulation wird.<br />
<br />
{{Zitat |Die allgemeinen Grundlagen des kapitalistischen Systems einmal gegeben, tritt im Verlauf der Akkumulation jedesmal ein Punkt ein, wo die Entwicklung der Produktivität der gesellschaftlichen Arbeit der mächtigste Hebel der Akkumulation wird.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.650)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Zunahme der Produktivität der Arbeit erscheint in der Abnahme der Arbeitsmasse verhältnismäßig zu der von ihr bewegten Masse von Produktionsmitteln oder in der Größenabnahme des subjektiven Faktors des Arbeitsprozesses, verglichen mit seinen objektiven Faktoren.<br/><br />
Diese Veränderung in der technischen Zusammensetzung des Kapitals – das Wachstum der Produktionsmittel verglichen mit dem der Arbeiterklasse, spiegelt sich wider in seiner Wertzusammensetzung, in der Zunahme des konstanten Bestandteil des Kapitals. <br />
<br />
{{Zitat |Die Zunahme der letzteren erscheint also in der Abnahme der Arbeitsmasse verhältnismäßig zu der von ihr bewegten Masse von Produktionsmitteln oder in der Größenabnahme des subjektiven Faktors des Arbeitsprozesses, verglichen mit seinen objektiven Faktoren. Diese Veränderung in der technischen Zusammensetzung des Kapitals, das Wachstum in der Masse der Produktionsmittel, verglichen mit der Masse der sie belebenden Arbeitskraft, spiegelt sich wider in seiner Wertzusammensetzung, in der Zunahme des konstanten Bestandteils des Kapitalwerts auf Kosten seines variablen Bestandteils.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.651f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Die Änderung der Zusammensetzung der stofflichen Bestandteile ist größer als die der Wertzusammensetzung, da der Wert des einzelnen Produktionsmittel sinkt. <br />
<br />
{{Zitat |Die Abnahme des variablen Kapitalteils gegenüber dem konstanten oder die veränderte Zusammensetzung des Kapitalwerts zeigt jedoch nur annähernd den Wechsel in der Zusammensetzung seiner stofflichen Bestandteile an. […] Der Grund ist einfach der, daß mit der wachsenden Produktivität der Arbeit nicht nur der Umfang der von ihr vernutzten Produktionsmittel steigt, sondern deren Wert, verglichen mit ihrem Umfang, sinkt. Ihr Wert steigt also absolut, aber nicht proportionell mit ihrem Umfang. Das Wachstum der Differenz zwischen konstantem und variablem Kapital ist daher viel kleiner als das der Differenz zwischen der Masse der Produktionsmittel, worin das konstante, und der Masse Arbeitskraft, worin das variable Kapital umgesetzt wird. Die erstere Differenz nimmt zu mit der letzteren, aber in geringerem Grad.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.651f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Die absolute Größe des variablen Kapitalteils kann trotz seiner relativen Abnahme steigen, da mehr Arbeitskraft notwendig ist, um die Produktionsmittel zu verarbeiten.<br />
<br />
{{Zitat |Übrigens, wenn der Fortschritt der Akkumulation die relative Größe des variablen Kapitalteils vermindert, schließt er damit die Steigerung ihrer absoluten Größe keineswegs aus.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.652)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Die Kooperation auf großer Stufenleiter, welche Produktionsmittel durch massenhafte Konzentration ökonomisiert, ist Voraussetzung für die Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit. <br />
<br />
{{Zitat |Im vierten Abschnitt wurde gezeigt, wie die Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit Kooperation auf großer Stufenleiter voraussetzt, wie nur unter dieser Voraussetzung Teilung und Kombination der Arbeit organisiert, Produktionsmittel durch massenhafte Konzentration ökonomisiert, schon stofflich nur gemeinsam anwendbare Arbeitsmittel, z.B. System der Maschinerie usw., ins Leben gerufen, ungeheure Naturkräfte in den Dienst der Produktion gepreßt und die Verwandlung des Produktionsprozesses in technologische Anwendung der Wissenschaft vollzogen werden können.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.652)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Ein gewisser Grad der Kapitalakkumulation ist Bedingung für die kapitalistische Produktionsweise, welche eine beschleunigte Akkumulation verursacht. Beide Faktoren verursachen den Wechsel in der technischen Zusammensetzung des Kapitals. Der Anteil des variablen Kapitals nimmt ab, der des konstanten Kapitals nimmt zu.<br />
<br />
{{Zitat |Die kontinuierliche Rückverwandlung von Mehrwert in Kapital stellt sich dar als wachsende Größe des in den Produktionsprozeß eingehenden Kapitals. Diese wird ihrerseits Grundlage einer erweiterten Stufenleiter der Produktion, der sie begleitenden Methoden zur Steigerung der Produktivkraft der Arbeit und beschleunigter Produktion von Mehrwert. Wenn also ein gewisser Grad der Kapitalakkumulation als Bedingung der spezifisch kapitalistischen Produktionsweise erscheint, verursacht die letztere rückschlagend eine beschleunigte Akkumulation des Kapitals. Mit der Akkumulation des Kapitals entwickelt sich daher die spezifisch kapitalistische Produktionsweise und mit der spezifisch kapitalistischen Produktionsweise die Akkumulation des Kapitals. Diese beiden ökonomischen Faktoren erzeugen, nach dem zusammengesetzten Verhältnis des Anstoßes, den sie sich gegenseitig erteilen, den Wechsel in der technischen Zusammensetzung des Kapitals, durch welchen der variable Bestandteil immer kleiner und kleiner wird, verglichen mit dem konstanten.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.653)}}<br />
<br />
==Konzentration des Kapitals==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Konzentration des Kapitals beschreibt die wachsende Konzentration der Produktionsmittel in den Händen der Kapitalisten, welche durch ein Wachstum vieler individueller und somit des gesellschaftlichen Kapitals gesteuert wird. Dieser Prozess ist identisch mit der Akkumulation. Durch das Abspalten alter Kapitale und Bildung neuer Kapitale wächst auch die Kapitalistenklasse. Das Kapital ist auf viele individuelle Kapitalisten verteilt, die sich in der freien Konkurrenz gegenüber stehen, sich also gegenseitig abstoßen.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Kapitalkonzentration, Kapitalakkumulation<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Konzentration des Kapitals beschreibt Marx im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|1. Band des Kapitals]] als eine wachsende Konzentration in den Händen der Kapitalisten. Dadurch, dass viele individuelle Kapitale wachsen, spalten sich einige von ihnen ab oder bilden sich neu. Daraus schlussfolgert Marx ein absolutes Wachsen der Anzahl an Kapitalisten.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Jedes individuelle Kapital ist bereits eine größere oder kleinere Konzentration von Produktionsmitteln. Das Wachstum des gesellschaftlichen Kapitals vollzieht sich im Wachstum vieler individueller Kapitale. Mit ihnen wächst die Konzentration der Produktionsmittel. Zugleich reißen sich Ableger los und fungieren als neue Kapitale. Mit der Akkumulation wächst daher auch die Anzahl der Kapitalisten. Dieser Prozess ist identisch mit der Akkumulation: Wachsende Konzentration der gesellschaftlichen Produktionsmittel in den Händen individueller Kapitalisten. Das Kapital ist verteilt auf viele Punkte, das Wachstum der Kapitale ist durchkreuzt durch die Bildung neuer und die Spaltung alter Kapitale. Akkumulation stellt sich dar als wachsende Konzentration der Produktionsmittel einerseits, andererseits als Abstoßen vieler individueller Kapitale voneinander.<br />
<br />
{{Zitat |Jedes individuelle Kapital ist eine größere oder kleinere Konzentration von Produktionsmitteln mit entsprechendem Kommando über eine größere oder kleinere Arbeiterarmee. Jede Akkumulation wird das Mittel neuer Akkumulation. Sie erweitert mit der vermehrten Masse des als Kapital funktionierenden Reichtums seine Konzentration in den Händen individueller Kapitalisten, daher die Grundlage der Produktion auf großer Stufenleiter und der spezifisch kapitalistischen Produktionsmethoden. Das Wachstum des gesellschaftlichen Kapitals vollzieht sich im Wachstum vieler individuellen Kapitale. Alle andren Umstände als gleichbleibend vorausgesetzt, wachsen die individuellen Kapitale, und mit ihnen die Konzentration der Produktionsmittel, im Verhältnis, worin sie aliquote Teile des gesellschaftlichen Gesamtkapitals bilden. Zugleich reißen sich Ableger von den Originalkapitalen los und funktionieren als neue selbständige Kapitale. Eine große Rolle spielt dabei unter anderm die Teilung des Vermögens in Kapitalistenfamilien. Mit der Akkumulation des Kapitals wächst daher auch mehr oder minder die Anzahl der Kapitalisten. Zwei Punkte charakterisieren diese Art Konzentration, welche unmittelbar auf der Akkumulation beruht oder vielmehr mit ihr identisch ist. Erstens: Die wachsende Konzentration der gesellschaftlichen Produktionsmittel in den Händen individueller Kapitalisten ist, unter sonst gleichbleibenden Umständen, beschränkt durch den Wachstumsgrad des gesellschaftlichen Reichtums. Zweitens: Der in jeder besondren Produktionssphäre ansässige Teil des gesellschaftlichen Kapitals ist verteilt unter viele Kapitalisten, welche einander als unabhängige und miteinander konkurrierende Warenproduzenten gegenüberstehn. Die Akkumulation und die sie begleitende Konzentration sind also nicht nur auf viele Punkte zersplittert, sondern das Wachstum der funktionierenden Kapitale ist durchkreuzt durch die Bildung neuer und die Spaltung alter Kapitale. Stellt sich die Akkumulation daher einerseits dar als wachsende Konzentration der Produktionsmittel und des Kommandos über Arbeit, so andrerseits als Repulsion vieler individueller Kapitale voneinander.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.653f.)}}<br />
<br />
==Zentralisation der Kapitale==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Als Zentralisation bezeichnet man das Wachstum des Kapitalumfanges in den Händen einzelner Kapitalisten oder Kapitalistengruppen durch den Zusammenschluss schon bestehender kleinerer Kapitale zu größeren. Durch die Zusammenschlüsse nimmt die Anzahl an Einzelkapitalen ab. Die Zentralisation ist Kenntzeichen der höchsten Form der Kapitalistischen Monopolvereinigung (siehe hierzu: [[Der imperialistische Kapitalismus|Imperialismus]]). Die größeren Kapitalisten mit größerer Akkumulation und dadurch Konzentration schlagen die kleineren. Das bedeutet den Untergang der kleineren, deren Kapitale teils in die Hand der größeren Kapitalisten übergehen, teils untergehen. Einen mächtigen Hebel der Zentralisation bildet das Kreditwesen, in dem es eine fruchtbare Waffe im Konkurrenzkampf wird und sich schließlich selbst in einen Mechanismus zur Zentralisation der Kapitale verwandelt. Die Zentralisation ist Ausgangspunkt für eine umfassendere Organisation der Gesamtarbeit. Einzelne Produktionsprozesse werden zu gesellschaftlich kombinierten und wissenschaftlich disponierten Produktionsprozessen. Die Akkumulation ist ein langsamer, allmählicher Prozess, Zentralisation dagegen schnell. Sprunghafter technischer Fortschritt wird durch Zentralisation, großes Kapital in einzelner Hand, beschleunigt. Der Anteil des konstanten Kapitals nimmt aufgrund dieser Produktivkraftentwicklung zu, derjenige des veriablen Kapitals ab.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Zentralisation der Kapitale, Kredit, Zentralisation, Konkurrenz, Kreditwesen, Übernahme, Akkumulation, Vergesellschaftung der Produktion, Organische Zusammensetzung des Kapitals, Arbeitslosigkeit, Industrielle Reservearmee<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Marx beschreibt die Charakteristik der Zentralisation im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]]. <br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Dem entgegen wirkt die nicht mehr einfache Konzentration, die mit der Akkumulation identisch ist, sondern Konzentration bereits gebildeter Kapitale, Aufhebung ihrer individuellen Selbständigkeit, Expropriation von Kapitalist durch Kapitalist. Verwandlung vieler kleinerer in weniger größere Kapitale. Der Unterschied zur Konzentration durch Akkumulation ist, dass er nur eine veränderte Verteilung der bereits vorhandenen und funktionierenden Kapitale voraussetzt. Es ist die eigentliche Zentralisation um Unterschied zur Akkumulation und Konzentration. <br />
<br />
{{Zitat |Dieser Zersplitterung des gesellschaftlichen Gesamtkapitals in viele individuelle Kapitale oder der Repulsion seiner Bruchteile voneinander wirkt entgegen ihre Attraktion. Es ist dies nicht mehr einfache, mit der Akkumulation identische Konzentration von Produktionsmitteln und Kommando über Arbeit. Es ist Konzentration bereits gebildeter Kapitale, Aufhebung ihrer individuellen Selbständigkeit, Expropriation von Kapitalist durch Kapitalist, Verwandlung vieler kleineren in weniger größere Kapitale. Dieser Prozeß unterscheidet sich von dem ersten dadurch, daß er nur veränderte Verteilung der bereits vorhandnen und funktionierenden Kapitale voraussetzt, sein Spielraum also durch das absolute Wachstum des gesellschaftlichen Reichtums oder die absoluten Grenzen der Akkumulation nicht beschränkt ist. Das Kapital schwillt hier in einer Hand zu großen Massen, weil es dort in vielen Händen verlorengeht. Es ist die eigentliche Zentralisation im Unterschied zur Akkumulation und Konzentration.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.654)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Das Kreditwesen wird eine neue Waffe im Konkurrenzkampf. Konkurrenz und Kredit werden zu den beiden mächtigsten Hebeln der Zentralisation.<br />
<br />
<br />
{{Zitat |Abgesehn hiervon bildet sich mit der kapitalistischen Produktion eine ganz neue Macht, das Kreditwesen, das in seinen Anfängen verstohlen, als bescheidne Beihilfe der Akkumulation, sich einschleicht, durch unsichtbare Fäden die über die Oberfläche der Gesellschaft in größern oder kleinern Massen zersplitterten Geldmittel in die Hände individueller oder assoziierter Kapitalisten zieht, aber bald eine neue und furchtbare Waffe im Konkurrenzkampf wird und sich schließlich in einen ungeheuren sozialen Mechanismus zur Zentralisation der Kapitale verwandelt.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.654f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Konkurrenz und der Kredit stehen im selben Verhältnis wie kapitalistische Produktion und Akkumulation, das eine bedingt das andere. Der Fortschritt der Akkumulation vermehrt die Einzelkapitale. Gesellschaftliches Bedürfnis und technische Mittel schaffen den Antrieb zur Ausweitung der kapitalistischen Produktion und somit zu gewaltigen industriellen Unternehmungen, deren Durchführung an eine vorangegangene Zentralisation des Kapitals gebunden ist. Der Fortschritt der Zentralisation hängt nicht vom Größenwachstum des gesellschaftlichen Kapitals ab, sie kann durch bloße veränderte Verteilung schon bestehender Kapitale erfolgen. Kapital kann in einer Hand zu gewaltigen Massen anwachsen, weil es vielen einzelnen Händen entzogen wird. In einem Geschäftszweig hätte die Zentralisation ihre Grenze erreicht, wenn alle dort angelegten Kapital zu einem Einzelkapital verschmolzen wären. <br />
<br />
{{Zitat |Im Maß wie die kapitalistische Produktion und Akkumulation, im selben Maß entwickeln sich Konkurrenz und Kredit, die beiden mächtigsten Hebel der Zentralisation. Daneben vermehrt der Fortschritt der Akkumulation den zentralisierbaren Stoff, d.h. die Einzelkapitale, während die Ausweitung der kapitalistischen Produktion, hier das gesellschaftliche Bedürfnis, dort die technischen Mittel jener gewaltigen industriellen Unternehmungen schafft, deren Durchführung an eine vorgängige Zentralisation des Kapitals gebunden ist. Heutzutage ist also die gegenseitige Attraktionskraft der Einzelkapitale und die Tendenz zur Zentralisation stärker als je zuvor. Wenn aber auch die relative Ausdehnung und Energie der zentralisierenden Bewegung in gewissem Grad bestimmt ist durch die schon erreichte Größe des kapitalistischen Reichtums und die Überlegenheit des ökonomischen Mechanismus, so hängt doch der Fortschritt der Zentralisation keineswegs ab von dem positiven Größenwachstum des gesellschaftlichen Kapitals. Und dies speziell unterscheidet die Zentralisation von der Konzentration, die nur ein andrer Ausdruck für die Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter ist. Die Zentralisation kann erfolgen durch bloße veränderte Verteilung schon bestehender Kapitale, durch einfache Veränderung der quantitativen Gruppierung der Bestandteile des gesellschaftlichen Kapitals. Das Kapital kann hier zu gewaltigen Massen in einer Hand anwachsen, weil es dort vielen einzelnen Händen entzogen wird. In einem gegebnen Geschäftszweig hätte die Zentralisation ihre äußerste Grenze erreicht, wenn alle darin angelegten Kapitale zu einem Einzelkapital verschmolzen wären.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.655)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Die Zentralisation ergänzt die Akkumulation. Sie kann auf verschiedenen Wegen stattfinden, durch Annexion, Verschmelzung oder der Bildung von Aktiengesellschaften - die Wirkung bleibt dieselbe. Die Ausdehnung der industriellen Tätigkeit ist Ausgangspunkt für umfassendere Organisation der Gesamtarbeit. Einzelne Produktionsprozesse werden zu gesellschaftlich kombinierten und wissenschaftlich disponierten Produktionsprozessen. <br />
<br />
{{Zitat |Die Zentralisation ergänzt das Werk der Akkumulation, indem sie die industriellen Kapitalisten instand setzt, die Stufenleiter ihrer Operationen auszudehnen. Sei dies letztre Resultat nun Folge der Akkumulation oder der Zentralisation; vollziehe sich die Zentralisation auf dem gewaltsamen Weg der Annexion - wo gewisse Kapitale so überwiegende Gravitationszentren für andre werden, daß sie deren individuelle Kohäsion brechen und dann die vereinzelten Bruchstücke an sich ziehn - oder geschehe die Verschmelzung einer Menge bereits gebildeter, resp. in der Bildung begriffner Kapitale vermittelst des glatteren Verfahrens der Bildung von Aktiengesellschaften - die ökonomische Wirkung bleibt dieselbe. Die gewachsne Ausdehnung der industriellen Etablissements bildet überall den Ausgangspunkt für eine umfassendere Organisation der Gesamtarbeit vieler, für eine breitre Entwicklung ihrer materiellen Triebkräfte, d.h. für die fortschreitende Umwandlung vereinzelter und gewohnheitsmäßig betriebner Produktionsprozesse in gesellschaftlich kombinierte und wissenschaftlich disponierte Produktionsprozesse.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.656)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Zentralisation ist im Vergleich zur Konzentration ein schnellerer Prozess. Ohne Zentralisation hätte es sehr lange gedauert, bis einzelne Unternehmen groß genug gewesen wären, um die Eisenbahn zu bauen. Die Zentralisation steigert und beschleunigt die Wirkung der Akkumulation und beschleunigt gleichzeitig die Umwälzungen in der technischen Zusammensetzung des Kapitals – Zunahme des konstanten Kapitals auf Kosten des variablen. Abnahme der Nachfrage nach Arbeit.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist aber klar, daß die Akkumulation, die allmähliche Vermehrung des Kapitals durch die aus der Kreisform in die Spirale übergehende Reproduktion ein gar langsames Verfahren ist, im Vergleich mit der Zentralisation, die nur die quantitative Gruppierung der integrierenden Teile des gesellschaftlichen Kapitals zu ändern braucht. Die Welt wäre noch ohne Eisenbahnen, hätte sie solange warten müssen, bis die Akkumulation einige Einzelkapitale dahin gebracht hätte, dem Bau einer Eisenbahn gewachsen zu sein. Die Zentralisation dagegen hat dies, vermittelst der Aktiengesellschaften, im Handumdrehn fertiggebracht. Und während die Zentralisation so die Wirkungen der Akkumulation steigert und beschleunigt, erweitert und beschleunigt sie gleichzeitig die Umwälzungen in der technischen Zusammensetzung des Kapitals, die dessen konstanten Teil vermehren auf Kosten seines variablen Teils und damit die relative Nachfrage nach Arbeit vermindern.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.656)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Das Kapital erneuert sich, in einer verbesserten technischen Ausgestaltung, die es möglich macht mit weniger Arbeit größere Massen an Maschinen in Gang zu setzen. Die Abnahme der Nachfrage nach Arbeit wird größer, je mehr Zentralisation herrscht.<br />
<br />
{{Zitat |Die im Lauf der normalen Akkumulation gebildeten Zusatzkapitale (s. Kap.XXII, 1) dienen vorzugsweise als Vehikel zur Exploitation neuer Erfindungen und Entdeckungen, überhaupt industrieller Vervollkommnungen. Aber auch das alte Kapital erreicht mit der Zeit den Moment seiner Erneuerung an Haupt und Gliedern, wo es sich häutet und ebenfalls wiedergeboren wird in der vervollkommneten technischen Gestalt, worin eine geringere Masse Arbeit genügte, eine größere Masse Maschinerie und Rohstoffe in Bewegung zu setzen. Die hieraus notwendig folgende absolute Abnahme der Nachfrage nach Arbeit wird selbstredend um so größer, je mehr die diesen Erneuerungsprozeß durchmachenden Kapitale bereits zu Massen angehäuft sind vermöge der zentralisierenden Bewegung. Einerseits attrahiert also das im Fortgang der Akkumulation gebildete Zuschußkapital, verhältnismäßig zu seiner Größe, weniger und weniger Arbeiter. Andrerseits repelliert das periodisch in neuer Zusammensetzung reproduzierte alte Kapital mehr und mehr früher von ihm beschäftigte Arbeiter.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.657)}}<br />
<br />
==Kapitalistische Konkurrenz ==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die kapitalistische Konkurrenz beschreibt das Verhältnis einzelner Kapitalisten untereinander. Wenn die kapitalistische Produktion eine neue Stufenleiter erreicht, so steigt auch die Produktivität der Arbeit, was wiederum die Preise der Waren sinken lässt. Die Konkurrenz unter Kapitalisten nimmt dadurch zu, da auf jeder höheren Stufe der Stufenleiter der Minimalumfang, den ein individuelles Kapital haben muss um profitabel zu sein, steigt. Das größere Kapital schlägt deshalb die kleineren in der direkten Konkurrenz. Kleinere Kapitale bewegen sich in Produktionssphären, die nicht mehr von großen Kapitalen erschlossen sind. <br />
<br />
Ein weiteres Phänomen der kapitalistischen Produktion auf erweiterter Stufenleiter ist die Bildung des Kreditwesens, welches Anfangs als Stütze und Hilfe der Akkumulation dient. Das Kreditwesen konzentriert die vielen größeren und kleineren Geldmittel der Gesellschaft in den Händen der Kapitalisten und spielt eine zunehmend wichtigere Rolle in der Zentralisation der Kapitale. <br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Konkurrenz, Übernahme, Kredit <br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Marx beschreibt die kapitalistische Konkurrenz im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|1. Band des Kapitals]] mit dem Verhältnis der vielen großen und kleinen Kapitale untereinander. Die Konkurrenz bewirkt, dass viele kleine Kapitale sich den großen beugen müssen und von ihnen vereinnahmt werden. Durch die kapitalistische Produktion entsteht auch das Kreditwesen, welches die unterschiedlichen Geldmittel der Gesellschaft in den Händen der Kapitalisten konzentriert und weiterhin eine wichtige Rolle in der Zentralisation der Kapitale spielt. <br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die Konkurrenz wird durch Preis der Waren geführt, der von der Produktivität der Arbeit abhängt, dieser wiederum von der Stufenleiter der Produktion. Die größeren Kapitale schlagen die kleineren. Mit Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise ist der Minimalumfang des Kapitals größer. Kleinere Kapital drängen daher in Produktionssphären, deren sich die große Industrie noch nicht bemächtigt hat. Viele kleine gehen unter oder landen in der Hand des Siegers.<br/>Mit der kapitalistischen Produktion bildet sich eine neue Macht: Das Kreditwesen. Anfangs als Hilfe der Akkumulation, sich einschleichend, durch unsichtbare Fäden die über die Oberfläche der Gesellschaft in größere oder kleinere Massen zersplitterte Geldmittel in die Hände individueller oder assoziierter Kapitalisten zieht. <br />
<br />
{{Zitat |Der Konkurrenzkampf wird durch Verwohlfeilerung der Waren geführt. Die Wohlfeilheit der Waren hängt, caeteris paribus, von der Produktivität der Arbeit, diese aber von der Stufenleiter der Produktion ab. Die größeren Kapitale schlagen daher die kleineren. Man erinnert sich ferner, daß mit der Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise der Minimalumfang des individuellen Kapitals wächst, das erheischt ist, um ein Geschäft unter seinen normalen Bedingungen zu betreiben. Die kleineren Kapitale drängen sich daher in Produktionssphären, deren sich die große Industrie nur noch sporadisch oder unvollkommen bemächtigt hat. Die Konkurrenz rast hier im direkten Verhältnis zur Anzahl und im umgekehrten Verhältnis zur Größe der rivalisierenden Kapitale. Sie endet stets mit Untergang vieler kleineren Kapitalisten, deren Kapitale teils in die Hand des Siegers übergehn, teils untergehn.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.654f.)}}<br />
<br />
==Entstehung und Funktion der Industriellen Reservearmee ==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die industrielle Reservearmee sind diejenigen Arbeiter, die gezwungen sind ihre Arbeitskraft zu verkaufen, aber keinen Käufer dafür finden. Durch Produktivkraftentwicklung ändert sich die Kapitalzusammensetzung erfordert für die selbe Menge an Produkten weniger Arbeitskraft. Mit der durch die Arbeiter selbst produzierten Akkumulation des Kapitals produziert die Arbeiterbevölkerung in wachsendem Umfang demnach die Mittel ihrer eigenen relativen Überzähligmachung. Das ist das eigene Populationsgesetz in der kapitalistischen Produktionsweise. Die immer einsetzbare industrielle Reservearmee schafft für die wechselnden Verwertungsbedürfnisse des Kapitals das stets ausbeutbare Menschenmaterial, unabhängig von den Schranken der wirklichen Zunahme der Bevölkerung. Es kommt demnach zur Freisetzung von Arbeitskraft. Dadurch entsteht eine Bewegung in der immer Teile der Arbeiter halbbeschäftigt oder unbeschäftigt sind. Der einzelne Arbeiter stemmt dann mehr Arbeit, aber es werden nicht mehr Arbeiter beschäftigt. <br />
<br />
Jeder Kapitalist hat das absolute Interesse, ein bestimmtes Arbeitsquantum aus kleinerer Arbeiterzahl auszupressen. Dies tut er durch größere extensive oder intensive Ausbeutung der individuellen Arbeitskräfte. Mit der Steigerung der Produktivkraft der Arbeit, steigert das Kapital also seine Zufuhr von Arbeit rascher als die Zufuhr von Arbeitern. Die Überarbeit des beschäftigten Teils schwellt die Reihen ihrer Reserve. Die Reserve übt wiederum indirekt Druck auf Beschäftigte aus, wodurch sie durch die Kapitalisten zu Überarbeit gezwungen werden können. Der Zwang zu Müßiggang und der Zwang zu Überarbeit wird Bereicherungsmittel des einzelnen Kapitalisten. Das Einsaugen und Abstoßen von Arbeitskraft wird noch intensiviert durch die zyklischen Bewegungen von Aufschwung und Krise. Die allgemeinen Bewegungen des Arbeitslohns sind ausschließlich reguliert durch die Expansion und Kontraktion der industriellen Reservearmee, welche dem Periodenwechsel des industriellen Zyklus entsprechen. Sie sind bestimmt durch das wechselnde Verhältnis worin die Arbeiterklasse in aktive Armee und Reservearmee zerfällt.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Arbeitslosigkeit, Industrielle Reservearmee, Wachstum des Gesamtkapitals, Relative Überbevölkerung, Krise, Aufschwung, Ausbeutung, Relative Mehrwertproduktion, Mehrarbeit, Produktivkraftentwicklung, Variables Kapital, Organische Zusammensetzung des Kapitals, Arbeitslosigkeit, Arbeitslohn, Lohndruck, Nachfrage nach Arbeit, Zyklus <br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Mit der schon bei David Ricardo zu findenden Vorstellung einer zunehmenden Mechanisierung des Produktionsprozesses bei gleichzeitiger Abnahme der Nachfrage nach Arbeitskraft begründet Karl Marx im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] die Entstehung einer wachsenden "industriellen Reservearmee". Diese relative Überbevölkerung wird von Marx als Konsequenz des Akkumulationsprozesses im Kapitalismus und der Produktivkraftentwicklung verdeutlicht. Die Aufrechterhaltung der industriellen Reservearmee führt zu einem Zerfall des Klassenzusammenhalts und zersetzt somit die Kräfte der Arbeiterschaft. Grund dafür ist, dass mehr Arbeitskräfte als Arbeitsplätze vorhanden sind und der Konkurrenzdruck dadurch steigt. Der Kapitalismus ist folglich auf die industrielle Reservearmee angewiesen, um die Löhne niedrig halten zu können und eine Solidarität zwischen Arbeitern und Arbeitslosen zu verhindern.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Da die Nachfrage nach Arbeit nicht durch den Umfang des Gesamtkapitals, sondern durch den seines variablen Bestandteils bestimmt ist, fällt sie also progressiv mit dem Wachstum des Gesamtkapitals, statt verhältnismäßig mit ihm zu wachsen. Mit Wachstum des Gesamtkapitals wächst zwar auch sein variabler Bestandteil, die ihm einverleibte Arbeitskraft, aber in beständig abnehmender Proportion. <br />
<br />
{{Zitat |Da die Nachfrage nach Arbeit nicht durch den Umfang des Gesamtkapitals, sondern durch den seines variablen Bestandteils bestimmt ist, fällt sie also progressiv mit dem Wachstum des Gesamtkapitals, statt, wie vorhin unterstellt, verhältnismäßig mit ihm zu wachsen. Sie fällt relativ zur Größe des Gesamtkapitals und in beschleunigter Progression mit dem Wachstum dieser Größe. Mit dem Wachstum des Gesamtkapitals wächst zwar auch sein variabler Bestandteil, oder die ihm einverleibte Arbeitskraft, aber in beständig abnehmender Proportion.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.658)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Auf der anderen Seite wächst die relative Arbeiterbevölkerung schneller als das variable Kapital. Es kommt zu einer relativen, also für die durchschnittlichen Verwertungsbedürfnisse des Kapitals überschüssigen, daher überflüssigen Arbeiterbevölkerung, sprich einem Überangebot an Arbeitskraft. Die Reservearmee wächst im Verhältnis zum Umfang der Akkumulation.<br />
<br />
<br />
{{Zitat |Diese mit dem Wachstum des Gesamtkapitals beschleunigte und rascher als sein eignes Wachstum beschleunigte relative Abnahme seines variablen Bestandteils scheint auf der andren Seite umgekehrt stets rascheres absolutes Wachstum der Arbeiterbevölkerung als das des variablen Kapitals oder ihrer Beschäftigungsmittel. Die kapitalistische Akkumulation produziert vielmehr, und zwar im Verhältnis zu ihrer Energie und ihrem Umfang, beständig eine relative, d.h. für die mittleren Verwertungsbedürfnisse des Kapitals überschüssige, daher überflüssige oder Zuschuß-Arbeiterbevölkerung.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.658)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Mit Ausdehnung der Produktionsleiter, der Produktivität der Arbeit dehnt sich auch die Stufenleiter, worin größere Attraktion der Arbeiter mit größerer Repulsion derselben verbunden ist. Mit der durch sie selbst produzierten Akkumulation des Kapitals produziert die Arbeiterbevölkerung in wachsendem Umfang die Mittel ihrer eigenen relativen Überzähligmachung. Das ist das der kapitalistischen Produktionsweise eigene Populationsgesetz. <br />
<br />
{{Zitat |Mit der Größe des bereits funktionierenden Gesellschaftskapitals und dem Grad seines Wachstums, mit der Ausdehnung der Produktionsleiter und der Masse der in Bewegung gesetzten Arbeiter, mit der Entwicklung der Produktivkraft ihrer Arbeit, mit dem breiteren und volleren Strom aller Springquellen des Reichtums dehnt sich auch die Stufenleiter, worin größere Attraktion der Arbeiter durch das Kapital mit größerer Repulsion derselben verbunden ist, nimmt die Raschheit der Wechsel in der organischen Zusammensetzung des Kapitals und seiner technischen Form zu, und schwillt der Umkreis der Produktionssphären, die bald gleichzeitig, bald abwechselnd davon ergriffen werden. Mit der durch sie selbst produzierten Akkumulation des Kapitals produziert die Arbeiterbevölkerung also in wachsendem Umfang die Mittel ihrer eignen relativen Uberzähligmachung. Es ist dies ein der kapitalistischen Produktionsweise eigentümliches Populationsgesetz, wie in der Tat jede besondre historische Produktionsweise ihre besondren, historisch gültigen Populationsgesetze hat. Ein abstraktes Populationsgesetz existiert nur für Pflanze und Tier, soweit der Mensch nicht geschichtlich eingreift.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.659f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Das überschüssige Angebot an Arbeitskraft ist notwendiges Resultat der Akkumulation und sie ist umgekehrt Hebel der Akkumulation, eben Existenzbedingung der kap. Produktionsweise. Sie ist disponible industrielle Reservearmee, die dem Kapital ganz gehört, ist stets ausbeutbares Menschenmaterial unabhängig von der wirklichen Bevölkerungszunahme. <br />
<br />
{{Zitat |Wenn aber eine Surplusarbeiterpopulation notwendiges Produkt der Akkumulation oder der Entwicklung des Reichtums auf kapitalistischer Grundlage ist, wird diese Übervölkerung umgekehrt zum Hebel der kapitalistischen Akkumulation, ja zu einer Existenzbedingung der kapitalistischen Produktionsweise. Sie bildet eine disponible industrielle Reservearmee, die dem Kapital ganz so absolut gehört, als ob es sie auf seine eignen Kosten großgezüchtet hätte. Sie schafft für seine wechselnden Verwertungsbedürfnisse das stets bereite exploitable Menschenmaterial, unabhängig von den Schranken der wirklichen Bevölkerungszunahme.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.661)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Der zehnjährige Zyklus von Krise und Boom beruht auf der beständigen Bildung der relativen Überbevölkerung. Der industrielle Zyklus rekrutiert wiederum die relative Überbevölkerung, und wird zum entscheidenden Faktor ihrer Reproduktion. <br />
<br />
{{Zitat |Der charakteristische Lebenslauf der modernen Industrie, die Form eines durch kleinere Schwankungen unterbrochnen zehnjährigen Zyklus von Perioden mittlerer Lebendigkeit, Produktion unter Hochdruck, Krise und Stagnation, beruht auf der beständigen Bildung, größern oder geringem Absorption und Wiederbildung der industriellen Reservearmee oder Übervölkerung. Ihrerseits rekrutieren die Wechselfälle des industriellen Zyklus die Übervölkerung und werden zu einem ihrer energischsten Reproduktionsagentien.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.661)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
In der frühen Periode des Kapitalismus veränderte sich die Zusammensetzung des Kapitals nur allmählich, die Arbeitsnachfrage entsprach also im Großen und Ganzen verhältnismäßig dem Wachstum.<br />
<br />
{{Zitat |Dieser eigentümliche Lebenslauf der modernen Industrie, der uns in keinem frühern Zeitalter der Menschheit begegnet, war auch in der Kindheitsperiode der kapitalistischen Produktion unmöglich. Die Zusammensetzung des Kapitals veränderte sich nur sehr allmählich. Seiner Akkumulation entsprach also im Ganzen verhältnismäßiges Wachstum der Arbeitsnachfrage.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.661)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Die Bewegungsform der modernen Industrie erwächst aus der beständigen Verwandlung eines Teils der Arbeiterbevölkerung in unbeschäftigte oder halbbeschäftigte Hände. <br />
<br />
{{Zitat |Die ganze Bewegungsform der modernen Industrie erwächst also aus der beständigen Verwandlung eines Teils der Arbeiterbevölkerung in unbeschäftigte oder halbbeschäftigte Hände. Die Oberflächlichkeit der politischen Ökonomie zeigt sich u.a. darin, daß sie die Expansion und Kontraktion des Kredits, das bloße Symptom der Wechselperioden des industriellen Zyklus, zu deren Ursache macht.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.662)}}<br />
<br />
'''Annahme 8'''<br />
<br />
Wenn der individuelle Arbeiter mehr Arbeit liefert und daher sein Arbeitslohn steigt, obgleich der Arbeitspreis gleich bleibt, wird der Zuwachs von variablem Kapital zu Index von mehr Arbeit, aber nicht mehr Arbeitern. Jeder Kapitalist hat das absolute Interesse, ein bestimmtes Arbeitsquantum aus kleinerer Arbeiterzahl auszupressen. Dies ist der Grund für die Steigerung der organischen Zusammensetzung des Kapitals.<br />
<br />
{{Zitat |Bei gleichbleibender oder selbst verminderter Zahl der von ihm kommandierten Arbeiter wächst jedoch das variable Kapital, wenn der individuelle Arbeiter mehr Arbeit liefert und daher sein Arbeitslohn wächst, obgleich der Arbeitspreis gleichbleibt oder selbst sinkt, nur langsamer, als die Arbeitsmasse steigt. Der Zuwachs des variablen Kapitals wird dann Index von mehr Arbeit, aber nicht von mehr beschäftigten Arbeitern. Jeder Kapitalist hat das absolute Interesse, ein bestimmtes Arbeitsquantum aus kleinerer, statt ebenso wohlfeil oder selbst wohlfeiler aus größerer Arbeiterzahl auszupressen. In dem letzten Fall wächst die Auslage von konstantem Kapital verhältnismäßig zur Masse der in Fluß gesetzten Arbeit, im ersten Fall viel langsamer. Je größer die Stufenleiter der Produktion, desto entscheidender dies Motiv. Seine Wucht wächst mit der Akkumulation des Kapitals.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.664)}}<br />
<br />
'''Annahme 9'''<br />
<br />
Die Produktivkraft der Arbeit befähigt Kapitalisten mit derselben Auslage von variablem Kapital mehr Arbeit durch größere extensive oder intensive Ausbeutung der individuellen Arbeitskräfte flüssig zu machen. Er kauft mit demselben Kapitalwert mehr Arbeitskräfte, indem er geschicktere durch ungeschicktere, reife durch unreife, männliche durch weibliche,…ersetzt.<br/>Ein größeres variables Kapital macht mehr Arbeit flüssig, ohne mehr Arbeiter zu werben. <br/>Variables Kapital von derselben Größe macht mehr Arbeit mit derselben Masse Arbeitskraft flüssig und beschäftigt mehr niedere durch Verdrängung höherer Arbeitskräfte. <br/>Dies ist wichtig für die Zusammensetzung der Arbeiterklasse bzw. für die industrielle Reservearmee.<br />
<br />
{{Zitat |Man hat gesehn, daß die Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise und Produktivkraft der Arbeit - zugleich Ursache und Wirkung der Akkumulation - den Kapitalisten befähigt, mit derselben Auslage von variablem Kapital mehr Arbeit durch größere extensive oder intensive Exploitation der individuellen Arbeitskräfte flüssig zu machen. Man hat ferner gesehn, daß er mit demselben Kapitalwert mehr Arbeitskräfte kauft, indem er progressiv geschicktere Arbeiter durch ungeschicktere, reife durch unreife, männliche durch weibliche, erwachsne Arbeitskraft durch jugendliche oder kindliche verdrängt. Einerseits macht also, im Fortgang der Akkumulation, größeres variables Kapital mehr Arbeit flüssig, ohne mehr Arbeiter zu werben, andrerseits macht variables Kapital von derselben Größe mehr Arbeit mit derselben Masse Arbeitskraft flüssig und endlich mehr niedere Arbeitskräfte durch Verdrängung höherer.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.664f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 10'''<br />
<br />
Mit der Steigerung der Produktivkraft der Arbeit, steigert das Kapital seine Zufuhr von Arbeit rascher als die von Arbeitern. Die Überarbeit des beschäftigten Teils schwellt die Reihen ihrer Reserve. Reserve übt Druck auf Beschäftigte aus, zwingt sie zu Überarbeit. Zwang zu Müßiggang und Zwang zu Überarbeit wird Bereicherungsmittel des einzelnen Kapitalisten.<br />
<br />
{{Zitat |Wenn die Produktionsmittel, wie sie an Umfang und Wirkungskraft zunehmen, in geringerem Grad Beschäftigungsmittel der Arbeiter werden, wird dies Verhältnis selbst wieder dadurch modifiziert, daß im Maß, wie die Produktivkraft der Arbeit wächst, das Kapital seine Zufuhr von Arbeit rascher steigert als seine Nachfrage nach Arbeitern. Die Überarbeit des beschäftigten Teils der Arbeiterklasse schwellt die Reihen ihrer Reserve, während umgekehrt der vermehrte Druck, den die letztere durch ihre Konkurrenz auf die erstere ausübt, diese zur Überarbeit und Unterwerfung unter die Diktate des Kapitals zwingt. Die Verdammung eines Teils der Arbeiterklasse zu erzwungenem Müßiggang durch Überarbeit des andren Teils und umgekehrt, wird Bereicherungsmittel des einzelnen Kapitalisten und beschleunigt zugleich die Produktion der industriellen Reservearmee auf einem dem Fortschritt der gesellschaftlichen Akkumulation entsprechenden Maßstab.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.665f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 11'''<br />
<br />
Die allgemeinen Bewegungen des Arbeitslohns sind ausschließlich reguliert durch die Expansion und Kontraktion der industriellen Reservearmee, welche dem Periodenwechsel des industriellen Zyklus entsprechen. Sie sind bestimmt durch das wechselnde Verhältnis worin die Arbeiterklasse in aktive Armee und Reservearmee zerfällt. <br />
<br />
{{Zitat |Im großen und ganzen sind die allgemeinen Bewegungen des Arbeitslohns ausschließlich reguliert durch die Expansion und Kontraktion der industriellen Reservearmee, welche dem Periodenwechsel des industriellen Zyklus entsprechen. Sie sind also nicht bestimmt durch die Bewegung der absoluten Anzahl der Arbeiterbevölkerung, sondern durch das wechselnde Verhältnis, worin die Arbeiterklasse in aktive Armee und Reservearmee zerfällt, durch die Zunahme und Abnahme des relativen Umfangs der Übervölkerung, durch den Grad, worin sie bald absorbiert, bald wieder freigesetzt wird.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.666)}}<br />
<br />
'''Annahme 12'''<br />
<br />
Die industrielle Reservearmee drückt während der Perioden der Stagnation und mittleren Prosperität auf die aktive Arbeiterarmee und hält ihre Ansprüche während der Überproduktion und des Booms im Zaum. Die relative Überbevölkerung ist der Hintergrund, worauf das Gesetz der Nachfrage und Zufuhr von Arbeit sich bewegt. <br />
<br />
{{Zitat |Die industrielle Reservearmee drückt während der Perioden der Stagnation und mittleren Prosperität auf die aktive Arbeiterarmee und hält ihre Ansprüche während der Periode der Überproduktion und des Paroxysmus im Zaum. Die relative Übervölkerung ist also der Hintergrund, worauf das Gesetz der Nachfrage und Zufuhr von Arbeit sich bewegt. Sie zwängt den Spielraum dieses Gesetzes in die der Exploitationsgier und Herrschsucht des Kapitals absolut zusagenden Schranken ein.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.668)}}<br />
<br />
'''Annahme 13'''<br />
<br />
Die Akkumulation des Kapitals vermehrt die Nachfrage nach Arbeit, zugleich setzt sie Arbeiter „frei“. Der Druck der Unbeschäftigten zwingt die Beschäftigten zur Flüssigmachung von mehr Arbeit, macht also die Arbeitszufuhr in gewissem Grad von der Zufuhr von Arbeitern unabhängig. <br />
<br />
{{Zitat |Wenn seine Akkumulation einerseits die Nachfrage nach Arbeit vermehrt, vermehrt sie andrerseits die Zufuhr von Arbeitern durch deren „Freisetzung", während zugleich der Druck der Unbeschäftigten die Beschäftigten zur Flüssigmachung von mehr Arbeit zwingt, also in gewissem Grad die Arbeitszufuhr von der Zufuhr von Arbeitern unabhängig macht.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.669)}}<br />
<br />
==Formen der industriellen Reservearmee ==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Marx bezeichnet die industrielle Reservearmee als "relative Überbevölkerung". Ihr Angehörige werden vom Produktionsprozess abgestoßen und stehen in hoher Konkurrenz zu den derzeit Beschäftigten. Marx unterscheidet drei Typen der relativen Überbevölkerung: die flüssige, die latente und die stockende.<br />
<br />
Die ''flüssige'' relative Überbevölkerung zählen die Arbeiter in der Stadt, welche in Zeiten des Booms und des Aufschwungs beschäftigt sind und in Krisenzeiten wieder aus dem Produktionsprozess abgestoßen werden. Sind sie unbeschäftigt oder halbbeschäftigt, zählen sie zur industriellen Reservearmee. Die ''latente'' (versteckte) relative Überbevölkerung betrifft Arbeitsverhältnisse, die direkt in Arbeitslosigkeit münden oder nur Scheinalternativen zur Arbeitslosigkeit bieten. Sie rekrutiert sich aus den Tätigen in der Landwirtschaft, welche ihre Produktionsmittel verloren haben und in die Stadt ziehen müssen. Die ''stockende'' relative Überbevölkerung bildet einen Teil der aktiven Arbeiterarmee, aber mit durchweg unregelmäßiger Beschäftigung. Sie bietet dem Kapital einen unterschöpflichen Bestand disponibler Arbeitskraft.<br />
<br />
Dazu kommt noch der Pauperismus. Arbeitsunfähige, Invaliden, Verstümmelte usw., welche durch die Auswirkungen der Teilung der harten Arbeit arbeitsunfähig wurden, gehen in der Industrie unter. Die industrielle Reservearmee wächst mit der absoluten Größe des Proletariats und des gesellschaftlichen Reichtums. Je größer die industrielle Reservearmee, desto massenhafter die relative Überbevölkerung. Zu ihr gehört ebenfalls eine "Lazarusschicht", deren Angehörige nicht nur zyklisch, sondern dauerhaft keine Arbeit mehr finden. Sollten die Arbeiter entdecken, dass der Intensitätsgrad ihrer Konkurrenz vom Druck der relativen Überbevölkerung abhängt, sie also planmäßig zusammenwirken als Beschäftigte und Unbeschäftigte, wird dies für das Kapital ein Problem. <br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Klassenkampf, Überbevölkerung, Industrielle Reservearmee, Flüssige Überbevölkerung, Latente Überbevölkerung, Stockende Überbevölkerung, Landflucht, Armut, Pauperismus, Lumpenproletariat, Gesellschaftlicher Reichtum <br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Marx geht im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] nicht nur auf die industrielle Reservearmee ein, sondern leitet drei Typen der relativen Überbevölkerung von ihr ab. Er konnte bei seinen ökonomischen Studien im 19. Jahrhundert erkennen, dass es Arbeiter gab, die vollbeschäftigt waren, aber eben so diejenigen die nur unregelmäßig arbeiteten und zwischen der aktiven Arbeiterbevölkerung und der industriellen Reservearmee schwankten. Ebenfalls sah er dass es Menschen gab, die komplett unfähig waren, aufgrund von Verletzungen oder Erkrankungen, zu arbeiten und das diese besonders unter Armut litten. <br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
In dem selben Maß, wie die Arbeiter mehr arbeiten und die Produktivkraft ihrer Arbeit wächst, desto prekärer wird ihre Funktion als Verwertungsmittel des Kapitals. Wenn sie entdecken, dass der Intensitätsgrad der Konkurrenz unter ihnen vom Druck der relativen Überbevölkerung abhängt, sobald sie durch Trade Unions eine planmäßige Zusammenwirkung zwischen den Beschäftigten und Unbeschäftigten zu organisieren suchen, zetert das Kapital. Jeder Zusammenhalt zwischen den Beschäftigten und Unbeschäftigten stört das „reine“ Spiel jenes Gesetzes. <br />
<br />
{{Zitat |Die Bewegung des Gesetzes der Nachfrage und Zufuhr von Arbeit auf dieser Basis vollendet die Despotie des Kapitals. Sobald daher die Arbeiter hinter das Geheimnis kommen, wie es angeht, daß im selben Maß, wie sie mehr arbeiten, mehr fremden Reichtum produzieren und die Produktivkraft ihrer Arbeit wächst, sogar ihre Funktion als Verwertungsmittel des Kapitals immer prekärer für sie wird; sobald sie entdecken, daß der Intensitätsgrad der Konkurrenz unter ihnen selbst ganz und gar von dem Druck der relativen Übervölkerung abhängt; sobald sie daher durch Trade's Unions usw. eine planmäßige Zusammenwirkung zwischen den Beschäftigten und Unbeschäftigten zu organisieren suchen, um die ruinierenden Folgen jenes Naturgesetzes der kapitalistischen Produktion auf ihre Klasse zu brechen oder zu schwächen, zetert das Kapital und sein Sykophant, der politische Ökonom, über Verletzung des „ewigen“ und sozusagen „heiligen" Gesetzes der Nachfrage und Zufuhr. Jeder Zusammenhalt zwischen den Beschäftigten und Unbeschäftigten stört nämlich das „reine" Spiel jenes Gesetzes. Sobald andrerseits, in den Kolonien z.B., widrige Umstände die Schöpfung der industriellen Reservearmee und mit ihr die absolute Abhängigkeit der Arbeiterklasse von der Kapitalistenklasse verhindern, rebelliert das Kapital, samt seinem gemeinplätzlichen Sancho Pansa, gegen das „heilige" Gesetz der Nachfrage und Zufuhr und sucht ihm durch Zwangsmittel unter die Arme zu greifen.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.669f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Der Arbeiter gehört der relativen Überbevölkerung an, wenn er halb oder gar nicht beschäftigt ist.<br/>Der Phasenwechsel des industriellen Zyklus prägt ihr ihre Formen auf.<br />
Sie besitzt aber immer drei Formen: flüssige, latente, stockende.<br />
<br />
{{Zitat |Die relative Übervölkerung existiert in allen möglichen Schattierungen. Jeder Arbeiter gehört ihr an während der Zeit, wo er halb oder gar nicht beschäftigt ist. Abgesehn von den großen, periodisch wiederkehrenden Formen, welche der Phasenwechsel des industriellen Zyklus ihr aufprägt, so daß sie bald akut in den Krisen erscheint, bald chronisch in den Zeiten flauen Geschäfts, besitzt sie fortwährend drei Formen: flüssige, latente und stockende.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.670)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Arbeiter werden repelliert und attrahiert, hin- und hergechleudert, und dies bei beständigem Wechsel in Geschlecht, Alter und Geschick. Im großen und ganzen nimmt dadurch die Zahl der Beschäftigten zu, wenn auch stets im abnehmenden Verhältnis zur höheren Stufe der Produktionsleiter. Relative Überbevölkerung existiert hier in fließender Form.<br />
<br />
{{Zitat |Die Relative Überbevölkerung existiert in allen möglichen Schattierungen [...] besitzt sie fortwährend drei Formen: flüssige, latente und stockende.<br/>In den Zentren der modernen Industrie Fabriken, Manufakturen, Hütten und Bergwerken usw. - werden Arbeiter bald repeliiert, bald in größerem Umfang wieder attrahiert, so daß im großen und ganzen die Zahl der Beschäftigten zunimmt, wenn auch in stets abnehmendem Verhältnis zur Produktionsleiter. Die Übervölkerung existiert hier in fließender Form.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.670)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der beständige Fluss der Landarbeiter in die Städte setzt eine latente Überbevölkerung voraus. <br />
<br />
{{Zitat |Aber ihr beständiger Fluß nach den Städten setzt auf dem Lande selbst eine fortwährend latente Übervölkerung voraus, deren Umfang nur sichtbar wird, sobald sich die Abzugskanäle ausnahmsweise weit öffnen. Der Landarbeiter wird daher auf das Minimum des Salairs herabgedrückt und steht mit einem Fuß stets im Sumpf des Pauperismus.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.672)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Die stockende Überbevölkerung ist von unregelmäßiger Beschäftigung geprägt und stellt einen unerschöpflichen Behälter disponibler Arbeitskraft dar. Maximum der Arbeitszeit und Minimum des Lohns charakterisieren sie.<br />
<br />
{{Zitat |Die dritte Kategorie der relativen Übervölkerung, die stockende, bildet einen Teil der aktiven Arbeiterarmee, aber mit durchaus unregelmäßiger Beschäftigung. Sie bietet so dem Kapital einen unerschöpflichen Behälter disponibler Arbeitskraft. Ihre Lebenslage sinkt unter das durchschnittliche Normalniveau der arbeitenden Klasse, und grade dies macht sie zur breiten Grundlage eigner Exploitationszweige des Kapitals. Maximum der Arbeits-zeit und Minimum des Salairs charakterisieren sie.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.672)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Der Pauperismus ist der tiefste Niederschlag der relativen Überbevölkerung. Abgesehen vom Lumpenproletariat besteht die Gesellschaftsschicht aus drei Kategorien: Erstens den Arbeitsfähigen. Deren Zahl steigt mit jeder Krise und nimmt bei jedem Aufschwung ab. Zweitens die Waisen- und Pauperkinder. Sie sind Kandidaten der industriellen Reservearmee und werden in Zeiten des großen Aufschwungs in die aktive Arbeiterarmee rekrutiert. Drittens: Verkommene, Verlumpte, Arbeitsunfähige, Verstümmelte, usw., die an ihrer durch die Teilung der Arbeit verursachten Unbeweglichkeit und den Gefahren der harten Arbeit in der Industrie untergehen. Der Pauperismus bildet das Invalidenhaus der aktiven Arbeiterarmee und ebenso das tote Gewicht der industriellen Reservearmee.<br />
<br />
{{Zitat |Der tiefste Niederschlag der relativen Übervölkerung endlich behaust die Sphäre des Pauperismus. Abgesehn von Vagabunden, Verbrechern, Prostituierten, kurz dem eigentlichen Lumpenproletariat, besteht diese Gesellschaftsschichte aus drei Kategorien. Erstens Arbeitsfähige. Man braucht die Statistik des englischen Pauperismus nur oberflächlich anzusehn, und man findet, daß seine Masse mit jeder Krise schwillt und mit jeder Wiederbelebung des Geschäfts abnimmt. Zweitens: Waisen- und Pauperkinder. Sie sind Kandidaten der industriellen Reservearmee und werden in Zeiten großen Aufschwungs, wie 1860 z.B., rasch und massenhaft in die aktive Arbeiterarmee einrolliert. Drittens: Verkommene, Verlumpte, Arbeitsunfähige. Es sind namentlich Individuen, die an ihrer durch die Teilung der Arbeit verursachten Unbeweglichkeit untergehn, solche, die über das Normalalter eines Arbeiters hinausleben, endlich die Opfer der Industrie, deren Zahl mit gefährlicher Maschinerie, Bergwerksbau, chemischen Fabriken etc. wächst, Verstümmelte, Verkrankte, Witwen etc. Der Pauperismus bildet das Invalidenhaus der aktiven Arbeiterarmee und das tote Gewicht der industriellen Reservearmee. Seine Produktion ist eingeschlossen in der Produktion der relativen Übervölkerung, seine Notwendigkeit in ihrer Notwendigkeit, mit ihr bildet er eine Existenzbedingung der kapitalistischen Produktion und Entwicklung des Reichtums. Er gehört zu den faux frais der kapitalistischen Produktion, die das Kapital jedoch großenteils von sich selbst ab auf die Schultern der Arbeiterklasse und der kleinen Mittelklasse zu wälzen weiß.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.673)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Umso größer der gesellschaftliche Reichtum und das funktionierende Kapital ist, desto größer ist die absolute Größe des Proletariats und die Produktivkraft der Arbeit. Daraus resultiert auch eine größere industrielle Reservearmee. Je größer die industrielle Reservearmee im Verhältnis zur aktiven Arbeiterarmee, desto massenhafter die relative Überbevölkerung, deren Elend im umgekehrten Verhältnis zu ihrer Arbeitsqual steht. Je größer die Lazarusschicht der Arbeiterklasse und die industrielle Reservearmee, desto größer der offizielle Pauperismus. Das ist das absolute, allgemeine Gesetz der kapitalistischen Akkumulation. <br />
<br />
{{Zitat |Je größer der gesellschaftliche Reichtum, das funktionierende Kapital, Umfang und Energie seines Wachstums, also auch die absolute Größe des Proletariats und die Produktivkraft seiner Arbeit, desto größer die industrielle Reservearmee. Die disponible Arbeitskraft wird durch dieselben Ursachen entwickelt wie die Expansivkraft des Kapitals. Die verhältnismäßige Größe der industriellen Reservearmee wächst also mit den Potenzen des Reichtums. Je größer aber diese Reservearmee im Verhältnis zur aktiven Arbeiterarmee, desto massenhafter die konsolidierte Übervölkerung, deren Elend im umgekehrten Verhältnis zu ihrer Arbeitsqual steht. Je größer endlich die Lazarusschichte der Arbeiterklasse und die industrielle Reservearmee, desto größer der offizielle Pauperismus. Dies ist das absolute, allgemeine Gesetz der kapitalistischen Akkumulation. Es wird gleich allen andren Gesetzen in seiner Verwirklichung durch mannigfache Umstände modifiziert, deren Analyse nicht hierher gehört.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.673f.)}}<br />
<br />
==Armut und Reichtum==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Armut und Reichtum sind Größen, welche den Besitz von Produktionsmitteln, Kapital und Geld beschreiben. Armut und Reichtum gab es bereits in vorkapitalistischen Gesellschaften. Die Besonderheit im Kapitalismus ist, dass die Arbeiterklasse über nichts anderes, als ihre Arbeitskraft vefügt, und somit gezwungen ist, diese an den Kapitalisten zu verkaufen, welcher sowohl die Produktionsmittel besitzt, als auch den von den Arbeitern produzierten Mehrwert und dessen Produkte aneignet. Die Armut und der Reichtum bilden im Kapitalismus einen antagonistischen Charakter, welche sich gegenseitig bedingen. Die Produktion von Reichtum bedingt automatisch die Produktion von Armut und Elend. Je größer die Produktivkraft der Arbeit, desto größer der Druck der Arbeiter auf ihre Beschäftigungsmittel, desto prekärer also ihre Existenzberechtigung. Die Akkumulation von Reichtum auf Seiten der Bourgeoisie bedingt zugleich die Akkumulation von Elend und Armut auf Seiten des Proletariats. Die kapitalistische Produktion hat somit einen zweideutigen Charakter, welche sowohl Reichtum, als auch Armut produziert. Es wird also logischerweise keinen Kapitalismus ohne Armut geben können. <br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Armut, Reichtum, Lohndruck, Arbeitsdruck, Entfremdung, Verrohung<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Armut und Reichtum wurde bereits in der politischen Ökonomie des 19. Jahrhunderts beschrieben. Allerdings wurde dieser antagonistische Charakter der kapitalistischen Akkumulation mit Erscheinungen aus vorkapitalistischen Produktionsweisen zusammengeworfen. Marx weist im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] nach, dass sich Armut und Reichtum gegenseitig bedingen. Die Akkumulation von Kapital auf Seiten der Bourgeoisie, bedingt automatisch die Akkumulation von Elend, Arbeitsqual, Sklaverei und moralischer Degradation auf Seite der Arbeiterklasse. Marx beschreibt als absolut allgemeines Gesetz der kapitalistischen Akkumulation das enge Verhältnis von Armut und Reichtum. Umso größer der gesellschaftliche Reichtum, und die Größe des Kapitals, umso größer auch die industrielle Reservearmee. Das Verhältnis der industriellen Reservearmee und der aktiven Arbeiterarmee bestimmt die Größe der konsolidierten Überbevölkerung, dessen Elend im umgekehrten Verhältnis zu ihrer Arbeitsqual steht.<br />
<br />
Bereits der venezianische Mönch Ortes aus Venezien, ein wichtiger ökonomischer Schriftsteller des 18.Jahrhunderts, sagte: "Großer Reichtum von einigen ist stets begleitet von absoluter Beraubung des Notwendigen bei viel meht andren. Der Reichtum einer Nation entspricht ihrer Bevölkerung, und ihr Elend entspricht ihrem Reichtum. Die Arbeitsamkeit in einigen erzwingt den Müßiggang in andren. Die Armen und Müßigen sind eine notwendige Frucht der Reichen und Tätigen".<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Der Fortschritt der Produktivität drückt sich auf kapitalistischer Grundlage so aus, dass je höher die Produktivkraft der Arbeit, desto größer der Druck der Arbeiter auf ihre Beschäftigungsmittel, desto prekärer ihre Existenzbedingung. Die bedeutet Verkauf der eigenen Kraft zur Vermehrung fremden Eigentums. Das Wachstum der Menge an Produktionsmitteln und der Produktivität der Arbeit geht mit einem Wachstum der Arbeiterklasse und somit auch der industriellen Reservearmee einher. Dies bedingt automatisch den Wachstum von Armut und Elend.<br />
<br />
{{Zitat |Das Gesetz, wonach eine immer wachsende Masse von Produktionsmitteln, dank dem Fortschritt in der Produktivität der gesellschaftlichen Arbeit, mit einer progressiv abnehmenden Ausgabe von Menschenkraft in Bewegung gesetzt werden kann - dies Gesetz drückt sich auf kapitalistischer Grundlage, wo nicht der Arbeiter die Arbeitsmittel, sondern die Arbeitsmittel den Arbeiter anwenden, darin aus, daß, je höher die Produktivkraft der Arbeit, desto größer der Druck der Arbeiter auf ihre Beschäftigungsmittel, desto prekärer also ihre Existenzbedingung: Verkauf der eignen Kraft zur Vermehrung des fremden Reichtums oder zur Selbstverwertung des Kapitals. Rascheres Wachstum der Produktionsmittel und der Produktivität der Arbeit als der produktiven Bevölkerung drückt sich kapitalistisch also umgekehrt darin aus, daß die Arbeiterbevölkerung stets rascher wächst als das Verwertungsbedürfnis des Kapitals.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.674)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Die Steigerung der ges. Produktivkraft der Arbeit auf Kosten des individuellen Arbeiters. Die Mittel der Entwicklung der Produktion schlagen um in Beherrschungs- und Exploitationsmittel, verstümmeln den Arbeiter in einen Teilmenschen, entwürdigen ihn zum Anhängsel der Maschine, vernichten mit der Qual seiner Arbeit ihren Inhalt.<br/> Alle Methoden zur Produktion des Mehrwerts sind zugleich Methoden der Akkumulation. Es folgt daher, dass im Maße wie Kapital akkumuliert wird, die Lage des Arbeiters, welches immer seine Zahlung, hoch oder niedrig, sich verschlechtern muss. Das Gesetz, dass die relative Überbevölkerung stets mit Umfang und Energie der Akkumulation im Gleichgewicht hält, bindet den Arbeiter fest an das Kapital. Es bedingt eine der Akkumulation von Kapital entsprechende Akkumulation von Elend, Arbeitsqual, Sklaverei, Unwissenheit, Brutalisierung und moralischer Degradation auf der Seite der Klasse, die ihr eigenes Produkt als Kapital produziert. Die Produktion von Reichtum und Armut bedingen sich antagonistisch und schließen sich im Kapitalismus niemals aus.<br />
<br />
{{Zitat |Wir sahen im vierten Abschnitt bei Analyse der Produktion des relativen Mehrwerts: innerhalb des kapitalistischen Systems vollziehn sich alle Methoden zur Steigerung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit auf Kosten des individuellen Arbeiters; alle Mittel zur Entwicklung der Produktion schlagen um in Beherrschungs- und Exploitationsmittel des Produzenten, verstümmeln den Arbeiter in einen Teilmenschen, entwürdigen ihn zum Anhängsel der Maschine, vernichten mit der Qual seiner Arbeit ihren Inhalt, entfremden ihm die geistigen Potenzen des Arbeitsprozesses im selben Maße, worin letzterem die Wissenschaft als selbständige Potenz einverleibt wird; sie verunstalten die Bedingungen, innerhalb deren er arbeitet, unterwerfen ihn während des Arbeitsprozesses der kleinlichst gehässigen Despotie, verwandeln seine Lebenszeit in Arbeitszeit, schleudern sein Weib und Kind unter das Juggernaut-Rad des Kapitals. Aber alle Methoden zur Produktion des Mehrwerts sind zugleich Methoden der Akkumulation, und jede Ausdehnung der Akkumulation wird umgekehrt Mittel zur Entwicklung jener Methoden. Es folgt daher, daß im Maße wie Kapital akkumuliert, die Lage des Arbeiters, welches immer seine Zahlung, hoch oder niedrig, sich verschlechtern muß. Das Gesetz endlich, welches die relative Übervölkerung oder industrielle Reservearmee stets mit Umfang und Energie der Akkumulation in Gleichgewicht hält, schmiedet den Arbeiter fester an das Kapital als den Prometheus die Keile des Hephästos an den Felsen. Es bedingt eine der Akkumulation von Kapital entsprechende Akkumulation von Elend. Die Akkumulation von Reichtum auf dem einen Pol ist also zugleich Akkumulation von Elend, Arbeitsqual, Sklaverei, Unwissenheit, Brutalisierung und moralischer Degradation auf dem Gegenpol, d.h. auf Seite der Klasse, die ihr eignes Produkt als Kapital produziert.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.674f.)}}<br />
<br />
==Kapitalmonopol als Fessel der Produktionsweise==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Zentralisation des Kapitals ist der kapitalistischen Produktion eigen. Sie führt zur Zentralisierung der Produktionmittel in wenigen Händen (Kapitalmonopolen), während das Elend und der Grad der Ausbeutung steigt. Das Kapitalmonopol wird zur Fessel der Produktionsweise. Für eine weitere Entwicklung der Produktuktionsweise muss die kapitalistische Hülle gesprengt werden.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Verhältnis zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen, Zentralisation, Stagnation, Monopole, kapitalistische Produktion, Elend, Ausbeutung, Expropriation, kooperative Form des Arbeitsprozesses, kapitalistische Hülle, Privateigentums<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Vor allem in seinem Hauptwerk – dem Kapital – hat Marx die Zentralisation des Kapitals und das daraus folgende Kapitalmonopol offengelegt und als eine Tendenz der kapitalistischen Produktion theoretisiert. Diese führt zur stetigen Abnahme der Anzahl von Kapitalmagnaten und zur Monopolbildung. Diese Annahme stößt allerdings von bürgerlicher Seite auf Kritik. So seien die meisten Fälle nur Folge einer falschen „Ordnungspolitik“ des Staates.<br />
Doch zeigt diese Kritik nur das Gegenteil auf – dass die kapitalistische Produktion ohne entgegenwirkende Maßnahmen zu der von Marx beschriebenen Zentralisation des Kapitals drängt.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die kapitalistische Produktion führt zu einer Zentralisierung der Kapitale in der Hand einer Minderheit – zur Monopolisierung. Mit dieser Zentralisation entwickelt sich auch die kooperative Form des Arbeitsprozesses. Mit einer fortschreitenden Zentralisation und abnehmenden Zahl der Kapitalmagnaten wächst die Masse des Elends, der Ausbeutung, aber auch der Empörung der Arbeiterklasse. Das Kapitalmonopol wird zur Fessel der Produktionsweise, da die Zentralisation der Vergesellschaftung der Arbeit einen Punkt erreicht, an dem sie unverträglich wird mit ihrer kapitalistischen Hülle. Sie wird gesprengt und die Macht des Kapitals, der Bourgeoisie, gestürzt.<br />
<br />
{{Zitat |Diese Expropriation vollzieht sich durch das Spiel der immanenten Gesetze der kapitalistischen Produktion selbst, durch die Zentralisation der Kapitale. Je ein Kapitalist schlägt viele tot. Hand in Hand mit dieser Zentralisation oder der Expropriation vieler Kapitalisten durch wenige entwickelt sich die kooperative Form des Arbeitsprozesses auf stets wachsender Stufenleiter, die bewußte technische Anwendung der Wissenschaft, die planmäßige Ausbeutung der Erde, die Verwandlung der Arbeitsmittel in nur gemeinsam verwendbare Arbeitsmittel, die Ökonomisierung aller Produktionsmittel durch ihren Gebrauch als Produktionsmittel kombinierter, gesellschaftlicher Arbeit, die Verschlingung aller Völker in das Netz des Weltmarkts und damit der internationale Charakter des kapitalistischen Regimes. Mit der beständig abnehmenden Zahl der Kapitalmagnaten, welche alle Vorteile dieses Umwandlungsprozesses usurpieren und monopolisieren, wächst die Masse des Elends, des Drucks, der Knechtschaft, der Entartung, der Ausbeutung, aber auch die Empörung der stets anschwellenden und durch den Mechanismus des kapitalistischen Produktionsprozesses selbst geschulten, vereinten und organisierten Arbeiterklasse. Das Kapitalmonopol wird zur Fessel der Produktionsweise, die mit und unter ihm aufgeblüht ist. Die Zentralisation der Produktionsmittel und die Vergesellschaftung der Arbeit erreichen einen Punkt, wo sie unverträglich werden mit ihrer kapitalistischen Hülle. Sie wird gesprengt. Die Stunde des kapitalistischen Privateigentums schlägt. Die Expropriateurs werden expropriiert.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.790f.])}}<br />
<br />
==Der Tendenzielle Fall der Profitrate==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Das „Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate“ beschreibt den Fall der allgemeinen Profitrate als einen tendenziellen Verlauf. Da nur die menschliche Arbeit Werte schafft, ergibt sich der Profit ausschließlich aus dem unbezahlten Teil der Arbeit, den sich der Kapitalist aneignet. Diese unbezahlte Arbeit drückt sich im Mehrwert aus. Da der Anteil lebendiger Arbeit, das variable Kapital, durch die fortlaufende technische Entwicklung abnimmt, nimmt auch die Masse des Mehrwerts ab. Diese Abnahme der lebendigen Arbeit ergibt einen Fall der Profitrate. Dieser wird durch mehrere Ursachen aufgehalten und gehemmt, weswegen der Fall der Profitrate nur als Tendenz aufritt und nicht absolut.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Tendenzieller Fall der Profitrate, Gesamtkapital, Variables Kapital, Konstantes Kapital, Kapital, Produktivkraft, Akkumulation, Zusammensetzung, Profitrate<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Theorie des Tendenziellen Falls der Profitrate wird von Karl Marx im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] dargestellt.<br />
<br />
''Der Fall der allgemeinen Profitrate war in der klassischen Nationalökonomie bereits eine der gängigen Vorstellungen. Allerdings war es noch unklar wie ein Sinken der Profitrate zu Stande kommt. Vorläufige Erklärungen und Theorien waren zu oberflächlich. Marx forschte nach den Ursachen und fand diese in der stetigen Veränderung der Zusammensetzung des Kapitals und der Theorie des Mehrwerts. Das Marx'sche „Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate“ stößt ebenfalls auf Kritik seitens Michael Heinrich und Nobuo Okishio. Laut Heinrich würde keine von Marx' Varianten eine fallende Profitrate beweisen können. Währenddessen sollen die Ergebnisse des Okishio-Theorems des Ökonomen Nobuo Okishios der Marx'schen Annahme widersprechen.''<br />
<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Der tendenzielle Fall der Profitrate steht im Zusammenhang mit der organischen Zusammensetzung des Gesamtkapitals. Nimmt der Anteil der lebendigen Arbeit im Verhältnis zum konstantem Kapital ab, sinkt die Profitrate. Durch die kapitalistische Produktionsweise nimmt das variable Kapital proportional zum Gesamtkapital ab. Aufgrund dieser proportionalen Abnahme des variablen Bestandteils sinkt die Nachfrage nach lebendiger Arbeit progressiv mit dem Wachstum des Gesamtkapitals und erzeugt somit auch eine überschüssige, daher überflüssige oder Zuschuß-Arbeiterbevölkerung die nicht am Produktionsprozess beteiligt ist. Die Zunahme des konstanten Kapitals im Verhältnis zum variablen Kapitalteil ist das Resultat der fortschreitenden Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit. Das heißt, dass die Entwicklung der Produktivkräfte den tendenziellen Fall der Profitrate zur Folge hat. Da durch die Entwicklung der Produktion die angewandte lebendige Arbeit im Verhältnis zum konstanten Kapital abnimmt, so muss auch die unbezahlte Mehrarbeit abnehmen die sich in Form des Mehrwerts äußerst. Dieser Rückgang des Mehrwerts bewirkt wiederum einen stetigen Fall der Profitrate.<br />
<br />
{{Zitat |Die Akkumulation des Kapitals, welche ursprünglich nur als seine quantitative Erweiterung erschien, vollzieht sich, wie wir gesehn, in fortwährendem qualitativen Wechsel seiner Zusammensetzung, in beständiger Zunahme seines konstanten auf Kosten seines variablen Bestandteil. Die spezifisch kapitalistische Produktionsweise, die ihr entsprechende Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit, der dadurch verursachte Wechsel in der organischen Zusammensetzung des Kapitals halten nicht nur Schritt mit dem Fortschritt der Akkumulation oder dem Wachstum des gesellschaftlichen Reichtums. Sie schreiten ungleich schneller, weil die einfache Akkumulation oder die absolute Ausdehnung des Gesamtkapitals von der Zentralisation seiner individuellen Elemente, und die technische Umwälzung des Zusatzkapitals von technischer Umwälzung des Originalkapitals begleitet sind. Mit dem Fortgang der Akkumulation wandelt sich also das Verhältnis von konstantem zu variablem Kapitalteil, wenn ursprünglich 1: 1, in 2: 1,3: 1,4: 1,5: 1, 7: 1 usw. … Da die Nachfrage nach Arbeit nicht durch den Umfang des Gesamtkapitals, sondern durch den seines variablen Bestandteils bestimmt ist, fällt sie also progressiv mit dem Wachstum des Gesamtkapitals, statt, wie vorhin unterstellt, verhältnismäßig mit ihm zu wachsen. Sie fällt relativ zur Größe des Gesamtkapitals und in beschleunigter Progression mit dem Wachstum dieser Größe. Mit dem Wachstum des Gesamtkapitals wächst zwar auch sein variabler Bestandteil, oder die ihm einverleibte Arbeitskraft, aber in beständig abnehmender Proportion. …Diese mit dem Wachstum des Gesamtkapitals beschleunigte und rascher als sein eignes Wachstum beschleunigte relative Abnahme seines variablen Bestandteils scheint auf der andren Seite umgekehrt stets rascheres absolutes Wachstum der Arbeiterbevölkerung als das des variablen Kapitals oder ihrer Beschäftigungsmittel. Die kapitalistische Akkumulation produziert, und zwar im Verhältnis zu ihrer Energie und ihrem Umfang, beständig eine relative, d.h. für die mittleren Verwertungsbedürfnisse des Kapitals überschüssige, daher überflüssige oder Zuschuß-Arbeiterbevölkerung.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.657f.])}}<br />
<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Die Zunahme des konstanten Kapitals im Verhältnis zum variablen Kapitalteil ist das Resultat der fortschreitenden Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit. Das heißt, dass die Entwicklung der Produktivkräfte den tendenziellen Fall der Profitrate zur Folge hat. Da durch die Entwicklung der Produktion die angewandte lebendige Arbeit im Verhältnis zum konstanten Kapital abnimmt, so muss auch die unbezahlte Mehrarbeit abnehmen die sich in Form des Mehrwerts äußerst. Dieser Rückgang des Mehrwerts bewirkt wiederum einen stetigen Fall der Profitrate.<br />
<br />
{{Zitat |„Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate 13. Kapital, Das Gesetz als solches. Bei gegebnem Arbeitslohn und Arbeitstag stellt ein variables Kapital, z.B. von 100, eine bestimmte Anzahl in Bewegung gesetzter Arbeiter vor; es ist der Index dieser Anzahl. Z.B. 100 Pfd.St. sei der Arbeitslohn für 100 Arbeiter, sage für eine Woche. Verrichten diese 100 Arbeiter ebensoviel notwendige Arbeit wie Mehrarbeit, arbeiten sie also täglich ebensoviel Zeit für sich selbst, d.h. für die Reproduktion ihres Arbeitslohns, wie für den Kapitalisten, d.h. für die Produktion von Mehrwert, so wäre ihr Gesamtwertprodukt = 200 Pfd.St. und der von ihnen erzeugte Mehrwert betrüge 100 Pfd.St. Die Rate des Mehrwerts m/v wäre =100% . Diese Rate des Mehrwerts würde sich jedoch, wie wir gesehn, in sehr verschiednen Profitraten ausdrücken, je nach dem verschiednen Umfang des konstanten Kapitals c und damit des Gesamtkapitals C, da die Profitrate = m/C . <br />
Ist die Mehrwertsrate 100%,: <br />
Wenn c = 50, v = 100, so ist p' = 100/150 = 66,66 %. <br />
Wenn c = 100, v = 100, so ist p' =100/200 = 50%. <br />
Wenn c = 200, v = 100, so ist p' = 100/300 = 33,33%. <br />
Wenn c = 300, v = 100, so ist p' = 100/400 = 25%. <br />
Wenn c = 400, v = 100, so ist p' = 100/500 = 20%. <br />
Dieselbe Rate des Mehrwerts, bei unverändertem Exploitationsgrad der Arbeit, würde sich so in einer fallenden Profitrate ausdrücken, weil mit seinem materiellen Umfang, wenn auch nicht im selben Verhältnis, auch der Wertumfang des konstanten und damit des Gesamtkapitals wächst<br />
Nimmt man nun ferner an, daß diese graduelle Veränderung in der Zusammensetzung des Kapitals sich nicht bloß in vereinzelten Produktionssphären zuträgt, sondern mehr oder weniger in allen, oder doch in den entscheidenden Produktionssphären, daß sie also Veränderungen in der organischen Durchschnittszusammensetzung des einer bestimmten Gesellschaft angehörigen Gesamtkapitals einschließt, so muß dies allmähliche Anwachsen des konstanten Kapitals, im Verhältnis zum variablen, notwendig zum Resultat haben einen graduellen Fall in der allgemeinen Profitrate bei gleichbleibender Rate des Mehrwerts oder gleichbleibendem Exploitationsgrad der Arbeit durch das Kapital. Nun hat sich aber gezeigt, als ein Gesetz der kapitalistischen Produktionsweise, daß mit ihrer Entwicklung eine relative Abnahme des variablen Kapitals im Verhältnis zum konstanten Kapital und damit im Verhältnis zu dem in Bewegung gesetzten Gesamtkapital stattfindet. Es heißt dies nur, daß dieselbe Arbeiterzahl, dieselbe Menge Arbeitskraft, disponibel gemacht durch ein variables Kapital von gegebnem Wertumfang, infolge der innerhalb der kapitalistischen Produktion sich entwickelnden eigentümlichen Produktionsmethoden, eine stets wachsende Masse Arbeitsmittel, Maschinerie und fixes Kapital aller Art, Roh- und Hilfsstoffe in derselben Zeit in Bewegung setzt, verarbeitet, produktiv konsumiert - daher auch ein konstantes Kapital von stets wachsendem Wertumfang. Diese fortschreitende relative Abnahme des variablen Kapitals im Verhältnis zum konstanten und daher zum Gesamtkapital ist identisch mit der fortschreitend höhern organischen Zusammensetzung des gesellschaftlichen Kapitals in seinem Durchschnitt. Es ist ebenso nur ein andrer Ausdruck für die fortschreitende Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit, die sich grade darin zeigt, daß vermittelst der wachsenden Anwendung von Maschinerie und fixem Kapital überhaupt mehr Roh- und Hilfsstoffe von derselben Anzahl Arbeiter in derselben Zeit, d.h. mit weniger Arbeit in Produkte verwandelt werden. Es entspricht diesem wachsenden Wertumfang des konstanten Kapitals - obgleich er nur entfernt das Wachstum in der wirklichen Masse der Gebrauchswerte darstellt, aus denen das konstante Kapital stofflich besteht - eine wachsende Verwohlfeilerung des Produkts. Jedes individuelle Produkt, für sich betrachtet, enthält eine geringre Summe von Arbeit, als auf niedrigem Stufen der Produktion, wo das in Arbeit ausgelegte Kapital in ungleich größrem Verhältnis steht zu dem in Produktionsmitteln ausgelegten. Die im Eingang hypothetisch aufgestellte Reihe drückt also die wirkliche Tendenz der kapitalistischen Produktion aus. Diese erzeugt mit der fortschreitenden relativen Abnahme des variablen Kapitals gegen das konstante eine steigend höhere organische Zusammensetzung des Gesamtkapitals, deren unmittelbare Folge ist, daß die Rate des Mehrwerts bei gleichbleibendem und selbst bei steigendem Exploitationsgrad der Arbeit sich in einer beständig sinkenden allgemeinen Profitrate ausdrückt. (Es wird sich weiter zeigen1 *, warum dies Sinken nicht in dieser absoluten Form, sondern mehr in Tendenz zum progressiven Fall hervortritt.) Die progressive Tendenz der allgemeinen Profitrate zum Sinken ist also nur ein der kapitalistischen Produktionsweise eigentümlicher Ausdruck für die fortschreitende Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit. Es ist damit nicht gesagt, daß die Profitrate nicht auch aus andren Gründen vorübergehend fallen kann, aber es ist damit aus dem Wesen der kapitalistischen Produktionsweise als eine selbstverständliche Notwendigkeit bewiesen, daß in ihrem Fortschritt die allgemeine Durchschnittsrate des Mehrwerts sich in einer fallenden allgemeinen Profitrate ausdrücken muß. Da die Masse der angewandten lebendigen Arbeit stets abnimmt im Verhältnis zu der Masse der von ihr in Bewegung gesetzten vergegenständlichten Arbeit, der produktiv konsumierten Produktionsmittel, so muß auch der Teil dieser lebendigen Arbeit, der unbezahlt ist und sich in Mehrwert vergegenständlicht, in einem stets abnehmenden Verhältnis stehn zum Wertumfang des angewandten Gesamtkapitals. Dies Verhältnis der Mehrwertsmasse zum Wert des angewandten Gesamtkapitals bildet aber die Profitrate, die daher beständig fallen muß.“| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.221ff.])}}<br />
<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Erzeugung relativen Mehrwerts drängt dazu möglichst viel Arbeit in Mehrwert zu verwandeln und gleichzeitig die Masse der lebendigen Arbeit im Verhältnis zum vorgeschoßenen Gesamtkapital zu verringern. Diese Veränderung der organischen Zusammensetzung des Gesamtkapitals verdeutlicht sich somit in einem Fall der Profitrate.<br />
<br />
{{Zitat |Sonst ist es bereits nachgewiesen - und bildet das eigentliche Geheimnis des tendenziellen Falls der Profitrate - , daß die Prozeduren zur Erzeugung von relativem Mehrwert im ganzen und großen darauf hinauslaufen: einerseits von einer gegebnen Masse Arbeit möglichst viel in Mehrwert zu verwandeln, andrerseits im Verhältnis zum vorgeschoßnen Kapital möglichst wenig Arbeit überhaupt anzuwenden; so daß dieselben Gründe, welche erlauben, den Exploitationsgrad der Arbeit zu erhöhen, es verbieten, mit demselben Gesamtkapital ebensoviel Arbeit wie früher zu exploitieren. Dies sind die widerstreitenden Tendenzen, die, während sie auf eine Steigerung in der Rate des Mehrwerts, gleichzeitig auf einen Fall der von einem gegebnen Kapital erzeugten Masse des Mehrwerts und daher der Rate des Profits hinwirken.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.243])}}<br />
<br />
==Sozialistische Revolution==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Revolution, Enteignung<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die Expropriation der Expropriateure wird durch die Volksmassen stattfinden. <br />
<br />
{{Zitat |Die Verwandlung des auf eigner Arbeit der Individuen beruhenden, zersplitterten Privateigentums in kapitalistisches ist natürlich ein Prozeß, ungleich mehr langwierig, hart und schwierig als die Verwandlung des tatsächlich bereits auf gesellschaftlichem Produktionsbetrieb beruhenden kapitalistischen Eigentums in gesellschaftliches. Dort handelte es sich um die Expropriation der Volksmasse durch wenige Usurpatoren, hier handelt es sich um die Expropriation weniger Usurpatoren durch die Volksmasse.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.791)}}<br />
<br />
==Produktionsmittel und Konsumtionsmittel==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Einfache Reproduktion, Produktionsmittel, Konsumtionsmittel<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Das Gesamtprodukt der Gesellschaft zerfällt in zwei Abteilungen. I. Produktionsmittel, II. Konsumtionsmittel.<br/><br />
<br />
{{Zitat |Die zwei Abteilungen der gesellschaftlichen Produktion<br/>Das Gesamtprodukt, also auch die Gesamtproduktion, der Gesellschaft zerfällt in zwei große Abteilungen:<br/>I. Produktionsmittel, Waren, welche eine Form besitzen, worin sie in die produktive Konsumtion eingehn müssen oder wenigstens eingehn können.<br/>II. Konsumtionsmittel, Waren, welche eine Form besitzen, worin sie in die individuelle Konsumtion der Kapitalisten- und Arbeiterklasse eingehn. In jeder dieser Abteilungen bilden sämtliche verschiedne ihr angehörige Produktionszweige einen einzigen großen Produktionszweig, die einen den der Produktionsmittel, die andern den der Konsumtionsmittel. Das in jedem der beiden Produktionszweige angewandte gesamte Kapital bildet eine besondre große Abteilung des gesellschaftlichen Kapitals.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band24.pdf Kapital 2.Band, MEW Band 24], S.394)}}<br />
<br />
==Zyklische Bewegung des Industriekapitals==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Industriekapital, Zyklische Bewegung des Kapitals, Geldkapital, Warenkapital, Stagnation, Schatzbildung, Mehrwertschöpfung, Zirkulation, Reproduktion, Monopolisierung<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Das Industriekapital nimmt drei Formen an: Produktives Kapital, Warenkapital und Geldkapital. Sie sind keine eigenständigen Kapitalsorten, sondern Funktionsformen des Industriekapitals. Der Kreislauf des Kapitals kann stocken. Wenn G-W stockt, erstarrt das Geldkapital. Wenn er in der Produktionsphase stockt, liegen die Produktionsmittel brach, Arbeiter bleiben unbeschäftigt. Wenn der Kreislauf an der Stelle W‘-G‘ stockt, bleiben unverkäufliche Waren liegen und versperren den Zirkulationsfluss.<br />
<br />
{{Zitat |Die beiden Formen, die der Kapitalwert innerhalb seiner Zirkulationsstadien annimmt, sind die von Geldkapital und Warenkapital; seine dem Produktionsstadium angehörige Form ist die von produktivem Kapital. Das Kapital, welches im Verlauf seines Gesamtkreislaufs diese Formen annimmt und wieder abstreift und in jeder die ihr entsprechende Funktion vollzieht, ist industrielles Kapital - industriell hier in dem Sinn, daß es jeden kapitalistisch betriebnen Produktionszweig umfaßt. Geldkapital, Warenkapital, produktives Kapital bezeichnen hier also nicht selbständige Kapitalsorten, deren Funktionen den Inhalt gleichfalls selbständiger und voneinander getrennter Geschäftszweige bilden. Sie bezeichnen hier nur besondre Funktionsformen des industriellen Kapitals, das sie alle drei nacheinander annimmt.<br/> Der Kreislauf des Kapitals geht nur normal vonstatten, solange seine verschiednen Phasen ohne Stockung ineinander übergehn. Stockt das Kapital in der ersten Phase G - W , so erstarrt das Geldkapital zum Schatz; wenn in der Produktionsphase, so liegen die Produktionsmittel funktionslos auf der einen Seite, während die Arbeitskraft auf der andern unbeschäftigt bleibt; wenn in der letzten Phase W ' - G ' , so versperren unverkäuflich aufgehäufte Waren den Zirkulationsfluß.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band24.pdf Kapital 2.Band, MEW Band 24], S.56)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Industrielles Kapital ist die einzige Daseinsweise des Kapitals, die Mehrwert schöpft und den kap. Charakter der Produktion bedingt.<br/>Technik und gesellschaftliche Organisation des Arbeitsprozesses werden durch industrielles Kapital umgewälzt.<br/> Alle anderen Arten von Kapital werden ihm untergeordnet und entsprechend seines Mechanismus verändert, bewegen sich nur auf seiner Grundlage – stehen und fallen mit ihr.<br/> Waren- und Geldkapital sind auch wenn sie als eigene Geschäftszweige auftreten, nur Funktionsweisen des industriellen Kapitals.<br />
<br />
{{Zitat |Das industrielle Kapital ist die einzige Daseinsweise des Kapitals, worin nicht nur Aneignung von Mehrwert, resp. Mehrprodukt, sondern zugleich dessen Schöpfung Funktion des Kapitals ist. Es bedingt daher den kapitalistischen Charakter der Produktion; sein Dasein schließt das des Klassengegensatzes von Kapitalisten und Lohnarbeitern ein.<br/> Im Maß wie es sich der gesellschaftlichen Produktion bemächtigt, werden Technik und gesellschaftliche Organisation des Arbeitsprozesses umgewälzt, und damit der ökonomisch-geschichtliche Typus der Gesellschaft.<br/> Die andern Arten von Kapital, die vor ihm inmitten vergangner oder untergehender gesellschaftlicher Produktionszustände erschienen, werden ihm nicht nur untergeordnet und im Mechanismus ihrer Funktionen ihm entsprechend verändert, sondern bewegen sich nur noch auf seiner Grundlage, leben und sterben, stehen und fallen daher mit dieser ihrer Grundlage.<br/>Geldkapital und Warenkapital, soweit sie mit ihren Funktionen als Träger eigner Geschäftszweige neben dem industriellen Kapital auftreten, sind nur noch durch die gesellschaftliche Teilung der Arbeit verselbständigte und einseitig ausgebildete Existenzweisen der verschiednen Funktionsformen, die das industrielle Kapital innerhalb der Zirkulationssphäre bald annimmt, bald abstreift.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band24.pdf Kapital 2.Band, MEW Band 24], S.61)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Gesamtproduktionsprozess des Kapitals heißt: Reproduktionsprozess sowie Kreislauf aller Elemente.<br/> Alle Teile durchlaufen Kreisläufe. Alle drei Formen sind beständig vorhanden durch den Kreislauf des Gesamtkapitals durch diese drei Phasen: Waren-, Geld-, produktives Kapital.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist eine notwendige Bedingung für den Gesamtproduktionsprozeß, besonders für das gesellschaftliche Kapital, daß er zugleich Reproduktionsprozeß, und daher Kreislauf jedes seiner Momente ist. Verschiedne Bruchteile des Kapitals durchlaufen sukzessiv die verschiednen Stadien und Funktionsformen.<br/>Jede Funktionsform, obgleich sich stets ein andrer Teil des Kapitals darin darstellt, durchläuft dadurch gleichzeitig mit den andren ihren eignen Kreislauf. Ein Teil des Kapitals, aber ein stets wechselnder, stets reproduziert, existiert als Warenkapital, das sich in Geld verwandelt; ein andrer als Geldkapital, das sich in produktives verwandelt; ein dritter als produktives Kapital, das sich in Warenkapital verwandelt. Das beständige Vorhandensein aller drei Formen ist vermittelt durch den Kreislauf des Gesamtkapitals durch eben diese drei Phasen.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band24.pdf Kapital 2.Band, MEW Band 24], S.108)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der Prozess verläuft nur normal, solange die Wertverhältnisse konstant bleiben. Je größer die Störungen sind, desto mehr Geldkapital muss der industrielle Kapitalist besitzen, um Ausgleichungen abwarten zu können.<br/>Durch Wachstum des vorzuschießenden Kapitals werden industrielle Kapitalisten mehr und mehr in ein Monopol großer Geldkapitalisten verwandelt.<br />
<br />
{{Zitat |Ganz normal verläuft der Prozeß nur, wenn die Wertverhältnisse konstant bleiben; er verläuft faktisch, solange sich Störungen in der Wiederholung des Kreislaufs ausgleichen; je größer die Störungen, um so größres Geldkapital muß der industrielle Kapitalist besitzen, um die Ausgleichung abwarten zu können; und da im Fortgang der kapitalistischen Produktion sich die Stufenleiter jedes individuellen Produktionsprozesses, und mit ihm die Minimalgröße des vorzuschießenden Kapitals erweitert, so kommt jener Umstand zu den andren, die die Funktion des industrieller Kapitalisten mehr und mehr in ein Monopol großer Geldkapitalisten, vereinzelter der assoziierter, verwandeln.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band24.pdf Kapital 2.Band, MEW Band 24], S.111)}}<br />
<br />
==Möglichkeiten einer Wirtschaftskrise==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Krise, Zirkulation, Geld als Zirkulationsmittel, Marktanteil, Metamorphose des Kapitals, Weltmarkt, Überproduktion, Industrieproduktion<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
In der Zirkulation sind Kauf und Verkauf zeitlich und räumlich voneinander getrennt, sie sind scheinbar selbständig. Da sie aber wesentliche Momente eines Ganzen sind, muss ein Moment eintreten, in dem diese Selbständigkeit gebrochen wird und die innere Einheit wieder hergestellt wird.<br />
Dieses Auseinanderfallen des Austauschs mit Geld als Zirkulationsmittel beinhaltet die Möglichkeit für den Keim einer Krise.<br />
<br />
{{Zitat |Insofern Kauf und Verkauf, die beiden wesentlichen Momente der Zirkulation, gleichgültig gegeneinander sind, in Raum und Zeit getrennt, brauchen sie keineswegs zusammenzufallen. Ihre Gleichgültigkeit kann zur Befestigung und scheinbaren Selbständigkeit des einen gegen das andere fortgehen. (So dass einer nur kauft, ohne zu verkaufen – Warenhortung –, oder dass einer nur verkauft, ohne zu kaufen – Geldhortung, Schatzbildung.) Indem Kauf und Verkauf aber beide wesentlich Momente eines Ganzen bilden (der Warenproduzent verkauft seine Ware, um mit dem Geld andere Ware zu kaufen, die seine Bedürfnisse befriedigt), muss ein Moment eintreten, wo die selbständige Gestalt gewaltsam gebrochen und die innere Einheit äußerlich durch eine gewaltsame Explosion hergestellt wird. So liegt schon in der Bestimmung des Geldes als Mittler, in dem Auseinanderfallen des Austauschs in zwei Akte, der Keim der Krisen, wenigstens ihrer Möglichkeit, die nicht realisiert werden kann, als die, wo die Grundbedingungen der klassisch ausgebildeten, ihrem Begriff entsprechenden Zirkulation vorhanden sind.| (Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie. Fotomechanischer Nachdruck der beiden Teile des im Verlag für fremdsprachige Literatur, Moskau, 1939 und 1941 erschienen Ausgaben, EVA Frankfurt/M, S. 112f)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Ziel des Kapitalisten ist, so viel Platz auf dem Markt einzunehmen, wie es sein verfügbares Kapital zulässt, indem er sich einen größeren Anteil des Marktes aneignet oder den Markt selbst erweitert.<br />
<br />
{{Zitat |Was aber den einzelnen Kapitalisten betrifft, so misst er den Umfang seiner Produktion durch den seines verfügbaren Kapitals, soweit er es noch selbst überwachen kann. Was er im Auge hat, ist, so viel Platz wie möglich auf dem Markt einzunehmen. Wird überproduziert, so schiebt er die Schuld nicht sich, sondern seinen Konkurrenten zu. Der einzelne Kapitalist kann seine Produktion ausdehnen, ebenso wohl indem er einen größeren Anteil des gegebenen Markts sich aneignet, als auch indem er den Markt selbst erweitert.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.685)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Geld fungiert als Zirkulationsmittel als Maß der Werte und Realisierung des Werts. Diese Momente, Kauf und Verkauf, fallen auseinander: Der Wert der Ware kann sich verändern oder in einem bestimmten Zeitraum nicht verkauft werden. Alle davon abhängigen Transaktionen, eine Reihe von Zahlungen, können nicht erfüllt werden: Möglichkeit der Krise.<br />
<br />
Auseinanderfallen von Kauf und Verkauf sind aber nie Ursache der Krise. Diese ist aus den allgemeinen Bedingungen der kapitalistischen Produktion zu entwickeln.<br />
<br />
{{Zitat |1. Die allgemeine Möglichkeit der Krisen ist in dem Prozess der Metamorphose des Kapitals [Geldkapital – Warenkapital – Geldkapital] selbst gegeben und zwar doppelt, soweit das Geld als Zirkulationsmittel fungiert – Auseinanderfallen von Kauf und Verkauf. Soweit es als Zahlungsmittel fungiert, wo es in zwei verschiedenen Momenten wirkt, als Maß der Werte und als Realisierung des Werts. Diese beiden Momente fallen auseinander. Hat der Wert sich geändert in dem Intervalle, ist die Ware im Moment ihres Verkaufs nicht wert, was sie wert war im Moment, wo das Geld das Maß der Ware war, […] dann kann aus dem Erlös der Ware die Obligation nicht erfüllt werden und daher die ganze Reihe der Transaktionen nicht saldiert werden, die rückgängig von dieser einen abhängen.<br/>Kann die Ware auch nur in einem bestimmten Zeitraum nicht verkauft werden, selbst wenn ihr Wert nicht sich änderte, so kann das Geld nicht als Zahlungsmittel funktionieren, da es in bestimmter, vorausgesetzter Frist als solches funktionieren muss. Da dieselbe Geldsumme aber hier für eine Reihe von wechselseitigen Transaktionen und Obligationen funktioniert, tritt hier Zahlungsunfähigkeit nicht nur in einem, sondern vielen Punkten ein, daher Krise.<br/>Aber im letzteren Fall ist die Krise nicht nur da, weil Ware unverkäuflich ist, sondern weil sie nicht in bestimmtem Zeitraum verkäuflich ist, und die Krise entsteht und leitet ihren Charakter her nicht nur von der Unverkäuflichkeit der Ware, sondern von der Nichtrealisierung einer ganzen Reihe von Zahlungen, die auf dem Verkauf dieser bestimmten Ware in dieser bestimmten Frist beruhen. Dies ist die eigentliche Form der Geldkrisen.<br/>Tritt also Krise ein, weil Kauf und Verkauf auseinander fallen, so entwickelt sie sich als Geldkrise, sobald das Geld als Zahlungsmittel [in Kreditverhältnissen] entwickelt ist, und diese zweite Form der Krisen versteht sich dann von selbst, sobald die erste eintritt. […]<br/>2. Soweit Krisen aus Preisveränderungen und Preisrevolutionen hervorgehen, die mit den Wertveränderungen der Waren nicht zusammenfallen, können sie natürlich nicht entwickelt werden bei Betrachtung des Kapitals im Allgemeinen, wo bei den Werten der Waren identische Preise vorausgesetzt werden.<br/>3. Die allgemeine Möglichkeit der Krisen ist die formelle Metamorphose des Kapitals selbst, das zeitliche und räumliche Auseinanderfallen von Kauf und Verkauf. Aber dies ist nie die Ursache der Krise. […] Fragt man nach ihrer Ursache, so will man eben wissen, warum […] sie aus der Möglichkeit zur Wirklichkeit wird.<br/>4. Die allgemeinen Bedingungen der Krisen, soweit sie unabhängig von Preisschwankungen sind (ob diese nun mit dem Kreditwesen zusammenhängen oder nicht) – als verschieden von Wertschwankungen – müssen aus den allgemeinen Bedingungen der kapitalistischen Produktion zu entwickeln sein.| (Marx, Theorien über den Mehrwert, Band II, MEW 26.2, S. 514ff)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Ausdehnbarkeit des Fabrikwesens und Abhängigkeit vom Weltmarkt führen zu Überfüllung der Märkte, mit deren Kontraktion Lähmung eintritt. Das Leben der Industrie verwandelt sich in Reihenfolge von Perioden mittlerer Lebendigkeit, Prosperität, Überproduktion, Krise und Stagnation.<br />
<br />
{{Zitat |Die ungeheure, stoßweise Ausdehnbarkeit des Fabrikwesens und seine Abhängigkeit vom Weltmarkt erzeugen notwendig fieberhafte Produktion und darauf folgende Überfüllung der Märkte, mit deren Kontraktion Lähmung eintritt. Das Leben der Industrie verwandelt sich in eine Reihenfolge von Perioden mittlerer Lebendigkeit, Prosperität, Überproduktion, Krise und Stagnation.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.476)}}<br />
<br />
==Der Krisenzyklus==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Krisenzyklus, Überproduktion, Entlassung, Krise, Preisentwertung, Kreditsystem, Kapitalvernichtung, Poduktivkraftvernichtung, Eroberung neuer Märkte<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Bei einem Zuviel des Angebotes fallen die Preise unter die Werte, manche Waren bleiben unverkäuflich, die Investitionstätigkeit geht zurück, was die Situation verschärft, Betriebe nehmen Entlassungen vor, andere Betriebe gehen pleite. Kapital und Produktionsmittel werden vernichtet. Das Angebot sinkt so weit, dass es unter der gesellschaftlichen Nachfrage liegt, die Preise steigen wieder, die Investitionstätigkeit wird angekurbelt, die kapitalistische Wirtschaft kommt aus dem Tal, ein „Aufschwung“ entsteht. Alle wollen teilhaben, die Investitionstätigkeit wird rege, die „Konjunktur überhitzt“, die Märkte füllen sich, schließlich staut es sich, die Investitionstätigkeit wird heruntergefahren, die Preise fallen unter die Werte, die nächste Krise beginnt – und so weiter und so fort als ein Perpetuum Mobile des kapitalistischen Krisenzyklus.<br />
<br />
{{Zitat |In der Tat, seit 1825, wo die erste allgemeine Krise ausbrach, geht die ganze industrielle und kommerzielle Welt, die Produktion und der Austausch sämtlicher zivilisierter Völker und ihrer mehr oder weniger barbarischen Anhängsel so ziemlich alle zehn Jahre einmal aus den Fugen. Der Verkehr stockt, die Märkte sind überfüllt, die Produkte liegen da, ebenso massenhaft wie unabsetzbar, das bare Geld wird unsichtbar, der Kredit verschwindet, die Fabriken stehen still, die arbeitenden Massen ermangeln der Lebensmittel, weil sie zu viel Lebensmittel produziert haben. Bankrott folgt auf Bankrott, Zwangsverkauf auf Zwangsverkauf. Jahrelang dauert die Stockung, Produktivkräfte wie Produkte werden massenhaft vergeudet und zerstört, bis die aufgehäuften Warenmassen unter größerer oder geringerer Entwertung endlich abfließen, bis Produktion und Austausch allmählich wieder in Gang kommen.<br/>Nach und nach beschleunigt sich die Gangart, fällt in Trab, der industrielle Trab geht über in Galopp, und dieser steigert sich wieder bis zum zügellosen Tempo eines vollständigen industriellen, kommerziellen, kreditlichen und spekulativen Hindernisrennens, um endlich nach den halsbrechendsten Sprüngen wieder anzulangen – im Graben des Krachs. Und so immer von neuem.| (Friedrich Engels, Anti-Dühring, MEW 20, S. 257)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Krisen sind nur kurzfristige Lösungen der vorhandenen Widersprüche, die das gestörte Gleichgewicht für einen Moment wiederherstellen.<br />
<br />
{{Zitat |Die Krisen sind immer nur momentane gewaltsame Lösungen der vorhandnen Widersprüche, gewaltsame Eruptionen, die das gestörte Gleichgewicht für den Augenblick wiederherstellen.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.259)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Ein Teil der Waren kann seinen Zirkulations- und Reproduktionsprozess nur durch Kontraktion seiner Preise vollziehen, also durch Entwertung des Kapitals.<br />
Elemente des fixen Kapitals (Arbeitsmittel, Gebäude, Maschinen) werden entwertet. Durch Preisverfall gerät Reproduktionsprozess ins Stocken.<br />
Dadurch wird Funktion des Geldes als Zahlungsmittel paralysiert.<br />
Kette der Zahlungsobligationen wird unterbrochen. Kreditsystem kann zusammenbrechen, verschärft die Krise.<br />
<br />
{{Zitat |Ein Teil der auf dem Markt befindlichen Waren kann seinen Zirkulations- und Reproduktionsprozess [Verkauf und Kauf] nur vollziehen durch ungeheure Kontraktion seiner Preise, also durch Entwertung des Kapitals, das er darstellt. Ebenso werden die Elemente des fixen Kapitals [Arbeitsmittel wie Gebäude und Maschinerie] mehr oder minder entwertet. Es kommt hinzu, dass bestimmte, vorausgesetzte Preisverhältnisse den Reproduktionsprozess bedingen, dieser daher durch den allgemeinen Preisfall in Stockung und Verwirrung gerät. Diese Störung und Stockung paralysiert die […] auf jenen vorausgesetzten Preisverhältnissen beruhende Funktion des Geldes als Zahlungsmittel [von Krediten], unterbricht an hundert Stellen die Kette der Zahlungsobligationen an bestimmten Terminen und wird noch verschärft durch das damit gegebene Zusammenbrechen des […] Kreditsystems und führt so zu heftigen akuten Krisen, […].| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.264)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
In Krisen gibt es Kapitalvernichtung und Vernichtung von Produktionsmitteln aufgrund der Überproduktion. Die Auswege für die Bourgeoisie sind Vernichtung, Eroberung neuer Märkte und gründlichere Ausbeutung alter Märkte – was wiederum größere Krisen vorbereitet.<br />
<br />
{{Zitat |Produkte, sondern sogar der bereits geschaffenen Produktivkräfte regelmäßig vernichtet. In den Krisen bricht eine gesellschaftliche Epidemie aus, welche allen früheren Epochen als ein Widersinn erschienen wäre – die Epidemie der Überproduktion. Die Gesellschaft findet sich plötzlich in einen Zustand momentaner Barbarei zurückversetzt; eine Hungersnot, ein allgemeiner Vernichtungskrieg scheinen ihr alle Lebensmittel abgeschnitten zu haben; die Industrie, der Handel scheinen vernichtet, und warum? Weil sie zu viel Zivilisation, zu viel Lebensmittel, zu viel Industrie, zu viel Handel besitzt. […]<br/>Die bürgerlichen Verhältnisse sind zu eng geworden, um den von ihnen erzeugten Reichtum zu fassen. – Wodurch überwindet die Bourgeoisie Krisen? Einerseits durch die erzwungene Vernichtung einer Masse von Produktivkräften; andererseits durch die Eroberung neuer Märkte und die gründlichere Ausbeutung der alten Märkte. Wodurch also? Dadurch, dass sie allseitigere und gewaltigere Krisen vorbereitet und die Mittel, den Krisen vorzubeugen, vermindert.| (Marx, Kommunistisches Manifest, MEW 4, S. 468)}}<br />
<br />
==Kredit, fiktives Kapital==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Geldkapital, Zentralisation, Zinsprofit, Reservefonds, Industrielles Kapital, Händlerkapital, Banksystem, Geldmacht<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Das verleihbare Geldkapital konzentriert sich in den Händen des Bankiers. Sie werden die allgemeinen Verwalter des Geldkapitals gegenüber den industriellen und kommerziellen Kapitalisten. Eine Bank ist die Zentralisation des Geldkapitals. Ihr Profit besteht in höheren Zinsen.<br />
<br />
{{Zitat |Allgemein ausgedrückt besteht das Bankiergeschäft nach dieser Seite darin, das verleihbare Geldkapital in seiner Hand zu großen Massen zu konzentrieren, so daß statt des einzelnen Geldverleihers die Bankiers als Repräsentanten aller Geldverleiher den industriellen und kommerziellen Kapitalisten gegenübertreten. Sie werden die allgemeinen Verwalter des Geldkapitals. Andrerseits konzentrieren sie, allen Verleihern gegenüber, die Borger, indem sie für die ganze Handelswelt borgen. Eine Bank stellt auf der einen Seite die Zentralisation des Geldkapitals, der Verleiher, auf der andern die Zentralisation der Borger dar. Ihr Profit besteht im allgemeinen darin, daß sie zu niedrigem Zinsen borgt, als sie ausleiht.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.416)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Das Geld fließt den Bankiers aus Reservefonds der Händler und Industriellen zu.<br />
<br />
{{Zitat |Das verleihbare Kapital, worüber die Banken verfügen, fließt ihnen in mehrfacher Weise zu. Zunächst konzentriert sich in ihrer Hand, da sie Kassierer der industriellen Kapitalisten sind, das Geldkapital, das jeder Produzent und Kaufmann als Reservefonds hält, oder das ihm als Zahlung zufließt. Diese Fonds verwandeln sich so in verleihbares Geldkapital.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.416)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Banken sammeln alles unbeschäftigte Geld und auch die kleinen Geldsummen aus allen Klassen und bilden so eine Geldmacht. Dies ist eine besondere Wirkung des Banksystems, die von der Mittlertätigkeit zwischen Geldkapitalisten und Borgern unterschieden werden muss.<br />
<br />
{{Zitat |Mit der Entwicklung des Banksystems und namentlich, sobald sie Zins für Depositen zahlen, werden ferner die Geldersparnisse und das augenblicklich unbeschäftigte Geld aller Klassen bei ihnen deponiert. Kleine Summen, jede für sich unfähig, als Geldkapital zu wirken, werden zu großen Massen vereinigt und bilden so eine Geldmacht. Diese Ansammlung kleiner Beträge muß als besondre Wirkung des Banksystems unterschieden werden von seiner Mittlerschaft zwischen den eigentlichen Geldkapitalisten und den Borgern. Endlich werden auch die Revenuen, die nur allmählich verzehrt werden sollen, bei den Banken deponiert.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.416)}}<br />
<br />
==Die Rolle des Kredits in der kapitalistischen Produktion==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Warenzirkulation, Warenmetamorphose<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Durch den Kredit werden die Phasen der Zirkulation und der Metamorphose des Kapitals beschleunigt.<br />
<br />
{{Zitat |2. Beschleunigung, durch den Kredit, der einzelnen Phasen der Zirkulation oder der Warenmetamorphose, weiter der Metamorphose des Kapitals, und damit Beschleunigung des Reproduktionsprozesses überhaupt. (Andrerseits erlaubt der Kredit, die Akte des Kaufens und Verkaufens länger auseinanderzuhalten und dient daher der Spekulation als Basis.) Kontraktion der Reservefonds, was doppelt betrachtet werden kann: einerseits als Verminderung des zirkulierenden Mediums, andrerseits als Beschränkung des Teils des Kapitals, der stets in Geldform existieren muß.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.453)}}<br />
<br />
==Bildung von Aktiengesellschaften==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Aktiengesellschaften, Produktionserweiterung, Gesellschaftskapital, Kapitalverwaltung, Zinsprofit, Fallen der Profitrate, Schutzzollpolitik, Überproduktion, fallende Profitrate, Kartellbildung, Konkurrenz, Kapitalistische Produktionsweise, Monopolbildung, Staatseinmischung, Finanzaristokratie, aufhebender Widerspruch, Monopolbildung, Kredit, Kreditüberbau, Verfügung über fremdes Kapital, Expropriation, Aktienwesen, gesellschaftliches Produktionsmittel, Kreditwesen, Überproduktion, Überspekulation, Produktivkraftentwicklung, Weltmarkt, Krise, Bankkapital, Wertpapiere, Aktien<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Durch die Bildung von Aktiengesellschaften werden die Stufenleitern der Produktion ausgedehnt.<br/> Das Kapital erhält durch die Aktiengesellschaften die Form von Gesellschaftskapital.<br />
Das bedeutet die Aufhebung des Kapitals als Privateigentum innerhalb der Grenzen der kapitalistischen Produktionsweise selbst.<br/>Damit findet die Verwandlung des fungierenden Kapitalisten in einen bloßen Dirigenten statt, einen Verwalter fremden Kapitals und die Verwandlung der Kapitaleigentümer in bloße Eigentümer, bloße Geldkapitalisten.<br/>Profit wird in Form der Vergütung des Kapitaleigentums bezogen, das von der Funktion im Reproduktionsprozess getrennt wird.<br/>Die Person des Dirigenten wird vom Kapitaleigentum getrennt.<br />
<br />
{{Zitat |III. Bildung von Aktiengesellschaften. Hierdurch:<br/> 1. Ungeheure Ausdehnung der Stufenleiter der Produktion und Unternehmungen, die für Einzelkapitale unmöglich waren. Solche Unternehmungen zugleich, die früher Regierungsunternehmungen waren, werden gesellschaftliche.<br/>2. Das Kapital, das an sich auf gesellschaftlicher Produktionsweise beruht und eine gesellschaftliche Konzentration von Produktionsmitteln und Arbeitskräften voraussetzt, erhält hier direkt die Form von Gesellschaftskapital (Kapital direkt assoziierter Individuen) im Gegensatz zum Privatkapital, und seine Unternehmungen treten auf als Gesellschaftsunternehmungen im Gegensatz zu Privatunternehmungen. Es ist die Aufhebung des Kapitals als Privateigentum innerhalb der Grenzen der kapitalistischen Produktionsweise selbst.<br/>3. Verwandlung des wirklich fungierenden Kapitalisten in einen bloßen Dirigenten, Verwalter fremdes Kapitals, und der Kapitaleigentümer in bloße Eigentümer, bloße Geldkapitalisten. Selbst wenn die Dividenden, die sie beziehn, den Zins und Unternehmergewinn, d.h. den Totalprofit einschließen (denn das Gehalt des Dirigenten ist, oder soll sein, bloßer Arbeitslohn einer gewissen Art geschickter Arbeit, deren Preis im Arbeitsmarkt reguliert wird, wie der jeder andren Arbeit), so wird dieser Totalprofit nur noch bezogen in der Form des Zinses, d.h. als bloße Vergütung des Kapitaleigentums, das nun ganz so von der Funktion im wirklichen Reproduktionsprozeß getrennt wird, wie diese Funktion, in der Person des Dirigenten, vom Kapitaleigentum.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.453 )}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
In Aktiengesellschaften ist die Funktion getrennt vom Kapitaleigentum.<br/>Es ist das Resultat der höchsten Entwicklung der kapitalistischen Produktion, notwendiger Durchgangspunkt zur Rückverwandlung des Kapitals in Eigentum der Produzenten, aber nicht mehr als Privateigentum vereinzelter Produzenten, sondern als Eigentum ihrer als Gesellschaftseigentum.<br/>Verwandlung aller Funktionen im Reproduktionsprozess in bloße gesellschaftliche Funktionen.<br />
<br />
{{Zitat |In den Aktiengesellschaften ist die Funktion getrennt vom Kapitaleigentum, also auch die Arbeit gänzlich getrennt vom Eigentum an den Produktionsmitteln und an der Mehrarbeit. Es ist dies Resultat der höchsten Entwicklung der kapitalistischen Produktion ein notwendiger Durchgangspunkt zur Rückverwandlung des Kapitals in Eigentum der Produzenten, aber nicht mehr als das Privateigentum vereinzelter Produzenten, sondern als das Eigentum ihrer als assoziierter, als unmittelbares Gesellschaftseigentum. Es ist andrerseits Durchgangspunkt zur Verwandlung aller mit dem Kapitaleigentum bisher noch verknüpften Funktionen im Reproduktionsprozeß in bloße Funktionen der assoziierten Produzenten, in gesellschaftliche Funktionen.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.453)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Der Profit nimmt die Form des Zinses an. Unternehmungen sind möglich, wenn sie bloßen Zins abwerfen. Das ist einer der Gründe, die das Fallen der allgemeinen Profitrate aufhalten. Unternehmen mit ungeheurem Verhältnis von konstantem zu variablem Kapital gehen nicht notwendig in die Ausgleichung der allgemeinen Profitrate ein.<br />
<br />
{{Zitat |Da der Profit hier rein die Form des Zinses annimmt, sind solche Unternehmungen noch möglich, wenn sie bloßen Zins abwerfen, und es ist dies einer der Gründe, die das Fallen der allgemeinen Profitrate aufhalten, indem diese Unternehmungen, wo das konstante Kapital in so ungeheurem Verhältnis zum variablen steht, nicht notwendig in die Ausgleichung der allgemeinen Profitrate eingehn.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.453)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der raschen Steigerung der Produktion steht zunehmende Langsamkeit der Ausdehnung des Markts gegenüber.<br/>Die Folge ist allgemeine chronische Überproduktion, gedrückte Preise, fallende Profite.<br/>Die Freiheit der Konkurrenz ist am Ende des Lateins.<br/>Großindustrielle eines Zweigs schließen sich zu Kartell zusammen, teilweise zu internationalen Kartellen.<br />
Aber der Interessengegensatz der einzelnen Firmen durchbricht die Kartelle und stellet die Konkurrenz wieder her.<br />
<br />
{{Zitat |Der täglich wachsenden Raschheit, womit auf allen großindustriellen Gebieten heute die Produktion gesteigert werden kann, steht gegenüber die stets zunehmende Langsamkeit der Ausdehnung des Markts für diese vermehrten Produkte. Was jene in Monaten herstellt, kann dieser kaum in Jahren absorbieren. Dazu die Schutzzollpolitik, wodurch jedes Industrieland sich gegen die andern und namentlich gegen England abschließt und die heimische Produktionsfähigkeit noch künstlich steigert.<br/>Die Folgen sind allgemeine chronische Überproduktion, gedrückte Preise, fallende und sogar ganz wegfallende Profite; kurz, die alt gerühmte Freiheit der Konkurrenz ist am Ende ihres Lateins und muß ihren offenbaren skandalösen Bankrott selbst ansagen. Und zwar dadurch, daß in jedem Land die Großindustriellen eines bestimmten Zweigs sich zusammentun zu einem Kartell zur Regulierung der Produktion. Ein Ausschuß setzt das von jedem Etablissement zu produzierende Quantum fest und verteilt in letzter Instanz die einlaufenden Aufträge. In einzelnen Fällen kam es zeitweise sogar zu internationalen Kartellen, so zwischen der englischen und deutschen Eisenproduktion. Aber auch diese Form der Vergesellschaftung der Produktion genügte noch nicht. Der Interessengegensatz der einzelnen Geschäftsfirmen durchbrach sie nur zu oft und stellte die Konkurrenz wieder her.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.453f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Es ist ein sich selbst aufhebender Widerspruch, der den Übergangspunkt zu einer neuen Produktionsform darstellt. In gewissen Sphären wird das Monopol hergestellt und fordert die Staatseinmischung heraus.<br/>Es wird eine neue Finanzaristokratie, Parasiten in Gestalt von „Projektenmachern“ etc. gebildet. Es ist die Privatproduktion ohne die Kontrolle des Privateigentums.<br />
<br />
{{Zitat |So ist in diesem Zweig, der die Grundlage der ganzen chemischen Industrie bildet, in England die Konkurrenz durch das Monopol ersetzt und der künftigen Expropriation durch die Gesamtgesellschaft, die Nation, aufs erfreulichste vorgearbeitet.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.454)}}<br />
<br />
{{Zitat |Es ist dies die Aufhebung der kapitalistischen Produktionsweise innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise selbst, und daher ein sich selbst aufhebender Widerspruch, der prima facie als bloßer Übergangspunkt zu einer neuen Produktionsform sich darstellt. Als solcher Widerspruch stellt er sich dann auch in der Erscheinung dar. Er stellt in gewissen Sphären das Monopol her und fordert daher die Staatseinmischung heraus. Er reproduziert eine neue Finanzaristokratie, eine neue Sorte Parasiten in Gestalt von Projektenmachern, Gründern und bloß nominellen Direktoren; ein ganzes System des Schwindels und Betrugs mit Bezug auf Gründungen, Aktienausgabe und Aktienhandel. Es ist Privatproduktion ohne die Kontrolle des Privateigentums.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.454)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Der Kredit bietet dem einzelnen Kapitalisten absolute Verfügung über fremdes Kapital in gewissen Schranken, er ermöglicht die Verfügung über gesellschaftliches, nicht eigenes Kapital, und damit über fremde Arbeit.<br/>Das Kapital wird zur reinen Basis für den Kreditüberbau.<br />
<br />
{{Zitat |IV. Abgesehn von dem Aktienwesen – das eine Aufhebung der kapitalistischen Privatindustrie auf Grundlage des kapitalistischen Systems selbst ist, und in demselben Umfang, worin es sich ausdehnt und neue Produktionssphären ergreift, die Privatindustrie vernichtet – , bietet der Kredit dem einzelnen Kapitalisten, oder dem, der für einen Kapitalisten gilt, eine innerhalb gewisser Schranken absolute Verfügung über fremdes Kapital und fremdes Eigentum, und dadurch über fremde Arbeit.87 Verfügung über gesellschaftliches, nicht eignes Kapital, gibt ihm Verfügung über gesellschaftliche Arbeit. Das Kapital selbst, das man wirklich oder in der Meinung des Publikums besitzt, wird nur noch die Basis zum Kreditüberbau.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.455)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Die Expropriation (auch der kleineren und mittleren Kapitalisten) ist der Ausgangspunkt der kapitalistischen Produktionsweise. Ihre Durchführung ist ihr Ziel. In letzter Instanz ist das die Expropriation aller einzelnen von den Produktionsmitteln, die mit der Entwicklung der gesellschaftlichen Produktion aufhören, Produktionsmittel der Privatproduktion zu sein. Sie können nur noch Produktionsmittel in der Hand der assoziierten Produzenten sein, daher ihr gesellschaftliches Eigentum, ebenso wie ihr gesellschaftliches Produkt.<br />
<br />
{{Zitat |Die Expropriation erstreckt sich hier von den unmittelbaren Produzenten auf die kleineren und mittleren Kapitalisten selbst. Diese Expropriation ist der Ausgangspunkt der kapitalistischen Produktionsweise; ihre Durchführung ist ihr Ziel, und zwar in letzter Instanz die Expropriation aller einzelnen von den Produktionsmitteln, die mit der Entwicklung der gesellschaftlichen Produktion aufhören, Mittel der Privatproduktion und Produkte der Privatproduktion zu sein, und die nur noch Produktionsmittel in der Hand der assoziierten Produzenten, daher ihr gesellschaftliches Eigentum, sein können, wie sie ihr gesellschaftliches Produkt sind.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.455f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 8'''<br />
<br />
Im Aktienwesen existiert schon der Gegensatz gegen die alte Form, worin gesellschaftliches Produktionsmittel als individuelles Eigentum erscheint, aber Verwandlung bleibt in kapitalistischen Schranken befangen. Sie überwindet den Gegensatz zwischen dem Charakter des Reichtums als gesellschaftlicher und als Privateigentum nicht, sondern bildet ihn in neuer Gestalt aus.<br />
<br />
{{Zitat |Da das Eigentum hier in der Form der Aktie existiert, wird seine Bewegung und Übertragung reines Resultat des Börsenspiels, wo die kleinen Fische von den Haifischen und die Schafe von den Börsenwölfen verschlungen werden. In dem Aktienwesen existiert schon Gegensatz gegen die alte Form, worin gesellschaftliches Produktionsmittel als individuelles Eigentum erscheint; aber die Verwandlung in die Form der Aktie bleibt selbst noch befangen in den kapitalistischen Schranken; statt daher den Gegensatz zwischen dem Charakter des Reichtums als gesellschaftlicher und als Privatreichtum zu überwinden, bildet sie ihn nur in neuer Gestalt aus.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.456)}}<br />
<br />
'''Annahme 9'''<br />
<br />
Kreditwesen erscheint als Haupthebel der Überproduktion und Überspekulation im Handel, weil er den Reproduktionsprozess bis zur äußersten Grenze forciert.<br/>Großer Teil des gesellschaftlichen Kapitals wird von den Nichteigentümern angewandt, die nicht ängstlich ans Zeug gehen wie der Eigentümer seines Privatkapitals. Verwertung des Kapitals erlaubt freie Entfaltung nur bis zu einem gewissen Punkt, der durch das Kreditwesen durchbrochen wird. Das Kreditwesen beschleunigt die materielle Entwicklung der Produktivkräfte und die Herstellung des Weltmarkts, die als materielle Grundlagen der neuen Produktionsform bis auf einen gewissen Höhegrad herzustellen, die Aufgabe der kapitalistischen Produktionsweise ist.<br/>Der Kredit beschleunigt gleichzeitig die gewaltsamen Ausbrüche des Widerspruchs, die Krisen und damit die Elemente der Auflösung der alten Produktionsweise.<br />
<br />
{{Zitat |Wenn das Kreditwesen als Haupthebel der Überproduktion und Überspekulation im Handel erscheint, so nur, weil der Reproduktionsprozeß, der seiner Natur nach elastisch ist, hier bis zur äußersten Grenze forciert wird, und zwar deshalb forciert wird, weil ein großer Teil des gesellschaftlichen Kapitals von den Nichteigentümern desselben angewandt wird, die daher ganz anders ins Zeug gehn als der ängstlich die Schranken seines Privatkapitals erwägende Eigentümer, soweit er selbst fungiert. Es tritt damit nur hervor, daß die auf den gegensätzlichen Charakter der kapitalistischen Produktion gegründete Verwertung des Kapitals die wirkliche, freie Entwicklung nur bis zu einem gewissen Punkt erlaubt, also in der Tat eine immanente Fessel und Schranke der Produktion bildet, die beständig durch das Kreditwesen durchbrochen wird. Das Kreditwesen beschleunigt daher die materielle Entwicklung der Produktivkräfte und die Herstellung des Weltmarkts, die als materielle Grundlagen der neuen Produktionsform bis auf einen gewissen Höhegrad herzustellen, die historische Aufgabe der kapitalistischen Produktionsweise ist. Gleichzeitig beschleunigt der Kredit die gewaltsamen Ausbrüche dieses Widerspruchs, die Krisen, und damit die Elemente der Auflösung der alten Produktionsweise.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.457)}}<br />
<br />
==Bestandteile des Bankkapitals==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Bankkapital, Wertpapiere, Aktien, Zinstragendes Kapital, Geldrevenue, Fiktives Kapital, Zins, Eigentumstitel, Rechtstitel, Reservefonds der Banken, Bankierkapital<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Bankkapital besteht aus barem Geld, Gold oder Noten, sowie aus Wertpapieren.<br/>Diese teilen sich auf in Wechsel und öffentliche Wertpapiere (Staatspapiere, Schatzscheine, Aktien).<br />
<br />
{{Zitat |Das Bankkapital besteht 1. aus barem Geld, Gold oder Noten, 2. Wertpapieren. Diese können wir wieder in zwei Teile teilen: Handelspapiere, Wechsel, die schwebend sind, von Zeit zu Zeit verfallen und in deren Diskontierung das eigentliche Geschäft des Bankiers gemacht wird; und öffentliche Wertpapiere, wie Staatspapiere, Schatzscheine, Aktien aller Art, kurz zinstragende Papiere, die sich aber wesentlich von den Wechseln unterscheiden.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.481)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Form des zinstragenden Kapitals bringt es mit sich, dass jede regelmäßige Geldrevenue als Zins eines Kapitals erscheint – mag sie aus einem Kapital entspringen oder nicht.<br />
<br />
{{Zitat |Die Form des zinstragenden Kapitals bringt es mit sich, daß jede bestimmte und regelmäßige Geldrevenue als Zins eines Kapitals erscheint, sie mag aus einem Kapital entspringen oder nicht. Erst wird das Geldeinkommen in Zins verwandelt, und mit dem Zins findet sich dann auch das Kapital, woraus es entspringt. Ebenso erscheint mit dem zinstragenden Kapital jede Wertsumme als Kapital, sobald sie nicht als Revenue verausgabt wird; nämlich als Hauptsumme (principal) im Gegensatz zum möglichen oder wirklichen Zins, den sie tragen kann. Die Sache ist einfach: Gesetzt, der Durchschnittszinsfuß sei 5% jährlich. Eine Summe von 500 Pfd.St. würde also jährlich, wenn in zinstragendes Kapital verwandelt, 25 Pfd.St. einbringen. Jede feste jährliche Einnahme von 25 Pfd.St. wird daher als Zins eines Kapitals von 500 Pfd.St. betrachtet.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.482)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Bildung des fiktiven Kapitals nennt man kapitalisieren. Jede wiederholende Einnahme wird nach dem Durchschnittszins berechnet, als Ertrag, den ein Kapital zu diesem Zins ausgeliehen abwerfen würde.<br/>Aller Zusammenhang mit dem wirklichen Verwertungsprozess geht bis auf die letzte Spur verloren, die Vorstellung vom Kapital als einem sich durch sich selbst verwertenden Automaten befestigt sich.<br />
<br />
{{Zitat |Die Bildung des fiktiven Kapitals nennt man kapitalisieren. Man kapitalisiert jede regelmäßig sich wiederholende Einnahme, indem man sie nach dem Durchschnittszinsfuß berechnet, als Ertrag, den ein Kapital, zu diesem Zinsfuß ausgeliehen, abwerfen würde; z.B. wenn die jährliche Einnahme=100 Pfd. St. und der Zinsfuß=5%, so wären die 100 Pfd. St. der jährliche Zins von 2000 Pfd.St., und diese 2000 Pfd.St. gelten nun als der Kapitalwert des juristischen Eigentumstitels auf die 100 Pfd. St. jährlich. für den, der diesen Eigentumstitel kauft, stellen die 100 Pfd. St. jährliche Einnahme dann in der Tat die Verzinsung seines angelegten Kapitals zu 5 % vor. Aller Zusammenhang mit dem wirklichen Verwertungsprozeß des Kapitals geht so bis auf die letzte Spur verloren, und die Vorstellung vom Kapital als einem sich durch sich selbst verwertenden Automaten befestigt sich.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.484)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Die selbständige Bewegung des Werts dieser Eigentumstitel (man kann sie kaufen und verkaufen, PK) bestätigt den Schein, als bildeten sie wirkliches Kapital neben dem Kapital.<br />
<br />
{{Zitat |Die selbständige Bewegung des Werts dieser Eigentumstitel, nicht nur der Staatseffekten, sondern auch der Aktien, bestätigt den Schein, als bildeten sie wirkliches Kapital neben dem Kapital oder dem Anspruch, worauf sie möglicherweise Titel sind. Sie werden nämlich zu Waren, deren Preis eine eigentümliche Bewegung und Festsetzung hat. Ihr Marktwert erhält eine von ihrem Nominalwert verschiedne Bestimmung, ohne daß sich der Wert (wenn auch die Verwertung) des wirklichen Kapitals änderte.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.485)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Diese Papiere stellen nichts dar als akkumulierte Ansprüche, Rechtstitel auf künftige Produktion.<br />
<br />
{{Zitat |Alle diese Papiere stellen in der Tat nichts vor als akkumulierte Ansprüche Rechtstitel, auf künftige Produktion, deren Geld- oder Kapitalwert entweder gar kein Kapital repräsentiert, wie bei den Staatsschulden, oder von dem Wert des wirklichen Kapitals, das sie vorstellen, unabhängig reguliert wird.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.486)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Reservefonds der Banken drücken im Durchschnitt die Größe des als Schatz vorhandenen Gelds aus.<br />
Und ein Teil dieses Schatz besteht aus Anweisungen auf Gold, die aber keine Selbstwerte sind.<br />
Größter Teil des Bankierkapitals ist daher rein fiktiv und besteht aus Schuldforderungen, Staatspapieren und Aktien.<br />
<br />
{{Zitat |Die Reservefonds der Banken, in Ländern entwickelter kapitalistischer Produktion, drücken immer im Durchschnitt die Größe des als Schatz vorhandnen Geldes aus, und ein Teil dieses Schatzes besteht selbst wieder aus Papier, bloßen Anweisungen auf Gold, die aber keine Selbstwerte sind. Der größte Teil des Bankierkapitals ist daher rein fiktiv und besteht aus Schuldforderungen (Wechseln), Staatspapieren (die vergangnes Kapital repräsentieren) und Aktien (Anweisungen auf künftigen Ertrag).| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.487)}}<br />
<br />
==Geldkapital und wirkliches Kapital I==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Das Geldkapital ist Geld das zur Beschaffung von beispielsweise Produktionsmitteln angewandt wird. In der Volkswirtschaftslehre wird es als die Verfügungsmöglichkeit von Geld zur Beschaffung von Investitionsgütern verstanden.<br />
Dieses Geldkapital kann durch Kredite beschaffen werden, womit die Notwendigkeit eines starken Reservekapitals umgangen wird.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Akkumulation, Staatskapital, Leihkapital, Produktivkraftentwicklung, Ausdehnung der Märkte, Kredit, Spekulation, Bankierkredit, Reproduktionsprozess, Warenmetarmophose, industrielles Kapital, Stockung Expansion, Konsumtionsfähigkeit, Geldkredit, Reservekapital, Börse<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Anarchie der kapitalistischen Produktion führt immer zu wiederkehrenden Krisen. Da bei der Produktion Geldkapital gebraucht wird um beispielsweise die Bestandteile des konstanten Kapitals zu ersetzen. Da Leihkapital dieses nötige Geldkapital darstellt nimmt der Kredit auch eine wichtige Rolle ein. Diese Entwicklung wurde auch im dritten Band des Kapitals von Marx schriftlich ausgearbeitet.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Akkumulation von Geldkapital und Geldvermögen hat sich aufgelöst in Akkumulation von Ansprüchen des Eigentums auf Arbeit.<br />
Akkumulation des Kapitals der Staatsschuld heißt die Vermehrung einer Klasse von Staatsgläubigern, die Steuern für sich vorwegzunehmen berechtigt sind.<br />
<br />
{{Zitat |Soweit wir die eigentümliche Form der Akkumulation des Geldkapitals und Geldvermögens überhaupt bis jetzt betrachtet haben, hat sie sich aufgelöst in Akkumulation von Ansprüchen des Eigentums auf die Arbeit. Die Akkumulation des Kapitals der Staatsschuld heißt, wie sich gezeigt hat, weiter nichts als Vermehrung einer Klasse von Staatsgläubigern, die gewisse Summen auf den Betrag der Steuern für sich vorwegzunehmen berechtigt sind.<br/>Sismondi-Fußnote:"Die Staatspapiere sind nichts anderes als das imaginäre Kapital, das der zur Bezahlung der Schulden bestimmte Teil des jährlichen Einkommens darstellt. Ein gleichgroßes Kapital ist vergeudet worden; dieses dient als Nenner für die Anleihe, aber es ist nicht das, was das Staatspapier darstellt; denn das Kapital existiert überhaupt nicht mehr. Mittlerweile müssen neue Reichtümer aus der Arbeit der Industrie entstehen; ein jährlicher Teil dieser Reichtümer wird im voraus denen angewiesen, die jene vergeudeten Reichtümer geliehen hatten; dieser Teil wird durch Steuern jenen abgenommen, die die Reichtümer hervorbringen, um an die Staatsgläubiger gegeben zu werden, und nach dem landesüblichen Verhältnis zwischen Kapital und Zins nimmt man ein imaginäres Kapital an, das ebenso groß ist wie das Kapital, woraus die jährliche Rente entstehen könnte, die die Gläubiger zu bekommen haben." (Sismondi, "Nouveaux Principes", II, p.229, 230.)| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.493f.])}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Die Staatsanleihen und Aktien sind so gesehen lediglich Anlagesphären für das verleihbare Kapital. Doch erfüllen diese Anlagesphären selbst nicht die Funktion von Leihkapital, und sind somit selbst kein Leihkapital.<br />
Dies liegt daran, dass der Industrielle oder Kaufmann nicht die Staatspapiere und Aktien benötigt, sondern Geld.<br />
<br />
{{Zitat |Um die vorliegende Frage auf engere Grenzen zurückzuführen: Staatseffekten wie Aktien und andere Wertpapiere aller Art sind Anlagesphären für verleihbares Kapital, für Kapital, das bestimmt ist, zinstragend zu werden. Sie sind Formen, es auszuleihen. Aber sie sind nicht selbst das Leihkapital, das in ihnen angelegt wird. Andrerseits, soweit der Kredit direkte Rolle im Reproduktionsprozeß spielt: Was der Industrielle oder Kaufmann braucht, wenn er Wechsel diskontiert haben oder eine Anleihe aufnehmen will, sind weder Aktien noch Staatspapiere. Was er braucht, ist Geld. Er versetzt oder verkauft also jene Wertpapiere, wenn er das Geld sich anders nicht beschaffen kann.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.495])}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Durch die voranschreitende Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit werden die Märkte ausgedehnt und somit auch an ferne Orte verlegt. Aus diesem Grund, und da sich die Wechsel länger vollziehen, müssen sich auch die Kredite verlängern. Das spekulative Element in Transaktionen nimmt daher zu.<br/><br />
Die Entwicklung des Produktionsprozesses erweitert so den Kredit, der wiederum zur Ausdehnung der industriellen und merkantilen, resp. kaufmännischen, Operationen führt. Es findet hier somit Wechselwirkung statt.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist aber klar, daß mit der Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit, und daher der Produktion auf großer Stufenleiter, 1. die Märkte sich ausdehnen und vom Produktionsort sich entfernen, 2. daher die Kredite sich verlängern müssen, und also 3. das spekulative Element mehr und mehr die Transaktionen beherrschen muß. Die Produktion auf großer Stufenleiter und für entfernte Märkte wirft das Gesamtprodukt in die Hand des Handels; es ist aber unmöglich, daß sich das Kapital der Nation verdopple, so daß der Handel für sich fähig wäre, mit eignem Kapital das gesamte nationale Produkt aufzukaufen und wieder zu verkaufen. Kredit ist hier also unerläßlich; Kredit, dem Umfang nach wachsend mit dem wachsenden Wertumfang der Produktion, und der Zeitdauer nach mit der zunehmenden Entfernung der Märkte. Es findet hier Wechselwirkung statt. Die Entwicklung des Produktionsprozesses erweitert den Kredit, und der Kredit führt zur Ausdehnung der industriellen und merkantilen Operationen.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.498])}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der vom Bankierkredit getrennte Kredit wächst mit dem Umfang des industriellen Kapitals. Diese geliehenen Kapitale sind Warenkapitale und somit Kapital, dass sich in einer bestimmten Phase des Reproduktionsprozesses befindet.<br />
<br />
{{Zitat |Betrachten wir diesen Kredit, getrennt vom Bankierkredit, so ist klar, daß er wächst mit dem Umfang des industriellen Kapitals selbst. Leihkapital und industrielles Kapital sind hier identisch; die geliehenen Kapitale sind Warenkapitale, bestimmt entweder für schließliche individuelle Konsumtion oder zum Ersatz der konstanten Elemente von produktivem Kapital. Was hier also als geliehenes Kapital erscheint, ist immer Kapital, das sich in einer bestimmten Phase des Reproduktionsprozesses befindet, aber durch Kauf und Verkauf aus einer Hand in die andre übergeht, während das Äquivalent dafür [von] dem Käufer erst später zu bedungner Frist gezahlt wird.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.498])}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Viel Kredit innerhalb des reproduktiven Kreislaufs bedeutet eine große Beschäftigung von Kapital im Reproduktionsprozess, wenn die Metamorphose der Ware durch den Kredit vermittelt wird. Der Kredit vermittelt den Übergang des industriellen Kapitals in eine andere Phase.<br />
Der Kredit ist somit nicht unbeschäftigtes Kapital, sondern Beschäftigung von Kapital im Reproduktionsprozess.<br />
<br />
{{Zitat |Was demnach hier verliehen wird, ist nie unbeschäftigtes Kapital, sondern Kapital, das in der Hand seines Besitzers seine Form ändern muß, das in einer Form existiert, worin es für ihn bloßes Warenkapital ist, d.h. Kapital, das rückverwandelt, und zwar wenigstens zunächst in Geld umgesetzt werden muß. Es ist somit die Metamorphose der Ware, die hier durch den Kredit vermittelt wird; nicht nur W – G, sondern auch G – W und der wirkliche Produktionsprozeß. Viel Kredit innerhalb des reproduktiven Kreislaufs – abgesehn vom Bankierkredit – heißt nicht: viel unbeschäftigtes Kapital, das zu Anleihen ausgeboten wird und profitliche Anlage sucht, sondern: große Beschäftigung von Kapital im Reproduktionsprozeß. Der Kredit vermittelt hier also 1. soweit die industriellen Kapitalisten in Betracht kommen, den Übergang des industriellen Kapitals aus einer Phase in die andre, den Zusammenhang der zueinander gehörigen und ineinander eingreifenden Produktionssphären; 2. soweit die Kaufleute in Betracht kommen, den Transport und den Übergang der Waren aus einer Hand in die andre bis zu ihrem definitiven Verkauf für Geld oder ihrem Austausch mit einer andern Ware.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.499])}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Solange der Reproduktionsprozess flüssig ist und andauert, dauert auch der Kredit an und dehnt sich aus. Bei einer Stockung durch verzögerte Rückflüsse, überführter Märkte ist Überfluss von industriellem Kapital vorhanden, aber auch eine Masse von unbeschäftigtem fixem Kapital. Das industrielle Kapital existiert allerdings in Form von Warenkapital, das aber unverkäuflich ist.<br />
Der Kredit kontrahiert sich somit, weil das Kapital unbeschäftigt ist und stockt, und weil das Vertrauen in den Reproduktionsprozesses gebrochen ist und die Nachfrage nach einem kommerziellen Kredit abnimmt.<br />
<br />
{{Zitat |Solange der Reproduktionsprozeß flüssig und damit der Rückfluss gesichert bleibt, dauert dieser Kredit und dehnt sich aus, und seine Ausdehnung ist basiert auf die Ausdehnung des Reproduktionsprozesses selbst. Sobald eine Stockung eintritt, infolge verzögerter Rückflüsse, überführter Märkte, gefallner Preise, ist Überfluß von industriellem Kapital vorhanden, aber in einer Form, worin es seine Funktion nicht vollziehn kann. Masse von Warenkapital, aber unverkäuflich. Masse von fixem Kapital, aber durch Stockung der Reproduktion großenteils unbeschäftigt. Der Kredit kontrahiert sich, 1. weil dies Kapital unbeschäftigt ist, d.h. in einer seiner Reproduktionsphasen stockt, weil es seine Metamorphose nicht vollziehn kann; 2. weil das Vertrauen in die Flüssigkeit des Reproduktionsprozesses gebrochen ist; 3. weil die Nachfrage nach diesem kommerziellen Kredit abnimmt. Der Spinner, der seine Produktion einschränkt und eine Masse unverkauftes Garn auf Lager hat, braucht keine Baumwolle auf Kredit zu kaufen; der Kaufmann braucht keine Waren auf Kredit zu kaufen, weil er deren schon mehr als genug hat.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.500])}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Bei einer Störung der Expansion des Reproduktionsprozesses kommt es zu einem Kreditmangel, wodurch Waren schwerer auf Kredit zu erhalten sind. In der Krise sind die Masse des unbeschäftigten Kapitals im Reproduktionsprozess und der erwähnte Kreditmangel am größten.<br />
Fabriken stehen still, Rohstoffe häufen sich auf, und fertige Produkte überfüllen den Markt, da ein Überfluss von unbeschäftigtem produktivem Kapital herrscht.<br />
<br />
{{Zitat |Tritt also Störung in dieser Expansion oder auch nur in der normalen Anspannung des Reproduktionsprozesses ein, so damit auch Kreditmangel; Waren sind schwerer auf Kredit zu erhalten. Besonders aber ist das Verlangen nach barer Zahlung und die Vorsicht im Kreditverkauf charakteristisch für die Phase des industriellen Zyklus, die auf den Krach folgt. In der Krisis selbst, da jeder zu verkaufen hat und nicht verkaufen kann und doch verkaufen muß, um zu zahlen, ist die Masse, nicht des unbeschäftigten, unterzubringenden Kapitals, sondern die des in seinem Reproduktionsprozeß gehemmten Kapitals gerade dann am größten, wenn auch der Kreditmangel am größten ist (und daher bei Bankierkredit die Diskontorate am höchsten). Das schon ausgelegte Kapital ist dann in der Tat massenweis unbeschäftigt, weil der Reproduktionsprozeß stockt. Fabriken stehn still, Rohstoffe häufen sich auf, fertige Produkte überfüllen als Waren den Markt. Es ist also nichts falscher, als solchen Zustand einem Mangel an produktivem Kapital zuzuschreiben. Es ist gerade dann Überfluß von produktivem Kapital vorhanden, teils in bezug auf den normalen, aber augenblicklich kontrahierten Maßstab der Reproduktion, teils in bezug auf die gelähmte Konsumtion.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.500])}}<br />
<br />
'''Annahme 8'''<br />
<br />
Der Ersatz von angelegten Kapitalen in der Produktion, hängt größtenteils von der Konsumtionsfähigkeit der nicht produktiven Klassen ab, während die Konsumtionsfähigkeit der Arbeiter durch die Gesetze des Arbeitslohns und durch das Maß der Anwendung ihrer Arbeitskraft begrenzt ist, in denen sie der Bourgeoisie Profit bringen.<br />
Deswegen bleibt der letzte Grund aller wirklichen Krisen immer „die Armut und Konsumtionsbeschränkung der Massen gegenüber dem Trieb der kapitalistischen Produktion“.<br />
Wirklicher Mangel an produktivem Kapital kann nur bei Missernten von Nahrungsmitteln und Rohstoffen entstehen (s. Annahme 7).<br />
<br />
{{Zitat |Wie aber die Dinge liegen, hängt der Ersatz der in der Produktion angelegten Kapitale großenteils ab von der Konsumtionsfähigkeit der nicht produktiven Klassen; während die Konsumtionsfähigkeit der Arbeiter teils durch die Gesetze des Arbeitslohns, teils dadurch beschränkt ist, daß sie nur solange angewandt werden, als sie mit Profit für die Kapitalistenklasse angewandt werden können. Der letzte Grund aller wirklichen Krisen bleibt immer die Armut und Konsumtionsbeschränkung der Massen gegenüber dem Trieb der kapitalistischen Produktion, die Produktivkräfte so zu entwickeln, als ob nur die absolute Konsumtionsfähigkeit der Gesellschaft ihre Grenze bilde.<br/>Von wirklichem Mangel an produktivem Kapital, wenigstens bei kapitalistisch entwickelten Nationen, kann nur gesprochen werden bei allgemeinen Mißernten, sei es der Hauptnahrungsmittel, sei es der hauptsächlichsten industriellen Rohstoffe.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.501])}}<br />
<br />
'''Annahme 9'''<br />
<br />
Zum kommerziellen Kredit kommt der eigentliche Geldkredit hinzu.<br />
Durch das Vorschießen des Gelds durch die Bankiers wird für jeden industriellen Fabrikanten oder Kaufmann die Notwendigkeit eines starken Reservekapitals umgangen. Aber der Prozess verkompliziert sich soweit, dass durch Wechselreiterei etc. der Schein eines soliden Geschäfts weiterexistieren kann, nachdem die Rückflüsse nur auf Kosten geprellter Geldverleiher und Produzenten gemacht worden sind.<br />
Das gesamte Geschäft macht deswegen einen gesunden Anschein, gerade unmittelbar vor dem Krach.<br />
<br />
{{Zitat |Es kommt aber nun zu diesem kommerziellen Kredit der eigentliche Geldkredit hinzu. Das Vorschießen der Industriellen und Kaufleute untereinander verquickt sich mit dem Vorschießen des Geldes an sie seitens der Bankiers und Geldverleiher. […] So wird für jeden individuellen Fabrikanten oder Kaufmann sowohl die Notwendigkeit eines starken Reservekapitals umgangen, wie die Abhängigkeit von den wirklichen Rückflüssen. Andrerseits aber kompliziert sich teils durch einfache Wechselreiterei, teils durch Warengeschäfte zum Zweck der bloßen Wechselfabrikation der ganze Prozeß so sehr, daß der Schein eines sehr soliden Geschäfts und flotter Rückflüsse noch ruhig fortexistieren kann, nachdem die Rückflüsse in der Tat schon längst nur noch auf Kosten teils geprellter Geldverleiher, teils geprellter Produzenten gemacht worden sind. Daher scheint immer das Geschäft fast übertrieben gesund gerade unmittelbar vor dem Krach.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.501])}}<br />
<br />
'''Annahme 10'''<br />
<br />
Eine unwissende und verkehrte Bankgesetzgebung kann die Krise erschweren, aber keine Bankgesetzgebung ist in der Lage die Krise zu beseitigen.<br />
<br />
{{Zitat |Daß es in der Periode der Krise an Zahlungsmitteln fehlt, ist selbsteinleuchtend. Die Konvertibilität der Wechsel hat sich substituiert der Metamorphose der Waren selbst, und grade zu solcher Zeit um so mehr, je mehr ein Teil der Geschäftshäuser bloß auf Kredit arbeitet. Unwissende und verkehrte Bankgesetzgebung, wie die von 1844/45, kann diese Geldkrise erschweren. Aber keine Art Bankgesetzgebung kann die Krise beseitigen.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.507f.])}}<br />
<br />
'''Annahme 11'''<br />
<br />
Das Warenkapital verliert in der Krise und großen Stockungen, seine Eigenschaft ein potentielles Geldkapital darzustellen.<br />
Dasselbe gilt auch für das fiktive Kapital. Dieses fiktive Geldkapital ist in Krisen enorm vermindert, doch hat diese Verminderung der Geldnamen – des Preises – von Wertpapieren nichts mit dem wirklichen Kapital zu tun, aber viel mehr mit der Zahlungsfähigkeit seiner Eigner.<br />
<br />
{{Zitat |Aus dem Gesagten ergibt sich, daß das Warenkapital seine Eigenschaft, potentielles Geldkapital darzustellen, in der Krise und überhaupt in Geschäftsstockungen in großem Maß verliert. Dasselbe gilt von dem fiktiven Kapital, den zinstragenden Papieren, soweit diese selbst als Geldkapitale auf der Börse zirkulieren. Mit dem steigenden Zins fällt ihr Preis. Er fällt ferner durch den allgemeinen Kreditmangel, der ihre Eigner zwingt, sie massenweis auf dem Markt loszuschlagen, um sich Geld zu verschaffen. Er fällt endlich bei Aktien, teils infolge der Abnahme der Revenuen, worauf sie Anweisungen sind, teils infolge des Schwindelcharakters der Unternehmungen, die sie oft genug repräsentieren. Dies fiktive Geldkapital ist in Krisen enorm vermindert, und damit die Macht seiner Eigner, Geld darauf im Markt aufzunehmen. Die Verminderung der Geldnamen dieser Wertpapiere im Kurszettel hat jedoch nichts zu tun mit dem wirklichen Kapital, das sie vorstellen, dagegen sehr viel mit der Zahlungsfähigkeit seiner Eigner.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.510])}}<br />
<br />
'''Annahme 12'''<br />
<br />
Die Bedeutung der Börse ist enorm gestiegen, da sich die gesamte Produktion, der Verkehr, die Kommunikationsmittel, usw. zunehmend in den Händen von Börsianer konzentriert.<br />
Dadurch wird die Börse zur hervorragendsten Vertreterin der kapitalistischen Produktion.<br />
<br />
{{Zitat |1. Aus dem 3.Bd., 5.Abschnitt, besonders Kapitel [27], geht hervor, welche Stellung die Börse in der kapitalistischen Produktion überhaupt einnimmt. Nun ist aber seit 1865, wo das Buch verfaßt, eine Veränderung eingetreten, die der Börse heute eine um ein Bedeutendes gesteigerte und noch stets wachsende Rolle zuweist und die bei der ferneren Entwicklung die Tendenz hat, die gesamte Produktion, industrielle wie agrikulturelle, und den gesamten Verkehr, Kommunikationsmittel wie Austauschfunktion, in den Händen von Börsianern zu konzentrieren, so daß die Börse die hervorragendste Vertreterin der kapitalistischen Produktion selbst wird.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.917])}}<br />
<br />
'''Annahme 13'''<br />
<br />
Die Akkumulation des Kapitals vollzieht sich mit stets wachsender Schnelligkeit, auch schneller als die Ausdehnung der eigentlichen Produktion.<br />
Die Akkumulation des einzelnen Kapitalisten konnte, resp. kann, somit nicht in der Vergrößerung seines eigenen Geschäfts volle Verwendung finden.<br />
<br />
{{Zitat |3. Jetzt anders. Die Akkumulation ist seit der Krise von 1866 mit einer stets wachsenden Schnelligkeit vorgegangen, und zwar so, daß in keinem Industrieland, am wenigsten England, die Ausdehnung der Produktion mit der der Akkumulation Schritt halten, die Akkumulation des einzelnen Kapitalisten in der Vergrößerung seines eigenen Geschäfts volle Verwendung finden konnte| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.917f.])}}<br />
<br />
== Quellen ==<br />
<br />
Marx, Karl: MEW Bd. 23-25, Das Kapital in: Marx wirklich studieren, URL: https://marx-wirklich-studieren.net/marx-engels-werke-als-pdf-zum-download/ (06.01.2019).<br />
<br />
[[Kategorie: AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
[[Kategorie: Grundannahmen]]<br />
[[Kategorie: Grundannahme AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]</div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Politische_%C3%96konomie_des_Kapitalismus&diff=6993Politische Ökonomie des Kapitalismus2020-02-16T08:50:29Z<p>Mati: /* Armut und Reichtum */</p>
<hr />
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<br />
==Ware und ihre Eigenschaften==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Eine Ware ist ein Produkt menschlicher Arbeitskraft, welches für den gesellschaftlichen Austausch produziert wird und menschliche Bedürfnisse befriedigt. Sie Besitzen Gebrauchswert und Tauschwert. Der Gebrauchswert ist qualitativ und beschreibt den Nutzen einer Ware für den Käufer. Der Tauschwert ist quantitativ - er spiegelt eine bestimmte Summe gesellschaftlich notwendiger Arbeit wieder.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Gebrauchswert, Tauschwert, Wert, Konsumtion, Quantitatives Verhältnis, Ware, Produkt, Austausch, Rock, Verhältnis, Erscheinungsform, Arbeitsprodukt, abstrakt menschliche Arbeit, Warenwert, Arbeitszeit, Arbeitskraft, Durchschnitt, Produktionsbedingungen<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Ware und ihrer Eigenschaften wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
Waren haben immer sowohl Gebrauchswert, als auch Tauschwert. Die Trennung in Qualität (Gebrauchswert) und Quantität (Tauschwert) dient lediglich der besseren Erklärbarkeit. Wenn im Folgenden von „Wert“ einer Ware gesprochen wird, meint das nichts „drittes“, sondern die Einheit von Gebrauchs- und Tauschwert.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Eine Ware ist zunächst ein Gegenstand, der menschliche Bedürfnisse aller Art befriedigt, ob als Lebensmittel oder als Produktionsmittel.<br />
<br />
{{Zitat |Die Ware ist zunächst ein äußerer Gegenstand, ein Ding, das durch seine Eigenschaften menschliche Bedürfnisse irgendeiner Art befriedigt. Die Natur dieser Bedürfnisse, ob sie z.B. dem Magen oder der Phantasie entspringen, ändert nichts an der Sache. Es handelt sich hier auch nicht darum, wie die Sache das menschliche Bedürfnis befriedigt, ob unmittelbar als Lebensmittel, d. h. als Gegenstand des Genusses, oder auf einem Umweg, als Produktionsmittel. Jedes nützliche Ding, wie Eisen, Papier usw., ist unter doppeltem Gesichtspunkt zu betrachten, nach Qualität und Quantität.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.49])}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Der Gebrauchswert einer Ware verwirklicht sich im Gebrauch, in seinem Nutzen, abhängig von der Eigenschaft der Ware, von der Qualität der Ware. Zugleich bilden Gebrauchswerte den stofflichen Inhalt des Reichtums. Im Kapitalismus bilden sie zugleich die stofflichen Träger des Tauschwerts. Der Tauschwert erscheint, wenn man verschiedene Gebrauchswerte miteinander tauschen möchte und drückt somit ein quantitatives Verhältnis aus.<br />
<br />
{{Zitat |Die Nützlichkeit eines Dings macht es zum Gebrauchswert. Aber diese Nützlichkeit schwebt nicht in der Luft. Durch die Eigenschaften des Warenkörpers bedingt, existiert sie nicht ohne denselben. Der Warenkörper selbst, wie Eisen, Weizen, Diamant usw., ist daher ein Gebrauchswert oder Gut. Dieser sein Charakter hängt nicht davon ab, ob die Aneignung seiner Gebrauchseigenschaften dem Menschen viel oder wenig Arbeit kostet. Bei Betrachtung der Gebrauchswerte wird stets ihre quantitative Bestimmtheit vorausgesetzt, wie Dutzend Uhren, Elle Leinwand, Tonne Eisen usw. Die Gebrauchswerte der Waren liefern das Material einer eignen Disziplin, der Warenkunde. Der Gebrauchswert verwirklicht sich nur im Gebrauch oder der Konsumtion. Gebrauchswerte bilden den stofflichen Inhalt des Reichtums, welches immer seine gesellschaftliche Form sei. In der von uns zu betrachtenden Gesellschaftsform bilden sie zugleich die stofflichen Träger des – Tauschwerts. Der Tauschwert erscheint zunächst als das quantitative Verhältnis, die Proportion, worin sich Gebrauchswerte einer Art gegen Gebrauchswerte anderer Art austauschen, ein Verhältnis, das beständig mit Zeit und Ort wechselt.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.50])}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Der Grund, um überhaupt Produkte zu tauschen, sind ihre unterschiedlichen Gebrauchswerte. In diesem Tauschprozess wird ein Produkt zur Ware.<br />
<br />
{{Zitat |Um Ware zu werden, muß das Produkt dem andern, dem es als Gebrauchswert dient, durch den Austausch übertragen werden. Endlich kann kein Ding Wert sein, ohne Gebrauchsgegenstand zu sein.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.55])}}<br />
<br />
{{Zitat |Wären jene Dinge nicht qualitativ verschiedne Gebrauchswerte und daher Produkte qualitativ verschiedner nützlicher Arbeiten, so könnten sie sich überhaupt nicht als Waren gegenübertreten. Rock tauscht sich nicht aus gegen Rock, derselbe Gebrauchswert nicht gegen denselben Gebrauchswert.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.56])}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Eine gewisse Ware lässt sich in einem bestimmten Verhältnis mit einer anderen Ware tauschen, z. B. x kg Weizen gegen y kg Kartoffeln oder z kg Möhren. Also hat der Weizen unzählig viele Tauschwerte. Die Tauschwerte müssen aber auch etwas Gleiches haben, um vergleichbar zu sein, der Tauschwert kann also nur die "Erscheinungsform" eines Dritten sein.<br />
<br />
{{Zitat |Eine gewisse Ware, ein Quarter Weizen z.B. tauscht, sich mit x Stiefelwichse oder mit y Seide oder mit z Gold usw., kurz mit andern Waren in den verschiedensten Proportionen. Mannigfache Tauschwerte also hat der Weizen statt eines einzigen. Aber da x Stiefelwichse, ebenso y Seide, ebenso z Gold usw. der Tauschwert von einem Quarter Weizen ist, müssen y Stiefelwichse, y Seide, z Gold usw. durch einander ersetzbare oder einander gleich große Tauschwerte sein. Es folgt daher erstens: Die gültigen Tauschwerte derselben Ware drücken ein Gleiches aus. Zweitens aber: Der Tauschwert kann überhaupt nur die Ausdrucksweise, die ‚Erscheinungsform‛ eines von ihm unterscheidbaren Gehalts sein.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.51])}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Alle Gebrauchswerte sind Arbeitsprodukte und damit auf abstrakte Arbeit reduzierbar. Diese Arbeit produziert Wert, Warenwert. Das Gemeinsame der unterschiedlichen Waren, was sich beim Tauschen darstellt, ist also ihr Wert.<br />
<br />
{{Zitat |Sieht man nun vom Gebrauchswert der Warenkörper ab, so bleibt ihnen nur noch eine Eigenschaft, die von Arbeitsprodukten. Jedoch ist uns auch das Arbeitsprodukt bereits in der Hand verwandelt. Abstrahieren wir von seinem Gebrauchswert, so abstrahieren wir auch von den körperlichen Bestandteilen und Formen, die es zum Gebrauchswert machen. Es ist nicht länger Tisch oder Haus oder Garn oder sonst ein nützlich Ding. Alle seine sinnlichen Beschaffenheiten sind ausgelöscht. Es ist auch nicht länger das Produkt der Tischlerarbeit oder der Bauarbeit oder der Spinnarbeit oder sonst einer bestimmten produktiven Arbeit. Mit dem nützlichen Charakter der Arbeitsprodukte verschwindet der nützliche Charakter der in ihnen dargestellten Arbeiten, es verschwinden also auch die verschiedenen konkreten Formen dieser Arbeiten, sie unterscheiden sich nicht länger, sondern sind allzusamt reduziert auf gleiche menschliche Arbeit, abstrakt menschliche Arbeit. […] Als Kristalle dieser ihnen gemeinschaftlichen gesellschaftlichen Substanz sind sie Werte – Warenwerte.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.52)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Die Größe des Werts misst sich an der Quantität der Arbeit, an der Arbeitszeit in Minuten, Stunden, Tagen etc.<br />
<br />
{{Zitat |Ein Gebrauchswert oder Gut hat also nur einen Wert, weil abstrakt menschliche Arbeit in ihm vergegenständlicht oder materialisiert ist. Wie nun die Größe seines Werts messen? Durch das Quantum der in ihm enthaltenen ‚wertbildenden Substanz‛, der Arbeit. Die Quantität der Arbeit selbst mißt sich an ihrer Zeitdauer, und die Arbeitszeit besitzt wieder ihren Maßstab an bestimmten Zeitteilen, wie Stunde, Tag usw.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.53)}}<br />
<br />
'''Annahme 7 '''<br />
<br />
Die Arbeitszeit für den Wert einer Ware bemisst sich nicht nach einem individuellen (faulen, schnellen, ungeschickten) Arbeiter, sondern an der durchschnittlich gesellschaftlich notwendigen Dauer zur Erstellung dieser Ware unter normalen Produktionsbedingungen.<br />
<br />
{{Zitat |Die gesamte Arbeitskraft der Gesellschaft, die sich in den Werten der Warenwelt darstellt, gilt hier als eine und dieselbe menschliche Arbeitskraft, obgleich sie aus zahllosen individuellen Arbeitskräften besteht. Jede dieser individuellen Arbeitskräfte ist dieselbe menschliche Arbeitskraft wie die andere, soweit sie den Charakter einer gesellschaftlichen Durchschnitts-Arbeitskraft besitzt und als solche gesellschaftliche Durchschnitts-Arbeitskraft wirkt, also in der Produktion einer Ware auch nur die im Durchschnitt notwendige oder gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit braucht. Gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit ist Arbeitszeit, erheischt, um irgendeinen Gebrauchswert mit den vorhandenen gesellschaftlich- normalen Produktionsbedingungen und dem gesellschaftlichen Durchschnittsgrad von Geschick und Intensität der Arbeit darzustellen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.53)}}<br />
<br />
==Arbeitswerttheorie/ Wertgesetz==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Arbeitswerttheorie besagt, dass sich der Wert der Waren entsprechend der zu ihrer Produktion notwendigen Menge gesellschaftlich notwendiger Arbeit bemisst und sie sich dementsprechend austauschen. Das Wertgesetz wirkt innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise als Regulator der Produktion- es treibt die Warenproduzenten an, den gesellschaftlich notwendigen Arbeitsaufwand zu senken und bewegt die gesellschaftliche Produktion in die Bereiche, die am meisten Profit versprechen. Dadurch wird auch bestimmt, welcher Teil gesellschaftlich vorhandener Arbeitszeit für die Produktion der einzelnen Waren verwendet wird.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Wertgröße, Arbeitszeit, Produktivkraft, Wert, Preise, Wertgesetz<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Arbeitswerttheorie/ des Wertgesetzes wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt. Das Wertgesetz wirkt innerhalb der kapitalistischen Produktion spontan als ökonomischer Regulator, was zur Folge hat, dass über das Schwanken der Marktpreise (als Erscheinungsform des Wertes) sich die Produktion hin zur größten Nachfrage und weg vom Überangebot verlagert und so gesellschaftliche Arbeitszeit durch bspw. Nichteinsatz vergeudet wird. Diese destriktive Wirkung wird in Zeiten von Überproduktionskrisen. Unter der Bedingung kapitalistischer Monopole finden sich veränderte Bedingungen für Form und Wirkung des Wertgesetzes.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Der Grad der Entwicklung der Produktivkraft beeinflusst die Arbeitszeit, die zur Herstellung einer Ware nötig ist und somit beeinflusst sie auch die Wertgröße der Ware und ihren Preis: Je größer die Produktivkraft, umso kürzer die benötigte Arbeitszeit, umso kleiner der Wert der Ware, umso kleiner der Preis. Diese Bewegung ist durch das Wertgesetz bestimmt<br />
<br />
{{Zitat |Die Wertgröße einer Ware bliebe daher konstant, wäre die zu ihrer Produktion erheischte Arbeitszeit konstant. Letztere wechselt aber mit jedem Wechsel in der Produktivkraft der Arbeit.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.54)}}<br />
<br />
{{Zitat |Je größer die Produktivkraft der Arbeit, desto kleiner die zur Herstellung eines Artikels erheischte Arbeitszeit, desto kleiner die in ihm kristallisierte Arbeitsmasse, desto kleiner sein Wert. Umgekehrt, je kleiner die Produktivkraft der Arbeit, desto größer die zur Herstellung eines Artikels notwendige Arbeitszeit, desto größer sein Wert. Die Wertgröße einer Ware wechselt also direkt wie das Quantum und umgekehrt wie die Produktivkraft der sich in ihr verwirklichenden Arbeit.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.55)}}<br />
<br />
{{Zitat |In welcher Weise immer die Preise der verschiedenen Waren zuerst gegeneinander festgesetzt oder geregelt sein mögen, das Wertgesetz beherrscht ihre Bewegung. Wo die zu ihrer Produktion erheischte Arbeitszeit fällt, fallen die Preise; wo sie steigt, steigen die Preise, bei sonst gleichbleibenden Umständen.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.186)}}<br />
<br />
== Warenproduktion und gesellschaftliche Teilung der Arbeit ==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Warenproduktion hat ihre objektive Grundlage und historische Bedingung in der gesellschaftlichen Arbeitsteilung. Ab einem gewissen Stand der Produktivkraftentwicklung werden Produkte nicht für den Eigenverbrauch, sondern für den gesellschaftlichen Austausch produziert: die Produkte menschlicher Arbeitskraft werden zu Waren.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Arbeitsteilung, Gebrauchswert, nützliche Arbeit, Warenproduzenten, Arbeitsteilung, Warenproduktion, Existenzbedingung<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Warenproduktion und der gesellschaftlichen Teilung der Arbeit wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Die gesellschaftliche Teilung der Arbeit ist die Voraussetzung der Warenproduktion, umgekehrt gilt diese Voraussetzung jedoch nicht. Jeder Produzent stellt Waren unterschiedlicher Gebrauchswerte her, die durch ihre Unterschiedlichkeit tauschbar sind.<br />
<br />
{{Zitat |[…]: in dem Gebrauchswert jeder Ware steckt eine bestimmte zweckmäßig produktive Tätigkeit oder nützliche Arbeit. Gebrauchswerte können sich nicht als Waren gegenübertreten, wenn nicht qualitativ verschiedne nützliche Arbeiten in ihnen stecken. In einer Gesellschaft, deren Produkte allgemein die Form der Ware annehmen, d. h. in einer Gesellschaft von Warenproduzenten, entwickelt sich dieser qualitative Unterschied der nützlichen Arbeiten, welche unabhängig voneinander als Privatgeschäfte selbständiger Produzenten betrieben werden, zu einem vielgliedrigen System, zu einer gesellschaftlichen Teilung der Arbeit.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.57)}}<br />
<br />
{{Zitat |[…] – eine gesellschaftliche Teilung der Arbeit. Sie ist Existenzbedingung der Warenproduktion, obgleich Warenproduktion nicht umgekehrt die Existenzbedingung gesellschaftlicher Arbeitsteilung.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.56)}}<br />
<br />
==Wertform==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Wertform ist jene Form, in der der Wert einer Ware erscheint. Man unterscheidet die relative, die entfaltete und die allgemeine Wertform. Die relative Wertform einer Ware drückt dabei ihr Verhältnis zu einer bestimmten, ihr äquivalenten anderen Ware aus, bsp.: 1Beil= 2 Paar Stiefel. Bei der entfaltetetn Wertform drückt diese sich in mehreren ihr Äquivalenten Waren aus, bsp.: 1Beil = 4Paar Stiefel = 20Sack Stroh = 10Pfund Butter. Bei der allgemeinen Wertform lassen sich die Werte aller Waren in einer einzigen Ware ausdrücken- sie fungiert als allgemeines Äquivalent.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Wertform, Wertverhältnis, Austauschverhältnis, Quantum, Äquivalent<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Wertform wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Der Tauschwert erscheint erst im Austauschverhältnis zweier Waren. Der Wert einer Ware wird im Äquivalent einer anderen quantitativ ausgedrückt.<br />
<br />
{{Zitat |Die einfache Wertform einer Ware ist enthalten in ihrem Wertverhältnis zu einer verschiedenartigen Ware oder im Austauschverhältnis mit derselben. Der Wert der Ware A wird qualitativ ausgedrückt durch die unmittelbare Austauschbarkeit der Ware B mit der Ware A. Er wird quantitativ ausgedrückt durch die Austauschbarkeit eines bestimmten Quantums der Ware B mit dem gegebenen Quantum der Ware A. In andren Worten: Der Wert einer Ware ist selbständig ausgedrückt durch seine Darstellung als ‚Tauschwert‛.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.74)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Einfache Wertform: xWareA = yWareB<br />
<br />
Entfaltete Wertform: xWare = unendliche viele unterschiedliche Waren<br />
<br />
Allgemeine Wertform: viele unterschiedliche Waren = yWareZ (allgemein anerkanntes Äquivalent)<br />
<br />
Es kristallisiert sich eine Ware heraus, die als allgemein gültiges Äquivalent zu allen anderen Waren tauschbar ist.<br />
<br />
{{Zitat |Die einfache oder vereinzelte relative Wertform einer Ware macht eine andre Ware zum einzelnen Äquivalent. Die entfaltete Form des relativen Werts, dieser Ausdruck des Werts einer Ware in allen andren Waren, prägt ihnen die Form verschiedenartiger besonderer Äquivalente auf. Endlich erhält eine besondre Warenart die allgemeine Äquivalentform, weil alle andren Waren sie zum Material ihrer einheitlichen, allgemeinen Wertform machen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.82)}}<br />
<br />
==Geld==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Geld ist eine Ware, die ein spezifisches Äquivalent für alle anderen Waren ist. Sie bringt deren Wert zum Ausdruck und vermittelt deren Austausch. In dieser Eigenschaft besteht ihr spezifischer Gebrauchswert.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Geldform, Wertform, Vergegenständlichte menschliche Arbeit, Ware, Wertausdruck, Zirkulationsmittel, Wertmaß, Tauschwert, Geld, Krise<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition von Geld wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Die Allgemeine Wertform geht über zur Geldform. Geld hat die gesellschaftliche Gültigkeit bekommen, allgemeines Äquivalent zu allen anderen Waren zu sein.<br />
<br />
{{Zitat |Und erst vom Augenblick, wo diese Ausschließung sich endgültig auf eine spezifische Warenart beschränkt, hat die einheitliche relative Wertform der Waren weit objektive Festigkeit und allgemein gesellschaftliche Gültigkeit gewonnen. Die spezifische Warenart nun, mit deren Naturalform die Äquivalentform gesellschaftlich verwächst, wird zur Geldware oder funktioniert als Geld. Es wird ihre spezifisch gesellschaftliche Funktion, und daher ihr gesellschaftliches Monopol, innerhalb der Warenwelt die Rolle des allgemeinen Äquivalents zu spielen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.109)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Da allen Waren vergegenständlichte menschliche Arbeit sind, können sie in dem gleichen Wertmaß, in Geldform oder Preis ausgedrückt werden.<br />
<br />
{{Zitat |Weil alle Waren als Werte vergegenständlichte menschliche Arbeit, daher an und für sich kommensurabel sind, können sie ihre Werte gemeinschaftlich in derselben spezifischen Ware messen und diese dadurch in ihr gemeinschaftliches Wertmaß oder Geld verwandeln. Geld als Wertmaß ist notwendige Erscheinungsform des immanenten Wertmaßes der Waren, der Arbeitszeit. Der Wertausdruck einer Ware in Gold – x Ware A (ist gleich) y Geldware – ist ihre Geldform oder ihr Preis.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.109)}}<br />
<br />
'''Annahme 3 '''<br />
<br />
Die Ware, die als Zirkulationsmittel funktioniert, ist Geld. Geld ist somit die adäquate Daseinsform des Tauschwerts, die alle anderen Waren als bloße Gebrauchswerte fixiert. Dabei ist es gleich, ob das Geld in „leiblicher“ Form (Goldstück) oder ideell auftritt.<br />
<br />
{{Zitat |Die Ware, welche als Wertmaß und daher auch, leiblich oder durch Stellvertreter, als Zirkulationsmittel funktioniert, ist Geld. Gold (resp. Silber) ist daher Geld. Als Geld funktioniert es, einerseits wo es in seiner goldnen (resp. silbernen) Leiblichkeit erscheinen muß, daher als Geldware, also weder bloß ideell, wie im Wertmaß, noch repräsentationsfähig, wie im Zirkulationsmittel; andrerseits wo seine Funktion, ob es selbe nun in eigner Person oder durch Stellvertreter vollziehe, es als alleinige Wertgestalt oder allein adäquates Dasein des Tauschwerts allen andren Waren als bloßen Gebrauchswerten gegenüber fixiert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.143)}}<br />
<br />
'''Annahme 4 '''<br />
<br />
Dadurch dass die Ware Geld nicht nur leiblich, sondern auch ideell als Zahlungsmittel benutzt wird, entsteht ein Widerspruch. Dieser Widerspruch zwischen Ware und Wertgestalt wird sichtbar, wenn dass Geld – durch Produktions- und Handelskrisen – nicht mehr nur repräsentatives Rechengeld sein kann, sondern harte Ware sein muss. Plötzlich wird der Gegensatz zwischen der Ware und ihrer Wertgestalt, dem Geld, bis zum absoluten Widerspruch gesteigert.<br />
<br />
{{Zitat |Die Funktion des Geldes als Zahlungsmittel schließt einen unvermittelten Widerspruch ein. Soweit sich die Zahlungen ausgleichen, funktioniert es nur ideell als Rechengeld oder Maß der Werte. Soweit wirkliche Zahlung zu verrichten, tritt es nicht als Zirkulationsmittel auf, als nur verschwindende und vermittelnde Form des Stoffwechsels, sondern als die individuelle Inkarnation der gesellschaftlichen Arbeit, selbständiges Dasein des Tauschwerts, absolute Ware. Dieser Widerspruch eklatiert in dem Moment der Produktions- und Handelskrisen, der Geldkrise heißt. Sie ereignet sich nur, wo die prozessierende Kette der Zahlungen und ein künstliches System ihrer Ausgleichung völlig entwickelt sind. Mit allgemeineren Störungen dieses Mechanismus, woher sie immer entspringen mögen, schlägt das Geld plötzlich und unvermittelt um aus der nur ideellen Gestalt des Rechengeldes in hartes Geld. Es wird unersetzlich durch profane Waren. Der Gebrauchswert der Ware wird wertlos, und ihr Wert verschwindet vor seiner eignen Wertform.<br/> In der Krise wird der Gegensatz zwischen der Ware und ihrer Wertgestalt, dem Geld, bis zum absoluten Widerspruch gesteigert. Die Erscheinungsform des Geldes ist hier daher auch gleichgültig. Die Geldhungersnot bleibt dieselbe, ob in Gold oder Kreditgeld, Banknoten etwa, zu zahlen ist.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.151)}}<br />
<br />
==Einfache Warenzirkulation==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die einfache Warenzirkulation (W – G – W) beschreibt den Ausgangspunkt des Kapitals. Ihre Voraussetzungen sind die Warenproduktion, die entwickelte Warenzirkulation und der Handel. In der einfachen Warenzirkulation werden Äquivalente getauscht und sie endet somit in der Aneignung von Gebrauchswerten.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Warenzirkulation, Kapital, Handel, Ware, Zirkulation, Konsumtion, Aneignung, Befriedigung<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Einfachen Warenzirkulation wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Warenzirkulation ist Ausgangspunkt des Kapitals. Damit Kapital entstehen kann, braucht es historische Voraussetzungen: Warenproduktion, entwickelte Warenzirkulation und Handel.<br />
<br />
{{Zitat |Die Warenzirkulation ist der Ausgangspunkt des Kapitals. Warenproduktion und entwickelte Warenzirkulation, Handel, bilden die historischen Voraussetzungen, unter denen es entsteht.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.161)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Einfache Warenzirkulation Ware – Geld – Ware (W – G – W) endet in der Aneignung von Gebrauchswerten.<br />
<br />
{{Zitat |Der Kreislauf W – G – W geht aus von dem Extrem einer Ware und schließt ab mit dem Extrem einer andren Ware, die aus der Zirkulation heraus und der Konsumtion anheimfällt. Konsumtion, Befriedigung von Bedürfnissen, mit einem Wort, Gebrauchswert ist daher sein Endzweck.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.164)}}<br />
<br />
{{Zitat |Die einfache Warenzirkulation – der Verkauf für den Kauf – dient zum Mittel für einen außerhalb der Zirkulation liegenden Endzweck, die Aneignung von Gebrauchswerten, die Befriedigung von Bedürfnissen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.167)}}<br />
<br />
==Kapitalkreislauf==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Der Kapitalkreislauf beschreibt die Bewegung des Kapitals in der Produktions- und Zirkulationssphäre. Bei der Bewegung G – W – G wird Geld gegen Ware und Ware gegen Geld getauscht, wobei G und W jeweils verschiedene Existenzweisen des Werts bilden. Durch das Verändern seiner Erscheinungsformen vergrößert sich der Wert, er verwertet sich selbst. Der Prozess endet bei G‘, was den zugesetzten Mehrwert beinhaltet und das Kapital steht somit wieder am Ausgangspunkt seiner endlosen Bewegung.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Zirkulation, Geld, Ware, Geldsumme, Mehrwert, Kapital, Verwertung, Bewegung, Selbstverwertung, Kapitalkreislauf<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition des Kapitalkreislaufs wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Bei der Zirkulation Geld – Ware – Geld (G – W – G) tauscht man Geld gegen Ware, um sie wieder gegen Geld zu tauschen, kurz Austausch von Geld gegen Geld.<br />
<br />
{{Zitat |Sehn wir uns die Zirkulation G – W – G näher an. Sie durchläuft, gleich der einfachen Warenzirkulation, zwei entgegengesetzte Phasen. In der ersten Phase, G – W, Kauf, wird das Geld in Ware verwandelt. In der zweiten Phase, W – G, Verkauf, wird die Ware in Geld rückverwandelt. Die Einheit beider Phasen aber ist die Gesamtbewegung, welche Geld gegen Ware und dieselbe Ware wieder gegen Geld austauscht, Ware kauft, um sie zu verkaufen, oder wenn man die formellen Unterschiede von Kauf und Verkauf vernachlässigt, mit dem Geld Ware und mit der Ware Geld kauft. Das Resultat, worin der ganze Prozeß erlischt, ist Austausch von Geld gegen Geld, G – G.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.162)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Der Prozess G – W – G macht nur Sinn, wenn G quantitativ verschieden ist, wenn G – W – G', wo G' größer als G ist. Den Zuwachs zu G nennt man Mehrwert. In dem Prozess, in dem G zu G' wird, wird G zu Kapital.<br />
<br />
{{Zitat |Eine Geldsumme kann sich von der andren Geldsumme überhaupt nur durch ihre Größe unterscheiden. Der Prozeß G – W – G schuldet seinen Inhalt daher keinem qualitativen Unterschied seiner Extreme, denn sie sind beide Geld, sondern nur ihrer quantitativen Verschiedenheit. Schließlich wird der Zirkulation mehr Geld entzogen, als anfangs hineingeworfen ward. Die zu 100 Pfd.St. gekaufte Baumwolle wird z.B. wieder verkauft zu 100 (plus) 10 Pfd.St. oder 110 Pfd.St. Die vollständige Form dieses Prozesses ist daher G – W – G' , wo G' (gleich) G + A G, d. h. gleich der ursprünglich vorgeschossenen Geldsumme plus einem Inkrement. Dieses Inkrement oder den Überschuß über den ursprünglichen Wert nenne ich – Mehrwert (surplus value). Der ursprünglich vorgeschoßne Wert erhält sich daher nicht nur in der Zirkulation, sondern in ihr verändert er seine Wertgröße, setzt einen Mehrwert zu oder verwertet sich. Und diese Bewegung verwandelt ihn in Kapital.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.165)}}<br />
<br />
'''Annahme 3 '''<br />
<br />
Zirkulation des Geldes als Kapital ist Selbstzweck, Verwertung des Werts. Treibendes Motiv ist der Tauschwert selbst. Man kann diese Bewegung endlos wiederholen. Wer dies tut, wird zum Kapitalist.<br />
<br />
{{Zitat |Die Zirkulation des Geldes als Kapital ist dagegen Selbstzweck, denn die Verwertung des Werts existiert nur innerhalb dieser stets erneuerten Bewegung. Die Bewegung des Kapitals ist daher maßlos. Als bewußter Träger dieser Bewegung wird der Geldbesitzer Kapitalist.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.167)}}<br />
<br />
'''Annahme 4 '''<br />
<br />
Ware und Geld sind verschiedene Existenzweisen des Werts, im Verändern seiner Erscheinungsformen (Geld – Ware – Geld) vergrößert er sich. Zum ursprünglichen Wert gibt sich Mehrwert dazu, er verwertet sich somit selbst.<br />
<br />
{{Zitat |Die selbständigen Formen, die Geldformen, welche der Wert der Waren in der einfachen Zirkulation annimmt, vermitteln nur den Warenaustausch und verschwinden im Endresultat der Bewegung. In der Zirkulation G – W – G funktionieren dagegen beide, Ware und Geld, nur als verschiedne Existenzweisen des Werts selbst, das Geld seine allgemeine, die Ware seine besondre, sozusagen nur verkleidete Existenzweise. […] Fixiert man die besondren Erscheinungsformen, welche der sich verwertende Wert im Kreislauf seines Lebens abwechselnd annimmt, so erhält man die Erklärungen: Kapital ist Geld, Kapital ist Ware. In der Tat aber wird der Wert hier das Subjekt eines Prozesses, worin er unter dem beständigen Wechsel der Formen von Geld und Ware seine Größe selbst verändert, sich als Mehrwert von sich selbst als ursprünglichem Wert abstößt, sich selbst verwertet. Denn die Bewegung, worin er Mehrwert zusetzt, ist seine eigne Bewegung, seine Verwertung also Selbstverwertung. Er hat die okkulte Qualität erhalten, Wert zu setzen, weil er Wert ist. Er wirft lebendige Junge oder legt wenigstens goldne Eier.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.169)}}<br />
<br />
'''Annahme 5 '''<br />
<br />
Kapitalkreislauf: Wert kommt aus dem Kreislauf, geht wieder in ihn hinein, erhält sich und vergrößert sich (Mehrwert), kommt insgesamt größer aus ihm heraus und beginnt von neuem denselben Kreislauf. Dieser sich verwertende Wert ist Kapital. Sein Kreislauf ist unendlich wiederholbar.<br />
<br />
{{Zitat |Der Wert wird also prozessierender Wert, prozessierendes Geld und als solches Kapital. Er kommt aus der Zirkulation her, geht wieder in sie ein, erhält und vervielfältigt sich in ihr, kehrt vergrößert aus ihr zurück und beginnt denselben Kreislauf stets wieder von neuem. G – G ', geldheckendes Geld – money which begets money – lautet die Beschreibung des Kapitals im Munde seiner ersten Dolmetscher, der Merkantilisten.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.170)}}<br />
<br />
==Mehrwert==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Bei der Metamorphose des Werts G – W – G‘ setzt der Wert einen Mehrwert zu. Dieser entspringt aber nicht dem Äquivalententausch und ebensowenig dem Tausch von Nicht-Äquivalenten. Der Warenbesitzer kann den Wert einer Ware nur erhöhen, indem er ihr neuen Wert durch den Einsatz von Arbeit zusetzt.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Tausch, Äquivalent, Mehrwert, Warenaustausch, Kapital, Verteilung, Minderwert, Zirkulation, Arbeit, Mehrwert, Wertbildung<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition des Mehrwerts wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Beim Tausch von Äquivalenten wird kein Mehrwert produziert. Auch beim Tausch von Nicht-Äquivalenten (wenn Käufer über oder unter Wert kauft bzw. Verkäufer unter oder über Wert verkauft) wird kein Mehrwert produziert, da sich dieser kurzfristige Vorteil im Kreislauf wieder aufheben wird.<br />
Die Zirkulation oder der Warenaustausch schafft keinen Wert. Nur Arbeit kann Waren Wert zusetzen, Mehrwert erzeugen.<br />
<br />
{{Zitat |Werden Waren oder Waren und Geld von gleichem Tauschwert, also Äquivalente ausgetauscht, so zieht offenbar keiner mehr Wert aus der Zirkulation heraus, als er in sie hineinwirft. Es findet dann keine Bildung von Mehrwert statt.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.174)}}<br />
<br />
{{Zitat |Die Bildung von Mehrwert und daher die Verwandlung von Geld in Kapital, kann also weder dadurch erklärt werden, daß die Verkäufer die Waren über ihrem Werte verkaufen, noch dadurch, daß die Käufer sie unter ihrem Werte kaufen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.175)}}<br />
<br />
{{Zitat |Der zirkulierende Wert hat sich um kein Atom vergrößert, seine Verteilung zwischen A und B hat sich verändert. Auf der einen Seite erscheint als Mehrwert, was auf der andren Minderwert ist, auf der einen Seite als Plus, was auf der andren als Minus.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.177)}}<br />
<br />
{{Zitat |Man mag sich also drehen und wenden, wie man will, das Fazit bleibt dasselbe. Werden Äquivalente ausgetauscht, so entsteht kein Mehrwert, und werden Nicht-Äquivalente ausgetauscht, so entsteht auch kein Mehrwert. Die Zirkulation oder der Warenaustausch schafft keinen Wert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.177f.)}}<br />
<br />
{{Zitat |Kann aber der Mehrwert anderswoher entspringen als aus der Zirkulation? Die Zirkulation ist die Summe aller Wechselbeziehungen der Warenbesitzer. Außerhalb derselben steht der Warenbesitzer nur noch in Beziehung zu seiner eignen Ware. […] Aber seine Arbeit stellt sich nicht dar im Werte der Ware und einem Überschuß über ihrem eignen Wert, nicht in einem Preise von 10, der zugleich ein Preis von 11, nicht in einem Wert, der größer als er selbst ist. Der Warenbesitzer kann durch seine Arbeit Werte bilden, aber keine sich verwertenden Werte. Er kann den Wert einer Ware erhöhn, indem er vorhandnem Wert neuen Wert durch neue Arbeit zusetzt, z.B. aus Leder Stiefel macht.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.179f.)}}<br />
<br />
==Ware Arbeitskraft==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Ware Arbeitskraft ist die dem Arbeiter eigene Ware. Ob sie körperliche oder geistige Arbeit verrichtet- ihr spezifischer Gebrauchswert ist die Erzeugung von Wert. Ihr Tauschwert richtet sich nach der Summe der notwendigen Lebensmittel, die der Arbeiter braucht, um sich selbst zu reproduzieren und ist abhängig von der Kulturstufe, den Ansprüchen, die der Arbeiter stellt und dem Wert der benötigten Lebensmittel. Steigt der Wert der benötigten Lebensmittel, steigt auch der Wert der Arbeitskraft. Die Minimalgrenze des Werts der Arbeitskraft ist der Wert der täglichen Lebensmittel des Arbeiters. Sinkt der Preis der Arbeitskraft unter diesen Wert, hört der Arbeiter auf, zu existieren.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Arbeitskraft, Wert, Gebrauchswert, Arbeitsvermögen, Kapitalist, Geldbesitzer, Arbeiter, Warenbesitzer, Eigentum, Kapital, Warenmarkt, Freiheit, Ware, Produktion, Reproduktion, Arbeitszeit, Lebensmittel, Grenze, Minimum<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Ware Arbeitskraft wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Der Gebrauchswert der Ware Arbeitskraft ist es Wert zu schaffen. Zur Arbeitskraft zählen alle körperlichen und geistigen Fähigkeiten, die beim Arbeiten benutzt werden.<br />
<br />
{{Zitat |Die Veränderung muß sich also zutragen mit der Ware, die im ersten Akt G – W gekauft wird, aber nicht mit ihrem Wert, denn es werden Äquivalente ausgetauscht, die Ware wird zu ihrem Werte bezahlt. Die Veränderung kann also nur entspringen aus ihrem Gebrauchswert als solchem, d. h. aus ihrem Verbrauch. Um aus dem Verbrauch einer Ware Wert herauszuziehn, müßte unser Geldbesitzer so glücklich sein, innerhalb der Zirkulationssphäre, auf dem Markt, eine Ware zu entdecken, deren Gebrauchswert selbst die eigentümliche Beschaffenheit besäße, Quelle von Wert zu sein, deren wirklicher Verbrauch also selbst Vergegenständlichung von Arbeit wäre, daher Wertschöpfung. Und der Geldbesitzer findet auf dem Markt eine solche spezifische Ware vor – das Arbeitsvermögen oder die Arbeitskraft. Unter Arbeitskraft oder Arbeitsvermögen verstehen wir den Inbegriff der physischen und geistigen Fähigkeiten, die in der Leiblichkeit, der lebendigen Persönlichkeit eines Menschen existieren und die er in Bewegung setzt, sooft er Gebrauchswerte irgendeiner Art produziert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.181)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Der Kapitalist und der Arbeiter begegnen sich als juristisch gleiche Personen, als ebenbürtige Warenbesitzer auf dem Markt. Der einzige Unterschied ist, dass der eine Käufer, der andere Verkäufer ist. Der Arbeiter muss immer Besitzer seiner Ware, also Arbeitskraft, sein und kann sie somit nur für einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung stellen.<br />
<br />
{{Zitat |Er und der Geldbesitzer begegnen sich auf dem Markt und treten in Verhältnis zueinander als ebenbürtige Warenbesitzer, nur dadurch unterschieden, daß der eine Käufer, der andre Verkäufer, beide also juristisch gleiche Personen sind. Die Fortdauer dieses Verhältnisses erheischt, daß der Eigentümer der Arbeitskraft sie stets nur für bestimmte Zeit verkaufe, denn verkauft er sie in Bausch und Bogen, ein für allemal, so verkauft er sich selbst, verwandelt sich aus einem Freien in einen Sklaven, aus einem Warenbesitzer in eine Ware. Er als Person muß sich beständig zu seiner Arbeitskraft als seinem Eigentum und daher seiner eignen Ware verhalten, und das kann er nur, soweit er sie dem Käufer stets nur vorübergehend, für einen bestimmten Zeittermin, zur Verfügung stellt, zum Verbrauch überläßt, also durch ihre Veräußerung nicht auf sein Eigentum an ihr verzichtet.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.182)}}<br />
<br />
'''Annahme 3 '''<br />
<br />
Voraussetzung für die Verwandlung von Geld in Kapital ist, dass es Arbeiter auf dem Warenmarkt gibt. Die Arbeiter müssen über ihre Arbeitskraft als Ware verfügen können und besitzen keine eigenen Produktionsmittel.<br />
<br />
{{Zitat |Zur Verwandlung von Geld in Kapital muß der Geldbesitzer also den freien Arbeiter auf dem Warenmarkt vorfinden, frei in dem Doppelsinn, daß er als freie Person über seine Arbeitskraft als seine Ware verfügt, daß er andrerseits andre Waren nicht zu verkaufen hat, los und ledig, frei ist von allen zur Verwirklichung seiner Arbeitskraft nötigen Sachen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.183)}}<br />
<br />
'''Annahme 4 '''<br />
<br />
Der Wert der Ware Arbeitskraft wird gemessen an dem Wert der Summe der Lebensmittel, die der Arbeiter benötigt, um existieren zu können, sowie sich selbst fortzupflanzen. <br />
<br />
{{Zitat |Die Arbeitskraft existiert nur als Anlage des lebendigen Individuums. Ihre Produktion setzt also seine Existenz voraus. Die Existenz des Individuums gegeben, besteht die Produktion der Arbeitskraft in seiner eignen Reproduktion oder Erhaltung. Zu seiner Erhaltung bedarf das lebendige Individuum einer gewissen Summe von Lebensmitteln. Die zur Produktion der Arbeitskraft notwendige Arbeitszeit löst sich also auf in die zur Produktion dieser Lebensmittel notwendige Arbeitszeit, oder der Wert der Arbeitskraft ist der Wert der zur Erhaltung ihres Besitzers notwendigen Lebensmittel.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.185)}}<br />
<br />
'''Annahme 5 '''<br />
<br />
Besonderheit des Werts der Ware Arbeitskaft: Er ist beeinflussbar; abhängig von der Kulturstufe, den Ansprüchen, die die Arbeiter stellen, die sich historisch entwickelt haben und als natürliche Bedürfnisse gelten.<br />
<br />
{{Zitat |Die Summe der Lebensmittel muß also hinreichen, das arbeitende Individuum als arbeitendes Individuum in seinem normalen Lebenszustand zu erhalten. Die natürlichen Bedürfnisse selbst, wie Nahrung, Kleidung, Heizung, Wohnung usw., sind verschieden je nach den klimatischen und andren natürlichen Eigentümlichkeiten eines Landes. Andrerseits ist der Umfang sog. notwendiger Bedürfnisse, wie die Art ihrer Befriedigung, selbst ein historisches Produkt und hängt daher großenteils von der Kulturstufe eines Landes, unter andrem auch wesentlich davon ab, unter welchen Bedingungen, und daher mit welchen Gewohnheiten und Lebensansprüchen die Klasse der freien Arbeiter sich gebildet hat. Im Gegensatz zu den andren Waren enthält also die Wertbestimmung der Arbeitskraft ein historisches und moralisches Element. Für ein bestimmtes Land, zu einer bestimmten Periode jedoch, ist der Durchschnitts-Umkreis der notwendigen Lebensmittel gegeben.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.185)}}<br />
<br />
'''Annahme 6 '''<br />
<br />
Da der Wert der Ware Arbeitskraft an der Summe der Lebensmittel gemessen wird, die der Arbeiter zur Reproduktion seiner Arbeitskraft benötigt, verändert sich dieser Wert, wenn der Wert der Lebensmittel sich verändert.<br />
<br />
{{Zitat |Der Wert der Arbeitskraft löst sich auf in den Wert einer bestimmten Summe von Lebensmitteln. Er wechselt daher auch mit dem Wert dieser Lebensmittel, d. h. der Größe der zu ihrer Produktion erheischten Arbeitszeit.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.186)}}<br />
<br />
'''Annahme 7 '''<br />
<br />
Die Minimalgrenze des Werts der Ware Arbeitskraft ist erreicht, wenn ein Sinken des Preises der Arbeitskraft dazu führen würde, dass die tägliche Reproduktion des Arbeiters nicht mehr gewährleistet wäre und er sterben müsste. <br />
<br />
{{Zitat |Die letzte Grenze oder Minimalgrenze des Werts der Arbeitskraft wird gebildet durch den Wert einer Warenmasse, ohne deren tägliche Zufuhr der Träger der Arbeitskraft, der Mensch, seinen Lebensprozeß nicht erneuern kann, also durch den Wert der physisch unentbehrlichen Lebensmittel.<br/> Sinkt der Preis der Arbeitskraft auf dieses Minimum, so sinkt er unter ihren Wert, denn sie kann sich so nur in verkümmerter Form erhalten und entwickeln. Der Wert jeder Ware ist aber bestimmt durch die Arbeitszeit, erfordert, um sie in normaler Güte zu liefern.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.187)}}<br />
<br />
==Konstantes und variables Kapital==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Das im Arbeitsprozess eingesetzte Kapital unterteilt sich in konstantes und variables Kapital. Das konstante Kapital (k) wird dabei gebildet aus dem eingesetzten Rohmaterial, der Hilfsstoffe und den Arbeitsmitteln. Das variable Kapital (v) bildet sich aus der bezahlten Arbeitskraft. Während das variable Kapital einerseits den Wert des konstanten Kapitals auf das Arbeitsprodukt überträgt und sein eigenes Äquivalent, schafft es zusätzlich Mehrwert. Es verändert also seine Wertgröße. Die Wertgröße des konstanten Kapitals verändert sich hingegen nicht.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Arbeitskraft, lebendige Arbeit, Kapital, Produktionsmittel, Verausgabung, Produkt, Wert, Konstantes Kapital, Variables Kapital, Verwertungsprozess, Wertzusammensetzung, Technische Zusammensetzung des Kapitals, Organische Zusammensetzung des Kapitals<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition des konstanten und variablen Kapitals wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Im Arbeitsprozess überträgt der Arbeiter den Wert der verwendeten Produktionsmittel (Rohstoffe, Hilfsstoffe, Teilwert der verwendeten Maschinen) und schafft neuen Wert durch seine hinzugefügte Arbeit.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist also eine Naturgabe der sich betätigenden Arbeitskraft, der lebendigen Arbeit, Wert zu erhalten, indem sie Wert zusetzt, eine Naturgabe, die dem Arbeiter nichts kostet, aber dem Kapitalisten viel einbringt, die Erhaltung des vorhandnen Kapitalwerts.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.221)}}<br />
<br />
{{Zitat |In ihrer abstrakten, allgemeinen Eigenschaft also, als Verausgabung menschlicher Arbeitskraft, setzt die Arbeit des Spinners den Werten von Baumwolle und Spindel Neuwert zu, und in ihrer konkreten, besondren, nützlichen Eigenschaft als Spinnprozeß, überträgt sie den Wert dieser Produktionsmittel auf das Produkt und erhält so ihren Wert im Produkt. Daher die Doppelseitigkeit ihres Resultats in demselben Zeitpunkt. Durch das bloß quantitative Zusetzen von Arbeit wird neuer Wert zugesetzt, durch die Qualität der zugesetzten Arbeit werden die alten Werte der Produktionsmittel im Produkt erhalten.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.215)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Konstantes Kapital sind Ausgaben für Rohmaterialien, Hilfsstoffe und Arbeitsmittel, die ihre Wertgröße im Produktionsprozess nicht verändern.<br />
Variables Kapital ist die Bezahlung der Arbeitskraft. Die Arbeitskraft überträgt nicht nur ihren eigenen Wert auf das Produkt, sondern schafft zusätzlich neuen (Mehrwert), der mal größer, mal kleiner sein kann.<br />
<br />
{{Zitat |Der Überschuß des Gesamtwerts des Produkts über die Wertsumme seiner Bildungselemente ist der Überschuß des verwerteten Kapitals über den ursprünglich vorgeschoßnen Kapitalwert. Produktionsmittel auf der einen Seite, Arbeitskraft auf der andren sind nur die verschiednen Existenzformen, die der ursprüngliche Kapitalwert annahm bei Abstreifung seiner Geldform und seiner Verwandlung in die Faktoren des Arbeitsprozesses.<br/> Der Teil des Kapitals also, der sich in Produktionsmittel, d. h. in Rohmaterial, Hilfsstoffe und Arbeitsmittel umsetzt, verändert seine Wertgröße nicht im Produktionsprozeß. Ich nenne ihn daher konstanten Kapitalteil, oder kürzer: konstantes Kapital.<br/> Der in Arbeitskraft umgesetzte Teil des Kapitals verändert dagegen seinen Wert im Produktionsprozeß. Er reproduziert sein eignes Äquivalent und einen Überschuß darüber, Mehrwert, der selbst wechseln, größer oder kleiner sein kann. Aus einer konstanten Größe verwandelt sich dieser Teil des Kapitals fortwährend in eine variable. Ich nenne ihn daher variablen Kapitalteil, oder kürzer: variables Kapital. Dieselben Kapitalbestandteile, die sich vom Standpunkt des Arbeitsprozesses als objektive und subjektive Faktoren, als Produktionsmittel und Arbeitskraft unterscheiden, unterscheiden sich vom Standpunkt des Verwertungsprozesses als konstantes Kapital und variables Kapital.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.223f.)}}<br />
<br />
==Die Mehrwertrate==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Mehrwertrate (m‘) drückt das Verhältnis von gewonnener Mehrwertmasse (m) und eingesetzter Arbeitskraft oder variablem Kapital (v) aus, bzw. von Mehrarbeitszeit zu notwendiger Arbeitszeit. Sie beschreibt den Exploitations- bzw. Ausbeutungsgrad der Arbeitskraft.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Konstantes Kapital, Variables Kapital, Mehrwertrate, Exploitationsgrad, Mehrprodukt, Mehrwert<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Mehrwertrate wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Die Mehrwertrate (m´) bestimmt das Verhältnis des Mehrwerts (m) zu den Lohnkosten (v) oder der Mehrarbeitszeit zu der notwenigen Arbeitszeit.(m´) = Mehrwert (m) / variables Kapital (v) oder Mehrarbeitszeit / notwendige Arbeitszeit. Somit lässt sich durch die Mehrwertrate der Ausbeutungsgrad des Arbeiters durch den Kapitalisten bestimmen.<br />
<br />
{{Zitat |Der Mehrwert verhält sich zum variablen Kapital, wie die Mehrarbeit zur notwendigen, oder die Rate des Mehrwerts m (geteilt durch) v gleich Mehrarbeit (geteilt durch) Notwendige Arbeit. Beide Proportionen drücken dasselbe Verhältnis in verschiedner Form aus, das eine Mal in der Form vergegenständlichter, das andre Mal in der Form flüssiger Arbeit. Die Rate des Mehrwerts ist daher der exakte Ausdruck für den Exploitationsgrad der Arbeitskraft durch das Kapital oder des Arbeiters durch den Kapitalisten.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.231f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Da der Zweck der kapitalistischen Produktion die Produktion von Mehrwert ist, ist die Höhe der Mehrwertrate eine bestimmende Größe.<br />
<br />
{{Zitat |Wie die Produktion von Mehrwert der bestimmende Zweck der kapitalistischen Produktion, so mißt nicht die absolute Größe des Produkts, sondern die relative Größe des Mehrprodukts den Höhegrad des Reichtums.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.243f.)}}<br />
<br />
==Der Arbeitstag==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Länge eines Arbeitstages im Industriekapitalismus hat eine untere und eine obere Grenze. Die untere Grenze muss oberhalb der notwendigen Arbeitszeit liegen, da Kapitalisten profitabel produzieren müssen. Die obere Grenze kann durch physische und moralische Kriterien beantwortet werden. Physisch muss die obere Grenze den Arbeitern die Reproduktion ihrer Arbeitskraft ermöglichen. Moralisch müssen auch geistige, soziale etc. Bedürfnisse der Arbeiter befriedigt werden. Die moralische Grenze resultiert aus den Machtverhältnissen der organisierten Arbeiter gegenüber der Kapitalseite, die sich in Arbeitskämpfen austragen und innerhalb des Kapitalismus in Staatsgesetzen ausdrücken. Die Kapitalisten drängen auf ihr Optimum, also auf eine für sie günstige und ständige Verwertung von Arbeitskraft, da Maschinen ständige, also 24-stündige, Verwertungsmöglichkeiten darstellen. Das bedeutet die Verkehrung der Verhältnisse von toter und lebendiger Arbeit.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Arbeitstag, Klassenkampf, Länge des Arbeitstags, Maximalgrenze des Arbeitstags, Minimalgrenze des Arbeitstags, notwendige Arbeit, Notwendigkeit der Organisierung der Arbeiter, Recht als Käufer/Verkäufer, Staatsgesetz<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die Länge des Arbeitstags hat gewisse Schranken, in denen sie variieren kann.<br />
<br />
{{Zitat |Obgleich nun der Arbeitstag keine feste, sondern eine fließende Größe ist, kann er andrerseits nur innerhalb gewisser Schranken variieren.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.246)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
In der kapitalistischen Produktionsweise kann sich der Arbeitstag nie nur auf den Teil der notwendigen Arbeit verkürzen.<br />
<br />
{{Zitat |Auf Grundlage der kapitalistischen Produktionsweise kann die notwendige Arbeit […] immer nur einen Teil seines [des Arbeiters] Arbeitstages bilden, der Arbeitstag sich also nie auf dies Minimum verkürzen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.246)}}<br />
<br />
'''Annahme 3 '''<br />
<br />
Die Maximalgrenze ist doppelt bestimmt. Der Arbeiter hat eine physische Grenze. Ein Teil des Tages muss er schlafen, essen, sich reinigen etc. Und es gibt eine moralische Grenze. Der Arbeiter braucht Zeit, geistige und soziale Bedürfnisse zu befriedigen, deren Umfang abhängig vom allgemeinen Kulturzustand ist.<br />
<br />
{{Zitat |Er ist über eine gewisse Grenze hinaus nicht verlängerbar. Diese Maximalschranke ist doppelt bestimmt. Einmal durch die physische Schranke der Arbeitskraft. Ein Mensch kann während des natürlichen Tags von 24 Stunden nur ein bestimmtes Quantum Lebenskraft verausgaben. So kann ein Pferd tagaus, tagein nur 8 Stunden arbeiten. Während eines Teils des Tags muß die Kraft ruhen, schlafen, während eines andren Teils hat der Mensch andre physische Bedürfnisse zu befriedigen, sich zu nähren, reinigen, kleiden usw. Außer dieser rein physischen Schranke stößt die Verlängrung des Arbeitstags auf moralische Schranken. Der Arbeiter braucht Zeit zur Befriedigung geistiger und sozialer Bedürfnisse, deren Umfang und Zahl durch den allgemeinen Kulturzustand bestimmt sind. Die Variation des Arbeitstags bewegt sich daher innerhalb physischer und sozialer Schranken. Beide Schranken sind aber sehr elastischer Natur und erlauben den größten Spielraum. So finden wir Arbeitstage von 8, 10, 12, 14, 16, 18 Stunden, also von der verschiedensten Länge.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.246f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Aus Sicht des Kapitalisten darf er größtmöglichen Nutzen aus seiner gekauften Ware Arbeitskraft herauszuschlagen, wie jeder andere auch aus seiner gekauften Ware. Das konstante (tote) Kapital und die Produktionsmittel sind nur da, um lebendige Arbeit einzusaugen. Das Interesse des Kapitalisten ist es sein Kapital zu verwerten und so viel Mehrwert wie möglich zu schaffen.<br/><br />
Der Kapitalist kauft den Gebrauchswert der Arbeitskraft, der Arbeiter erhält den Tauschwert. Dennoch zieht der Kapitalist Mehrwert aus diesem Tausch, der den Gesetzen des Warentauschs entspricht.<br />
<br />
{{Zitat |Der Kapitalist hat die Arbeitskraft zu ihrem Tageswert gekauft. Ihm gehört ihr Gebrauchswert während eines Arbeitstags. Er hat also das Recht erlangt, den Arbeiter während eines Tags für sich arbeiten zu lassen. Aber was ist ein Arbeitstag? Jedenfalls weniger als ein natürlicher Lebenstag. Um wieviel? Der Kapitalist hat seine eigne Ansicht über dies ultima Thüle, die notwendige Schranke des Arbeitstags. Als Kapitalist ist er nur personifiziertes Kapital. Seine Seele ist die Kapitalseele. Das Kapital hat aber einen einzigen Lebenstrieb, den Trieb, sich zu verwerten, Mehrwert zu schaffen, mit seinem konstanten Teil, den Produktionsmitteln, die größtmögliche Masse Mehrarbeit einzusaugen. Das Kapital ist verstorbne Arbeit, die sich nur vampyrmäßig belebt durch Einsaugung lebendiger Arbeit und um so mehr lebt, je mehr sie davon einsaugt. Die Zeit, während deren der Arbeiter arbeitet, ist die Zeit, während deren der Kapitalist die von ihm gekaufte Arbeitskraft konsumiert. Konsumiert der Arbeiter seine disponible Zeit für sich selbst, so bestiehlt er den Kapitalisten. <br/> Der Kapitalist beruft sich also auf das Gesetz des Warenaustausches. Er, wie jeder andre Käufer, sucht den größtmöglichen Nutzen aus dem Gebrauchswert seiner Ware herauszuschlagen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.223f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Stillliegendes konstantes Kapital bringt Verlust. Die Ausdehnung der Arbeitszeit in die Nacht hinein und generell auf alle 24 Stunden des Tages ist Trieb der kapitalistischen Produktion.<br />
<br />
{{Zitat |Das konstante Kapital, die Produktionsmittel, sind, vom Standpunkt des Verwertungsprozesses betrachtet, nur da, um Arbeit und mit jedem Tropfen Arbeit ein proportionelles Quantum Mehrarbeit einzusaugen. Soweit sie das nicht tun, bildet ihre bloße Existenz einen negativen Verlust für den Kapitalisten, denn sie repräsentieren während der Zeit, wo sie brachliegen, nutzlosen Kapitalvorschuß, und dieser Verlust wird positiv, sobald die Unterbrechung zusätzliche Auslagen nötig macht für den Wiederbeginn des Werks. Die Verlängrung des Arbeitstags über die Grenzen des natürlichen Tags in die Nacht hinein wirkt nur als Palliativ, stillt nur annähernd den Vampyrdurst nach lebendigem Arbeitsblut. Arbeit während aller 24 Stunden des Tags anzueignen ist daher der immanente Trieb der kapitalistischen Produktion.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.271f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Von den elastischen Schranken abgesehen, gibt es keine Grenze des Arbeitstages. Der Kapitalist als Käufer will den Gebrauchswert der Ware Arbeitskraft so lange wie möglich nutzen. Der Arbeiter als Verkäufer behauptet sein Recht, den Arbeitstag auf eine Normalgröße zu beschränken. <br />
Hier bringt die kapitalistische Produktionsweise also den Klassenkampf hervor, damit einhergehend auch die Formierung der vielen einzelnen Kapitalisten zur Bourgeoisie und die Formierung der vielen einzelnen Angehörigen der Arbeiterklasse zu einer gemeinsam handelnden Arbeiterklasse.<br />
<br />
{{Zitat |Man sieht: Von ganz elastischen Schranken abgesehn, ergibt sich aus der Natur des Warenaustausches selbst keine Grenze des Arbeitstags, also keine Grenze der Mehrarbeit. Der Kapitalist behauptet sein Recht als Käufer, wenn er den Arbeitstag so lang als möglich und womöglich aus einem Arbeitstag zwei zu machen sucht. Andrerseits schließt die spezifische Natur der verkauften Ware eine Schranke ihres Konsums durch den Käufer ein, und der Arbeiter behauptet sein Recht als Verkäufer, wenn er den Arbeitstag auf eine bestimmte Normalgröße beschränken will. Es findet hier also eine Antinomie statt, Recht wider Recht, beide gleichmäßig durch das Gesetz des Warenaustausches besiegelt. Zwischen gleichen Rechten entscheidet die Gewalt. Und so stellt sich in der Geschichte der kapitalistischen Produktion die Normierung des Arbeitstags als Kampf um die Schranken des Arbeitstags dar – ein Kampf zwischen dem Gesamtkapitalisten, d.h. der Klasse der Kapitalisten, und dem Gesamtarbeiter, oder der Arbeiterklasse.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.249)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Historisch zeigt sich die Notwendigkeit des Zusammenschlusses der Arbeiter als Klasse um einen Normalarbeitstag zu erreichen. Ab einer gewissen Reifestufe der kapitalistischen Produktion ist der einzelne Arbeiter machtlos. <br />
<br />
{{Zitat |Die Geschichte der Reglung des Arbeitstags in einigen Produktionsweisen, in andren der noch fortdauernde Kampf um diese Reglung, beweisen handgreiflich, daß der vereinzelte Arbeiter, der Arbeiter als ‚freier‘ Verkäufer seiner Arbeitskraft, auf gewisser Reifestufe der kapitalistischen Produktion, widerstandslos unterliegt. Die Schöpfung eines Normalarbeitstags ist daher das Produkt eines langwierigen, mehr oder minder versteckten Bürgerkriegs zwischen der Kapitalistenklasse und der Arbeiterklasse.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.316)}}<br />
<br />
'''Annahme 8'''<br />
<br />
Die Arbeiter als Klasse müssen zu ihrem eigenen Schutze ein Staatsgesetz erzwingen, ein Vertrag mit den Kapitalisten eingehen, um sich nicht individuell zu Tode zu arbeiten. <br />
<br />
{{Zitat |Zum ‚Schutz‘ gegen die Schlange ihrer Qualen müssen die Arbeiter ihre Köpfe zusammenrotten und als Klasse ein Staatsgesetz erzwingen, ein übermächtiges gesellschaftliches Hindernis, das sie selbst verhindert, durch freiwilligen Kontrakt mit dem Kapital sich und ihr Geschlecht in Tod und Sklaverei zu verkaufen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.320)}}<br />
<br />
'''Annahme 9'''<br />
<br />
Der Kapitalist passt auf, dass der Arbeiter mit Intensität Arbeit verrichtet.<br />
Kapital wird zum Zwangsverhältnis, welches die Arbeiterklasse nötigt, mehr Arbeit zu verrichten, als der enge Kreis der Lebensbedürfnisse vorschrieb. <br/> Hoher Grad der Ausbeutung der Arbeitskraft.<br />
<br />
{{Zitat |Innerhalb des Produktionsprozesses entwickelte sich das Kapital zum Kommando über die Arbeit, d.h. über die sich betätigende Arbeitskraft oder den Arbeiter selbst. Das personifizierte Kapital, der Kapitalist, paßt auf, daß der Arbeiter sein Werk ordentlich und mit dem gehörigen Grad von Intensität verrichte. Das Kapital entwickelte sich ferner zu einem Zwangsverhältnis, welches die Arbeiterklasse nötigt, mehr Arbeit zu verrichten, als der enge Umkreis ihrer eignen Lebensbedürfnisse vorschrieb. Und als Produzent fremder Arbeitsamkeit, als Auspumper von Mehrarbeit und Exploiteur von Arbeitskraft übergipfelt es an Energie, Maßlosigkeit und Wirksamkeit alle frühern auf direkter Zwangsarbeit beruhenden Produktionssysteme.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.328)}}<br />
<br />
'''Annahme 10'''<br />
<br />
Produktionsmittel wenden den Arbeiter an. Sie verzehren ihn als Element ihres eigenen Lebensprozesses, als Lebensprozess des Kapitals. Das bedeutet die Verkehrung der Verhältnisses von toter und lebendiger Arbeit.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist nicht mehr der Arbeiter, der die Produktionsmittel anwendet, sondern es sind die Produktionsmittel, die den Arbeiter anwenden. Statt von ihm als stoffliche Elemente seiner produktiven Tätigkeit verzehrt zu werden, verzehren sie ihn als Ferment ihres eignen Lebensprozesses, und der Lebensprozeß des Kapitals besteht nur in seiner Bewegung als sich selbst verwertender Wert. Schmelzöfen und Arbeitsgebäude, die des Nachts ruhn und keine lebendige Arbeit einsaugen, sind ‚reiner Verlust‘ (‚mere loss‘) für den Kapitalisten. Darum konstituieren Schmelzöfen und Arbeitsgebäude einen ‚Anspruch auf die Nachtarbeit‘ der Arbeitskräfte. Die bloße Verwandlung des Geldes in gegenständliche Faktoren des Produktionsprozesses, in Produktionsmittel, verwandelt letztre in Rechtstitel und Zwangstitel auf fremde Arbeit und Mehrarbeit.<br/> Wie diese der kapitalistischen Produktion eigentümliche und sie charakterisierende Verkehrung, ja Verrückung des Verhältnisses von toter und lebendiger Arbeit, von Wert und wertschöpferischer Kraft, sich im Bewusstsein der Kapitalistenköpfe abspiegelt [...]| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.329)}}<br />
<br />
==Der Arbeitslohn==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Der Arbeitslohn ist der Verkaufspreis von Arbeitskraft. Seine Untergrenze ist der Wert von Arbeitskraft, der sich durch den Wert der gewohnheitsmäßig notwendigen Lebensmittel des Durchschnittsarbeiters bemisst. Der Arbeitswert stellt gleichzeitig die notwendige Arbeit dar. Das relative Verhältnis von Arbeitslohn und Mehrwert wird durch <br />
1) die Länge eines Arbeitstags sowie durch die <br />
2) Intensität und <br />
3) Produktivkraft von Arbeit bestimmt. <br />
Arbeitslohn ist bezahlte Arbeit, Mehrwert ist unbezahlte Arbeit.<br />
<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Preis der Arbeitskraft, Wert der Arbeitskraft, Verelendung der Arbeiterklasse, bezahlte Arbeit, unbezahlte Arbeit, notwendige Arbeit, Mehrarbeit, Stundenlohn, Ausbeutung<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Der Wert der Arbeitskraft ist bestimmt durch den Wert der gewohnheitsmäßig notwendigen Lebensmittel des Durchschnittsarbeiters.<br/> Die relativen Größen von Preis der Arbeitskraft und von Mehrwert werden durch drei Umstände bedingt: 1. die Länge des Arbeitstags, 2. die Intensität der Arbeit und 3. endlich die Produktivkraft der Arbeit.<br />
<br />
{{Zitat |Der Wert der Arbeitskraft ist bestimmt durch den Wert der gewohnheitsmäßig notwendigen Lebensmittel des Durchschnittsarbeiters. Die Masse dieser Lebensmittel, obgleich ihre Form wechseln mag, ist in einer bestimmten Epoche einer bestimmten Gesellschaft gegeben und daher als konstante Größe zu behandeln. Was wechselt, ist der Wert dieser Masse. Zwei andre Faktoren gehn in die Wertbestimmung der Arbeitskraft ein. Einerseits ihre Entwicklungskosten, die sich mit der Produktionsweise ändern, andrerseits ihre Naturdifferenz, ob sie männlich oder weiblich, reif oder unreif. Der Verbrauch dieser differenten Arbeitskräfte, wieder bedingt durch die Produktionsweise, macht großen Unterschied in den Reproduktionskosten der Arbeiterfamilie und dem Wert des erwachsnen männlichen Arbeiters. Beide Faktoren bleiben jedoch bei der folgenden Untersuchung ausgeschlossen . Wir unterstellen. 1. daß die Waren zu ihrem Wert verkauft werden, 2. daß der Preis der Arbeitskraft wohl gelegentlich über ihren Wert steigt, aber nie unter ihn sinkt. <br/> Dies einmal unterstellt, fand sich, daß die relativen Größen von Preis der Arbeitskraft und von Mehrwert durch drei Umstände bedingt sind: 1. die Länge des Arbeitstags oder die extensive Größe der Arbeit; 2. die normale Intensität der Arbeit oder ihre intensive Größe, so daß ein bestimmtes Arbeitsquantum in bestimmter Zeit verausgabt wird; 3. endlich die Produktivkraft der Arbeit, so daß je nach dem Entwicklungsgrad der Produktionsbedingungen dasselbe Quantum Arbeit in derselben Zeit ein größeres oder kleineres Quantum Produkt liefert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.542)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Der Preis der Arbeitskraft könnte bei steigender Produktivkraft sinken, bei gleichzeitigem Wachstum der Lebensmittelmasse des Arbeiters. Aber im Vergleich zum Mehrwert sänke der Arbeitslohn. Die Kluft zwischen den Lebenslagen der Arbeiter und Kapitalisten wächst.<br />
<br />
{{Zitat |Der Preis der Arbeitskraft könnte so bei steigender Produktivkraft der Arbeit beständig fallen mit gleichzeitigem, fortwährendem Wachstum der Lebensmittelmasse des Arbeiters. Relativ aber, d.h. verglichen mit dem Mehrwert, sänke der Wert der Arbeitskraft beständig und erweiterte sich also die Kluft zwischen den Lebenslagen von Arbeiter und Kapitalist.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.546)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Form des Arbeitslohn verschleiert die Teilung des Arbeitstages in bezahlte und unbezahlte Arbeit.<br />
<br />
{{Zitat|Die Form des Arbeitslohns löscht also jede Spur der Teilung des Arbeitstags in notwendige Arbeit und Mehrarbeit, in bezahlte und unbezahlte Arbeit aus. Alle Arbeit erscheint als bezahlte Arbeit.|(Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.562f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Bei Zahlung einzelner Arbeitsstunden wird der Zusammenhang zwischen bezahlter und unbezahlter Arbeit aufgehoben. Dem Arbeiter ist nicht garantiert auf die notwendige Arbeitszeit zu kommen um seine Selbsterhaltung zu gewährleisten.<br />
<br />
{{Zitat |Wird der Stundenlohn in der Weise fixiert, daß der Kapitalist sich nicht zur Zahlung eines Tages- oder Wochenlohns verpflichtet, sondern nur zur Zahlung der Arbeitsstunden, während deren es ihm beliebt, den Arbeiter zu beschäftigen, so kann er ihn unter der Zeit beschäftigen, die der Schätzung des Stundenlohns oder der Maßeinheit für den Preis der Arbeit ursprünglich zugrunde liegt. Da diese Maßeinheit bestimmt ist durch die Proportion Tageswert der Arbeitskraft/Arbeitstag von gegebener Stundenzahl, verliert sie natürlich allen Sinn, sobald der Arbeitstag aufhört, eine bestimmte Stundenzahl zu zählen. Der Zusammenhang zwischen der bezahlten und unbezahlten Arbeit wird aufgehoben. Der Kapitalist kann jetzt ein bestimmtes Quantum Mehrarbeit aus dem Arbeiter herausschlagen, ohne ihm die zu seiner Selbsterhaltung notwendige Arbeitszeit einzuräumen.|(Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.568)}}<br />
<br />
==Produktive und unproduktive Arbeit im Kapitalismus==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Produktive Arbeit, Mehrwert, Kaufmann, Kaufmannskapital, Zirkulationsprozess, Wert, industrielles Kapital, unbezahlte Arbeit, Zirkulationskosten, Profitrate, Kopfarbeit,<br />
Handarbeit, Gesamtarbeiter<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Für die Bourgoisie ist produktive Arbeit die, die Mehrwert schafft, die sich also in Kapital verwandelt.<br />
<br />
{{Zitat |Bloß die bürgerliche Borniertheit, die die kapitalistische Formen der Produktion für die absoluten Formen derselben hält – daher für ewige Naturformen der Produktion – kann die Frage, was produktive Arbeit vom Standpunkt des Kapitals aus ist, mit der Frage, welche Arbeit überhaupt produktiv ist oder was produktive Arbeit überhaupt ist, verwechseln und daher sich sehr weise dünken in der Antwort, daß jede Arbeit, die überhaupt etwas produziert, in irgendetwas resultiert, von sich aus produktive Arbeit ist. [...] Nur die Arbeit, die sich direkt in Kapital verwandelt, ist produktiv; [...] Arbeit, die Mehrwert setzt oder dem Kapital als Hebel dient, Mehrwert zu setzen und daher sich als Kapital, als sich verwertenden Wert zu setzen.| (Marx, Theorien über den Mehrwert I, MEW Band 26, S.369)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Es gibt gesellschaftlich notwendige Bereiche, die keine Werte – und damit keinen Mehrwert – schaffen, weil sich die dort geleistete Arbeit nicht in Produkten materialisiert. Unproduktive Arbeit hat den Nutzen, einen geringeren Teil der Arbeitskraft der Gesellschaft zu binden.<br />
<br />
{{Zitat |Er [der Kaufmann] verrichtet eine notwendige Funktion, weil der Reproduktionsprozess selbst unproduktive Funktionen einschließt. Er arbeitet so gut wie ein anderer, aber der Inhalt seiner Arbeit schafft weder Wert noch Produkt. Er selbst gehört zu den faux frais der Produktion. Sein Nutzen besteht nicht darin, eine unproduktive in eine produktive zu verwandeln, oder unproduktive Arbeit in produktive. […] Sein Nutzen besteht vielmehr darin, dass ein geringerer Teil der Arbeitskraft und Arbeitszeit der Gesellschaft in dieser unproduktiven Form gebunden wird.| (Marx, Kapital 2.Band, MEW Band 24, S.133f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Im Zirkulationsprozess wird kein Wert und damit kein Mehrwert produziert.<br />
<br />
{{Zitat |Das Kaufmannskapital ist nichts als innerhalb der Zirkulationssphäre fungierendes Kapital. Der Zirkulationsprozeß ist eine Phase des gesamten Reproduktionsprozesses. Aber im Zirkulationsprozeß wird kein Wert produziert, also auch kein Mehrwert.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.290)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Das industrielle Kapital produziert den Mehrwert durch direkte Aneignung unbezahlter, fremder Arbeit. Das Kaufmannskapital eignet sich einen Teil dieses Mehrwerts an.<br />
<br />
{{Zitat |Das Verhältnis des Kaufmannskapitals zum Mehrwert ist ein anderes als das des industriellen Kapitals. Das letztere produziert den Mehrwert durch direkte Aneignung unbezahlter fremder Arbeit. Das erstere eignet sich einen Teil dieses Mehrwerts an, indem es diesen Teil vom industriellen Kapital auf sich übertragen lässt.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.304)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Dem industriellen Kapital sind die Zirkulationskosten Unkosten, für das Handelskapital Quelle des Profits.<br />
<br />
{{Zitat |Dem industriellen Kapital erscheinen und sind die Zirkulationskosten Unkosten. Dem Kaufmann erscheinen sie als Quelle seines Profits, der – die allgemeine Profitrate vorausgesetzt – im Verhältnis zur Größe derselben steht.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.313.)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Im kooperativen Arbeitsprozess wird unterteilt in Hand- und Kopfarbeit. Im Sinne des Gesamtarbeiters verrichten aber beide Teile produktive Arbeit.<br />
<br />
{{Zitat |Wie im Natursystem Kopf und Hand zusammengehören, vereint der Arbeitsprozeß Kopfarbeit und Handarbeit. Später scheiden sie sich bis zum feindlichen Gegensatz. Das Produkt verwandelt sich überhaupt aus dem unmittelbaren Produkt des individuellen Produzenten in ein gesellschaftliches, in das gemeinsame Produkt eines Gesamtarbeiters, d.h. eines kombinierten Arbeitspersonals, dessen Glieder der Handhabung des Arbeitsgegenstandes näher oder ferner stehn. Mit dem kooperativen Charakter des Arbeitsprozesses selbst erweitert sich daher notwendig der Begriff der produktiven Arbeit und ihres Trägers, des produktiven Arbeiters. Um produktiv zu arbeiten, ist es nun nicht mehr nötig, selbst Hand anzulegen; es genügt, Organ des Gesamtarbeiters zu sein, irgendeine seiner Unterfunktionen zu vollziehn.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.531)}}<br />
<br />
==Absolute Mehrwertproduktion==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Exploitationsgrad, variables Kapital<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Unter absoluter Mehrwertproduktion versteht Marx die Verschärfung der Ausbeutung durch die Verlängerung des Arbeitstages, damit also der Verlängerung der Mehrarbeit, und durch die Abnahme der beschäftigten Arbeiter.<br />
<br />
{{Zitat |Verminderung des variablen Kapitals ist […] ausgleichbar durch proportionelle Erhöhung im Exploitationsgrad der Arbeitskraft oder die Abnahme in der Anzahl der beschäftigten Arbeiter durch proportionelle Verlängerung des Arbeitstags.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.322f.)}}<br />
<br />
{{Zitat |Durch Verlängrung des Arbeitstags produzierten Mehrwert nenne ich absoluten Mehrwert; […]| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.334)}}<br />
<br />
==Relative Mehrwertproduktion==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Länge des Arbeitstags, Relative Mehrwertproduktion, Mehrarbeit, notwendige Arbeit, relativer Mehrwert, Wert der Arbeitskraft, Produktivkraftentwicklung, Produktivkraftsteigerung, Mehrwertrate<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Wenn der Teil der Arbeitszeit, den der Arbeiter für seine Reproduktion braucht (notwendige Arbeitszeit), verkürzt wird, ohne dass sich die gesamte Arbeitszeit reduziert, erzielt der Kapitalist eine relative Mehrwertsteigerung. Die Verlängerung des Arbeitstages führt zu einer absoluten Mehrwertsteigerung.<br />
<br />
{{Zitat |Wie kann nun die Produktion von Mehrwert vergrößert, d.h. die Mehrarbeit verlängert werden, ohne jede weitere Verlängrung oder unabhängig von jeder weiteren Verlängrung [des Arbeitstages] […]?| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.331)}}<br />
<br />
{{Zitat |Der Verlängrung der Mehrarbeit entspräche die Verkürzung der notwendigen Arbeit, oder ein Teil der Arbeitszeit, die der Arbeiter bisher in der Tat für sich selbst verbraucht, verwandelt sich in Arbeitszeit für den Kapitalisten. Was verändert, wäre nicht die Länge des Arbeitstags, sondern seine Teilung in notwendige Arbeit und Mehrarbeit.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.321f.)}}<br />
<br />
{{Zitat |Durch Verlängrung des Arbeitstags produzierten Mehrwert nenne ich absoluten Mehrwert; den Mehrwert dagegen, der aus Verkürzung der notwendigen Arbeitszeit und entsprechender Verändrung im Größenverhältnis der beiden Bestandteile des Arbeitstags entspringt – relativen Mehrwert| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.334)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Die notwendige Arbeitszeit kann sich nur verkürzen, wenn der Wert der Ware Arbeitskraft sinkt. Dieser kann nur sinken, wenn die Masse Lebensmittel in kürzerer Arbeitszeit hergestellt wird und damit geringeren Wert hat. Dies ist jedoch ohne eine Erhöhung der Produktivkraft der Arbeit unmöglich.<br />
<br />
{{Zitat |Bei gegebner Länge des Arbeitstags muß die Verlängrung der Mehrarbeit aus der Verkürzung der notwendigen Arbeitszeit entspringen, […] in unsrem Beispiel muß der Wert der Arbeitskraft wirklich um ein Zehntel sinken, damit die notwendige Arbeitszeit um ein Zehntel abnehme, von 10 auf 9 Stunden, und daher die Mehrarbeit sich von 2 auf 3 Stunden verlängre. Eine solche Senkung des Werts der Arbeitskraft um ein Zehntel bedingt aber ihrerseits, daß dieselbe Masse Lebensmittel, die früher in 10, jetzt in 9 Stunden produziert wird. Dies ist jedoch unmöglich ohne eine Erhöhung der Produktivkraft der Arbeit. […] Unter Erhöhung der Produktivkraft der Arbeit verstehn wir hier überhaupt eine Verändrung im Arbeitsprozeß, wodurch die zur Produktion einer Ware gesellschaftlich erheischte Arbeitszeit verkürzt wird, ein kleinres Quantum Arbeit also die Kraft erwirbt, ein größres Quantum Gebrauchswert zu produzieren. Während also bei der Produktion des Mehrwerts in der bisher betrachteten Form die Produktionsweise als gegeben unterstellt war, genügt es für die Produktion von Mehrwert durch Verwandlung notwendiger Arbeit in Mehrarbeit keineswegs, daß das Kapital sich des Arbeitsprozesses in seiner historisch überlieferten oder vorhandnen Gestalt bemächtigt und nur seine Dauer verlängert. Es muß die technischen und gesellschaftlichen Bedingungen des Arbeitsprozesses, also die Produktionsweise selbst umwälzen, um die Produktivkraft der Arbeit zu erhöhn, durch die Erhöhung der Produktivkraft der Arbeit den Wert der Arbeitskraft zu senken und so den zur Reproduktion dieses Werts notwendigen Teil des Arbeitstags zu verkürzen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.333f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Steigerung der Produktivkraft muss Industriezweige betreffen, deren Produkte den Wert der Arbeitskraft bestimmen.<br />
<br />
{{Zitat |Um den Wert der Arbeitskraft zu senken, muß die Steigerung der Produktivkraft Industriezweige ergreifen, deren Produkte den Wert der Arbeitskraft bestimmen, also entweder dem Umkreis der gewohnheitsmäßigen Lebensmittel angehören oder sie ersetzen können.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.334)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der Wert der Ware Arbeitskraft nimmt ab mit der zu seiner Reproduktion notwendigen Arbeitszeit, deren Gesamtverkürzung gleich der Summe ihrer Verkürzungen in allen jenen besonderen Produktionszweigen ist. Wenn ein einzelner Kapitalist durch Steigerung der Produktivkraft der Arbeit z. B. Hemden verbilligt, schwebt ihm keineswegs notwendig der Zweck vor, den Wert der Arbeitskraft und daher die notwendige Arbeitszeit pro tanto zu senken, aber nur soweit er schließlich zu diesem Resultat beiträgt, trägt er zur Erhöhung der allgemeinen Rate des Mehrwerts bei. Die allgemeinen Bewegungsgesetze des Kapitals setzen sich hinter dem Rücken der Menschen durch, ohne dass sie den Kapitalisten bewusst sind, aber immer im Sinne der Steigerung des Werts.<br />
<br />
{{Zitat |Die verwohlfeilerte Ware senkt natürlich den Wert der Arbeitskraft nur pro tanto, d.h. nur im Verhältnis, worin sie in die Reproduktion der Arbeitskraft eingeht. Hemden z.B. sind ein notwendiges Lebensmittel, aber nur eins von vielen. Ihre Verwohlfeilerung vermindert bloß die Ausgabe des Arbeiters für Hemden. Die Gesamtsumme der notwendigen Lebensmittel besteht jedoch nur aus verschiednen Waren, lauter Produkten besondrer Industrien, und der Wert jeder solchen Ware bildet stets einen aliquoten Teil vom Wert der Arbeitskraft. Dieser Wert nimmt ab mit der zu seiner Reproduktion notwendigen Arbeitszeit, deren Gesamtverkürzung gleich der Summe ihrer Verkürzungen in allen jenen besondren Produktionszweigen ist.<br/> Wir behandeln dies allgemeine Resultat hier so, als wäre es unmittelbares Resultat und unmittelbarer Zweck in jedem einzelnen Fall. Wenn ein einzelner Kapitalist durch Steigerung der Produktivkraft der Arbeit z.B. Hemden verwohlfeilert, schwebt ihm keineswegs notwendig der Zweck vor, den Wert der Arbeitskraft und daher die notwendige Arbeitszeit pro tanto zu senken, aber nur soweit er schließlich zu diesem Resultat beiträgt, trägt er bei zur Erhöhung der allgemeinen Rate des Mehrwerts. Die allgemeinen und notwendigen Tendenzen des Kapitals sind zu unterscheiden von ihren Erscheinungsformen.<br/> Die Art und Weise, wie die immanenten Gesetze der kapitalistischen Produktion in der äußern Bewegung der Kapitale erscheinen, sich als Zwangsgesetze der Konkurrenz geltend machen und daher als treibende Motive dem individuellen Kapitalisten zum Bewußtsein kommen, ist jetzt nicht zu betrachten, aber soviel erhellt von vornherein: Wissenschaftliche Analyse der Konkurrenz ist nur möglich, sobald die innere Natur des Kapitals begriffen ist, ganz wie die scheinbare Bewegung der Himmelskörper nur dem verständlich, der ihre wirkliche, aber sinnlich nicht wahrnehmbare Bewegung kennt. Dennoch ist zum Verständnis der Produktion des relativen Mehrwerts und bloß auf Grundlage der bereits gewonnenen Resultate folgendes zu bemerken.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.334f.)}}<br />
<br />
==Die Jagd nach dem Extraprofit==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Produktivkraftsteigerung, Wert der Ware, Extramehrwert, Wert der Arbeitskraft, Produktivkraftentwicklung, relativer Mehrwert, Extramehrwert<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Wenn es einem Kapitalisten gelingt, die Produktivkraft zu steigern, produziert er mehr Waren in gegebener Zeit. Der individuelle Wert einer dieser Waren steht nun unter ihrem gesellschaftlichen Wert, d. h., sie kostet weniger Arbeitszeit als der große Haufen derselben Artikel, produziert unter den gesellschaftlichen Durchschnittsbedingungen. Der wirkliche Wert einer Ware ist aber nicht ihr individueller, sondern ihr gesellschaftlicher Wert, d. h., er wird nicht durch die Arbeitszeit gemessen, die sie im einzelnen Fall den Produzenten tatsächlich kostet, sondern durch die gesellschaftlich zu ihrer Produktion erheischte Arbeitszeit. Verkauft also der Kapitalist, der die neue Methode anwendet, seine Ware zu ihrem gesellschaftlichen Wert, kann er Extramehrwert realisieren. Diese Steigerung des Mehrwerts findet für ihn statt, ob oder ob nicht seine Ware dem Umkreis der notwendigen Lebensmittel angehört und daher bestimmend in den allgemeinen Wert der Arbeitskraft eingeht.<br />
<br />
{{Zitat |Stellt sich eine Arbeitsstunde in einem Goldquantum von 6 d. oder einen halben sh. dar, so wird in zwölfstündigem Arbeitstag ein Wert von 6 sh. produziert. Gesetzt, mit der gegebnen Produktivkraft der Arbeit würden 12 Stück Waren in diesen 12 Arbeitsstunden verfertigt. Der Wert der in jedem Stück vernutzten Produktionsmittel, Rohmaterial usw. sei 6 d. Unter diesen Umständen kostet die einzelne Ware 1 sh., nämlich 6 d. für den Wert der Produktionsmittel, 6 d. für den in ihrer Verarbeitung neu zugesetzten Wert.<br/> Es gelinge nun einem Kapitalisten, die Produktivkraft der Arbeit zu verdoppeln und daher 24 statt 12 Stück dieser Warenart in dem zwölfstündigen Arbeitstag zu produzieren. Bei unverändertem Wert der Produktionsmittel sinkt der Wert der einzelnen Ware jetzt auf 9 d., nämlich 6 d. für den Wert der Produktionsmittel, 3 d. für den durch die letzte Arbeit neu zugesetzten Wert. Trotz der verdoppelten Produktivkraft schafft der Arbeitstag nach wie vor nur einen Neuwert von 6 sh., welcher sich jedoch jetzt auf doppelt soviel Produkte verteilt. Auf jedes einzelne Produkt fällt daher nur noch ein Vierundzwanzigstel statt ein Zwölftel dieses Gesamtwerts, 3 d. statt 6 d. oder, was dasselbe ist, den Produktionsmitteln wird bei ihrer Verwandlung in Produkt, jedes Stück berechnet, jetzt nur noch eine halbe statt wie früher eine ganze Arbeitsstunde zugesetzt.<br/> Der individuelle Wert dieser Ware steht nun unter ihrem gesellschaftlichen Wert, d.h., sie kostet weniger Arbeitszeit als der große Haufen derselben Artikel, produziert unter den gesellschaftlichen Durchschnittsbedingungen. Das Stück kostet im Durchschnitt 1 sh. oder stellt 2 Stunden gesellschaftlicher Arbeit dar; mit der veränderten Produktionsweise kostet es nur 9 d. oder enthält nur IV2 Arbeitsstunden. <br/> Der wirkliche Wert einer Ware ist aber nicht ihr individueller, sondern ihr gesellschaftlicher Wert, d.h., er wird nicht durch die Arbeitszeit gemessen, die sie im einzelnen Fall dem Produzenten tatsächlich kostet, sondern durch die gesellschaftlich zu ihrer Produktion erheischte Arbeitszeit.<br/> Verkauft also der Kapitalist, der die neue Methode anwendet, seine Ware zu ihrem gesellschaftlichen Wert von 1 sh., so verkauft er sie 3 d. über ihrem individuellen Wert und realisiert so einen Extramehrwert von 3 d. Andrerseits stellt sich aber der zwölfstündige Arbeitstag jetzt für ihn in 24 Stück Ware dar statt früher in 12. Um also das Produkt eines Arbeitstags zu verkaufen, bedarf er doppelten Absatzes oder eines zweifach größern Markts. Unter sonst gleichbleibenden Umständen erobern seine Waren nur größern Marktraum durch Kontraktion ihrer Preise. Er wird sie daher über ihrem individuellen, aber unter ihrem gesellschaftlichen Wert verkaufen, sage zu 10 d. das Stück. So schlägt er an jedem einzelnen Stück immer noch einen Extramehrwert von 1 d. heraus. Diese Steigerung des Mehrwerts findet für ihn statt, ob oder ob nicht seine Ware dem Umkreis der notwendigen Lebensmittel angehört und daher bestimmend in den allgemeinen Wert der Arbeitskraft eingeht.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.335f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Mit der Produktivkraftentwicklung wächst der relative Mehrwert, während der Wert der Ware Arbeitskraft sinkt. Somit ist der immanente Trieb und die beständige Tendenz des Kapitals, die Produktivkräfte der Arbeit zu steigern, um die Ware und durch die Vergünstigung der Ware den Arbeiter selbst zu vergünstigen, zu erklären.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist daher der immanente Trieb und die beständige Tendenz des Kapitals, die Produktivkraft der Arbeit zu steigern, um die Ware und durch die Verwohlfeilerung der Ware den Arbeiter selbst zu verwohlfeilern.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.338)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Der absolute Wert der Ware ist dem Kapitalisten gleichgültig. Ihn interessiert nur der Mehrwert. Der relative Mehrwert steigt durch die Produktivkraft der Arbeit, der Wert der Waren sinkt dagegen. Dem Kapitalisten geht es nur um die Produktion von Tauschwert, er will den Tauschwert der Waren beständig senken.<br />
<br />
{{Zitat |Der absolute Wert der Ware ist dem Kapitalisten, der sie produziert, an und für sich gleichgültig. Ihn interessiert nur der in ihr steckende und im Verkauf realisierbare Mehrwert. Realisierung von Mehrwert schließt von selbst Ersatz des vorgeschoßnen Werts ein. Da nun der relative Mehrwert in direktem Verhältnis zur Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit wächst, während der Wert der Waren in umgekehrtem Verhältnis zur selben Entwicklung fällt, da also derselbe identische Prozeß die Waren verwohlfeilert und den in ihnen enthaltnen Mehrwert steigert, löst sich das Rätsel, daß der Kapitalist, dem es nur um die Produktion von Tauschwert zu tun ist, den Tauschwert der Waren beständig zu senken strebt, […]| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.338f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der Extramehrwert verschwindet, sobald sich die neue Produktionsweise verallgemeinert und bestimmend ist für den gesellschaftlichen Wert der Ware.<br />
<br />
{{Zitat |Andrerseits aber verschwindet jener Extramehrwert, sobald die neue Produktionsweise sich verallgemeinert und damit die Differenz Zwischen dem individuellen Wert der wohlfeiler produzierten Waren und ihrem gesellschaftlichen Wert verschwindet.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.337)}}<br />
<br />
==Die Profitrate==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Profit, Kapital, Mehrwert, Kapitalverhältnis, Konstantes Kapital, variables Kapital, Profitrate, Mehrwertrate<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Der Kapitalist kann keinen Unterschied zwischen konstantem und variablen Kapital erkennen, da er nur sieht, dass er für beide Ausgaben Kapital vorschießen muss. So misst er den Grad des Gewinns an der Differenz von Ausgaben und Überschuss = Profit.<br/> Die Wertveränderung, die sich während des Produktionsprozesses ereignet, wird vom variablen Kapital in das Gesamtkapital verlegt.<br/> Der Profit ist zunächst dasselbe wie der Mehrwert, nur in mystifizierter Form, die aus der kapitalistischen Produktionsweise entsteht.<br />
<br />
{{Zitat |1=Als solcher vorgestellter Abkömmling des vorgeschoßnen Gesamtkapitals erhält der Mehrwert die verwandelte Form des Profits. Eine Wertsumme ist daher Kapital, weil sie ausgelegt wird, um einen Profit zu erzeugen, oder der Profit kommt heraus, weil eine Wertsumme als Kapital angewandt wird. Nennen wir den Profit p, so verwandelt sich die Formel W = c + v + m = k + m in die Formel W = k + p oder Warenwert = Kostpreis + Profit. Der Profit, wie wir ihn hier zunächst vor uns haben, ist also dasselbe, was der Mehrwert ist, nur in einer mystifizierten Form, die jedoch mit Notwendigkeit aus der kapitalistischen Produktionsweise herauswächst. Weil in der scheinbaren Bildung des Kostpreises kein Unterschied zwischen konstantem und variablem Kapital zu erkennen ist, muß der Ursprung der Wertveränderung, die während des Produktionsprozesses sich ereignet, von dem variablen Kapitalteil in das Gesamtkapital verlegt werden.| 2=(Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.46)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Weil alle Teile des Kapitals gleichmäßig als Quelle des Profits erscheinen, wird das Kapitalverhältnis mystifiziert.<br />
<br />
{{Zitat |Indem alle Teile des Kapitals gleichmäßig als Quelle des überschüssigen Werts (Profits) erscheinen, wird das Kapitalverhältnis mystifiziert.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.55)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Der Kapitalist kann keinen Unterschied zwischen konstantem und variablem Kapital erkennen, da er nur sieht, dass er für beide Ausgaben Kapital vorschießen muss. So misst er den Grad des Gewinns an der Differenz von Ausgaben und Überschuss = Profit.<br />
<br />
{{Zitat |Da der Kapitalist die Arbeit nur exploitieren kann durch Vorschuß des konstanten Kapitals, da er das konstante Kapital nur verwerten kann durch Vorschuß des variablen, so fallen ihm diese in der Vorstellung alle gleichmäßig zusammen, und dies um so mehr, als der wirkliche Grad seines Gewinns bestimmt ist nicht durch das Verhältnis zum variablen Kapital, sondern zum Gesamtkapital, nicht durch die Rate des Mehrwerts, sondern durch die Rate des Profits, die, wie wir sehn werden, dieselbe bleiben, und doch verschiedne Raten des Mehrwerts ausdrücken kann.<br/> Zu den Kosten des Produkts gehören alle seine Wertbestandteile, die der Kapitalist gezahlt, oder für die er ein Äquivalent in die Produktion geworfen hat. Diese Kosten müssen ersetzt werden, damit das Kapital sich einfach erhalte oder in seiner ursprünglichen Größe reproduziere.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.52)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der Profit des Kapitalisten kommt daher, dass er etwas zu verkaufen hat, das er nicht bezahlt hat. Der Mehrwert resp. Profit besteht gerade in dem Überschuss des Warenwerts über ihren Kostpreis, d. h. in dem Überschuss der in der Ware enthaltenen Gesamtsumme von Arbeit über die in ihr enthaltene bezahlte Summe Arbeit. Dieser Überschuss steht also in einem Verhältnis zum Gesamtkapital, das sich ausdrückt in dem Bruch m/C, wo C das Gesamtkapital bedeutet. So erhalten wir die Profitrate m/(c+v).<br />
<br />
{{Zitat | 1=Der in der Ware enthaltne Wert ist gleich der Arbeitszeit, die ihre Herstellung kostet, und die Summe dieser Arbeit besteht aus bezahlter und unbezahlter. Die Kosten der Ware für den Kapitalisten bestehn dagegen nur aus dem Teil der in ihr vergegenständlichten Arbeit, den er gezahlt hat. Die in der Ware enthaltne Mehrarbeit kostet dem Kapitalisten nichts, obgleich sie dem Arbeiter, ganz so gut wie die bezahlte, Arbeit kostet, und obgleich sie, ganz so gut wie jene, Wert schafft und als wertbildendes Element in die Ware eingeht. Der Profit des Kapitalisten kommt daher, daß er etwas zu verkaufen hat, das er nicht bezahlt hat. Der Mehrwert resp. Profit besteht gerade in dem Uberschuß des Warenwerts über ihren Kostpreis, d.h. in dem Uberschuß der in der Ware enthaltnen Gesamtsumme von Arbeit über die in ihr enthaltne bezahlte Summe Arbeit. […] Dieser Überschuß steht also in einem Verhältnis zum Gesamtkapital, das sich ausdrückt in dem Bruch m/C, wo C das Gesamtkapital bedeutet. So erhalten wir die Profitrate m/c+v im Unterschiede von der Rate des Mehrwerts m/v.| 2=(Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.52)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
m/C drückt den Verwertungsgrad des vorgeschossenen Kapital aus.<br />
<br />
{{Zitat |In der Tat drückt das Verhältnis m/C den Verwertungsgrad des ganzen vorgeschoßnen Kapitals aus, […].| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.55)}}<br />
<br />
==Akkumulationsprozess des Kapitals==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Rückverwandlung, Reproduktion des vorgeschossenen Kapitals, Akkumulation, Mehrwert, Geld, Verwandlung in Kapital, Reproduktionsprozess auf erweiterter Stufenleiter, Überschuss, Kapitalakkumulation, Reproduktion, Ausbeutung, Kapital, Eigentum<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Jeder gesellschaftliche Produktionsprozess ist Reproduktionsprozess. <br />
<br />
{{Zitat |So wenig eine Gesellschaft aufhören kann zu konsumieren, so wenig kann sie aufhören zu produzieren. In einem stetigen Zusammenhang und dem beständigen Fluß seiner Erneuerung betrachtet, ist jeder gesellschaftliche Produktionsprozeß daher zugleich Reproduktionsprozeß.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.591)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Ein Teil der Produkte muss in Produktionsmittel rückverwandelt werden. <br />
<br />
{{Zitat |Die Bedingungen der Produktion sind zugleich die Bedingungen der Reproduktion. Keine Gesellschaft kann fortwährend produzieren, d. h. reproduzieren, ohne fortwährend einen Teil ihrer Produkte in Produktionsmittel oder Elemente der Neuproduktion rückzuverwandeln.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.591)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die kapitalistische Reproduktion dient nur als ein Mittel dazu, den vorgeschossenen Wert als Kapital zu reproduzieren. <br />
<br />
{{Zitat |Hat die Produktion kapitalistische Form, so die Reproduktion. Wie in der kapitalistischen Produktionsweise der Arbeitsprozeß nur als ein Mittel für den Verwertungsprozeß erscheint, so die Reproduktion nur als ein Mittel, den vorgeschoßnen Wert als Kapital zu reproduzieren, d.h. als sich verwertenden Wert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.591)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der Produktionsprozess verwandelt den stofflichen Reichtum in Kapital, der Arbeiter bleibt entblößt von allen Mitteln, diesen Reichtum für sich zu verwirklichen. Seine eigene Arbeit vergegenständlicht sich im fremden Produkt, das sich in Kapital verwandelt. Das Kapital saugt die wertschöpfende Kraft – Arbeit – aus. Der Arbeiter selbst produziert den gesellschaftlichen Reichtum als Kapital, ihn beherrschende und ausbeutende Macht. Der Kapitalist produziert beständig Arbeitskraft als abstrakte, in der bloßen Leiblichkeit des Arbeiters existierende Reichtumsquelle, den Arbeiter als Lohnarbeiter. Diese beständige Reproduktion ist die unerlässliche Bedingung der kapitalistischen Produktion. <br />
<br />
{{Zitat |Was aber anfangs nur Ausgangspunkt war, wird vermittelst der bloßen Kontinuität des Prozesses, der einfachen Reproduktion, stets aufs neue produziert und verewigt als eignes Resultat der kapitalistischen Produktion. Einerseits verwandelt der Produktionsprozeß fortwährend den stofflichen Reichtum in Kapital, in Verwertungs- und Genußmittel für den Kapitalisten. Andrerseits kommt der Arbeiter beständig aus dem Prozeß heraus, wie er in ihn eintrat - persönliche Quelle des Reichtums, aber entblößt von allen Mitteln, diesen Reichtum für sich zu verwirklichen. Da vor seinem Eintritt in den Prozeß seine eigne Arbeit ihm selbst entfremdet, dem Kapitalisten angeeignet und dem Kapital einverleibt ist, vergegenständlicht sie sich während des Prozesses beständig in fremdem Produkt. Da der Produktionsprozeß zugleich der Konsumtionsprozeß der Arbeitskraft durch den Kapitalisten, verwandelt sich das Produkt des Arbeiters nicht nur fortwährend in Ware, sondern in Kapital, Wert, der die wertschöpfende Kraft aussaugt, Lebensmittel, die Personen kaufen, Produktionsmittel, die den Produzenten anwenden. Der Arbeiter selbst produziert daher beständig den objektiven Reichtum als Kapital, ihm fremde, ihn beherrschende und ausbeutende Macht, und der Kapitalist produziert ebenso beständig die Arbeitskraft als subjektive, von ihren eignen Vergegenständlichungs- und Verwirklichungsmitteln getrennte, abstrakte, in der bloßen Leiblichkeit des Arbeiters existierende Reichtumsquelle, kurz den Arbeiter als Lohnarbeiter. Diese beständige Reproduktion oder Verewigung des Arbeiters ist das sine qua non der kapitalistischen Produktion.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.595f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Anwendung von Mehrwert als Kapital oder die Rückverwandlung von Mehrwert in Kapital heißt Akkumulation des Kapitals.<br />
<br />
{{Zitat |Anwendung von Mehrwert als Kapital oder Rückverwandlung von Mehrwert in Kapital heißt Akkumulation des Kapitals.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.605)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Kapitalwert war in Geldform vorgeschossen, der Mehrwert besteht aber als Teil des Produkts.<br/> Mit Verkauf des Produkts wird Kapitalwert wieder in Geld zurückverwandelt, der Mehrwert ändert aber seine ursprüngliche Daseinsweise in Geld.<br />
Der Kapitalwert und der Mehrwert sind dann beides Geldsummen, die sich in Kapital verwandeln.<br/>Mit dem Kauf von Waren, die es dem Kapitalisten ermöglichen, die Produktion fortzusetzen verwandeln sich beide Geldsummen wieder in Kapital. Damit beginnt der Reproduktionsprozess auf erweiterter Stufenleiter, vorausgesetzt die Waren sind auf dem Markt vorzufinden. <br />
<br />
{{Zitat |Der Kapitalwert war ursprünglich vorgeschossen in Geldform; der Mehrwert dagegen existiert von vornherein als Wert eines bestimmten Teils des Bruttoprodukts. Wird dieses verkauft, in Geld verwandelt, so gewinnt der Kapitalwert seine ursprüngliche Form wieder, aber der Mehrwert verwandelt seine ursprüngliche Daseinsweise.<br/>Von diesem Augenblick an sind jedoch Kapitalwert und Mehrwert beides Geldsummen, und ihre Wiederverwandlung in Kapital vollzieht sich auf ganz dieselbe Weise.<br/>Die eine wie die andre legt der Kapitalist an im Ankauf der Waren, die ihn instand setzen, die Verfertigung seines Artikels von neuem zu beginnen, und zwar diesmal auf erweiterter Stufenleiter. Um aber diese Waren zu kaufen, muß er sie auf dem Markte vorfinden.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.606)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Das Mehrprodukt kann nur in Kapital durch Produktionsmittel und Lebensmittel verwandelt werden. Ein Teil der jährlichen Mehrarbeit muss zur Herstellung zusätzlicher Produktions- und Lebensmittel – über das Quantum – verwandt worden sein, das zum Ersatz des vorgeschossenen Kapitals erforderlich war. Das Mehrprodukt, dessen Wert der Mehrwert ist, enthält bereits die sachlichen Bestandteile eines neuen Kapitals. Deshalb ist der Mehrwert in Kapital verwandelbar. <br />
<br />
{{Zitat |Um zu akkumulieren, muß man einen Teil des Mehrprodukts in Kapital verwandeln. Aber, ohne Wunder zu tun, kann man nur solche Dinge in Kapital verwandeln, die im Arbeitsprozeß verwendbar sind, d. h. Produktionsmittel, und des ferneren Dinge, von denen der Arbeiter sich erhalten kann, d.h. Lebensmittel.<br/> Folglich muß ein Teil der jährlichen Mehrarbeit verwandt worden sein zur Herstellung zusätzlicher Produktions- und Lebensmittel, im Überschuß über das Quantum, das zum Ersatz des vorgeschossenen Kapitals erforderlich war.<br/>Mit einem Wort: der Mehrwert ist nur deshalb in Kapital verwandelbar, weil das Mehrprodukt, dessen Wert er ist, bereits die sachlichen Bestandteile eines neuen Kapitals enthält.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.606f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 8'''<br />
<br />
Die Arbeiterklasse hat durch ihre diesjährige Mehrarbeit das Kapital geschaffen, mit dem im nächsten Jahr zuschüssige Arbeit beschäftigt wird. Das nennt man Kapital durch Kapital erzeugen. <br />
<br />
{{Zitat |In allen Fällen hat die Arbeiterklasse durch ihre diesjährige Mehrarbeit das Kapital geschaffen, das im nächsten Jahr zuschüssige Arbeit beschäftigen wird. Das ist es, was man nennt: Kapital durch Kapital erzeugen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.608)}}<br />
<br />
'''Annahme 9'''<br />
<br />
Das Eigentum an vergangener unbezahlter Arbeit ist Bedingung für die Aneignung gegenwärtiger lebendiger Arbeit. Je mehr der Kapitalist akkumuliert hat, desto mehr kann er akkumulieren. <br />
(Das ist bereits ein wichtiger Hinweis auf die Konzentration und Zentralisation.) <br />
<br />
{{Zitat |Eigentum an vergangner unbezahlter Arbeit erscheint jetzt als die einzige Bedingung für gegenwärtige Aneignung lebendiger unbezahlter Arbeit in stets wachsendem Umfang. Je mehr der Kapitalist akkumuliert hat, desto mehr kann er akkumulieren.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.609)}}<br />
<br />
'''Annahme 10'''<br />
<br />
In allen Gesellschaftsformationen findet Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter statt, es erscheint aber nicht als Akkumulation des Kapitals, solange dem Arbeiter seine Produktionsmittel noch nicht in der Form von Kapital gegenüberstehen. <br />
<br />
{{Zitat |In den verschiedensten ökonomischen Gesellschaftsformationen findet nicht nur einfache Reproduktion statt, sondern, obgleich auf verschiednem Maßstab, Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter. Es wird progressiv mehr produziert und mehr konsumiert, also auch mehr Produkt in Produktionsmittel verwandelt. Dieser Prozeß erscheint aber nicht als Akkumulation von Kapital und daher auch nicht als Funktion des Kapitalisten, solange dem Arbeiter seine Produktionsmittel, daher auch sein Produkt und seine Lebensmittel, noch nicht in der Form von Kapital gegenüberstehn.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.624)}}<br />
<br />
'''Annahme 11'''<br />
<br />
Die Arbeitskraft wird gekauft zur Verwertung des Kapitals. Die Produktion von Mehrwert ist das absolute Gesetz dieser Produktionsweise. Nur soweit sie die Produktionsmittel als Kapital erhält, ihren eigenen Wert als Kapital reproduziert und unbezahlte Arbeit eine Quelle von Zuschusskapital liefert, ist die Arbeitskraft verkaufbar. Die Bedingung für den Verkauf ist die stets erweiterte Reproduktion des Reichtums als Kapital. <br />
<br />
{{Zitat |So wenig aber bessere Kleidung, Nahrung, Behandlung und ein größeres Peculium das Abhängigkeitsverhältnis und die Exploitation des Sklaven aufheben, so wenig die des Lohnarbeiters. Steigender Preis der Arbeit infolge der Akkumulation des Kapitals besagt in der Tat nur, daß der Umfang und die Wucht der goldnen Kette, die der Lohnarbeiter sich selbst bereits geschmiedet hat, ihre losere Spannung erlauben. In den Kontroversen über diesen Gegenstand hat man meist die Hauptsache übersehn, nämlich die differentia specifica der kapitalistischen Produktion. Arbeitskraft wird hier gekauft, nicht um durch ihren Dienst oder ihr Produkt die persönlichen Bedürfnisse des Käufers zu befriedigen. Sein Zweck ist Verwertung seines Kapitals, Produktion von Waren, die mehr Arbeit enthalten, als er zahlt, also einen Wertteil enthalten, der ihm nichts kostet und dennoch durch den Warenverkauf realisiert wird. Produktion von Mehrwert oder Plusmacherei ist das absolute Gesetz dieser Produktionsweise. Nur soweit sie die Produktionsmittel als Kapital erhält, ihren eignen Wert als Kapital reproduziert und in unbezahlter Arbeit eine Quelle von Zuschußkapital liefert, ist die Arbeitskraft verkaufbar. Die Bedingungen ihres Verkaufs, ob mehr oder minder günstig für den Arbeiter, schließen also die Notwendigkeit ihres steten Wiederverkaufs und die stets erweiterte Reproduktion des Reichtums als Kapital ein.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.646f.)}}<br />
<br />
==Mehrwertproduktion durch Ausbeutung der Arbeitskraft ==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Mehrwert, Konsumtionsfonds, Variables Kapital, Ausbeutung, Verschleierung, Lohn, Reproduktion, Arbeitslohn, Mehrarbeit<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Der Arbeiter produziert den Mehrwert, der als Konsumtionsfonds des Kapitalisten dient und den Fonds seiner eigenen Zahlung, das variable Kapital, bevor es ihm als Arbeitslohn zufließt. <br />
<br />
{{Zitat |Der Produktionsprozeß wird eingeleitet mit dem Kauf der Arbeitskraft für eine bestimmte Zeit, und diese Einleitung erneuert sich beständig, sobald der Verkaufstermin der Arbeit fällig und damit eine bestimmte Produktionsperiode, Woche, Monat usw., abgelaufen ist. Gezahlt wird der Arbeiter aber erst, nachdem seine Arbeitskraft gewirkt und sowohl ihren eignen Wert als den Mehrwert in Waren realisiert hat. Er hat also wie den Mehrwert, den wir einstweilen nur als Konsumtionsfonds des Kapitalisten betrachten, so den Fonds seiner eignen Zahlung, das variable Kapital, produziert, bevor es ihm in der Form des Arbeitslohnes zurückfließt, und er wird nur so lange beschäftigt, als er ihn beständig reproduziert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.592)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Die Warenform des Produkts und die Geldform der Ware verkleiden die Transaktion, in der die Kapitalistenklasse der Arbeiterklasse Anweisungen in Geldform auf das von ihr produzierte und durch die Kapitalistenklasse angeeignete Produkt gibt. <br />
<br />
{{Zitat |Die Illusion, welche die Geldform erzeugt, verschwindet sofort, sobald statt des einzelnen Kapitalisten und des einzelnen Arbeiters Kapitalistenklasse und Arbeiterklasse betrachtet werden. Die Kapitalistenklasse gibt der Arbeiterklasse beständig in Geldform Anweisungen auf einen Teil des von der letzteren produzierten und von der erstren angeeigneten Produkts. Diese Anweisungen gibt der Arbeiter der Kapitalistenklasse ebenso beständig zurück und entzieht ihr damit den ihm selbst zufallenden Teil seines eignen Produkts. Die Warenform des Produkts und die Geldform der Ware verkleiden die Transaktion.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.593)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Das variable Kapital ist nur eine historische Erscheinungsform des Fonds von Lebensmitteln oder Arbeitsfonds, den der Arbeiter zu seiner Selbsterhaltung benötigt. <br />
<br />
{{Zitat |Das variable Kapital ist also nur eine besondre historische Erscheinungsform des Fonds von Lebensmitteln oder des Arbeitsfonds, den der Arbeiter zu seiner Selbsterhaltung und Reproduktion bedarf und den er in allen Systemen der gesellschaftlichen Produktion stets selbst produzieren und reproduzieren muß.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.593)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Die bloße Kontinuität des Reproduktionsprozesses verwandelt Kapital in akkumuliertes Kapital. Es wird Materiatur unbezahlter, fremder Arbeit. <br />
<br />
{{Zitat |Ganz abgesehn von aller Akkumulation verwandelt also die bloße Kontinuität des Produktionsprozesses, oder die einfache Reproduktion, nach kürzerer oder längerer Periode jedes Kapital notwendig in akkumuliertes Kapital oder kapitalisierten Mehrwert. War es selbst bei seinem Eintritt in den Produktionsprozeß persönlich erarbeitetes Eigentum seines Anwenders, früher oder später wird es ohne Äquivalent angeeigneter Wert oder Materiatur, ob in Geldform oder anders, unbezahlter fremder Arbeit.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.595)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Um die Bestandteile als Kapital fungieren zu lassen, braucht es zusätzliche Arbeitskräfte. Daher ist die Arbeiterklasse die vom Lohn abhängige Klasse, deren Lohn auch zur Vermehrung hinreicht.<br />
<br />
{{Zitat |Um nun diese Bestandteile tatsächlich als Kapital fungieren zu lassen, bedarf die Kapitalistenklasse eines Zuschusses von Arbeit. Soll nicht die Ausbeutung der schon beschäftigten Arbeiter extensiv oder intensiv wachsen, so müssen zusätzliche Arbeitskräfte eingestellt werden. Dafür hat der Mechanismus der kapitalistischen Produktion ebenfalls schon gesorgt, indem er die Arbeiterklasse reproduziert als vom Arbeitslohn abhängige Klasse, deren gewöhnlicher Lohn hinreicht, nicht nur ihre Erhaltung zu sichern, sondern auch ihre Vermehrung.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.607)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Auch die Lebensmittel, von denen sich die Arbeiterklasse erhält, sind Bestandteile des Mehrprodukts. Wenn die Kapitalistenklasse mit dem Mehrprodukt neue Arbeitskräfte kauft, bezahlt er sie mit ihrem eigenen Geld. <br />
<br />
{{Zitat |Die Produktionsmittel, denen die zuschüssige Arbeitskraft einverleibt wird, wie die Lebensmittel, von denen diese sich erhält, sind nichts als integrierende Bestandteile des Mehrprodukts, des der Arbeiterklasse jährlich durch die Kapitalistenklasse entrissenen Tributs. Wenn diese mit einem Teil des Tributs von jener zusätzliche Arbeitskraft kauft, selbst zum vollen Preise, so daß Äquivalent sich austauscht gegen Äquivalent - es bleibt immer das alte Verfahren des Eroberers, der den Besiegten Waren abkauft mit ihrem eignen, geraubten Geld.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.608)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Die gewaltsame Herabsetzung des Arbeitslohns unter den Wert der Arbeitskraft spielt in der praktischen Bewegung eine wichtige Rolle. Sie verwandelt faktisch, innerhalb gewisser Grenzen, den notwendigen Konsumtionsfonds des Arbeiters in einen Akkumulationsfonds von Kapital.<br />
<br />
{{Zitat |Man erinnert sich, daß die Rate des Mehrwerts in erster Instanz abhängt vom Exploitationsgrad der Arbeitskraft. Die politische Ökonomie würdigt diese Rolle so sehr, daß sie gelegentlich die Beschleunigung der Akkumulation durch erhöhte Produktionskraft der Arbeit identifiziert mit ihrer Beschleunigung durch erhöhte Exploitation des Arbeiters. In den Abschnitten über die Produktion des Mehrwerts ward beständig unterstellt, daß der Arbeitslohn wenigstens gleich dem Wert der Arbeitskraft ist. Die gewaltsame Herabsetzung des Arbeitslohns unter diesen Wert spielt jedoch in der praktischen Bewegung eine zu wichtige Rolle, um uns nicht einen Augenblick dabei aufzuhalten. Sie verwandelt faktisch, innerhalb gewisser Grenzen, den notwendigen Konsumtionsfonds des Arbeiters in einen Akkumulationsfonds von Kapital.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.626)}}<br />
<br />
==Trennung von Arbeitsprodukt und Produzenten==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Entfremdung, Trennung von Arbeitsprodukt und Produzenten, Ursprüngliche Akkumulation, Kapitalverhältnis, Klasse, Lohnarbeiter, Kapitalisten <br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die Scheidung zwischen Arbeitsprodukt und Arbeit, Besitzer von Produktionsmitteln und Besitzer von Arbeitskraft und sonst nichts war der Ausgangspunkt des kapitalistischen Produktionsprozesses.<br />
<br />
{{Zitat |Um Geld in Kapital zu verwandeln, genügte nicht das Vorhandensein von Warenproduktion und Warenzirkulation. Es mußten erst, hier Besitzer von Wert oder Geld, dort Besitzer der wertschaffenden Substanz; hier Besitzer von Produktions- und Lebensmitteln, dort Besitzer von nichts als Arbeitskraft, einander als Käufer und Verkäufer gegenübertreten. Scheidung zwischen dem Arbeitsprodukt und der Arbeit selbst, zwischen den objektiven Arbeitsbedingungen und der subjektiven Arbeitskraft, war also die tatsächlich gegebne Grundlage, der Ausgangspunkt des kapitalistischen Produktionsprozesses.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.595)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Der Reproduktionsprozess reproduziert das Kapitalverhältnis selbst, auf der einen Seite den Kapitalisten, auf der anderen den Lohnarbeiter. <br />
<br />
{{Zitat |Der kapitalistische Produktionsprozeß, im Zusammenhang betrachtet oder als Reproduktionsprozeß, produziert also nicht nur Ware, nicht nur Mehrwert, er produziert und reproduziert das Kapitalverhältnis selbst, auf der einen Seite den Kapitalisten, auf der andren den Lohnarbeiter.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.604)}}<br />
<br />
==Produktive und individuelle Konsumtion==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Produktive Konsumtion, Individuelle Konsumtion, Wertschöpfung, Unproduktive Konsumtion, Akkumulationsfonds, Konsumtionsfonds, Mehrwert <br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die produktive Konsumtion bedeutet: durch die Arbeit konsumiert der Arbeiter Produktionsmittel und verwandelt sie in Produkte von höherem Wert. <br/> Die individuelle Konsumtion bedeutet: von dem vom Kapitalisten gezahlten Geld kauft der Arbeiter Lebensmittel.<br/> Es gibt zwei verschiedene Prozesse: der eine ist Leben des Kapitalisten und der andere Leben des Arbeiters. <br />
<br />
{{Zitat |Die Konsumtion des Arbeiters ist doppelter Art. In der Produktion selbst konsumiert er durch seine Arbeit Produktionsmittel und verwandelt sie in Produkte von höherem Wert als dem des vorgeschoßnen Kapitals. Dies ist seine produktive Konsumtion. Sie ist gleichzeitig Konsumtion seiner Arbeitskraft durch den Kapitalisten, der sie gekauft hat. Andrerseits verwendet der Arbeiter das für den Kauf der Arbeitskraft gezahlte Geld in Lebensmittel: dies ist seine individuelle Konsumtion. Die produktive und die individuelle Konsumtion des Arbeiters sind also total verschieden. In der ersten handelt er als bewegende Kraft des Kapitals und gehört dem Kapitalisten; in der zweiten gehört er sich selbst und verrichtet Lebensfunktionen außerhalb des Produktionsprozesses. Das Resultat der einen ist das Leben des Kapitalisten, das der andern ist das Leben des Arbeiters selbst.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.596f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Für die Kapitalisten ist die individuelle Konsumtion der Arbeiter nur produktiv, wenn sie zur Erhaltung der Arbeiter dient, weil sie so für neue auszubeutende Arbeiter sorgt. Bekommt der Arbeiter einen höheren Lohn, um mehr konsumieren zu können, ohne danach mehr zu arbeiten, ist das für den Kapitalist unproduktiv. <br><br />
Die Arbeiterklasse ist also Zubehör des Kapitals, die individuelle Konsumtion der Arbeiter nur ein Moment des Reproduktionsprozesses des Kapitals. <br><br />
Dieser Prozess sorgt dafür, dass der Arbeiter durch unsichtbare Fäden an den Kapitalisten gebunden ist. Da die von der Arbeiterklasse hergestellten Konsumtionsgüter nicht ihnen gehören und sie sie nur bekommen, wenn sie ihre Arbeitskraft auf dem Arbeitsmarkt verkaufen und ihren Lohn gegen Konsumtionsgüter eintauschen.<br />
<br />
{{Zitat |Daher betrachtet auch der Kapitalist und sein Ideolog, der politische Ökonom, nur den Teil der individuellen Konsumtion des Arbeiters als produktiv, der zur Verewigung der Arbeiterklasse erheischt ist, also in der Tat verzehrt werden muß, damit das Kapital die Arbeitskraft verzehre; was der Arbeiter außerdem zu seinem Vergnügen verzehren mag, ist unproduktive Konsumtion.<br/>Würde die Akkumulation des Kapitals eine Erhöhung des Arbeitslohns und daher Vermehrung der Konsumtionsmittel des Arbeiters verursachen ohne Konsum von mehr Arbeitskraft durch das Kapital, so wäre das zuschüssige Kapital unproduktiv konsumiert.<br/>In der Tat: die individuelle Konsumtion des Arbeiters ist für ihn selbst unproduktiv, denn sie reproduziert nur das bedürftige Individuum; sie ist produktiv für den Kapitalisten und den Staat, denn sie ist Produktion der den fremden Reichtum produzierenden Kraft.<br/>Von gesellschaftlichem Standpunkt ist also die Arbeiterklasse, auch außerhalb des unmittelbaren Arbeitsprozesses, ebensosehr Zubehör des Kapitals als das tote Arbeitsinstrument. Selbst ihre individuelle Konsumtion ist innerhalb gewisser Grenzen nur ein Moment des Reproduktionsprozesses des Kapitals.<br/>Der Prozeß aber sorgt dafür, daß diese selbstbewußten Produktionsinstrumente nicht weglaufen, indem er ihr Produkt beständig von ihrem Pol zum Gegenpol des Kapitals entfernt. Die individuelle Konsumtion sorgt einerseits für ihre eigne Erhaltung und Reproduktion, andrerseits durch Vernichtung der Lebensmittel für ihr beständiges Wiedererscheinen auf dem Arbeitsmarkt.<br/>Der römische Sklave war durch Ketten, der Lohnarbeiter ist durch unsichtbare Fäden an seinen Eigentümer gebunden. Der Schein seiner Unabhängigkeit wird durch den beständigen Wechsel der individuellen Lohnherrn und die fictio juris des Kontrakts aufrechterhalten.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.598f.)}}<br />
<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Der Mehrwert bzw. das Mehrprodukt ist indivudeller Konsumtionsfonds des Kapitalisten und zugleich Akkumulationsfonds. <br />
<br />
{{Zitat |Im vorigen Kapitel betrachteten wir den Mehrwert, resp. das Mehrprodukt, nur als individuellen Konsumtionsfonds des Kapitalisten, in diesem Kapitel bisher nur als einen Akkumulationsfonds. Er ist aber weder nur das eine noch das andre, sondern beides zugleich. Ein Teil des Mehrwerts wird vom Kapitalisten als Revenue verzehrt ein andrer Teil als Kapital angewandt oder akkumuliert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.617f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der Kapitalist zwingt zur Verwertung des Werts, und so zur Produktion der Produktion willen, zur Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte, und zur Schöpfung der materiellen Produktionsbedingungen, die die reale Basis einer höheren Gesellschaftsformation bilden.<br/><br />
Der Kapitalist ist das Triebrad des gesellschaftlichen Mechanismus. <br/>Die kapitalistische Produktion macht eine fortwährende Steigerung des in einem industriellen Unternehmens angelegten Kapitals zur Notwendigkeit. Die Konkurrenz herrscht jedem individuellen Kapitalisten die immanenten Gesetze der kapitalistischen Produktionsweise als äußere Zwangsgesetze auf, das Kapital fortwährend auszudehnen, um es zu erhalten, was nur mit ansteigender Akkumulation möglich ist. <br />
<br />
{{Zitat |Als Fanatiker der Verwertung des Werts zwingt er rücksichtslos die Menschheit zur Produktion um der Produktion willen, daher zu einer Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte und zur Schöpfung von materiellen Produktionsbedingungen, welche allein die reale Basis einer höheren Gesellschaftsform bilden können, deren Grundprinzip die volle und freie Entwicklung jedes Individuums ist. Nur als Personifikation des Kapitals ist der Kapitalist respektabel.<br/>Als solche teilt er mit dem Schatzbildner den absoluten Bereicherungstrieb. Was aber bei diesem als individuelle Manie erscheint, ist beim Kapitalisten Wirkung des gesellschaftlichen Mechanismus, worin er nur ein Triebrad ist. Außerdem macht die Entwicklung der kapitalistischen Produktion eine fortwährende Steigerung des in einem industriellen Unternehmen angelegten Kapitals zur Notwendigkeit, und die Konkurrenz herrscht jedem individuellen Kapitalisten die immanenten Gesetze der kapitalistischen Produktionsweise als äußere Zwangsgesetze auf. Sie zwingt ihn, sein Kapital fortwährend auszudehnen, um es zu erhalten, und ausdehnen kann er es nur vermittelst progressiver Akkumulation.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.618)}}<br />
<br />
==Warenproduktion als Grundlage der kapitalistischen Produktion==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Warenproduktion, Eigentum, Ausbeutung, Mehrarbeit, Ware Arbeitskraft, Wertübertragung, Geld, Kapital, Doppelt freier Lohnarbeiter, Kapitalistische Produktion <br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Das Eigentum als Recht auf Aneignung unbezahlter Arbeit erscheint als Verletzung der Gesetze der Warenproduktion, resultiert aber aus ihrer Anwendung. <br />
<br />
{{Zitat |Eigentum erscheint jetzt auf Seite des Kapitalisten als das Recht, fremde unbezahlte Arbeit oder ihr Produkt, auf Seite des Arbeiters als Unmöglichkeit, sich sein eignes Produkt anzueignen. Die Scheidung zwischen Eigentum und Arbeit wird zur notwendigen Konsequenz eines Gesetzes, das scheinbar von ihrer Identität ausging. Sosehr die kapitalistische Aneignungsweise also den ursprünglichen Gesetzen der Warenproduktion ins Gesicht zu schlagen scheint, so entspringt sie doch keineswegs aus der Verletzung, sondern im Gegenteil aus der Anwendung dieser Gesetze.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.610)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Der Verbrauch der Ware Arbeitskraft durch den Käufer, nicht die Übervorteilung des Verkäufers, führt zum Mehrwert.<br />
<br />
{{Zitat |Wenn also die in Arbeitslohn vorgeschoßne Wertsumme sich in Produkt nicht bloß einfach wieder vorfindet, sondern um einen Mehrwert vermehrt vorfindet, so rührt dies nicht her aus einer Übervorteilung des Verkäufers, der ja den Wert seiner Ware erhalten, sondern nur aus dem Verbrauch dieser Ware durch den Käufer.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.611)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Verwandlung von Geld in Kapital hat zum Ergebnis, dass das Produkt dem Kapitalisten gehört und nicht dem Arbeiter, dass es einen Mehrwert enthält, der den Arbeiter Arbeit, den Kapitalisten nichts gekostet hat, aber dennoch ihm gehört; dass der Arbeiter seine Arbeitskraft erhalten kann. Einfache Reproduktion ist periodische Wiederholung dieser ersten Operation. <br />
<br />
<br />
{{Zitat |Die ursprüngliche Verwandlung des Geldes in Kapital vollzieht sich also im genauesten Einklang mit den ökonomischen Gesetzen der Warenproduktion und mit dem daraus sich ableitenden Eigentumsrecht. Trotzdem aber hat sie zum Ergebnis:<br/>1. daß das Produkt dem Kapitalisten gehört und nicht dem Arbeiter; <br/>2. daß der Wert dieses Produkts, außer dem Wert des vorgeschoßnen Kapitals, einen Mehrwert einschließt, der dem Arbeiter Arbeit, dem Kapitalisten aber nichts gekostet hat und der dennoch das rechtmäßige Eigentum des Kapitalisten wird;<br/> 3. daß der Arbeiter seine Arbeitskraft forterhalten hat und sie aufs neue verkaufen kann, wenn er einen Käufer findet. Die einfache Reproduktion ist nur die periodische Wiederholung dieser ersten Operation; jedesmal wird, stets von neuem, Geld in Kapital verwandelt. Das Gesetz wird also nicht gebrochen, im Gegenteil es erhält nur Gelegenheit, sich dauernd zu betätigen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.611)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Sobald die Arbeitskraft durch den Arbeiter frei verkauft wird, verallgemeinert sich die Warenproduktion zur typischen Produktionsform. Die Warenproduktion bildet sich nach ihren eigenen immanenten Gesetzen zur kapitalistischen Produktion fort, ihre Eigentumsgesetze schlagen um in Gesetze der kapitalistischen Aneignung. <br />
<br />
{{Zitat |Dies Resultat wird unvermeidlich, sobald die Arbeitskraft durch den Arbeiter selbst als Ware frei verkauft wird. Aber auch erst von da an verallgemeinert sich die Warenproduktion und wird sie typische Produktionsform; erst von da an wird jedes Produkt von vornherein für den Verkauf produziert und geht aller produzierte Reichtum durch die Zirkulation hindurch.<br/>Erst da, wo die Lohnarbeit ihre Basis, zwingt die Warenproduktion sich der gesamten Gesellschaft auf; aber auch erst da entfaltet sie alle ihre verborgnen Potenzen. Sagen, daß die Dazwischenkunft der Lohnarbeit die Warenproduktion fälscht, heißt sagen, daß die Warenproduktion, will sie unverfälscht bleiben, sich nicht entwickeln darf. Im selben Maß, wie sie nach ihren eignen immanenten Gesetzen sich zur kapitalistischen Produktion fortbildet, in demselben Maß schlagen die Eigentumsgesetze der Warenproduktion um in Gesetze der kapitalistischen Aneignung.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.613)}}<br />
<br />
==Wachstum des Kapitals==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Das Wachstum des Kapitals bedeutet sowohl Vergrößerung der Einzelkapitale, als auch des gesellschaftlichen Kapitals insgesamt, durch die Eroberung der Welt und der Menschen. Beides ist bedingt durch die Akkumulation von Kapital. Diese zwingt immer mehr Menschen, ihre Arbeitskraft an die Kapitalisten zu verkaufen, welche sich das von den Arbeitern produzierte Mehrprodukt aneignen. Weiterhin geht mit der Akkumulation des Kapitals eine Produktivkraftsteigerung einher. Dadurch wächst die Produktenmasse, da ein Arbeiter in der selben Zeit mehr Produktionsmittel verarbeitet. Der Anteil des variablen Kapitals sinkt also relativ mit dem Wachstum des Kapitals. Gleichzeitig steigt das variable Kapital absolut, da die wachsende Masse an Produktionsmitteln mehr Arbeitskraft benötigt.<br />
<br />
Der Mehrwert teilt sich auf in den Konsumtionsfond und den Akkumulationsfond, also in den Teil den der Kapitalist zur Befriedigung seiner persönlichen Bedürfnisse benutzt, und in den Teil den der Kapitalist wieder in den Produktionsprozess steckt. Durch das Wachstum des Kapitals steigt auch der Mehrwert, wodurch mehr Kapital in den Produktionsprozess geführt werden kann. Das Wachstum des Kapitals bedingt also ein Wachstum des Proletariats und der in Bewegung gesetzten Produktionsmittel. Durch die Erschließung neuer Märkte oder neue gesellschaftliche Bedürfnisse entwickelt sich eine verstärkte Nachfrage an Arbeitskräften, welche den Kapitalisten zwingen kann, die Löhne zu erhöhen.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Ausdehnung, Herrschaft, Wachstum, Wachstumsbeschleunigung, Produktenmasse, Gesellschaftlicher Reichtum, Produktivität, Aufschwung, Akkumulation, Wertübertragung, Abstrakte Arbeit, Kapitalfetisch, Selbstverwertung, Mehrarbeit, Aneignung, Ausbeutung, Tote und lebendige Arbeit<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Das Wachstums des Kapitals wird bereits von der bürgerlichen Ökonomen wie Adam Smith und David Ricardo untersucht. Im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] beschreibt Karl Marx die tatsächlichen Ursachen und die Bedeutung des Wachstums des Kapitals für die politische Ökonomie. Marx widerlegt die bürgerliche Vorstellung, dass der gesamte Mehrwert, welcher in Kapital verwandelt wird, zu variablem Kapital werden würde. Vielmehr legt er eindeutig fest, dass sich der Mehrwert als Kapital wieder in konstantes und variables Kapital teilt, also in Produktionsmittel und Arbeitskraft. Der Kapitalist teilt den Mehrwert zudem auf in den Konsumtionsfond und den Akkumulationsfond, wobei das Verhältnis beider Fonds die Größe der Akkumulation beeinflusst. Das heißt, umso mehr sich der Kapitalist am von den Arbeitern produzierten Mehrwert bereichert und diesen für die Befriedigung seiner persönlichen Bedürfnisse ausgibt, umso weniger Mehrwert kann der Kapitalist in den Akkumulationsprozess stecken, und andersherum.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die Akkumulation ist die Eroberung der Welt, denn sie dehnt ausbeutbares Menschenmaterial und die Herrschaft der Kapitalisten aus.<br />
<br />
{{Zitat |Die Akkumulation ist Eroberung der Welt des gesellschaftlichen Reichtums. Sie dehnt mit der Masse des exploitierten Menschenmaterials zugleich die direkte und indirekte Herrschaft des Kapitalisten aus.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.619)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Das Kapital verleibt sich Arbeitskraft und Erde ein und erwirbt neue Expansionskraft, die es erlaubt, die Elemente der Akkumulation auszudehnen.<br />
<br />
{{Zitat |Allgemeines Resultat: Indem das Kapital sich die beiden Urbildner des Reichtums, Arbeitskraft und Erde, einverleibt, erwirbt es eine Expansionskraft, die ihm erlaubt, die Elemente seiner Akkumulation auszudehnen jenseits der scheinbar durch seine eigne Größe gesteckten Grenzen, gesteckt durch den Wert und die Masse der bereits produzierten Produktionsmittel, in denen es sein Dasein hat.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.630f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Mit wachsender Produktivität wächst die Produktenmasse. Bei gleichbleibender und selbst bei fallender Mehrwertrate wächst die Masse des Mehrprodukts. <br />
<br />
{{Zitat |Ein andrer wichtiger Faktor in der Akkumulation des Kapitals ist der Produktivitätsgrad der gesellschaftlichen Arbeit. Mit der Produktivkraft der Arbeit wächst die Produktenmasse, worin sich ein bestimmter Wert, also auch Mehrwert von gegebner Größe, darstellt. Bei gleichbleibender und selbst bei fallender Rate des Mehrwerts, sofern sie nur langsamer fällt, als die Produktivkraft der Arbeit steigt, wächst die Masse des Mehrprodukts.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.631)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Mit wachsender Produktivität geht eine wachsende Rate des Mehrwerts einher. Derselbe variable Kapitalteil setzt mehr Arbeitskraft und daher mehr Arbeit in Bewegung. Derselbe konstante Kapitalteil stellt sich in mehr Produktionsmitteln dar, liefert mehr Produktbildner oder Arbeitseinsauger. Es findet bei gleichbleibendem Wert des Zusatzkapitals beschleunigte Akkumulation statt. Die Produktion des Mehrwerts wächst schneller als der Wert des Zusatzkapitals. <br />
<br />
{{Zitat |Aber mit der wachsenden Produktivität der Arbeit geht, wie man gesehn, die Verwohlfeilerung des Arbeiters, also wachsende Rate des Mehrwerts, Hand in Hand, selbst wenn der reelle Arbeitslohn steigt. Er steigt nie verhältnismäßig mit der Produktivität der Arbeit. Derselbe variable Kapitalwert setzt also mehr Arbeitskraft und daher mehr Arbeit in Bewegung. Derselbe konstante Kapitalwert stellt sich in mehr Produktionsmitteln, d.h. mehr Arbeitsmitteln, Arbeitsmaterial und Hilfsstoffen dar, liefert also sowohl mehr Produktbildner als Wertbildner oder Arbeitseinsauger. Bei gleichbleibendem und selbst abnehmendem Wert des Zusatzkapitals findet daher beschleunigte Akkumulation statt. Nicht nur erweitert sich die Stufenleiter der Reproduktion stofflich, sondern die Produktion des Mehrwerts wächst schneller als der Wert des Zusatzkapitals.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.631)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Die Arbeit überträgt den Wert der von ihr konsumierten Produktionsmittel auf das Produkt. Deren Wert und Masse steigt mit der Produktivität der Arbeit. Auch wenn dieselbe Arbeitsmenge ihren Produkten immer nur dieselbe Summe Neuwert zusetzt, wächst doch der alte Kapitalwert, den sie ihnen überträgt. <br />
<br />
{{Zitat |Die Arbeit überträgt auf das Produkt den Wert der von ihr konsumierten Produktionsmittel. Andrerseits wächst Wert und Masse der durch gegebne Arbeitsmenge in Bewegung gesetzten Produktionsmittel im Verhältnis, wie die Arbeit produktiver wird. Setzt also auch dieselbe Arbeitsmenge ihren Produkten immer nur dieselbe Summe Neuwert zu, so wächst doch der alte Kapitalwert, den sie ihnen gleichzeitig überträgt, mit steigender Produktivität der Arbeit.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.632)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Die Arbeit erhält Wert und schafft neuen. Mit steigender Produktivität erhält und verewigt die Arbeit in stets neuer Form einen stets schwellenden Kapitalwert. <br />
<br />
{{Zitat |Es ist die Naturgabe der lebendigen Arbeit, alten Wert zu erhalten, während sie Neuwert schafft. Mit dem Wachstum von Wirksamkeit, Umfang und Wert ihrer Produktionsmittel, also mit der die Entwicklung ihrer Produktivkraft begleitenden Akkumulation erhält und verewigt die Arbeit daher in stets neuer Form einen stets schwellenden Kapitalwert.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.633)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Diese Kraft der Arbeit erscheint als Selbsterhaltungskraft des Kapitals. Die beständige Aneignung der Mehrarbeit durch den Kapitalisten erscheint als beständige Selbstverwertung des Kapitals.<br />
<br />
{{Zitat |Diese Naturkraft der Arbeit erscheint als Selbsterhaltungskraft des Kapitals, dem sie einverleibt ist, ganz wie ihre gesellschaftlichen Produktivkräfte als seine Eigenschaften, und wie die beständige Aneignung der Mehrarbeit durch den Kapitalisten als beständige Selbstverwertung des Kapitals. Alle Kräfte der Arbeit projektieren sich als Kräfte des Kapitals, wie alle Wertformen der Ware als Formen des Geldes.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.633f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 8'''<br />
<br />
Mit dem Wachstum des Kapitals wächst die Differenz zwischen angewandtem und konsumiertem Kapital. Der Gratisdienst der vergangenen Arbeit – wenn von lebendiger Arbeit ergriffen – akkumuliert mit der wachsenden Stufenleiter der Akkumulation. <br />
<br />
{{Zitat |Mit dem Wachstum des Kapitals wächst die Differenz zwischen angewandtem und konsumiertem Kapital. Im Verhältnis, worin diese Arbeitsmittel als Produktbildner dienen, ohne dem Produkt Wert zuzusetzen, also ganz angewandt, aber nur teilweise konsumiert werden, leisten sie, wie früher erwähnt, denselben Gratisdienst wie Naturkräfte, Wasser, Dampf, Luft, Elektrizität usw. Dieser Gratisdienst der vergangnen Arbeit, wenn ergriffen und beseelt von der lebendigen Arbeit, akkumuliert mit der wachsenden Stufenleiter der Akkumulation.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.635)}}<br />
<br />
'''Annahme 9'''<br />
<br />
Die Masse des Mehrwerts ist bestimmt durch die Anzahl der gleichzeitig ausgebeuteten Arbeiter. Diese entspricht in wechselndem Verhältnis der Größe des Kapitals. Je mehr das Kapital durch Akkumulation wächst, desto mehr wächst die Wertsumme, die sich in Konsumtionsfonds und Akkumulationsfonds spaltet.<br />
<br />
{{Zitat |Bei gegebnem Exploitationsgrad der Arbeitskraft ist die Masse des Mehrwerts bestimmt durch die Anzahl der gleichzeitig ausgebeuteten Arbeiter, und diese entspricht, obgleich in wechselndem Verhältnis, der Größe des Kapitals. Je mehr also das Kapital vermittelst sukzessiver Akkumulationen wächst, desto mehr wächst auch die Wertsumme, die sich in Konsumtionsfonds und Akkumulationsfonds spaltet. Der Kapitalist kann daher flotter leben und zugleich mehr „entsagen". Und schließlich spielen alle Springfedern der Produktion um so energischer, je mehr ihre Stufenleiter sich erweitert mit der Masse des vorgeschossenen Kapitals.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.635f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 10'''<br />
<br />
Mit Wachstum des Kapitals ist Wachstum des variablen Kapitals verbunden – also Wachstum des Arbeitsfonds der Arbeitskraft.<br />
<br />
{{Zitat |Wachstum des Kapitals schließt Wachstum seines variablen oder in Arbeitskraft umgesetzten Bestandteils ein. Ein Teil des in Zusatzkapital verwandelten Mehrwerts muß stets rückverwandelt werden in variables Kapital oder zuschüssigen Arbeitsfonds. Unterstellen wir, daß, nebst sonst gleichbleibenden Umständen; die Zusammensetzung des Kapitals unverändert bleibt, d.h. eine bestimmte Masse Produktionsmittel oder konstantes Kapital stets dieselbe Masse Arbeitskraft erheischt, um in Bewegung gesetzt zu werden, so wächst offenbar die Nachfrage nach Arbeit und der Subsistenzfonds der Arbeiter verhältnismäßig mit dem Kapital und um so rascher, je rascher das Kapital wächst.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.641)}}<br />
<br />
'''Annahme 11'''<br />
<br />
Das Wachstum des Kapitals schließt das Wachstum seines variablen Teils ein. Eine bestimmte Masse Produktionsmittel erheischt stets dieselbe Masse Arbeitskraft, um in Bewegung gesetzt zu werden. Die Nachfrage nach Arbeit wächst. Akkumulation des Kapitals ist also Vermehrung des Proletariats. <br />
<br />
{{Zitat |Wie die einfache Reproduktion fortwährend das Kapitalverhältnis selbst reproduziert, Kapitalisten auf der einen Seite, Lohnarbeiter auf der andren, so reproduziert die Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter oder die Akkumulation das Kapitalverhältnis auf erweiterter Stufenleiter, mehr Kapitalisten oder größere Kapitalisten auf diesem Pol, mehr Lohnarbeiter auf jenem.<br/>Die Reproduktion der Arbeitskraft, die sich dem Kapital unaufhörlich als Verwertungsmittel einverleiben muß, nicht von ihm loskommen kann und deren Hörigkeit zum Kapital nur versteckt wird durch den Wechsel der individuellen Kapitalisten, woran sie sich verkauft, bildet in der Tat ein Moment der Reproduktion des Kapitals selbst. Akkumulation des Kapitals ist also Vermehrung des Proletariats.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.641f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 12'''<br />
<br />
Die Kapitalisten können unter bestimmten Bedingungen (z.B. Eröffnung neuer Märkte, Entstehung neuer gesellschaftlicher Bedürfnisse) eine verstärkte Nachfrage nach Arbeitern entwickeln, die sie nur befriedigen können, wenn sie höhere Arbeitslöhne zahlen. Das können sie jederzeit ohne vorherige Mehrwertsteigerung, indem sie den Teil des Mehrwerts den sie für ihren Privatkonsum nutzen (Revenue) kürzen und den, den sie wieder in den Produktionsprozess werfen (Kapital), vergrößern.<br />
<br />
{{Zitat |und da endlich, unter besondrem Sporn des Bereicherungstriebs wie z. B. Öffnung neuer Märkte, neuer Sphären der Kapitalanlage infolge neu entwickelter gesellschaftlicher Bedürfnisse Usw., die Stufenleiter der Akkumulation plötzlich ausdehnbar ist durch bloß veränderte Teilung des Mehrwerts oder Mehrprodukts in Kapital und Revenue, können die Akkumulationsbedürfnisse des Kapitals das Wachstum der Arbeitskraft oder der Arbeiteranzahl, die Nachfrage nach Arbeitern ihre Zufuhr überflügeln und daher die Arbeitslöhne steigen.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.641)}}<br />
<br />
==Wissenschaftlich-technischer Fortschritt==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Der wissenschaftlich-technische Fortschritt beschreibt die Verbesserung der wissenschafltichen und technischen Möglichkeiten. Durch die Entwicklung von Wissenschaft und Technik erweitert sich die Produktivkraft der Arbeit, was bewirkt, dass neue Maschinen, Werkzeuge und andere Produktionsmittel an die Stelle der Alten treten. Jeder wissenschaftliche und technische Fortschritt vervielfacht nicht nur die Effizienz im Produktionsprozess, sondern sorgt auch für eine Ausdehnung der Anlagensphäre des Kapitals. Der Fortschritt von Wissenschaft und Technik ist somit eine wichtige Folge der Akkumulation des Kapitals.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Wissenschaft, Technik, Fortschritt <br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Marx betrachtet den wissenschaftlich-technischen Fortschritt im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] als eine Folge des Wachstums und der Akkumulation des Kapitals. Durch diesen Fortschritt werden neue Produktionsmöglichkeiten erschlossen, welche allein dem Kapitalisten dienen, mehr Profit zu erzielen und die technische Entwicklung zur Verbesserung der kapitalistischen Produktion voranzutreiben, um sich somit einen individuellen Vorteil in einem Produktionsbereich gegenüber seinen kapitalistischen Konkurrenten zu haben. Die Akkumulation des Kapitals und der wissenschaftlich-technische Fortschritt gehen also Hand in Hand.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die Wissenschaft und die Technik bilden eine von der Größe des Kapitals unabhängige Potenz seiner Expansion. In seine neue Form einverleibt es gratis den vollzogenen gesellschaftlichen Fortschritt. <br />
<br />
{{Zitat |Gleich vermehrter Ausbeutung des Naturreichtums durch bloß höhere Spannung der Arbeitskraft, bilden Wissenschaft und Technik eine von der gegebnen Größe des funktionierenden Kapitals unabhängige Potenz seiner Expansion. Sie reagiert zugleich auf den in sein Erneuerungsstadium eingetretenen Teil des Originalkapitals. In seine neue Form einverleibt es gratis den hinter dem Rücken seiner alten Form vollzogenen gesellschaftlichen Fortschritt.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.632)}}<br />
<br />
==Aufschwung und Krise==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Der Aufschwung und die Krise bezeichneen die jeweilige Phase der Akkumulation des Kapitals. Beide Phasen bedingen sich gegenseitig und stehen in einem engen Verhältnis. Wächst in einer Aufschwungsphase die Menge der unbezahlten Arbeit so schnell, dass sie nur durch Zuschuss von bezahlter Arbeit zu Kapital werden kann, so steigt der Arbeitslohn, und der Anteil der unbezahlten Arbeit, der Mehrarbeit, nimmt ab.<br />
<br />
Dieser Anstieg ist jedoch an gewisse Grenzen gekoppelt. Bei steigenden Arbeitslöhnen wird weniger unbezahlte Mehrarbeit geleistet. Dies führt dazu, dass relativ immer weniger Kapital akkumuliert wird. Dadurch wird der Anstieg der Arbeitslöhne automatisch gebremst. Somit verschwindet durch die Abnahme der Akkumulation gleichzeitig die Ursache dafür, nämlich das Ungleichverhältnis zwischen Kapital und ausgebeuteter Arbeitskraft. Der Mechanismus des kapitalistischen Produktionsprozesses beseitigt also selbst die Hindernisse, die er vorübergehend schafft. Der Arbeitslohn fällt wieder auf ein Niveau, welches den Verwertungsbedürfnissen des Kapitals entspricht.<br />
Eine Abnahme des Ausbeutungsgrades der Arbeit und eine Zunahme des Arbeitslohns bewegen sich also immer in einem eingbetteten Rahmen, welcher die Reproduktion des Kapitalverhältnisses und dessen Reproduktion auf stets erweiterter Stufenleiter, also die Ausdehnung der Kapitalverhältnisse auf ein höheres Reproduktionsniveau sichert. Die relative Prosperität der Arbeiterklasse wird somit von der kapitalistischen Produktion nur vorübergehend, als Vorläufer einer Krise, zugelassen.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Krise, Aufschwung, Lohnhöhe, Arbeit, Konsumtion<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Der Aufschwung und die Krise des Akkumulationsprozesses werden von Marx im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] beschrieben. Diese beiden Phasen erklärt Marx mit der Steigerung und dem Fall von bezahlter und unbezahlter Arbeit, wobei beide Phasen sich gegenseitig bedingen und die Geschwindigkeit der Akkumulation steuern. Während in einer Aufschwungsphase die Menge an Arbeitskraft steigt und somit die Löhne erhöht, wird zunehmend weniger Mehrwert kapitalisiert und somit weniger Kapital akkumuliert. Die logische Konsequenz darauf ist eine Verlangsamung der Akkumulation, was eine notwenige Senkung der Löhne zur Folge hat, damit die Reproduktion der Kapitalverhältnisse nicht gefährdet wird. <br />
Eine Aufschwungsphase und somit eine Prosperität der Arbeiterklasse durch höhere Löhne wird von der kapitalistischen Produktion nur momentan zugelassen und dient als Vorbote einer Krisenphase, in der die Löhne wieder sinken. <br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Das Verhältnis zwischen Kapital, Akkumulation und Lohnrate ist das Verhältnis zwischen unbezahlter, in Kapital verwandelter Arbeit und der zur Bewegung des Zusatzkapitals erforderlichen zuschüssigen Arbeit. Das Verhältnis von unbezahlter und bezahlter Arbeit der Arbeiterbevölkerung.<br/> Wenn die Menge der unbezahlten Arbeit rasch wächst, um außergewöhnlichen Zuschuss bezahlter Arbeit in Kapital verwandeln zu können, steigt der Lohn, die unbezahlte Arbeit nimmt ab.<br/>Sobald aber der Punkt eintritt, wo die das Kapital ernährende Mehrarbeit nicht in normaler Menge angeboten wird, erlahmt die Akkumulation, die steigende Lohnbewegung erhält Gegenschlag.<br/>Die Erhöhung des Arbeitspreises bleibt eingebannt in Grenzen, die die Grundlagen des kapitalistischen Systems nicht nur unangetastet lassen, sondern auch seine Reproduktion auf wachsender Stufenleiter sichern.<br />
<br />
{{Zitat |Das Verhältnis zwischen Kapital, Akkumulation und Lohnrate ist nichts als das Verhältnis zwischen der unbezahlten, in Kapital verwandelten Arbeit und der zur Bewegung des Zusatzkapitals erforderlichen zuschüssigen Arbeit.<br/>Es ist also keineswegs ein Verhältnis zweier voneinander unabhängigen Größen, einerseits der Größe des Kapitals, andrerseits der Zahl der Arbeiterbevölkerung, es ist vielmehr in letzter Instanz nur das Verhältnis zwischen der unbezahlten und der bezahlten Arbeit derselben Arbeiterbevölkerung. Wächst die Menge der von der Arbeiterklasse gelieferten und von der Kapitalistenklasse akkumulierten, unbezahlten Arbeit rasch genug, um nur durch einen außergewöhnlichen Zuschuß bezahlter Arbeit sich in Kapital verwandeln zu können, so steigt der Lohn, und alles andre gleichgesetzt, nimmt die unbezahlte Arbeit im Verhältnis ab.<br/>Sobald aber diese Abnahme den Punkt berührt, wo die das Kapital ernährende Mehrarbeit nicht mehr in normaler Menge angeboten wird, so tritt eine Reaktion ein: ein geringerer Teil der Revenue wird kapitalisiert, die Akkumulation erlahmt, und die steigende Lohnbewegung empfängt einen Gegenschlag. Die Erhöhung des Arbeitspreises bleibt also eingebannt in Grenzen, die die Grundlagen des kapitalistischen Systems nicht nur unangetastet lassen, sondern auch seine Reproduktion auf wachsender Stufenleiter sichern.<br/> Das in ein Naturgesetz mystifizierte Gesetz der kapitalistischen Akkumulation drückt also in der Tat nur aus, daß ihre Natur jede solche Abnahme im Exploitationsgrad der Arbeit oder jede solche Steigerung des Arbeitspreises ausschließt, welche die stetige Reproduktion des Kapitalverhältnisses und seine Reproduktion auf stets erweiterter Stufenleiter ernsthaft gefährden könnte.<br/>Es kann nicht anders sein in einer Produktionsweise, worin der Arbeiter für die Verwertungsbedürfnisse vorhandner Werte, statt umgekehrt der gegenständliche Reichtum für die Entwicklungsbedürfnisse des Arbeiters da ist. Wie der Mensch in der Religion vom Machwerk seines eignen Kopfes, so wird er in der kapitalistischen Produktion vom Machwerk seiner eignen Hand beherrscht.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.649)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Krisen gehen aus Mangel an zahlungsfähiger Konsumtion hervor. Das ist eine Tautologie. Abhilfe schaffen zu wollen, in dem die Arbeiterklasse einen größeren Teil ihres Produkts erhält, ignoriert, dass Krisen vorbereitet werden durch eine Periode, in der der Arbeitslohn allgemein steigt und die Arbeiterklasse größeren Anteil erhält. Die kapitalistische Produktion schafft unabhängig von gutem oder schlechtem Willen Bedingungen, die die relative Prosperität der Arbeiterklasse nur vorübergehend – als Vorlauf der Krise - zulassen.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist eine reine Tautologie zu sagen, daß die Krisen aus Mangel an zahlungsfähiger Konsumtion oder an zahlungsfähigen Konsumenten hervorgehn. Andre Konsumarten, als zahlende, kennt das kapitalistische System nicht, ausgenommen die sub forma pauperis oder die des „Spitzbuben". Daß Waren unverkäuflich sind, heißt nichts, als daß sich keine zahlungsfähigen Käufer für sie fanden, also Konsumenten (sei es nun, daß die Waren in letzter Instanz zum Behuf produktiver oder individueller Konsumtion gekauft werden).<br/>Will man aber dieser Tautologie einen Schein tiefren Begründung dadurch geben, daß man sagt, die Arbeiterklasse erhalte einen zu geringen Teil ihres eignen Produkts, und dem Übelstand werde mithin abgeholfen, sobald sie größern Anteil davon empfängt, ihr Arbeitslohn folglich wächst, so ist nur zu bemerken, daß die Krisen jedesmal gerade vorbereitet werden durch eine Periode, worin der Arbeitslohn allgemein steigt und die Arbeiterklasse realiter größern Anteil an dem für Konsumtion bestimmten Teil des jährlichen Produkts erhält. Jene Periode müsste – von dem Gesichtspunkt dieser Ritter vom gesunden und „einfachen" (!) Menschenverstand - umgekehrt die Krise entfernen.<br/> Es scheint also, daß die kapitalistische Produktion vom guten oder bösen Willen unabhängige Bedingungen einschließt, die jene relative Prosperität der Arbeiterklasse nur momentan zulassen, und zwar immer nur als Sturmvogel einer Krise.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band24.pdf Kapital 2.Band, MEW Band 24], S.409f.)}}<br />
<br />
==Produktivkraftentwicklung==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Produktivkraftentwicklung ist ein wichtiges Element der kapitalistischen Produktion, denn ab einem gewissen Punkt wird sie der mächtigste Hebel der Akkumulation. Der gesellschaftliche Produktivgrad der Arbeit drückt sich in dem Verhältnis zwischen eingesetzten Produktionsmitteln und der Arbeitskraft aus. Bei wachsender Produktivkraftentwicklung werden im Produktionsprozess zunehmend mehr Produktionsmittel eingesetzt, was das Verhältnis von eingesetzter Arbeitskraft und Produktionsmittel entscheidend ändert. Ein Arbeiter kann nun mehr Produktionsmittel in kürzerer Zeit verbrauchen. Somit ändert sich die technische Zusammensetzung des Kapitals, also das Verhältnis der Masse der angewandten Produktionsmittel und der dazu benötigten Arbeitskraft, durch die Steigerung der Produktivkraftentwicklung. <br />
<br />
Diese Veränderung spiegelt sich wieder in der Veränderung der Zusammensetzung des Kapitals. Der Anteil des konstanten Kapitals steigt und der Anteil des variablen Kapitals sinkt. Der Unterschied der technischen Zusammensetzung ist allerdings größer als derjenige der Kapitalzusammensetzung, da der Wert des einzelnen Produktionsmittel sinkt. Der konstante Kapitalteil steigt also nicht proportional zu der gesteigerten Masse an Produktionsmitteln, und die Kapitalzusammensetzung verschiebt sich nicht so schnell Richtung konstantes Kapital wie die stoffliche Zusammensetzung desselben. Obwohl der variable Kapitalteil relativ abnimmt, kann er absolut steigen, da mehr Arbeitskraft für den Gebrauch der Produktionsmittel benötigt wird.<br />
<br />
Dadurch, dass die Rückverwandlung von Mehrwert in Kapital sich als wachsende Größe des Kapitals darstellt, ist sie gleichzeitig Grundlage einer erweiterten Stufenleiter der Produktion, der Methoden zur Steigerung der Produktivkraft der Arbeit und einer beschleunigten Produktion von Mehrwert. Ein gewisser Grad der Kapitalakkumulation ist also Bedingung der spezifisch kapitalistischen Produktionsweis, indem die Akkumulation des Kapitals beschleunigt wird. <br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Produktivität, Wachstum, Produktivkraftentwicklung, Wertzusammensetzung, Organische Zusammensetzung des Kapitals, Relative Mehrwertproduktion, Vergesellschaftung der Produktion, Technische Zusammensetzung des Kapitals<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Produktivkraftentwicklung wird von Marx im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|1. Band des Kapitals]] beschrieben. Hierbei zeigt er auf, dass die Steigerung der Produktivkraft mit der Veränderung des Verhältnisses der in der kapitalistischen Produktion eingesetzten Produktionsmittel und Arbeitskraft einhergeht. Dies verändert automatisch sowohl die technische, als auch die Wertzusammensetzung des Kapitals. Der Anteil des konstanten Kapitals steigt, während der Anteil des variablen Kapitals, sinkt.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Der gesellschaftliche Produktivgrad der Arbeit drückt sich im relativen Größenumfang der Produktionsmittel aus, die ein Arbeiter während gegebener Zeit, mit derselben Anspannung von Arbeitskraft, in Produkt verwandelt.<br />
Die Masse der Produktionsmittel, womit er funktioniert, wächst mit der Produktivität seiner Arbeit.<br/>Das Wachstum der einen Produktionsmittel ist Folge der wachsenden Produktivität der Arbeit, das Wachstum der anderen Bedingung. <br />
<br />
{{Zitat |Abgesehn von Naturbedingungen, wie Fruchtbarkeit des Bodens usw., und vom Geschick unabhängiger und isoliert arbeitender Produzenten, das sich jedoch mehr qualitativ in der Güte als quantitativ in der Masse des Machwerks bewährt, drückt sich der gesellschaftliche Produktivgrad der Arbeit aus im relativen Größenumfang der Produktionsmittel, welche ein Arbeiter, während gegebner Zeit, mit derselben Anspannung von Arbeitskraft, in Produkt verwandelt.<br/>Die Masse der Produktionsmittel, womit er funktioniert, wächst mit der Produktivität seiner Arbeit. Diese Produktionsmittel spielen dabei eine doppelte Rolle. Das Wachstum der einen ist Folge, das der andren Bedingung der wachsenden Produktivität der Arbeit.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.650)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Im Verlauf der Akkumulation tritt ein Punkt ein, wo die Entwicklung der Produktivität der Arbeit der mächtigste Hebel der Akkumulation wird.<br />
<br />
{{Zitat |Die allgemeinen Grundlagen des kapitalistischen Systems einmal gegeben, tritt im Verlauf der Akkumulation jedesmal ein Punkt ein, wo die Entwicklung der Produktivität der gesellschaftlichen Arbeit der mächtigste Hebel der Akkumulation wird.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.650)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Zunahme der Produktivität der Arbeit erscheint in der Abnahme der Arbeitsmasse verhältnismäßig zu der von ihr bewegten Masse von Produktionsmitteln oder in der Größenabnahme des subjektiven Faktors des Arbeitsprozesses, verglichen mit seinen objektiven Faktoren.<br/><br />
Diese Veränderung in der technischen Zusammensetzung des Kapitals – das Wachstum der Produktionsmittel verglichen mit dem der Arbeiterklasse, spiegelt sich wider in seiner Wertzusammensetzung, in der Zunahme des konstanten Bestandteil des Kapitals. <br />
<br />
{{Zitat |Die Zunahme der letzteren erscheint also in der Abnahme der Arbeitsmasse verhältnismäßig zu der von ihr bewegten Masse von Produktionsmitteln oder in der Größenabnahme des subjektiven Faktors des Arbeitsprozesses, verglichen mit seinen objektiven Faktoren. Diese Veränderung in der technischen Zusammensetzung des Kapitals, das Wachstum in der Masse der Produktionsmittel, verglichen mit der Masse der sie belebenden Arbeitskraft, spiegelt sich wider in seiner Wertzusammensetzung, in der Zunahme des konstanten Bestandteils des Kapitalwerts auf Kosten seines variablen Bestandteils.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.651f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Die Änderung der Zusammensetzung der stofflichen Bestandteile ist größer als die der Wertzusammensetzung, da der Wert des einzelnen Produktionsmittel sinkt. <br />
<br />
{{Zitat |Die Abnahme des variablen Kapitalteils gegenüber dem konstanten oder die veränderte Zusammensetzung des Kapitalwerts zeigt jedoch nur annähernd den Wechsel in der Zusammensetzung seiner stofflichen Bestandteile an. […] Der Grund ist einfach der, daß mit der wachsenden Produktivität der Arbeit nicht nur der Umfang der von ihr vernutzten Produktionsmittel steigt, sondern deren Wert, verglichen mit ihrem Umfang, sinkt. Ihr Wert steigt also absolut, aber nicht proportionell mit ihrem Umfang. Das Wachstum der Differenz zwischen konstantem und variablem Kapital ist daher viel kleiner als das der Differenz zwischen der Masse der Produktionsmittel, worin das konstante, und der Masse Arbeitskraft, worin das variable Kapital umgesetzt wird. Die erstere Differenz nimmt zu mit der letzteren, aber in geringerem Grad.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.651f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Die absolute Größe des variablen Kapitalteils kann trotz seiner relativen Abnahme steigen, da mehr Arbeitskraft notwendig ist, um die Produktionsmittel zu verarbeiten.<br />
<br />
{{Zitat |Übrigens, wenn der Fortschritt der Akkumulation die relative Größe des variablen Kapitalteils vermindert, schließt er damit die Steigerung ihrer absoluten Größe keineswegs aus.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.652)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Die Kooperation auf großer Stufenleiter, welche Produktionsmittel durch massenhafte Konzentration ökonomisiert, ist Voraussetzung für die Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit. <br />
<br />
{{Zitat |Im vierten Abschnitt wurde gezeigt, wie die Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit Kooperation auf großer Stufenleiter voraussetzt, wie nur unter dieser Voraussetzung Teilung und Kombination der Arbeit organisiert, Produktionsmittel durch massenhafte Konzentration ökonomisiert, schon stofflich nur gemeinsam anwendbare Arbeitsmittel, z.B. System der Maschinerie usw., ins Leben gerufen, ungeheure Naturkräfte in den Dienst der Produktion gepreßt und die Verwandlung des Produktionsprozesses in technologische Anwendung der Wissenschaft vollzogen werden können.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.652)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Ein gewisser Grad der Kapitalakkumulation ist Bedingung für die kapitalistische Produktionsweise, welche eine beschleunigte Akkumulation verursacht. Beide Faktoren bedingen den Wechsel in der technischen Zusammensetzung des Kapitals. Der Anteil des variablen Kapitals nimmt ab, der des konstanten Kapitals nimmt zu.<br />
<br />
{{Zitat |Die kontinuierliche Rückverwandlung von Mehrwert in Kapital stellt sich dar als wachsende Größe des in den Produktionsprozeß eingehenden Kapitals. Diese wird ihrerseits Grundlage einer erweiterten Stufenleiter der Produktion, der sie begleitenden Methoden zur Steigerung der Produktivkraft der Arbeit und beschleunigter Produktion von Mehrwert. Wenn also ein gewisser Grad der Kapitalakkumulation als Bedingung der spezifisch kapitalistischen Produktionsweise erscheint, verursacht die letztere rückschlagend eine beschleunigte Akkumulation des Kapitals. Mit der Akkumulation des Kapitals entwickelt sich daher die spezifisch kapitalistische Produktionsweise und mit der spezifisch kapitalistischen Produktionsweise die Akkumulation des Kapitals. Diese beiden ökonomischen Faktoren erzeugen, nach dem zusammengesetzten Verhältnis des Anstoßes, den sie sich gegenseitig erteilen, den Wechsel in der technischen Zusammensetzung des Kapitals, durch welchen der variable Bestandteil immer kleiner und kleiner wird, verglichen mit dem konstanten.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.653)}}<br />
<br />
==Konzentration des Kapitals==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Konzentration des Kapitals beschreibt die wachsende Konzentration der Produktionsmittel in den Händen der Kapitalisten, welche durch ein Wachstum vieler individueller und somit des gesellschaftlichen Kapitals gesteuert wird. Dieser Prozess ist identisch mit der Akkumulation. Durch das Abspalten alter Kapitale und Bildung neuer Kapitale wächst auch die Kapitalistenklasse. Das Kapital ist auf viele individuelle Kapitalisten verteilt, die sich in der freien Konkurrenz gegenüber stehen, sich also gegenseitig abstoßen.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Kapitalkonzentration, Kapitalakkumulation<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Konzentration des Kapitals beschreibt Marx im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|1. Band des Kapitals]] als eine wachsende Konzentration in den Händen der Kapitalisten. Dadurch, dass viele individuelle Kapitale wachsen, spalten sich einige von ihnen ab oder bilden sich neu. Daraus schlussfolgert Marx ein absolutes Wachsen der Anzahl an Kapitalisten.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Das Wachstum des gesellschaftlichen Kapitals vollzieht sich im Wachstum vieler individueller Kapitale. Mit ihnen wächst die Konzentration der Produktionsmittel. Zugleich reißen sich Ableger los und fungieren als neue Kapitale. Mit der Akkumulation wächst daher auch die Anzahl der Kapitalisten. Dieser Prozess ist identisch mit der Akkumulation: Wachsende Konzentration der gesellschaftlichen Produktionsmittel in den Händen individueller Kapitalisten. Das Kapital ist verteilt auf viele Punkte, das Wachstum der Kapitale ist durchkreuzt durch die Bildung neuer und die Spaltung alter Kapitale. Akkumulation stellt sich dar als wachsende Konzentration der Produktionsmittel einerseits, andererseits als Repulsion vieler individueller Kapitale.<br />
<br />
{{Zitat |Jedes individuelle Kapital ist eine größere oder kleinere Konzentration von Produktionsmitteln mit entsprechendem Kommando über eine größere oder kleinere Arbeiterarmee. Jede Akkumulation wird das Mittel neuer Akkumulation. Sie erweitert mit der vermehrten Masse des als Kapital funktionierenden Reichtums seine Konzentration in den Händen individueller Kapitalisten, daher die Grundlage der Produktion auf großer Stufenleiter und der spezifisch kapitalistischen Produktionsmethoden. Das Wachstum des gesellschaftlichen Kapitals vollzieht sich im Wachstum vieler individuellen Kapitale. Alle andren Umstände als gleichbleibend vorausgesetzt, wachsen die individuellen Kapitale, und mit ihnen die Konzentration der Produktionsmittel, im Verhältnis, worin sie aliquote Teile des gesellschaftlichen Gesamtkapitals bilden. Zugleich reißen sich Ableger von den Originalkapitalen los und funktionieren als neue selbständige Kapitale. Eine große Rolle spielt dabei unter anderm die Teilung des Vermögens in Kapitalistenfamilien. Mit der Akkumulation des Kapitals wächst daher auch mehr oder minder die Anzahl der Kapitalisten. Zwei Punkte charakterisieren diese Art Konzentration, welche unmittelbar auf der Akkumulation beruht oder vielmehr mit ihr identisch ist. Erstens: Die wachsende Konzentration der gesellschaftlichen Produktionsmittel in den Händen individueller Kapitalisten ist, unter sonst gleichbleibenden Umständen, beschränkt durch den Wachstumsgrad des gesellschaftlichen Reichtums. Zweitens: Der in jeder besondren Produktionssphäre ansässige Teil des gesellschaftlichen Kapitals ist verteilt unter viele Kapitalisten, welche einander als unabhängige und miteinander konkurrierende Warenproduzenten gegenüberstehn. Die Akkumulation und die sie begleitende Konzentration sind also nicht nur auf viele Punkte zersplittert, sondern das Wachstum der funktionierenden Kapitale ist durchkreuzt durch die Bildung neuer und die Spaltung alter Kapitale. Stellt sich die Akkumulation daher einerseits dar als wachsende Konzentration der Produktionsmittel und des Kommandos über Arbeit, so andrerseits als Repulsion vieler individueller Kapitale voneinander.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.653f.)}}<br />
<br />
==Zentralisation der Kapitale==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Als Zentralisation bezeichnet man das Wachstum des Kapitalumfanges in den Händen einzelner Kapitalisten oder Kapitalistengruppen durch den Zusammenschluss schon bestehender kleinerer Kapitale zu größeren. Durch die Zusammenschlüsse nimmt die Anzahl an Einzelkapitalen ab. Die Zentralisation ist Kenntzeichen der höchsten Form der Kapitalistischen Monopolvereinigung (siehe hierzu: [[Der imperialistische Kapitalismus|Imperialismus]]). Die größeren Kapitalisten mit größerer Akkumulation und dadurch Konzentration schlagen die kleineren. Das bedeutet den Untergang der kleineren, deren Kapitale teils in die Hand der größeren Kapitalisten übergehen, teils untergehen. Einen mächtigen Hebel der Zentralisation bildet das Kreditwesen, in dem es eine fruchtbare Waffe im Konkurrenzkampf wird und sich schließlich selbst in einen Mechanismus zur Zentralisation der Kapitale verwandelt. Die Zentralisation ist Ausgangspunkt für eine umfassendere Organisation der Gesamtarbeit. Einzelne Produktionsprozesse werden zu gesellschaftlich kombinierten und wissenschaftlich disponierten Produktionsprozessen. Die Akkumulation ist ein langsamer, allmählicher Prozess, Zentralisation dagegen schnell. Sprunghafter technischer Fortschritt wird durch Zentralisation, großes Kapital in einzelner Hand, beschleunigt. Der Anteil des konstanten Kapitals nimmt aufgrund dieser Produktivkraftentwicklung zu, derjenige des veriablen Kapitals ab.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Zentralisation der Kapitale, Kredit, Zentralisation, Konkurrenz, Kreditwesen, Übernahme, Akkumulation, Vergesellschaftung der Produktion, Organische Zusammensetzung des Kapitals, Arbeitslosigkeit, Industrielle Reservearmee<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Marx beschreibt die Charakteristik der Zentralisation im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]]. <br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Dem entgegen wirkt die nicht mehr einfache Konzentration, die mit der Akkumulation identisch ist, sondern Konzentration bereits gebildeter Kapitale, Aufhebung ihrer individuellen Selbständigkeit, Expropriation von Kapitalist durch Kapitalist. Verwandlung vieler kleinerer in weniger größere Kapitale. Der Unterschied zur Konzentration durch Akkumulation ist, dass er nur eine veränderte Verteilung der bereits vorhandenen und funktionierenden Kapitale voraussetzt. Es ist die eigentliche Zentralisation um Unterschied zur Akkumulation und Konzentration. <br />
<br />
{{Zitat |Dieser Zersplitterung des gesellschaftlichen Gesamtkapitals in viele individuelle Kapitale oder der Repulsion seiner Bruchteile voneinander wirkt entgegen ihre Attraktion. Es ist dies nicht mehr einfache, mit der Akkumulation identische Konzentration von Produktionsmitteln und Kommando über Arbeit. Es ist Konzentration bereits gebildeter Kapitale, Aufhebung ihrer individuellen Selbständigkeit, Expropriation von Kapitalist durch Kapitalist, Verwandlung vieler kleineren in weniger größere Kapitale. Dieser Prozeß unterscheidet sich von dem ersten dadurch, daß er nur veränderte Verteilung der bereits vorhandnen und funktionierenden Kapitale voraussetzt, sein Spielraum also durch das absolute Wachstum des gesellschaftlichen Reichtums oder die absoluten Grenzen der Akkumulation nicht beschränkt ist. Das Kapital schwillt hier in einer Hand zu großen Massen, weil es dort in vielen Händen verlorengeht. Es ist die eigentliche Zentralisation im Unterschied zur Akkumulation und Konzentration.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.654)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Das Kreditwesen wird eine neue Waffe im Konkurrenzkampf. Konkurrenz und Kredit werden zu den beiden mächtigsten Hebeln der Zentralisation.<br />
<br />
<br />
{{Zitat |Abgesehn hiervon bildet sich mit der kapitalistischen Produktion eine ganz neue Macht, das Kreditwesen, das in seinen Anfängen verstohlen, als bescheidne Beihilfe der Akkumulation, sich einschleicht, durch unsichtbare Fäden die über die Oberfläche der Gesellschaft in größern oder kleinern Massen zersplitterten Geldmittel in die Hände individueller oder assoziierter Kapitalisten zieht, aber bald eine neue und furchtbare Waffe im Konkurrenzkampf wird und sich schließlich in einen ungeheuren sozialen Mechanismus zur Zentralisation der Kapitale verwandelt.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.654f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Konkurrenz und der Kredit stehen im selben Verhältnis wie kapitalistische Produktion und Akkumulation, das eine bedingt das andere. Der Fortschritt der Akkumulation vermehrt die Einzelkapitale. Gesellschaftliches Bedürfnis und technische Mittel schaffen den Antrieb zur Ausweitung der kapitalistischen Produktion und somit zu gewaltigen industriellen Unternehmungen, deren Durchführung an eine vorangegangene Zentralisation des Kapitals gebunden ist. Der Fortschritt der Zentralisation hängt nicht vom Größenwachstum des gesellschaftlichen Kapitals ab, sie kann durch bloße veränderte Verteilung schon bestehender Kapitale erfolgen. Kapital kann in einer Hand zu gewaltigen Massen anwachsen, weil es vielen einzelnen Händen entzogen wird. In einem Geschäftszweig hätte die Zentralisation ihre Grenze erreicht, wenn alle dort angelegten Kapital zu einem Einzelkapital verschmolzen wären. <br />
<br />
{{Zitat |Im Maß wie die kapitalistische Produktion und Akkumulation, im selben Maß entwickeln sich Konkurrenz und Kredit, die beiden mächtigsten Hebel der Zentralisation. Daneben vermehrt der Fortschritt der Akkumulation den zentralisierbaren Stoff, d.h. die Einzelkapitale, während die Ausweitung der kapitalistischen Produktion, hier das gesellschaftliche Bedürfnis, dort die technischen Mittel jener gewaltigen industriellen Unternehmungen schafft, deren Durchführung an eine vorgängige Zentralisation des Kapitals gebunden ist. Heutzutage ist also die gegenseitige Attraktionskraft der Einzelkapitale und die Tendenz zur Zentralisation stärker als je zuvor. Wenn aber auch die relative Ausdehnung und Energie der zentralisierenden Bewegung in gewissem Grad bestimmt ist durch die schon erreichte Größe des kapitalistischen Reichtums und die Überlegenheit des ökonomischen Mechanismus, so hängt doch der Fortschritt der Zentralisation keineswegs ab von dem positiven Größenwachstum des gesellschaftlichen Kapitals. Und dies speziell unterscheidet die Zentralisation von der Konzentration, die nur ein andrer Ausdruck für die Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter ist. Die Zentralisation kann erfolgen durch bloße veränderte Verteilung schon bestehender Kapitale, durch einfache Veränderung der quantitativen Gruppierung der Bestandteile des gesellschaftlichen Kapitals. Das Kapital kann hier zu gewaltigen Massen in einer Hand anwachsen, weil es dort vielen einzelnen Händen entzogen wird. In einem gegebnen Geschäftszweig hätte die Zentralisation ihre äußerste Grenze erreicht, wenn alle darin angelegten Kapitale zu einem Einzelkapital verschmolzen wären.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.655)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Die Zentralisation ergänzt die Akkumulation. Sie kann auf verschiedenen Wegen stattfinden, durch Annexion, Verschmelzung oder der Bildung von Aktiengesellschaften - die Wirkung bleibt dieselbe. Die Ausdehnung der industriellen Tätigkeit ist Ausgangspunkt für umfassendere Organisation der Gesamtarbeit. Einzelne Produktionsprozesse werden zu gesellschaftlich kombinierten und wissenschaftlich disponierten Produktionsprozessen. <br />
<br />
{{Zitat |Die Zentralisation ergänzt das Werk der Akkumulation, indem sie die industriellen Kapitalisten instand setzt, die Stufenleiter ihrer Operationen auszudehnen. Sei dies letztre Resultat nun Folge der Akkumulation oder der Zentralisation; vollziehe sich die Zentralisation auf dem gewaltsamen Weg der Annexion - wo gewisse Kapitale so überwiegende Gravitationszentren für andre werden, daß sie deren individuelle Kohäsion brechen und dann die vereinzelten Bruchstücke an sich ziehn - oder geschehe die Verschmelzung einer Menge bereits gebildeter, resp. in der Bildung begriffner Kapitale vermittelst des glatteren Verfahrens der Bildung von Aktiengesellschaften - die ökonomische Wirkung bleibt dieselbe. Die gewachsne Ausdehnung der industriellen Etablissements bildet überall den Ausgangspunkt für eine umfassendere Organisation der Gesamtarbeit vieler, für eine breitre Entwicklung ihrer materiellen Triebkräfte, d.h. für die fortschreitende Umwandlung vereinzelter und gewohnheitsmäßig betriebner Produktionsprozesse in gesellschaftlich kombinierte und wissenschaftlich disponierte Produktionsprozesse.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.656)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Die Akkumulation ist ein langsamer, allmählicher Prozess, Zentralisation dagegen schnell. Ohne Zentralisation hätte es sehr lange gedauert, bis einzelne Unternehmen groß genug gewesen wären, um die Eisenbahn zu bauen. Die Zentralisation steigert und beschleunigt die Wirkung der Akkumulation und beschleunigt gleichzeitig die Umwälzungen in der technischen Zusammensetzung des Kapitals – Zunahme des konstanten Kapitals auf Kosten des variablen. Abnahme der Nachfrage nach Arbeit.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist aber klar, daß die Akkumulation, die allmähliche Vermehrung des Kapitals durch die aus der Kreisform in die Spirale übergehende Reproduktion ein gar langsames Verfahren ist, im Vergleich mit der Zentralisation, die nur die quantitative Gruppierung der integrierenden Teile des gesellschaftlichen Kapitals zu ändern braucht. Die Welt wäre noch ohne Eisenbahnen, hätte sie solange warten müssen, bis die Akkumulation einige Einzelkapitale dahin gebracht hätte, dem Bau einer Eisenbahn gewachsen zu sein. Die Zentralisation dagegen hat dies, vermittelst der Aktiengesellschaften, im Handumdrehn fertiggebracht. Und während die Zentralisation so die Wirkungen der Akkumulation steigert und beschleunigt, erweitert und beschleunigt sie gleichzeitig die Umwälzungen in der technischen Zusammensetzung des Kapitals, die dessen konstanten Teil vermehren auf Kosten seines variablen Teils und damit die relative Nachfrage nach Arbeit vermindern.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.656)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Das Kapital erneuert sich, in einer verbesserten technischen Ausgestaltung, die es möglich macht mit weniger Arbeit größere Massen an Maschinen in Gang zu setzen. Die Abnahme der Nachfrage nach Arbeit wird größer, je mehr Zentralisation herrscht.<br />
<br />
{{Zitat |Die im Lauf der normalen Akkumulation gebildeten Zusatzkapitale (s. Kap.XXII, 1) dienen vorzugsweise als Vehikel zur Exploitation neuer Erfindungen und Entdeckungen, überhaupt industrieller Vervollkommnungen. Aber auch das alte Kapital erreicht mit der Zeit den Moment seiner Erneuerung an Haupt und Gliedern, wo es sich häutet und ebenfalls wiedergeboren wird in der vervollkommneten technischen Gestalt, worin eine geringere Masse Arbeit genügte, eine größere Masse Maschinerie und Rohstoffe in Bewegung zu setzen. Die hieraus notwendig folgende absolute Abnahme der Nachfrage nach Arbeit wird selbstredend um so größer, je mehr die diesen Erneuerungsprozeß durchmachenden Kapitale bereits zu Massen angehäuft sind vermöge der zentralisierenden Bewegung. Einerseits attrahiert also das im Fortgang der Akkumulation gebildete Zuschußkapital, verhältnismäßig zu seiner Größe, weniger und weniger Arbeiter. Andrerseits repelliert das periodisch in neuer Zusammensetzung reproduzierte alte Kapital mehr und mehr früher von ihm beschäftigte Arbeiter.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.657)}}<br />
<br />
==Kapitalistische Konkurrenz ==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die kapitalistische Konkurrenz beschreibt das Verhältnis einzelner Kapitalisten untereinander. Wenn die kapitalistische Produktion eine neue Stufenleiter erreicht, so steigt auch die Produktivität der Arbeit, was wiederum die Preise der Waren sinken lässt. Die Konkurrenz unter Kapitalisten nimmt dadurch zu, da auf jeder höheren Stufe der Stufenleiter der Minimalumfang, den ein individuelles Kapital haben muss um profitabel zu sein, steigt. Das größere Kapital schlägt deshalb die kleineren in der direkten Konkurrenz. Kleinere Kapitale bewegen sich in Produktionssphären, die nicht mehr von großen Kapitalen erschlossen sind. <br />
<br />
Ein weiteres Phänomen der kapitalistischen Produktion auf erweiterter Stufenleiter ist die Bildung des Kreditwesens, welches Anfangs als Stütze und Hilfe der Akkumulation dient. Das Kreditwesen konzentriert die vielen größeren und kleineren Geldmittel der Gesellschaft in den Händen der Kapitalisten und spielt eine zunehmend wichtigere Rolle in der Zentralisation der Kapitale. <br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Konkurrenz, Übernahme, Kredit <br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Marx beschreibt die kapitalistische Konkurrenz im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|1. Band des Kapitals]] mit dem Verhältnis der vielen großen und kleinen Kapitale untereinander. Die Konkurrenz bewirkt, dass viele kleine Kapitale sich den großen beugen müssen und von ihnen vereinnahmt werden. Durch die kapitalistische Produktion entsteht auch das Kreditwesen, welches die unterschiedlichen Geldmittel der Gesellschaft in den Händen der Kapitalisten konzentriert und weiterhin eine wichtige Rolle in der Zentralisation der Kapitale spielt. <br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die Konkurrenz wird durch Preis der Waren geführt, der von der Produktivität der Arbeit abhängt, dieser wiederum von der Stufenleiter der Produktion. Die größeren Kapitale schlagen die kleineren. Mit Entwicklung der kap. PW ist Minimalumfang des Kapitals größer. Kleinere Kapital drängen daher in Produktionssphären, deren sich die große Industrie noch nicht bemächtigt hat. Viele kleine gehen unter oder landen in der Hand des Siegers.<br/>Mit der kapitalistischen Produktion bildet sich eine neue Macht: Das Kreditwesen. Anfangs als Hilfe der Akkumulation, sich einschleichend, durch unsichtbare Fäden die über die Oberfläche der Gesellschaft in größere oder kleinere Massen zersplitterte Geldmittel in die Hände individueller oder assoziierter Kapitalisten zieht. <br />
<br />
{{Zitat |Der Konkurrenzkampf wird durch Verwohlfeilerung der Waren geführt. Die Wohlfeilheit der Waren hängt, caeteris paribus, von der Produktivität der Arbeit, diese aber von der Stufenleiter der Produktion ab. Die größeren Kapitale schlagen daher die kleineren. Man erinnert sich ferner, daß mit der Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise der Minimalumfang des individuellen Kapitals wächst, das erheischt ist, um ein Geschäft unter seinen normalen Bedingungen zu betreiben. Die kleineren Kapitale drängen sich daher in Produktionssphären, deren sich die große Industrie nur noch sporadisch oder unvollkommen bemächtigt hat. Die Konkurrenz rast hier im direkten Verhältnis zur Anzahl und im umgekehrten Verhältnis zur Größe der rivalisierenden Kapitale. Sie endet stets mit Untergang vieler kleineren Kapitalisten, deren Kapitale teils in die Hand des Siegers übergehn, teils untergehn.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.654f.)}}<br />
<br />
==Entstehung und Funktion der Industriellen Reservearmee ==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die industrielle Reservearmee sind diejenigen Arbeiter, die gezwungen sind ihre Arbeitskraft zu verkaufen, aber keinen Käufer dafür finden. Durch Produktivkraftentwicklung ändert sich die Kapitalzusammensetzung erfordert für die selbe Menge an Produkten weniger Arbeitskraft. Mit der durch die Arbeiter selbst produzierten Akkumulation des Kapitals produziert die Arbeiterbevölkerung in wachsendem Umfang demnach die Mittel ihrer eigenen relativen Überzähligmachung. Das ist das eigene Populationsgesetz in der kapitalistischen Produktionsweise. Die immer einsetzbare industrielle Reservearmee schafft für die wechselnden Verwertungsbedürfnisse des Kapitals das stets ausbeutbare Menschenmaterial, unabhängig von den Schranken der wirklichen Zunahme der Bevölkerung. Es kommt demnach zur Freisetzung von Arbeitskraft. Dadurch entsteht eine Bewegung in der immer Teile der Arbeiter halbbeschäftigt oder unbeschäftigt sind. Der einzelne Arbeiter stemmt dann mehr Arbeit, aber es werden nicht mehr Arbeiter beschäftigt. <br />
<br />
Jeder Kapitalist hat das absolute Interesse, ein bestimmtes Arbeitsquantum aus kleinerer Arbeiterzahl auszupressen. Dies tut er durch größere extensive oder intensive Ausbeutung der individuellen Arbeitskräfte. Mit der Steigerung der Produktivkraft der Arbeit, steigert das Kapital also seine Zufuhr von Arbeit rascher als die Zufuhr von Arbeitern. Die Überarbeit des beschäftigten Teils schwellt die Reihen ihrer Reserve. Die Reserve übt wiederum indirekt Druck auf Beschäftigte aus, wodurch sie durch die Kapitalisten zu Überarbeit gezwungen werden können. Der Zwang zu Müßiggang und der Zwang zu Überarbeit wird Bereicherungsmittel des einzelnen Kapitalisten. Das Einsaugen und Abstoßen von Arbeitskraft wird noch intensiviert durch die zyklischen Bewegungen von Boom und Krise. Die allgemeinen Bewegungen des Arbeitslohns sind ausschließlich reguliert durch die Expansion und Kontraktion der industriellen Reservearmee, welche dem Periodenwechsel des industriellen Zyklus entsprechen. Sie sind bestimmt durch das wechselnde Verhältnis worin die Arbeiterklasse in aktive Armee und Reservearmee zerfällt.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Arbeitslosigkeit, Industrielle Reservearmee, Wachstum des Gesamtkapitals, Relative Überbevölkerung, Krise, Aufschwung, Ausbeutung, Relative Mehrwertproduktion, Mehrarbeit, Produktivkraftentwicklung, Variables Kapital, Organische Zusammensetzung des Kapitals, Arbeitslosigkeit, Arbeitslohn, Lohndruck, Nachfrage nach Arbeit, Zyklus <br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Mit der schon bei David Ricardo zu findenden Vorstellung einer zunehmenden Mechanisierung des Produktionsprozesses bei gleichzeitiger Abnahme der Nachfrage nach Arbeitskraft begründet Karl Marx im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] die Entstehung einer wachsenden "industriellen Reservearmee". Diese relative Überbevölkerung wird von Marx als Konsequenz des Akkumulationsprozesses im Kapitalismus und der Produktivkraftentwicklung verdeutlicht. Die Aufrechterhaltung der industriellen Reservearmee führt zu einem Zerfall des Klassenzusammenhalts und zersetzt somit die Kräfte der Arbeiterschaft. Grund dafür ist, dass mehr Arbeitskräfte als Arbeitsplätze vorhanden sind und der Konkurrenzdruck dadurch steigt. Der Kapitalismus ist folglich auf die industrielle Reservearmee angewiesen, um die Löhne niedrig halten zu können und eine Solidarität zwischen Arbeitern und Arbeitslosen zu verhindern.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Da die Nachfrage nach Arbeit nicht durch den Umfang des Gesamtkapitals, sondern durch den seines variablen Bestandteils bestimmt ist, fällt sie also progressiv mit dem Wachstum des Gesamtkapitals, statt verhältnismäßig mit ihm zu wachsen. Mit Wachstum des Gesamtkapitals wächst zwar auch sein variabler Bestandteil, die ihm einverleibte Arbeitskraft, aber in beständig abnehmender Proportion. <br />
<br />
{{Zitat |Da die Nachfrage nach Arbeit nicht durch den Umfang des Gesamtkapitals, sondern durch den seines variablen Bestandteils bestimmt ist, fällt sie also progressiv mit dem Wachstum des Gesamtkapitals, statt, wie vorhin unterstellt, verhältnismäßig mit ihm zu wachsen. Sie fällt relativ zur Größe des Gesamtkapitals und in beschleunigter Progression mit dem Wachstum dieser Größe. Mit dem Wachstum des Gesamtkapitals wächst zwar auch sein variabler Bestandteil, oder die ihm einverleibte Arbeitskraft, aber in beständig abnehmender Proportion.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.658)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Auf der anderen Seite wächst die relative Arbeiterbevölkerung schneller als das variable Kapital. Es kommt zu einer relativen, also für die durchschnittlichen Verwertungsbedürfnisse des Kapitals überschüssigen, daher überflüssigen Arbeiterbevölkerung, sprich einem Überangebot an Arbeitskraft.<br />
<br />
<br />
{{Zitat |Diese mit dem Wachstum des Gesamtkapitals beschleunigte und rascher als sein eignes Wachstum beschleunigte relative Abnahme seines variablen Bestandteils scheint auf der andren Seite umgekehrt stets rascheres absolutes Wachstum der Arbeiterbevölkerung als das des variablen Kapitals oder ihrer Beschäftigungsmittel. Die kapitalistische Akkumulation produziert vielmehr, und zwar im Verhältnis zu ihrer Energie und ihrem Umfang, beständig eine relative, d.h. für die mittleren Verwertungsbedürfnisse des Kapitals überschüssige, daher überflüssige oder Zuschuß-Arbeiterbevölkerung.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.658)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Mit Ausdehnung der Produktionsleiter, der Produktivität der Arbeit dehnt sich auch die Stufenleiter, worin größere Attraktion der Arbeiter mit größerer Repulsion derselben verbunden ist. Mit der durch sie selbst produzierten Akkumulation des Kapitals produziert die Arbeiterbevölkerung in wachsendem Umfang die Mittel ihrer eigenen relativen Überzähligmachung. Das ist das der kapitalistischen Produktionsweise eigene Populationsgesetz. <br />
<br />
{{Zitat |Mit der Größe des bereits funktionierenden Gesellschaftskapitals und dem Grad seines Wachstums, mit der Ausdehnung der Produktionsleiter und der Masse der in Bewegung gesetzten Arbeiter, mit der Entwicklung der Produktivkraft ihrer Arbeit, mit dem breiteren und volleren Strom aller Springquellen des Reichtums dehnt sich auch die Stufenleiter, worin größere Attraktion der Arbeiter durch das Kapital mit größerer Repulsion derselben verbunden ist, nimmt die Raschheit der Wechsel in der organischen Zusammensetzung des Kapitals und seiner technischen Form zu, und schwillt der Umkreis der Produktionssphären, die bald gleichzeitig, bald abwechselnd davon ergriffen werden. Mit der durch sie selbst produzierten Akkumulation des Kapitals produziert die Arbeiterbevölkerung also in wachsendem Umfang die Mittel ihrer eignen relativen Uberzähligmachung. Es ist dies ein der kapitalistischen Produktionsweise eigentümliches Populationsgesetz, wie in der Tat jede besondre historische Produktionsweise ihre besondren, historisch gültigen Populationsgesetze hat. Ein abstraktes Populationsgesetz existiert nur für Pflanze und Tier, soweit der Mensch nicht geschichtlich eingreift.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.659f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Das überschüssige Angebot an Arbeitskraft ist notwendiges Resultat der Akkumulation und sie ist umgekehrt Hebel der Akkumulation, eben Existenzbedingung der kap. Produktionsweise. Sie ist disponible industrielle Reservearmee, die dem Kapital ganz gehört, ist stets ausbeutbares Menschenmaterial unabhängig von der wirklichen Bevölkerungszunahme. <br />
<br />
{{Zitat |Wenn aber eine Surplusarbeiterpopulation notwendiges Produkt der Akkumulation oder der Entwicklung des Reichtums auf kapitalistischer Grundlage ist, wird diese Übervölkerung umgekehrt zum Hebel der kapitalistischen Akkumulation, ja zu einer Existenzbedingung der kapitalistischen Produktionsweise. Sie bildet eine disponible industrielle Reservearmee, die dem Kapital ganz so absolut gehört, als ob es sie auf seine eignen Kosten großgezüchtet hätte. Sie schafft für seine wechselnden Verwertungsbedürfnisse das stets bereite exploitable Menschenmaterial, unabhängig von den Schranken der wirklichen Bevölkerungszunahme.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.661)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Der zehnjährige Zyklus von Krise und Boom beruht auf der beständigen Bildung der relativen Überbevölkerung. Der industrielle Zyklus rekrutiert wiederum die relative Überbevölkerung, und wird zum entscheidenden Faktor ihrer Reproduktion. <br />
<br />
{{Zitat |Der charakteristische Lebenslauf der modernen Industrie, die Form eines durch kleinere Schwankungen unterbrochnen zehnjährigen Zyklus von Perioden mittlerer Lebendigkeit, Produktion unter Hochdruck, Krise und Stagnation, beruht auf der beständigen Bildung, größern oder geringem Absorption und Wiederbildung der industriellen Reservearmee oder Übervölkerung. Ihrerseits rekrutieren die Wechselfälle des industriellen Zyklus die Übervölkerung und werden zu einem ihrer energischsten Reproduktionsagentien.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.661)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
In der frühen Periode des Kapitalismus veränderte sich die Zusammensetzung des Kapitals nur allmählich, die Arbeitsnachfrage entsprach also im Großen und Ganzen verhältnismäßig dem Wachstum.<br />
<br />
{{Zitat |Dieser eigentümliche Lebenslauf der modernen Industrie, der uns in keinem frühern Zeitalter der Menschheit begegnet, war auch in der Kindheitsperiode der kapitalistischen Produktion unmöglich. Die Zusammensetzung des Kapitals veränderte sich nur sehr allmählich. Seiner Akkumulation entsprach also im Ganzen verhältnismäßiges Wachstum der Arbeitsnachfrage.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.661)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Die Bewegungsform der modernen Industrie erwächst aus der beständigen Verwandlung eines Teils der Arbeiterbevölkerung in unbeschäftigte oder halbbeschäftigte Hände. <br />
<br />
{{Zitat |Die ganze Bewegungsform der modernen Industrie erwächst also aus der beständigen Verwandlung eines Teils der Arbeiterbevölkerung in unbeschäftigte oder halbbeschäftigte Hände. Die Oberflächlichkeit der politischen Ökonomie zeigt sich u.a. darin, daß sie die Expansion und Kontraktion des Kredits, das bloße Symptom der Wechselperioden des industriellen Zyklus, zu deren Ursache macht.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.662)}}<br />
<br />
'''Annahme 8'''<br />
<br />
Wenn der individuelle Arbeiter mehr Arbeit liefert und daher sein Arbeitslohn steigt, obgleich der Arbeitspreis gleich bleibt, wird der Zuwachs von variablem Kapital zu Index von mehr Arbeit, aber nicht mehr Arbeitern. Jeder Kapitalist hat das absolute Interesse, ein bestimmtes Arbeitsquantum aus kleinerer Arbeiterzahl auszupressen<br />
<br />
{{Zitat |Bei gleichbleibender oder selbst verminderter Zahl der von ihm kommandierten Arbeiter wächst jedoch das variable Kapital, wenn der individuelle Arbeiter mehr Arbeit liefert und daher sein Arbeitslohn wächst, obgleich der Arbeitspreis gleichbleibt oder selbst sinkt, nur langsamer, als die Arbeitsmasse steigt. Der Zuwachs des variablen Kapitals wird dann Index von mehr Arbeit, aber nicht von mehr beschäftigten Arbeitern. Jeder Kapitalist hat das absolute Interesse, ein bestimmtes Arbeitsquantum aus kleinerer, statt ebenso wohlfeil oder selbst wohlfeiler aus größerer Arbeiterzahl auszupressen. In dem letzten Fall wächst die Auslage von konstantem Kapital verhältnismäßig zur Masse der in Fluß gesetzten Arbeit, im ersten Fall viel langsamer. Je größer die Stufenleiter der Produktion, desto entscheidender dies Motiv. Seine Wucht wächst mit der Akkumulation des Kapitals.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.664)}}<br />
<br />
'''Annahme 9'''<br />
<br />
Die Produktivkraft der Arbeit befähigt Kapitalisten mit derselben Auslage von variablem Kapital mehr Arbeit durch größere extensive oder intensive Ausbeutung der individuellen Arbeitskräfte flüssig zu machen. Er kauft mit demselben Kapitalwert mehr Arbeitskräfte, indem er geschicktere durch ungeschicktere, reife durch unreife, männliche durch weibliche,…ersetzt.<br/>Ein größeres v macht mehr Arbeit flüssig, ohne mehr Arbeiter zu werben. <br/>v von derselben Größe macht mehr Arbeit mit derselben Masse Arbeitskraft flüssig und mehr niedere durch Verdrängung höherer Arbeitskräfte. <br/>Dies ist wichtig für die Zusammensetzung der AK bzw. für die industrielle Reservearmee (IR).<br />
<br />
{{Zitat |Man hat gesehn, daß die Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise und Produktivkraft der Arbeit - zugleich Ursache und Wirkung der Akkumulation - den Kapitalisten befähigt, mit derselben Auslage von variablem Kapital mehr Arbeit durch größere extensive oder intensive Exploitation der individuellen Arbeitskräfte flüssig zu machen. Man hat ferner gesehn, daß er mit demselben Kapitalwert mehr Arbeitskräfte kauft, indem er progressiv geschicktere Arbeiter durch ungeschicktere, reife durch unreife, männliche durch weibliche, erwachsne Arbeitskraft durch jugendliche oder kindliche verdrängt. Einerseits macht also, im Fortgang der Akkumulation, größeres variables Kapital mehr Arbeit flüssig, ohne mehr Arbeiter zu werben, andrerseits macht variables Kapital von derselben Größe mehr Arbeit mit derselben Masse Arbeitskraft flüssig und endlich mehr niedere Arbeitskräfte durch Verdrängung höherer.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.664f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 10'''<br />
<br />
Mit der Steigerung der Produktivkraft der Arbeit, steigert das Kapital seine Zufuhr von Arbeit rascher als die von Arbeitern. Die Überarbeit des beschäftigten Teils schwellt die Reihen ihrer Reserve. Reserve übt Druck auf Beschäftigte aus, zwingt sie zu Überarbeit. Zwang zu Müßiggang und Zwang zu Überarbeit wird Bereicherungsmittel des einzelnen Kapitalisten.<br />
<br />
{{Zitat |Wenn die Produktionsmittel, wie sie an Umfang und Wirkungskraft zunehmen, in geringerem Grad Beschäftigungsmittel der Arbeiter werden, wird dies Verhältnis selbst wieder dadurch modifiziert, daß im Maß, wie die Produktivkraft der Arbeit wächst, das Kapital seine Zufuhr von Arbeit rascher steigert als seine Nachfrage nach Arbeitern. Die Überarbeit des beschäftigten Teils der Arbeiterklasse schwellt die Reihen ihrer Reserve, während umgekehrt der vermehrte Druck, den die letztere durch ihre Konkurrenz auf die erstere ausübt, diese zur Überarbeit und Unterwerfung unter die Diktate des Kapitals zwingt. Die Verdammung eines Teils der Arbeiterklasse zu erzwungenem Müßiggang durch Überarbeit des andren Teils und umgekehrt, wird Bereicherungsmittel des einzelnen Kapitalisten und beschleunigt zugleich die Produktion der industriellen Reservearmee auf einem dem Fortschritt der gesellschaftlichen Akkumulation entsprechenden Maßstab.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.665f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 11'''<br />
<br />
Die allgemeinen Bewegungen des Arbeitslohns sind ausschließlich reguliert durch die Expansion und Kontraktion der industriellen Reservearmee, welche dem Periodenwechsel des industriellen Zyklus entsprechen. Sie sind bestimmt durch das wechselnde Verhältnis worin die Arbeiterklasse in aktive Armee und Reservearmee zerfällt. <br />
<br />
{{Zitat |Im großen und ganzen sind die allgemeinen Bewegungen des Arbeitslohns ausschließlich reguliert durch die Expansion und Kontraktion der industriellen Reservearmee, welche dem Periodenwechsel des industriellen Zyklus entsprechen. Sie sind also nicht bestimmt durch die Bewegung der absoluten Anzahl der Arbeiterbevölkerung, sondern durch das wechselnde Verhältnis, worin die Arbeiterklasse in aktive Armee und Reservearmee zerfällt, durch die Zunahme und Abnahme des relativen Umfangs der Übervölkerung, durch den Grad, worin sie bald absorbiert, bald wieder freigesetzt wird.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.666)}}<br />
<br />
'''Annahme 12'''<br />
<br />
Die IR drückt während der Perioden der Stagnation und mittleren Prosperität auf die aktive Arbeiterarmee und hält ihre Ansprüche während der Überproduktion und des Booms im Zaum. Die relative Überbevölkerung ist der Hintergrund, worauf das Gesetz der Nachfrage und Zufuhr von Arbeit sich bewegt. <br />
<br />
{{Zitat |Die industrielle Reservearmee drückt während der Perioden der Stagnation und mittleren Prosperität auf die aktive Arbeiterarmee und hält ihre Ansprüche während der Periode der Überproduktion und des Paroxysmus im Zaum. Die relative Übervölkerung ist also der Hintergrund, worauf das Gesetz der Nachfrage und Zufuhr von Arbeit sich bewegt. Sie zwängt den Spielraum dieses Gesetzes in die der Exploitationsgier und Herrschsucht des Kapitals absolut zusagenden Schranken ein.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.668)}}<br />
<br />
'''Annahme 13'''<br />
<br />
Die Akkumulation des Kapitals vermehrt die Nachfrage nach Arbeit, zugleich setzt sie Arbeiter „frei“. Der Druck der Unbeschäftigten zwingt die Beschäftigten zur Flüssigmachung von mehr Arbeit, macht also die Arbeitszufuhr in gewissem Grad von der Zufuhr von Arbeitern unabhängig. <br />
<br />
{{Zitat |Wenn seine Akkumulation einerseits die Nachfrage nach Arbeit vermehrt, vermehrt sie andrerseits die Zufuhr von Arbeitern durch deren „Freisetzung", während zugleich der Druck der Unbeschäftigten die Beschäftigten zur Flüssigmachung von mehr Arbeit zwingt, also in gewissem Grad die Arbeitszufuhr von der Zufuhr von Arbeitern unabhängig macht.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.669)}}<br />
<br />
==Formen der industriellen Reservearmee ==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Marx bezeichnet die industrielle Reservearmee als "relative Überbevölkerung". Ihr Angehörige werden vom Produktionsprozess abgestoßen und stehen in hoher Konkurrenz zu den derzeit Beschäftigten. Marx unterscheidet drei Typen der relativen Überbevölkerung: die flüssige, die latente und die stockende.<br />
<br />
Die ''flüssige'' relative Überbevölkerung zählen die Arbeiter in der Stadt, welche in Zeiten des Booms und des Aufschwungs beschäftigt sind und in Krisenzeiten wieder aus dem Produktionsprozess abgestoßen werden. Sind sie unbeschäftigt oder halbbeschäftigt, zählen sie zur industriellen Reservearmee. Die ''latente'' (versteckte) relative Überbevölkerung betrifft Arbeitsverhältnisse, die direkt in Arbeitslosigkeit münden oder nur Scheinalternativen zur Arbeitslosigkeit bieten. Sie rekrutiert sich aus den Tätigen in der Landwirtschaft, welche ihre Produktionsmittel verloren haben und in die Stadt ziehen müssen. Die ''stockende'' relative Überbevölkerung bildet einen Teil der aktiven Arbeiterarmee, aber mit durchweg unregelmäßiger Beschäftigung. Sie bietet dem Kapital einen unterschöpflichen Bestand disponibler Arbeitskraft.<br />
<br />
Dazu kommt noch der Pauperismus. Arbeitsunfähige, Invaliden, Verstümmelte usw., welche durch die Auswirkungen der Teilung der harten Arbeit arbeitsunfähig wurden, gehen in der Industrie unter. Die industrielle Reservearmee wächst mit der absoluten Größe des Proletariats und des gesellschaftlichen Reichtums. Je größer die industrielle Reservearmee, desto massenhafter die relative Überbevölkerung. Zu ihr gehört ebenfalls eine "Lazarusschicht", deren Angehörige nicht nur zyklisch, sondern dauerhaft keine Arbeit mehr finden. Sollten die Arbeiter entdecken, dass der Intensitätsgrad ihrer Konkurrenz vom Druck der relativen Überbevölkerung abhängt, sie also planmäßig zusammenwirken als Beschäftigte und Unbeschäftigte, wird dies für das Kapital ein Problem. <br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Klassenkampf, Überbevölkerung, Industrielle Reservearmee, Flüssige Überbevölkerung, Latente Überbevölkerung, Stockende Überbevölkerung, Landflucht, Armut, Pauperismus, Lumpenproletariat, Gesellschaftlicher Reichtum <br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Marx geht im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] nicht nur auf die industrielle Reservearmee ein, sondern leitet drei Typen der relativen Überbevölkerung von ihr ab. Er konnte bei seinen ökonomischen Studien im 19. Jahrhundert erkennen, dass es Arbeiter gab, die vollbeschäftigt waren, aber eben so diejenigen die nur unregelmäßig arbeiteten und zwischen der aktiven Arbeiterbevölkerung und der industriellen Reservearmee schwankten. Ebenfalls sah er dass es Menschen gab, die komplett unfähig waren, aufgrund von Verletzungen oder Erkrankungen, zu arbeiten und das diese besonders unter Armut litten. <br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
In dem selben Maß, wie die Arbeiter mehr arbeiten und die Produktivkraft ihrer Arbeit wächst, desto prekärer wird ihre Funktion als Verwertungsmittel des Kapitals. Wenn sie entdecken, dass der Intensitätsgrad der Konkurrenz unter ihnen vom Druck der relativen Überbevölkerung abhängt, sobald sie durch Trade Unions eine planmäßige Zusammenwirkung zwischen den Beschäftigten und Unbeschäftigten zu organisieren suchen, zetert das Kapital. Jeder Zusammenhalt zwischen den Beschäftigten und Unbeschäftigten stört das „reine“ Spiel jenes Gesetzes. <br />
<br />
{{Zitat |Die Bewegung des Gesetzes der Nachfrage und Zufuhr von Arbeit auf dieser Basis vollendet die Despotie des Kapitals. Sobald daher die Arbeiter hinter das Geheimnis kommen, wie es angeht, daß im selben Maß, wie sie mehr arbeiten, mehr fremden Reichtum produzieren und die Produktivkraft ihrer Arbeit wächst, sogar ihre Funktion als Verwertungsmittel des Kapitals immer prekärer für sie wird; sobald sie entdecken, daß der Intensitätsgrad der Konkurrenz unter ihnen selbst ganz und gar von dem Druck der relativen Übervölkerung abhängt; sobald sie daher durch Trade's Unions usw. eine planmäßige Zusammenwirkung zwischen den Beschäftigten und Unbeschäftigten zu organisieren suchen, um die ruinierenden Folgen jenes Naturgesetzes der kapitalistischen Produktion auf ihre Klasse zu brechen oder zu schwächen, zetert das Kapital und sein Sykophant, der politische Ökonom, über Verletzung des „ewigen“ und sozusagen „heiligen" Gesetzes der Nachfrage und Zufuhr. Jeder Zusammenhalt zwischen den Beschäftigten und Unbeschäftigten stört nämlich das „reine" Spiel jenes Gesetzes. Sobald andrerseits, in den Kolonien z.B., widrige Umstände die Schöpfung der industriellen Reservearmee und mit ihr die absolute Abhängigkeit der Arbeiterklasse von der Kapitalistenklasse verhindern, rebelliert das Kapital, samt seinem gemeinplätzlichen Sancho Pansa, gegen das „heilige" Gesetz der Nachfrage und Zufuhr und sucht ihm durch Zwangsmittel unter die Arme zu greifen.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.669f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Der Arbeiter gehört der relativen Überbevölkerung an, wenn er halb oder gar nicht beschäftigt ist.<br/>Der Phasenwechsel des industriellen Zyklus prägt ihr ihre Formen auf.<br />
Sie besitzt aber immer drei Formen: flüssige, latente, stockende.<br />
<br />
{{Zitat |Die relative Übervölkerung existiert in allen möglichen Schattierungen. Jeder Arbeiter gehört ihr an während der Zeit, wo er halb oder gar nicht beschäftigt ist. Abgesehn von den großen, periodisch wiederkehrenden Formen, welche der Phasenwechsel des industriellen Zyklus ihr aufprägt, so daß sie bald akut in den Krisen erscheint, bald chronisch in den Zeiten flauen Geschäfts, besitzt sie fortwährend drei Formen: flüssige, latente und stockende.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.670)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Arbeiter werden repelliert und attrahiert, hin- und hergechleudert, und dies bei beständigem Wechsel in Geschlecht, Alter und Geschick. Im großen und ganzen nimmt dadurch die Zahl der Beschäftigten zu, wenn auch stets im abnehmenden Verhältnis zur höheren Stufe der Produktionsleiter. Relative Überbevölkerung existiert hier in fließender Form.<br />
<br />
{{Zitat |Die Relative Überbevölkerung existiert in allen möglichen Schattierungen [...] besitzt sie fortwährend drei Formen: flüssige, latente und stockende.<br/>In den Zentren der modernen Industrie Fabriken, Manufakturen, Hütten und Bergwerken usw. - werden Arbeiter bald repeliiert, bald in größerem Umfang wieder attrahiert, so daß im großen und ganzen die Zahl der Beschäftigten zunimmt, wenn auch in stets abnehmendem Verhältnis zur Produktionsleiter. Die Übervölkerung existiert hier in fließender Form.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.670)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der beständige Fluss der Landarbeiter in die Städte setzt eine latente Überbevölkerung voraus. <br />
<br />
{{Zitat |Aber ihr beständiger Fluß nach den Städten setzt auf dem Lande selbst eine fortwährend latente Übervölkerung voraus, deren Umfang nur sichtbar wird, sobald sich die Abzugskanäle ausnahmsweise weit öffnen. Der Landarbeiter wird daher auf das Minimum des Salairs herabgedrückt und steht mit einem Fuß stets im Sumpf des Pauperismus.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.672)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Die stockende Überbevölkerung ist von unregelmäßiger Beschäftigung geprägt und stellt einen unerschöpflichen Behälter disponibler Arbeitskraft dar. Maximum der Arbeitszeit und Minimum des Lohns charakterisieren sie.<br />
<br />
{{Zitat |Die dritte Kategorie der relativen Übervölkerung, die stockende, bildet einen Teil der aktiven Arbeiterarmee, aber mit durchaus unregelmäßiger Beschäftigung. Sie bietet so dem Kapital einen unerschöpflichen Behälter disponibler Arbeitskraft. Ihre Lebenslage sinkt unter das durchschnittliche Normalniveau der arbeitenden Klasse, und grade dies macht sie zur breiten Grundlage eigner Exploitationszweige des Kapitals. Maximum der Arbeits-zeit und Minimum des Salairs charakterisieren sie.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.672)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Der Pauperismus ist der tiefste Niederschlag der relativen Überbevölkerung. Abgesehen vom Lumpenproletariat besteht die Gesellschaftsschicht aus drei Kategorien: Erstens den Arbeitsfähigen. Deren Zahl steigt mit jeder Krise und nimmt bei jedem Aufschwung ab. Zweitens die Waisen- und Pauperkinder. Sie sind Kandidaten der industriellen Reservearmee und werden in Zeiten des großen Aufschwungs in die aktive Arbeiterarmee rekrutiert. Drittens: Verkommene, Verlumpte, Arbeitsunfähige, Verstümmelte, usw., die an ihrer durch die Teilung der Arbeit verursachten Unbeweglichkeit und den Gefahren der harten Arbeit in der Industrie untergehen. Der Pauperismus bildet das Invalidenhaus der aktiven Arbeiterarmee und ebenso das tote Gewicht der industriellen Reservearmee.<br />
<br />
{{Zitat |Der tiefste Niederschlag der relativen Übervölkerung endlich behaust die Sphäre des Pauperismus. Abgesehn von Vagabunden, Verbrechern, Prostituierten, kurz dem eigentlichen Lumpenproletariat, besteht diese Gesellschaftsschichte aus drei Kategorien. Erstens Arbeitsfähige. Man braucht die Statistik des englischen Pauperismus nur oberflächlich anzusehn, und man findet, daß seine Masse mit jeder Krise schwillt und mit jeder Wiederbelebung des Geschäfts abnimmt. Zweitens: Waisen- und Pauperkinder. Sie sind Kandidaten der industriellen Reservearmee und werden in Zeiten großen Aufschwungs, wie 1860 z.B., rasch und massenhaft in die aktive Arbeiterarmee einrolliert. Drittens: Verkommene, Verlumpte, Arbeitsunfähige. Es sind namentlich Individuen, die an ihrer durch die Teilung der Arbeit verursachten Unbeweglichkeit untergehn, solche, die über das Normalalter eines Arbeiters hinausleben, endlich die Opfer der Industrie, deren Zahl mit gefährlicher Maschinerie, Bergwerksbau, chemischen Fabriken etc. wächst, Verstümmelte, Verkrankte, Witwen etc. Der Pauperismus bildet das Invalidenhaus der aktiven Arbeiterarmee und das tote Gewicht der industriellen Reservearmee. Seine Produktion ist eingeschlossen in der Produktion der relativen Übervölkerung, seine Notwendigkeit in ihrer Notwendigkeit, mit ihr bildet er eine Existenzbedingung der kapitalistischen Produktion und Entwicklung des Reichtums. Er gehört zu den faux frais der kapitalistischen Produktion, die das Kapital jedoch großenteils von sich selbst ab auf die Schultern der Arbeiterklasse und der kleinen Mittelklasse zu wälzen weiß.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.673)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Umso größer der gesellschaftliche Reichtum und das funktionierende Kapital ist, desto größer ist die absolute Größe des Proletariats und die Produktivkraft der Arbeit. Daraus resultiert auch eine größere industrielle Reservearmee. Je größer die industrielle Reservearmee im Verhältnis zur aktiven Arbeiterarmee, desto massenhafter die relative Überbevölkerung, deren Elend im umgekehrten Verhältnis zu ihrer Arbeitsqual steht. Je größer die Lazarusschicht der Arbeiterklasse und die IR, desto größer der offizielle Pauperismus. Das ist das absolute, allgemeine Gesetz der kapitalistischen Akkumulation. <br />
<br />
{{Zitat |Je größer der gesellschaftliche Reichtum, das funktionierende Kapital, Umfang und Energie seines Wachstums, also auch die absolute Größe des Proletariats und die Produktivkraft seiner Arbeit, desto größer die industrielle Reservearmee. Die disponible Arbeitskraft wird durch dieselben Ursachen entwickelt wie die Expansivkraft des Kapitals. Die verhältnismäßige Größe der industriellen Reservearmee wächst also mit den Potenzen des Reichtums. Je größer aber diese Reservearmee im Verhältnis zur aktiven Arbeiterarmee, desto massenhafter die konsolidierte Übervölkerung, deren Elend im umgekehrten Verhältnis zu ihrer Arbeitsqual steht. Je größer endlich die Lazarusschichte der Arbeiterklasse und die industrielle Reservearmee, desto größer der offizielle Pauperismus. Dies ist das absolute, allgemeine Gesetz der kapitalistischen Akkumulation. Es wird gleich allen andren Gesetzen in seiner Verwirklichung durch mannigfache Umstände modifiziert, deren Analyse nicht hierher gehört.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.673f.)}}<br />
<br />
==Armut und Reichtum==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Armut und Reichtum sind Größen, welche den Besitz von Produktionsmitteln, Kapital und Geld beschreiben. Armut und Reichtum gab es bereits in vorkapitalistischen Gesellschaften. Die Besonderheit im Kapitalismus ist, dass die Arbeiterklasse über nichts anderes, als ihre Arbeitskraft vefügt, und somit gezwungen ist, diese an den Kapitalisten zu verkaufen, welcher sowohl die Produktionsmittel besitzt, als auch den von den Arbeitern produzierten Mehrwert und dessen Produkte aneignet. Die Armut und der Reichtum bilden im Kapitalismus einen antagonistischen Charakter, welche sich gegenseitig bedingen. Die Produktion von Reichtum bedingt automatisch die Produktion von Armut und Elend. Je größer die Produktivkraft der Arbeit, desto größer der Druck der Arbeiter auf ihre Beschäftigungsmittel, desto prekärer also ihre Existenzberechtigung. Die Akkumulation von Reichtum auf Seiten der Bourgeoisie bedingt zugleich die Akkumulation von Elend und Armut auf Seiten des Proletariats. Die kapitalistische Produktion hat somit einen zweideutigen Charakter, welche sowohl Reichtum, als auch Armut produziert. Es wird also logischerweise keinen Kapitalismus ohne Armut geben können. <br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Armut, Reichtum, Lohndruck, Arbeitsdruck, Entfremdung, Verrohung<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Armut und Reichtum wurde bereits in der politischen Ökonomie des 19. Jahrhunderts beschrieben. Allerdings wurde dieser antagonistische Charakter der kapitalistischen Akkumulation mit Erscheinungen aus vorkapitalistischen Produktionsweisen zusammengeworfen. Marx weist im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] nach, dass sich Armut und Reichtum gegenseitig bedingen. Die Akkumulation von Kapital auf Seiten der Bourgeoisie, bedingt automatisch die Akkumulation von Elend, Arbeitsqual, Sklaverei und moralischer Degradation auf Seite der Arbeiterklasse. Marx beschreibt als absolut allgemeines Gesetz der kapitalistischen Akkumulation das enge Verhältnis von Armut und Reichtum. Umso größer der gesellschaftliche Reichtum, und die Größe des Kapitals, umso größer auch die industrielle Reservearmee. Das Verhältnis der industriellen Reservearmee und der aktiven Arbeiterarmee bestimmt die Größe der konsolidierten Überbevölkerung, dessen Elend im umgekehrten Verhältnis zu ihrer Arbeitsqual steht.<br />
<br />
Bereits der venezianische Mönch Ortes aus Venezien, ein wichtiger ökonomischer Schriftsteller des 18.Jahrhunderts, sagte: "Großer Reichtum von einigen ist stets begleitet von absoluter Beraubung des Notwendigen bei viel meht andren. Der Reichtum einer Nation entspricht ihrer Bevölkerung, und ihr Elend entspricht ihrem Reichtum. Die Arbeitsamkeit in einigen erzwingt den Müßiggang in andren. Die Armen und Müßigen sind eine notwendige Frucht der Reichen und Tätigen".<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Der Fortschritt der Produktivität drückt sich auf kapitalistischer Grundlage so aus, dass je höher die Produktivkraft der Arbeit, desto größer der Druck der Arbeiter auf ihre Beschäftigungsmittel, desto prekärer ihre Existenzbedingung. Die bedeutet Verkauf der eigenen Kraft zur Vermehrung fremden Eigentums. Das Wachstum der Menge an Produktionsmitteln und der Produktivität der Arbeit geht mit einem Wachstum der Arbeiterklasse und somit auch der industriellen Reservearmee einher. Dies bedingt automatisch den Wachstum von Armut und Elend.<br />
<br />
{{Zitat |Das Gesetz, wonach eine immer wachsende Masse von Produktionsmitteln, dank dem Fortschritt in der Produktivität der gesellschaftlichen Arbeit, mit einer progressiv abnehmenden Ausgabe von Menschenkraft in Bewegung gesetzt werden kann - dies Gesetz drückt sich auf kapitalistischer Grundlage, wo nicht der Arbeiter die Arbeitsmittel, sondern die Arbeitsmittel den Arbeiter anwenden, darin aus, daß, je höher die Produktivkraft der Arbeit, desto größer der Druck der Arbeiter auf ihre Beschäftigungsmittel, desto prekärer also ihre Existenzbedingung: Verkauf der eignen Kraft zur Vermehrung des fremden Reichtums oder zur Selbstverwertung des Kapitals. Rascheres Wachstum der Produktionsmittel und der Produktivität der Arbeit als der produktiven Bevölkerung drückt sich kapitalistisch also umgekehrt darin aus, daß die Arbeiterbevölkerung stets rascher wächst als das Verwertungsbedürfnis des Kapitals.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.674)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Die Steigerung der ges. Produktivkraft der Arbeit auf Kosten des individuellen Arbeiters. Die Mittel der Entwicklung der Produktion schlagen um in Beherrschungs- und Exploitationsmittel, verstümmeln den Arbeiter in einen Teilmenschen, entwürdigen ihn zum Anhängsel der Maschine, vernichten mit der Qual seiner Arbeit ihren Inhalt.<br/> Alle Methoden zur Produktion des Mehrwerts sind zugleich Methoden der Akkumulation. Es folgt daher, dass im Maße wie Kapital akkumuliert wird, die Lage des Arbeiters, welches immer seine Zahlung, hoch oder niedrig, sich verschlechtern muss. Das Gesetz, dass die relative Überbevölkerung stets mit Umfang und Energie der Akkumulation im Gleichgewicht hält, schmiedet den Arbeiter fester an das Kapital als Prometheus die Keile des Hephaistos an den Felsen. Es bedingt eine der Akkumulation von Kapital entsprechende Akkumulation von Elend, Arbeitsqual, Sklaverei, Unwissenheit, Brutalisierung und moralischer Degradation auf der Seite der Klasse, die ihr eigenes Produkt als Kapital produziert. Die Produktion von Reichtum und Armut bedingen sich antagonistisch und schließen sich im Kapitalismus niemals aus.<br />
<br />
{{Zitat |Wir sahen im vierten Abschnitt bei Analyse der Produktion des relativen Mehrwerts: innerhalb des kapitalistischen Systems vollziehn sich alle Methoden zur Steigerung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit auf Kosten des individuellen Arbeiters; alle Mittel zur Entwicklung der Produktion schlagen um in Beherrschungs- und Exploitationsmittel des Produzenten, verstümmeln den Arbeiter in einen Teilmenschen, entwürdigen ihn zum Anhängsel der Maschine, vernichten mit der Qual seiner Arbeit ihren Inhalt, entfremden ihm die geistigen Potenzen des Arbeitsprozesses im selben Maße, worin letzterem die Wissenschaft als selbständige Potenz einverleibt wird; sie verunstalten die Bedingungen, innerhalb deren er arbeitet, unterwerfen ihn während des Arbeitsprozesses der kleinlichst gehässigen Despotie, verwandeln seine Lebenszeit in Arbeitszeit, schleudern sein Weib und Kind unter das Juggernaut-Rad des Kapitals. Aber alle Methoden zur Produktion des Mehrwerts sind zugleich Methoden der Akkumulation, und jede Ausdehnung der Akkumulation wird umgekehrt Mittel zur Entwicklung jener Methoden. Es folgt daher, daß im Maße wie Kapital akkumuliert, die Lage des Arbeiters, welches immer seine Zahlung, hoch oder niedrig, sich verschlechtern muß. Das Gesetz endlich, welches die relative Übervölkerung oder industrielle Reservearmee stets mit Umfang und Energie der Akkumulation in Gleichgewicht hält, schmiedet den Arbeiter fester an das Kapital als den Prometheus die Keile des Hephästos an den Felsen. Es bedingt eine der Akkumulation von Kapital entsprechende Akkumulation von Elend. Die Akkumulation von Reichtum auf dem einen Pol ist also zugleich Akkumulation von Elend, Arbeitsqual, Sklaverei, Unwissenheit, Brutalisierung und moralischer Degradation auf dem Gegenpol, d.h. auf Seite der Klasse, die ihr eignes Produkt als Kapital produziert.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.674f.)}}<br />
<br />
==Kapitalmonopol als Fessel der Produktionsweise==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Zentralisation des Kapitals ist der kapitalistischen Produktion eigen. Sie führt zur Zentralisierung der Produktionmittel in wenigen Händen (Kapitalmonopolen), während das Elend und der Grad der Ausbeutung steigt. Das Kapitalmonopol wird zur Fessel der Produktionsweise. Für eine weitere Entwicklung der Produktuktionsweise muss die kapitalistsiche Hülle gesprengt werden.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Verhältnis zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen, Zentralisation, Stagnation, Monopole, kapitalistische Produktion, Elend, Ausbeutung, Expropriation, kooperative Form des Arbeitsprozesses, kapitalistischen Hülle, Privateigentums<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Vor allem in seinem Hauptwerk – dem Kapital – hat Marx die Zentralisation des Kapitals und das daraus folgende Kapitalmonopol offengelegt und als eine Tendenz der kapitalistischen Produktion theoretisiert. Diese führt zur stetigen Abnahme der Anzahl von Kapitalmagnaten und zur Monopolbildung. Diese Annahme stößt allerdings von bürgerlicher Seite auf Kritik. So seien die meisten Fälle nur Folge einer falschen „Ordnungspolitik“ des Staates.<br />
Doch zeigt diese Kritik nur das gegenteil auf – dass die kapitalistische Produktion ohne entgegenwirkende Maßnahmen zu der von Marx beschriebenen Zentralisation des Kapitals drängt.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die kapitalistische Produktion führt zu einer Zentralisierung der Kapitale in der Hand einer Minderheit – zur Monopolisierung. Mit dieser Zentralisation entwickelt sich auch die kooperative Form des Arbeitsprozesses. Mit einer fortschreitenden Zentralisation und abnehmenden Zahl der Kapitalmagnaten wächst die Masse des Elends, der Ausbeutung, aber auch der Empörung der Arbeiterklasse. Das Kapitalmonopol wird zur Fessel der Produktionsweise, da die Zentralisation der Vergesellschaftung der Arbeit einen Punkt erreicht, an dem sie unverträglich wird mit ihrer kapitalistischen Hülle. Sie wird gesprengt und die Macht des Kapitals, der Bourgeoisie, gestürzt.<br />
<br />
{{Zitat |Diese Expropriation vollzieht sich durch das Spiel der immanenten Gesetze der kapitalistischen Produktion selbst, durch die Zentralisation der Kapitale. Je ein Kapitalist schlägt viele tot. Hand in Hand mit dieser Zentralisation oder der Expropriation vieler Kapitalisten durch wenige entwickelt sich die kooperative Form des Arbeitsprozesses auf stets wachsender Stufenleiter, die bewußte technische Anwendung der Wissenschaft, die planmäßige Ausbeutung der Erde, die Verwandlung der Arbeitsmittel in nur gemeinsam verwendbare Arbeitsmittel, die Ökonomisierung aller Produktionsmittel durch ihren Gebrauch als Produktionsmittel kombinierter, gesellschaftlicher Arbeit, die Verschlingung aller Völker in das Netz des Weltmarkts und damit der internationale Charakter des kapitalistischen Regimes. Mit der beständig abnehmenden Zahl der Kapitalmagnaten, welche alle Vorteile dieses Umwandlungsprozesses usurpieren und monopolisieren, wächst die Masse des Elends, des Drucks, der Knechtschaft, der Entartung, der Ausbeutung, aber auch die Empörung der stets anschwellenden und durch den Mechanismus des kapitalistischen Produktionsprozesses selbst geschulten, vereinten und organisierten Arbeiterklasse. Das Kapitalmonopol wird zur Fessel der Produktionsweise, die mit und unter ihm aufgeblüht ist. Die Zentralisation der Produktionsmittel und die Vergesellschaftung der Arbeit erreichen einen Punkt, wo sie unverträglich werden mit ihrer kapitalistischen Hülle. Sie wird gesprengt. Die Stunde des kapitalistischen Privateigentums schlägt. Die Expropriateurs werden expropriiert.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.790f.])}}<br />
<br />
==Der Tendenzielle Fall der Profitrate==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Das „Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate“ beschreibt den Fall der allgemeinen Profitrate als einen tendenziellen Verlauf. Da nur die menschliche Arbeit Werte schafft, ergibt sich der Profit ausschließlich aus dem unbezahlten Teil der Arbeit, den sich der Kapitalist aneignet. Diese unbezahlte Arbeit drückt sich im Mehrwert aus. Da der Anteil lebendiger Arbeit, das variable Kapital, durch die fortlaufende technische Entwicklung abnimmt, nimmt auch die Masse des Mehrwerts ab. Diese Abnahme der lebendigen Arbeit ergibt einen Fall der Profitrate. Dieser wird durch mehrere Ursachen aufgehalten und gehemmt, weswegen der Fall der Profitrate nur als Tendenz aufritt und nicht absolut.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Tendenzieller Fall der Profitrate, Gesamtkapital, Variables Kapital, Konstantes Kapital, Kapital, Produktivkraft, Akkumulation, Zusammensetzung, Profitrate<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Theorie des Tendenziellen Falls der Profitrate wird von Karl Marx im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] dargestellt.<br />
<br />
''Der Fall der allgemeinen Profitrate war in der klassischen Nationalökonomie bereits eine der gängigen Vorstellungen. Allerdings war es noch unklar wie ein Sinken der Profitrate zu Stande kommt. Vorläufige Erklärungen und Theorien waren zu oberflächlich. Marx forschte nach den Ursachen und fand diese in der stetigen Veränderung der Zusammensetzung des Kapitals und der Theorie des Mehrwerts. Das Marx'sche „Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate“ stößt ebenfalls auf Kritik seitens Michael Heinrich und Nobuo Okishio. Laut Heinrich würde keine von Marx' Varianten eine fallende Profitrate beweisen können. Währenddessen sollen die Ergebnisse des Okishio-Theorems des Ökonomen Nobuo Okishios der Marx'schen Annahme widersprechen.''<br />
<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Der tendenzielle Fall der Profitrate steht im Zusammenhang mit der organischen Zusammensetzung des Gesamtkapitals. Nimmt der Anteil der lebendigen Arbeit im Verhältnis zum konstantem Kapital ab, sinkt die Profitrate. Durch die kapitalistische Produktionsweise nimmt das variable Kapital proportional zum Gesamtkapital ab. Aufgrund dieser proportionalen Abnahme des variablen Bestandteils sinkt die Nachfrage nach lebendiger Arbeit progressiv mit dem Wachstum des Gesamtkapitals und erzeugt somit auch eine überschüssige, daher überflüssige oder Zuschuß-Arbeiterbevölkerung die nicht am Produktionsprozess beteiligt ist. Die Zunahme des konstanten Kapitals im Verhältnis zum variablen Kapitalteil ist das Resultat der fortschreitenden Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit. Das heißt, dass die Entwicklung der Produktivkräfte den tendenziellen Fall der Profitrate zur Folge hat. Da durch die Entwicklung der Produktion die angewandte lebendige Arbeit im Verhältnis zum konstanten Kapital abnimmt, so muss auch die unbezahlte Mehrarbeit abnehmen die sich in Form des Mehrwerts äußerst. Dieser Rückgang des Mehrwerts bewirkt wiederum einen stetigen Fall der Profitrate.<br />
<br />
{{Zitat |Die Akkumulation des Kapitals, welche ursprünglich nur als seine quantitative Erweiterung erschien, vollzieht sich, wie wir gesehn, in fortwährendem qualitativen Wechsel seiner Zusammensetzung, in beständiger Zunahme seines konstanten auf Kosten seines variablen Bestandteil. Die spezifisch kapitalistische Produktionsweise, die ihr entsprechende Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit, der dadurch verursachte Wechsel in der organischen Zusammensetzung des Kapitals halten nicht nur Schritt mit dem Fortschritt der Akkumulation oder dem Wachstum des gesellschaftlichen Reichtums. Sie schreiten ungleich schneller, weil die einfache Akkumulation oder die absolute Ausdehnung des Gesamtkapitals von der Zentralisation seiner individuellen Elemente, und die technische Umwälzung des Zusatzkapitals von technischer Umwälzung des Originalkapitals begleitet sind. Mit dem Fortgang der Akkumulation wandelt sich also das Verhältnis von konstantem zu variablem Kapitalteil, wenn ursprünglich 1: 1, in 2: 1,3: 1,4: 1,5: 1, 7: 1 usw. … Da die Nachfrage nach Arbeit nicht durch den Umfang des Gesamtkapitals, sondern durch den seines variablen Bestandteils bestimmt ist, fällt sie also progressiv mit dem Wachstum des Gesamtkapitals, statt, wie vorhin unterstellt, verhältnismäßig mit ihm zu wachsen. Sie fällt relativ zur Größe des Gesamtkapitals und in beschleunigter Progression mit dem Wachstum dieser Größe. Mit dem Wachstum des Gesamtkapitals wächst zwar auch sein variabler Bestandteil, oder die ihm einverleibte Arbeitskraft, aber in beständig abnehmender Proportion. …Diese mit dem Wachstum des Gesamtkapitals beschleunigte und rascher als sein eignes Wachstum beschleunigte relative Abnahme seines variablen Bestandteils scheint auf der andren Seite umgekehrt stets rascheres absolutes Wachstum der Arbeiterbevölkerung als das des variablen Kapitals oder ihrer Beschäftigungsmittel. Die kapitalistische Akkumulation produziert, und zwar im Verhältnis zu ihrer Energie und ihrem Umfang, beständig eine relative, d.h. für die mittleren Verwertungsbedürfnisse des Kapitals überschüssige, daher überflüssige oder Zuschuß-Arbeiterbevölkerung.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.657f.])}}<br />
<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Die Zunahme des konstanten Kapitals im Verhältnis zum variablen Kapitalteil ist das Resultat der fortschreitenden Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit. Das heißt, dass die Entwicklung der Produktivkräfte den tendenziellen Fall der Profitrate zur Folge hat. Da durch die Entwicklung der Produktion die angewandte lebendige Arbeit im Verhältnis zum konstanten Kapital abnimmt, so muss auch die unbezahlte Mehrarbeit abnehmen die sich in Form des Mehrwerts äußerst. Dieser Rückgang des Mehrwerts bewirkt wiederum einen stetigen Fall der Profitrate.<br />
<br />
{{Zitat |„Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate 13. Kapital, Das Gesetz als solches. Bei gegebnem Arbeitslohn und Arbeitstag stellt ein variables Kapital, z.B. von 100, eine bestimmte Anzahl in Bewegung gesetzter Arbeiter vor; es ist der Index dieser Anzahl. Z.B. 100 Pfd.St. sei der Arbeitslohn für 100 Arbeiter, sage für eine Woche. Verrichten diese 100 Arbeiter ebensoviel notwendige Arbeit wie Mehrarbeit, arbeiten sie also täglich ebensoviel Zeit für sich selbst, d.h. für die Reproduktion ihres Arbeitslohns, wie für den Kapitalisten, d.h. für die Produktion von Mehrwert, so wäre ihr Gesamtwertprodukt = 200 Pfd.St. und der von ihnen erzeugte Mehrwert betrüge 100 Pfd.St. Die Rate des Mehrwerts m/v wäre =100% . Diese Rate des Mehrwerts würde sich jedoch, wie wir gesehn, in sehr verschiednen Profitraten ausdrücken, je nach dem verschiednen Umfang des konstanten Kapitals c und damit des Gesamtkapitals C, da die Profitrate = m/C . <br />
Ist die Mehrwertsrate 100%,: <br />
Wenn c = 50, v = 100, so ist p' = 100/150 = 66,66 %. <br />
Wenn c = 100, v = 100, so ist p' =100/200 = 50%. <br />
Wenn c = 200, v = 100, so ist p' = 100/300 = 33,33%. <br />
Wenn c = 300, v = 100, so ist p' = 100/400 = 25%. <br />
Wenn c = 400, v = 100, so ist p' = 100/500 = 20%. <br />
Dieselbe Rate des Mehrwerts, bei unverändertem Exploitationsgrad der Arbeit, würde sich so in einer fallenden Profitrate ausdrücken, weil mit seinem materiellen Umfang, wenn auch nicht im selben Verhältnis, auch der Wertumfang des konstanten und damit des Gesamtkapitals wächst<br />
Nimmt man nun ferner an, daß diese graduelle Veränderung in der Zusammensetzung des Kapitals sich nicht bloß in vereinzelten Produktionssphären zuträgt, sondern mehr oder weniger in allen, oder doch in den entscheidenden Produktionssphären, daß sie also Veränderungen in der organischen Durchschnittszusammensetzung des einer bestimmten Gesellschaft angehörigen Gesamtkapitals einschließt, so muß dies allmähliche Anwachsen des konstanten Kapitals, im Verhältnis zum variablen, notwendig zum Resultat haben einen graduellen Fall in der allgemeinen Profitrate bei gleichbleibender Rate des Mehrwerts oder gleichbleibendem Exploitationsgrad der Arbeit durch das Kapital. Nun hat sich aber gezeigt, als ein Gesetz der kapitalistischen Produktionsweise, daß mit ihrer Entwicklung eine relative Abnahme des variablen Kapitals im Verhältnis zum konstanten Kapital und damit im Verhältnis zu dem in Bewegung gesetzten Gesamtkapital stattfindet. Es heißt dies nur, daß dieselbe Arbeiterzahl, dieselbe Menge Arbeitskraft, disponibel gemacht durch ein variables Kapital von gegebnem Wertumfang, infolge der innerhalb der kapitalistischen Produktion sich entwickelnden eigentümlichen Produktionsmethoden, eine stets wachsende Masse Arbeitsmittel, Maschinerie und fixes Kapital aller Art, Roh- und Hilfsstoffe in derselben Zeit in Bewegung setzt, verarbeitet, produktiv konsumiert - daher auch ein konstantes Kapital von stets wachsendem Wertumfang. Diese fortschreitende relative Abnahme des variablen Kapitals im Verhältnis zum konstanten und daher zum Gesamtkapital ist identisch mit der fortschreitend höhern organischen Zusammensetzung des gesellschaftlichen Kapitals in seinem Durchschnitt. Es ist ebenso nur ein andrer Ausdruck für die fortschreitende Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit, die sich grade darin zeigt, daß vermittelst der wachsenden Anwendung von Maschinerie und fixem Kapital überhaupt mehr Roh- und Hilfsstoffe von derselben Anzahl Arbeiter in derselben Zeit, d.h. mit weniger Arbeit in Produkte verwandelt werden. Es entspricht diesem wachsenden Wertumfang des konstanten Kapitals - obgleich er nur entfernt das Wachstum in der wirklichen Masse der Gebrauchswerte darstellt, aus denen das konstante Kapital stofflich besteht - eine wachsende Verwohlfeilerung des Produkts. Jedes individuelle Produkt, für sich betrachtet, enthält eine geringre Summe von Arbeit, als auf niedrigem Stufen der Produktion, wo das in Arbeit ausgelegte Kapital in ungleich größrem Verhältnis steht zu dem in Produktionsmitteln ausgelegten. Die im Eingang hypothetisch aufgestellte Reihe drückt also die wirkliche Tendenz der kapitalistischen Produktion aus. Diese erzeugt mit der fortschreitenden relativen Abnahme des variablen Kapitals gegen das konstante eine steigend höhere organische Zusammensetzung des Gesamtkapitals, deren unmittelbare Folge ist, daß die Rate des Mehrwerts bei gleichbleibendem und selbst bei steigendem Exploitationsgrad der Arbeit sich in einer beständig sinkenden allgemeinen Profitrate ausdrückt. (Es wird sich weiter zeigen1 *, warum dies Sinken nicht in dieser absoluten Form, sondern mehr in Tendenz zum progressiven Fall hervortritt.) Die progressive Tendenz der allgemeinen Profitrate zum Sinken ist also nur ein der kapitalistischen Produktionsweise eigentümlicher Ausdruck für die fortschreitende Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit. Es ist damit nicht gesagt, daß die Profitrate nicht auch aus andren Gründen vorübergehend fallen kann, aber es ist damit aus dem Wesen der kapitalistischen Produktionsweise als eine selbstverständliche Notwendigkeit bewiesen, daß in ihrem Fortschritt die allgemeine Durchschnittsrate des Mehrwerts sich in einer fallenden allgemeinen Profitrate ausdrücken muß. Da die Masse der angewandten lebendigen Arbeit stets abnimmt im Verhältnis zu der Masse der von ihr in Bewegung gesetzten vergegenständlichten Arbeit, der produktiv konsumierten Produktionsmittel, so muß auch der Teil dieser lebendigen Arbeit, der unbezahlt ist und sich in Mehrwert vergegenständlicht, in einem stets abnehmenden Verhältnis stehn zum Wertumfang des angewandten Gesamtkapitals. Dies Verhältnis der Mehrwertsmasse zum Wert des angewandten Gesamtkapitals bildet aber die Profitrate, die daher beständig fallen muß.“| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.221ff.])}}<br />
<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Erzeugung relativen Mehrwerts drängt dazu möglichst viel Arbeit in Mehrwert zu verwandeln und gleichzeitig die Masse der lebendigen Arbeit im Verhältnis zum vorgeschoßenen Gesamtkapital zu verringern. Diese Veränderung der organischen Zusammensetzung des Gesamtkapitals verdeutlicht sich somit in einem Fall der Profitrate.<br />
<br />
{{Zitat |Sonst ist es bereits nachgewiesen - und bildet das eigentliche Geheimnis des tendenziellen Falls der Profitrate - , daß die Prozeduren zur Erzeugung von relativem Mehrwert im ganzen und großen darauf hinauslaufen: einerseits von einer gegebnen Masse Arbeit möglichst viel in Mehrwert zu verwandeln, andrerseits im Verhältnis zum vorgeschoßnen Kapital möglichst wenig Arbeit überhaupt anzuwenden; so daß dieselben Gründe, welche erlauben, den Exploitationsgrad der Arbeit zu erhöhen, es verbieten, mit demselben Gesamtkapital ebensoviel Arbeit wie früher zu exploitieren. Dies sind die widerstreitenden Tendenzen, die, während sie auf eine Steigerung in der Rate des Mehrwerts, gleichzeitig auf einen Fall der von einem gegebnen Kapital erzeugten Masse des Mehrwerts und daher der Rate des Profits hinwirken.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.243])}}<br />
<br />
==Sozialistische Revolution==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Revolution, Enteignung<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die Expropriation der Expropriateure wird durch die Volksmassen stattfinden. <br />
<br />
{{Zitat |Die Verwandlung des auf eigner Arbeit der Individuen beruhenden, zersplitterten Privateigentums in kapitalistisches ist natürlich ein Prozeß, ungleich mehr langwierig, hart und schwierig als die Verwandlung des tatsächlich bereits auf gesellschaftlichem Produktionsbetrieb beruhenden kapitalistischen Eigentums in gesellschaftliches. Dort handelte es sich um die Expropriation der Volksmasse durch wenige Usurpatoren, hier handelt es sich um die Expropriation weniger Usurpatoren durch die Volksmasse.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.791)}}<br />
<br />
==Produktionsmittel und Konsumtionsmittel==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Einfache Reproduktion, Produktionsmittel, Konsumtionsmittel<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Das Gesamtprodukt der Gesellschaft zerfällt in zwei Abteilungen. I. Produktionsmittel, II. Konsumtionsmittel.<br/>Weiter in c und v. <br />
<br />
{{Zitat |Die zwei Abteilungen der gesellschaftlichen Produktion<br/>Das Gesamtprodukt, also auch die Gesamtproduktion, der Gesellschaft zerfällt in zwei große Abteilungen:<br/>I. Produktionsmittel, Waren, welche eine Form besitzen, worin sie in die produktive Konsumtion eingehn müssen oder wenigstens eingehn können.<br/>II. Konsumtionsmittel, Waren, welche eine Form besitzen, worin sie in die individuelle Konsumtion der Kapitalisten- und Arbeiterklasse eingehn. In jeder dieser Abteilungen bilden sämtliche verschiedne ihr angehörige Produktionszweige einen einzigen großen Produktionszweig, die einen den der Produktionsmittel, die andern den der Konsumtionsmittel. Das in jedem der beiden Produktionszweige angewandte gesamte Kapital bildet eine besondre große Abteilung des gesellschaftlichen Kapitals.| (Marx, Kapital 2.Band, MEW Band 24, S.394)}}<br />
<br />
==Zyklische Bewegung des Industriekapitals==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Industriekapital, Zyklische Bewegung des Kapitals, Geldkapital, Warenkapital, Stagnation, Schatzbildung, Mehrwertschöpfung, Zirkulation, Reproduktion, Monopolisierung<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Das Industriekapital nimmt drei Formen an: Produktives Kapital, Warenkapital und Geldkapital. Sie sind keine eigenständigen Kapitalsorten, sondern Funktionsformen des Industriekapitals. Der Kreislauf des Kapitals kann stocken. Wenn G-W stockt, erstarrt das Geldkapital. Wenn er in der Produktionsphase stockt, liegen die Produktionsmittel brach, Arbeiter bleiben unbeschäftigt. Wenn der Kreislauf an der Stelle W‘-G‘ stockt, bleiben unverkäufliche Waren liegen und versperren den Zirkulationsfluss.<br />
<br />
{{Zitat |Die beiden Formen, die der Kapitalwert innerhalb seiner Zirkulationsstadien annimmt, sind die von Geldkapital und Warenkapital; seine dem Produktionsstadium angehörige Form ist die von produktivem Kapital. Das Kapital, welches im Verlauf seines Gesamtkreislaufs diese Formen annimmt und wieder abstreift und in jeder die ihr entsprechende Funktion vollzieht, ist industrielles Kapital - industriell hier in dem Sinn, daß es jeden kapitalistisch betriebnen Produktionszweig umfaßt. Geldkapital, Warenkapital, produktives Kapital bezeichnen hier also nicht selbständige Kapitalsorten, deren Funktionen den Inhalt gleichfalls selbständiger und voneinander getrennter Geschäftszweige bilden. Sie bezeichnen hier nur besondre Funktionsformen des industriellen Kapitals, das sie alle drei nacheinander annimmt.<br/> Der Kreislauf des Kapitals geht nur normal vonstatten, solange seine verschiednen Phasen ohne Stockung ineinander übergehn. Stockt das Kapital in der ersten Phase G - W , so erstarrt das Geldkapital zum Schatz; wenn in der Produktionsphase, so liegen die Produktionsmittel funktionslos auf der einen Seite, während die Arbeitskraft auf der andern unbeschäftigt bleibt; wenn in der letzten Phase W ' - G ' , so versperren unverkäuflich aufgehäufte Waren den Zirkulationsfluß.| (Marx, Kapital 2.Band, MEW Band 24, S.56)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Industrielles Kapital ist die einzige Daseinsweise des Kapitals, die Mehrwert schöpft und den kap. Charakter der Produktion bedingt.<br/>Technik und gesellschaftliche Organisation des Arbeitsprozesses werden durch industrielles Kapital umgewälzt.<br/> Alle anderen Arten von Kapital werden ihm untergeordnet und entsprechend seines Mechanismus verändert, bewegen sich nur auf seiner Grundlage – stehen und fallen mit ihr.<br/> Waren- und Geldkapital sind auch wenn sie als eigene Geschäftszweige auftreten, nur Funktionsweisen des industriellen Kapitals.<br />
<br />
{{Zitat |Das industrielle Kapital ist die einzige Daseinsweise des Kapitals, worin nicht nur Aneignung von Mehrwert, resp. Mehrprodukt, sondern zugleich dessen Schöpfung Funktion des Kapitals ist. Es bedingt daher den kapitalistischen Charakter der Produktion; sein Dasein schließt das des Klassengegensatzes von Kapitalisten und Lohnarbeitern ein.<br/> Im Maß wie es sich der gesellschaftlichen Produktion bemächtigt, werden Technik und gesellschaftliche Organisation des Arbeitsprozesses umgewälzt, und damit der ökonomisch-geschichtliche Typus der Gesellschaft.<br/> Die andern Arten von Kapital, die vor ihm inmitten vergangner oder untergehender gesellschaftlicher Produktionszustände erschienen, werden ihm nicht nur untergeordnet und im Mechanismus ihrer Funktionen ihm entsprechend verändert, sondern bewegen sich nur noch auf seiner Grundlage, leben und sterben, stehen und fallen daher mit dieser ihrer Grundlage.<br/>Geldkapital und Warenkapital, soweit sie mit ihren Funktionen als Träger eigner Geschäftszweige neben dem industriellen Kapital auftreten, sind nur noch durch die gesellschaftliche Teilung der Arbeit verselbständigte und einseitig ausgebildete Existenzweisen der verschiednen Funktionsformen, die das industrielle Kapital innerhalb der Zirkulationssphäre bald annimmt, bald abstreift.| (Marx, Kapital 2.Band, MEW Band 24, S.61)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Gesamtproduktionsprozess des Kapitals heißt: Reproduktionsprozess sowie Kreislauf aller Elemente.<br/> Alle Teile durchlaufen Kreisläufe. Alle drei Formen sind beständig vorhanden durch den Kreislauf des Gesamtkapitals durch diese drei Phasen: Waren-, Geld-, produktives Kapital.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist eine notwendige Bedingung für den Gesamtproduktionsprozeß, besonders für das gesellschaftliche Kapital, daß er zugleich Reproduktionsprozeß, und daher Kreislauf jedes seiner Momente ist. Verschiedne Bruchteile des Kapitals durchlaufen sukzessiv die verschiednen Stadien und Funktionsformen.<br/>Jede Funktionsform, obgleich sich stets ein andrer Teil des Kapitals darin darstellt, durchläuft dadurch gleichzeitig mit den andren ihren eignen Kreislauf. Ein Teil des Kapitals, aber ein stets wechselnder, stets reproduziert, existiert als Warenkapital, das sich in Geld verwandelt; ein andrer als Geldkapital, das sich in produktives verwandelt; ein dritter als produktives Kapital, das sich in Warenkapital verwandelt. Das beständige Vorhandensein aller drei Formen ist vermittelt durch den Kreislauf des Gesamtkapitals durch eben diese drei Phasen.| (Marx, Kapital 2.Band, MEW Band 24, S.108)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Je größer die Störungen sind, desto mehr Geldkapital muss der industrielle Kapitalist besitzen, um Ausgleichungen abwarten zu können.<br/>Durch Wachstum des vorzuschießenden Kapitals werden industrielle Kapitalisten mehr und mehr in ein Monopol großer Geldkapitalisten verwandelt.<br />
<br />
{{Zitat |Ganz normal verläuft der Prozeß nur, wenn die Wertverhältnisse konstant bleiben; er verläuft faktisch, solange sich Störungen in der Wiederholung des Kreislaufs ausgleichen; je größer die Störungen, um so größres Geldkapital muß der industrielle Kapitalist besitzen, um die Ausgleichung abwarten zu können; und da im Fortgang der kapitalistischen Produktion sich die Stufenleiter jedes individuellen Produktionsprozesses, und mit ihm die Minimalgröße des vorzuschießenden Kapitals erweitert, so kommt jener Umstand zu den andren, die die Funktion des industrieller Kapitalisten mehr und mehr in ein Monopol großer Geldkapitalisten, vereinzelter der assoziierter, verwandeln.| (Marx, Kapital 2.Band, MEW Band 24, S.111)}}<br />
<br />
==Möglichkeiten einer Wirtschaftskrise==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Krise, Zirkulation, Geld als Zirkulationsmittel, Marktanteil, Metamorphose des Kapitals, Weltmarkt, Überproduktion, Industrieproduktion<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
In der Zirkulation sind Kauf und Verkauf zeitlich und räumlich voneinander getrennt, sie sind scheinbar selbständig. Da sie aber wesentliche Momente eines Ganzen sind, muss ein Moment eintreten, in dem diese Selbständigkeit gebrochen wird und die innere Einheit wieder hergestellt wird.<br />
Dieses Auseinanderfallen des Austauschs mit Geld als Zirkulationsmittel beinhaltet die Möglichkeit für den Keim einer Krise.<br />
<br />
{{Zitat |Insofern Kauf und Verkauf, die beiden wesentlichen Momente der Zirkulation, gleichgültig gegeneinander sind, in Raum und Zeit getrennt, brauchen sie keineswegs zusammenzufallen. Ihre Gleichgültigkeit kann zur Befestigung und scheinbaren Selbständigkeit des einen gegen das andere fortgehen. (So dass einer nur kauft, ohne zu verkaufen – Warenhortung –, oder dass einer nur verkauft, ohne zu kaufen – Geldhortung, Schatzbildung.) Indem Kauf und Verkauf aber beide wesentlich Momente eines Ganzen bilden (der Warenproduzent verkauft seine Ware, um mit dem Geld andere Ware zu kaufen, die seine Bedürfnisse befriedigt), muss ein Moment eintreten, wo die selbständige Gestalt gewaltsam gebrochen und die innere Einheit äußerlich durch eine gewaltsame Explosion hergestellt wird. So liegt schon in der Bestimmung des Geldes als Mittler, in dem Auseinanderfallen des Austauschs in zwei Akte, der Keim der Krisen, wenigstens ihrer Möglichkeit, die nicht realisiert werden kann, als die, wo die Grundbedingungen der klassisch ausgebildeten, ihrem Begriff entsprechenden Zirkulation vorhanden sind.| (Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie. Fotomechanischer Nachdruck der beiden Teile des im Verlag für fremdsprachige Literatur, Moskau, 1939 und 1941 erschienen Ausgaben, EVA Frankfurt/M, S. 112f)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Ziel des Kapitalisten ist, so viel Platz auf dem Markt einzunehmen, wie es sein verfügbares Kapital zulässt, indem er sich einen größeren Anteil des Marktes aneignet oder den Markt selbst erweitert.<br />
<br />
{{Zitat |Was aber den einzelnen Kapitalisten betrifft, so misst er den Umfang seiner Produktion durch den seines verfügbaren Kapitals, soweit er es noch selbst überwachen kann. Was er im Auge hat, ist, so viel Platz wie möglich auf dem Markt einzunehmen. Wird überproduziert, so schiebt er die Schuld nicht sich, sondern seinen Konkurrenten zu. Der einzelne Kapitalist kann seine Produktion ausdehnen, ebenso wohl indem er einen größeren Anteil des gegebenen Markts sich aneignet, als auch indem er den Markt selbst erweitert.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.685)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Geld fungiert als Zirkulationsmittel als Maß der Werte und Realisierung des Werts. Diese Momente, Kauf und Verkauf, fallen auseinander: Der Wert der Ware kann sich verändern oder in einem bestimmten Zeitraum nicht verkauft werden. Alle davon abhängigen Transaktionen, eine Reihe von Zahlungen, können nicht erfüllt werden: Möglichkeit der Krise.<br />
<br />
Auseinanderfallen von Kauf und Verkauf sind aber nie Ursache der Krise. Diese ist aus den allgemeinen Bedingungen der kapitalistischen Produktion zu entwickeln.<br />
<br />
{{Zitat |1. Die allgemeine Möglichkeit der Krisen ist in dem Prozess der Metamorphose des Kapitals [Geldkapital – Warenkapital – Geldkapital] selbst gegeben und zwar doppelt, soweit das Geld als Zirkulationsmittel fungiert – Auseinanderfallen von Kauf und Verkauf. Soweit es als Zahlungsmittel fungiert, wo es in zwei verschiedenen Momenten wirkt, als Maß der Werte und als Realisierung des Werts. Diese beiden Momente fallen auseinander. Hat der Wert sich geändert in dem Intervalle, ist die Ware im Moment ihres Verkaufs nicht wert, was sie wert war im Moment, wo das Geld das Maß der Ware war, […] dann kann aus dem Erlös der Ware die Obligation nicht erfüllt werden und daher die ganze Reihe der Transaktionen nicht saldiert werden, die rückgängig von dieser einen abhängen.<br/>Kann die Ware auch nur in einem bestimmten Zeitraum nicht verkauft werden, selbst wenn ihr Wert nicht sich änderte, so kann das Geld nicht als Zahlungsmittel funktionieren, da es in bestimmter, vorausgesetzter Frist als solches funktionieren muss. Da dieselbe Geldsumme aber hier für eine Reihe von wechselseitigen Transaktionen und Obligationen funktioniert, tritt hier Zahlungsunfähigkeit nicht nur in einem, sondern vielen Punkten ein, daher Krise.<br/>Aber im letzteren Fall ist die Krise nicht nur da, weil Ware unverkäuflich ist, sondern weil sie nicht in bestimmtem Zeitraum verkäuflich ist, und die Krise entsteht und leitet ihren Charakter her nicht nur von der Unverkäuflichkeit der Ware, sondern von der Nichtrealisierung einer ganzen Reihe von Zahlungen, die auf dem Verkauf dieser bestimmten Ware in dieser bestimmten Frist beruhen. Dies ist die eigentliche Form der Geldkrisen.<br/>Tritt also Krise ein, weil Kauf und Verkauf auseinander fallen, so entwickelt sie sich als Geldkrise, sobald das Geld als Zahlungsmittel [in Kreditverhältnissen] entwickelt ist, und diese zweite Form der Krisen versteht sich dann von selbst, sobald die erste eintritt. […]<br/>2. Soweit Krisen aus Preisveränderungen und Preisrevolutionen hervorgehen, die mit den Wertveränderungen der Waren nicht zusammenfallen, können sie natürlich nicht entwickelt werden bei Betrachtung des Kapitals im Allgemeinen, wo bei den Werten der Waren identische Preise vorausgesetzt werden.<br/>3. Die allgemeine Möglichkeit der Krisen ist die formelle Metamorphose des Kapitals selbst, das zeitliche und räumliche Auseinanderfallen von Kauf und Verkauf. Aber dies ist nie die Ursache der Krise. […] Fragt man nach ihrer Ursache, so will man eben wissen, warum […] sie aus der Möglichkeit zur Wirklichkeit wird.<br/>4. Die allgemeinen Bedingungen der Krisen, soweit sie unabhängig von Preisschwankungen sind (ob diese nun mit dem Kreditwesen zusammenhängen oder nicht) – als verschieden von Wertschwankungen – müssen aus den allgemeinen Bedingungen der kapitalistischen Produktion zu entwickeln sein.| (Marx, Theorien über den Mehrwert, Band II, MEW 26.2, S. 514ff)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Ausdehnbarkeit des Fabrikwesens und Abhängigkeit vom Weltmarkt führen zu Überfüllung der Märkte, mit deren Kontraktion Lähmung eintritt. Das Leben der Industrie verwandelt sich in Reihenfolge von Perioden mittlerer Lebendigkeit, Prosperität, Überproduktion, Krise und Stagnation.<br />
<br />
{{Zitat |Die ungeheure, stoßweise Ausdehnbarkeit des Fabrikwesens und seine Abhängigkeit vom Weltmarkt erzeugen notwendig fieberhafte Produktion und darauf folgende Überfüllung der Märkte, mit deren Kontraktion Lähmung eintritt. Das Leben der Industrie verwandelt sich in eine Reihenfolge von Perioden mittlerer Lebendigkeit, Prosperität, Überproduktion, Krise und Stagnation.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.476)}}<br />
<br />
==Der Krisenzyklus==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Krisenzyklus, Überproduktion, Entlassung, Krise, Preisentwertung, Kreditsystem, Kapitalvernichtung, Poduktivkraftvernichtung, Eroberung neuer Märkte<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Bei einem Zuviel des Angebotes fallen die Preise unter die Werte, manche Waren bleiben unverkäuflich, die Investitionstätigkeit geht zurück, was die Situation verschärft, Betriebe nehmen Entlassungen vor, andere Betriebe gehen pleite. Kapital und Produktionsmittel werden vernichtet. Das Angebot sinkt so weit, dass es unter der gesellschaftlichen Nachfrage liegt, die Preise steigen wieder, die Investitionstätigkeit wird angekurbelt, die kapitalistische Wirtschaft kommt aus dem Tal, ein „Aufschwung“ entsteht. Alle wollen teilhaben, die Investitionstätigkeit wird rege, die „Konjunktur überhitzt“, die Märkte füllen sich, schließlich staut es sich, die Investitionstätigkeit wird heruntergefahren, die Preise fallen unter die Werte, die nächste Krise beginnt – und so weiter und so fort als ein Perpetuum Mobile des kapitalistischen Krisenzyklus.<br />
<br />
{{Zitat |In der Tat, seit 1825, wo die erste allgemeine Krise ausbrach, geht die ganze industrielle und kommerzielle Welt, die Produktion und der Austausch sämtlicher zivilisierter Völker und ihrer mehr oder weniger barbarischen Anhängsel so ziemlich alle zehn Jahre einmal aus den Fugen. Der Verkehr stockt, die Märkte sind überfüllt, die Produkte liegen da, ebenso massenhaft wie unabsetzbar, das bare Geld wird unsichtbar, der Kredit verschwindet, die Fabriken stehen still, die arbeitenden Massen ermangeln der Lebensmittel, weil sie zu viel Lebensmittel produziert haben. Bankrott folgt auf Bankrott, Zwangsverkauf auf Zwangsverkauf. Jahrelang dauert die Stockung, Produktivkräfte wie Produkte werden massenhaft vergeudet und zerstört, bis die aufgehäuften Warenmassen unter größerer oder geringerer Entwertung endlich abfließen, bis Produktion und Austausch allmählich wieder in Gang kommen.<br/>Nach und nach beschleunigt sich die Gangart, fällt in Trab, der industrielle Trab geht über in Galopp, und dieser steigert sich wieder bis zum zügellosen Tempo eines vollständigen industriellen, kommerziellen, kreditlichen und spekulativen Hindernisrennens, um endlich nach den halsbrechendsten Sprüngen wieder anzulangen – im Graben des Krachs. Und so immer von neuem.| (Friedrich Engels, Anti-Dühring, MEW 20, S. 257)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Krisen sind nur kurzfristige Lösungen der vorhandenen Widersprüche, die das gestörte Gleichgewicht für einen Moment wiederherstellen.<br />
<br />
{{Zitat |Die Krisen sind immer nur momentane gewaltsame Lösungen der vorhandnen Widersprüche, gewaltsame Eruptionen, die das gestörte Gleichgewicht für den Augenblick wiederherstellen.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.259)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Ein Teil der Waren kann seinen Zirkulations- und Reproduktionsprozess nur durch Kontraktion seiner Preise vollziehen, also durch Entwertung des Kapitals.<br />
Elemente des fixen Kapitals (Arbeitsmittel, Gebäude, Maschinen) werden entwertet. Durch Preisverfall gerät Reproduktionsprozess ins Stocken.<br />
Dadurch wird Funktion des Geldes als Zahlungsmittel paralysiert.<br />
Kette der Zahlungsobligationen wird unterbrochen. Kreditsystem kann zusammenbrechen, verschärft die Krise.<br />
<br />
{{Zitat |Ein Teil der auf dem Markt befindlichen Waren kann seinen Zirkulations- und Reproduktionsprozess [Verkauf und Kauf] nur vollziehen durch ungeheure Kontraktion seiner Preise, also durch Entwertung des Kapitals, das er darstellt. Ebenso werden die Elemente des fixen Kapitals [Arbeitsmittel wie Gebäude und Maschinerie] mehr oder minder entwertet. Es kommt hinzu, dass bestimmte, vorausgesetzte Preisverhältnisse den Reproduktionsprozess bedingen, dieser daher durch den allgemeinen Preisfall in Stockung und Verwirrung gerät. Diese Störung und Stockung paralysiert die […] auf jenen vorausgesetzten Preisverhältnissen beruhende Funktion des Geldes als Zahlungsmittel [von Krediten], unterbricht an hundert Stellen die Kette der Zahlungsobligationen an bestimmten Terminen und wird noch verschärft durch das damit gegebene Zusammenbrechen des […] Kreditsystems und führt so zu heftigen akuten Krisen, […].| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.264)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
In Krisen gibt es Kapitalvernichtung und Vernichtung von Produktionsmitteln aufgrund der Überproduktion. Die Auswege für die Bourgeoisie sind Vernichtung, Eroberung neuer Märkte und gründlichere Ausbeutung alter Märkte – was wiederum größere Krisen vorbereitet.<br />
<br />
{{Zitat |Produkte, sondern sogar der bereits geschaffenen Produktivkräfte regelmäßig vernichtet. In den Krisen bricht eine gesellschaftliche Epidemie aus, welche allen früheren Epochen als ein Widersinn erschienen wäre – die Epidemie der Überproduktion. Die Gesellschaft findet sich plötzlich in einen Zustand momentaner Barbarei zurückversetzt; eine Hungersnot, ein allgemeiner Vernichtungskrieg scheinen ihr alle Lebensmittel abgeschnitten zu haben; die Industrie, der Handel scheinen vernichtet, und warum? Weil sie zu viel Zivilisation, zu viel Lebensmittel, zu viel Industrie, zu viel Handel besitzt. […]<br/>Die bürgerlichen Verhältnisse sind zu eng geworden, um den von ihnen erzeugten Reichtum zu fassen. – Wodurch überwindet die Bourgeoisie Krisen? Einerseits durch die erzwungene Vernichtung einer Masse von Produktivkräften; andererseits durch die Eroberung neuer Märkte und die gründlichere Ausbeutung der alten Märkte. Wodurch also? Dadurch, dass sie allseitigere und gewaltigere Krisen vorbereitet und die Mittel, den Krisen vorzubeugen, vermindert.| (Marx, Kommunistisches Manifest, MEW 4, S. 468)}}<br />
<br />
==Kredit, fiktives Kapital==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Geldkapital, Zentralisation, Zinsprofit, Reservefonds, Industrielles Kapital, Händlerkapital, Banksystem, Geldmacht<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Das verleihbare Geldkapital konzentriert sich in den Händen des Bankiers. Sie werden die allgemeinen Verwalter des Geldkapitals gegenüber den industriellen und kommerziellen Kapitalisten. Eine Bank ist die Zentralisation des Geldkapitals. Ihr Profit besteht in höheren Zinsen.<br />
<br />
{{Zitat |Allgemein ausgedrückt besteht das Bankiergeschäft nach dieser Seite darin, das verleihbare Geldkapital in seiner Hand zu großen Massen zu konzentrieren, so daß statt des einzelnen Geldverleihers die Bankiers als Repräsentanten aller Geldverleiher den industriellen und kommerziellen Kapitalisten gegenübertreten. Sie werden die allgemeinen Verwalter des Geldkapitals. Andrerseits konzentrieren sie, allen Verleihern gegenüber, die Borger, indem sie für die ganze Handelswelt borgen. Eine Bank stellt auf der einen Seite die Zentralisation des Geldkapitals, der Verleiher, auf der andern die Zentralisation der Borger dar. Ihr Profit besteht im allgemeinen darin, daß sie zu niedrigem Zinsen borgt, als sie ausleiht.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.416)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Das Geld fließt den Bankiers aus Reservefonds der Händler und Industriellen zu.<br />
<br />
{{Zitat |Das verleihbare Kapital, worüber die Banken verfügen, fließt ihnen in mehrfacher Weise zu. Zunächst konzentriert sich in ihrer Hand, da sie Kassierer der industriellen Kapitalisten sind, das Geldkapital, das jeder Produzent und Kaufmann als Reservefonds hält, oder das ihm als Zahlung zufließt. Diese Fonds verwandeln sich so in verleihbares Geldkapital.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.416)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Banken sammeln alles unbeschäftigte Geld und auch die kleinen Geldsummen aus allen Klassen und bilden so eine Geldmacht. Dies ist eine besondere Wirkung des Banksystems, die von der Mittlertätigkeit zwischen Geldkapitalisten und Borgern unterschieden werden muss.<br />
<br />
{{Zitat |Mit der Entwicklung des Banksystems und namentlich, sobald sie Zins für Depositen zahlen, werden ferner die Geldersparnisse und das augenblicklich unbeschäftigte Geld aller Klassen bei ihnen deponiert. Kleine Summen, jede für sich unfähig, als Geldkapital zu wirken, werden zu großen Massen vereinigt und bilden so eine Geldmacht. Diese Ansammlung kleiner Beträge muß als besondre Wirkung des Banksystems unterschieden werden von seiner Mittlerschaft zwischen den eigentlichen Geldkapitalisten und den Borgern. Endlich werden auch die Revenuen, die nur allmählich verzehrt werden sollen, bei den Banken deponiert.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.416)}}<br />
<br />
==Die Rolle des Kredits in der kapitalistischen Produktion==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Warenzirkulation, Warenmetamorphose<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Durch den Kredit werden die Phasen der Zirkulation und der Metamorphose des Kapitals beschleunigt.<br />
<br />
{{Zitat |2. Beschleunigung, durch den Kredit, der einzelnen Phasen der Zirkulation oder der Warenmetamorphose, weiter der Metamorphose des Kapitals, und damit Beschleunigung des Reproduktionsprozesses überhaupt. (Andrerseits erlaubt der Kredit, die Akte des Kaufens und Verkaufens länger auseinanderzuhalten und dient daher der Spekulation als Basis.) Kontraktion der Reservefonds, was doppelt betrachtet werden kann: einerseits als Verminderung des zirkulierenden Mediums, andrerseits als Beschränkung des Teils des Kapitals, der stets in Geldform existieren muß.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.453)}}<br />
<br />
==Bildung von Aktiengesellschaften==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Aktiengesellschaften, Produktionserweiterung, Gesellschaftskapital, Kapitalverwaltung, Zinsprofit, Fallen der Profitrate, Schutzzollpolitik, Überproduktion, fallende Profitrate, Kartellbildung, Konkurrenz, Kapitalistische Produktionsweise, Monopolbildung, Staatseinmischung, Finanzaristokratie, aufhebender Widerspruch, Monopolbildung, Kredit, Kreditüberbau, Verfügung über fremdes Kapital, Expropriation, Aktienwesen, gesellschaftliches Produktionsmittel, Kreditwesen, Überproduktion, Überspekulation, Produktivkraftentwicklung, Weltmarkt, Krise, Bankkapital, Wertpapiere, Aktien<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Durch die Bildung von Aktiengesellschaften werden die Stufenleitern der Produktion ausgedehnt.<br/> Das Kapital erhält durch die Aktiengesellschaften die Form von Gesellschaftskapital.<br />
Das bedeutet die Aufhebung des Kapitals als Privateigentum innerhalb der Grenzen der kapitalistischen Produktionsweise selbst.<br/>Damit findet die Verwandlung des fungierenden Kapitalisten in einen bloßen Dirigenten statt, einen Verwalter fremden Kapitals und die Verwandlung der Kapitaleigentümer in bloße Eigentümer, bloße Geldkapitalisten.<br/>Profit wird in Form der Vergütung des Kapitaleigentums bezogen, das von der Funktion im Reproduktionsprozess getrennt wird.<br/>Die Person des Dirigenten wird vom Kapitaleigentum getrennt.<br />
<br />
{{Zitat |III. Bildung von Aktiengesellschaften. Hierdurch:<br/> 1. Ungeheure Ausdehnung der Stufenleiter der Produktion und Unternehmungen, die für Einzelkapitale unmöglich waren. Solche Unternehmungen zugleich, die früher Regierungsunternehmungen waren, werden gesellschaftliche.<br/>2. Das Kapital, das an sich auf gesellschaftlicher Produktionsweise beruht und eine gesellschaftliche Konzentration von Produktionsmitteln und Arbeitskräften voraussetzt, erhält hier direkt die Form von Gesellschaftskapital (Kapital direkt assoziierter Individuen) im Gegensatz zum Privatkapital, und seine Unternehmungen treten auf als Gesellschaftsunternehmungen im Gegensatz zu Privatunternehmungen. Es ist die Aufhebung des Kapitals als Privateigentum innerhalb der Grenzen der kapitalistischen Produktionsweise selbst.<br/>3. Verwandlung des wirklich fungierenden Kapitalisten in einen bloßen Dirigenten, Verwalter fremdes Kapitals, und der Kapitaleigentümer in bloße Eigentümer, bloße Geldkapitalisten. Selbst wenn die Dividenden, die sie beziehn, den Zins und Unternehmergewinn, d.h. den Totalprofit einschließen (denn das Gehalt des Dirigenten ist, oder soll sein, bloßer Arbeitslohn einer gewissen Art geschickter Arbeit, deren Preis im Arbeitsmarkt reguliert wird, wie der jeder andren Arbeit), so wird dieser Totalprofit nur noch bezogen in der Form des Zinses, d.h. als bloße Vergütung des Kapitaleigentums, das nun ganz so von der Funktion im wirklichen Reproduktionsprozeß getrennt wird, wie diese Funktion, in der Person des Dirigenten, vom Kapitaleigentum.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.453 )}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
In Aktiengesellschaften ist die Funktion getrennt vom Kapitaleigentum.<br/>Es ist das Resultat der höchsten Entwicklung der kapitalistischen Produktion, notwendiger Durchgangspunkt zur Rückverwandlung des Kapitals in Eigentum der Produzenten, aber nicht mehr als Privateigentum vereinzelter Produzenten, sondern als Eigentum ihrer als Gesellschaftseigentum.<br/>Verwandlung aller Funktionen im Reproduktionsprozess in bloße gesellschaftliche Funktionen.<br />
<br />
{{Zitat |In den Aktiengesellschaften ist die Funktion getrennt vom Kapitaleigentum, also auch die Arbeit gänzlich getrennt vom Eigentum an den Produktionsmitteln und an der Mehrarbeit. Es ist dies Resultat der höchsten Entwicklung der kapitalistischen Produktion ein notwendiger Durchgangspunkt zur Rückverwandlung des Kapitals in Eigentum der Produzenten, aber nicht mehr als das Privateigentum vereinzelter Produzenten, sondern als das Eigentum ihrer als assoziierter, als unmittelbares Gesellschaftseigentum. Es ist andrerseits Durchgangspunkt zur Verwandlung aller mit dem Kapitaleigentum bisher noch verknüpften Funktionen im Reproduktionsprozeß in bloße Funktionen der assoziierten Produzenten, in gesellschaftliche Funktionen.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.453)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Der Profit nimmt die Form des Zinses an. Unternehmungen sind möglich, wenn sie bloßen Zins abwerfen. Das ist einer der Gründe, die das Fallen der allgemeinen Profitrate aufhalten. Unternehmen mit ungeheurem Verhältnis von konstantem zu variablem Kapital gehen nicht notwendig in die Ausgleichung der allgemeinen Profitrate ein.<br />
<br />
{{Zitat |Da der Profit hier rein die Form des Zinses annimmt, sind solche Unternehmungen noch möglich, wenn sie bloßen Zins abwerfen, und es ist dies einer der Gründe, die das Fallen der allgemeinen Profitrate aufhalten, indem diese Unternehmungen, wo das konstante Kapital in so ungeheurem Verhältnis zum variablen steht, nicht notwendig in die Ausgleichung der allgemeinen Profitrate eingehn.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.453)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der raschen Steigerung der Produktion steht zunehmende Langsamkeit der Ausdehnung des Markts gegenüber.<br/>Die Folge ist allgemeine chronische Überproduktion, gedrückte Preise, fallende Profite.<br/>Die Freiheit der Konkurrenz ist am Ende des Lateins.<br/>Großindustrielle eines Zweigs schließen sich zu Kartell zusammen, teilweise zu internationalen Kartellen.<br />
Aber der Interessengegensatz der einzelnen Firmen durchbricht die Kartelle und stellet die Konkurrenz wieder her.<br />
<br />
{{Zitat |Der täglich wachsenden Raschheit, womit auf allen großindustriellen Gebieten heute die Produktion gesteigert werden kann, steht gegenüber die stets zunehmende Langsamkeit der Ausdehnung des Markts für diese vermehrten Produkte. Was jene in Monaten herstellt, kann dieser kaum in Jahren absorbieren. Dazu die Schutzzollpolitik, wodurch jedes Industrieland sich gegen die andern und namentlich gegen England abschließt und die heimische Produktionsfähigkeit noch künstlich steigert.<br/>Die Folgen sind allgemeine chronische Überproduktion, gedrückte Preise, fallende und sogar ganz wegfallende Profite; kurz, die alt gerühmte Freiheit der Konkurrenz ist am Ende ihres Lateins und muß ihren offenbaren skandalösen Bankrott selbst ansagen. Und zwar dadurch, daß in jedem Land die Großindustriellen eines bestimmten Zweigs sich zusammentun zu einem Kartell zur Regulierung der Produktion. Ein Ausschuß setzt das von jedem Etablissement zu produzierende Quantum fest und verteilt in letzter Instanz die einlaufenden Aufträge. In einzelnen Fällen kam es zeitweise sogar zu internationalen Kartellen, so zwischen der englischen und deutschen Eisenproduktion. Aber auch diese Form der Vergesellschaftung der Produktion genügte noch nicht. Der Interessengegensatz der einzelnen Geschäftsfirmen durchbrach sie nur zu oft und stellte die Konkurrenz wieder her.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.453f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Es ist ein sich selbst aufhebender Widerspruch, der den Übergangspunkt zu einer neuen Produktionsform darstellt. In gewissen Sphären wird das Monopol hergestellt und fordert die Staatseinmischung heraus.<br/>Es wird eine neue Finanzaristokratie, Parasiten in Gestalt von „Projektenmachern“ etc. gebildet. Es ist die Privatproduktion ohne die Kontrolle des Privateigentums.<br />
<br />
{{Zitat |So ist in diesem Zweig, der die Grundlage der ganzen chemischen Industrie bildet, in England die Konkurrenz durch das Monopol ersetzt und der künftigen Expropriation durch die Gesamtgesellschaft, die Nation, aufs erfreulichste vorgearbeitet.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.454)}}<br />
<br />
{{Zitat |Es ist dies die Aufhebung der kapitalistischen Produktionsweise innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise selbst, und daher ein sich selbst aufhebender Widerspruch, der prima facie als bloßer Übergangspunkt zu einer neuen Produktionsform sich darstellt. Als solcher Widerspruch stellt er sich dann auch in der Erscheinung dar. Er stellt in gewissen Sphären das Monopol her und fordert daher die Staatseinmischung heraus. Er reproduziert eine neue Finanzaristokratie, eine neue Sorte Parasiten in Gestalt von Projektenmachern, Gründern und bloß nominellen Direktoren; ein ganzes System des Schwindels und Betrugs mit Bezug auf Gründungen, Aktienausgabe und Aktienhandel. Es ist Privatproduktion ohne die Kontrolle des Privateigentums.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.454)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Der Kredit bietet dem einzelnen Kapitalisten absolute Verfügung über fremdes Kapital in gewissen Schranken, er ermöglicht die Verfügung über gesellschaftliches, nicht eigenes Kapital, und damit über fremde Arbeit.<br/>Das Kapital wird zur reinen Basis für den Kreditüberbau.<br />
<br />
{{Zitat |IV. Abgesehn von dem Aktienwesen – das eine Aufhebung der kapitalistischen Privatindustrie auf Grundlage des kapitalistischen Systems selbst ist, und in demselben Umfang, worin es sich ausdehnt und neue Produktionssphären ergreift, die Privatindustrie vernichtet – , bietet der Kredit dem einzelnen Kapitalisten, oder dem, der für einen Kapitalisten gilt, eine innerhalb gewisser Schranken absolute Verfügung über fremdes Kapital und fremdes Eigentum, und dadurch über fremde Arbeit.87 Verfügung über gesellschaftliches, nicht eignes Kapital, gibt ihm Verfügung über gesellschaftliche Arbeit. Das Kapital selbst, das man wirklich oder in der Meinung des Publikums besitzt, wird nur noch die Basis zum Kreditüberbau.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.455)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Die Expropriation (auch der kleineren und mittleren Kapitalisten) ist der Ausgangspunkt der kapitalistischen Produktionsweise. Ihre Durchführung ist ihr Ziel. In letzter Instanz ist das die Expropriation aller einzelnen von den Produktionsmitteln, die mit der Entwicklung der gesellschaftlichen Produktion aufhören, Produktionsmittel der Privatproduktion zu sein. Sie können nur noch Produktionsmittel in der Hand der assoziierten Produzenten sein, daher ihr gesellschaftliches Eigentum, ebenso wie ihr gesellschaftliches Produkt.<br />
<br />
{{Zitat |Die Expropriation erstreckt sich hier von den unmittelbaren Produzenten auf die kleineren und mittleren Kapitalisten selbst. Diese Expropriation ist der Ausgangspunkt der kapitalistischen Produktionsweise; ihre Durchführung ist ihr Ziel, und zwar in letzter Instanz die Expropriation aller einzelnen von den Produktionsmitteln, die mit der Entwicklung der gesellschaftlichen Produktion aufhören, Mittel der Privatproduktion und Produkte der Privatproduktion zu sein, und die nur noch Produktionsmittel in der Hand der assoziierten Produzenten, daher ihr gesellschaftliches Eigentum, sein können, wie sie ihr gesellschaftliches Produkt sind.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.455f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 8'''<br />
<br />
Im Aktienwesen existiert schon der Gegensatz gegen die alte Form, worin gesellschaftliches Produktionsmittel als individuelles Eigentum erscheint, aber Verwandlung bleibt in kapitalistischen Schranken befangen. Sie überwindet den Gegensatz zwischen dem Charakter des Reichtums als gesellschaftlicher und als Privateigentum nicht, sondern bildet ihn in neuer Gestalt aus.<br />
<br />
{{Zitat |Da das Eigentum hier in der Form der Aktie existiert, wird seine Bewegung und Übertragung reines Resultat des Börsenspiels, wo die kleinen Fische von den Haifischen und die Schafe von den Börsenwölfen verschlungen werden. In dem Aktienwesen existiert schon Gegensatz gegen die alte Form, worin gesellschaftliches Produktionsmittel als individuelles Eigentum erscheint; aber die Verwandlung in die Form der Aktie bleibt selbst noch befangen in den kapitalistischen Schranken; statt daher den Gegensatz zwischen dem Charakter des Reichtums als gesellschaftlicher und als Privatreichtum zu überwinden, bildet sie ihn nur in neuer Gestalt aus.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.456)}}<br />
<br />
'''Annahme 9'''<br />
<br />
Kreditwesen erscheint als Haupthebel der Überproduktion und Überspekulation im Handel, weil er den Reproduktionsprozess bis zur äußersten Grenze forciert.<br/>Großer Teil des gesellschaftlichen Kapitals wird von den Nichteigentümern angewandt, die nicht ängstlich ans Zeug gehen wie der Eigentümer seines Privatkapitals. Verwertung des Kapitals erlaubt freie Entfaltung nur bis zu einem gewissen Punkt, der durch das Kreditwesen durchbrochen wird. Das Kreditwesen beschleunigt die materielle Entwicklung der Produktivkräfte und die Herstellung des Weltmarkts, die als materielle Grundlagen der neuen Produktionsform bis auf einen gewissen Höhegrad herzustellen, die Aufgabe der kapitalistischen Produktionsweise ist.<br/>Der Kredit beschleunigt gleichzeitig die gewaltsamen Ausbrüche des Widerspruchs, die Krisen und damit die Elemente der Auflösung der alten Produktionsweise.<br />
<br />
{{Zitat |Wenn das Kreditwesen als Haupthebel der Überproduktion und Überspekulation im Handel erscheint, so nur, weil der Reproduktionsprozeß, der seiner Natur nach elastisch ist, hier bis zur äußersten Grenze forciert wird, und zwar deshalb forciert wird, weil ein großer Teil des gesellschaftlichen Kapitals von den Nichteigentümern desselben angewandt wird, die daher ganz anders ins Zeug gehn als der ängstlich die Schranken seines Privatkapitals erwägende Eigentümer, soweit er selbst fungiert. Es tritt damit nur hervor, daß die auf den gegensätzlichen Charakter der kapitalistischen Produktion gegründete Verwertung des Kapitals die wirkliche, freie Entwicklung nur bis zu einem gewissen Punkt erlaubt, also in der Tat eine immanente Fessel und Schranke der Produktion bildet, die beständig durch das Kreditwesen durchbrochen wird. Das Kreditwesen beschleunigt daher die materielle Entwicklung der Produktivkräfte und die Herstellung des Weltmarkts, die als materielle Grundlagen der neuen Produktionsform bis auf einen gewissen Höhegrad herzustellen, die historische Aufgabe der kapitalistischen Produktionsweise ist. Gleichzeitig beschleunigt der Kredit die gewaltsamen Ausbrüche dieses Widerspruchs, die Krisen, und damit die Elemente der Auflösung der alten Produktionsweise.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.457)}}<br />
<br />
==Bestandteile des Bankkapitals==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Bankkapital, Wertpapiere, Aktien, Zinstragendes Kapital, Geldrevenue, Fiktives Kapital, Zins, Eigentumstitel, Rechtstitel, Reservefonds der Banken, Bankierkapital<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Bankkapital besteht aus barem Geld, Gold oder Noten, sowie aus Wertpapieren.<br/>Diese teilen sich auf in Wechsel und öffentliche Wertpapiere (Staatspapiere, Schatzscheine, Aktien).<br />
<br />
{{Zitat |Das Bankkapital besteht 1. aus barem Geld, Gold oder Noten, 2. Wertpapieren. Diese können wir wieder in zwei Teile teilen: Handelspapiere, Wechsel, die schwebend sind, von Zeit zu Zeit verfallen und in deren Diskontierung das eigentliche Geschäft des Bankiers gemacht wird; und öffentliche Wertpapiere, wie Staatspapiere, Schatzscheine, Aktien aller Art, kurz zinstragende Papiere, die sich aber wesentlich von den Wechseln unterscheiden.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.481)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Form des zinstragenden Kapitals bringt es mit sich, dass jede regelmäßige Geldrevenue als Zins eines Kapitals erscheint – mag sie aus einem Kapital entspringen oder nicht.<br />
<br />
{{Zitat |Die Form des zinstragenden Kapitals bringt es mit sich, daß jede bestimmte und regelmäßige Geldrevenue als Zins eines Kapitals erscheint, sie mag aus einem Kapital entspringen oder nicht. Erst wird das Geldeinkommen in Zins verwandelt, und mit dem Zins findet sich dann auch das Kapital, woraus es entspringt. Ebenso erscheint mit dem zinstragenden Kapital jede Wertsumme als Kapital, sobald sie nicht als Revenue verausgabt wird; nämlich als Hauptsumme (principal) im Gegensatz zum möglichen oder wirklichen Zins, den sie tragen kann. Die Sache ist einfach: Gesetzt, der Durchschnittszinsfuß sei 5% jährlich. Eine Summe von 500 Pfd.St. würde also jährlich, wenn in zinstragendes Kapital verwandelt, 25 Pfd.St. einbringen. Jede feste jährliche Einnahme von 25 Pfd.St. wird daher als Zins eines Kapitals von 500 Pfd.St. betrachtet.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.482)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Bildung des fiktiven Kapitals nennt man kapitalisieren. Jede wiederholende Einnahme wird nach dem Durchschnittszins berechnet, als Ertrag, den ein Kapital zu diesem Zins ausgeliehen abwerfen würde.<br/>Aller Zusammenhang mit dem wirklichen Verwertungsprozess geht bis auf die letzte Spur verloren, die Vorstellung vom Kapital als einem sich durch sich selbst verwertenden Automaten befestigt sich.<br />
<br />
{{Zitat |Die Bildung des fiktiven Kapitals nennt man kapitalisieren. Man kapitalisiert jede regelmäßig sich wiederholende Einnahme, indem man sie nach dem Durchschnittszinsfuß berechnet, als Ertrag, den ein Kapital, zu diesem Zinsfuß ausgeliehen, abwerfen würde; z.B. wenn die jährliche Einnahme=100 Pfd. St. und der Zinsfuß=5%, so wären die 100 Pfd. St. der jährliche Zins von 2000 Pfd.St., und diese 2000 Pfd.St. gelten nun als der Kapitalwert des juristischen Eigentumstitels auf die 100 Pfd. St. jährlich. für den, der diesen Eigentumstitel kauft, stellen die 100 Pfd. St. jährliche Einnahme dann in der Tat die Verzinsung seines angelegten Kapitals zu 5 % vor. Aller Zusammenhang mit dem wirklichen Verwertungsprozeß des Kapitals geht so bis auf die letzte Spur verloren, und die Vorstellung vom Kapital als einem sich durch sich selbst verwertenden Automaten befestigt sich.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.484)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Die selbständige Bewegung des Werts dieser Eigentumstitel (man kann sie kaufen und verkaufen, PK) bestätigt den Schein, als bildeten sie wirkliches Kapital neben dem Kapital.<br />
<br />
{{Zitat |Die selbständige Bewegung des Werts dieser Eigentumstitel, nicht nur der Staatseffekten, sondern auch der Aktien, bestätigt den Schein, als bildeten sie wirkliches Kapital neben dem Kapital oder dem Anspruch, worauf sie möglicherweise Titel sind. Sie werden nämlich zu Waren, deren Preis eine eigentümliche Bewegung und Festsetzung hat. Ihr Marktwert erhält eine von ihrem Nominalwert verschiedne Bestimmung, ohne daß sich der Wert (wenn auch die Verwertung) des wirklichen Kapitals änderte.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.485)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Diese Papiere stellen nichts dar als akkumulierte Ansprüche, Rechtstitel auf künftige Produktion.<br />
<br />
{{Zitat |Alle diese Papiere stellen in der Tat nichts vor als akkumulierte Ansprüche Rechtstitel, auf künftige Produktion, deren Geld- oder Kapitalwert entweder gar kein Kapital repräsentiert, wie bei den Staatsschulden, oder von dem Wert des wirklichen Kapitals, das sie vorstellen, unabhängig reguliert wird.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.486)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Reservefonds der Banken drücken im Durchschnitt die Größe des als Schatz vorhandenen Gelds aus.<br />
Und ein Teil dieses Schatz besteht aus Anweisungen auf Gold, die aber keine Selbstwerte sind.<br />
Größter Teil des Bankierkapitals ist daher rein fiktiv und besteht aus Schuldforderungen, Staatspapieren und Aktien.<br />
<br />
{{Zitat |Die Reservefonds der Banken, in Ländern entwickelter kapitalistischer Produktion, drücken immer im Durchschnitt die Größe des als Schatz vorhandnen Geldes aus, und ein Teil dieses Schatzes besteht selbst wieder aus Papier, bloßen Anweisungen auf Gold, die aber keine Selbstwerte sind. Der größte Teil des Bankierkapitals ist daher rein fiktiv und besteht aus Schuldforderungen (Wechseln), Staatspapieren (die vergangnes Kapital repräsentieren) und Aktien (Anweisungen auf künftigen Ertrag).| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.487)}}<br />
<br />
==Geldkapital und wirkliches Kapital I==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Das Geldkapital ist Geld das zur Beschaffung von beispielsweise Produktionsmitteln angewandt wird. In der Volkswirtschaftslehre wird es als die Verfügungsmöglichkeit von Geld zur Beschaffung von Investitionsgütern verstanden.<br />
Dieses Geldkapital kann durch Kredite beschaffen werden, womit die Notwendigkeit eines starken Reservekapitals umgangen wird.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Akkumulation, Staatskapital, Leihkapital, Produktivkraftentwicklung, Ausdehnung der Märkte, Kredit, Spekulation, Bankierkredit, Reproduktionsprozess, Warenmetarmophose, industrielles Kapital, Stockung Expansion, Konsumtionsfähigkeit, Geldkredit, Reservekapital, Börse<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Anarchie der kapitalistischen Produktion führt immer zu wiederkehrenden Krisen. Da bei der Produktion Geldkapital gebraucht wird um beispielsweise die Bestandteile des konstanten Kapitals zu ersetzen. Da Leihkapital dieses nötige Geldkapital darstellt nimmt der Kredit auch eine wichtige Rolle ein. Diese Entwicklung wurde auch im dritten Band des Kapitals von Marx schriftlich ausgearbeitet.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Akkumulation von Geldkapital und Geldvermögen hat sich aufgelöst in Akkumulation von Ansprüchen des Eigentums auf Arbeit.<br />
Akkumulation des Kapitals der Staatsschuld heißt die Vermehrung einer Klasse von Staatsgläubigern, die Steuern für sich vorwegzunehmen berechtigt sind.<br />
<br />
{{Zitat |Soweit wir die eigentümliche Form der Akkumulation des Geldkapitals und Geldvermögens überhaupt bis jetzt betrachtet haben, hat sie sich aufgelöst in Akkumulation von Ansprüchen des Eigentums auf die Arbeit. Die Akkumulation des Kapitals der Staatsschuld heißt, wie sich gezeigt hat, weiter nichts als Vermehrung einer Klasse von Staatsgläubigern, die gewisse Summen auf den Betrag der Steuern für sich vorwegzunehmen berechtigt sind.<br/>Sismondi-Fußnote:"Die Staatspapiere sind nichts anderes als das imaginäre Kapital, das der zur Bezahlung der Schulden bestimmte Teil des jährlichen Einkommens darstellt. Ein gleichgroßes Kapital ist vergeudet worden; dieses dient als Nenner für die Anleihe, aber es ist nicht das, was das Staatspapier darstellt; denn das Kapital existiert überhaupt nicht mehr. Mittlerweile müssen neue Reichtümer aus der Arbeit der Industrie entstehen; ein jährlicher Teil dieser Reichtümer wird im voraus denen angewiesen, die jene vergeudeten Reichtümer geliehen hatten; dieser Teil wird durch Steuern jenen abgenommen, die die Reichtümer hervorbringen, um an die Staatsgläubiger gegeben zu werden, und nach dem landesüblichen Verhältnis zwischen Kapital und Zins nimmt man ein imaginäres Kapital an, das ebenso groß ist wie das Kapital, woraus die jährliche Rente entstehen könnte, die die Gläubiger zu bekommen haben." (Sismondi, "Nouveaux Principes", II, p.229, 230.)| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.493f.])}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Die Staatsanleihen und Aktien sind so gesehen lediglich Anlagesphären für das verleihbare Kapital. Doch erfüllen diese Anlagesphären selbst nicht die Funktion von Leihkapital, und sind somit selbst kein Leihkapital.<br />
Dies liegt daran, dass der Industrielle oder Kaufmann nicht die Staatspapiere und Aktien benötigt, sondern Geld.<br />
<br />
{{Zitat |Um die vorliegende Frage auf engere Grenzen zurückzuführen: Staatseffekten wie Aktien und andere Wertpapiere aller Art sind Anlagesphären für verleihbares Kapital, für Kapital, das bestimmt ist, zinstragend zu werden. Sie sind Formen, es auszuleihen. Aber sie sind nicht selbst das Leihkapital, das in ihnen angelegt wird. Andrerseits, soweit der Kredit direkte Rolle im Reproduktionsprozeß spielt: Was der Industrielle oder Kaufmann braucht, wenn er Wechsel diskontiert haben oder eine Anleihe aufnehmen will, sind weder Aktien noch Staatspapiere. Was er braucht, ist Geld. Er versetzt oder verkauft also jene Wertpapiere, wenn er das Geld sich anders nicht beschaffen kann.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.495])}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Durch die voranschreitende Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit werden die Märkte ausgedehnt und somit auch an ferne Orte verlegt. Aus diesem Grund, und da sich die Wechsel länger vollziehen, müssen sich auch die Kredite verlängern. Das spekulative Element in Transaktionen nimmt daher zu.<br/><br />
Die Entwicklung des Produktionsprozesses erweitert so den Kredit, der wiederum zur Ausdehnung der industriellen und merkantilen, resp. kaufmännischen, Operationen führt. Es findet hier somit Wechselwirkung statt.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist aber klar, daß mit der Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit, und daher der Produktion auf großer Stufenleiter, 1. die Märkte sich ausdehnen und vom Produktionsort sich entfernen, 2. daher die Kredite sich verlängern müssen, und also 3. das spekulative Element mehr und mehr die Transaktionen beherrschen muß. Die Produktion auf großer Stufenleiter und für entfernte Märkte wirft das Gesamtprodukt in die Hand des Handels; es ist aber unmöglich, daß sich das Kapital der Nation verdopple, so daß der Handel für sich fähig wäre, mit eignem Kapital das gesamte nationale Produkt aufzukaufen und wieder zu verkaufen. Kredit ist hier also unerläßlich; Kredit, dem Umfang nach wachsend mit dem wachsenden Wertumfang der Produktion, und der Zeitdauer nach mit der zunehmenden Entfernung der Märkte. Es findet hier Wechselwirkung statt. Die Entwicklung des Produktionsprozesses erweitert den Kredit, und der Kredit führt zur Ausdehnung der industriellen und merkantilen Operationen.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.498])}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der vom Bankierkredit getrennte Kredit wächst mit dem Umfang des industriellen Kapitals. Diese geliehenen Kapitale sind Warenkapitale und somit Kapital, dass sich in einer bestimmten Phase des Reproduktionsprozesses befindet.<br />
<br />
{{Zitat |Betrachten wir diesen Kredit, getrennt vom Bankierkredit, so ist klar, daß er wächst mit dem Umfang des industriellen Kapitals selbst. Leihkapital und industrielles Kapital sind hier identisch; die geliehenen Kapitale sind Warenkapitale, bestimmt entweder für schließliche individuelle Konsumtion oder zum Ersatz der konstanten Elemente von produktivem Kapital. Was hier also als geliehenes Kapital erscheint, ist immer Kapital, das sich in einer bestimmten Phase des Reproduktionsprozesses befindet, aber durch Kauf und Verkauf aus einer Hand in die andre übergeht, während das Äquivalent dafür [von] dem Käufer erst später zu bedungner Frist gezahlt wird.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.498])}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Viel Kredit innerhalb des reproduktiven Kreislaufs bedeutet eine große Beschäftigung von Kapital im Reproduktionsprozess, wenn die Metamorphose der Ware durch den Kredit vermittelt wird. Der Kredit vermittelt den Übergang des industriellen Kapitals in eine andere Phase.<br />
Der Kredit ist somit nicht unbeschäftigtes Kapital, sondern Beschäftigung von Kapital im Reproduktionsprozess.<br />
<br />
{{Zitat |Was demnach hier verliehen wird, ist nie unbeschäftigtes Kapital, sondern Kapital, das in der Hand seines Besitzers seine Form ändern muß, das in einer Form existiert, worin es für ihn bloßes Warenkapital ist, d.h. Kapital, das rückverwandelt, und zwar wenigstens zunächst in Geld umgesetzt werden muß. Es ist somit die Metamorphose der Ware, die hier durch den Kredit vermittelt wird; nicht nur W – G, sondern auch G – W und der wirkliche Produktionsprozeß. Viel Kredit innerhalb des reproduktiven Kreislaufs – abgesehn vom Bankierkredit – heißt nicht: viel unbeschäftigtes Kapital, das zu Anleihen ausgeboten wird und profitliche Anlage sucht, sondern: große Beschäftigung von Kapital im Reproduktionsprozeß. Der Kredit vermittelt hier also 1. soweit die industriellen Kapitalisten in Betracht kommen, den Übergang des industriellen Kapitals aus einer Phase in die andre, den Zusammenhang der zueinander gehörigen und ineinander eingreifenden Produktionssphären; 2. soweit die Kaufleute in Betracht kommen, den Transport und den Übergang der Waren aus einer Hand in die andre bis zu ihrem definitiven Verkauf für Geld oder ihrem Austausch mit einer andern Ware.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.499])}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Solange der Reproduktionsprozess flüssig ist und andauert, dauert auch der Kredit an und dehnt sich aus. Bei einer Stockung durch verzögerte Rückflüsse, überführter Märkte ist Überfluss von industriellem Kapital vorhanden, aber auch eine Masse von unbeschäftigtem fixem Kapital. Das industrielle Kapital existiert allerdings in Form von Warenkapital, das aber unverkäuflich ist.<br />
Der Kredit kontrahiert sich somit, weil das Kapital unbeschäftigt ist und stockt, und weil das Vertrauen in den Reproduktionsprozesses gebrochen ist und die Nachfrage nach einem kommerziellen Kredit abnimmt.<br />
<br />
{{Zitat |Solange der Reproduktionsprozeß flüssig und damit der Rückfluss gesichert bleibt, dauert dieser Kredit und dehnt sich aus, und seine Ausdehnung ist basiert auf die Ausdehnung des Reproduktionsprozesses selbst. Sobald eine Stockung eintritt, infolge verzögerter Rückflüsse, überführter Märkte, gefallner Preise, ist Überfluß von industriellem Kapital vorhanden, aber in einer Form, worin es seine Funktion nicht vollziehn kann. Masse von Warenkapital, aber unverkäuflich. Masse von fixem Kapital, aber durch Stockung der Reproduktion großenteils unbeschäftigt. Der Kredit kontrahiert sich, 1. weil dies Kapital unbeschäftigt ist, d.h. in einer seiner Reproduktionsphasen stockt, weil es seine Metamorphose nicht vollziehn kann; 2. weil das Vertrauen in die Flüssigkeit des Reproduktionsprozesses gebrochen ist; 3. weil die Nachfrage nach diesem kommerziellen Kredit abnimmt. Der Spinner, der seine Produktion einschränkt und eine Masse unverkauftes Garn auf Lager hat, braucht keine Baumwolle auf Kredit zu kaufen; der Kaufmann braucht keine Waren auf Kredit zu kaufen, weil er deren schon mehr als genug hat.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.500])}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Bei einer Störung der Expansion des Reproduktionsprozesses kommt es zu einem Kreditmangel, wodurch Waren schwerer auf Kredit zu erhalten sind. In der Krise sind die Masse des unbeschäftigten Kapitals im Reproduktionsprozess und der erwähnte Kreditmangel am größten.<br />
Fabriken stehen still, Rohstoffe häufen sich auf, und fertige Produkte überfüllen den Markt, da ein Überfluss von unbeschäftigtem produktivem Kapital herrscht.<br />
<br />
{{Zitat |Tritt also Störung in dieser Expansion oder auch nur in der normalen Anspannung des Reproduktionsprozesses ein, so damit auch Kreditmangel; Waren sind schwerer auf Kredit zu erhalten. Besonders aber ist das Verlangen nach barer Zahlung und die Vorsicht im Kreditverkauf charakteristisch für die Phase des industriellen Zyklus, die auf den Krach folgt. In der Krisis selbst, da jeder zu verkaufen hat und nicht verkaufen kann und doch verkaufen muß, um zu zahlen, ist die Masse, nicht des unbeschäftigten, unterzubringenden Kapitals, sondern die des in seinem Reproduktionsprozeß gehemmten Kapitals gerade dann am größten, wenn auch der Kreditmangel am größten ist (und daher bei Bankierkredit die Diskontorate am höchsten). Das schon ausgelegte Kapital ist dann in der Tat massenweis unbeschäftigt, weil der Reproduktionsprozeß stockt. Fabriken stehn still, Rohstoffe häufen sich auf, fertige Produkte überfüllen als Waren den Markt. Es ist also nichts falscher, als solchen Zustand einem Mangel an produktivem Kapital zuzuschreiben. Es ist gerade dann Überfluß von produktivem Kapital vorhanden, teils in bezug auf den normalen, aber augenblicklich kontrahierten Maßstab der Reproduktion, teils in bezug auf die gelähmte Konsumtion.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.500])}}<br />
<br />
'''Annahme 8'''<br />
<br />
Der Ersatz von angelegten Kapitalen in der Produktion, hängt größtenteils von der Konsumtionsfähigkeit der nicht produktiven Klassen ab, während die Konsumtionsfähigkeit der Arbeiter durch die Gesetze des Arbeitslohns und durch das Maß der Anwendung ihrer Arbeitskraft begrenzt ist, in denen sie der Bourgeoisie Profit bringen.<br />
Deswegen bleibt der letzte Grund aller wirklichen Krisen immer „die Armut und Konsumtionsbeschränkung der Massen gegenüber dem Trieb der kapitalistischen Produktion“.<br />
Wirklicher Mangel an produktivem Kapital kann nur bei Missernten von Nahrungsmitteln und Rohstoffen entstehen (s. Annahme 7).<br />
<br />
{{Zitat |Wie aber die Dinge liegen, hängt der Ersatz der in der Produktion angelegten Kapitale großenteils ab von der Konsumtionsfähigkeit der nicht produktiven Klassen; während die Konsumtionsfähigkeit der Arbeiter teils durch die Gesetze des Arbeitslohns, teils dadurch beschränkt ist, daß sie nur solange angewandt werden, als sie mit Profit für die Kapitalistenklasse angewandt werden können. Der letzte Grund aller wirklichen Krisen bleibt immer die Armut und Konsumtionsbeschränkung der Massen gegenüber dem Trieb der kapitalistischen Produktion, die Produktivkräfte so zu entwickeln, als ob nur die absolute Konsumtionsfähigkeit der Gesellschaft ihre Grenze bilde.<br/>Von wirklichem Mangel an produktivem Kapital, wenigstens bei kapitalistisch entwickelten Nationen, kann nur gesprochen werden bei allgemeinen Mißernten, sei es der Hauptnahrungsmittel, sei es der hauptsächlichsten industriellen Rohstoffe.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.501])}}<br />
<br />
'''Annahme 9'''<br />
<br />
Zum kommerziellen Kredit kommt der eigentliche Geldkredit hinzu.<br />
Durch das Vorschießen des Gelds durch die Bankiers wird für jeden industriellen Fabrikanten oder Kaufmann die Notwendigkeit eines starken Reservekapitals umgangen. Aber der Prozess verkompliziert sich soweit, dass durch Wechselreiterei etc. der Schein eines soliden Geschäfts weiterexistieren kann, nachdem die Rückflüsse nur auf Kosten geprellter Geldverleiher und Produzenten gemacht worden sind.<br />
Das gesamte Geschäft macht deswegen einen gesunden Anschein, gerade unmittelbar vor dem Krach.<br />
<br />
{{Zitat |Es kommt aber nun zu diesem kommerziellen Kredit der eigentliche Geldkredit hinzu. Das Vorschießen der Industriellen und Kaufleute untereinander verquickt sich mit dem Vorschießen des Geldes an sie seitens der Bankiers und Geldverleiher. […] So wird für jeden individuellen Fabrikanten oder Kaufmann sowohl die Notwendigkeit eines starken Reservekapitals umgangen, wie die Abhängigkeit von den wirklichen Rückflüssen. Andrerseits aber kompliziert sich teils durch einfache Wechselreiterei, teils durch Warengeschäfte zum Zweck der bloßen Wechselfabrikation der ganze Prozeß so sehr, daß der Schein eines sehr soliden Geschäfts und flotter Rückflüsse noch ruhig fortexistieren kann, nachdem die Rückflüsse in der Tat schon längst nur noch auf Kosten teils geprellter Geldverleiher, teils geprellter Produzenten gemacht worden sind. Daher scheint immer das Geschäft fast übertrieben gesund gerade unmittelbar vor dem Krach.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.501])}}<br />
<br />
'''Annahme 10'''<br />
<br />
Eine unwissende und verkehrte Bankgesetzgebung kann die Krise erschweren, aber keine Bankgesetzgebung ist in der Lage die Krise zu beseitigen.<br />
<br />
{{Zitat |Daß es in der Periode der Krise an Zahlungsmitteln fehlt, ist selbsteinleuchtend. Die Konvertibilität der Wechsel hat sich substituiert der Metamorphose der Waren selbst, und grade zu solcher Zeit um so mehr, je mehr ein Teil der Geschäftshäuser bloß auf Kredit arbeitet. Unwissende und verkehrte Bankgesetzgebung, wie die von 1844/45, kann diese Geldkrise erschweren. Aber keine Art Bankgesetzgebung kann die Krise beseitigen.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.507f.])}}<br />
<br />
'''Annahme 11'''<br />
<br />
Das Warenkapital verliert in der Krise und großen Stockungen, seine Eigenschaft ein potentielles Geldkapital darzustellen.<br />
Dasselbe gilt auch für das fiktive Kapital. Dieses fiktive Geldkapital ist in Krisen enorm vermindert, doch hat diese Verminderung der Geldnamen – des Preises – von Wertpapieren nichts mit dem wirklichen Kapital zu tun, aber viel mehr mit der Zahlungsfähigkeit seiner Eigner.<br />
<br />
{{Zitat |Aus dem Gesagten ergibt sich, daß das Warenkapital seine Eigenschaft, potentielles Geldkapital darzustellen, in der Krise und überhaupt in Geschäftsstockungen in großem Maß verliert. Dasselbe gilt von dem fiktiven Kapital, den zinstragenden Papieren, soweit diese selbst als Geldkapitale auf der Börse zirkulieren. Mit dem steigenden Zins fällt ihr Preis. Er fällt ferner durch den allgemeinen Kreditmangel, der ihre Eigner zwingt, sie massenweis auf dem Markt loszuschlagen, um sich Geld zu verschaffen. Er fällt endlich bei Aktien, teils infolge der Abnahme der Revenuen, worauf sie Anweisungen sind, teils infolge des Schwindelcharakters der Unternehmungen, die sie oft genug repräsentieren. Dies fiktive Geldkapital ist in Krisen enorm vermindert, und damit die Macht seiner Eigner, Geld darauf im Markt aufzunehmen. Die Verminderung der Geldnamen dieser Wertpapiere im Kurszettel hat jedoch nichts zu tun mit dem wirklichen Kapital, das sie vorstellen, dagegen sehr viel mit der Zahlungsfähigkeit seiner Eigner.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.510])}}<br />
<br />
'''Annahme 12'''<br />
<br />
Die Bedeutung der Börse ist enorm gestiegen, da sich die gesamte Produktion, der Verkehr, die Kommunikationsmittel, usw. zunehmend in den Händen von Börsianer konzentriert.<br />
Dadurch wird die Börse zur hervorragendsten Vertreterin der kapitalistischen Produktion.<br />
<br />
{{Zitat |1. Aus dem 3.Bd., 5.Abschnitt, besonders Kapitel [27], geht hervor, welche Stellung die Börse in der kapitalistischen Produktion überhaupt einnimmt. Nun ist aber seit 1865, wo das Buch verfaßt, eine Veränderung eingetreten, die der Börse heute eine um ein Bedeutendes gesteigerte und noch stets wachsende Rolle zuweist und die bei der ferneren Entwicklung die Tendenz hat, die gesamte Produktion, industrielle wie agrikulturelle, und den gesamten Verkehr, Kommunikationsmittel wie Austauschfunktion, in den Händen von Börsianern zu konzentrieren, so daß die Börse die hervorragendste Vertreterin der kapitalistischen Produktion selbst wird.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.917])}}<br />
<br />
'''Annahme 13'''<br />
<br />
Die Akkumulation des Kapitals vollzieht sich mit stets wachsender Schnelligkeit, auch schneller als die Ausdehnung der eigentlichen Produktion.<br />
Die Akkumulation des einzelnen Kapitalisten konnte, resp. kann, somit nicht in der Vergrößerung seines eigenen Geschäfts volle Verwendung finden.<br />
<br />
{{Zitat |3. Jetzt anders. Die Akkumulation ist seit der Krise von 1866 mit einer stets wachsenden Schnelligkeit vorgegangen, und zwar so, daß in keinem Industrieland, am wenigsten England, die Ausdehnung der Produktion mit der der Akkumulation Schritt halten, die Akkumulation des einzelnen Kapitalisten in der Vergrößerung seines eigenen Geschäfts volle Verwendung finden konnte| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.917f.])}}<br />
<br />
== Quellen ==<br />
<br />
Marx, Karl: MEW Bd. 23-25, Das Kapital in: Marx wirklich studieren, URL: https://marx-wirklich-studieren.net/marx-engels-werke-als-pdf-zum-download/ (06.01.2019).<br />
<br />
[[Kategorie: AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
[[Kategorie: Grundannahmen]]<br />
[[Kategorie: Grundannahme AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]</div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Politische_%C3%96konomie_des_Kapitalismus&diff=6992Politische Ökonomie des Kapitalismus2020-02-16T08:49:26Z<p>Mati: /* Armut und Reichtum */</p>
<hr />
<div>Zurück zu [[AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
<br />
==Ware und ihre Eigenschaften==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Eine Ware ist ein Produkt menschlicher Arbeitskraft, welches für den gesellschaftlichen Austausch produziert wird und menschliche Bedürfnisse befriedigt. Sie Besitzen Gebrauchswert und Tauschwert. Der Gebrauchswert ist qualitativ und beschreibt den Nutzen einer Ware für den Käufer. Der Tauschwert ist quantitativ - er spiegelt eine bestimmte Summe gesellschaftlich notwendiger Arbeit wieder.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Gebrauchswert, Tauschwert, Wert, Konsumtion, Quantitatives Verhältnis, Ware, Produkt, Austausch, Rock, Verhältnis, Erscheinungsform, Arbeitsprodukt, abstrakt menschliche Arbeit, Warenwert, Arbeitszeit, Arbeitskraft, Durchschnitt, Produktionsbedingungen<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Ware und ihrer Eigenschaften wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
Waren haben immer sowohl Gebrauchswert, als auch Tauschwert. Die Trennung in Qualität (Gebrauchswert) und Quantität (Tauschwert) dient lediglich der besseren Erklärbarkeit. Wenn im Folgenden von „Wert“ einer Ware gesprochen wird, meint das nichts „drittes“, sondern die Einheit von Gebrauchs- und Tauschwert.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Eine Ware ist zunächst ein Gegenstand, der menschliche Bedürfnisse aller Art befriedigt, ob als Lebensmittel oder als Produktionsmittel.<br />
<br />
{{Zitat |Die Ware ist zunächst ein äußerer Gegenstand, ein Ding, das durch seine Eigenschaften menschliche Bedürfnisse irgendeiner Art befriedigt. Die Natur dieser Bedürfnisse, ob sie z.B. dem Magen oder der Phantasie entspringen, ändert nichts an der Sache. Es handelt sich hier auch nicht darum, wie die Sache das menschliche Bedürfnis befriedigt, ob unmittelbar als Lebensmittel, d. h. als Gegenstand des Genusses, oder auf einem Umweg, als Produktionsmittel. Jedes nützliche Ding, wie Eisen, Papier usw., ist unter doppeltem Gesichtspunkt zu betrachten, nach Qualität und Quantität.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.49])}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Der Gebrauchswert einer Ware verwirklicht sich im Gebrauch, in seinem Nutzen, abhängig von der Eigenschaft der Ware, von der Qualität der Ware. Zugleich bilden Gebrauchswerte den stofflichen Inhalt des Reichtums. Im Kapitalismus bilden sie zugleich die stofflichen Träger des Tauschwerts. Der Tauschwert erscheint, wenn man verschiedene Gebrauchswerte miteinander tauschen möchte und drückt somit ein quantitatives Verhältnis aus.<br />
<br />
{{Zitat |Die Nützlichkeit eines Dings macht es zum Gebrauchswert. Aber diese Nützlichkeit schwebt nicht in der Luft. Durch die Eigenschaften des Warenkörpers bedingt, existiert sie nicht ohne denselben. Der Warenkörper selbst, wie Eisen, Weizen, Diamant usw., ist daher ein Gebrauchswert oder Gut. Dieser sein Charakter hängt nicht davon ab, ob die Aneignung seiner Gebrauchseigenschaften dem Menschen viel oder wenig Arbeit kostet. Bei Betrachtung der Gebrauchswerte wird stets ihre quantitative Bestimmtheit vorausgesetzt, wie Dutzend Uhren, Elle Leinwand, Tonne Eisen usw. Die Gebrauchswerte der Waren liefern das Material einer eignen Disziplin, der Warenkunde. Der Gebrauchswert verwirklicht sich nur im Gebrauch oder der Konsumtion. Gebrauchswerte bilden den stofflichen Inhalt des Reichtums, welches immer seine gesellschaftliche Form sei. In der von uns zu betrachtenden Gesellschaftsform bilden sie zugleich die stofflichen Träger des – Tauschwerts. Der Tauschwert erscheint zunächst als das quantitative Verhältnis, die Proportion, worin sich Gebrauchswerte einer Art gegen Gebrauchswerte anderer Art austauschen, ein Verhältnis, das beständig mit Zeit und Ort wechselt.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.50])}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Der Grund, um überhaupt Produkte zu tauschen, sind ihre unterschiedlichen Gebrauchswerte. In diesem Tauschprozess wird ein Produkt zur Ware.<br />
<br />
{{Zitat |Um Ware zu werden, muß das Produkt dem andern, dem es als Gebrauchswert dient, durch den Austausch übertragen werden. Endlich kann kein Ding Wert sein, ohne Gebrauchsgegenstand zu sein.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.55])}}<br />
<br />
{{Zitat |Wären jene Dinge nicht qualitativ verschiedne Gebrauchswerte und daher Produkte qualitativ verschiedner nützlicher Arbeiten, so könnten sie sich überhaupt nicht als Waren gegenübertreten. Rock tauscht sich nicht aus gegen Rock, derselbe Gebrauchswert nicht gegen denselben Gebrauchswert.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.56])}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Eine gewisse Ware lässt sich in einem bestimmten Verhältnis mit einer anderen Ware tauschen, z. B. x kg Weizen gegen y kg Kartoffeln oder z kg Möhren. Also hat der Weizen unzählig viele Tauschwerte. Die Tauschwerte müssen aber auch etwas Gleiches haben, um vergleichbar zu sein, der Tauschwert kann also nur die "Erscheinungsform" eines Dritten sein.<br />
<br />
{{Zitat |Eine gewisse Ware, ein Quarter Weizen z.B. tauscht, sich mit x Stiefelwichse oder mit y Seide oder mit z Gold usw., kurz mit andern Waren in den verschiedensten Proportionen. Mannigfache Tauschwerte also hat der Weizen statt eines einzigen. Aber da x Stiefelwichse, ebenso y Seide, ebenso z Gold usw. der Tauschwert von einem Quarter Weizen ist, müssen y Stiefelwichse, y Seide, z Gold usw. durch einander ersetzbare oder einander gleich große Tauschwerte sein. Es folgt daher erstens: Die gültigen Tauschwerte derselben Ware drücken ein Gleiches aus. Zweitens aber: Der Tauschwert kann überhaupt nur die Ausdrucksweise, die ‚Erscheinungsform‛ eines von ihm unterscheidbaren Gehalts sein.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.51])}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Alle Gebrauchswerte sind Arbeitsprodukte und damit auf abstrakte Arbeit reduzierbar. Diese Arbeit produziert Wert, Warenwert. Das Gemeinsame der unterschiedlichen Waren, was sich beim Tauschen darstellt, ist also ihr Wert.<br />
<br />
{{Zitat |Sieht man nun vom Gebrauchswert der Warenkörper ab, so bleibt ihnen nur noch eine Eigenschaft, die von Arbeitsprodukten. Jedoch ist uns auch das Arbeitsprodukt bereits in der Hand verwandelt. Abstrahieren wir von seinem Gebrauchswert, so abstrahieren wir auch von den körperlichen Bestandteilen und Formen, die es zum Gebrauchswert machen. Es ist nicht länger Tisch oder Haus oder Garn oder sonst ein nützlich Ding. Alle seine sinnlichen Beschaffenheiten sind ausgelöscht. Es ist auch nicht länger das Produkt der Tischlerarbeit oder der Bauarbeit oder der Spinnarbeit oder sonst einer bestimmten produktiven Arbeit. Mit dem nützlichen Charakter der Arbeitsprodukte verschwindet der nützliche Charakter der in ihnen dargestellten Arbeiten, es verschwinden also auch die verschiedenen konkreten Formen dieser Arbeiten, sie unterscheiden sich nicht länger, sondern sind allzusamt reduziert auf gleiche menschliche Arbeit, abstrakt menschliche Arbeit. […] Als Kristalle dieser ihnen gemeinschaftlichen gesellschaftlichen Substanz sind sie Werte – Warenwerte.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.52)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Die Größe des Werts misst sich an der Quantität der Arbeit, an der Arbeitszeit in Minuten, Stunden, Tagen etc.<br />
<br />
{{Zitat |Ein Gebrauchswert oder Gut hat also nur einen Wert, weil abstrakt menschliche Arbeit in ihm vergegenständlicht oder materialisiert ist. Wie nun die Größe seines Werts messen? Durch das Quantum der in ihm enthaltenen ‚wertbildenden Substanz‛, der Arbeit. Die Quantität der Arbeit selbst mißt sich an ihrer Zeitdauer, und die Arbeitszeit besitzt wieder ihren Maßstab an bestimmten Zeitteilen, wie Stunde, Tag usw.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.53)}}<br />
<br />
'''Annahme 7 '''<br />
<br />
Die Arbeitszeit für den Wert einer Ware bemisst sich nicht nach einem individuellen (faulen, schnellen, ungeschickten) Arbeiter, sondern an der durchschnittlich gesellschaftlich notwendigen Dauer zur Erstellung dieser Ware unter normalen Produktionsbedingungen.<br />
<br />
{{Zitat |Die gesamte Arbeitskraft der Gesellschaft, die sich in den Werten der Warenwelt darstellt, gilt hier als eine und dieselbe menschliche Arbeitskraft, obgleich sie aus zahllosen individuellen Arbeitskräften besteht. Jede dieser individuellen Arbeitskräfte ist dieselbe menschliche Arbeitskraft wie die andere, soweit sie den Charakter einer gesellschaftlichen Durchschnitts-Arbeitskraft besitzt und als solche gesellschaftliche Durchschnitts-Arbeitskraft wirkt, also in der Produktion einer Ware auch nur die im Durchschnitt notwendige oder gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit braucht. Gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit ist Arbeitszeit, erheischt, um irgendeinen Gebrauchswert mit den vorhandenen gesellschaftlich- normalen Produktionsbedingungen und dem gesellschaftlichen Durchschnittsgrad von Geschick und Intensität der Arbeit darzustellen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.53)}}<br />
<br />
==Arbeitswerttheorie/ Wertgesetz==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Arbeitswerttheorie besagt, dass sich der Wert der Waren entsprechend der zu ihrer Produktion notwendigen Menge gesellschaftlich notwendiger Arbeit bemisst und sie sich dementsprechend austauschen. Das Wertgesetz wirkt innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise als Regulator der Produktion- es treibt die Warenproduzenten an, den gesellschaftlich notwendigen Arbeitsaufwand zu senken und bewegt die gesellschaftliche Produktion in die Bereiche, die am meisten Profit versprechen. Dadurch wird auch bestimmt, welcher Teil gesellschaftlich vorhandener Arbeitszeit für die Produktion der einzelnen Waren verwendet wird.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Wertgröße, Arbeitszeit, Produktivkraft, Wert, Preise, Wertgesetz<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Arbeitswerttheorie/ des Wertgesetzes wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt. Das Wertgesetz wirkt innerhalb der kapitalistischen Produktion spontan als ökonomischer Regulator, was zur Folge hat, dass über das Schwanken der Marktpreise (als Erscheinungsform des Wertes) sich die Produktion hin zur größten Nachfrage und weg vom Überangebot verlagert und so gesellschaftliche Arbeitszeit durch bspw. Nichteinsatz vergeudet wird. Diese destriktive Wirkung wird in Zeiten von Überproduktionskrisen. Unter der Bedingung kapitalistischer Monopole finden sich veränderte Bedingungen für Form und Wirkung des Wertgesetzes.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Der Grad der Entwicklung der Produktivkraft beeinflusst die Arbeitszeit, die zur Herstellung einer Ware nötig ist und somit beeinflusst sie auch die Wertgröße der Ware und ihren Preis: Je größer die Produktivkraft, umso kürzer die benötigte Arbeitszeit, umso kleiner der Wert der Ware, umso kleiner der Preis. Diese Bewegung ist durch das Wertgesetz bestimmt<br />
<br />
{{Zitat |Die Wertgröße einer Ware bliebe daher konstant, wäre die zu ihrer Produktion erheischte Arbeitszeit konstant. Letztere wechselt aber mit jedem Wechsel in der Produktivkraft der Arbeit.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.54)}}<br />
<br />
{{Zitat |Je größer die Produktivkraft der Arbeit, desto kleiner die zur Herstellung eines Artikels erheischte Arbeitszeit, desto kleiner die in ihm kristallisierte Arbeitsmasse, desto kleiner sein Wert. Umgekehrt, je kleiner die Produktivkraft der Arbeit, desto größer die zur Herstellung eines Artikels notwendige Arbeitszeit, desto größer sein Wert. Die Wertgröße einer Ware wechselt also direkt wie das Quantum und umgekehrt wie die Produktivkraft der sich in ihr verwirklichenden Arbeit.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.55)}}<br />
<br />
{{Zitat |In welcher Weise immer die Preise der verschiedenen Waren zuerst gegeneinander festgesetzt oder geregelt sein mögen, das Wertgesetz beherrscht ihre Bewegung. Wo die zu ihrer Produktion erheischte Arbeitszeit fällt, fallen die Preise; wo sie steigt, steigen die Preise, bei sonst gleichbleibenden Umständen.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.186)}}<br />
<br />
== Warenproduktion und gesellschaftliche Teilung der Arbeit ==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Warenproduktion hat ihre objektive Grundlage und historische Bedingung in der gesellschaftlichen Arbeitsteilung. Ab einem gewissen Stand der Produktivkraftentwicklung werden Produkte nicht für den Eigenverbrauch, sondern für den gesellschaftlichen Austausch produziert: die Produkte menschlicher Arbeitskraft werden zu Waren.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Arbeitsteilung, Gebrauchswert, nützliche Arbeit, Warenproduzenten, Arbeitsteilung, Warenproduktion, Existenzbedingung<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Warenproduktion und der gesellschaftlichen Teilung der Arbeit wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Die gesellschaftliche Teilung der Arbeit ist die Voraussetzung der Warenproduktion, umgekehrt gilt diese Voraussetzung jedoch nicht. Jeder Produzent stellt Waren unterschiedlicher Gebrauchswerte her, die durch ihre Unterschiedlichkeit tauschbar sind.<br />
<br />
{{Zitat |[…]: in dem Gebrauchswert jeder Ware steckt eine bestimmte zweckmäßig produktive Tätigkeit oder nützliche Arbeit. Gebrauchswerte können sich nicht als Waren gegenübertreten, wenn nicht qualitativ verschiedne nützliche Arbeiten in ihnen stecken. In einer Gesellschaft, deren Produkte allgemein die Form der Ware annehmen, d. h. in einer Gesellschaft von Warenproduzenten, entwickelt sich dieser qualitative Unterschied der nützlichen Arbeiten, welche unabhängig voneinander als Privatgeschäfte selbständiger Produzenten betrieben werden, zu einem vielgliedrigen System, zu einer gesellschaftlichen Teilung der Arbeit.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.57)}}<br />
<br />
{{Zitat |[…] – eine gesellschaftliche Teilung der Arbeit. Sie ist Existenzbedingung der Warenproduktion, obgleich Warenproduktion nicht umgekehrt die Existenzbedingung gesellschaftlicher Arbeitsteilung.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.56)}}<br />
<br />
==Wertform==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Wertform ist jene Form, in der der Wert einer Ware erscheint. Man unterscheidet die relative, die entfaltete und die allgemeine Wertform. Die relative Wertform einer Ware drückt dabei ihr Verhältnis zu einer bestimmten, ihr äquivalenten anderen Ware aus, bsp.: 1Beil= 2 Paar Stiefel. Bei der entfaltetetn Wertform drückt diese sich in mehreren ihr Äquivalenten Waren aus, bsp.: 1Beil = 4Paar Stiefel = 20Sack Stroh = 10Pfund Butter. Bei der allgemeinen Wertform lassen sich die Werte aller Waren in einer einzigen Ware ausdrücken- sie fungiert als allgemeines Äquivalent.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Wertform, Wertverhältnis, Austauschverhältnis, Quantum, Äquivalent<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Wertform wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Der Tauschwert erscheint erst im Austauschverhältnis zweier Waren. Der Wert einer Ware wird im Äquivalent einer anderen quantitativ ausgedrückt.<br />
<br />
{{Zitat |Die einfache Wertform einer Ware ist enthalten in ihrem Wertverhältnis zu einer verschiedenartigen Ware oder im Austauschverhältnis mit derselben. Der Wert der Ware A wird qualitativ ausgedrückt durch die unmittelbare Austauschbarkeit der Ware B mit der Ware A. Er wird quantitativ ausgedrückt durch die Austauschbarkeit eines bestimmten Quantums der Ware B mit dem gegebenen Quantum der Ware A. In andren Worten: Der Wert einer Ware ist selbständig ausgedrückt durch seine Darstellung als ‚Tauschwert‛.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.74)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Einfache Wertform: xWareA = yWareB<br />
<br />
Entfaltete Wertform: xWare = unendliche viele unterschiedliche Waren<br />
<br />
Allgemeine Wertform: viele unterschiedliche Waren = yWareZ (allgemein anerkanntes Äquivalent)<br />
<br />
Es kristallisiert sich eine Ware heraus, die als allgemein gültiges Äquivalent zu allen anderen Waren tauschbar ist.<br />
<br />
{{Zitat |Die einfache oder vereinzelte relative Wertform einer Ware macht eine andre Ware zum einzelnen Äquivalent. Die entfaltete Form des relativen Werts, dieser Ausdruck des Werts einer Ware in allen andren Waren, prägt ihnen die Form verschiedenartiger besonderer Äquivalente auf. Endlich erhält eine besondre Warenart die allgemeine Äquivalentform, weil alle andren Waren sie zum Material ihrer einheitlichen, allgemeinen Wertform machen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.82)}}<br />
<br />
==Geld==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Geld ist eine Ware, die ein spezifisches Äquivalent für alle anderen Waren ist. Sie bringt deren Wert zum Ausdruck und vermittelt deren Austausch. In dieser Eigenschaft besteht ihr spezifischer Gebrauchswert.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Geldform, Wertform, Vergegenständlichte menschliche Arbeit, Ware, Wertausdruck, Zirkulationsmittel, Wertmaß, Tauschwert, Geld, Krise<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition von Geld wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Die Allgemeine Wertform geht über zur Geldform. Geld hat die gesellschaftliche Gültigkeit bekommen, allgemeines Äquivalent zu allen anderen Waren zu sein.<br />
<br />
{{Zitat |Und erst vom Augenblick, wo diese Ausschließung sich endgültig auf eine spezifische Warenart beschränkt, hat die einheitliche relative Wertform der Waren weit objektive Festigkeit und allgemein gesellschaftliche Gültigkeit gewonnen. Die spezifische Warenart nun, mit deren Naturalform die Äquivalentform gesellschaftlich verwächst, wird zur Geldware oder funktioniert als Geld. Es wird ihre spezifisch gesellschaftliche Funktion, und daher ihr gesellschaftliches Monopol, innerhalb der Warenwelt die Rolle des allgemeinen Äquivalents zu spielen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.109)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Da allen Waren vergegenständlichte menschliche Arbeit sind, können sie in dem gleichen Wertmaß, in Geldform oder Preis ausgedrückt werden.<br />
<br />
{{Zitat |Weil alle Waren als Werte vergegenständlichte menschliche Arbeit, daher an und für sich kommensurabel sind, können sie ihre Werte gemeinschaftlich in derselben spezifischen Ware messen und diese dadurch in ihr gemeinschaftliches Wertmaß oder Geld verwandeln. Geld als Wertmaß ist notwendige Erscheinungsform des immanenten Wertmaßes der Waren, der Arbeitszeit. Der Wertausdruck einer Ware in Gold – x Ware A (ist gleich) y Geldware – ist ihre Geldform oder ihr Preis.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.109)}}<br />
<br />
'''Annahme 3 '''<br />
<br />
Die Ware, die als Zirkulationsmittel funktioniert, ist Geld. Geld ist somit die adäquate Daseinsform des Tauschwerts, die alle anderen Waren als bloße Gebrauchswerte fixiert. Dabei ist es gleich, ob das Geld in „leiblicher“ Form (Goldstück) oder ideell auftritt.<br />
<br />
{{Zitat |Die Ware, welche als Wertmaß und daher auch, leiblich oder durch Stellvertreter, als Zirkulationsmittel funktioniert, ist Geld. Gold (resp. Silber) ist daher Geld. Als Geld funktioniert es, einerseits wo es in seiner goldnen (resp. silbernen) Leiblichkeit erscheinen muß, daher als Geldware, also weder bloß ideell, wie im Wertmaß, noch repräsentationsfähig, wie im Zirkulationsmittel; andrerseits wo seine Funktion, ob es selbe nun in eigner Person oder durch Stellvertreter vollziehe, es als alleinige Wertgestalt oder allein adäquates Dasein des Tauschwerts allen andren Waren als bloßen Gebrauchswerten gegenüber fixiert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.143)}}<br />
<br />
'''Annahme 4 '''<br />
<br />
Dadurch dass die Ware Geld nicht nur leiblich, sondern auch ideell als Zahlungsmittel benutzt wird, entsteht ein Widerspruch. Dieser Widerspruch zwischen Ware und Wertgestalt wird sichtbar, wenn dass Geld – durch Produktions- und Handelskrisen – nicht mehr nur repräsentatives Rechengeld sein kann, sondern harte Ware sein muss. Plötzlich wird der Gegensatz zwischen der Ware und ihrer Wertgestalt, dem Geld, bis zum absoluten Widerspruch gesteigert.<br />
<br />
{{Zitat |Die Funktion des Geldes als Zahlungsmittel schließt einen unvermittelten Widerspruch ein. Soweit sich die Zahlungen ausgleichen, funktioniert es nur ideell als Rechengeld oder Maß der Werte. Soweit wirkliche Zahlung zu verrichten, tritt es nicht als Zirkulationsmittel auf, als nur verschwindende und vermittelnde Form des Stoffwechsels, sondern als die individuelle Inkarnation der gesellschaftlichen Arbeit, selbständiges Dasein des Tauschwerts, absolute Ware. Dieser Widerspruch eklatiert in dem Moment der Produktions- und Handelskrisen, der Geldkrise heißt. Sie ereignet sich nur, wo die prozessierende Kette der Zahlungen und ein künstliches System ihrer Ausgleichung völlig entwickelt sind. Mit allgemeineren Störungen dieses Mechanismus, woher sie immer entspringen mögen, schlägt das Geld plötzlich und unvermittelt um aus der nur ideellen Gestalt des Rechengeldes in hartes Geld. Es wird unersetzlich durch profane Waren. Der Gebrauchswert der Ware wird wertlos, und ihr Wert verschwindet vor seiner eignen Wertform.<br/> In der Krise wird der Gegensatz zwischen der Ware und ihrer Wertgestalt, dem Geld, bis zum absoluten Widerspruch gesteigert. Die Erscheinungsform des Geldes ist hier daher auch gleichgültig. Die Geldhungersnot bleibt dieselbe, ob in Gold oder Kreditgeld, Banknoten etwa, zu zahlen ist.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.151)}}<br />
<br />
==Einfache Warenzirkulation==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die einfache Warenzirkulation (W – G – W) beschreibt den Ausgangspunkt des Kapitals. Ihre Voraussetzungen sind die Warenproduktion, die entwickelte Warenzirkulation und der Handel. In der einfachen Warenzirkulation werden Äquivalente getauscht und sie endet somit in der Aneignung von Gebrauchswerten.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Warenzirkulation, Kapital, Handel, Ware, Zirkulation, Konsumtion, Aneignung, Befriedigung<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Einfachen Warenzirkulation wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Warenzirkulation ist Ausgangspunkt des Kapitals. Damit Kapital entstehen kann, braucht es historische Voraussetzungen: Warenproduktion, entwickelte Warenzirkulation und Handel.<br />
<br />
{{Zitat |Die Warenzirkulation ist der Ausgangspunkt des Kapitals. Warenproduktion und entwickelte Warenzirkulation, Handel, bilden die historischen Voraussetzungen, unter denen es entsteht.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.161)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Einfache Warenzirkulation Ware – Geld – Ware (W – G – W) endet in der Aneignung von Gebrauchswerten.<br />
<br />
{{Zitat |Der Kreislauf W – G – W geht aus von dem Extrem einer Ware und schließt ab mit dem Extrem einer andren Ware, die aus der Zirkulation heraus und der Konsumtion anheimfällt. Konsumtion, Befriedigung von Bedürfnissen, mit einem Wort, Gebrauchswert ist daher sein Endzweck.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.164)}}<br />
<br />
{{Zitat |Die einfache Warenzirkulation – der Verkauf für den Kauf – dient zum Mittel für einen außerhalb der Zirkulation liegenden Endzweck, die Aneignung von Gebrauchswerten, die Befriedigung von Bedürfnissen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.167)}}<br />
<br />
==Kapitalkreislauf==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Der Kapitalkreislauf beschreibt die Bewegung des Kapitals in der Produktions- und Zirkulationssphäre. Bei der Bewegung G – W – G wird Geld gegen Ware und Ware gegen Geld getauscht, wobei G und W jeweils verschiedene Existenzweisen des Werts bilden. Durch das Verändern seiner Erscheinungsformen vergrößert sich der Wert, er verwertet sich selbst. Der Prozess endet bei G‘, was den zugesetzten Mehrwert beinhaltet und das Kapital steht somit wieder am Ausgangspunkt seiner endlosen Bewegung.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Zirkulation, Geld, Ware, Geldsumme, Mehrwert, Kapital, Verwertung, Bewegung, Selbstverwertung, Kapitalkreislauf<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition des Kapitalkreislaufs wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Bei der Zirkulation Geld – Ware – Geld (G – W – G) tauscht man Geld gegen Ware, um sie wieder gegen Geld zu tauschen, kurz Austausch von Geld gegen Geld.<br />
<br />
{{Zitat |Sehn wir uns die Zirkulation G – W – G näher an. Sie durchläuft, gleich der einfachen Warenzirkulation, zwei entgegengesetzte Phasen. In der ersten Phase, G – W, Kauf, wird das Geld in Ware verwandelt. In der zweiten Phase, W – G, Verkauf, wird die Ware in Geld rückverwandelt. Die Einheit beider Phasen aber ist die Gesamtbewegung, welche Geld gegen Ware und dieselbe Ware wieder gegen Geld austauscht, Ware kauft, um sie zu verkaufen, oder wenn man die formellen Unterschiede von Kauf und Verkauf vernachlässigt, mit dem Geld Ware und mit der Ware Geld kauft. Das Resultat, worin der ganze Prozeß erlischt, ist Austausch von Geld gegen Geld, G – G.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.162)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Der Prozess G – W – G macht nur Sinn, wenn G quantitativ verschieden ist, wenn G – W – G', wo G' größer als G ist. Den Zuwachs zu G nennt man Mehrwert. In dem Prozess, in dem G zu G' wird, wird G zu Kapital.<br />
<br />
{{Zitat |Eine Geldsumme kann sich von der andren Geldsumme überhaupt nur durch ihre Größe unterscheiden. Der Prozeß G – W – G schuldet seinen Inhalt daher keinem qualitativen Unterschied seiner Extreme, denn sie sind beide Geld, sondern nur ihrer quantitativen Verschiedenheit. Schließlich wird der Zirkulation mehr Geld entzogen, als anfangs hineingeworfen ward. Die zu 100 Pfd.St. gekaufte Baumwolle wird z.B. wieder verkauft zu 100 (plus) 10 Pfd.St. oder 110 Pfd.St. Die vollständige Form dieses Prozesses ist daher G – W – G' , wo G' (gleich) G + A G, d. h. gleich der ursprünglich vorgeschossenen Geldsumme plus einem Inkrement. Dieses Inkrement oder den Überschuß über den ursprünglichen Wert nenne ich – Mehrwert (surplus value). Der ursprünglich vorgeschoßne Wert erhält sich daher nicht nur in der Zirkulation, sondern in ihr verändert er seine Wertgröße, setzt einen Mehrwert zu oder verwertet sich. Und diese Bewegung verwandelt ihn in Kapital.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.165)}}<br />
<br />
'''Annahme 3 '''<br />
<br />
Zirkulation des Geldes als Kapital ist Selbstzweck, Verwertung des Werts. Treibendes Motiv ist der Tauschwert selbst. Man kann diese Bewegung endlos wiederholen. Wer dies tut, wird zum Kapitalist.<br />
<br />
{{Zitat |Die Zirkulation des Geldes als Kapital ist dagegen Selbstzweck, denn die Verwertung des Werts existiert nur innerhalb dieser stets erneuerten Bewegung. Die Bewegung des Kapitals ist daher maßlos. Als bewußter Träger dieser Bewegung wird der Geldbesitzer Kapitalist.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.167)}}<br />
<br />
'''Annahme 4 '''<br />
<br />
Ware und Geld sind verschiedene Existenzweisen des Werts, im Verändern seiner Erscheinungsformen (Geld – Ware – Geld) vergrößert er sich. Zum ursprünglichen Wert gibt sich Mehrwert dazu, er verwertet sich somit selbst.<br />
<br />
{{Zitat |Die selbständigen Formen, die Geldformen, welche der Wert der Waren in der einfachen Zirkulation annimmt, vermitteln nur den Warenaustausch und verschwinden im Endresultat der Bewegung. In der Zirkulation G – W – G funktionieren dagegen beide, Ware und Geld, nur als verschiedne Existenzweisen des Werts selbst, das Geld seine allgemeine, die Ware seine besondre, sozusagen nur verkleidete Existenzweise. […] Fixiert man die besondren Erscheinungsformen, welche der sich verwertende Wert im Kreislauf seines Lebens abwechselnd annimmt, so erhält man die Erklärungen: Kapital ist Geld, Kapital ist Ware. In der Tat aber wird der Wert hier das Subjekt eines Prozesses, worin er unter dem beständigen Wechsel der Formen von Geld und Ware seine Größe selbst verändert, sich als Mehrwert von sich selbst als ursprünglichem Wert abstößt, sich selbst verwertet. Denn die Bewegung, worin er Mehrwert zusetzt, ist seine eigne Bewegung, seine Verwertung also Selbstverwertung. Er hat die okkulte Qualität erhalten, Wert zu setzen, weil er Wert ist. Er wirft lebendige Junge oder legt wenigstens goldne Eier.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.169)}}<br />
<br />
'''Annahme 5 '''<br />
<br />
Kapitalkreislauf: Wert kommt aus dem Kreislauf, geht wieder in ihn hinein, erhält sich und vergrößert sich (Mehrwert), kommt insgesamt größer aus ihm heraus und beginnt von neuem denselben Kreislauf. Dieser sich verwertende Wert ist Kapital. Sein Kreislauf ist unendlich wiederholbar.<br />
<br />
{{Zitat |Der Wert wird also prozessierender Wert, prozessierendes Geld und als solches Kapital. Er kommt aus der Zirkulation her, geht wieder in sie ein, erhält und vervielfältigt sich in ihr, kehrt vergrößert aus ihr zurück und beginnt denselben Kreislauf stets wieder von neuem. G – G ', geldheckendes Geld – money which begets money – lautet die Beschreibung des Kapitals im Munde seiner ersten Dolmetscher, der Merkantilisten.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.170)}}<br />
<br />
==Mehrwert==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Bei der Metamorphose des Werts G – W – G‘ setzt der Wert einen Mehrwert zu. Dieser entspringt aber nicht dem Äquivalententausch und ebensowenig dem Tausch von Nicht-Äquivalenten. Der Warenbesitzer kann den Wert einer Ware nur erhöhen, indem er ihr neuen Wert durch den Einsatz von Arbeit zusetzt.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Tausch, Äquivalent, Mehrwert, Warenaustausch, Kapital, Verteilung, Minderwert, Zirkulation, Arbeit, Mehrwert, Wertbildung<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition des Mehrwerts wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Beim Tausch von Äquivalenten wird kein Mehrwert produziert. Auch beim Tausch von Nicht-Äquivalenten (wenn Käufer über oder unter Wert kauft bzw. Verkäufer unter oder über Wert verkauft) wird kein Mehrwert produziert, da sich dieser kurzfristige Vorteil im Kreislauf wieder aufheben wird.<br />
Die Zirkulation oder der Warenaustausch schafft keinen Wert. Nur Arbeit kann Waren Wert zusetzen, Mehrwert erzeugen.<br />
<br />
{{Zitat |Werden Waren oder Waren und Geld von gleichem Tauschwert, also Äquivalente ausgetauscht, so zieht offenbar keiner mehr Wert aus der Zirkulation heraus, als er in sie hineinwirft. Es findet dann keine Bildung von Mehrwert statt.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.174)}}<br />
<br />
{{Zitat |Die Bildung von Mehrwert und daher die Verwandlung von Geld in Kapital, kann also weder dadurch erklärt werden, daß die Verkäufer die Waren über ihrem Werte verkaufen, noch dadurch, daß die Käufer sie unter ihrem Werte kaufen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.175)}}<br />
<br />
{{Zitat |Der zirkulierende Wert hat sich um kein Atom vergrößert, seine Verteilung zwischen A und B hat sich verändert. Auf der einen Seite erscheint als Mehrwert, was auf der andren Minderwert ist, auf der einen Seite als Plus, was auf der andren als Minus.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.177)}}<br />
<br />
{{Zitat |Man mag sich also drehen und wenden, wie man will, das Fazit bleibt dasselbe. Werden Äquivalente ausgetauscht, so entsteht kein Mehrwert, und werden Nicht-Äquivalente ausgetauscht, so entsteht auch kein Mehrwert. Die Zirkulation oder der Warenaustausch schafft keinen Wert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.177f.)}}<br />
<br />
{{Zitat |Kann aber der Mehrwert anderswoher entspringen als aus der Zirkulation? Die Zirkulation ist die Summe aller Wechselbeziehungen der Warenbesitzer. Außerhalb derselben steht der Warenbesitzer nur noch in Beziehung zu seiner eignen Ware. […] Aber seine Arbeit stellt sich nicht dar im Werte der Ware und einem Überschuß über ihrem eignen Wert, nicht in einem Preise von 10, der zugleich ein Preis von 11, nicht in einem Wert, der größer als er selbst ist. Der Warenbesitzer kann durch seine Arbeit Werte bilden, aber keine sich verwertenden Werte. Er kann den Wert einer Ware erhöhn, indem er vorhandnem Wert neuen Wert durch neue Arbeit zusetzt, z.B. aus Leder Stiefel macht.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.179f.)}}<br />
<br />
==Ware Arbeitskraft==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Ware Arbeitskraft ist die dem Arbeiter eigene Ware. Ob sie körperliche oder geistige Arbeit verrichtet- ihr spezifischer Gebrauchswert ist die Erzeugung von Wert. Ihr Tauschwert richtet sich nach der Summe der notwendigen Lebensmittel, die der Arbeiter braucht, um sich selbst zu reproduzieren und ist abhängig von der Kulturstufe, den Ansprüchen, die der Arbeiter stellt und dem Wert der benötigten Lebensmittel. Steigt der Wert der benötigten Lebensmittel, steigt auch der Wert der Arbeitskraft. Die Minimalgrenze des Werts der Arbeitskraft ist der Wert der täglichen Lebensmittel des Arbeiters. Sinkt der Preis der Arbeitskraft unter diesen Wert, hört der Arbeiter auf, zu existieren.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Arbeitskraft, Wert, Gebrauchswert, Arbeitsvermögen, Kapitalist, Geldbesitzer, Arbeiter, Warenbesitzer, Eigentum, Kapital, Warenmarkt, Freiheit, Ware, Produktion, Reproduktion, Arbeitszeit, Lebensmittel, Grenze, Minimum<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Ware Arbeitskraft wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Der Gebrauchswert der Ware Arbeitskraft ist es Wert zu schaffen. Zur Arbeitskraft zählen alle körperlichen und geistigen Fähigkeiten, die beim Arbeiten benutzt werden.<br />
<br />
{{Zitat |Die Veränderung muß sich also zutragen mit der Ware, die im ersten Akt G – W gekauft wird, aber nicht mit ihrem Wert, denn es werden Äquivalente ausgetauscht, die Ware wird zu ihrem Werte bezahlt. Die Veränderung kann also nur entspringen aus ihrem Gebrauchswert als solchem, d. h. aus ihrem Verbrauch. Um aus dem Verbrauch einer Ware Wert herauszuziehn, müßte unser Geldbesitzer so glücklich sein, innerhalb der Zirkulationssphäre, auf dem Markt, eine Ware zu entdecken, deren Gebrauchswert selbst die eigentümliche Beschaffenheit besäße, Quelle von Wert zu sein, deren wirklicher Verbrauch also selbst Vergegenständlichung von Arbeit wäre, daher Wertschöpfung. Und der Geldbesitzer findet auf dem Markt eine solche spezifische Ware vor – das Arbeitsvermögen oder die Arbeitskraft. Unter Arbeitskraft oder Arbeitsvermögen verstehen wir den Inbegriff der physischen und geistigen Fähigkeiten, die in der Leiblichkeit, der lebendigen Persönlichkeit eines Menschen existieren und die er in Bewegung setzt, sooft er Gebrauchswerte irgendeiner Art produziert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.181)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Der Kapitalist und der Arbeiter begegnen sich als juristisch gleiche Personen, als ebenbürtige Warenbesitzer auf dem Markt. Der einzige Unterschied ist, dass der eine Käufer, der andere Verkäufer ist. Der Arbeiter muss immer Besitzer seiner Ware, also Arbeitskraft, sein und kann sie somit nur für einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung stellen.<br />
<br />
{{Zitat |Er und der Geldbesitzer begegnen sich auf dem Markt und treten in Verhältnis zueinander als ebenbürtige Warenbesitzer, nur dadurch unterschieden, daß der eine Käufer, der andre Verkäufer, beide also juristisch gleiche Personen sind. Die Fortdauer dieses Verhältnisses erheischt, daß der Eigentümer der Arbeitskraft sie stets nur für bestimmte Zeit verkaufe, denn verkauft er sie in Bausch und Bogen, ein für allemal, so verkauft er sich selbst, verwandelt sich aus einem Freien in einen Sklaven, aus einem Warenbesitzer in eine Ware. Er als Person muß sich beständig zu seiner Arbeitskraft als seinem Eigentum und daher seiner eignen Ware verhalten, und das kann er nur, soweit er sie dem Käufer stets nur vorübergehend, für einen bestimmten Zeittermin, zur Verfügung stellt, zum Verbrauch überläßt, also durch ihre Veräußerung nicht auf sein Eigentum an ihr verzichtet.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.182)}}<br />
<br />
'''Annahme 3 '''<br />
<br />
Voraussetzung für die Verwandlung von Geld in Kapital ist, dass es Arbeiter auf dem Warenmarkt gibt. Die Arbeiter müssen über ihre Arbeitskraft als Ware verfügen können und besitzen keine eigenen Produktionsmittel.<br />
<br />
{{Zitat |Zur Verwandlung von Geld in Kapital muß der Geldbesitzer also den freien Arbeiter auf dem Warenmarkt vorfinden, frei in dem Doppelsinn, daß er als freie Person über seine Arbeitskraft als seine Ware verfügt, daß er andrerseits andre Waren nicht zu verkaufen hat, los und ledig, frei ist von allen zur Verwirklichung seiner Arbeitskraft nötigen Sachen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.183)}}<br />
<br />
'''Annahme 4 '''<br />
<br />
Der Wert der Ware Arbeitskraft wird gemessen an dem Wert der Summe der Lebensmittel, die der Arbeiter benötigt, um existieren zu können, sowie sich selbst fortzupflanzen. <br />
<br />
{{Zitat |Die Arbeitskraft existiert nur als Anlage des lebendigen Individuums. Ihre Produktion setzt also seine Existenz voraus. Die Existenz des Individuums gegeben, besteht die Produktion der Arbeitskraft in seiner eignen Reproduktion oder Erhaltung. Zu seiner Erhaltung bedarf das lebendige Individuum einer gewissen Summe von Lebensmitteln. Die zur Produktion der Arbeitskraft notwendige Arbeitszeit löst sich also auf in die zur Produktion dieser Lebensmittel notwendige Arbeitszeit, oder der Wert der Arbeitskraft ist der Wert der zur Erhaltung ihres Besitzers notwendigen Lebensmittel.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.185)}}<br />
<br />
'''Annahme 5 '''<br />
<br />
Besonderheit des Werts der Ware Arbeitskaft: Er ist beeinflussbar; abhängig von der Kulturstufe, den Ansprüchen, die die Arbeiter stellen, die sich historisch entwickelt haben und als natürliche Bedürfnisse gelten.<br />
<br />
{{Zitat |Die Summe der Lebensmittel muß also hinreichen, das arbeitende Individuum als arbeitendes Individuum in seinem normalen Lebenszustand zu erhalten. Die natürlichen Bedürfnisse selbst, wie Nahrung, Kleidung, Heizung, Wohnung usw., sind verschieden je nach den klimatischen und andren natürlichen Eigentümlichkeiten eines Landes. Andrerseits ist der Umfang sog. notwendiger Bedürfnisse, wie die Art ihrer Befriedigung, selbst ein historisches Produkt und hängt daher großenteils von der Kulturstufe eines Landes, unter andrem auch wesentlich davon ab, unter welchen Bedingungen, und daher mit welchen Gewohnheiten und Lebensansprüchen die Klasse der freien Arbeiter sich gebildet hat. Im Gegensatz zu den andren Waren enthält also die Wertbestimmung der Arbeitskraft ein historisches und moralisches Element. Für ein bestimmtes Land, zu einer bestimmten Periode jedoch, ist der Durchschnitts-Umkreis der notwendigen Lebensmittel gegeben.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.185)}}<br />
<br />
'''Annahme 6 '''<br />
<br />
Da der Wert der Ware Arbeitskraft an der Summe der Lebensmittel gemessen wird, die der Arbeiter zur Reproduktion seiner Arbeitskraft benötigt, verändert sich dieser Wert, wenn der Wert der Lebensmittel sich verändert.<br />
<br />
{{Zitat |Der Wert der Arbeitskraft löst sich auf in den Wert einer bestimmten Summe von Lebensmitteln. Er wechselt daher auch mit dem Wert dieser Lebensmittel, d. h. der Größe der zu ihrer Produktion erheischten Arbeitszeit.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.186)}}<br />
<br />
'''Annahme 7 '''<br />
<br />
Die Minimalgrenze des Werts der Ware Arbeitskraft ist erreicht, wenn ein Sinken des Preises der Arbeitskraft dazu führen würde, dass die tägliche Reproduktion des Arbeiters nicht mehr gewährleistet wäre und er sterben müsste. <br />
<br />
{{Zitat |Die letzte Grenze oder Minimalgrenze des Werts der Arbeitskraft wird gebildet durch den Wert einer Warenmasse, ohne deren tägliche Zufuhr der Träger der Arbeitskraft, der Mensch, seinen Lebensprozeß nicht erneuern kann, also durch den Wert der physisch unentbehrlichen Lebensmittel.<br/> Sinkt der Preis der Arbeitskraft auf dieses Minimum, so sinkt er unter ihren Wert, denn sie kann sich so nur in verkümmerter Form erhalten und entwickeln. Der Wert jeder Ware ist aber bestimmt durch die Arbeitszeit, erfordert, um sie in normaler Güte zu liefern.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.187)}}<br />
<br />
==Konstantes und variables Kapital==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Das im Arbeitsprozess eingesetzte Kapital unterteilt sich in konstantes und variables Kapital. Das konstante Kapital (k) wird dabei gebildet aus dem eingesetzten Rohmaterial, der Hilfsstoffe und den Arbeitsmitteln. Das variable Kapital (v) bildet sich aus der bezahlten Arbeitskraft. Während das variable Kapital einerseits den Wert des konstanten Kapitals auf das Arbeitsprodukt überträgt und sein eigenes Äquivalent, schafft es zusätzlich Mehrwert. Es verändert also seine Wertgröße. Die Wertgröße des konstanten Kapitals verändert sich hingegen nicht.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Arbeitskraft, lebendige Arbeit, Kapital, Produktionsmittel, Verausgabung, Produkt, Wert, Konstantes Kapital, Variables Kapital, Verwertungsprozess, Wertzusammensetzung, Technische Zusammensetzung des Kapitals, Organische Zusammensetzung des Kapitals<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition des konstanten und variablen Kapitals wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Im Arbeitsprozess überträgt der Arbeiter den Wert der verwendeten Produktionsmittel (Rohstoffe, Hilfsstoffe, Teilwert der verwendeten Maschinen) und schafft neuen Wert durch seine hinzugefügte Arbeit.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist also eine Naturgabe der sich betätigenden Arbeitskraft, der lebendigen Arbeit, Wert zu erhalten, indem sie Wert zusetzt, eine Naturgabe, die dem Arbeiter nichts kostet, aber dem Kapitalisten viel einbringt, die Erhaltung des vorhandnen Kapitalwerts.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.221)}}<br />
<br />
{{Zitat |In ihrer abstrakten, allgemeinen Eigenschaft also, als Verausgabung menschlicher Arbeitskraft, setzt die Arbeit des Spinners den Werten von Baumwolle und Spindel Neuwert zu, und in ihrer konkreten, besondren, nützlichen Eigenschaft als Spinnprozeß, überträgt sie den Wert dieser Produktionsmittel auf das Produkt und erhält so ihren Wert im Produkt. Daher die Doppelseitigkeit ihres Resultats in demselben Zeitpunkt. Durch das bloß quantitative Zusetzen von Arbeit wird neuer Wert zugesetzt, durch die Qualität der zugesetzten Arbeit werden die alten Werte der Produktionsmittel im Produkt erhalten.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.215)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Konstantes Kapital sind Ausgaben für Rohmaterialien, Hilfsstoffe und Arbeitsmittel, die ihre Wertgröße im Produktionsprozess nicht verändern.<br />
Variables Kapital ist die Bezahlung der Arbeitskraft. Die Arbeitskraft überträgt nicht nur ihren eigenen Wert auf das Produkt, sondern schafft zusätzlich neuen (Mehrwert), der mal größer, mal kleiner sein kann.<br />
<br />
{{Zitat |Der Überschuß des Gesamtwerts des Produkts über die Wertsumme seiner Bildungselemente ist der Überschuß des verwerteten Kapitals über den ursprünglich vorgeschoßnen Kapitalwert. Produktionsmittel auf der einen Seite, Arbeitskraft auf der andren sind nur die verschiednen Existenzformen, die der ursprüngliche Kapitalwert annahm bei Abstreifung seiner Geldform und seiner Verwandlung in die Faktoren des Arbeitsprozesses.<br/> Der Teil des Kapitals also, der sich in Produktionsmittel, d. h. in Rohmaterial, Hilfsstoffe und Arbeitsmittel umsetzt, verändert seine Wertgröße nicht im Produktionsprozeß. Ich nenne ihn daher konstanten Kapitalteil, oder kürzer: konstantes Kapital.<br/> Der in Arbeitskraft umgesetzte Teil des Kapitals verändert dagegen seinen Wert im Produktionsprozeß. Er reproduziert sein eignes Äquivalent und einen Überschuß darüber, Mehrwert, der selbst wechseln, größer oder kleiner sein kann. Aus einer konstanten Größe verwandelt sich dieser Teil des Kapitals fortwährend in eine variable. Ich nenne ihn daher variablen Kapitalteil, oder kürzer: variables Kapital. Dieselben Kapitalbestandteile, die sich vom Standpunkt des Arbeitsprozesses als objektive und subjektive Faktoren, als Produktionsmittel und Arbeitskraft unterscheiden, unterscheiden sich vom Standpunkt des Verwertungsprozesses als konstantes Kapital und variables Kapital.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.223f.)}}<br />
<br />
==Die Mehrwertrate==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Mehrwertrate (m‘) drückt das Verhältnis von gewonnener Mehrwertmasse (m) und eingesetzter Arbeitskraft oder variablem Kapital (v) aus, bzw. von Mehrarbeitszeit zu notwendiger Arbeitszeit. Sie beschreibt den Exploitations- bzw. Ausbeutungsgrad der Arbeitskraft.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Konstantes Kapital, Variables Kapital, Mehrwertrate, Exploitationsgrad, Mehrprodukt, Mehrwert<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Definition der Mehrwertrate wird von Karl Marx im [https://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Das_Kapital_(Literatureinleitung) Kapital] dargestellt.<br />
<br />
'''Annahme 1 '''<br />
<br />
Die Mehrwertrate (m´) bestimmt das Verhältnis des Mehrwerts (m) zu den Lohnkosten (v) oder der Mehrarbeitszeit zu der notwenigen Arbeitszeit.(m´) = Mehrwert (m) / variables Kapital (v) oder Mehrarbeitszeit / notwendige Arbeitszeit. Somit lässt sich durch die Mehrwertrate der Ausbeutungsgrad des Arbeiters durch den Kapitalisten bestimmen.<br />
<br />
{{Zitat |Der Mehrwert verhält sich zum variablen Kapital, wie die Mehrarbeit zur notwendigen, oder die Rate des Mehrwerts m (geteilt durch) v gleich Mehrarbeit (geteilt durch) Notwendige Arbeit. Beide Proportionen drücken dasselbe Verhältnis in verschiedner Form aus, das eine Mal in der Form vergegenständlichter, das andre Mal in der Form flüssiger Arbeit. Die Rate des Mehrwerts ist daher der exakte Ausdruck für den Exploitationsgrad der Arbeitskraft durch das Kapital oder des Arbeiters durch den Kapitalisten.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.231f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
Da der Zweck der kapitalistischen Produktion die Produktion von Mehrwert ist, ist die Höhe der Mehrwertrate eine bestimmende Größe.<br />
<br />
{{Zitat |Wie die Produktion von Mehrwert der bestimmende Zweck der kapitalistischen Produktion, so mißt nicht die absolute Größe des Produkts, sondern die relative Größe des Mehrprodukts den Höhegrad des Reichtums.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.243f.)}}<br />
<br />
==Der Arbeitstag==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Länge eines Arbeitstages im Industriekapitalismus hat eine untere und eine obere Grenze. Die untere Grenze muss oberhalb der notwendigen Arbeitszeit liegen, da Kapitalisten profitabel produzieren müssen. Die obere Grenze kann durch physische und moralische Kriterien beantwortet werden. Physisch muss die obere Grenze den Arbeitern die Reproduktion ihrer Arbeitskraft ermöglichen. Moralisch müssen auch geistige, soziale etc. Bedürfnisse der Arbeiter befriedigt werden. Die moralische Grenze resultiert aus den Machtverhältnissen der organisierten Arbeiter gegenüber der Kapitalseite, die sich in Arbeitskämpfen austragen und innerhalb des Kapitalismus in Staatsgesetzen ausdrücken. Die Kapitalisten drängen auf ihr Optimum, also auf eine für sie günstige und ständige Verwertung von Arbeitskraft, da Maschinen ständige, also 24-stündige, Verwertungsmöglichkeiten darstellen. Das bedeutet die Verkehrung der Verhältnisse von toter und lebendiger Arbeit.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Arbeitstag, Klassenkampf, Länge des Arbeitstags, Maximalgrenze des Arbeitstags, Minimalgrenze des Arbeitstags, notwendige Arbeit, Notwendigkeit der Organisierung der Arbeiter, Recht als Käufer/Verkäufer, Staatsgesetz<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die Länge des Arbeitstags hat gewisse Schranken, in denen sie variieren kann.<br />
<br />
{{Zitat |Obgleich nun der Arbeitstag keine feste, sondern eine fließende Größe ist, kann er andrerseits nur innerhalb gewisser Schranken variieren.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.246)}}<br />
<br />
'''Annahme 2 '''<br />
<br />
In der kapitalistischen Produktionsweise kann sich der Arbeitstag nie nur auf den Teil der notwendigen Arbeit verkürzen.<br />
<br />
{{Zitat |Auf Grundlage der kapitalistischen Produktionsweise kann die notwendige Arbeit […] immer nur einen Teil seines [des Arbeiters] Arbeitstages bilden, der Arbeitstag sich also nie auf dies Minimum verkürzen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.246)}}<br />
<br />
'''Annahme 3 '''<br />
<br />
Die Maximalgrenze ist doppelt bestimmt. Der Arbeiter hat eine physische Grenze. Ein Teil des Tages muss er schlafen, essen, sich reinigen etc. Und es gibt eine moralische Grenze. Der Arbeiter braucht Zeit, geistige und soziale Bedürfnisse zu befriedigen, deren Umfang abhängig vom allgemeinen Kulturzustand ist.<br />
<br />
{{Zitat |Er ist über eine gewisse Grenze hinaus nicht verlängerbar. Diese Maximalschranke ist doppelt bestimmt. Einmal durch die physische Schranke der Arbeitskraft. Ein Mensch kann während des natürlichen Tags von 24 Stunden nur ein bestimmtes Quantum Lebenskraft verausgaben. So kann ein Pferd tagaus, tagein nur 8 Stunden arbeiten. Während eines Teils des Tags muß die Kraft ruhen, schlafen, während eines andren Teils hat der Mensch andre physische Bedürfnisse zu befriedigen, sich zu nähren, reinigen, kleiden usw. Außer dieser rein physischen Schranke stößt die Verlängrung des Arbeitstags auf moralische Schranken. Der Arbeiter braucht Zeit zur Befriedigung geistiger und sozialer Bedürfnisse, deren Umfang und Zahl durch den allgemeinen Kulturzustand bestimmt sind. Die Variation des Arbeitstags bewegt sich daher innerhalb physischer und sozialer Schranken. Beide Schranken sind aber sehr elastischer Natur und erlauben den größten Spielraum. So finden wir Arbeitstage von 8, 10, 12, 14, 16, 18 Stunden, also von der verschiedensten Länge.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.246f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Aus Sicht des Kapitalisten darf er größtmöglichen Nutzen aus seiner gekauften Ware Arbeitskraft herauszuschlagen, wie jeder andere auch aus seiner gekauften Ware. Das konstante (tote) Kapital und die Produktionsmittel sind nur da, um lebendige Arbeit einzusaugen. Das Interesse des Kapitalisten ist es sein Kapital zu verwerten und so viel Mehrwert wie möglich zu schaffen.<br/><br />
Der Kapitalist kauft den Gebrauchswert der Arbeitskraft, der Arbeiter erhält den Tauschwert. Dennoch zieht der Kapitalist Mehrwert aus diesem Tausch, der den Gesetzen des Warentauschs entspricht.<br />
<br />
{{Zitat |Der Kapitalist hat die Arbeitskraft zu ihrem Tageswert gekauft. Ihm gehört ihr Gebrauchswert während eines Arbeitstags. Er hat also das Recht erlangt, den Arbeiter während eines Tags für sich arbeiten zu lassen. Aber was ist ein Arbeitstag? Jedenfalls weniger als ein natürlicher Lebenstag. Um wieviel? Der Kapitalist hat seine eigne Ansicht über dies ultima Thüle, die notwendige Schranke des Arbeitstags. Als Kapitalist ist er nur personifiziertes Kapital. Seine Seele ist die Kapitalseele. Das Kapital hat aber einen einzigen Lebenstrieb, den Trieb, sich zu verwerten, Mehrwert zu schaffen, mit seinem konstanten Teil, den Produktionsmitteln, die größtmögliche Masse Mehrarbeit einzusaugen. Das Kapital ist verstorbne Arbeit, die sich nur vampyrmäßig belebt durch Einsaugung lebendiger Arbeit und um so mehr lebt, je mehr sie davon einsaugt. Die Zeit, während deren der Arbeiter arbeitet, ist die Zeit, während deren der Kapitalist die von ihm gekaufte Arbeitskraft konsumiert. Konsumiert der Arbeiter seine disponible Zeit für sich selbst, so bestiehlt er den Kapitalisten. <br/> Der Kapitalist beruft sich also auf das Gesetz des Warenaustausches. Er, wie jeder andre Käufer, sucht den größtmöglichen Nutzen aus dem Gebrauchswert seiner Ware herauszuschlagen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.223f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Stillliegendes konstantes Kapital bringt Verlust. Die Ausdehnung der Arbeitszeit in die Nacht hinein und generell auf alle 24 Stunden des Tages ist Trieb der kapitalistischen Produktion.<br />
<br />
{{Zitat |Das konstante Kapital, die Produktionsmittel, sind, vom Standpunkt des Verwertungsprozesses betrachtet, nur da, um Arbeit und mit jedem Tropfen Arbeit ein proportionelles Quantum Mehrarbeit einzusaugen. Soweit sie das nicht tun, bildet ihre bloße Existenz einen negativen Verlust für den Kapitalisten, denn sie repräsentieren während der Zeit, wo sie brachliegen, nutzlosen Kapitalvorschuß, und dieser Verlust wird positiv, sobald die Unterbrechung zusätzliche Auslagen nötig macht für den Wiederbeginn des Werks. Die Verlängrung des Arbeitstags über die Grenzen des natürlichen Tags in die Nacht hinein wirkt nur als Palliativ, stillt nur annähernd den Vampyrdurst nach lebendigem Arbeitsblut. Arbeit während aller 24 Stunden des Tags anzueignen ist daher der immanente Trieb der kapitalistischen Produktion.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.271f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Von den elastischen Schranken abgesehen, gibt es keine Grenze des Arbeitstages. Der Kapitalist als Käufer will den Gebrauchswert der Ware Arbeitskraft so lange wie möglich nutzen. Der Arbeiter als Verkäufer behauptet sein Recht, den Arbeitstag auf eine Normalgröße zu beschränken. <br />
Hier bringt die kapitalistische Produktionsweise also den Klassenkampf hervor, damit einhergehend auch die Formierung der vielen einzelnen Kapitalisten zur Bourgeoisie und die Formierung der vielen einzelnen Angehörigen der Arbeiterklasse zu einer gemeinsam handelnden Arbeiterklasse.<br />
<br />
{{Zitat |Man sieht: Von ganz elastischen Schranken abgesehn, ergibt sich aus der Natur des Warenaustausches selbst keine Grenze des Arbeitstags, also keine Grenze der Mehrarbeit. Der Kapitalist behauptet sein Recht als Käufer, wenn er den Arbeitstag so lang als möglich und womöglich aus einem Arbeitstag zwei zu machen sucht. Andrerseits schließt die spezifische Natur der verkauften Ware eine Schranke ihres Konsums durch den Käufer ein, und der Arbeiter behauptet sein Recht als Verkäufer, wenn er den Arbeitstag auf eine bestimmte Normalgröße beschränken will. Es findet hier also eine Antinomie statt, Recht wider Recht, beide gleichmäßig durch das Gesetz des Warenaustausches besiegelt. Zwischen gleichen Rechten entscheidet die Gewalt. Und so stellt sich in der Geschichte der kapitalistischen Produktion die Normierung des Arbeitstags als Kampf um die Schranken des Arbeitstags dar – ein Kampf zwischen dem Gesamtkapitalisten, d.h. der Klasse der Kapitalisten, und dem Gesamtarbeiter, oder der Arbeiterklasse.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.249)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Historisch zeigt sich die Notwendigkeit des Zusammenschlusses der Arbeiter als Klasse um einen Normalarbeitstag zu erreichen. Ab einer gewissen Reifestufe der kapitalistischen Produktion ist der einzelne Arbeiter machtlos. <br />
<br />
{{Zitat |Die Geschichte der Reglung des Arbeitstags in einigen Produktionsweisen, in andren der noch fortdauernde Kampf um diese Reglung, beweisen handgreiflich, daß der vereinzelte Arbeiter, der Arbeiter als ‚freier‘ Verkäufer seiner Arbeitskraft, auf gewisser Reifestufe der kapitalistischen Produktion, widerstandslos unterliegt. Die Schöpfung eines Normalarbeitstags ist daher das Produkt eines langwierigen, mehr oder minder versteckten Bürgerkriegs zwischen der Kapitalistenklasse und der Arbeiterklasse.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.316)}}<br />
<br />
'''Annahme 8'''<br />
<br />
Die Arbeiter als Klasse müssen zu ihrem eigenen Schutze ein Staatsgesetz erzwingen, ein Vertrag mit den Kapitalisten eingehen, um sich nicht individuell zu Tode zu arbeiten. <br />
<br />
{{Zitat |Zum ‚Schutz‘ gegen die Schlange ihrer Qualen müssen die Arbeiter ihre Köpfe zusammenrotten und als Klasse ein Staatsgesetz erzwingen, ein übermächtiges gesellschaftliches Hindernis, das sie selbst verhindert, durch freiwilligen Kontrakt mit dem Kapital sich und ihr Geschlecht in Tod und Sklaverei zu verkaufen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.320)}}<br />
<br />
'''Annahme 9'''<br />
<br />
Der Kapitalist passt auf, dass der Arbeiter mit Intensität Arbeit verrichtet.<br />
Kapital wird zum Zwangsverhältnis, welches die Arbeiterklasse nötigt, mehr Arbeit zu verrichten, als der enge Kreis der Lebensbedürfnisse vorschrieb. <br/> Hoher Grad der Ausbeutung der Arbeitskraft.<br />
<br />
{{Zitat |Innerhalb des Produktionsprozesses entwickelte sich das Kapital zum Kommando über die Arbeit, d.h. über die sich betätigende Arbeitskraft oder den Arbeiter selbst. Das personifizierte Kapital, der Kapitalist, paßt auf, daß der Arbeiter sein Werk ordentlich und mit dem gehörigen Grad von Intensität verrichte. Das Kapital entwickelte sich ferner zu einem Zwangsverhältnis, welches die Arbeiterklasse nötigt, mehr Arbeit zu verrichten, als der enge Umkreis ihrer eignen Lebensbedürfnisse vorschrieb. Und als Produzent fremder Arbeitsamkeit, als Auspumper von Mehrarbeit und Exploiteur von Arbeitskraft übergipfelt es an Energie, Maßlosigkeit und Wirksamkeit alle frühern auf direkter Zwangsarbeit beruhenden Produktionssysteme.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.328)}}<br />
<br />
'''Annahme 10'''<br />
<br />
Produktionsmittel wenden den Arbeiter an. Sie verzehren ihn als Element ihres eigenen Lebensprozesses, als Lebensprozess des Kapitals. Das bedeutet die Verkehrung der Verhältnisses von toter und lebendiger Arbeit.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist nicht mehr der Arbeiter, der die Produktionsmittel anwendet, sondern es sind die Produktionsmittel, die den Arbeiter anwenden. Statt von ihm als stoffliche Elemente seiner produktiven Tätigkeit verzehrt zu werden, verzehren sie ihn als Ferment ihres eignen Lebensprozesses, und der Lebensprozeß des Kapitals besteht nur in seiner Bewegung als sich selbst verwertender Wert. Schmelzöfen und Arbeitsgebäude, die des Nachts ruhn und keine lebendige Arbeit einsaugen, sind ‚reiner Verlust‘ (‚mere loss‘) für den Kapitalisten. Darum konstituieren Schmelzöfen und Arbeitsgebäude einen ‚Anspruch auf die Nachtarbeit‘ der Arbeitskräfte. Die bloße Verwandlung des Geldes in gegenständliche Faktoren des Produktionsprozesses, in Produktionsmittel, verwandelt letztre in Rechtstitel und Zwangstitel auf fremde Arbeit und Mehrarbeit.<br/> Wie diese der kapitalistischen Produktion eigentümliche und sie charakterisierende Verkehrung, ja Verrückung des Verhältnisses von toter und lebendiger Arbeit, von Wert und wertschöpferischer Kraft, sich im Bewusstsein der Kapitalistenköpfe abspiegelt [...]| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.329)}}<br />
<br />
==Der Arbeitslohn==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Der Arbeitslohn ist der Verkaufspreis von Arbeitskraft. Seine Untergrenze ist der Wert von Arbeitskraft, der sich durch den Wert der gewohnheitsmäßig notwendigen Lebensmittel des Durchschnittsarbeiters bemisst. Der Arbeitswert stellt gleichzeitig die notwendige Arbeit dar. Das relative Verhältnis von Arbeitslohn und Mehrwert wird durch <br />
1) die Länge eines Arbeitstags sowie durch die <br />
2) Intensität und <br />
3) Produktivkraft von Arbeit bestimmt. <br />
Arbeitslohn ist bezahlte Arbeit, Mehrwert ist unbezahlte Arbeit.<br />
<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Preis der Arbeitskraft, Wert der Arbeitskraft, Verelendung der Arbeiterklasse, bezahlte Arbeit, unbezahlte Arbeit, notwendige Arbeit, Mehrarbeit, Stundenlohn, Ausbeutung<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Der Wert der Arbeitskraft ist bestimmt durch den Wert der gewohnheitsmäßig notwendigen Lebensmittel des Durchschnittsarbeiters.<br/> Die relativen Größen von Preis der Arbeitskraft und von Mehrwert werden durch drei Umstände bedingt: 1. die Länge des Arbeitstags, 2. die Intensität der Arbeit und 3. endlich die Produktivkraft der Arbeit.<br />
<br />
{{Zitat |Der Wert der Arbeitskraft ist bestimmt durch den Wert der gewohnheitsmäßig notwendigen Lebensmittel des Durchschnittsarbeiters. Die Masse dieser Lebensmittel, obgleich ihre Form wechseln mag, ist in einer bestimmten Epoche einer bestimmten Gesellschaft gegeben und daher als konstante Größe zu behandeln. Was wechselt, ist der Wert dieser Masse. Zwei andre Faktoren gehn in die Wertbestimmung der Arbeitskraft ein. Einerseits ihre Entwicklungskosten, die sich mit der Produktionsweise ändern, andrerseits ihre Naturdifferenz, ob sie männlich oder weiblich, reif oder unreif. Der Verbrauch dieser differenten Arbeitskräfte, wieder bedingt durch die Produktionsweise, macht großen Unterschied in den Reproduktionskosten der Arbeiterfamilie und dem Wert des erwachsnen männlichen Arbeiters. Beide Faktoren bleiben jedoch bei der folgenden Untersuchung ausgeschlossen . Wir unterstellen. 1. daß die Waren zu ihrem Wert verkauft werden, 2. daß der Preis der Arbeitskraft wohl gelegentlich über ihren Wert steigt, aber nie unter ihn sinkt. <br/> Dies einmal unterstellt, fand sich, daß die relativen Größen von Preis der Arbeitskraft und von Mehrwert durch drei Umstände bedingt sind: 1. die Länge des Arbeitstags oder die extensive Größe der Arbeit; 2. die normale Intensität der Arbeit oder ihre intensive Größe, so daß ein bestimmtes Arbeitsquantum in bestimmter Zeit verausgabt wird; 3. endlich die Produktivkraft der Arbeit, so daß je nach dem Entwicklungsgrad der Produktionsbedingungen dasselbe Quantum Arbeit in derselben Zeit ein größeres oder kleineres Quantum Produkt liefert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.542)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Der Preis der Arbeitskraft könnte bei steigender Produktivkraft sinken, bei gleichzeitigem Wachstum der Lebensmittelmasse des Arbeiters. Aber im Vergleich zum Mehrwert sänke der Arbeitslohn. Die Kluft zwischen den Lebenslagen der Arbeiter und Kapitalisten wächst.<br />
<br />
{{Zitat |Der Preis der Arbeitskraft könnte so bei steigender Produktivkraft der Arbeit beständig fallen mit gleichzeitigem, fortwährendem Wachstum der Lebensmittelmasse des Arbeiters. Relativ aber, d.h. verglichen mit dem Mehrwert, sänke der Wert der Arbeitskraft beständig und erweiterte sich also die Kluft zwischen den Lebenslagen von Arbeiter und Kapitalist.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.546)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Form des Arbeitslohn verschleiert die Teilung des Arbeitstages in bezahlte und unbezahlte Arbeit.<br />
<br />
{{Zitat|Die Form des Arbeitslohns löscht also jede Spur der Teilung des Arbeitstags in notwendige Arbeit und Mehrarbeit, in bezahlte und unbezahlte Arbeit aus. Alle Arbeit erscheint als bezahlte Arbeit.|(Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.562f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Bei Zahlung einzelner Arbeitsstunden wird der Zusammenhang zwischen bezahlter und unbezahlter Arbeit aufgehoben. Dem Arbeiter ist nicht garantiert auf die notwendige Arbeitszeit zu kommen um seine Selbsterhaltung zu gewährleisten.<br />
<br />
{{Zitat |Wird der Stundenlohn in der Weise fixiert, daß der Kapitalist sich nicht zur Zahlung eines Tages- oder Wochenlohns verpflichtet, sondern nur zur Zahlung der Arbeitsstunden, während deren es ihm beliebt, den Arbeiter zu beschäftigen, so kann er ihn unter der Zeit beschäftigen, die der Schätzung des Stundenlohns oder der Maßeinheit für den Preis der Arbeit ursprünglich zugrunde liegt. Da diese Maßeinheit bestimmt ist durch die Proportion Tageswert der Arbeitskraft/Arbeitstag von gegebener Stundenzahl, verliert sie natürlich allen Sinn, sobald der Arbeitstag aufhört, eine bestimmte Stundenzahl zu zählen. Der Zusammenhang zwischen der bezahlten und unbezahlten Arbeit wird aufgehoben. Der Kapitalist kann jetzt ein bestimmtes Quantum Mehrarbeit aus dem Arbeiter herausschlagen, ohne ihm die zu seiner Selbsterhaltung notwendige Arbeitszeit einzuräumen.|(Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.568)}}<br />
<br />
==Produktive und unproduktive Arbeit im Kapitalismus==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Produktive Arbeit, Mehrwert, Kaufmann, Kaufmannskapital, Zirkulationsprozess, Wert, industrielles Kapital, unbezahlte Arbeit, Zirkulationskosten, Profitrate, Kopfarbeit,<br />
Handarbeit, Gesamtarbeiter<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Für die Bourgoisie ist produktive Arbeit die, die Mehrwert schafft, die sich also in Kapital verwandelt.<br />
<br />
{{Zitat |Bloß die bürgerliche Borniertheit, die die kapitalistische Formen der Produktion für die absoluten Formen derselben hält – daher für ewige Naturformen der Produktion – kann die Frage, was produktive Arbeit vom Standpunkt des Kapitals aus ist, mit der Frage, welche Arbeit überhaupt produktiv ist oder was produktive Arbeit überhaupt ist, verwechseln und daher sich sehr weise dünken in der Antwort, daß jede Arbeit, die überhaupt etwas produziert, in irgendetwas resultiert, von sich aus produktive Arbeit ist. [...] Nur die Arbeit, die sich direkt in Kapital verwandelt, ist produktiv; [...] Arbeit, die Mehrwert setzt oder dem Kapital als Hebel dient, Mehrwert zu setzen und daher sich als Kapital, als sich verwertenden Wert zu setzen.| (Marx, Theorien über den Mehrwert I, MEW Band 26, S.369)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Es gibt gesellschaftlich notwendige Bereiche, die keine Werte – und damit keinen Mehrwert – schaffen, weil sich die dort geleistete Arbeit nicht in Produkten materialisiert. Unproduktive Arbeit hat den Nutzen, einen geringeren Teil der Arbeitskraft der Gesellschaft zu binden.<br />
<br />
{{Zitat |Er [der Kaufmann] verrichtet eine notwendige Funktion, weil der Reproduktionsprozess selbst unproduktive Funktionen einschließt. Er arbeitet so gut wie ein anderer, aber der Inhalt seiner Arbeit schafft weder Wert noch Produkt. Er selbst gehört zu den faux frais der Produktion. Sein Nutzen besteht nicht darin, eine unproduktive in eine produktive zu verwandeln, oder unproduktive Arbeit in produktive. […] Sein Nutzen besteht vielmehr darin, dass ein geringerer Teil der Arbeitskraft und Arbeitszeit der Gesellschaft in dieser unproduktiven Form gebunden wird.| (Marx, Kapital 2.Band, MEW Band 24, S.133f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Im Zirkulationsprozess wird kein Wert und damit kein Mehrwert produziert.<br />
<br />
{{Zitat |Das Kaufmannskapital ist nichts als innerhalb der Zirkulationssphäre fungierendes Kapital. Der Zirkulationsprozeß ist eine Phase des gesamten Reproduktionsprozesses. Aber im Zirkulationsprozeß wird kein Wert produziert, also auch kein Mehrwert.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.290)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Das industrielle Kapital produziert den Mehrwert durch direkte Aneignung unbezahlter, fremder Arbeit. Das Kaufmannskapital eignet sich einen Teil dieses Mehrwerts an.<br />
<br />
{{Zitat |Das Verhältnis des Kaufmannskapitals zum Mehrwert ist ein anderes als das des industriellen Kapitals. Das letztere produziert den Mehrwert durch direkte Aneignung unbezahlter fremder Arbeit. Das erstere eignet sich einen Teil dieses Mehrwerts an, indem es diesen Teil vom industriellen Kapital auf sich übertragen lässt.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.304)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Dem industriellen Kapital sind die Zirkulationskosten Unkosten, für das Handelskapital Quelle des Profits.<br />
<br />
{{Zitat |Dem industriellen Kapital erscheinen und sind die Zirkulationskosten Unkosten. Dem Kaufmann erscheinen sie als Quelle seines Profits, der – die allgemeine Profitrate vorausgesetzt – im Verhältnis zur Größe derselben steht.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.313.)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Im kooperativen Arbeitsprozess wird unterteilt in Hand- und Kopfarbeit. Im Sinne des Gesamtarbeiters verrichten aber beide Teile produktive Arbeit.<br />
<br />
{{Zitat |Wie im Natursystem Kopf und Hand zusammengehören, vereint der Arbeitsprozeß Kopfarbeit und Handarbeit. Später scheiden sie sich bis zum feindlichen Gegensatz. Das Produkt verwandelt sich überhaupt aus dem unmittelbaren Produkt des individuellen Produzenten in ein gesellschaftliches, in das gemeinsame Produkt eines Gesamtarbeiters, d.h. eines kombinierten Arbeitspersonals, dessen Glieder der Handhabung des Arbeitsgegenstandes näher oder ferner stehn. Mit dem kooperativen Charakter des Arbeitsprozesses selbst erweitert sich daher notwendig der Begriff der produktiven Arbeit und ihres Trägers, des produktiven Arbeiters. Um produktiv zu arbeiten, ist es nun nicht mehr nötig, selbst Hand anzulegen; es genügt, Organ des Gesamtarbeiters zu sein, irgendeine seiner Unterfunktionen zu vollziehn.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.531)}}<br />
<br />
==Absolute Mehrwertproduktion==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Exploitationsgrad, variables Kapital<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Unter absoluter Mehrwertproduktion versteht Marx die Verschärfung der Ausbeutung durch die Verlängerung des Arbeitstages, damit also der Verlängerung der Mehrarbeit, und durch die Abnahme der beschäftigten Arbeiter.<br />
<br />
{{Zitat |Verminderung des variablen Kapitals ist […] ausgleichbar durch proportionelle Erhöhung im Exploitationsgrad der Arbeitskraft oder die Abnahme in der Anzahl der beschäftigten Arbeiter durch proportionelle Verlängerung des Arbeitstags.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.322f.)}}<br />
<br />
{{Zitat |Durch Verlängrung des Arbeitstags produzierten Mehrwert nenne ich absoluten Mehrwert; […]| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.334)}}<br />
<br />
==Relative Mehrwertproduktion==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Länge des Arbeitstags, Relative Mehrwertproduktion, Mehrarbeit, notwendige Arbeit, relativer Mehrwert, Wert der Arbeitskraft, Produktivkraftentwicklung, Produktivkraftsteigerung, Mehrwertrate<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Wenn der Teil der Arbeitszeit, den der Arbeiter für seine Reproduktion braucht (notwendige Arbeitszeit), verkürzt wird, ohne dass sich die gesamte Arbeitszeit reduziert, erzielt der Kapitalist eine relative Mehrwertsteigerung. Die Verlängerung des Arbeitstages führt zu einer absoluten Mehrwertsteigerung.<br />
<br />
{{Zitat |Wie kann nun die Produktion von Mehrwert vergrößert, d.h. die Mehrarbeit verlängert werden, ohne jede weitere Verlängrung oder unabhängig von jeder weiteren Verlängrung [des Arbeitstages] […]?| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.331)}}<br />
<br />
{{Zitat |Der Verlängrung der Mehrarbeit entspräche die Verkürzung der notwendigen Arbeit, oder ein Teil der Arbeitszeit, die der Arbeiter bisher in der Tat für sich selbst verbraucht, verwandelt sich in Arbeitszeit für den Kapitalisten. Was verändert, wäre nicht die Länge des Arbeitstags, sondern seine Teilung in notwendige Arbeit und Mehrarbeit.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.321f.)}}<br />
<br />
{{Zitat |Durch Verlängrung des Arbeitstags produzierten Mehrwert nenne ich absoluten Mehrwert; den Mehrwert dagegen, der aus Verkürzung der notwendigen Arbeitszeit und entsprechender Verändrung im Größenverhältnis der beiden Bestandteile des Arbeitstags entspringt – relativen Mehrwert| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.334)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Die notwendige Arbeitszeit kann sich nur verkürzen, wenn der Wert der Ware Arbeitskraft sinkt. Dieser kann nur sinken, wenn die Masse Lebensmittel in kürzerer Arbeitszeit hergestellt wird und damit geringeren Wert hat. Dies ist jedoch ohne eine Erhöhung der Produktivkraft der Arbeit unmöglich.<br />
<br />
{{Zitat |Bei gegebner Länge des Arbeitstags muß die Verlängrung der Mehrarbeit aus der Verkürzung der notwendigen Arbeitszeit entspringen, […] in unsrem Beispiel muß der Wert der Arbeitskraft wirklich um ein Zehntel sinken, damit die notwendige Arbeitszeit um ein Zehntel abnehme, von 10 auf 9 Stunden, und daher die Mehrarbeit sich von 2 auf 3 Stunden verlängre. Eine solche Senkung des Werts der Arbeitskraft um ein Zehntel bedingt aber ihrerseits, daß dieselbe Masse Lebensmittel, die früher in 10, jetzt in 9 Stunden produziert wird. Dies ist jedoch unmöglich ohne eine Erhöhung der Produktivkraft der Arbeit. […] Unter Erhöhung der Produktivkraft der Arbeit verstehn wir hier überhaupt eine Verändrung im Arbeitsprozeß, wodurch die zur Produktion einer Ware gesellschaftlich erheischte Arbeitszeit verkürzt wird, ein kleinres Quantum Arbeit also die Kraft erwirbt, ein größres Quantum Gebrauchswert zu produzieren. Während also bei der Produktion des Mehrwerts in der bisher betrachteten Form die Produktionsweise als gegeben unterstellt war, genügt es für die Produktion von Mehrwert durch Verwandlung notwendiger Arbeit in Mehrarbeit keineswegs, daß das Kapital sich des Arbeitsprozesses in seiner historisch überlieferten oder vorhandnen Gestalt bemächtigt und nur seine Dauer verlängert. Es muß die technischen und gesellschaftlichen Bedingungen des Arbeitsprozesses, also die Produktionsweise selbst umwälzen, um die Produktivkraft der Arbeit zu erhöhn, durch die Erhöhung der Produktivkraft der Arbeit den Wert der Arbeitskraft zu senken und so den zur Reproduktion dieses Werts notwendigen Teil des Arbeitstags zu verkürzen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.333f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Steigerung der Produktivkraft muss Industriezweige betreffen, deren Produkte den Wert der Arbeitskraft bestimmen.<br />
<br />
{{Zitat |Um den Wert der Arbeitskraft zu senken, muß die Steigerung der Produktivkraft Industriezweige ergreifen, deren Produkte den Wert der Arbeitskraft bestimmen, also entweder dem Umkreis der gewohnheitsmäßigen Lebensmittel angehören oder sie ersetzen können.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.334)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der Wert der Ware Arbeitskraft nimmt ab mit der zu seiner Reproduktion notwendigen Arbeitszeit, deren Gesamtverkürzung gleich der Summe ihrer Verkürzungen in allen jenen besonderen Produktionszweigen ist. Wenn ein einzelner Kapitalist durch Steigerung der Produktivkraft der Arbeit z. B. Hemden verbilligt, schwebt ihm keineswegs notwendig der Zweck vor, den Wert der Arbeitskraft und daher die notwendige Arbeitszeit pro tanto zu senken, aber nur soweit er schließlich zu diesem Resultat beiträgt, trägt er zur Erhöhung der allgemeinen Rate des Mehrwerts bei. Die allgemeinen Bewegungsgesetze des Kapitals setzen sich hinter dem Rücken der Menschen durch, ohne dass sie den Kapitalisten bewusst sind, aber immer im Sinne der Steigerung des Werts.<br />
<br />
{{Zitat |Die verwohlfeilerte Ware senkt natürlich den Wert der Arbeitskraft nur pro tanto, d.h. nur im Verhältnis, worin sie in die Reproduktion der Arbeitskraft eingeht. Hemden z.B. sind ein notwendiges Lebensmittel, aber nur eins von vielen. Ihre Verwohlfeilerung vermindert bloß die Ausgabe des Arbeiters für Hemden. Die Gesamtsumme der notwendigen Lebensmittel besteht jedoch nur aus verschiednen Waren, lauter Produkten besondrer Industrien, und der Wert jeder solchen Ware bildet stets einen aliquoten Teil vom Wert der Arbeitskraft. Dieser Wert nimmt ab mit der zu seiner Reproduktion notwendigen Arbeitszeit, deren Gesamtverkürzung gleich der Summe ihrer Verkürzungen in allen jenen besondren Produktionszweigen ist.<br/> Wir behandeln dies allgemeine Resultat hier so, als wäre es unmittelbares Resultat und unmittelbarer Zweck in jedem einzelnen Fall. Wenn ein einzelner Kapitalist durch Steigerung der Produktivkraft der Arbeit z.B. Hemden verwohlfeilert, schwebt ihm keineswegs notwendig der Zweck vor, den Wert der Arbeitskraft und daher die notwendige Arbeitszeit pro tanto zu senken, aber nur soweit er schließlich zu diesem Resultat beiträgt, trägt er bei zur Erhöhung der allgemeinen Rate des Mehrwerts. Die allgemeinen und notwendigen Tendenzen des Kapitals sind zu unterscheiden von ihren Erscheinungsformen.<br/> Die Art und Weise, wie die immanenten Gesetze der kapitalistischen Produktion in der äußern Bewegung der Kapitale erscheinen, sich als Zwangsgesetze der Konkurrenz geltend machen und daher als treibende Motive dem individuellen Kapitalisten zum Bewußtsein kommen, ist jetzt nicht zu betrachten, aber soviel erhellt von vornherein: Wissenschaftliche Analyse der Konkurrenz ist nur möglich, sobald die innere Natur des Kapitals begriffen ist, ganz wie die scheinbare Bewegung der Himmelskörper nur dem verständlich, der ihre wirkliche, aber sinnlich nicht wahrnehmbare Bewegung kennt. Dennoch ist zum Verständnis der Produktion des relativen Mehrwerts und bloß auf Grundlage der bereits gewonnenen Resultate folgendes zu bemerken.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.334f.)}}<br />
<br />
==Die Jagd nach dem Extraprofit==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Produktivkraftsteigerung, Wert der Ware, Extramehrwert, Wert der Arbeitskraft, Produktivkraftentwicklung, relativer Mehrwert, Extramehrwert<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Wenn es einem Kapitalisten gelingt, die Produktivkraft zu steigern, produziert er mehr Waren in gegebener Zeit. Der individuelle Wert einer dieser Waren steht nun unter ihrem gesellschaftlichen Wert, d. h., sie kostet weniger Arbeitszeit als der große Haufen derselben Artikel, produziert unter den gesellschaftlichen Durchschnittsbedingungen. Der wirkliche Wert einer Ware ist aber nicht ihr individueller, sondern ihr gesellschaftlicher Wert, d. h., er wird nicht durch die Arbeitszeit gemessen, die sie im einzelnen Fall den Produzenten tatsächlich kostet, sondern durch die gesellschaftlich zu ihrer Produktion erheischte Arbeitszeit. Verkauft also der Kapitalist, der die neue Methode anwendet, seine Ware zu ihrem gesellschaftlichen Wert, kann er Extramehrwert realisieren. Diese Steigerung des Mehrwerts findet für ihn statt, ob oder ob nicht seine Ware dem Umkreis der notwendigen Lebensmittel angehört und daher bestimmend in den allgemeinen Wert der Arbeitskraft eingeht.<br />
<br />
{{Zitat |Stellt sich eine Arbeitsstunde in einem Goldquantum von 6 d. oder einen halben sh. dar, so wird in zwölfstündigem Arbeitstag ein Wert von 6 sh. produziert. Gesetzt, mit der gegebnen Produktivkraft der Arbeit würden 12 Stück Waren in diesen 12 Arbeitsstunden verfertigt. Der Wert der in jedem Stück vernutzten Produktionsmittel, Rohmaterial usw. sei 6 d. Unter diesen Umständen kostet die einzelne Ware 1 sh., nämlich 6 d. für den Wert der Produktionsmittel, 6 d. für den in ihrer Verarbeitung neu zugesetzten Wert.<br/> Es gelinge nun einem Kapitalisten, die Produktivkraft der Arbeit zu verdoppeln und daher 24 statt 12 Stück dieser Warenart in dem zwölfstündigen Arbeitstag zu produzieren. Bei unverändertem Wert der Produktionsmittel sinkt der Wert der einzelnen Ware jetzt auf 9 d., nämlich 6 d. für den Wert der Produktionsmittel, 3 d. für den durch die letzte Arbeit neu zugesetzten Wert. Trotz der verdoppelten Produktivkraft schafft der Arbeitstag nach wie vor nur einen Neuwert von 6 sh., welcher sich jedoch jetzt auf doppelt soviel Produkte verteilt. Auf jedes einzelne Produkt fällt daher nur noch ein Vierundzwanzigstel statt ein Zwölftel dieses Gesamtwerts, 3 d. statt 6 d. oder, was dasselbe ist, den Produktionsmitteln wird bei ihrer Verwandlung in Produkt, jedes Stück berechnet, jetzt nur noch eine halbe statt wie früher eine ganze Arbeitsstunde zugesetzt.<br/> Der individuelle Wert dieser Ware steht nun unter ihrem gesellschaftlichen Wert, d.h., sie kostet weniger Arbeitszeit als der große Haufen derselben Artikel, produziert unter den gesellschaftlichen Durchschnittsbedingungen. Das Stück kostet im Durchschnitt 1 sh. oder stellt 2 Stunden gesellschaftlicher Arbeit dar; mit der veränderten Produktionsweise kostet es nur 9 d. oder enthält nur IV2 Arbeitsstunden. <br/> Der wirkliche Wert einer Ware ist aber nicht ihr individueller, sondern ihr gesellschaftlicher Wert, d.h., er wird nicht durch die Arbeitszeit gemessen, die sie im einzelnen Fall dem Produzenten tatsächlich kostet, sondern durch die gesellschaftlich zu ihrer Produktion erheischte Arbeitszeit.<br/> Verkauft also der Kapitalist, der die neue Methode anwendet, seine Ware zu ihrem gesellschaftlichen Wert von 1 sh., so verkauft er sie 3 d. über ihrem individuellen Wert und realisiert so einen Extramehrwert von 3 d. Andrerseits stellt sich aber der zwölfstündige Arbeitstag jetzt für ihn in 24 Stück Ware dar statt früher in 12. Um also das Produkt eines Arbeitstags zu verkaufen, bedarf er doppelten Absatzes oder eines zweifach größern Markts. Unter sonst gleichbleibenden Umständen erobern seine Waren nur größern Marktraum durch Kontraktion ihrer Preise. Er wird sie daher über ihrem individuellen, aber unter ihrem gesellschaftlichen Wert verkaufen, sage zu 10 d. das Stück. So schlägt er an jedem einzelnen Stück immer noch einen Extramehrwert von 1 d. heraus. Diese Steigerung des Mehrwerts findet für ihn statt, ob oder ob nicht seine Ware dem Umkreis der notwendigen Lebensmittel angehört und daher bestimmend in den allgemeinen Wert der Arbeitskraft eingeht.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.335f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Mit der Produktivkraftentwicklung wächst der relative Mehrwert, während der Wert der Ware Arbeitskraft sinkt. Somit ist der immanente Trieb und die beständige Tendenz des Kapitals, die Produktivkräfte der Arbeit zu steigern, um die Ware und durch die Vergünstigung der Ware den Arbeiter selbst zu vergünstigen, zu erklären.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist daher der immanente Trieb und die beständige Tendenz des Kapitals, die Produktivkraft der Arbeit zu steigern, um die Ware und durch die Verwohlfeilerung der Ware den Arbeiter selbst zu verwohlfeilern.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.338)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Der absolute Wert der Ware ist dem Kapitalisten gleichgültig. Ihn interessiert nur der Mehrwert. Der relative Mehrwert steigt durch die Produktivkraft der Arbeit, der Wert der Waren sinkt dagegen. Dem Kapitalisten geht es nur um die Produktion von Tauschwert, er will den Tauschwert der Waren beständig senken.<br />
<br />
{{Zitat |Der absolute Wert der Ware ist dem Kapitalisten, der sie produziert, an und für sich gleichgültig. Ihn interessiert nur der in ihr steckende und im Verkauf realisierbare Mehrwert. Realisierung von Mehrwert schließt von selbst Ersatz des vorgeschoßnen Werts ein. Da nun der relative Mehrwert in direktem Verhältnis zur Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit wächst, während der Wert der Waren in umgekehrtem Verhältnis zur selben Entwicklung fällt, da also derselbe identische Prozeß die Waren verwohlfeilert und den in ihnen enthaltnen Mehrwert steigert, löst sich das Rätsel, daß der Kapitalist, dem es nur um die Produktion von Tauschwert zu tun ist, den Tauschwert der Waren beständig zu senken strebt, […]| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.338f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der Extramehrwert verschwindet, sobald sich die neue Produktionsweise verallgemeinert und bestimmend ist für den gesellschaftlichen Wert der Ware.<br />
<br />
{{Zitat |Andrerseits aber verschwindet jener Extramehrwert, sobald die neue Produktionsweise sich verallgemeinert und damit die Differenz Zwischen dem individuellen Wert der wohlfeiler produzierten Waren und ihrem gesellschaftlichen Wert verschwindet.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.337)}}<br />
<br />
==Die Profitrate==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Profit, Kapital, Mehrwert, Kapitalverhältnis, Konstantes Kapital, variables Kapital, Profitrate, Mehrwertrate<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Der Kapitalist kann keinen Unterschied zwischen konstantem und variablen Kapital erkennen, da er nur sieht, dass er für beide Ausgaben Kapital vorschießen muss. So misst er den Grad des Gewinns an der Differenz von Ausgaben und Überschuss = Profit.<br/> Die Wertveränderung, die sich während des Produktionsprozesses ereignet, wird vom variablen Kapital in das Gesamtkapital verlegt.<br/> Der Profit ist zunächst dasselbe wie der Mehrwert, nur in mystifizierter Form, die aus der kapitalistischen Produktionsweise entsteht.<br />
<br />
{{Zitat |1=Als solcher vorgestellter Abkömmling des vorgeschoßnen Gesamtkapitals erhält der Mehrwert die verwandelte Form des Profits. Eine Wertsumme ist daher Kapital, weil sie ausgelegt wird, um einen Profit zu erzeugen, oder der Profit kommt heraus, weil eine Wertsumme als Kapital angewandt wird. Nennen wir den Profit p, so verwandelt sich die Formel W = c + v + m = k + m in die Formel W = k + p oder Warenwert = Kostpreis + Profit. Der Profit, wie wir ihn hier zunächst vor uns haben, ist also dasselbe, was der Mehrwert ist, nur in einer mystifizierten Form, die jedoch mit Notwendigkeit aus der kapitalistischen Produktionsweise herauswächst. Weil in der scheinbaren Bildung des Kostpreises kein Unterschied zwischen konstantem und variablem Kapital zu erkennen ist, muß der Ursprung der Wertveränderung, die während des Produktionsprozesses sich ereignet, von dem variablen Kapitalteil in das Gesamtkapital verlegt werden.| 2=(Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.46)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Weil alle Teile des Kapitals gleichmäßig als Quelle des Profits erscheinen, wird das Kapitalverhältnis mystifiziert.<br />
<br />
{{Zitat |Indem alle Teile des Kapitals gleichmäßig als Quelle des überschüssigen Werts (Profits) erscheinen, wird das Kapitalverhältnis mystifiziert.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.55)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Der Kapitalist kann keinen Unterschied zwischen konstantem und variablem Kapital erkennen, da er nur sieht, dass er für beide Ausgaben Kapital vorschießen muss. So misst er den Grad des Gewinns an der Differenz von Ausgaben und Überschuss = Profit.<br />
<br />
{{Zitat |Da der Kapitalist die Arbeit nur exploitieren kann durch Vorschuß des konstanten Kapitals, da er das konstante Kapital nur verwerten kann durch Vorschuß des variablen, so fallen ihm diese in der Vorstellung alle gleichmäßig zusammen, und dies um so mehr, als der wirkliche Grad seines Gewinns bestimmt ist nicht durch das Verhältnis zum variablen Kapital, sondern zum Gesamtkapital, nicht durch die Rate des Mehrwerts, sondern durch die Rate des Profits, die, wie wir sehn werden, dieselbe bleiben, und doch verschiedne Raten des Mehrwerts ausdrücken kann.<br/> Zu den Kosten des Produkts gehören alle seine Wertbestandteile, die der Kapitalist gezahlt, oder für die er ein Äquivalent in die Produktion geworfen hat. Diese Kosten müssen ersetzt werden, damit das Kapital sich einfach erhalte oder in seiner ursprünglichen Größe reproduziere.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.52)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der Profit des Kapitalisten kommt daher, dass er etwas zu verkaufen hat, das er nicht bezahlt hat. Der Mehrwert resp. Profit besteht gerade in dem Überschuss des Warenwerts über ihren Kostpreis, d. h. in dem Überschuss der in der Ware enthaltenen Gesamtsumme von Arbeit über die in ihr enthaltene bezahlte Summe Arbeit. Dieser Überschuss steht also in einem Verhältnis zum Gesamtkapital, das sich ausdrückt in dem Bruch m/C, wo C das Gesamtkapital bedeutet. So erhalten wir die Profitrate m/(c+v).<br />
<br />
{{Zitat | 1=Der in der Ware enthaltne Wert ist gleich der Arbeitszeit, die ihre Herstellung kostet, und die Summe dieser Arbeit besteht aus bezahlter und unbezahlter. Die Kosten der Ware für den Kapitalisten bestehn dagegen nur aus dem Teil der in ihr vergegenständlichten Arbeit, den er gezahlt hat. Die in der Ware enthaltne Mehrarbeit kostet dem Kapitalisten nichts, obgleich sie dem Arbeiter, ganz so gut wie die bezahlte, Arbeit kostet, und obgleich sie, ganz so gut wie jene, Wert schafft und als wertbildendes Element in die Ware eingeht. Der Profit des Kapitalisten kommt daher, daß er etwas zu verkaufen hat, das er nicht bezahlt hat. Der Mehrwert resp. Profit besteht gerade in dem Uberschuß des Warenwerts über ihren Kostpreis, d.h. in dem Uberschuß der in der Ware enthaltnen Gesamtsumme von Arbeit über die in ihr enthaltne bezahlte Summe Arbeit. […] Dieser Überschuß steht also in einem Verhältnis zum Gesamtkapital, das sich ausdrückt in dem Bruch m/C, wo C das Gesamtkapital bedeutet. So erhalten wir die Profitrate m/c+v im Unterschiede von der Rate des Mehrwerts m/v.| 2=(Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.52)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
m/C drückt den Verwertungsgrad des vorgeschossenen Kapital aus.<br />
<br />
{{Zitat |In der Tat drückt das Verhältnis m/C den Verwertungsgrad des ganzen vorgeschoßnen Kapitals aus, […].| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.55)}}<br />
<br />
==Akkumulationsprozess des Kapitals==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Rückverwandlung, Reproduktion des vorgeschossenen Kapitals, Akkumulation, Mehrwert, Geld, Verwandlung in Kapital, Reproduktionsprozess auf erweiterter Stufenleiter, Überschuss, Kapitalakkumulation, Reproduktion, Ausbeutung, Kapital, Eigentum<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Jeder gesellschaftliche Produktionsprozess ist Reproduktionsprozess. <br />
<br />
{{Zitat |So wenig eine Gesellschaft aufhören kann zu konsumieren, so wenig kann sie aufhören zu produzieren. In einem stetigen Zusammenhang und dem beständigen Fluß seiner Erneuerung betrachtet, ist jeder gesellschaftliche Produktionsprozeß daher zugleich Reproduktionsprozeß.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.591)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Ein Teil der Produkte muss in Produktionsmittel rückverwandelt werden. <br />
<br />
{{Zitat |Die Bedingungen der Produktion sind zugleich die Bedingungen der Reproduktion. Keine Gesellschaft kann fortwährend produzieren, d. h. reproduzieren, ohne fortwährend einen Teil ihrer Produkte in Produktionsmittel oder Elemente der Neuproduktion rückzuverwandeln.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.591)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die kapitalistische Reproduktion dient nur als ein Mittel dazu, den vorgeschossenen Wert als Kapital zu reproduzieren. <br />
<br />
{{Zitat |Hat die Produktion kapitalistische Form, so die Reproduktion. Wie in der kapitalistischen Produktionsweise der Arbeitsprozeß nur als ein Mittel für den Verwertungsprozeß erscheint, so die Reproduktion nur als ein Mittel, den vorgeschoßnen Wert als Kapital zu reproduzieren, d.h. als sich verwertenden Wert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.591)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der Produktionsprozess verwandelt den stofflichen Reichtum in Kapital, der Arbeiter bleibt entblößt von allen Mitteln, diesen Reichtum für sich zu verwirklichen. Seine eigene Arbeit vergegenständlicht sich im fremden Produkt, das sich in Kapital verwandelt. Das Kapital saugt die wertschöpfende Kraft – Arbeit – aus. Der Arbeiter selbst produziert den gesellschaftlichen Reichtum als Kapital, ihn beherrschende und ausbeutende Macht. Der Kapitalist produziert beständig Arbeitskraft als abstrakte, in der bloßen Leiblichkeit des Arbeiters existierende Reichtumsquelle, den Arbeiter als Lohnarbeiter. Diese beständige Reproduktion ist die unerlässliche Bedingung der kapitalistischen Produktion. <br />
<br />
{{Zitat |Was aber anfangs nur Ausgangspunkt war, wird vermittelst der bloßen Kontinuität des Prozesses, der einfachen Reproduktion, stets aufs neue produziert und verewigt als eignes Resultat der kapitalistischen Produktion. Einerseits verwandelt der Produktionsprozeß fortwährend den stofflichen Reichtum in Kapital, in Verwertungs- und Genußmittel für den Kapitalisten. Andrerseits kommt der Arbeiter beständig aus dem Prozeß heraus, wie er in ihn eintrat - persönliche Quelle des Reichtums, aber entblößt von allen Mitteln, diesen Reichtum für sich zu verwirklichen. Da vor seinem Eintritt in den Prozeß seine eigne Arbeit ihm selbst entfremdet, dem Kapitalisten angeeignet und dem Kapital einverleibt ist, vergegenständlicht sie sich während des Prozesses beständig in fremdem Produkt. Da der Produktionsprozeß zugleich der Konsumtionsprozeß der Arbeitskraft durch den Kapitalisten, verwandelt sich das Produkt des Arbeiters nicht nur fortwährend in Ware, sondern in Kapital, Wert, der die wertschöpfende Kraft aussaugt, Lebensmittel, die Personen kaufen, Produktionsmittel, die den Produzenten anwenden. Der Arbeiter selbst produziert daher beständig den objektiven Reichtum als Kapital, ihm fremde, ihn beherrschende und ausbeutende Macht, und der Kapitalist produziert ebenso beständig die Arbeitskraft als subjektive, von ihren eignen Vergegenständlichungs- und Verwirklichungsmitteln getrennte, abstrakte, in der bloßen Leiblichkeit des Arbeiters existierende Reichtumsquelle, kurz den Arbeiter als Lohnarbeiter. Diese beständige Reproduktion oder Verewigung des Arbeiters ist das sine qua non der kapitalistischen Produktion.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.595f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Anwendung von Mehrwert als Kapital oder die Rückverwandlung von Mehrwert in Kapital heißt Akkumulation des Kapitals.<br />
<br />
{{Zitat |Anwendung von Mehrwert als Kapital oder Rückverwandlung von Mehrwert in Kapital heißt Akkumulation des Kapitals.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.605)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Kapitalwert war in Geldform vorgeschossen, der Mehrwert besteht aber als Teil des Produkts.<br/> Mit Verkauf des Produkts wird Kapitalwert wieder in Geld zurückverwandelt, der Mehrwert ändert aber seine ursprüngliche Daseinsweise in Geld.<br />
Der Kapitalwert und der Mehrwert sind dann beides Geldsummen, die sich in Kapital verwandeln.<br/>Mit dem Kauf von Waren, die es dem Kapitalisten ermöglichen, die Produktion fortzusetzen verwandeln sich beide Geldsummen wieder in Kapital. Damit beginnt der Reproduktionsprozess auf erweiterter Stufenleiter, vorausgesetzt die Waren sind auf dem Markt vorzufinden. <br />
<br />
{{Zitat |Der Kapitalwert war ursprünglich vorgeschossen in Geldform; der Mehrwert dagegen existiert von vornherein als Wert eines bestimmten Teils des Bruttoprodukts. Wird dieses verkauft, in Geld verwandelt, so gewinnt der Kapitalwert seine ursprüngliche Form wieder, aber der Mehrwert verwandelt seine ursprüngliche Daseinsweise.<br/>Von diesem Augenblick an sind jedoch Kapitalwert und Mehrwert beides Geldsummen, und ihre Wiederverwandlung in Kapital vollzieht sich auf ganz dieselbe Weise.<br/>Die eine wie die andre legt der Kapitalist an im Ankauf der Waren, die ihn instand setzen, die Verfertigung seines Artikels von neuem zu beginnen, und zwar diesmal auf erweiterter Stufenleiter. Um aber diese Waren zu kaufen, muß er sie auf dem Markte vorfinden.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.606)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Das Mehrprodukt kann nur in Kapital durch Produktionsmittel und Lebensmittel verwandelt werden. Ein Teil der jährlichen Mehrarbeit muss zur Herstellung zusätzlicher Produktions- und Lebensmittel – über das Quantum – verwandt worden sein, das zum Ersatz des vorgeschossenen Kapitals erforderlich war. Das Mehrprodukt, dessen Wert der Mehrwert ist, enthält bereits die sachlichen Bestandteile eines neuen Kapitals. Deshalb ist der Mehrwert in Kapital verwandelbar. <br />
<br />
{{Zitat |Um zu akkumulieren, muß man einen Teil des Mehrprodukts in Kapital verwandeln. Aber, ohne Wunder zu tun, kann man nur solche Dinge in Kapital verwandeln, die im Arbeitsprozeß verwendbar sind, d. h. Produktionsmittel, und des ferneren Dinge, von denen der Arbeiter sich erhalten kann, d.h. Lebensmittel.<br/> Folglich muß ein Teil der jährlichen Mehrarbeit verwandt worden sein zur Herstellung zusätzlicher Produktions- und Lebensmittel, im Überschuß über das Quantum, das zum Ersatz des vorgeschossenen Kapitals erforderlich war.<br/>Mit einem Wort: der Mehrwert ist nur deshalb in Kapital verwandelbar, weil das Mehrprodukt, dessen Wert er ist, bereits die sachlichen Bestandteile eines neuen Kapitals enthält.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.606f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 8'''<br />
<br />
Die Arbeiterklasse hat durch ihre diesjährige Mehrarbeit das Kapital geschaffen, mit dem im nächsten Jahr zuschüssige Arbeit beschäftigt wird. Das nennt man Kapital durch Kapital erzeugen. <br />
<br />
{{Zitat |In allen Fällen hat die Arbeiterklasse durch ihre diesjährige Mehrarbeit das Kapital geschaffen, das im nächsten Jahr zuschüssige Arbeit beschäftigen wird. Das ist es, was man nennt: Kapital durch Kapital erzeugen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.608)}}<br />
<br />
'''Annahme 9'''<br />
<br />
Das Eigentum an vergangener unbezahlter Arbeit ist Bedingung für die Aneignung gegenwärtiger lebendiger Arbeit. Je mehr der Kapitalist akkumuliert hat, desto mehr kann er akkumulieren. <br />
(Das ist bereits ein wichtiger Hinweis auf die Konzentration und Zentralisation.) <br />
<br />
{{Zitat |Eigentum an vergangner unbezahlter Arbeit erscheint jetzt als die einzige Bedingung für gegenwärtige Aneignung lebendiger unbezahlter Arbeit in stets wachsendem Umfang. Je mehr der Kapitalist akkumuliert hat, desto mehr kann er akkumulieren.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.609)}}<br />
<br />
'''Annahme 10'''<br />
<br />
In allen Gesellschaftsformationen findet Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter statt, es erscheint aber nicht als Akkumulation des Kapitals, solange dem Arbeiter seine Produktionsmittel noch nicht in der Form von Kapital gegenüberstehen. <br />
<br />
{{Zitat |In den verschiedensten ökonomischen Gesellschaftsformationen findet nicht nur einfache Reproduktion statt, sondern, obgleich auf verschiednem Maßstab, Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter. Es wird progressiv mehr produziert und mehr konsumiert, also auch mehr Produkt in Produktionsmittel verwandelt. Dieser Prozeß erscheint aber nicht als Akkumulation von Kapital und daher auch nicht als Funktion des Kapitalisten, solange dem Arbeiter seine Produktionsmittel, daher auch sein Produkt und seine Lebensmittel, noch nicht in der Form von Kapital gegenüberstehn.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.624)}}<br />
<br />
'''Annahme 11'''<br />
<br />
Die Arbeitskraft wird gekauft zur Verwertung des Kapitals. Die Produktion von Mehrwert ist das absolute Gesetz dieser Produktionsweise. Nur soweit sie die Produktionsmittel als Kapital erhält, ihren eigenen Wert als Kapital reproduziert und unbezahlte Arbeit eine Quelle von Zuschusskapital liefert, ist die Arbeitskraft verkaufbar. Die Bedingung für den Verkauf ist die stets erweiterte Reproduktion des Reichtums als Kapital. <br />
<br />
{{Zitat |So wenig aber bessere Kleidung, Nahrung, Behandlung und ein größeres Peculium das Abhängigkeitsverhältnis und die Exploitation des Sklaven aufheben, so wenig die des Lohnarbeiters. Steigender Preis der Arbeit infolge der Akkumulation des Kapitals besagt in der Tat nur, daß der Umfang und die Wucht der goldnen Kette, die der Lohnarbeiter sich selbst bereits geschmiedet hat, ihre losere Spannung erlauben. In den Kontroversen über diesen Gegenstand hat man meist die Hauptsache übersehn, nämlich die differentia specifica der kapitalistischen Produktion. Arbeitskraft wird hier gekauft, nicht um durch ihren Dienst oder ihr Produkt die persönlichen Bedürfnisse des Käufers zu befriedigen. Sein Zweck ist Verwertung seines Kapitals, Produktion von Waren, die mehr Arbeit enthalten, als er zahlt, also einen Wertteil enthalten, der ihm nichts kostet und dennoch durch den Warenverkauf realisiert wird. Produktion von Mehrwert oder Plusmacherei ist das absolute Gesetz dieser Produktionsweise. Nur soweit sie die Produktionsmittel als Kapital erhält, ihren eignen Wert als Kapital reproduziert und in unbezahlter Arbeit eine Quelle von Zuschußkapital liefert, ist die Arbeitskraft verkaufbar. Die Bedingungen ihres Verkaufs, ob mehr oder minder günstig für den Arbeiter, schließen also die Notwendigkeit ihres steten Wiederverkaufs und die stets erweiterte Reproduktion des Reichtums als Kapital ein.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.646f.)}}<br />
<br />
==Mehrwertproduktion durch Ausbeutung der Arbeitskraft ==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Mehrwert, Konsumtionsfonds, Variables Kapital, Ausbeutung, Verschleierung, Lohn, Reproduktion, Arbeitslohn, Mehrarbeit<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Der Arbeiter produziert den Mehrwert, der als Konsumtionsfonds des Kapitalisten dient und den Fonds seiner eigenen Zahlung, das variable Kapital, bevor es ihm als Arbeitslohn zufließt. <br />
<br />
{{Zitat |Der Produktionsprozeß wird eingeleitet mit dem Kauf der Arbeitskraft für eine bestimmte Zeit, und diese Einleitung erneuert sich beständig, sobald der Verkaufstermin der Arbeit fällig und damit eine bestimmte Produktionsperiode, Woche, Monat usw., abgelaufen ist. Gezahlt wird der Arbeiter aber erst, nachdem seine Arbeitskraft gewirkt und sowohl ihren eignen Wert als den Mehrwert in Waren realisiert hat. Er hat also wie den Mehrwert, den wir einstweilen nur als Konsumtionsfonds des Kapitalisten betrachten, so den Fonds seiner eignen Zahlung, das variable Kapital, produziert, bevor es ihm in der Form des Arbeitslohnes zurückfließt, und er wird nur so lange beschäftigt, als er ihn beständig reproduziert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.592)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Die Warenform des Produkts und die Geldform der Ware verkleiden die Transaktion, in der die Kapitalistenklasse der Arbeiterklasse Anweisungen in Geldform auf das von ihr produzierte und durch die Kapitalistenklasse angeeignete Produkt gibt. <br />
<br />
{{Zitat |Die Illusion, welche die Geldform erzeugt, verschwindet sofort, sobald statt des einzelnen Kapitalisten und des einzelnen Arbeiters Kapitalistenklasse und Arbeiterklasse betrachtet werden. Die Kapitalistenklasse gibt der Arbeiterklasse beständig in Geldform Anweisungen auf einen Teil des von der letzteren produzierten und von der erstren angeeigneten Produkts. Diese Anweisungen gibt der Arbeiter der Kapitalistenklasse ebenso beständig zurück und entzieht ihr damit den ihm selbst zufallenden Teil seines eignen Produkts. Die Warenform des Produkts und die Geldform der Ware verkleiden die Transaktion.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.593)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Das variable Kapital ist nur eine historische Erscheinungsform des Fonds von Lebensmitteln oder Arbeitsfonds, den der Arbeiter zu seiner Selbsterhaltung benötigt. <br />
<br />
{{Zitat |Das variable Kapital ist also nur eine besondre historische Erscheinungsform des Fonds von Lebensmitteln oder des Arbeitsfonds, den der Arbeiter zu seiner Selbsterhaltung und Reproduktion bedarf und den er in allen Systemen der gesellschaftlichen Produktion stets selbst produzieren und reproduzieren muß.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.593)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Die bloße Kontinuität des Reproduktionsprozesses verwandelt Kapital in akkumuliertes Kapital. Es wird Materiatur unbezahlter, fremder Arbeit. <br />
<br />
{{Zitat |Ganz abgesehn von aller Akkumulation verwandelt also die bloße Kontinuität des Produktionsprozesses, oder die einfache Reproduktion, nach kürzerer oder längerer Periode jedes Kapital notwendig in akkumuliertes Kapital oder kapitalisierten Mehrwert. War es selbst bei seinem Eintritt in den Produktionsprozeß persönlich erarbeitetes Eigentum seines Anwenders, früher oder später wird es ohne Äquivalent angeeigneter Wert oder Materiatur, ob in Geldform oder anders, unbezahlter fremder Arbeit.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.595)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Um die Bestandteile als Kapital fungieren zu lassen, braucht es zusätzliche Arbeitskräfte. Daher ist die Arbeiterklasse die vom Lohn abhängige Klasse, deren Lohn auch zur Vermehrung hinreicht.<br />
<br />
{{Zitat |Um nun diese Bestandteile tatsächlich als Kapital fungieren zu lassen, bedarf die Kapitalistenklasse eines Zuschusses von Arbeit. Soll nicht die Ausbeutung der schon beschäftigten Arbeiter extensiv oder intensiv wachsen, so müssen zusätzliche Arbeitskräfte eingestellt werden. Dafür hat der Mechanismus der kapitalistischen Produktion ebenfalls schon gesorgt, indem er die Arbeiterklasse reproduziert als vom Arbeitslohn abhängige Klasse, deren gewöhnlicher Lohn hinreicht, nicht nur ihre Erhaltung zu sichern, sondern auch ihre Vermehrung.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.607)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Auch die Lebensmittel, von denen sich die Arbeiterklasse erhält, sind Bestandteile des Mehrprodukts. Wenn die Kapitalistenklasse mit dem Mehrprodukt neue Arbeitskräfte kauft, bezahlt er sie mit ihrem eigenen Geld. <br />
<br />
{{Zitat |Die Produktionsmittel, denen die zuschüssige Arbeitskraft einverleibt wird, wie die Lebensmittel, von denen diese sich erhält, sind nichts als integrierende Bestandteile des Mehrprodukts, des der Arbeiterklasse jährlich durch die Kapitalistenklasse entrissenen Tributs. Wenn diese mit einem Teil des Tributs von jener zusätzliche Arbeitskraft kauft, selbst zum vollen Preise, so daß Äquivalent sich austauscht gegen Äquivalent - es bleibt immer das alte Verfahren des Eroberers, der den Besiegten Waren abkauft mit ihrem eignen, geraubten Geld.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.608)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Die gewaltsame Herabsetzung des Arbeitslohns unter den Wert der Arbeitskraft spielt in der praktischen Bewegung eine wichtige Rolle. Sie verwandelt faktisch, innerhalb gewisser Grenzen, den notwendigen Konsumtionsfonds des Arbeiters in einen Akkumulationsfonds von Kapital.<br />
<br />
{{Zitat |Man erinnert sich, daß die Rate des Mehrwerts in erster Instanz abhängt vom Exploitationsgrad der Arbeitskraft. Die politische Ökonomie würdigt diese Rolle so sehr, daß sie gelegentlich die Beschleunigung der Akkumulation durch erhöhte Produktionskraft der Arbeit identifiziert mit ihrer Beschleunigung durch erhöhte Exploitation des Arbeiters. In den Abschnitten über die Produktion des Mehrwerts ward beständig unterstellt, daß der Arbeitslohn wenigstens gleich dem Wert der Arbeitskraft ist. Die gewaltsame Herabsetzung des Arbeitslohns unter diesen Wert spielt jedoch in der praktischen Bewegung eine zu wichtige Rolle, um uns nicht einen Augenblick dabei aufzuhalten. Sie verwandelt faktisch, innerhalb gewisser Grenzen, den notwendigen Konsumtionsfonds des Arbeiters in einen Akkumulationsfonds von Kapital.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.626)}}<br />
<br />
==Trennung von Arbeitsprodukt und Produzenten==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Entfremdung, Trennung von Arbeitsprodukt und Produzenten, Ursprüngliche Akkumulation, Kapitalverhältnis, Klasse, Lohnarbeiter, Kapitalisten <br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die Scheidung zwischen Arbeitsprodukt und Arbeit, Besitzer von Produktionsmitteln und Besitzer von Arbeitskraft und sonst nichts war der Ausgangspunkt des kapitalistischen Produktionsprozesses.<br />
<br />
{{Zitat |Um Geld in Kapital zu verwandeln, genügte nicht das Vorhandensein von Warenproduktion und Warenzirkulation. Es mußten erst, hier Besitzer von Wert oder Geld, dort Besitzer der wertschaffenden Substanz; hier Besitzer von Produktions- und Lebensmitteln, dort Besitzer von nichts als Arbeitskraft, einander als Käufer und Verkäufer gegenübertreten. Scheidung zwischen dem Arbeitsprodukt und der Arbeit selbst, zwischen den objektiven Arbeitsbedingungen und der subjektiven Arbeitskraft, war also die tatsächlich gegebne Grundlage, der Ausgangspunkt des kapitalistischen Produktionsprozesses.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.595)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Der Reproduktionsprozess reproduziert das Kapitalverhältnis selbst, auf der einen Seite den Kapitalisten, auf der anderen den Lohnarbeiter. <br />
<br />
{{Zitat |Der kapitalistische Produktionsprozeß, im Zusammenhang betrachtet oder als Reproduktionsprozeß, produziert also nicht nur Ware, nicht nur Mehrwert, er produziert und reproduziert das Kapitalverhältnis selbst, auf der einen Seite den Kapitalisten, auf der andren den Lohnarbeiter.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.604)}}<br />
<br />
==Produktive und individuelle Konsumtion==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Produktive Konsumtion, Individuelle Konsumtion, Wertschöpfung, Unproduktive Konsumtion, Akkumulationsfonds, Konsumtionsfonds, Mehrwert <br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die produktive Konsumtion bedeutet: durch die Arbeit konsumiert der Arbeiter Produktionsmittel und verwandelt sie in Produkte von höherem Wert. <br/> Die individuelle Konsumtion bedeutet: von dem vom Kapitalisten gezahlten Geld kauft der Arbeiter Lebensmittel.<br/> Es gibt zwei verschiedene Prozesse: der eine ist Leben des Kapitalisten und der andere Leben des Arbeiters. <br />
<br />
{{Zitat |Die Konsumtion des Arbeiters ist doppelter Art. In der Produktion selbst konsumiert er durch seine Arbeit Produktionsmittel und verwandelt sie in Produkte von höherem Wert als dem des vorgeschoßnen Kapitals. Dies ist seine produktive Konsumtion. Sie ist gleichzeitig Konsumtion seiner Arbeitskraft durch den Kapitalisten, der sie gekauft hat. Andrerseits verwendet der Arbeiter das für den Kauf der Arbeitskraft gezahlte Geld in Lebensmittel: dies ist seine individuelle Konsumtion. Die produktive und die individuelle Konsumtion des Arbeiters sind also total verschieden. In der ersten handelt er als bewegende Kraft des Kapitals und gehört dem Kapitalisten; in der zweiten gehört er sich selbst und verrichtet Lebensfunktionen außerhalb des Produktionsprozesses. Das Resultat der einen ist das Leben des Kapitalisten, das der andern ist das Leben des Arbeiters selbst.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.596f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Für die Kapitalisten ist die individuelle Konsumtion der Arbeiter nur produktiv, wenn sie zur Erhaltung der Arbeiter dient, weil sie so für neue auszubeutende Arbeiter sorgt. Bekommt der Arbeiter einen höheren Lohn, um mehr konsumieren zu können, ohne danach mehr zu arbeiten, ist das für den Kapitalist unproduktiv. <br><br />
Die Arbeiterklasse ist also Zubehör des Kapitals, die individuelle Konsumtion der Arbeiter nur ein Moment des Reproduktionsprozesses des Kapitals. <br><br />
Dieser Prozess sorgt dafür, dass der Arbeiter durch unsichtbare Fäden an den Kapitalisten gebunden ist. Da die von der Arbeiterklasse hergestellten Konsumtionsgüter nicht ihnen gehören und sie sie nur bekommen, wenn sie ihre Arbeitskraft auf dem Arbeitsmarkt verkaufen und ihren Lohn gegen Konsumtionsgüter eintauschen.<br />
<br />
{{Zitat |Daher betrachtet auch der Kapitalist und sein Ideolog, der politische Ökonom, nur den Teil der individuellen Konsumtion des Arbeiters als produktiv, der zur Verewigung der Arbeiterklasse erheischt ist, also in der Tat verzehrt werden muß, damit das Kapital die Arbeitskraft verzehre; was der Arbeiter außerdem zu seinem Vergnügen verzehren mag, ist unproduktive Konsumtion.<br/>Würde die Akkumulation des Kapitals eine Erhöhung des Arbeitslohns und daher Vermehrung der Konsumtionsmittel des Arbeiters verursachen ohne Konsum von mehr Arbeitskraft durch das Kapital, so wäre das zuschüssige Kapital unproduktiv konsumiert.<br/>In der Tat: die individuelle Konsumtion des Arbeiters ist für ihn selbst unproduktiv, denn sie reproduziert nur das bedürftige Individuum; sie ist produktiv für den Kapitalisten und den Staat, denn sie ist Produktion der den fremden Reichtum produzierenden Kraft.<br/>Von gesellschaftlichem Standpunkt ist also die Arbeiterklasse, auch außerhalb des unmittelbaren Arbeitsprozesses, ebensosehr Zubehör des Kapitals als das tote Arbeitsinstrument. Selbst ihre individuelle Konsumtion ist innerhalb gewisser Grenzen nur ein Moment des Reproduktionsprozesses des Kapitals.<br/>Der Prozeß aber sorgt dafür, daß diese selbstbewußten Produktionsinstrumente nicht weglaufen, indem er ihr Produkt beständig von ihrem Pol zum Gegenpol des Kapitals entfernt. Die individuelle Konsumtion sorgt einerseits für ihre eigne Erhaltung und Reproduktion, andrerseits durch Vernichtung der Lebensmittel für ihr beständiges Wiedererscheinen auf dem Arbeitsmarkt.<br/>Der römische Sklave war durch Ketten, der Lohnarbeiter ist durch unsichtbare Fäden an seinen Eigentümer gebunden. Der Schein seiner Unabhängigkeit wird durch den beständigen Wechsel der individuellen Lohnherrn und die fictio juris des Kontrakts aufrechterhalten.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.598f.)}}<br />
<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Der Mehrwert bzw. das Mehrprodukt ist indivudeller Konsumtionsfonds des Kapitalisten und zugleich Akkumulationsfonds. <br />
<br />
{{Zitat |Im vorigen Kapitel betrachteten wir den Mehrwert, resp. das Mehrprodukt, nur als individuellen Konsumtionsfonds des Kapitalisten, in diesem Kapitel bisher nur als einen Akkumulationsfonds. Er ist aber weder nur das eine noch das andre, sondern beides zugleich. Ein Teil des Mehrwerts wird vom Kapitalisten als Revenue verzehrt ein andrer Teil als Kapital angewandt oder akkumuliert.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.617f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der Kapitalist zwingt zur Verwertung des Werts, und so zur Produktion der Produktion willen, zur Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte, und zur Schöpfung der materiellen Produktionsbedingungen, die die reale Basis einer höheren Gesellschaftsformation bilden.<br/><br />
Der Kapitalist ist das Triebrad des gesellschaftlichen Mechanismus. <br/>Die kapitalistische Produktion macht eine fortwährende Steigerung des in einem industriellen Unternehmens angelegten Kapitals zur Notwendigkeit. Die Konkurrenz herrscht jedem individuellen Kapitalisten die immanenten Gesetze der kapitalistischen Produktionsweise als äußere Zwangsgesetze auf, das Kapital fortwährend auszudehnen, um es zu erhalten, was nur mit ansteigender Akkumulation möglich ist. <br />
<br />
{{Zitat |Als Fanatiker der Verwertung des Werts zwingt er rücksichtslos die Menschheit zur Produktion um der Produktion willen, daher zu einer Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte und zur Schöpfung von materiellen Produktionsbedingungen, welche allein die reale Basis einer höheren Gesellschaftsform bilden können, deren Grundprinzip die volle und freie Entwicklung jedes Individuums ist. Nur als Personifikation des Kapitals ist der Kapitalist respektabel.<br/>Als solche teilt er mit dem Schatzbildner den absoluten Bereicherungstrieb. Was aber bei diesem als individuelle Manie erscheint, ist beim Kapitalisten Wirkung des gesellschaftlichen Mechanismus, worin er nur ein Triebrad ist. Außerdem macht die Entwicklung der kapitalistischen Produktion eine fortwährende Steigerung des in einem industriellen Unternehmen angelegten Kapitals zur Notwendigkeit, und die Konkurrenz herrscht jedem individuellen Kapitalisten die immanenten Gesetze der kapitalistischen Produktionsweise als äußere Zwangsgesetze auf. Sie zwingt ihn, sein Kapital fortwährend auszudehnen, um es zu erhalten, und ausdehnen kann er es nur vermittelst progressiver Akkumulation.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.618)}}<br />
<br />
==Warenproduktion als Grundlage der kapitalistischen Produktion==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Warenproduktion, Eigentum, Ausbeutung, Mehrarbeit, Ware Arbeitskraft, Wertübertragung, Geld, Kapital, Doppelt freier Lohnarbeiter, Kapitalistische Produktion <br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Das Eigentum als Recht auf Aneignung unbezahlter Arbeit erscheint als Verletzung der Gesetze der Warenproduktion, resultiert aber aus ihrer Anwendung. <br />
<br />
{{Zitat |Eigentum erscheint jetzt auf Seite des Kapitalisten als das Recht, fremde unbezahlte Arbeit oder ihr Produkt, auf Seite des Arbeiters als Unmöglichkeit, sich sein eignes Produkt anzueignen. Die Scheidung zwischen Eigentum und Arbeit wird zur notwendigen Konsequenz eines Gesetzes, das scheinbar von ihrer Identität ausging. Sosehr die kapitalistische Aneignungsweise also den ursprünglichen Gesetzen der Warenproduktion ins Gesicht zu schlagen scheint, so entspringt sie doch keineswegs aus der Verletzung, sondern im Gegenteil aus der Anwendung dieser Gesetze.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.610)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Der Verbrauch der Ware Arbeitskraft durch den Käufer, nicht die Übervorteilung des Verkäufers, führt zum Mehrwert.<br />
<br />
{{Zitat |Wenn also die in Arbeitslohn vorgeschoßne Wertsumme sich in Produkt nicht bloß einfach wieder vorfindet, sondern um einen Mehrwert vermehrt vorfindet, so rührt dies nicht her aus einer Übervorteilung des Verkäufers, der ja den Wert seiner Ware erhalten, sondern nur aus dem Verbrauch dieser Ware durch den Käufer.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.611)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Verwandlung von Geld in Kapital hat zum Ergebnis, dass das Produkt dem Kapitalisten gehört und nicht dem Arbeiter, dass es einen Mehrwert enthält, der den Arbeiter Arbeit, den Kapitalisten nichts gekostet hat, aber dennoch ihm gehört; dass der Arbeiter seine Arbeitskraft erhalten kann. Einfache Reproduktion ist periodische Wiederholung dieser ersten Operation. <br />
<br />
<br />
{{Zitat |Die ursprüngliche Verwandlung des Geldes in Kapital vollzieht sich also im genauesten Einklang mit den ökonomischen Gesetzen der Warenproduktion und mit dem daraus sich ableitenden Eigentumsrecht. Trotzdem aber hat sie zum Ergebnis:<br/>1. daß das Produkt dem Kapitalisten gehört und nicht dem Arbeiter; <br/>2. daß der Wert dieses Produkts, außer dem Wert des vorgeschoßnen Kapitals, einen Mehrwert einschließt, der dem Arbeiter Arbeit, dem Kapitalisten aber nichts gekostet hat und der dennoch das rechtmäßige Eigentum des Kapitalisten wird;<br/> 3. daß der Arbeiter seine Arbeitskraft forterhalten hat und sie aufs neue verkaufen kann, wenn er einen Käufer findet. Die einfache Reproduktion ist nur die periodische Wiederholung dieser ersten Operation; jedesmal wird, stets von neuem, Geld in Kapital verwandelt. Das Gesetz wird also nicht gebrochen, im Gegenteil es erhält nur Gelegenheit, sich dauernd zu betätigen.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.611)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Sobald die Arbeitskraft durch den Arbeiter frei verkauft wird, verallgemeinert sich die Warenproduktion zur typischen Produktionsform. Die Warenproduktion bildet sich nach ihren eigenen immanenten Gesetzen zur kapitalistischen Produktion fort, ihre Eigentumsgesetze schlagen um in Gesetze der kapitalistischen Aneignung. <br />
<br />
{{Zitat |Dies Resultat wird unvermeidlich, sobald die Arbeitskraft durch den Arbeiter selbst als Ware frei verkauft wird. Aber auch erst von da an verallgemeinert sich die Warenproduktion und wird sie typische Produktionsform; erst von da an wird jedes Produkt von vornherein für den Verkauf produziert und geht aller produzierte Reichtum durch die Zirkulation hindurch.<br/>Erst da, wo die Lohnarbeit ihre Basis, zwingt die Warenproduktion sich der gesamten Gesellschaft auf; aber auch erst da entfaltet sie alle ihre verborgnen Potenzen. Sagen, daß die Dazwischenkunft der Lohnarbeit die Warenproduktion fälscht, heißt sagen, daß die Warenproduktion, will sie unverfälscht bleiben, sich nicht entwickeln darf. Im selben Maß, wie sie nach ihren eignen immanenten Gesetzen sich zur kapitalistischen Produktion fortbildet, in demselben Maß schlagen die Eigentumsgesetze der Warenproduktion um in Gesetze der kapitalistischen Aneignung.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.613)}}<br />
<br />
==Wachstum des Kapitals==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Das Wachstum des Kapitals bedeutet sowohl Vergrößerung der Einzelkapitale, als auch des gesellschaftlichen Kapitals insgesamt, durch die Eroberung der Welt und der Menschen. Beides ist bedingt durch die Akkumulation von Kapital. Diese zwingt immer mehr Menschen, ihre Arbeitskraft an die Kapitalisten zu verkaufen, welche sich das von den Arbeitern produzierte Mehrprodukt aneignen. Weiterhin geht mit der Akkumulation des Kapitals eine Produktivkraftsteigerung einher. Dadurch wächst die Produktenmasse, da ein Arbeiter in der selben Zeit mehr Produktionsmittel verarbeitet. Der Anteil des variablen Kapitals sinkt also relativ mit dem Wachstum des Kapitals. Gleichzeitig steigt das variable Kapital absolut, da die wachsende Masse an Produktionsmitteln mehr Arbeitskraft benötigt.<br />
<br />
Der Mehrwert teilt sich auf in den Konsumtionsfond und den Akkumulationsfond, also in den Teil den der Kapitalist zur Befriedigung seiner persönlichen Bedürfnisse benutzt, und in den Teil den der Kapitalist wieder in den Produktionsprozess steckt. Durch das Wachstum des Kapitals steigt auch der Mehrwert, wodurch mehr Kapital in den Produktionsprozess geführt werden kann. Das Wachstum des Kapitals bedingt also ein Wachstum des Proletariats und der in Bewegung gesetzten Produktionsmittel. Durch die Erschließung neuer Märkte oder neue gesellschaftliche Bedürfnisse entwickelt sich eine verstärkte Nachfrage an Arbeitskräften, welche den Kapitalisten zwingen kann, die Löhne zu erhöhen.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Ausdehnung, Herrschaft, Wachstum, Wachstumsbeschleunigung, Produktenmasse, Gesellschaftlicher Reichtum, Produktivität, Aufschwung, Akkumulation, Wertübertragung, Abstrakte Arbeit, Kapitalfetisch, Selbstverwertung, Mehrarbeit, Aneignung, Ausbeutung, Tote und lebendige Arbeit<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Das Wachstums des Kapitals wird bereits von der bürgerlichen Ökonomen wie Adam Smith und David Ricardo untersucht. Im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] beschreibt Karl Marx die tatsächlichen Ursachen und die Bedeutung des Wachstums des Kapitals für die politische Ökonomie. Marx widerlegt die bürgerliche Vorstellung, dass der gesamte Mehrwert, welcher in Kapital verwandelt wird, zu variablem Kapital werden würde. Vielmehr legt er eindeutig fest, dass sich der Mehrwert als Kapital wieder in konstantes und variables Kapital teilt, also in Produktionsmittel und Arbeitskraft. Der Kapitalist teilt den Mehrwert zudem auf in den Konsumtionsfond und den Akkumulationsfond, wobei das Verhältnis beider Fonds die Größe der Akkumulation beeinflusst. Das heißt, umso mehr sich der Kapitalist am von den Arbeitern produzierten Mehrwert bereichert und diesen für die Befriedigung seiner persönlichen Bedürfnisse ausgibt, umso weniger Mehrwert kann der Kapitalist in den Akkumulationsprozess stecken, und andersherum.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die Akkumulation ist die Eroberung der Welt, denn sie dehnt ausbeutbares Menschenmaterial und die Herrschaft der Kapitalisten aus.<br />
<br />
{{Zitat |Die Akkumulation ist Eroberung der Welt des gesellschaftlichen Reichtums. Sie dehnt mit der Masse des exploitierten Menschenmaterials zugleich die direkte und indirekte Herrschaft des Kapitalisten aus.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.619)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Das Kapital verleibt sich Arbeitskraft und Erde ein und erwirbt neue Expansionskraft, die es erlaubt, die Elemente der Akkumulation auszudehnen.<br />
<br />
{{Zitat |Allgemeines Resultat: Indem das Kapital sich die beiden Urbildner des Reichtums, Arbeitskraft und Erde, einverleibt, erwirbt es eine Expansionskraft, die ihm erlaubt, die Elemente seiner Akkumulation auszudehnen jenseits der scheinbar durch seine eigne Größe gesteckten Grenzen, gesteckt durch den Wert und die Masse der bereits produzierten Produktionsmittel, in denen es sein Dasein hat.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.630f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Mit wachsender Produktivität wächst die Produktenmasse. Bei gleichbleibender und selbst bei fallender Mehrwertrate wächst die Masse des Mehrprodukts. <br />
<br />
{{Zitat |Ein andrer wichtiger Faktor in der Akkumulation des Kapitals ist der Produktivitätsgrad der gesellschaftlichen Arbeit. Mit der Produktivkraft der Arbeit wächst die Produktenmasse, worin sich ein bestimmter Wert, also auch Mehrwert von gegebner Größe, darstellt. Bei gleichbleibender und selbst bei fallender Rate des Mehrwerts, sofern sie nur langsamer fällt, als die Produktivkraft der Arbeit steigt, wächst die Masse des Mehrprodukts.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.631)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Mit wachsender Produktivität geht eine wachsende Rate des Mehrwerts einher. Derselbe variable Kapitalteil setzt mehr Arbeitskraft und daher mehr Arbeit in Bewegung. Derselbe konstante Kapitalteil stellt sich in mehr Produktionsmitteln dar, liefert mehr Produktbildner oder Arbeitseinsauger. Es findet bei gleichbleibendem Wert des Zusatzkapitals beschleunigte Akkumulation statt. Die Produktion des Mehrwerts wächst schneller als der Wert des Zusatzkapitals. <br />
<br />
{{Zitat |Aber mit der wachsenden Produktivität der Arbeit geht, wie man gesehn, die Verwohlfeilerung des Arbeiters, also wachsende Rate des Mehrwerts, Hand in Hand, selbst wenn der reelle Arbeitslohn steigt. Er steigt nie verhältnismäßig mit der Produktivität der Arbeit. Derselbe variable Kapitalwert setzt also mehr Arbeitskraft und daher mehr Arbeit in Bewegung. Derselbe konstante Kapitalwert stellt sich in mehr Produktionsmitteln, d.h. mehr Arbeitsmitteln, Arbeitsmaterial und Hilfsstoffen dar, liefert also sowohl mehr Produktbildner als Wertbildner oder Arbeitseinsauger. Bei gleichbleibendem und selbst abnehmendem Wert des Zusatzkapitals findet daher beschleunigte Akkumulation statt. Nicht nur erweitert sich die Stufenleiter der Reproduktion stofflich, sondern die Produktion des Mehrwerts wächst schneller als der Wert des Zusatzkapitals.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.631)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Die Arbeit überträgt den Wert der von ihr konsumierten Produktionsmittel auf das Produkt. Deren Wert und Masse steigt mit der Produktivität der Arbeit. Auch wenn dieselbe Arbeitsmenge ihren Produkten immer nur dieselbe Summe Neuwert zusetzt, wächst doch der alte Kapitalwert, den sie ihnen überträgt. <br />
<br />
{{Zitat |Die Arbeit überträgt auf das Produkt den Wert der von ihr konsumierten Produktionsmittel. Andrerseits wächst Wert und Masse der durch gegebne Arbeitsmenge in Bewegung gesetzten Produktionsmittel im Verhältnis, wie die Arbeit produktiver wird. Setzt also auch dieselbe Arbeitsmenge ihren Produkten immer nur dieselbe Summe Neuwert zu, so wächst doch der alte Kapitalwert, den sie ihnen gleichzeitig überträgt, mit steigender Produktivität der Arbeit.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.632)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Die Arbeit erhält Wert und schafft neuen. Mit steigender Produktivität erhält und verewigt die Arbeit in stets neuer Form einen stets schwellenden Kapitalwert. <br />
<br />
{{Zitat |Es ist die Naturgabe der lebendigen Arbeit, alten Wert zu erhalten, während sie Neuwert schafft. Mit dem Wachstum von Wirksamkeit, Umfang und Wert ihrer Produktionsmittel, also mit der die Entwicklung ihrer Produktivkraft begleitenden Akkumulation erhält und verewigt die Arbeit daher in stets neuer Form einen stets schwellenden Kapitalwert.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.633)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Diese Kraft der Arbeit erscheint als Selbsterhaltungskraft des Kapitals. Die beständige Aneignung der Mehrarbeit durch den Kapitalisten erscheint als beständige Selbstverwertung des Kapitals.<br />
<br />
{{Zitat |Diese Naturkraft der Arbeit erscheint als Selbsterhaltungskraft des Kapitals, dem sie einverleibt ist, ganz wie ihre gesellschaftlichen Produktivkräfte als seine Eigenschaften, und wie die beständige Aneignung der Mehrarbeit durch den Kapitalisten als beständige Selbstverwertung des Kapitals. Alle Kräfte der Arbeit projektieren sich als Kräfte des Kapitals, wie alle Wertformen der Ware als Formen des Geldes.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.633f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 8'''<br />
<br />
Mit dem Wachstum des Kapitals wächst die Differenz zwischen angewandtem und konsumiertem Kapital. Der Gratisdienst der vergangenen Arbeit – wenn von lebendiger Arbeit ergriffen – akkumuliert mit der wachsenden Stufenleiter der Akkumulation. <br />
<br />
{{Zitat |Mit dem Wachstum des Kapitals wächst die Differenz zwischen angewandtem und konsumiertem Kapital. Im Verhältnis, worin diese Arbeitsmittel als Produktbildner dienen, ohne dem Produkt Wert zuzusetzen, also ganz angewandt, aber nur teilweise konsumiert werden, leisten sie, wie früher erwähnt, denselben Gratisdienst wie Naturkräfte, Wasser, Dampf, Luft, Elektrizität usw. Dieser Gratisdienst der vergangnen Arbeit, wenn ergriffen und beseelt von der lebendigen Arbeit, akkumuliert mit der wachsenden Stufenleiter der Akkumulation.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.635)}}<br />
<br />
'''Annahme 9'''<br />
<br />
Die Masse des Mehrwerts ist bestimmt durch die Anzahl der gleichzeitig ausgebeuteten Arbeiter. Diese entspricht in wechselndem Verhältnis der Größe des Kapitals. Je mehr das Kapital durch Akkumulation wächst, desto mehr wächst die Wertsumme, die sich in Konsumtionsfonds und Akkumulationsfonds spaltet.<br />
<br />
{{Zitat |Bei gegebnem Exploitationsgrad der Arbeitskraft ist die Masse des Mehrwerts bestimmt durch die Anzahl der gleichzeitig ausgebeuteten Arbeiter, und diese entspricht, obgleich in wechselndem Verhältnis, der Größe des Kapitals. Je mehr also das Kapital vermittelst sukzessiver Akkumulationen wächst, desto mehr wächst auch die Wertsumme, die sich in Konsumtionsfonds und Akkumulationsfonds spaltet. Der Kapitalist kann daher flotter leben und zugleich mehr „entsagen". Und schließlich spielen alle Springfedern der Produktion um so energischer, je mehr ihre Stufenleiter sich erweitert mit der Masse des vorgeschossenen Kapitals.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.635f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 10'''<br />
<br />
Mit Wachstum des Kapitals ist Wachstum des variablen Kapitals verbunden – also Wachstum des Arbeitsfonds der Arbeitskraft.<br />
<br />
{{Zitat |Wachstum des Kapitals schließt Wachstum seines variablen oder in Arbeitskraft umgesetzten Bestandteils ein. Ein Teil des in Zusatzkapital verwandelten Mehrwerts muß stets rückverwandelt werden in variables Kapital oder zuschüssigen Arbeitsfonds. Unterstellen wir, daß, nebst sonst gleichbleibenden Umständen; die Zusammensetzung des Kapitals unverändert bleibt, d.h. eine bestimmte Masse Produktionsmittel oder konstantes Kapital stets dieselbe Masse Arbeitskraft erheischt, um in Bewegung gesetzt zu werden, so wächst offenbar die Nachfrage nach Arbeit und der Subsistenzfonds der Arbeiter verhältnismäßig mit dem Kapital und um so rascher, je rascher das Kapital wächst.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.641)}}<br />
<br />
'''Annahme 11'''<br />
<br />
Das Wachstum des Kapitals schließt das Wachstum seines variablen Teils ein. Eine bestimmte Masse Produktionsmittel erheischt stets dieselbe Masse Arbeitskraft, um in Bewegung gesetzt zu werden. Die Nachfrage nach Arbeit wächst. Akkumulation des Kapitals ist also Vermehrung des Proletariats. <br />
<br />
{{Zitat |Wie die einfache Reproduktion fortwährend das Kapitalverhältnis selbst reproduziert, Kapitalisten auf der einen Seite, Lohnarbeiter auf der andren, so reproduziert die Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter oder die Akkumulation das Kapitalverhältnis auf erweiterter Stufenleiter, mehr Kapitalisten oder größere Kapitalisten auf diesem Pol, mehr Lohnarbeiter auf jenem.<br/>Die Reproduktion der Arbeitskraft, die sich dem Kapital unaufhörlich als Verwertungsmittel einverleiben muß, nicht von ihm loskommen kann und deren Hörigkeit zum Kapital nur versteckt wird durch den Wechsel der individuellen Kapitalisten, woran sie sich verkauft, bildet in der Tat ein Moment der Reproduktion des Kapitals selbst. Akkumulation des Kapitals ist also Vermehrung des Proletariats.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.641f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 12'''<br />
<br />
Die Kapitalisten können unter bestimmten Bedingungen (z.B. Eröffnung neuer Märkte, Entstehung neuer gesellschaftlicher Bedürfnisse) eine verstärkte Nachfrage nach Arbeitern entwickeln, die sie nur befriedigen können, wenn sie höhere Arbeitslöhne zahlen. Das können sie jederzeit ohne vorherige Mehrwertsteigerung, indem sie den Teil des Mehrwerts den sie für ihren Privatkonsum nutzen (Revenue) kürzen und den, den sie wieder in den Produktionsprozess werfen (Kapital), vergrößern.<br />
<br />
{{Zitat |und da endlich, unter besondrem Sporn des Bereicherungstriebs wie z. B. Öffnung neuer Märkte, neuer Sphären der Kapitalanlage infolge neu entwickelter gesellschaftlicher Bedürfnisse Usw., die Stufenleiter der Akkumulation plötzlich ausdehnbar ist durch bloß veränderte Teilung des Mehrwerts oder Mehrprodukts in Kapital und Revenue, können die Akkumulationsbedürfnisse des Kapitals das Wachstum der Arbeitskraft oder der Arbeiteranzahl, die Nachfrage nach Arbeitern ihre Zufuhr überflügeln und daher die Arbeitslöhne steigen.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.641)}}<br />
<br />
==Wissenschaftlich-technischer Fortschritt==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Der wissenschaftlich-technische Fortschritt beschreibt die Verbesserung der wissenschafltichen und technischen Möglichkeiten. Durch die Entwicklung von Wissenschaft und Technik erweitert sich die Produktivkraft der Arbeit, was bewirkt, dass neue Maschinen, Werkzeuge und andere Produktionsmittel an die Stelle der Alten treten. Jeder wissenschaftliche und technische Fortschritt vervielfacht nicht nur die Effizienz im Produktionsprozess, sondern sorgt auch für eine Ausdehnung der Anlagensphäre des Kapitals. Der Fortschritt von Wissenschaft und Technik ist somit eine wichtige Folge der Akkumulation des Kapitals.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Wissenschaft, Technik, Fortschritt <br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Marx betrachtet den wissenschaftlich-technischen Fortschritt im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] als eine Folge des Wachstums und der Akkumulation des Kapitals. Durch diesen Fortschritt werden neue Produktionsmöglichkeiten erschlossen, welche allein dem Kapitalisten dienen, mehr Profit zu erzielen und die technische Entwicklung zur Verbesserung der kapitalistischen Produktion voranzutreiben, um sich somit einen individuellen Vorteil in einem Produktionsbereich gegenüber seinen kapitalistischen Konkurrenten zu haben. Die Akkumulation des Kapitals und der wissenschaftlich-technische Fortschritt gehen also Hand in Hand.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die Wissenschaft und die Technik bilden eine von der Größe des Kapitals unabhängige Potenz seiner Expansion. In seine neue Form einverleibt es gratis den vollzogenen gesellschaftlichen Fortschritt. <br />
<br />
{{Zitat |Gleich vermehrter Ausbeutung des Naturreichtums durch bloß höhere Spannung der Arbeitskraft, bilden Wissenschaft und Technik eine von der gegebnen Größe des funktionierenden Kapitals unabhängige Potenz seiner Expansion. Sie reagiert zugleich auf den in sein Erneuerungsstadium eingetretenen Teil des Originalkapitals. In seine neue Form einverleibt es gratis den hinter dem Rücken seiner alten Form vollzogenen gesellschaftlichen Fortschritt.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.632)}}<br />
<br />
==Aufschwung und Krise==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Der Aufschwung und die Krise bezeichneen die jeweilige Phase der Akkumulation des Kapitals. Beide Phasen bedingen sich gegenseitig und stehen in einem engen Verhältnis. Wächst in einer Aufschwungsphase die Menge der unbezahlten Arbeit so schnell, dass sie nur durch Zuschuss von bezahlter Arbeit zu Kapital werden kann, so steigt der Arbeitslohn, und der Anteil der unbezahlten Arbeit, der Mehrarbeit, nimmt ab.<br />
<br />
Dieser Anstieg ist jedoch an gewisse Grenzen gekoppelt. Bei steigenden Arbeitslöhnen wird weniger unbezahlte Mehrarbeit geleistet. Dies führt dazu, dass relativ immer weniger Kapital akkumuliert wird. Dadurch wird der Anstieg der Arbeitslöhne automatisch gebremst. Somit verschwindet durch die Abnahme der Akkumulation gleichzeitig die Ursache dafür, nämlich das Ungleichverhältnis zwischen Kapital und ausgebeuteter Arbeitskraft. Der Mechanismus des kapitalistischen Produktionsprozesses beseitigt also selbst die Hindernisse, die er vorübergehend schafft. Der Arbeitslohn fällt wieder auf ein Niveau, welches den Verwertungsbedürfnissen des Kapitals entspricht.<br />
Eine Abnahme des Ausbeutungsgrades der Arbeit und eine Zunahme des Arbeitslohns bewegen sich also immer in einem eingbetteten Rahmen, welcher die Reproduktion des Kapitalverhältnisses und dessen Reproduktion auf stets erweiterter Stufenleiter, also die Ausdehnung der Kapitalverhältnisse auf ein höheres Reproduktionsniveau sichert. Die relative Prosperität der Arbeiterklasse wird somit von der kapitalistischen Produktion nur vorübergehend, als Vorläufer einer Krise, zugelassen.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Krise, Aufschwung, Lohnhöhe, Arbeit, Konsumtion<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Der Aufschwung und die Krise des Akkumulationsprozesses werden von Marx im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] beschrieben. Diese beiden Phasen erklärt Marx mit der Steigerung und dem Fall von bezahlter und unbezahlter Arbeit, wobei beide Phasen sich gegenseitig bedingen und die Geschwindigkeit der Akkumulation steuern. Während in einer Aufschwungsphase die Menge an Arbeitskraft steigt und somit die Löhne erhöht, wird zunehmend weniger Mehrwert kapitalisiert und somit weniger Kapital akkumuliert. Die logische Konsequenz darauf ist eine Verlangsamung der Akkumulation, was eine notwenige Senkung der Löhne zur Folge hat, damit die Reproduktion der Kapitalverhältnisse nicht gefährdet wird. <br />
Eine Aufschwungsphase und somit eine Prosperität der Arbeiterklasse durch höhere Löhne wird von der kapitalistischen Produktion nur momentan zugelassen und dient als Vorbote einer Krisenphase, in der die Löhne wieder sinken. <br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Das Verhältnis zwischen Kapital, Akkumulation und Lohnrate ist das Verhältnis zwischen unbezahlter, in Kapital verwandelter Arbeit und der zur Bewegung des Zusatzkapitals erforderlichen zuschüssigen Arbeit. Das Verhältnis von unbezahlter und bezahlter Arbeit der Arbeiterbevölkerung.<br/> Wenn die Menge der unbezahlten Arbeit rasch wächst, um außergewöhnlichen Zuschuss bezahlter Arbeit in Kapital verwandeln zu können, steigt der Lohn, die unbezahlte Arbeit nimmt ab.<br/>Sobald aber der Punkt eintritt, wo die das Kapital ernährende Mehrarbeit nicht in normaler Menge angeboten wird, erlahmt die Akkumulation, die steigende Lohnbewegung erhält Gegenschlag.<br/>Die Erhöhung des Arbeitspreises bleibt eingebannt in Grenzen, die die Grundlagen des kapitalistischen Systems nicht nur unangetastet lassen, sondern auch seine Reproduktion auf wachsender Stufenleiter sichern.<br />
<br />
{{Zitat |Das Verhältnis zwischen Kapital, Akkumulation und Lohnrate ist nichts als das Verhältnis zwischen der unbezahlten, in Kapital verwandelten Arbeit und der zur Bewegung des Zusatzkapitals erforderlichen zuschüssigen Arbeit.<br/>Es ist also keineswegs ein Verhältnis zweier voneinander unabhängigen Größen, einerseits der Größe des Kapitals, andrerseits der Zahl der Arbeiterbevölkerung, es ist vielmehr in letzter Instanz nur das Verhältnis zwischen der unbezahlten und der bezahlten Arbeit derselben Arbeiterbevölkerung. Wächst die Menge der von der Arbeiterklasse gelieferten und von der Kapitalistenklasse akkumulierten, unbezahlten Arbeit rasch genug, um nur durch einen außergewöhnlichen Zuschuß bezahlter Arbeit sich in Kapital verwandeln zu können, so steigt der Lohn, und alles andre gleichgesetzt, nimmt die unbezahlte Arbeit im Verhältnis ab.<br/>Sobald aber diese Abnahme den Punkt berührt, wo die das Kapital ernährende Mehrarbeit nicht mehr in normaler Menge angeboten wird, so tritt eine Reaktion ein: ein geringerer Teil der Revenue wird kapitalisiert, die Akkumulation erlahmt, und die steigende Lohnbewegung empfängt einen Gegenschlag. Die Erhöhung des Arbeitspreises bleibt also eingebannt in Grenzen, die die Grundlagen des kapitalistischen Systems nicht nur unangetastet lassen, sondern auch seine Reproduktion auf wachsender Stufenleiter sichern.<br/> Das in ein Naturgesetz mystifizierte Gesetz der kapitalistischen Akkumulation drückt also in der Tat nur aus, daß ihre Natur jede solche Abnahme im Exploitationsgrad der Arbeit oder jede solche Steigerung des Arbeitspreises ausschließt, welche die stetige Reproduktion des Kapitalverhältnisses und seine Reproduktion auf stets erweiterter Stufenleiter ernsthaft gefährden könnte.<br/>Es kann nicht anders sein in einer Produktionsweise, worin der Arbeiter für die Verwertungsbedürfnisse vorhandner Werte, statt umgekehrt der gegenständliche Reichtum für die Entwicklungsbedürfnisse des Arbeiters da ist. Wie der Mensch in der Religion vom Machwerk seines eignen Kopfes, so wird er in der kapitalistischen Produktion vom Machwerk seiner eignen Hand beherrscht.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.649)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Krisen gehen aus Mangel an zahlungsfähiger Konsumtion hervor. Das ist eine Tautologie. Abhilfe schaffen zu wollen, in dem die Arbeiterklasse einen größeren Teil ihres Produkts erhält, ignoriert, dass Krisen vorbereitet werden durch eine Periode, in der der Arbeitslohn allgemein steigt und die Arbeiterklasse größeren Anteil erhält. Die kapitalistische Produktion schafft unabhängig von gutem oder schlechtem Willen Bedingungen, die die relative Prosperität der Arbeiterklasse nur vorübergehend – als Vorlauf der Krise - zulassen.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist eine reine Tautologie zu sagen, daß die Krisen aus Mangel an zahlungsfähiger Konsumtion oder an zahlungsfähigen Konsumenten hervorgehn. Andre Konsumarten, als zahlende, kennt das kapitalistische System nicht, ausgenommen die sub forma pauperis oder die des „Spitzbuben". Daß Waren unverkäuflich sind, heißt nichts, als daß sich keine zahlungsfähigen Käufer für sie fanden, also Konsumenten (sei es nun, daß die Waren in letzter Instanz zum Behuf produktiver oder individueller Konsumtion gekauft werden).<br/>Will man aber dieser Tautologie einen Schein tiefren Begründung dadurch geben, daß man sagt, die Arbeiterklasse erhalte einen zu geringen Teil ihres eignen Produkts, und dem Übelstand werde mithin abgeholfen, sobald sie größern Anteil davon empfängt, ihr Arbeitslohn folglich wächst, so ist nur zu bemerken, daß die Krisen jedesmal gerade vorbereitet werden durch eine Periode, worin der Arbeitslohn allgemein steigt und die Arbeiterklasse realiter größern Anteil an dem für Konsumtion bestimmten Teil des jährlichen Produkts erhält. Jene Periode müsste – von dem Gesichtspunkt dieser Ritter vom gesunden und „einfachen" (!) Menschenverstand - umgekehrt die Krise entfernen.<br/> Es scheint also, daß die kapitalistische Produktion vom guten oder bösen Willen unabhängige Bedingungen einschließt, die jene relative Prosperität der Arbeiterklasse nur momentan zulassen, und zwar immer nur als Sturmvogel einer Krise.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band24.pdf Kapital 2.Band, MEW Band 24], S.409f.)}}<br />
<br />
==Produktivkraftentwicklung==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Produktivkraftentwicklung ist ein wichtiges Element der kapitalistischen Produktion, denn ab einem gewissen Punkt wird sie der mächtigste Hebel der Akkumulation. Der gesellschaftliche Produktivgrad der Arbeit drückt sich in dem Verhältnis zwischen eingesetzten Produktionsmitteln und der Arbeitskraft aus. Bei wachsender Produktivkraftentwicklung werden im Produktionsprozess zunehmend mehr Produktionsmittel eingesetzt, was das Verhältnis von eingesetzter Arbeitskraft und Produktionsmittel entscheidend ändert. Ein Arbeiter kann nun mehr Produktionsmittel in kürzerer Zeit verbrauchen. Somit ändert sich die technische Zusammensetzung des Kapitals, also das Verhältnis der Masse der angewandten Produktionsmittel und der dazu benötigten Arbeitskraft, durch die Steigerung der Produktivkraftentwicklung. <br />
<br />
Diese Veränderung spiegelt sich wieder in der Veränderung der Zusammensetzung des Kapitals. Der Anteil des konstanten Kapitals steigt und der Anteil des variablen Kapitals sinkt. Der Unterschied der technischen Zusammensetzung ist allerdings größer als derjenige der Kapitalzusammensetzung, da der Wert des einzelnen Produktionsmittel sinkt. Der konstante Kapitalteil steigt also nicht proportional zu der gesteigerten Masse an Produktionsmitteln, und die Kapitalzusammensetzung verschiebt sich nicht so schnell Richtung konstantes Kapital wie die stoffliche Zusammensetzung desselben. Obwohl der variable Kapitalteil relativ abnimmt, kann er absolut steigen, da mehr Arbeitskraft für den Gebrauch der Produktionsmittel benötigt wird.<br />
<br />
Dadurch, dass die Rückverwandlung von Mehrwert in Kapital sich als wachsende Größe des Kapitals darstellt, ist sie gleichzeitig Grundlage einer erweiterten Stufenleiter der Produktion, der Methoden zur Steigerung der Produktivkraft der Arbeit und einer beschleunigten Produktion von Mehrwert. Ein gewisser Grad der Kapitalakkumulation ist also Bedingung der spezifisch kapitalistischen Produktionsweis, indem die Akkumulation des Kapitals beschleunigt wird. <br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Produktivität, Wachstum, Produktivkraftentwicklung, Wertzusammensetzung, Organische Zusammensetzung des Kapitals, Relative Mehrwertproduktion, Vergesellschaftung der Produktion, Technische Zusammensetzung des Kapitals<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Produktivkraftentwicklung wird von Marx im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|1. Band des Kapitals]] beschrieben. Hierbei zeigt er auf, dass die Steigerung der Produktivkraft mit der Veränderung des Verhältnisses der in der kapitalistischen Produktion eingesetzten Produktionsmittel und Arbeitskraft einhergeht. Dies verändert automatisch sowohl die technische, als auch die Wertzusammensetzung des Kapitals. Der Anteil des konstanten Kapitals steigt, während der Anteil des variablen Kapitals, sinkt.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Der gesellschaftliche Produktivgrad der Arbeit drückt sich im relativen Größenumfang der Produktionsmittel aus, die ein Arbeiter während gegebener Zeit, mit derselben Anspannung von Arbeitskraft, in Produkt verwandelt.<br />
Die Masse der Produktionsmittel, womit er funktioniert, wächst mit der Produktivität seiner Arbeit.<br/>Das Wachstum der einen Produktionsmittel ist Folge der wachsenden Produktivität der Arbeit, das Wachstum der anderen Bedingung. <br />
<br />
{{Zitat |Abgesehn von Naturbedingungen, wie Fruchtbarkeit des Bodens usw., und vom Geschick unabhängiger und isoliert arbeitender Produzenten, das sich jedoch mehr qualitativ in der Güte als quantitativ in der Masse des Machwerks bewährt, drückt sich der gesellschaftliche Produktivgrad der Arbeit aus im relativen Größenumfang der Produktionsmittel, welche ein Arbeiter, während gegebner Zeit, mit derselben Anspannung von Arbeitskraft, in Produkt verwandelt.<br/>Die Masse der Produktionsmittel, womit er funktioniert, wächst mit der Produktivität seiner Arbeit. Diese Produktionsmittel spielen dabei eine doppelte Rolle. Das Wachstum der einen ist Folge, das der andren Bedingung der wachsenden Produktivität der Arbeit.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.650)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Im Verlauf der Akkumulation tritt ein Punkt ein, wo die Entwicklung der Produktivität der Arbeit der mächtigste Hebel der Akkumulation wird.<br />
<br />
{{Zitat |Die allgemeinen Grundlagen des kapitalistischen Systems einmal gegeben, tritt im Verlauf der Akkumulation jedesmal ein Punkt ein, wo die Entwicklung der Produktivität der gesellschaftlichen Arbeit der mächtigste Hebel der Akkumulation wird.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.650)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Zunahme der Produktivität der Arbeit erscheint in der Abnahme der Arbeitsmasse verhältnismäßig zu der von ihr bewegten Masse von Produktionsmitteln oder in der Größenabnahme des subjektiven Faktors des Arbeitsprozesses, verglichen mit seinen objektiven Faktoren.<br/><br />
Diese Veränderung in der technischen Zusammensetzung des Kapitals – das Wachstum der Produktionsmittel verglichen mit dem der Arbeiterklasse, spiegelt sich wider in seiner Wertzusammensetzung, in der Zunahme des konstanten Bestandteil des Kapitals. <br />
<br />
{{Zitat |Die Zunahme der letzteren erscheint also in der Abnahme der Arbeitsmasse verhältnismäßig zu der von ihr bewegten Masse von Produktionsmitteln oder in der Größenabnahme des subjektiven Faktors des Arbeitsprozesses, verglichen mit seinen objektiven Faktoren. Diese Veränderung in der technischen Zusammensetzung des Kapitals, das Wachstum in der Masse der Produktionsmittel, verglichen mit der Masse der sie belebenden Arbeitskraft, spiegelt sich wider in seiner Wertzusammensetzung, in der Zunahme des konstanten Bestandteils des Kapitalwerts auf Kosten seines variablen Bestandteils.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.651f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Die Änderung der Zusammensetzung der stofflichen Bestandteile ist größer als die der Wertzusammensetzung, da der Wert des einzelnen Produktionsmittel sinkt. <br />
<br />
{{Zitat |Die Abnahme des variablen Kapitalteils gegenüber dem konstanten oder die veränderte Zusammensetzung des Kapitalwerts zeigt jedoch nur annähernd den Wechsel in der Zusammensetzung seiner stofflichen Bestandteile an. […] Der Grund ist einfach der, daß mit der wachsenden Produktivität der Arbeit nicht nur der Umfang der von ihr vernutzten Produktionsmittel steigt, sondern deren Wert, verglichen mit ihrem Umfang, sinkt. Ihr Wert steigt also absolut, aber nicht proportionell mit ihrem Umfang. Das Wachstum der Differenz zwischen konstantem und variablem Kapital ist daher viel kleiner als das der Differenz zwischen der Masse der Produktionsmittel, worin das konstante, und der Masse Arbeitskraft, worin das variable Kapital umgesetzt wird. Die erstere Differenz nimmt zu mit der letzteren, aber in geringerem Grad.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.651f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Die absolute Größe des variablen Kapitalteils kann trotz seiner relativen Abnahme steigen, da mehr Arbeitskraft notwendig ist, um die Produktionsmittel zu verarbeiten.<br />
<br />
{{Zitat |Übrigens, wenn der Fortschritt der Akkumulation die relative Größe des variablen Kapitalteils vermindert, schließt er damit die Steigerung ihrer absoluten Größe keineswegs aus.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.652)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Die Kooperation auf großer Stufenleiter, welche Produktionsmittel durch massenhafte Konzentration ökonomisiert, ist Voraussetzung für die Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit. <br />
<br />
{{Zitat |Im vierten Abschnitt wurde gezeigt, wie die Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit Kooperation auf großer Stufenleiter voraussetzt, wie nur unter dieser Voraussetzung Teilung und Kombination der Arbeit organisiert, Produktionsmittel durch massenhafte Konzentration ökonomisiert, schon stofflich nur gemeinsam anwendbare Arbeitsmittel, z.B. System der Maschinerie usw., ins Leben gerufen, ungeheure Naturkräfte in den Dienst der Produktion gepreßt und die Verwandlung des Produktionsprozesses in technologische Anwendung der Wissenschaft vollzogen werden können.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.652)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Ein gewisser Grad der Kapitalakkumulation ist Bedingung für die kapitalistische Produktionsweise, welche eine beschleunigte Akkumulation verursacht. Beide Faktoren bedingen den Wechsel in der technischen Zusammensetzung des Kapitals. Der Anteil des variablen Kapitals nimmt ab, der des konstanten Kapitals nimmt zu.<br />
<br />
{{Zitat |Die kontinuierliche Rückverwandlung von Mehrwert in Kapital stellt sich dar als wachsende Größe des in den Produktionsprozeß eingehenden Kapitals. Diese wird ihrerseits Grundlage einer erweiterten Stufenleiter der Produktion, der sie begleitenden Methoden zur Steigerung der Produktivkraft der Arbeit und beschleunigter Produktion von Mehrwert. Wenn also ein gewisser Grad der Kapitalakkumulation als Bedingung der spezifisch kapitalistischen Produktionsweise erscheint, verursacht die letztere rückschlagend eine beschleunigte Akkumulation des Kapitals. Mit der Akkumulation des Kapitals entwickelt sich daher die spezifisch kapitalistische Produktionsweise und mit der spezifisch kapitalistischen Produktionsweise die Akkumulation des Kapitals. Diese beiden ökonomischen Faktoren erzeugen, nach dem zusammengesetzten Verhältnis des Anstoßes, den sie sich gegenseitig erteilen, den Wechsel in der technischen Zusammensetzung des Kapitals, durch welchen der variable Bestandteil immer kleiner und kleiner wird, verglichen mit dem konstanten.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.653)}}<br />
<br />
==Konzentration des Kapitals==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Konzentration des Kapitals beschreibt die wachsende Konzentration der Produktionsmittel in den Händen der Kapitalisten, welche durch ein Wachstum vieler individueller und somit des gesellschaftlichen Kapitals gesteuert wird. Dieser Prozess ist identisch mit der Akkumulation. Durch das Abspalten alter Kapitale und Bildung neuer Kapitale wächst auch die Kapitalistenklasse. Das Kapital ist auf viele individuelle Kapitalisten verteilt, die sich in der freien Konkurrenz gegenüber stehen, sich also gegenseitig abstoßen.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Kapitalkonzentration, Kapitalakkumulation<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Konzentration des Kapitals beschreibt Marx im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|1. Band des Kapitals]] als eine wachsende Konzentration in den Händen der Kapitalisten. Dadurch, dass viele individuelle Kapitale wachsen, spalten sich einige von ihnen ab oder bilden sich neu. Daraus schlussfolgert Marx ein absolutes Wachsen der Anzahl an Kapitalisten.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Das Wachstum des gesellschaftlichen Kapitals vollzieht sich im Wachstum vieler individueller Kapitale. Mit ihnen wächst die Konzentration der Produktionsmittel. Zugleich reißen sich Ableger los und fungieren als neue Kapitale. Mit der Akkumulation wächst daher auch die Anzahl der Kapitalisten. Dieser Prozess ist identisch mit der Akkumulation: Wachsende Konzentration der gesellschaftlichen Produktionsmittel in den Händen individueller Kapitalisten. Das Kapital ist verteilt auf viele Punkte, das Wachstum der Kapitale ist durchkreuzt durch die Bildung neuer und die Spaltung alter Kapitale. Akkumulation stellt sich dar als wachsende Konzentration der Produktionsmittel einerseits, andererseits als Repulsion vieler individueller Kapitale.<br />
<br />
{{Zitat |Jedes individuelle Kapital ist eine größere oder kleinere Konzentration von Produktionsmitteln mit entsprechendem Kommando über eine größere oder kleinere Arbeiterarmee. Jede Akkumulation wird das Mittel neuer Akkumulation. Sie erweitert mit der vermehrten Masse des als Kapital funktionierenden Reichtums seine Konzentration in den Händen individueller Kapitalisten, daher die Grundlage der Produktion auf großer Stufenleiter und der spezifisch kapitalistischen Produktionsmethoden. Das Wachstum des gesellschaftlichen Kapitals vollzieht sich im Wachstum vieler individuellen Kapitale. Alle andren Umstände als gleichbleibend vorausgesetzt, wachsen die individuellen Kapitale, und mit ihnen die Konzentration der Produktionsmittel, im Verhältnis, worin sie aliquote Teile des gesellschaftlichen Gesamtkapitals bilden. Zugleich reißen sich Ableger von den Originalkapitalen los und funktionieren als neue selbständige Kapitale. Eine große Rolle spielt dabei unter anderm die Teilung des Vermögens in Kapitalistenfamilien. Mit der Akkumulation des Kapitals wächst daher auch mehr oder minder die Anzahl der Kapitalisten. Zwei Punkte charakterisieren diese Art Konzentration, welche unmittelbar auf der Akkumulation beruht oder vielmehr mit ihr identisch ist. Erstens: Die wachsende Konzentration der gesellschaftlichen Produktionsmittel in den Händen individueller Kapitalisten ist, unter sonst gleichbleibenden Umständen, beschränkt durch den Wachstumsgrad des gesellschaftlichen Reichtums. Zweitens: Der in jeder besondren Produktionssphäre ansässige Teil des gesellschaftlichen Kapitals ist verteilt unter viele Kapitalisten, welche einander als unabhängige und miteinander konkurrierende Warenproduzenten gegenüberstehn. Die Akkumulation und die sie begleitende Konzentration sind also nicht nur auf viele Punkte zersplittert, sondern das Wachstum der funktionierenden Kapitale ist durchkreuzt durch die Bildung neuer und die Spaltung alter Kapitale. Stellt sich die Akkumulation daher einerseits dar als wachsende Konzentration der Produktionsmittel und des Kommandos über Arbeit, so andrerseits als Repulsion vieler individueller Kapitale voneinander.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.653f.)}}<br />
<br />
==Zentralisation der Kapitale==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Als Zentralisation bezeichnet man das Wachstum des Kapitalumfanges in den Händen einzelner Kapitalisten oder Kapitalistengruppen durch den Zusammenschluss schon bestehender kleinerer Kapitale zu größeren. Durch die Zusammenschlüsse nimmt die Anzahl an Einzelkapitalen ab. Die Zentralisation ist Kenntzeichen der höchsten Form der Kapitalistischen Monopolvereinigung (siehe hierzu: [[Der imperialistische Kapitalismus|Imperialismus]]). Die größeren Kapitalisten mit größerer Akkumulation und dadurch Konzentration schlagen die kleineren. Das bedeutet den Untergang der kleineren, deren Kapitale teils in die Hand der größeren Kapitalisten übergehen, teils untergehen. Einen mächtigen Hebel der Zentralisation bildet das Kreditwesen, in dem es eine fruchtbare Waffe im Konkurrenzkampf wird und sich schließlich selbst in einen Mechanismus zur Zentralisation der Kapitale verwandelt. Die Zentralisation ist Ausgangspunkt für eine umfassendere Organisation der Gesamtarbeit. Einzelne Produktionsprozesse werden zu gesellschaftlich kombinierten und wissenschaftlich disponierten Produktionsprozessen. Die Akkumulation ist ein langsamer, allmählicher Prozess, Zentralisation dagegen schnell. Sprunghafter technischer Fortschritt wird durch Zentralisation, großes Kapital in einzelner Hand, beschleunigt. Der Anteil des konstanten Kapitals nimmt aufgrund dieser Produktivkraftentwicklung zu, derjenige des veriablen Kapitals ab.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Zentralisation der Kapitale, Kredit, Zentralisation, Konkurrenz, Kreditwesen, Übernahme, Akkumulation, Vergesellschaftung der Produktion, Organische Zusammensetzung des Kapitals, Arbeitslosigkeit, Industrielle Reservearmee<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Marx beschreibt die Charakteristik der Zentralisation im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]]. <br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Dem entgegen wirkt die nicht mehr einfache Konzentration, die mit der Akkumulation identisch ist, sondern Konzentration bereits gebildeter Kapitale, Aufhebung ihrer individuellen Selbständigkeit, Expropriation von Kapitalist durch Kapitalist. Verwandlung vieler kleinerer in weniger größere Kapitale. Der Unterschied zur Konzentration durch Akkumulation ist, dass er nur eine veränderte Verteilung der bereits vorhandenen und funktionierenden Kapitale voraussetzt. Es ist die eigentliche Zentralisation um Unterschied zur Akkumulation und Konzentration. <br />
<br />
{{Zitat |Dieser Zersplitterung des gesellschaftlichen Gesamtkapitals in viele individuelle Kapitale oder der Repulsion seiner Bruchteile voneinander wirkt entgegen ihre Attraktion. Es ist dies nicht mehr einfache, mit der Akkumulation identische Konzentration von Produktionsmitteln und Kommando über Arbeit. Es ist Konzentration bereits gebildeter Kapitale, Aufhebung ihrer individuellen Selbständigkeit, Expropriation von Kapitalist durch Kapitalist, Verwandlung vieler kleineren in weniger größere Kapitale. Dieser Prozeß unterscheidet sich von dem ersten dadurch, daß er nur veränderte Verteilung der bereits vorhandnen und funktionierenden Kapitale voraussetzt, sein Spielraum also durch das absolute Wachstum des gesellschaftlichen Reichtums oder die absoluten Grenzen der Akkumulation nicht beschränkt ist. Das Kapital schwillt hier in einer Hand zu großen Massen, weil es dort in vielen Händen verlorengeht. Es ist die eigentliche Zentralisation im Unterschied zur Akkumulation und Konzentration.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.654)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Das Kreditwesen wird eine neue Waffe im Konkurrenzkampf. Konkurrenz und Kredit werden zu den beiden mächtigsten Hebeln der Zentralisation.<br />
<br />
<br />
{{Zitat |Abgesehn hiervon bildet sich mit der kapitalistischen Produktion eine ganz neue Macht, das Kreditwesen, das in seinen Anfängen verstohlen, als bescheidne Beihilfe der Akkumulation, sich einschleicht, durch unsichtbare Fäden die über die Oberfläche der Gesellschaft in größern oder kleinern Massen zersplitterten Geldmittel in die Hände individueller oder assoziierter Kapitalisten zieht, aber bald eine neue und furchtbare Waffe im Konkurrenzkampf wird und sich schließlich in einen ungeheuren sozialen Mechanismus zur Zentralisation der Kapitale verwandelt.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.654f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Konkurrenz und der Kredit stehen im selben Verhältnis wie kapitalistische Produktion und Akkumulation, das eine bedingt das andere. Der Fortschritt der Akkumulation vermehrt die Einzelkapitale. Gesellschaftliches Bedürfnis und technische Mittel schaffen den Antrieb zur Ausweitung der kapitalistischen Produktion und somit zu gewaltigen industriellen Unternehmungen, deren Durchführung an eine vorangegangene Zentralisation des Kapitals gebunden ist. Der Fortschritt der Zentralisation hängt nicht vom Größenwachstum des gesellschaftlichen Kapitals ab, sie kann durch bloße veränderte Verteilung schon bestehender Kapitale erfolgen. Kapital kann in einer Hand zu gewaltigen Massen anwachsen, weil es vielen einzelnen Händen entzogen wird. In einem Geschäftszweig hätte die Zentralisation ihre Grenze erreicht, wenn alle dort angelegten Kapital zu einem Einzelkapital verschmolzen wären. <br />
<br />
{{Zitat |Im Maß wie die kapitalistische Produktion und Akkumulation, im selben Maß entwickeln sich Konkurrenz und Kredit, die beiden mächtigsten Hebel der Zentralisation. Daneben vermehrt der Fortschritt der Akkumulation den zentralisierbaren Stoff, d.h. die Einzelkapitale, während die Ausweitung der kapitalistischen Produktion, hier das gesellschaftliche Bedürfnis, dort die technischen Mittel jener gewaltigen industriellen Unternehmungen schafft, deren Durchführung an eine vorgängige Zentralisation des Kapitals gebunden ist. Heutzutage ist also die gegenseitige Attraktionskraft der Einzelkapitale und die Tendenz zur Zentralisation stärker als je zuvor. Wenn aber auch die relative Ausdehnung und Energie der zentralisierenden Bewegung in gewissem Grad bestimmt ist durch die schon erreichte Größe des kapitalistischen Reichtums und die Überlegenheit des ökonomischen Mechanismus, so hängt doch der Fortschritt der Zentralisation keineswegs ab von dem positiven Größenwachstum des gesellschaftlichen Kapitals. Und dies speziell unterscheidet die Zentralisation von der Konzentration, die nur ein andrer Ausdruck für die Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter ist. Die Zentralisation kann erfolgen durch bloße veränderte Verteilung schon bestehender Kapitale, durch einfache Veränderung der quantitativen Gruppierung der Bestandteile des gesellschaftlichen Kapitals. Das Kapital kann hier zu gewaltigen Massen in einer Hand anwachsen, weil es dort vielen einzelnen Händen entzogen wird. In einem gegebnen Geschäftszweig hätte die Zentralisation ihre äußerste Grenze erreicht, wenn alle darin angelegten Kapitale zu einem Einzelkapital verschmolzen wären.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.655)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Die Zentralisation ergänzt die Akkumulation. Sie kann auf verschiedenen Wegen stattfinden, durch Annexion, Verschmelzung oder der Bildung von Aktiengesellschaften - die Wirkung bleibt dieselbe. Die Ausdehnung der industriellen Tätigkeit ist Ausgangspunkt für umfassendere Organisation der Gesamtarbeit. Einzelne Produktionsprozesse werden zu gesellschaftlich kombinierten und wissenschaftlich disponierten Produktionsprozessen. <br />
<br />
{{Zitat |Die Zentralisation ergänzt das Werk der Akkumulation, indem sie die industriellen Kapitalisten instand setzt, die Stufenleiter ihrer Operationen auszudehnen. Sei dies letztre Resultat nun Folge der Akkumulation oder der Zentralisation; vollziehe sich die Zentralisation auf dem gewaltsamen Weg der Annexion - wo gewisse Kapitale so überwiegende Gravitationszentren für andre werden, daß sie deren individuelle Kohäsion brechen und dann die vereinzelten Bruchstücke an sich ziehn - oder geschehe die Verschmelzung einer Menge bereits gebildeter, resp. in der Bildung begriffner Kapitale vermittelst des glatteren Verfahrens der Bildung von Aktiengesellschaften - die ökonomische Wirkung bleibt dieselbe. Die gewachsne Ausdehnung der industriellen Etablissements bildet überall den Ausgangspunkt für eine umfassendere Organisation der Gesamtarbeit vieler, für eine breitre Entwicklung ihrer materiellen Triebkräfte, d.h. für die fortschreitende Umwandlung vereinzelter und gewohnheitsmäßig betriebner Produktionsprozesse in gesellschaftlich kombinierte und wissenschaftlich disponierte Produktionsprozesse.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.656)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Die Akkumulation ist ein langsamer, allmählicher Prozess, Zentralisation dagegen schnell. Ohne Zentralisation hätte es sehr lange gedauert, bis einzelne Unternehmen groß genug gewesen wären, um die Eisenbahn zu bauen. Die Zentralisation steigert und beschleunigt die Wirkung der Akkumulation und beschleunigt gleichzeitig die Umwälzungen in der technischen Zusammensetzung des Kapitals – Zunahme des konstanten Kapitals auf Kosten des variablen. Abnahme der Nachfrage nach Arbeit.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist aber klar, daß die Akkumulation, die allmähliche Vermehrung des Kapitals durch die aus der Kreisform in die Spirale übergehende Reproduktion ein gar langsames Verfahren ist, im Vergleich mit der Zentralisation, die nur die quantitative Gruppierung der integrierenden Teile des gesellschaftlichen Kapitals zu ändern braucht. Die Welt wäre noch ohne Eisenbahnen, hätte sie solange warten müssen, bis die Akkumulation einige Einzelkapitale dahin gebracht hätte, dem Bau einer Eisenbahn gewachsen zu sein. Die Zentralisation dagegen hat dies, vermittelst der Aktiengesellschaften, im Handumdrehn fertiggebracht. Und während die Zentralisation so die Wirkungen der Akkumulation steigert und beschleunigt, erweitert und beschleunigt sie gleichzeitig die Umwälzungen in der technischen Zusammensetzung des Kapitals, die dessen konstanten Teil vermehren auf Kosten seines variablen Teils und damit die relative Nachfrage nach Arbeit vermindern.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.656)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Das Kapital erneuert sich, in einer verbesserten technischen Ausgestaltung, die es möglich macht mit weniger Arbeit größere Massen an Maschinen in Gang zu setzen. Die Abnahme der Nachfrage nach Arbeit wird größer, je mehr Zentralisation herrscht.<br />
<br />
{{Zitat |Die im Lauf der normalen Akkumulation gebildeten Zusatzkapitale (s. Kap.XXII, 1) dienen vorzugsweise als Vehikel zur Exploitation neuer Erfindungen und Entdeckungen, überhaupt industrieller Vervollkommnungen. Aber auch das alte Kapital erreicht mit der Zeit den Moment seiner Erneuerung an Haupt und Gliedern, wo es sich häutet und ebenfalls wiedergeboren wird in der vervollkommneten technischen Gestalt, worin eine geringere Masse Arbeit genügte, eine größere Masse Maschinerie und Rohstoffe in Bewegung zu setzen. Die hieraus notwendig folgende absolute Abnahme der Nachfrage nach Arbeit wird selbstredend um so größer, je mehr die diesen Erneuerungsprozeß durchmachenden Kapitale bereits zu Massen angehäuft sind vermöge der zentralisierenden Bewegung. Einerseits attrahiert also das im Fortgang der Akkumulation gebildete Zuschußkapital, verhältnismäßig zu seiner Größe, weniger und weniger Arbeiter. Andrerseits repelliert das periodisch in neuer Zusammensetzung reproduzierte alte Kapital mehr und mehr früher von ihm beschäftigte Arbeiter.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.657)}}<br />
<br />
==Kapitalistische Konkurrenz ==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die kapitalistische Konkurrenz beschreibt das Verhältnis einzelner Kapitalisten untereinander. Wenn die kapitalistische Produktion eine neue Stufenleiter erreicht, so steigt auch die Produktivität der Arbeit, was wiederum die Preise der Waren sinken lässt. Die Konkurrenz unter Kapitalisten nimmt dadurch zu, da auf jeder höheren Stufe der Stufenleiter der Minimalumfang, den ein individuelles Kapital haben muss um profitabel zu sein, steigt. Das größere Kapital schlägt deshalb die kleineren in der direkten Konkurrenz. Kleinere Kapitale bewegen sich in Produktionssphären, die nicht mehr von großen Kapitalen erschlossen sind. <br />
<br />
Ein weiteres Phänomen der kapitalistischen Produktion auf erweiterter Stufenleiter ist die Bildung des Kreditwesens, welches Anfangs als Stütze und Hilfe der Akkumulation dient. Das Kreditwesen konzentriert die vielen größeren und kleineren Geldmittel der Gesellschaft in den Händen der Kapitalisten und spielt eine zunehmend wichtigere Rolle in der Zentralisation der Kapitale. <br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Konkurrenz, Übernahme, Kredit <br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Marx beschreibt die kapitalistische Konkurrenz im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|1. Band des Kapitals]] mit dem Verhältnis der vielen großen und kleinen Kapitale untereinander. Die Konkurrenz bewirkt, dass viele kleine Kapitale sich den großen beugen müssen und von ihnen vereinnahmt werden. Durch die kapitalistische Produktion entsteht auch das Kreditwesen, welches die unterschiedlichen Geldmittel der Gesellschaft in den Händen der Kapitalisten konzentriert und weiterhin eine wichtige Rolle in der Zentralisation der Kapitale spielt. <br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die Konkurrenz wird durch Preis der Waren geführt, der von der Produktivität der Arbeit abhängt, dieser wiederum von der Stufenleiter der Produktion. Die größeren Kapitale schlagen die kleineren. Mit Entwicklung der kap. PW ist Minimalumfang des Kapitals größer. Kleinere Kapital drängen daher in Produktionssphären, deren sich die große Industrie noch nicht bemächtigt hat. Viele kleine gehen unter oder landen in der Hand des Siegers.<br/>Mit der kapitalistischen Produktion bildet sich eine neue Macht: Das Kreditwesen. Anfangs als Hilfe der Akkumulation, sich einschleichend, durch unsichtbare Fäden die über die Oberfläche der Gesellschaft in größere oder kleinere Massen zersplitterte Geldmittel in die Hände individueller oder assoziierter Kapitalisten zieht. <br />
<br />
{{Zitat |Der Konkurrenzkampf wird durch Verwohlfeilerung der Waren geführt. Die Wohlfeilheit der Waren hängt, caeteris paribus, von der Produktivität der Arbeit, diese aber von der Stufenleiter der Produktion ab. Die größeren Kapitale schlagen daher die kleineren. Man erinnert sich ferner, daß mit der Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise der Minimalumfang des individuellen Kapitals wächst, das erheischt ist, um ein Geschäft unter seinen normalen Bedingungen zu betreiben. Die kleineren Kapitale drängen sich daher in Produktionssphären, deren sich die große Industrie nur noch sporadisch oder unvollkommen bemächtigt hat. Die Konkurrenz rast hier im direkten Verhältnis zur Anzahl und im umgekehrten Verhältnis zur Größe der rivalisierenden Kapitale. Sie endet stets mit Untergang vieler kleineren Kapitalisten, deren Kapitale teils in die Hand des Siegers übergehn, teils untergehn.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.654f.)}}<br />
<br />
==Entstehung und Funktion der Industriellen Reservearmee ==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die industrielle Reservearmee sind diejenigen Arbeiter, die gezwungen sind ihre Arbeitskraft zu verkaufen, aber keinen Käufer dafür finden. Durch Produktivkraftentwicklung ändert sich die Kapitalzusammensetzung erfordert für die selbe Menge an Produkten weniger Arbeitskraft. Mit der durch die Arbeiter selbst produzierten Akkumulation des Kapitals produziert die Arbeiterbevölkerung in wachsendem Umfang demnach die Mittel ihrer eigenen relativen Überzähligmachung. Das ist das eigene Populationsgesetz in der kapitalistischen Produktionsweise. Die immer einsetzbare industrielle Reservearmee schafft für die wechselnden Verwertungsbedürfnisse des Kapitals das stets ausbeutbare Menschenmaterial, unabhängig von den Schranken der wirklichen Zunahme der Bevölkerung. Es kommt demnach zur Freisetzung von Arbeitskraft. Dadurch entsteht eine Bewegung in der immer Teile der Arbeiter halbbeschäftigt oder unbeschäftigt sind. Der einzelne Arbeiter stemmt dann mehr Arbeit, aber es werden nicht mehr Arbeiter beschäftigt. <br />
<br />
Jeder Kapitalist hat das absolute Interesse, ein bestimmtes Arbeitsquantum aus kleinerer Arbeiterzahl auszupressen. Dies tut er durch größere extensive oder intensive Ausbeutung der individuellen Arbeitskräfte. Mit der Steigerung der Produktivkraft der Arbeit, steigert das Kapital also seine Zufuhr von Arbeit rascher als die Zufuhr von Arbeitern. Die Überarbeit des beschäftigten Teils schwellt die Reihen ihrer Reserve. Die Reserve übt wiederum indirekt Druck auf Beschäftigte aus, wodurch sie durch die Kapitalisten zu Überarbeit gezwungen werden können. Der Zwang zu Müßiggang und der Zwang zu Überarbeit wird Bereicherungsmittel des einzelnen Kapitalisten. Das Einsaugen und Abstoßen von Arbeitskraft wird noch intensiviert durch die zyklischen Bewegungen von Boom und Krise. Die allgemeinen Bewegungen des Arbeitslohns sind ausschließlich reguliert durch die Expansion und Kontraktion der industriellen Reservearmee, welche dem Periodenwechsel des industriellen Zyklus entsprechen. Sie sind bestimmt durch das wechselnde Verhältnis worin die Arbeiterklasse in aktive Armee und Reservearmee zerfällt.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Arbeitslosigkeit, Industrielle Reservearmee, Wachstum des Gesamtkapitals, Relative Überbevölkerung, Krise, Aufschwung, Ausbeutung, Relative Mehrwertproduktion, Mehrarbeit, Produktivkraftentwicklung, Variables Kapital, Organische Zusammensetzung des Kapitals, Arbeitslosigkeit, Arbeitslohn, Lohndruck, Nachfrage nach Arbeit, Zyklus <br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Mit der schon bei David Ricardo zu findenden Vorstellung einer zunehmenden Mechanisierung des Produktionsprozesses bei gleichzeitiger Abnahme der Nachfrage nach Arbeitskraft begründet Karl Marx im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] die Entstehung einer wachsenden "industriellen Reservearmee". Diese relative Überbevölkerung wird von Marx als Konsequenz des Akkumulationsprozesses im Kapitalismus und der Produktivkraftentwicklung verdeutlicht. Die Aufrechterhaltung der industriellen Reservearmee führt zu einem Zerfall des Klassenzusammenhalts und zersetzt somit die Kräfte der Arbeiterschaft. Grund dafür ist, dass mehr Arbeitskräfte als Arbeitsplätze vorhanden sind und der Konkurrenzdruck dadurch steigt. Der Kapitalismus ist folglich auf die industrielle Reservearmee angewiesen, um die Löhne niedrig halten zu können und eine Solidarität zwischen Arbeitern und Arbeitslosen zu verhindern.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Da die Nachfrage nach Arbeit nicht durch den Umfang des Gesamtkapitals, sondern durch den seines variablen Bestandteils bestimmt ist, fällt sie also progressiv mit dem Wachstum des Gesamtkapitals, statt verhältnismäßig mit ihm zu wachsen. Mit Wachstum des Gesamtkapitals wächst zwar auch sein variabler Bestandteil, die ihm einverleibte Arbeitskraft, aber in beständig abnehmender Proportion. <br />
<br />
{{Zitat |Da die Nachfrage nach Arbeit nicht durch den Umfang des Gesamtkapitals, sondern durch den seines variablen Bestandteils bestimmt ist, fällt sie also progressiv mit dem Wachstum des Gesamtkapitals, statt, wie vorhin unterstellt, verhältnismäßig mit ihm zu wachsen. Sie fällt relativ zur Größe des Gesamtkapitals und in beschleunigter Progression mit dem Wachstum dieser Größe. Mit dem Wachstum des Gesamtkapitals wächst zwar auch sein variabler Bestandteil, oder die ihm einverleibte Arbeitskraft, aber in beständig abnehmender Proportion.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.658)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Auf der anderen Seite wächst die relative Arbeiterbevölkerung schneller als das variable Kapital. Es kommt zu einer relativen, also für die durchschnittlichen Verwertungsbedürfnisse des Kapitals überschüssigen, daher überflüssigen Arbeiterbevölkerung, sprich einem Überangebot an Arbeitskraft.<br />
<br />
<br />
{{Zitat |Diese mit dem Wachstum des Gesamtkapitals beschleunigte und rascher als sein eignes Wachstum beschleunigte relative Abnahme seines variablen Bestandteils scheint auf der andren Seite umgekehrt stets rascheres absolutes Wachstum der Arbeiterbevölkerung als das des variablen Kapitals oder ihrer Beschäftigungsmittel. Die kapitalistische Akkumulation produziert vielmehr, und zwar im Verhältnis zu ihrer Energie und ihrem Umfang, beständig eine relative, d.h. für die mittleren Verwertungsbedürfnisse des Kapitals überschüssige, daher überflüssige oder Zuschuß-Arbeiterbevölkerung.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.658)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Mit Ausdehnung der Produktionsleiter, der Produktivität der Arbeit dehnt sich auch die Stufenleiter, worin größere Attraktion der Arbeiter mit größerer Repulsion derselben verbunden ist. Mit der durch sie selbst produzierten Akkumulation des Kapitals produziert die Arbeiterbevölkerung in wachsendem Umfang die Mittel ihrer eigenen relativen Überzähligmachung. Das ist das der kapitalistischen Produktionsweise eigene Populationsgesetz. <br />
<br />
{{Zitat |Mit der Größe des bereits funktionierenden Gesellschaftskapitals und dem Grad seines Wachstums, mit der Ausdehnung der Produktionsleiter und der Masse der in Bewegung gesetzten Arbeiter, mit der Entwicklung der Produktivkraft ihrer Arbeit, mit dem breiteren und volleren Strom aller Springquellen des Reichtums dehnt sich auch die Stufenleiter, worin größere Attraktion der Arbeiter durch das Kapital mit größerer Repulsion derselben verbunden ist, nimmt die Raschheit der Wechsel in der organischen Zusammensetzung des Kapitals und seiner technischen Form zu, und schwillt der Umkreis der Produktionssphären, die bald gleichzeitig, bald abwechselnd davon ergriffen werden. Mit der durch sie selbst produzierten Akkumulation des Kapitals produziert die Arbeiterbevölkerung also in wachsendem Umfang die Mittel ihrer eignen relativen Uberzähligmachung. Es ist dies ein der kapitalistischen Produktionsweise eigentümliches Populationsgesetz, wie in der Tat jede besondre historische Produktionsweise ihre besondren, historisch gültigen Populationsgesetze hat. Ein abstraktes Populationsgesetz existiert nur für Pflanze und Tier, soweit der Mensch nicht geschichtlich eingreift.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.659f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Das überschüssige Angebot an Arbeitskraft ist notwendiges Resultat der Akkumulation und sie ist umgekehrt Hebel der Akkumulation, eben Existenzbedingung der kap. Produktionsweise. Sie ist disponible industrielle Reservearmee, die dem Kapital ganz gehört, ist stets ausbeutbares Menschenmaterial unabhängig von der wirklichen Bevölkerungszunahme. <br />
<br />
{{Zitat |Wenn aber eine Surplusarbeiterpopulation notwendiges Produkt der Akkumulation oder der Entwicklung des Reichtums auf kapitalistischer Grundlage ist, wird diese Übervölkerung umgekehrt zum Hebel der kapitalistischen Akkumulation, ja zu einer Existenzbedingung der kapitalistischen Produktionsweise. Sie bildet eine disponible industrielle Reservearmee, die dem Kapital ganz so absolut gehört, als ob es sie auf seine eignen Kosten großgezüchtet hätte. Sie schafft für seine wechselnden Verwertungsbedürfnisse das stets bereite exploitable Menschenmaterial, unabhängig von den Schranken der wirklichen Bevölkerungszunahme.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.661)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Der zehnjährige Zyklus von Krise und Boom beruht auf der beständigen Bildung der relativen Überbevölkerung. Der industrielle Zyklus rekrutiert wiederum die relative Überbevölkerung, und wird zum entscheidenden Faktor ihrer Reproduktion. <br />
<br />
{{Zitat |Der charakteristische Lebenslauf der modernen Industrie, die Form eines durch kleinere Schwankungen unterbrochnen zehnjährigen Zyklus von Perioden mittlerer Lebendigkeit, Produktion unter Hochdruck, Krise und Stagnation, beruht auf der beständigen Bildung, größern oder geringem Absorption und Wiederbildung der industriellen Reservearmee oder Übervölkerung. Ihrerseits rekrutieren die Wechselfälle des industriellen Zyklus die Übervölkerung und werden zu einem ihrer energischsten Reproduktionsagentien.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.661)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
In der frühen Periode des Kapitalismus veränderte sich die Zusammensetzung des Kapitals nur allmählich, die Arbeitsnachfrage entsprach also im Großen und Ganzen verhältnismäßig dem Wachstum.<br />
<br />
{{Zitat |Dieser eigentümliche Lebenslauf der modernen Industrie, der uns in keinem frühern Zeitalter der Menschheit begegnet, war auch in der Kindheitsperiode der kapitalistischen Produktion unmöglich. Die Zusammensetzung des Kapitals veränderte sich nur sehr allmählich. Seiner Akkumulation entsprach also im Ganzen verhältnismäßiges Wachstum der Arbeitsnachfrage.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.661)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Die Bewegungsform der modernen Industrie erwächst aus der beständigen Verwandlung eines Teils der Arbeiterbevölkerung in unbeschäftigte oder halbbeschäftigte Hände. <br />
<br />
{{Zitat |Die ganze Bewegungsform der modernen Industrie erwächst also aus der beständigen Verwandlung eines Teils der Arbeiterbevölkerung in unbeschäftigte oder halbbeschäftigte Hände. Die Oberflächlichkeit der politischen Ökonomie zeigt sich u.a. darin, daß sie die Expansion und Kontraktion des Kredits, das bloße Symptom der Wechselperioden des industriellen Zyklus, zu deren Ursache macht.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.662)}}<br />
<br />
'''Annahme 8'''<br />
<br />
Wenn der individuelle Arbeiter mehr Arbeit liefert und daher sein Arbeitslohn steigt, obgleich der Arbeitspreis gleich bleibt, wird der Zuwachs von variablem Kapital zu Index von mehr Arbeit, aber nicht mehr Arbeitern. Jeder Kapitalist hat das absolute Interesse, ein bestimmtes Arbeitsquantum aus kleinerer Arbeiterzahl auszupressen<br />
<br />
{{Zitat |Bei gleichbleibender oder selbst verminderter Zahl der von ihm kommandierten Arbeiter wächst jedoch das variable Kapital, wenn der individuelle Arbeiter mehr Arbeit liefert und daher sein Arbeitslohn wächst, obgleich der Arbeitspreis gleichbleibt oder selbst sinkt, nur langsamer, als die Arbeitsmasse steigt. Der Zuwachs des variablen Kapitals wird dann Index von mehr Arbeit, aber nicht von mehr beschäftigten Arbeitern. Jeder Kapitalist hat das absolute Interesse, ein bestimmtes Arbeitsquantum aus kleinerer, statt ebenso wohlfeil oder selbst wohlfeiler aus größerer Arbeiterzahl auszupressen. In dem letzten Fall wächst die Auslage von konstantem Kapital verhältnismäßig zur Masse der in Fluß gesetzten Arbeit, im ersten Fall viel langsamer. Je größer die Stufenleiter der Produktion, desto entscheidender dies Motiv. Seine Wucht wächst mit der Akkumulation des Kapitals.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.664)}}<br />
<br />
'''Annahme 9'''<br />
<br />
Die Produktivkraft der Arbeit befähigt Kapitalisten mit derselben Auslage von variablem Kapital mehr Arbeit durch größere extensive oder intensive Ausbeutung der individuellen Arbeitskräfte flüssig zu machen. Er kauft mit demselben Kapitalwert mehr Arbeitskräfte, indem er geschicktere durch ungeschicktere, reife durch unreife, männliche durch weibliche,…ersetzt.<br/>Ein größeres v macht mehr Arbeit flüssig, ohne mehr Arbeiter zu werben. <br/>v von derselben Größe macht mehr Arbeit mit derselben Masse Arbeitskraft flüssig und mehr niedere durch Verdrängung höherer Arbeitskräfte. <br/>Dies ist wichtig für die Zusammensetzung der AK bzw. für die industrielle Reservearmee (IR).<br />
<br />
{{Zitat |Man hat gesehn, daß die Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise und Produktivkraft der Arbeit - zugleich Ursache und Wirkung der Akkumulation - den Kapitalisten befähigt, mit derselben Auslage von variablem Kapital mehr Arbeit durch größere extensive oder intensive Exploitation der individuellen Arbeitskräfte flüssig zu machen. Man hat ferner gesehn, daß er mit demselben Kapitalwert mehr Arbeitskräfte kauft, indem er progressiv geschicktere Arbeiter durch ungeschicktere, reife durch unreife, männliche durch weibliche, erwachsne Arbeitskraft durch jugendliche oder kindliche verdrängt. Einerseits macht also, im Fortgang der Akkumulation, größeres variables Kapital mehr Arbeit flüssig, ohne mehr Arbeiter zu werben, andrerseits macht variables Kapital von derselben Größe mehr Arbeit mit derselben Masse Arbeitskraft flüssig und endlich mehr niedere Arbeitskräfte durch Verdrängung höherer.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.664f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 10'''<br />
<br />
Mit der Steigerung der Produktivkraft der Arbeit, steigert das Kapital seine Zufuhr von Arbeit rascher als die von Arbeitern. Die Überarbeit des beschäftigten Teils schwellt die Reihen ihrer Reserve. Reserve übt Druck auf Beschäftigte aus, zwingt sie zu Überarbeit. Zwang zu Müßiggang und Zwang zu Überarbeit wird Bereicherungsmittel des einzelnen Kapitalisten.<br />
<br />
{{Zitat |Wenn die Produktionsmittel, wie sie an Umfang und Wirkungskraft zunehmen, in geringerem Grad Beschäftigungsmittel der Arbeiter werden, wird dies Verhältnis selbst wieder dadurch modifiziert, daß im Maß, wie die Produktivkraft der Arbeit wächst, das Kapital seine Zufuhr von Arbeit rascher steigert als seine Nachfrage nach Arbeitern. Die Überarbeit des beschäftigten Teils der Arbeiterklasse schwellt die Reihen ihrer Reserve, während umgekehrt der vermehrte Druck, den die letztere durch ihre Konkurrenz auf die erstere ausübt, diese zur Überarbeit und Unterwerfung unter die Diktate des Kapitals zwingt. Die Verdammung eines Teils der Arbeiterklasse zu erzwungenem Müßiggang durch Überarbeit des andren Teils und umgekehrt, wird Bereicherungsmittel des einzelnen Kapitalisten und beschleunigt zugleich die Produktion der industriellen Reservearmee auf einem dem Fortschritt der gesellschaftlichen Akkumulation entsprechenden Maßstab.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.665f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 11'''<br />
<br />
Die allgemeinen Bewegungen des Arbeitslohns sind ausschließlich reguliert durch die Expansion und Kontraktion der industriellen Reservearmee, welche dem Periodenwechsel des industriellen Zyklus entsprechen. Sie sind bestimmt durch das wechselnde Verhältnis worin die Arbeiterklasse in aktive Armee und Reservearmee zerfällt. <br />
<br />
{{Zitat |Im großen und ganzen sind die allgemeinen Bewegungen des Arbeitslohns ausschließlich reguliert durch die Expansion und Kontraktion der industriellen Reservearmee, welche dem Periodenwechsel des industriellen Zyklus entsprechen. Sie sind also nicht bestimmt durch die Bewegung der absoluten Anzahl der Arbeiterbevölkerung, sondern durch das wechselnde Verhältnis, worin die Arbeiterklasse in aktive Armee und Reservearmee zerfällt, durch die Zunahme und Abnahme des relativen Umfangs der Übervölkerung, durch den Grad, worin sie bald absorbiert, bald wieder freigesetzt wird.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.666)}}<br />
<br />
'''Annahme 12'''<br />
<br />
Die IR drückt während der Perioden der Stagnation und mittleren Prosperität auf die aktive Arbeiterarmee und hält ihre Ansprüche während der Überproduktion und des Booms im Zaum. Die relative Überbevölkerung ist der Hintergrund, worauf das Gesetz der Nachfrage und Zufuhr von Arbeit sich bewegt. <br />
<br />
{{Zitat |Die industrielle Reservearmee drückt während der Perioden der Stagnation und mittleren Prosperität auf die aktive Arbeiterarmee und hält ihre Ansprüche während der Periode der Überproduktion und des Paroxysmus im Zaum. Die relative Übervölkerung ist also der Hintergrund, worauf das Gesetz der Nachfrage und Zufuhr von Arbeit sich bewegt. Sie zwängt den Spielraum dieses Gesetzes in die der Exploitationsgier und Herrschsucht des Kapitals absolut zusagenden Schranken ein.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.668)}}<br />
<br />
'''Annahme 13'''<br />
<br />
Die Akkumulation des Kapitals vermehrt die Nachfrage nach Arbeit, zugleich setzt sie Arbeiter „frei“. Der Druck der Unbeschäftigten zwingt die Beschäftigten zur Flüssigmachung von mehr Arbeit, macht also die Arbeitszufuhr in gewissem Grad von der Zufuhr von Arbeitern unabhängig. <br />
<br />
{{Zitat |Wenn seine Akkumulation einerseits die Nachfrage nach Arbeit vermehrt, vermehrt sie andrerseits die Zufuhr von Arbeitern durch deren „Freisetzung", während zugleich der Druck der Unbeschäftigten die Beschäftigten zur Flüssigmachung von mehr Arbeit zwingt, also in gewissem Grad die Arbeitszufuhr von der Zufuhr von Arbeitern unabhängig macht.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.669)}}<br />
<br />
==Formen der industriellen Reservearmee ==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Marx bezeichnet die industrielle Reservearmee als "relative Überbevölkerung". Ihr Angehörige werden vom Produktionsprozess abgestoßen und stehen in hoher Konkurrenz zu den derzeit Beschäftigten. Marx unterscheidet drei Typen der relativen Überbevölkerung: die flüssige, die latente und die stockende.<br />
<br />
Die ''flüssige'' relative Überbevölkerung zählen die Arbeiter in der Stadt, welche in Zeiten des Booms und des Aufschwungs beschäftigt sind und in Krisenzeiten wieder aus dem Produktionsprozess abgestoßen werden. Sind sie unbeschäftigt oder halbbeschäftigt, zählen sie zur industriellen Reservearmee. Die ''latente'' (versteckte) relative Überbevölkerung betrifft Arbeitsverhältnisse, die direkt in Arbeitslosigkeit münden oder nur Scheinalternativen zur Arbeitslosigkeit bieten. Sie rekrutiert sich aus den Tätigen in der Landwirtschaft, welche ihre Produktionsmittel verloren haben und in die Stadt ziehen müssen. Die ''stockende'' relative Überbevölkerung bildet einen Teil der aktiven Arbeiterarmee, aber mit durchweg unregelmäßiger Beschäftigung. Sie bietet dem Kapital einen unterschöpflichen Bestand disponibler Arbeitskraft.<br />
<br />
Dazu kommt noch der Pauperismus. Arbeitsunfähige, Invaliden, Verstümmelte usw., welche durch die Auswirkungen der Teilung der harten Arbeit arbeitsunfähig wurden, gehen in der Industrie unter. Die industrielle Reservearmee wächst mit der absoluten Größe des Proletariats und des gesellschaftlichen Reichtums. Je größer die industrielle Reservearmee, desto massenhafter die relative Überbevölkerung. Zu ihr gehört ebenfalls eine "Lazarusschicht", deren Angehörige nicht nur zyklisch, sondern dauerhaft keine Arbeit mehr finden. Sollten die Arbeiter entdecken, dass der Intensitätsgrad ihrer Konkurrenz vom Druck der relativen Überbevölkerung abhängt, sie also planmäßig zusammenwirken als Beschäftigte und Unbeschäftigte, wird dies für das Kapital ein Problem. <br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Klassenkampf, Überbevölkerung, Industrielle Reservearmee, Flüssige Überbevölkerung, Latente Überbevölkerung, Stockende Überbevölkerung, Landflucht, Armut, Pauperismus, Lumpenproletariat, Gesellschaftlicher Reichtum <br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Marx geht im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] nicht nur auf die industrielle Reservearmee ein, sondern leitet drei Typen der relativen Überbevölkerung von ihr ab. Er konnte bei seinen ökonomischen Studien im 19. Jahrhundert erkennen, dass es Arbeiter gab, die vollbeschäftigt waren, aber eben so diejenigen die nur unregelmäßig arbeiteten und zwischen der aktiven Arbeiterbevölkerung und der industriellen Reservearmee schwankten. Ebenfalls sah er dass es Menschen gab, die komplett unfähig waren, aufgrund von Verletzungen oder Erkrankungen, zu arbeiten und das diese besonders unter Armut litten. <br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
In dem selben Maß, wie die Arbeiter mehr arbeiten und die Produktivkraft ihrer Arbeit wächst, desto prekärer wird ihre Funktion als Verwertungsmittel des Kapitals. Wenn sie entdecken, dass der Intensitätsgrad der Konkurrenz unter ihnen vom Druck der relativen Überbevölkerung abhängt, sobald sie durch Trade Unions eine planmäßige Zusammenwirkung zwischen den Beschäftigten und Unbeschäftigten zu organisieren suchen, zetert das Kapital. Jeder Zusammenhalt zwischen den Beschäftigten und Unbeschäftigten stört das „reine“ Spiel jenes Gesetzes. <br />
<br />
{{Zitat |Die Bewegung des Gesetzes der Nachfrage und Zufuhr von Arbeit auf dieser Basis vollendet die Despotie des Kapitals. Sobald daher die Arbeiter hinter das Geheimnis kommen, wie es angeht, daß im selben Maß, wie sie mehr arbeiten, mehr fremden Reichtum produzieren und die Produktivkraft ihrer Arbeit wächst, sogar ihre Funktion als Verwertungsmittel des Kapitals immer prekärer für sie wird; sobald sie entdecken, daß der Intensitätsgrad der Konkurrenz unter ihnen selbst ganz und gar von dem Druck der relativen Übervölkerung abhängt; sobald sie daher durch Trade's Unions usw. eine planmäßige Zusammenwirkung zwischen den Beschäftigten und Unbeschäftigten zu organisieren suchen, um die ruinierenden Folgen jenes Naturgesetzes der kapitalistischen Produktion auf ihre Klasse zu brechen oder zu schwächen, zetert das Kapital und sein Sykophant, der politische Ökonom, über Verletzung des „ewigen“ und sozusagen „heiligen" Gesetzes der Nachfrage und Zufuhr. Jeder Zusammenhalt zwischen den Beschäftigten und Unbeschäftigten stört nämlich das „reine" Spiel jenes Gesetzes. Sobald andrerseits, in den Kolonien z.B., widrige Umstände die Schöpfung der industriellen Reservearmee und mit ihr die absolute Abhängigkeit der Arbeiterklasse von der Kapitalistenklasse verhindern, rebelliert das Kapital, samt seinem gemeinplätzlichen Sancho Pansa, gegen das „heilige" Gesetz der Nachfrage und Zufuhr und sucht ihm durch Zwangsmittel unter die Arme zu greifen.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.669f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Der Arbeiter gehört der relativen Überbevölkerung an, wenn er halb oder gar nicht beschäftigt ist.<br/>Der Phasenwechsel des industriellen Zyklus prägt ihr ihre Formen auf.<br />
Sie besitzt aber immer drei Formen: flüssige, latente, stockende.<br />
<br />
{{Zitat |Die relative Übervölkerung existiert in allen möglichen Schattierungen. Jeder Arbeiter gehört ihr an während der Zeit, wo er halb oder gar nicht beschäftigt ist. Abgesehn von den großen, periodisch wiederkehrenden Formen, welche der Phasenwechsel des industriellen Zyklus ihr aufprägt, so daß sie bald akut in den Krisen erscheint, bald chronisch in den Zeiten flauen Geschäfts, besitzt sie fortwährend drei Formen: flüssige, latente und stockende.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.670)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Arbeiter werden repelliert und attrahiert, hin- und hergechleudert, und dies bei beständigem Wechsel in Geschlecht, Alter und Geschick. Im großen und ganzen nimmt dadurch die Zahl der Beschäftigten zu, wenn auch stets im abnehmenden Verhältnis zur höheren Stufe der Produktionsleiter. Relative Überbevölkerung existiert hier in fließender Form.<br />
<br />
{{Zitat |Die Relative Überbevölkerung existiert in allen möglichen Schattierungen [...] besitzt sie fortwährend drei Formen: flüssige, latente und stockende.<br/>In den Zentren der modernen Industrie Fabriken, Manufakturen, Hütten und Bergwerken usw. - werden Arbeiter bald repeliiert, bald in größerem Umfang wieder attrahiert, so daß im großen und ganzen die Zahl der Beschäftigten zunimmt, wenn auch in stets abnehmendem Verhältnis zur Produktionsleiter. Die Übervölkerung existiert hier in fließender Form.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.670)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der beständige Fluss der Landarbeiter in die Städte setzt eine latente Überbevölkerung voraus. <br />
<br />
{{Zitat |Aber ihr beständiger Fluß nach den Städten setzt auf dem Lande selbst eine fortwährend latente Übervölkerung voraus, deren Umfang nur sichtbar wird, sobald sich die Abzugskanäle ausnahmsweise weit öffnen. Der Landarbeiter wird daher auf das Minimum des Salairs herabgedrückt und steht mit einem Fuß stets im Sumpf des Pauperismus.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.672)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Die stockende Überbevölkerung ist von unregelmäßiger Beschäftigung geprägt und stellt einen unerschöpflichen Behälter disponibler Arbeitskraft dar. Maximum der Arbeitszeit und Minimum des Lohns charakterisieren sie.<br />
<br />
{{Zitat |Die dritte Kategorie der relativen Übervölkerung, die stockende, bildet einen Teil der aktiven Arbeiterarmee, aber mit durchaus unregelmäßiger Beschäftigung. Sie bietet so dem Kapital einen unerschöpflichen Behälter disponibler Arbeitskraft. Ihre Lebenslage sinkt unter das durchschnittliche Normalniveau der arbeitenden Klasse, und grade dies macht sie zur breiten Grundlage eigner Exploitationszweige des Kapitals. Maximum der Arbeits-zeit und Minimum des Salairs charakterisieren sie.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.672)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Der Pauperismus ist der tiefste Niederschlag der relativen Überbevölkerung. Abgesehen vom Lumpenproletariat besteht die Gesellschaftsschicht aus drei Kategorien: Erstens den Arbeitsfähigen. Deren Zahl steigt mit jeder Krise und nimmt bei jedem Aufschwung ab. Zweitens die Waisen- und Pauperkinder. Sie sind Kandidaten der industriellen Reservearmee und werden in Zeiten des großen Aufschwungs in die aktive Arbeiterarmee rekrutiert. Drittens: Verkommene, Verlumpte, Arbeitsunfähige, Verstümmelte, usw., die an ihrer durch die Teilung der Arbeit verursachten Unbeweglichkeit und den Gefahren der harten Arbeit in der Industrie untergehen. Der Pauperismus bildet das Invalidenhaus der aktiven Arbeiterarmee und ebenso das tote Gewicht der industriellen Reservearmee.<br />
<br />
{{Zitat |Der tiefste Niederschlag der relativen Übervölkerung endlich behaust die Sphäre des Pauperismus. Abgesehn von Vagabunden, Verbrechern, Prostituierten, kurz dem eigentlichen Lumpenproletariat, besteht diese Gesellschaftsschichte aus drei Kategorien. Erstens Arbeitsfähige. Man braucht die Statistik des englischen Pauperismus nur oberflächlich anzusehn, und man findet, daß seine Masse mit jeder Krise schwillt und mit jeder Wiederbelebung des Geschäfts abnimmt. Zweitens: Waisen- und Pauperkinder. Sie sind Kandidaten der industriellen Reservearmee und werden in Zeiten großen Aufschwungs, wie 1860 z.B., rasch und massenhaft in die aktive Arbeiterarmee einrolliert. Drittens: Verkommene, Verlumpte, Arbeitsunfähige. Es sind namentlich Individuen, die an ihrer durch die Teilung der Arbeit verursachten Unbeweglichkeit untergehn, solche, die über das Normalalter eines Arbeiters hinausleben, endlich die Opfer der Industrie, deren Zahl mit gefährlicher Maschinerie, Bergwerksbau, chemischen Fabriken etc. wächst, Verstümmelte, Verkrankte, Witwen etc. Der Pauperismus bildet das Invalidenhaus der aktiven Arbeiterarmee und das tote Gewicht der industriellen Reservearmee. Seine Produktion ist eingeschlossen in der Produktion der relativen Übervölkerung, seine Notwendigkeit in ihrer Notwendigkeit, mit ihr bildet er eine Existenzbedingung der kapitalistischen Produktion und Entwicklung des Reichtums. Er gehört zu den faux frais der kapitalistischen Produktion, die das Kapital jedoch großenteils von sich selbst ab auf die Schultern der Arbeiterklasse und der kleinen Mittelklasse zu wälzen weiß.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.673)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Umso größer der gesellschaftliche Reichtum und das funktionierende Kapital ist, desto größer ist die absolute Größe des Proletariats und die Produktivkraft der Arbeit. Daraus resultiert auch eine größere industrielle Reservearmee. Je größer die industrielle Reservearmee im Verhältnis zur aktiven Arbeiterarmee, desto massenhafter die relative Überbevölkerung, deren Elend im umgekehrten Verhältnis zu ihrer Arbeitsqual steht. Je größer die Lazarusschicht der Arbeiterklasse und die IR, desto größer der offizielle Pauperismus. Das ist das absolute, allgemeine Gesetz der kapitalistischen Akkumulation. <br />
<br />
{{Zitat |Je größer der gesellschaftliche Reichtum, das funktionierende Kapital, Umfang und Energie seines Wachstums, also auch die absolute Größe des Proletariats und die Produktivkraft seiner Arbeit, desto größer die industrielle Reservearmee. Die disponible Arbeitskraft wird durch dieselben Ursachen entwickelt wie die Expansivkraft des Kapitals. Die verhältnismäßige Größe der industriellen Reservearmee wächst also mit den Potenzen des Reichtums. Je größer aber diese Reservearmee im Verhältnis zur aktiven Arbeiterarmee, desto massenhafter die konsolidierte Übervölkerung, deren Elend im umgekehrten Verhältnis zu ihrer Arbeitsqual steht. Je größer endlich die Lazarusschichte der Arbeiterklasse und die industrielle Reservearmee, desto größer der offizielle Pauperismus. Dies ist das absolute, allgemeine Gesetz der kapitalistischen Akkumulation. Es wird gleich allen andren Gesetzen in seiner Verwirklichung durch mannigfache Umstände modifiziert, deren Analyse nicht hierher gehört.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.673f.)}}<br />
<br />
==Armut und Reichtum==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Armut und Reichtum sind Größen, welche den Besitz von Produktionsmitteln, Kapital und Geld beschreiben. Armut und Reichtum gab es bereits in vorkapitalistischen Gesellschaften. Die Besonderheit im Kapitalismus ist, dass die Arbeiterklasse über nichts anderes, als ihre Arbeitskraft vefügt, und somit gezwungen ist, diese an den Kapitalisten zu verkaufen, welcher sowohl die Produktionsmittel besitzt, als auch den von den Arbeitern produzierten Mehrwert und dessen Produkte aneignet. Die Armut und der Reichtum bilden im Kapitalismus einen antagonistischen Charakter, welche sich gegenseitig bedingen. Die Produktion von Reichtum bedingt automatisch die Produktion von Armut und Elend. Je größer die Produktivkraft der Arbeit, desto größer der Druck der Arbeiter auf ihre Beschäftigungsmittel, desto prekärer also ihre Existenzberechtigung. Die Akkumulation von Reichtum auf Seiten der Bourgeoisie bedingt zugleich die Akkumulation von Elend und Armut auf Seiten des Proletariats. Die kapitalistische Produktion hat somit einen zweideutigen Charakter, welche sowohl Reichtum, als auch Armut produziert. Es wird also logischerweise keinen Kapitalismus ohne Armut geben können. Richtg<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Armut, Reichtum, Lohndruck, Arbeitsdruck, Entfremdung, Verrohung<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Armut und Reichtum wurde bereits in der politischen Ökonomie des 19. Jahrhunderts beschrieben. Allerdings wurde dieser antagonistische Charakter der kapitalistischen Akkumulation mit Erscheinungen aus vorkapitalistischen Produktionsweisen zusammengeworfen. Marx weist im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] nach, dass sich Armut und Reichtum gegenseitig bedingen. Die Akkumulation von Kapital auf Seiten der Bourgeoisie, bedingt automatisch die Akkumulation von Elend, Arbeitsqual, Sklaverei und moralischer Degradation auf Seite der Arbeiterklasse. Marx beschreibt als absolut allgemeines Gesetz der kapitalistischen Akkumulation das enge Verhältnis von Armut und Reichtum. Umso größer der gesellschaftliche Reichtum, und die Größe des Kapitals, umso größer auch die industrielle Reservearmee. Das Verhältnis der industriellen Reservearmee und der aktiven Arbeiterarmee bestimmt die Größe der konsolidierten Überbevölkerung, dessen Elend im umgekehrten Verhältnis zu ihrer Arbeitsqual steht.<br />
<br />
Bereits der venezianische Mönch Ortes aus Venezien, ein wichtiger ökonomischer Schriftsteller des 18.Jahrhunderts, sagte: "Großer Reichtum von einigen ist stets begleitet von absoluter Beraubung des Notwendigen bei viel meht andren. Der Reichtum einer Nation entspricht ihrer Bevölkerung, und ihr Elend entspricht ihrem Reichtum. Die Arbeitsamkeit in einigen erzwingt den Müßiggang in andren. Die Armen und Müßigen sind eine notwendige Frucht der Reichen und Tätigen".<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Der Fortschritt der Produktivität drückt sich auf kapitalistischer Grundlage so aus, dass je höher die Produktivkraft der Arbeit, desto größer der Druck der Arbeiter auf ihre Beschäftigungsmittel, desto prekärer ihre Existenzbedingung. Die bedeutet Verkauf der eigenen Kraft zur Vermehrung fremden Eigentums. Das Wachstum der Menge an Produktionsmitteln und der Produktivität der Arbeit geht mit einem Wachstum der Arbeiterklasse und somit auch der industriellen Reservearmee einher. Dies bedingt automatisch den Wachstum von Armut und Elend.<br />
<br />
{{Zitat |Das Gesetz, wonach eine immer wachsende Masse von Produktionsmitteln, dank dem Fortschritt in der Produktivität der gesellschaftlichen Arbeit, mit einer progressiv abnehmenden Ausgabe von Menschenkraft in Bewegung gesetzt werden kann - dies Gesetz drückt sich auf kapitalistischer Grundlage, wo nicht der Arbeiter die Arbeitsmittel, sondern die Arbeitsmittel den Arbeiter anwenden, darin aus, daß, je höher die Produktivkraft der Arbeit, desto größer der Druck der Arbeiter auf ihre Beschäftigungsmittel, desto prekärer also ihre Existenzbedingung: Verkauf der eignen Kraft zur Vermehrung des fremden Reichtums oder zur Selbstverwertung des Kapitals. Rascheres Wachstum der Produktionsmittel und der Produktivität der Arbeit als der produktiven Bevölkerung drückt sich kapitalistisch also umgekehrt darin aus, daß die Arbeiterbevölkerung stets rascher wächst als das Verwertungsbedürfnis des Kapitals.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.674)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Die Steigerung der ges. Produktivkraft der Arbeit auf Kosten des individuellen Arbeiters. Die Mittel der Entwicklung der Produktion schlagen um in Beherrschungs- und Exploitationsmittel, verstümmeln den Arbeiter in einen Teilmenschen, entwürdigen ihn zum Anhängsel der Maschine, vernichten mit der Qual seiner Arbeit ihren Inhalt.<br/> Alle Methoden zur Produktion des Mehrwerts sind zugleich Methoden der Akkumulation. Es folgt daher, dass im Maße wie Kapital akkumuliert wird, die Lage des Arbeiters, welches immer seine Zahlung, hoch oder niedrig, sich verschlechtern muss. Das Gesetz, dass die relative Überbevölkerung stets mit Umfang und Energie der Akkumulation im Gleichgewicht hält, schmiedet den Arbeiter fester an das Kapital als Prometheus die Keile des Hephaistos an den Felsen. Es bedingt eine der Akkumulation von Kapital entsprechende Akkumulation von Elend, Arbeitsqual, Sklaverei, Unwissenheit, Brutalisierung und moralischer Degradation auf der Seite der Klasse, die ihr eigenes Produkt als Kapital produziert. Die Produktion von Reichtum und Armut bedingen sich antagonistisch und schließen sich im Kapitalismus niemals aus.<br />
<br />
{{Zitat |Wir sahen im vierten Abschnitt bei Analyse der Produktion des relativen Mehrwerts: innerhalb des kapitalistischen Systems vollziehn sich alle Methoden zur Steigerung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit auf Kosten des individuellen Arbeiters; alle Mittel zur Entwicklung der Produktion schlagen um in Beherrschungs- und Exploitationsmittel des Produzenten, verstümmeln den Arbeiter in einen Teilmenschen, entwürdigen ihn zum Anhängsel der Maschine, vernichten mit der Qual seiner Arbeit ihren Inhalt, entfremden ihm die geistigen Potenzen des Arbeitsprozesses im selben Maße, worin letzterem die Wissenschaft als selbständige Potenz einverleibt wird; sie verunstalten die Bedingungen, innerhalb deren er arbeitet, unterwerfen ihn während des Arbeitsprozesses der kleinlichst gehässigen Despotie, verwandeln seine Lebenszeit in Arbeitszeit, schleudern sein Weib und Kind unter das Juggernaut-Rad des Kapitals. Aber alle Methoden zur Produktion des Mehrwerts sind zugleich Methoden der Akkumulation, und jede Ausdehnung der Akkumulation wird umgekehrt Mittel zur Entwicklung jener Methoden. Es folgt daher, daß im Maße wie Kapital akkumuliert, die Lage des Arbeiters, welches immer seine Zahlung, hoch oder niedrig, sich verschlechtern muß. Das Gesetz endlich, welches die relative Übervölkerung oder industrielle Reservearmee stets mit Umfang und Energie der Akkumulation in Gleichgewicht hält, schmiedet den Arbeiter fester an das Kapital als den Prometheus die Keile des Hephästos an den Felsen. Es bedingt eine der Akkumulation von Kapital entsprechende Akkumulation von Elend. Die Akkumulation von Reichtum auf dem einen Pol ist also zugleich Akkumulation von Elend, Arbeitsqual, Sklaverei, Unwissenheit, Brutalisierung und moralischer Degradation auf dem Gegenpol, d.h. auf Seite der Klasse, die ihr eignes Produkt als Kapital produziert.| (Marx, [https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Kapital 1.Band, MEW Band 23], S.674f.)}}<br />
<br />
==Kapitalmonopol als Fessel der Produktionsweise==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Die Zentralisation des Kapitals ist der kapitalistischen Produktion eigen. Sie führt zur Zentralisierung der Produktionmittel in wenigen Händen (Kapitalmonopolen), während das Elend und der Grad der Ausbeutung steigt. Das Kapitalmonopol wird zur Fessel der Produktionsweise. Für eine weitere Entwicklung der Produktuktionsweise muss die kapitalistsiche Hülle gesprengt werden.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Verhältnis zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen, Zentralisation, Stagnation, Monopole, kapitalistische Produktion, Elend, Ausbeutung, Expropriation, kooperative Form des Arbeitsprozesses, kapitalistischen Hülle, Privateigentums<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Vor allem in seinem Hauptwerk – dem Kapital – hat Marx die Zentralisation des Kapitals und das daraus folgende Kapitalmonopol offengelegt und als eine Tendenz der kapitalistischen Produktion theoretisiert. Diese führt zur stetigen Abnahme der Anzahl von Kapitalmagnaten und zur Monopolbildung. Diese Annahme stößt allerdings von bürgerlicher Seite auf Kritik. So seien die meisten Fälle nur Folge einer falschen „Ordnungspolitik“ des Staates.<br />
Doch zeigt diese Kritik nur das gegenteil auf – dass die kapitalistische Produktion ohne entgegenwirkende Maßnahmen zu der von Marx beschriebenen Zentralisation des Kapitals drängt.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die kapitalistische Produktion führt zu einer Zentralisierung der Kapitale in der Hand einer Minderheit – zur Monopolisierung. Mit dieser Zentralisation entwickelt sich auch die kooperative Form des Arbeitsprozesses. Mit einer fortschreitenden Zentralisation und abnehmenden Zahl der Kapitalmagnaten wächst die Masse des Elends, der Ausbeutung, aber auch der Empörung der Arbeiterklasse. Das Kapitalmonopol wird zur Fessel der Produktionsweise, da die Zentralisation der Vergesellschaftung der Arbeit einen Punkt erreicht, an dem sie unverträglich wird mit ihrer kapitalistischen Hülle. Sie wird gesprengt und die Macht des Kapitals, der Bourgeoisie, gestürzt.<br />
<br />
{{Zitat |Diese Expropriation vollzieht sich durch das Spiel der immanenten Gesetze der kapitalistischen Produktion selbst, durch die Zentralisation der Kapitale. Je ein Kapitalist schlägt viele tot. Hand in Hand mit dieser Zentralisation oder der Expropriation vieler Kapitalisten durch wenige entwickelt sich die kooperative Form des Arbeitsprozesses auf stets wachsender Stufenleiter, die bewußte technische Anwendung der Wissenschaft, die planmäßige Ausbeutung der Erde, die Verwandlung der Arbeitsmittel in nur gemeinsam verwendbare Arbeitsmittel, die Ökonomisierung aller Produktionsmittel durch ihren Gebrauch als Produktionsmittel kombinierter, gesellschaftlicher Arbeit, die Verschlingung aller Völker in das Netz des Weltmarkts und damit der internationale Charakter des kapitalistischen Regimes. Mit der beständig abnehmenden Zahl der Kapitalmagnaten, welche alle Vorteile dieses Umwandlungsprozesses usurpieren und monopolisieren, wächst die Masse des Elends, des Drucks, der Knechtschaft, der Entartung, der Ausbeutung, aber auch die Empörung der stets anschwellenden und durch den Mechanismus des kapitalistischen Produktionsprozesses selbst geschulten, vereinten und organisierten Arbeiterklasse. Das Kapitalmonopol wird zur Fessel der Produktionsweise, die mit und unter ihm aufgeblüht ist. Die Zentralisation der Produktionsmittel und die Vergesellschaftung der Arbeit erreichen einen Punkt, wo sie unverträglich werden mit ihrer kapitalistischen Hülle. Sie wird gesprengt. Die Stunde des kapitalistischen Privateigentums schlägt. Die Expropriateurs werden expropriiert.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.790f.])}}<br />
<br />
==Der Tendenzielle Fall der Profitrate==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Das „Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate“ beschreibt den Fall der allgemeinen Profitrate als einen tendenziellen Verlauf. Da nur die menschliche Arbeit Werte schafft, ergibt sich der Profit ausschließlich aus dem unbezahlten Teil der Arbeit, den sich der Kapitalist aneignet. Diese unbezahlte Arbeit drückt sich im Mehrwert aus. Da der Anteil lebendiger Arbeit, das variable Kapital, durch die fortlaufende technische Entwicklung abnimmt, nimmt auch die Masse des Mehrwerts ab. Diese Abnahme der lebendigen Arbeit ergibt einen Fall der Profitrate. Dieser wird durch mehrere Ursachen aufgehalten und gehemmt, weswegen der Fall der Profitrate nur als Tendenz aufritt und nicht absolut.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Tendenzieller Fall der Profitrate, Gesamtkapital, Variables Kapital, Konstantes Kapital, Kapital, Produktivkraft, Akkumulation, Zusammensetzung, Profitrate<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Theorie des Tendenziellen Falls der Profitrate wird von Karl Marx im [[Das Kapital (Literatureinleitung)|Kapital]] dargestellt.<br />
<br />
''Der Fall der allgemeinen Profitrate war in der klassischen Nationalökonomie bereits eine der gängigen Vorstellungen. Allerdings war es noch unklar wie ein Sinken der Profitrate zu Stande kommt. Vorläufige Erklärungen und Theorien waren zu oberflächlich. Marx forschte nach den Ursachen und fand diese in der stetigen Veränderung der Zusammensetzung des Kapitals und der Theorie des Mehrwerts. Das Marx'sche „Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate“ stößt ebenfalls auf Kritik seitens Michael Heinrich und Nobuo Okishio. Laut Heinrich würde keine von Marx' Varianten eine fallende Profitrate beweisen können. Währenddessen sollen die Ergebnisse des Okishio-Theorems des Ökonomen Nobuo Okishios der Marx'schen Annahme widersprechen.''<br />
<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Der tendenzielle Fall der Profitrate steht im Zusammenhang mit der organischen Zusammensetzung des Gesamtkapitals. Nimmt der Anteil der lebendigen Arbeit im Verhältnis zum konstantem Kapital ab, sinkt die Profitrate. Durch die kapitalistische Produktionsweise nimmt das variable Kapital proportional zum Gesamtkapital ab. Aufgrund dieser proportionalen Abnahme des variablen Bestandteils sinkt die Nachfrage nach lebendiger Arbeit progressiv mit dem Wachstum des Gesamtkapitals und erzeugt somit auch eine überschüssige, daher überflüssige oder Zuschuß-Arbeiterbevölkerung die nicht am Produktionsprozess beteiligt ist. Die Zunahme des konstanten Kapitals im Verhältnis zum variablen Kapitalteil ist das Resultat der fortschreitenden Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit. Das heißt, dass die Entwicklung der Produktivkräfte den tendenziellen Fall der Profitrate zur Folge hat. Da durch die Entwicklung der Produktion die angewandte lebendige Arbeit im Verhältnis zum konstanten Kapital abnimmt, so muss auch die unbezahlte Mehrarbeit abnehmen die sich in Form des Mehrwerts äußerst. Dieser Rückgang des Mehrwerts bewirkt wiederum einen stetigen Fall der Profitrate.<br />
<br />
{{Zitat |Die Akkumulation des Kapitals, welche ursprünglich nur als seine quantitative Erweiterung erschien, vollzieht sich, wie wir gesehn, in fortwährendem qualitativen Wechsel seiner Zusammensetzung, in beständiger Zunahme seines konstanten auf Kosten seines variablen Bestandteil. Die spezifisch kapitalistische Produktionsweise, die ihr entsprechende Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit, der dadurch verursachte Wechsel in der organischen Zusammensetzung des Kapitals halten nicht nur Schritt mit dem Fortschritt der Akkumulation oder dem Wachstum des gesellschaftlichen Reichtums. Sie schreiten ungleich schneller, weil die einfache Akkumulation oder die absolute Ausdehnung des Gesamtkapitals von der Zentralisation seiner individuellen Elemente, und die technische Umwälzung des Zusatzkapitals von technischer Umwälzung des Originalkapitals begleitet sind. Mit dem Fortgang der Akkumulation wandelt sich also das Verhältnis von konstantem zu variablem Kapitalteil, wenn ursprünglich 1: 1, in 2: 1,3: 1,4: 1,5: 1, 7: 1 usw. … Da die Nachfrage nach Arbeit nicht durch den Umfang des Gesamtkapitals, sondern durch den seines variablen Bestandteils bestimmt ist, fällt sie also progressiv mit dem Wachstum des Gesamtkapitals, statt, wie vorhin unterstellt, verhältnismäßig mit ihm zu wachsen. Sie fällt relativ zur Größe des Gesamtkapitals und in beschleunigter Progression mit dem Wachstum dieser Größe. Mit dem Wachstum des Gesamtkapitals wächst zwar auch sein variabler Bestandteil, oder die ihm einverleibte Arbeitskraft, aber in beständig abnehmender Proportion. …Diese mit dem Wachstum des Gesamtkapitals beschleunigte und rascher als sein eignes Wachstum beschleunigte relative Abnahme seines variablen Bestandteils scheint auf der andren Seite umgekehrt stets rascheres absolutes Wachstum der Arbeiterbevölkerung als das des variablen Kapitals oder ihrer Beschäftigungsmittel. Die kapitalistische Akkumulation produziert, und zwar im Verhältnis zu ihrer Energie und ihrem Umfang, beständig eine relative, d.h. für die mittleren Verwertungsbedürfnisse des Kapitals überschüssige, daher überflüssige oder Zuschuß-Arbeiterbevölkerung.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band23.pdf Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.657f.])}}<br />
<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Die Zunahme des konstanten Kapitals im Verhältnis zum variablen Kapitalteil ist das Resultat der fortschreitenden Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit. Das heißt, dass die Entwicklung der Produktivkräfte den tendenziellen Fall der Profitrate zur Folge hat. Da durch die Entwicklung der Produktion die angewandte lebendige Arbeit im Verhältnis zum konstanten Kapital abnimmt, so muss auch die unbezahlte Mehrarbeit abnehmen die sich in Form des Mehrwerts äußerst. Dieser Rückgang des Mehrwerts bewirkt wiederum einen stetigen Fall der Profitrate.<br />
<br />
{{Zitat |„Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate 13. Kapital, Das Gesetz als solches. Bei gegebnem Arbeitslohn und Arbeitstag stellt ein variables Kapital, z.B. von 100, eine bestimmte Anzahl in Bewegung gesetzter Arbeiter vor; es ist der Index dieser Anzahl. Z.B. 100 Pfd.St. sei der Arbeitslohn für 100 Arbeiter, sage für eine Woche. Verrichten diese 100 Arbeiter ebensoviel notwendige Arbeit wie Mehrarbeit, arbeiten sie also täglich ebensoviel Zeit für sich selbst, d.h. für die Reproduktion ihres Arbeitslohns, wie für den Kapitalisten, d.h. für die Produktion von Mehrwert, so wäre ihr Gesamtwertprodukt = 200 Pfd.St. und der von ihnen erzeugte Mehrwert betrüge 100 Pfd.St. Die Rate des Mehrwerts m/v wäre =100% . Diese Rate des Mehrwerts würde sich jedoch, wie wir gesehn, in sehr verschiednen Profitraten ausdrücken, je nach dem verschiednen Umfang des konstanten Kapitals c und damit des Gesamtkapitals C, da die Profitrate = m/C . <br />
Ist die Mehrwertsrate 100%,: <br />
Wenn c = 50, v = 100, so ist p' = 100/150 = 66,66 %. <br />
Wenn c = 100, v = 100, so ist p' =100/200 = 50%. <br />
Wenn c = 200, v = 100, so ist p' = 100/300 = 33,33%. <br />
Wenn c = 300, v = 100, so ist p' = 100/400 = 25%. <br />
Wenn c = 400, v = 100, so ist p' = 100/500 = 20%. <br />
Dieselbe Rate des Mehrwerts, bei unverändertem Exploitationsgrad der Arbeit, würde sich so in einer fallenden Profitrate ausdrücken, weil mit seinem materiellen Umfang, wenn auch nicht im selben Verhältnis, auch der Wertumfang des konstanten und damit des Gesamtkapitals wächst<br />
Nimmt man nun ferner an, daß diese graduelle Veränderung in der Zusammensetzung des Kapitals sich nicht bloß in vereinzelten Produktionssphären zuträgt, sondern mehr oder weniger in allen, oder doch in den entscheidenden Produktionssphären, daß sie also Veränderungen in der organischen Durchschnittszusammensetzung des einer bestimmten Gesellschaft angehörigen Gesamtkapitals einschließt, so muß dies allmähliche Anwachsen des konstanten Kapitals, im Verhältnis zum variablen, notwendig zum Resultat haben einen graduellen Fall in der allgemeinen Profitrate bei gleichbleibender Rate des Mehrwerts oder gleichbleibendem Exploitationsgrad der Arbeit durch das Kapital. Nun hat sich aber gezeigt, als ein Gesetz der kapitalistischen Produktionsweise, daß mit ihrer Entwicklung eine relative Abnahme des variablen Kapitals im Verhältnis zum konstanten Kapital und damit im Verhältnis zu dem in Bewegung gesetzten Gesamtkapital stattfindet. Es heißt dies nur, daß dieselbe Arbeiterzahl, dieselbe Menge Arbeitskraft, disponibel gemacht durch ein variables Kapital von gegebnem Wertumfang, infolge der innerhalb der kapitalistischen Produktion sich entwickelnden eigentümlichen Produktionsmethoden, eine stets wachsende Masse Arbeitsmittel, Maschinerie und fixes Kapital aller Art, Roh- und Hilfsstoffe in derselben Zeit in Bewegung setzt, verarbeitet, produktiv konsumiert - daher auch ein konstantes Kapital von stets wachsendem Wertumfang. Diese fortschreitende relative Abnahme des variablen Kapitals im Verhältnis zum konstanten und daher zum Gesamtkapital ist identisch mit der fortschreitend höhern organischen Zusammensetzung des gesellschaftlichen Kapitals in seinem Durchschnitt. Es ist ebenso nur ein andrer Ausdruck für die fortschreitende Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit, die sich grade darin zeigt, daß vermittelst der wachsenden Anwendung von Maschinerie und fixem Kapital überhaupt mehr Roh- und Hilfsstoffe von derselben Anzahl Arbeiter in derselben Zeit, d.h. mit weniger Arbeit in Produkte verwandelt werden. Es entspricht diesem wachsenden Wertumfang des konstanten Kapitals - obgleich er nur entfernt das Wachstum in der wirklichen Masse der Gebrauchswerte darstellt, aus denen das konstante Kapital stofflich besteht - eine wachsende Verwohlfeilerung des Produkts. Jedes individuelle Produkt, für sich betrachtet, enthält eine geringre Summe von Arbeit, als auf niedrigem Stufen der Produktion, wo das in Arbeit ausgelegte Kapital in ungleich größrem Verhältnis steht zu dem in Produktionsmitteln ausgelegten. Die im Eingang hypothetisch aufgestellte Reihe drückt also die wirkliche Tendenz der kapitalistischen Produktion aus. Diese erzeugt mit der fortschreitenden relativen Abnahme des variablen Kapitals gegen das konstante eine steigend höhere organische Zusammensetzung des Gesamtkapitals, deren unmittelbare Folge ist, daß die Rate des Mehrwerts bei gleichbleibendem und selbst bei steigendem Exploitationsgrad der Arbeit sich in einer beständig sinkenden allgemeinen Profitrate ausdrückt. (Es wird sich weiter zeigen1 *, warum dies Sinken nicht in dieser absoluten Form, sondern mehr in Tendenz zum progressiven Fall hervortritt.) Die progressive Tendenz der allgemeinen Profitrate zum Sinken ist also nur ein der kapitalistischen Produktionsweise eigentümlicher Ausdruck für die fortschreitende Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkraft der Arbeit. Es ist damit nicht gesagt, daß die Profitrate nicht auch aus andren Gründen vorübergehend fallen kann, aber es ist damit aus dem Wesen der kapitalistischen Produktionsweise als eine selbstverständliche Notwendigkeit bewiesen, daß in ihrem Fortschritt die allgemeine Durchschnittsrate des Mehrwerts sich in einer fallenden allgemeinen Profitrate ausdrücken muß. Da die Masse der angewandten lebendigen Arbeit stets abnimmt im Verhältnis zu der Masse der von ihr in Bewegung gesetzten vergegenständlichten Arbeit, der produktiv konsumierten Produktionsmittel, so muß auch der Teil dieser lebendigen Arbeit, der unbezahlt ist und sich in Mehrwert vergegenständlicht, in einem stets abnehmenden Verhältnis stehn zum Wertumfang des angewandten Gesamtkapitals. Dies Verhältnis der Mehrwertsmasse zum Wert des angewandten Gesamtkapitals bildet aber die Profitrate, die daher beständig fallen muß.“| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.221ff.])}}<br />
<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Erzeugung relativen Mehrwerts drängt dazu möglichst viel Arbeit in Mehrwert zu verwandeln und gleichzeitig die Masse der lebendigen Arbeit im Verhältnis zum vorgeschoßenen Gesamtkapital zu verringern. Diese Veränderung der organischen Zusammensetzung des Gesamtkapitals verdeutlicht sich somit in einem Fall der Profitrate.<br />
<br />
{{Zitat |Sonst ist es bereits nachgewiesen - und bildet das eigentliche Geheimnis des tendenziellen Falls der Profitrate - , daß die Prozeduren zur Erzeugung von relativem Mehrwert im ganzen und großen darauf hinauslaufen: einerseits von einer gegebnen Masse Arbeit möglichst viel in Mehrwert zu verwandeln, andrerseits im Verhältnis zum vorgeschoßnen Kapital möglichst wenig Arbeit überhaupt anzuwenden; so daß dieselben Gründe, welche erlauben, den Exploitationsgrad der Arbeit zu erhöhen, es verbieten, mit demselben Gesamtkapital ebensoviel Arbeit wie früher zu exploitieren. Dies sind die widerstreitenden Tendenzen, die, während sie auf eine Steigerung in der Rate des Mehrwerts, gleichzeitig auf einen Fall der von einem gegebnen Kapital erzeugten Masse des Mehrwerts und daher der Rate des Profits hinwirken.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.243])}}<br />
<br />
==Sozialistische Revolution==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Revolution, Enteignung<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Die Expropriation der Expropriateure wird durch die Volksmassen stattfinden. <br />
<br />
{{Zitat |Die Verwandlung des auf eigner Arbeit der Individuen beruhenden, zersplitterten Privateigentums in kapitalistisches ist natürlich ein Prozeß, ungleich mehr langwierig, hart und schwierig als die Verwandlung des tatsächlich bereits auf gesellschaftlichem Produktionsbetrieb beruhenden kapitalistischen Eigentums in gesellschaftliches. Dort handelte es sich um die Expropriation der Volksmasse durch wenige Usurpatoren, hier handelt es sich um die Expropriation weniger Usurpatoren durch die Volksmasse.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.791)}}<br />
<br />
==Produktionsmittel und Konsumtionsmittel==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Einfache Reproduktion, Produktionsmittel, Konsumtionsmittel<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Das Gesamtprodukt der Gesellschaft zerfällt in zwei Abteilungen. I. Produktionsmittel, II. Konsumtionsmittel.<br/>Weiter in c und v. <br />
<br />
{{Zitat |Die zwei Abteilungen der gesellschaftlichen Produktion<br/>Das Gesamtprodukt, also auch die Gesamtproduktion, der Gesellschaft zerfällt in zwei große Abteilungen:<br/>I. Produktionsmittel, Waren, welche eine Form besitzen, worin sie in die produktive Konsumtion eingehn müssen oder wenigstens eingehn können.<br/>II. Konsumtionsmittel, Waren, welche eine Form besitzen, worin sie in die individuelle Konsumtion der Kapitalisten- und Arbeiterklasse eingehn. In jeder dieser Abteilungen bilden sämtliche verschiedne ihr angehörige Produktionszweige einen einzigen großen Produktionszweig, die einen den der Produktionsmittel, die andern den der Konsumtionsmittel. Das in jedem der beiden Produktionszweige angewandte gesamte Kapital bildet eine besondre große Abteilung des gesellschaftlichen Kapitals.| (Marx, Kapital 2.Band, MEW Band 24, S.394)}}<br />
<br />
==Zyklische Bewegung des Industriekapitals==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Industriekapital, Zyklische Bewegung des Kapitals, Geldkapital, Warenkapital, Stagnation, Schatzbildung, Mehrwertschöpfung, Zirkulation, Reproduktion, Monopolisierung<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Das Industriekapital nimmt drei Formen an: Produktives Kapital, Warenkapital und Geldkapital. Sie sind keine eigenständigen Kapitalsorten, sondern Funktionsformen des Industriekapitals. Der Kreislauf des Kapitals kann stocken. Wenn G-W stockt, erstarrt das Geldkapital. Wenn er in der Produktionsphase stockt, liegen die Produktionsmittel brach, Arbeiter bleiben unbeschäftigt. Wenn der Kreislauf an der Stelle W‘-G‘ stockt, bleiben unverkäufliche Waren liegen und versperren den Zirkulationsfluss.<br />
<br />
{{Zitat |Die beiden Formen, die der Kapitalwert innerhalb seiner Zirkulationsstadien annimmt, sind die von Geldkapital und Warenkapital; seine dem Produktionsstadium angehörige Form ist die von produktivem Kapital. Das Kapital, welches im Verlauf seines Gesamtkreislaufs diese Formen annimmt und wieder abstreift und in jeder die ihr entsprechende Funktion vollzieht, ist industrielles Kapital - industriell hier in dem Sinn, daß es jeden kapitalistisch betriebnen Produktionszweig umfaßt. Geldkapital, Warenkapital, produktives Kapital bezeichnen hier also nicht selbständige Kapitalsorten, deren Funktionen den Inhalt gleichfalls selbständiger und voneinander getrennter Geschäftszweige bilden. Sie bezeichnen hier nur besondre Funktionsformen des industriellen Kapitals, das sie alle drei nacheinander annimmt.<br/> Der Kreislauf des Kapitals geht nur normal vonstatten, solange seine verschiednen Phasen ohne Stockung ineinander übergehn. Stockt das Kapital in der ersten Phase G - W , so erstarrt das Geldkapital zum Schatz; wenn in der Produktionsphase, so liegen die Produktionsmittel funktionslos auf der einen Seite, während die Arbeitskraft auf der andern unbeschäftigt bleibt; wenn in der letzten Phase W ' - G ' , so versperren unverkäuflich aufgehäufte Waren den Zirkulationsfluß.| (Marx, Kapital 2.Band, MEW Band 24, S.56)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Industrielles Kapital ist die einzige Daseinsweise des Kapitals, die Mehrwert schöpft und den kap. Charakter der Produktion bedingt.<br/>Technik und gesellschaftliche Organisation des Arbeitsprozesses werden durch industrielles Kapital umgewälzt.<br/> Alle anderen Arten von Kapital werden ihm untergeordnet und entsprechend seines Mechanismus verändert, bewegen sich nur auf seiner Grundlage – stehen und fallen mit ihr.<br/> Waren- und Geldkapital sind auch wenn sie als eigene Geschäftszweige auftreten, nur Funktionsweisen des industriellen Kapitals.<br />
<br />
{{Zitat |Das industrielle Kapital ist die einzige Daseinsweise des Kapitals, worin nicht nur Aneignung von Mehrwert, resp. Mehrprodukt, sondern zugleich dessen Schöpfung Funktion des Kapitals ist. Es bedingt daher den kapitalistischen Charakter der Produktion; sein Dasein schließt das des Klassengegensatzes von Kapitalisten und Lohnarbeitern ein.<br/> Im Maß wie es sich der gesellschaftlichen Produktion bemächtigt, werden Technik und gesellschaftliche Organisation des Arbeitsprozesses umgewälzt, und damit der ökonomisch-geschichtliche Typus der Gesellschaft.<br/> Die andern Arten von Kapital, die vor ihm inmitten vergangner oder untergehender gesellschaftlicher Produktionszustände erschienen, werden ihm nicht nur untergeordnet und im Mechanismus ihrer Funktionen ihm entsprechend verändert, sondern bewegen sich nur noch auf seiner Grundlage, leben und sterben, stehen und fallen daher mit dieser ihrer Grundlage.<br/>Geldkapital und Warenkapital, soweit sie mit ihren Funktionen als Träger eigner Geschäftszweige neben dem industriellen Kapital auftreten, sind nur noch durch die gesellschaftliche Teilung der Arbeit verselbständigte und einseitig ausgebildete Existenzweisen der verschiednen Funktionsformen, die das industrielle Kapital innerhalb der Zirkulationssphäre bald annimmt, bald abstreift.| (Marx, Kapital 2.Band, MEW Band 24, S.61)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Gesamtproduktionsprozess des Kapitals heißt: Reproduktionsprozess sowie Kreislauf aller Elemente.<br/> Alle Teile durchlaufen Kreisläufe. Alle drei Formen sind beständig vorhanden durch den Kreislauf des Gesamtkapitals durch diese drei Phasen: Waren-, Geld-, produktives Kapital.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist eine notwendige Bedingung für den Gesamtproduktionsprozeß, besonders für das gesellschaftliche Kapital, daß er zugleich Reproduktionsprozeß, und daher Kreislauf jedes seiner Momente ist. Verschiedne Bruchteile des Kapitals durchlaufen sukzessiv die verschiednen Stadien und Funktionsformen.<br/>Jede Funktionsform, obgleich sich stets ein andrer Teil des Kapitals darin darstellt, durchläuft dadurch gleichzeitig mit den andren ihren eignen Kreislauf. Ein Teil des Kapitals, aber ein stets wechselnder, stets reproduziert, existiert als Warenkapital, das sich in Geld verwandelt; ein andrer als Geldkapital, das sich in produktives verwandelt; ein dritter als produktives Kapital, das sich in Warenkapital verwandelt. Das beständige Vorhandensein aller drei Formen ist vermittelt durch den Kreislauf des Gesamtkapitals durch eben diese drei Phasen.| (Marx, Kapital 2.Band, MEW Band 24, S.108)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Je größer die Störungen sind, desto mehr Geldkapital muss der industrielle Kapitalist besitzen, um Ausgleichungen abwarten zu können.<br/>Durch Wachstum des vorzuschießenden Kapitals werden industrielle Kapitalisten mehr und mehr in ein Monopol großer Geldkapitalisten verwandelt.<br />
<br />
{{Zitat |Ganz normal verläuft der Prozeß nur, wenn die Wertverhältnisse konstant bleiben; er verläuft faktisch, solange sich Störungen in der Wiederholung des Kreislaufs ausgleichen; je größer die Störungen, um so größres Geldkapital muß der industrielle Kapitalist besitzen, um die Ausgleichung abwarten zu können; und da im Fortgang der kapitalistischen Produktion sich die Stufenleiter jedes individuellen Produktionsprozesses, und mit ihm die Minimalgröße des vorzuschießenden Kapitals erweitert, so kommt jener Umstand zu den andren, die die Funktion des industrieller Kapitalisten mehr und mehr in ein Monopol großer Geldkapitalisten, vereinzelter der assoziierter, verwandeln.| (Marx, Kapital 2.Band, MEW Band 24, S.111)}}<br />
<br />
==Möglichkeiten einer Wirtschaftskrise==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Krise, Zirkulation, Geld als Zirkulationsmittel, Marktanteil, Metamorphose des Kapitals, Weltmarkt, Überproduktion, Industrieproduktion<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
In der Zirkulation sind Kauf und Verkauf zeitlich und räumlich voneinander getrennt, sie sind scheinbar selbständig. Da sie aber wesentliche Momente eines Ganzen sind, muss ein Moment eintreten, in dem diese Selbständigkeit gebrochen wird und die innere Einheit wieder hergestellt wird.<br />
Dieses Auseinanderfallen des Austauschs mit Geld als Zirkulationsmittel beinhaltet die Möglichkeit für den Keim einer Krise.<br />
<br />
{{Zitat |Insofern Kauf und Verkauf, die beiden wesentlichen Momente der Zirkulation, gleichgültig gegeneinander sind, in Raum und Zeit getrennt, brauchen sie keineswegs zusammenzufallen. Ihre Gleichgültigkeit kann zur Befestigung und scheinbaren Selbständigkeit des einen gegen das andere fortgehen. (So dass einer nur kauft, ohne zu verkaufen – Warenhortung –, oder dass einer nur verkauft, ohne zu kaufen – Geldhortung, Schatzbildung.) Indem Kauf und Verkauf aber beide wesentlich Momente eines Ganzen bilden (der Warenproduzent verkauft seine Ware, um mit dem Geld andere Ware zu kaufen, die seine Bedürfnisse befriedigt), muss ein Moment eintreten, wo die selbständige Gestalt gewaltsam gebrochen und die innere Einheit äußerlich durch eine gewaltsame Explosion hergestellt wird. So liegt schon in der Bestimmung des Geldes als Mittler, in dem Auseinanderfallen des Austauschs in zwei Akte, der Keim der Krisen, wenigstens ihrer Möglichkeit, die nicht realisiert werden kann, als die, wo die Grundbedingungen der klassisch ausgebildeten, ihrem Begriff entsprechenden Zirkulation vorhanden sind.| (Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie. Fotomechanischer Nachdruck der beiden Teile des im Verlag für fremdsprachige Literatur, Moskau, 1939 und 1941 erschienen Ausgaben, EVA Frankfurt/M, S. 112f)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Ziel des Kapitalisten ist, so viel Platz auf dem Markt einzunehmen, wie es sein verfügbares Kapital zulässt, indem er sich einen größeren Anteil des Marktes aneignet oder den Markt selbst erweitert.<br />
<br />
{{Zitat |Was aber den einzelnen Kapitalisten betrifft, so misst er den Umfang seiner Produktion durch den seines verfügbaren Kapitals, soweit er es noch selbst überwachen kann. Was er im Auge hat, ist, so viel Platz wie möglich auf dem Markt einzunehmen. Wird überproduziert, so schiebt er die Schuld nicht sich, sondern seinen Konkurrenten zu. Der einzelne Kapitalist kann seine Produktion ausdehnen, ebenso wohl indem er einen größeren Anteil des gegebenen Markts sich aneignet, als auch indem er den Markt selbst erweitert.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.685)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Geld fungiert als Zirkulationsmittel als Maß der Werte und Realisierung des Werts. Diese Momente, Kauf und Verkauf, fallen auseinander: Der Wert der Ware kann sich verändern oder in einem bestimmten Zeitraum nicht verkauft werden. Alle davon abhängigen Transaktionen, eine Reihe von Zahlungen, können nicht erfüllt werden: Möglichkeit der Krise.<br />
<br />
Auseinanderfallen von Kauf und Verkauf sind aber nie Ursache der Krise. Diese ist aus den allgemeinen Bedingungen der kapitalistischen Produktion zu entwickeln.<br />
<br />
{{Zitat |1. Die allgemeine Möglichkeit der Krisen ist in dem Prozess der Metamorphose des Kapitals [Geldkapital – Warenkapital – Geldkapital] selbst gegeben und zwar doppelt, soweit das Geld als Zirkulationsmittel fungiert – Auseinanderfallen von Kauf und Verkauf. Soweit es als Zahlungsmittel fungiert, wo es in zwei verschiedenen Momenten wirkt, als Maß der Werte und als Realisierung des Werts. Diese beiden Momente fallen auseinander. Hat der Wert sich geändert in dem Intervalle, ist die Ware im Moment ihres Verkaufs nicht wert, was sie wert war im Moment, wo das Geld das Maß der Ware war, […] dann kann aus dem Erlös der Ware die Obligation nicht erfüllt werden und daher die ganze Reihe der Transaktionen nicht saldiert werden, die rückgängig von dieser einen abhängen.<br/>Kann die Ware auch nur in einem bestimmten Zeitraum nicht verkauft werden, selbst wenn ihr Wert nicht sich änderte, so kann das Geld nicht als Zahlungsmittel funktionieren, da es in bestimmter, vorausgesetzter Frist als solches funktionieren muss. Da dieselbe Geldsumme aber hier für eine Reihe von wechselseitigen Transaktionen und Obligationen funktioniert, tritt hier Zahlungsunfähigkeit nicht nur in einem, sondern vielen Punkten ein, daher Krise.<br/>Aber im letzteren Fall ist die Krise nicht nur da, weil Ware unverkäuflich ist, sondern weil sie nicht in bestimmtem Zeitraum verkäuflich ist, und die Krise entsteht und leitet ihren Charakter her nicht nur von der Unverkäuflichkeit der Ware, sondern von der Nichtrealisierung einer ganzen Reihe von Zahlungen, die auf dem Verkauf dieser bestimmten Ware in dieser bestimmten Frist beruhen. Dies ist die eigentliche Form der Geldkrisen.<br/>Tritt also Krise ein, weil Kauf und Verkauf auseinander fallen, so entwickelt sie sich als Geldkrise, sobald das Geld als Zahlungsmittel [in Kreditverhältnissen] entwickelt ist, und diese zweite Form der Krisen versteht sich dann von selbst, sobald die erste eintritt. […]<br/>2. Soweit Krisen aus Preisveränderungen und Preisrevolutionen hervorgehen, die mit den Wertveränderungen der Waren nicht zusammenfallen, können sie natürlich nicht entwickelt werden bei Betrachtung des Kapitals im Allgemeinen, wo bei den Werten der Waren identische Preise vorausgesetzt werden.<br/>3. Die allgemeine Möglichkeit der Krisen ist die formelle Metamorphose des Kapitals selbst, das zeitliche und räumliche Auseinanderfallen von Kauf und Verkauf. Aber dies ist nie die Ursache der Krise. […] Fragt man nach ihrer Ursache, so will man eben wissen, warum […] sie aus der Möglichkeit zur Wirklichkeit wird.<br/>4. Die allgemeinen Bedingungen der Krisen, soweit sie unabhängig von Preisschwankungen sind (ob diese nun mit dem Kreditwesen zusammenhängen oder nicht) – als verschieden von Wertschwankungen – müssen aus den allgemeinen Bedingungen der kapitalistischen Produktion zu entwickeln sein.| (Marx, Theorien über den Mehrwert, Band II, MEW 26.2, S. 514ff)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Ausdehnbarkeit des Fabrikwesens und Abhängigkeit vom Weltmarkt führen zu Überfüllung der Märkte, mit deren Kontraktion Lähmung eintritt. Das Leben der Industrie verwandelt sich in Reihenfolge von Perioden mittlerer Lebendigkeit, Prosperität, Überproduktion, Krise und Stagnation.<br />
<br />
{{Zitat |Die ungeheure, stoßweise Ausdehnbarkeit des Fabrikwesens und seine Abhängigkeit vom Weltmarkt erzeugen notwendig fieberhafte Produktion und darauf folgende Überfüllung der Märkte, mit deren Kontraktion Lähmung eintritt. Das Leben der Industrie verwandelt sich in eine Reihenfolge von Perioden mittlerer Lebendigkeit, Prosperität, Überproduktion, Krise und Stagnation.| (Marx, Kapital 1.Band, MEW Band 23, S.476)}}<br />
<br />
==Der Krisenzyklus==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Krisenzyklus, Überproduktion, Entlassung, Krise, Preisentwertung, Kreditsystem, Kapitalvernichtung, Poduktivkraftvernichtung, Eroberung neuer Märkte<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Bei einem Zuviel des Angebotes fallen die Preise unter die Werte, manche Waren bleiben unverkäuflich, die Investitionstätigkeit geht zurück, was die Situation verschärft, Betriebe nehmen Entlassungen vor, andere Betriebe gehen pleite. Kapital und Produktionsmittel werden vernichtet. Das Angebot sinkt so weit, dass es unter der gesellschaftlichen Nachfrage liegt, die Preise steigen wieder, die Investitionstätigkeit wird angekurbelt, die kapitalistische Wirtschaft kommt aus dem Tal, ein „Aufschwung“ entsteht. Alle wollen teilhaben, die Investitionstätigkeit wird rege, die „Konjunktur überhitzt“, die Märkte füllen sich, schließlich staut es sich, die Investitionstätigkeit wird heruntergefahren, die Preise fallen unter die Werte, die nächste Krise beginnt – und so weiter und so fort als ein Perpetuum Mobile des kapitalistischen Krisenzyklus.<br />
<br />
{{Zitat |In der Tat, seit 1825, wo die erste allgemeine Krise ausbrach, geht die ganze industrielle und kommerzielle Welt, die Produktion und der Austausch sämtlicher zivilisierter Völker und ihrer mehr oder weniger barbarischen Anhängsel so ziemlich alle zehn Jahre einmal aus den Fugen. Der Verkehr stockt, die Märkte sind überfüllt, die Produkte liegen da, ebenso massenhaft wie unabsetzbar, das bare Geld wird unsichtbar, der Kredit verschwindet, die Fabriken stehen still, die arbeitenden Massen ermangeln der Lebensmittel, weil sie zu viel Lebensmittel produziert haben. Bankrott folgt auf Bankrott, Zwangsverkauf auf Zwangsverkauf. Jahrelang dauert die Stockung, Produktivkräfte wie Produkte werden massenhaft vergeudet und zerstört, bis die aufgehäuften Warenmassen unter größerer oder geringerer Entwertung endlich abfließen, bis Produktion und Austausch allmählich wieder in Gang kommen.<br/>Nach und nach beschleunigt sich die Gangart, fällt in Trab, der industrielle Trab geht über in Galopp, und dieser steigert sich wieder bis zum zügellosen Tempo eines vollständigen industriellen, kommerziellen, kreditlichen und spekulativen Hindernisrennens, um endlich nach den halsbrechendsten Sprüngen wieder anzulangen – im Graben des Krachs. Und so immer von neuem.| (Friedrich Engels, Anti-Dühring, MEW 20, S. 257)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Krisen sind nur kurzfristige Lösungen der vorhandenen Widersprüche, die das gestörte Gleichgewicht für einen Moment wiederherstellen.<br />
<br />
{{Zitat |Die Krisen sind immer nur momentane gewaltsame Lösungen der vorhandnen Widersprüche, gewaltsame Eruptionen, die das gestörte Gleichgewicht für den Augenblick wiederherstellen.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.259)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Ein Teil der Waren kann seinen Zirkulations- und Reproduktionsprozess nur durch Kontraktion seiner Preise vollziehen, also durch Entwertung des Kapitals.<br />
Elemente des fixen Kapitals (Arbeitsmittel, Gebäude, Maschinen) werden entwertet. Durch Preisverfall gerät Reproduktionsprozess ins Stocken.<br />
Dadurch wird Funktion des Geldes als Zahlungsmittel paralysiert.<br />
Kette der Zahlungsobligationen wird unterbrochen. Kreditsystem kann zusammenbrechen, verschärft die Krise.<br />
<br />
{{Zitat |Ein Teil der auf dem Markt befindlichen Waren kann seinen Zirkulations- und Reproduktionsprozess [Verkauf und Kauf] nur vollziehen durch ungeheure Kontraktion seiner Preise, also durch Entwertung des Kapitals, das er darstellt. Ebenso werden die Elemente des fixen Kapitals [Arbeitsmittel wie Gebäude und Maschinerie] mehr oder minder entwertet. Es kommt hinzu, dass bestimmte, vorausgesetzte Preisverhältnisse den Reproduktionsprozess bedingen, dieser daher durch den allgemeinen Preisfall in Stockung und Verwirrung gerät. Diese Störung und Stockung paralysiert die […] auf jenen vorausgesetzten Preisverhältnissen beruhende Funktion des Geldes als Zahlungsmittel [von Krediten], unterbricht an hundert Stellen die Kette der Zahlungsobligationen an bestimmten Terminen und wird noch verschärft durch das damit gegebene Zusammenbrechen des […] Kreditsystems und führt so zu heftigen akuten Krisen, […].| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.264)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
In Krisen gibt es Kapitalvernichtung und Vernichtung von Produktionsmitteln aufgrund der Überproduktion. Die Auswege für die Bourgeoisie sind Vernichtung, Eroberung neuer Märkte und gründlichere Ausbeutung alter Märkte – was wiederum größere Krisen vorbereitet.<br />
<br />
{{Zitat |Produkte, sondern sogar der bereits geschaffenen Produktivkräfte regelmäßig vernichtet. In den Krisen bricht eine gesellschaftliche Epidemie aus, welche allen früheren Epochen als ein Widersinn erschienen wäre – die Epidemie der Überproduktion. Die Gesellschaft findet sich plötzlich in einen Zustand momentaner Barbarei zurückversetzt; eine Hungersnot, ein allgemeiner Vernichtungskrieg scheinen ihr alle Lebensmittel abgeschnitten zu haben; die Industrie, der Handel scheinen vernichtet, und warum? Weil sie zu viel Zivilisation, zu viel Lebensmittel, zu viel Industrie, zu viel Handel besitzt. […]<br/>Die bürgerlichen Verhältnisse sind zu eng geworden, um den von ihnen erzeugten Reichtum zu fassen. – Wodurch überwindet die Bourgeoisie Krisen? Einerseits durch die erzwungene Vernichtung einer Masse von Produktivkräften; andererseits durch die Eroberung neuer Märkte und die gründlichere Ausbeutung der alten Märkte. Wodurch also? Dadurch, dass sie allseitigere und gewaltigere Krisen vorbereitet und die Mittel, den Krisen vorzubeugen, vermindert.| (Marx, Kommunistisches Manifest, MEW 4, S. 468)}}<br />
<br />
==Kredit, fiktives Kapital==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Geldkapital, Zentralisation, Zinsprofit, Reservefonds, Industrielles Kapital, Händlerkapital, Banksystem, Geldmacht<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Das verleihbare Geldkapital konzentriert sich in den Händen des Bankiers. Sie werden die allgemeinen Verwalter des Geldkapitals gegenüber den industriellen und kommerziellen Kapitalisten. Eine Bank ist die Zentralisation des Geldkapitals. Ihr Profit besteht in höheren Zinsen.<br />
<br />
{{Zitat |Allgemein ausgedrückt besteht das Bankiergeschäft nach dieser Seite darin, das verleihbare Geldkapital in seiner Hand zu großen Massen zu konzentrieren, so daß statt des einzelnen Geldverleihers die Bankiers als Repräsentanten aller Geldverleiher den industriellen und kommerziellen Kapitalisten gegenübertreten. Sie werden die allgemeinen Verwalter des Geldkapitals. Andrerseits konzentrieren sie, allen Verleihern gegenüber, die Borger, indem sie für die ganze Handelswelt borgen. Eine Bank stellt auf der einen Seite die Zentralisation des Geldkapitals, der Verleiher, auf der andern die Zentralisation der Borger dar. Ihr Profit besteht im allgemeinen darin, daß sie zu niedrigem Zinsen borgt, als sie ausleiht.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.416)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Das Geld fließt den Bankiers aus Reservefonds der Händler und Industriellen zu.<br />
<br />
{{Zitat |Das verleihbare Kapital, worüber die Banken verfügen, fließt ihnen in mehrfacher Weise zu. Zunächst konzentriert sich in ihrer Hand, da sie Kassierer der industriellen Kapitalisten sind, das Geldkapital, das jeder Produzent und Kaufmann als Reservefonds hält, oder das ihm als Zahlung zufließt. Diese Fonds verwandeln sich so in verleihbares Geldkapital.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.416)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Die Banken sammeln alles unbeschäftigte Geld und auch die kleinen Geldsummen aus allen Klassen und bilden so eine Geldmacht. Dies ist eine besondere Wirkung des Banksystems, die von der Mittlertätigkeit zwischen Geldkapitalisten und Borgern unterschieden werden muss.<br />
<br />
{{Zitat |Mit der Entwicklung des Banksystems und namentlich, sobald sie Zins für Depositen zahlen, werden ferner die Geldersparnisse und das augenblicklich unbeschäftigte Geld aller Klassen bei ihnen deponiert. Kleine Summen, jede für sich unfähig, als Geldkapital zu wirken, werden zu großen Massen vereinigt und bilden so eine Geldmacht. Diese Ansammlung kleiner Beträge muß als besondre Wirkung des Banksystems unterschieden werden von seiner Mittlerschaft zwischen den eigentlichen Geldkapitalisten und den Borgern. Endlich werden auch die Revenuen, die nur allmählich verzehrt werden sollen, bei den Banken deponiert.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.416)}}<br />
<br />
==Die Rolle des Kredits in der kapitalistischen Produktion==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Warenzirkulation, Warenmetamorphose<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Durch den Kredit werden die Phasen der Zirkulation und der Metamorphose des Kapitals beschleunigt.<br />
<br />
{{Zitat |2. Beschleunigung, durch den Kredit, der einzelnen Phasen der Zirkulation oder der Warenmetamorphose, weiter der Metamorphose des Kapitals, und damit Beschleunigung des Reproduktionsprozesses überhaupt. (Andrerseits erlaubt der Kredit, die Akte des Kaufens und Verkaufens länger auseinanderzuhalten und dient daher der Spekulation als Basis.) Kontraktion der Reservefonds, was doppelt betrachtet werden kann: einerseits als Verminderung des zirkulierenden Mediums, andrerseits als Beschränkung des Teils des Kapitals, der stets in Geldform existieren muß.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.453)}}<br />
<br />
==Bildung von Aktiengesellschaften==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Aktiengesellschaften, Produktionserweiterung, Gesellschaftskapital, Kapitalverwaltung, Zinsprofit, Fallen der Profitrate, Schutzzollpolitik, Überproduktion, fallende Profitrate, Kartellbildung, Konkurrenz, Kapitalistische Produktionsweise, Monopolbildung, Staatseinmischung, Finanzaristokratie, aufhebender Widerspruch, Monopolbildung, Kredit, Kreditüberbau, Verfügung über fremdes Kapital, Expropriation, Aktienwesen, gesellschaftliches Produktionsmittel, Kreditwesen, Überproduktion, Überspekulation, Produktivkraftentwicklung, Weltmarkt, Krise, Bankkapital, Wertpapiere, Aktien<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Durch die Bildung von Aktiengesellschaften werden die Stufenleitern der Produktion ausgedehnt.<br/> Das Kapital erhält durch die Aktiengesellschaften die Form von Gesellschaftskapital.<br />
Das bedeutet die Aufhebung des Kapitals als Privateigentum innerhalb der Grenzen der kapitalistischen Produktionsweise selbst.<br/>Damit findet die Verwandlung des fungierenden Kapitalisten in einen bloßen Dirigenten statt, einen Verwalter fremden Kapitals und die Verwandlung der Kapitaleigentümer in bloße Eigentümer, bloße Geldkapitalisten.<br/>Profit wird in Form der Vergütung des Kapitaleigentums bezogen, das von der Funktion im Reproduktionsprozess getrennt wird.<br/>Die Person des Dirigenten wird vom Kapitaleigentum getrennt.<br />
<br />
{{Zitat |III. Bildung von Aktiengesellschaften. Hierdurch:<br/> 1. Ungeheure Ausdehnung der Stufenleiter der Produktion und Unternehmungen, die für Einzelkapitale unmöglich waren. Solche Unternehmungen zugleich, die früher Regierungsunternehmungen waren, werden gesellschaftliche.<br/>2. Das Kapital, das an sich auf gesellschaftlicher Produktionsweise beruht und eine gesellschaftliche Konzentration von Produktionsmitteln und Arbeitskräften voraussetzt, erhält hier direkt die Form von Gesellschaftskapital (Kapital direkt assoziierter Individuen) im Gegensatz zum Privatkapital, und seine Unternehmungen treten auf als Gesellschaftsunternehmungen im Gegensatz zu Privatunternehmungen. Es ist die Aufhebung des Kapitals als Privateigentum innerhalb der Grenzen der kapitalistischen Produktionsweise selbst.<br/>3. Verwandlung des wirklich fungierenden Kapitalisten in einen bloßen Dirigenten, Verwalter fremdes Kapitals, und der Kapitaleigentümer in bloße Eigentümer, bloße Geldkapitalisten. Selbst wenn die Dividenden, die sie beziehn, den Zins und Unternehmergewinn, d.h. den Totalprofit einschließen (denn das Gehalt des Dirigenten ist, oder soll sein, bloßer Arbeitslohn einer gewissen Art geschickter Arbeit, deren Preis im Arbeitsmarkt reguliert wird, wie der jeder andren Arbeit), so wird dieser Totalprofit nur noch bezogen in der Form des Zinses, d.h. als bloße Vergütung des Kapitaleigentums, das nun ganz so von der Funktion im wirklichen Reproduktionsprozeß getrennt wird, wie diese Funktion, in der Person des Dirigenten, vom Kapitaleigentum.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.453 )}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
In Aktiengesellschaften ist die Funktion getrennt vom Kapitaleigentum.<br/>Es ist das Resultat der höchsten Entwicklung der kapitalistischen Produktion, notwendiger Durchgangspunkt zur Rückverwandlung des Kapitals in Eigentum der Produzenten, aber nicht mehr als Privateigentum vereinzelter Produzenten, sondern als Eigentum ihrer als Gesellschaftseigentum.<br/>Verwandlung aller Funktionen im Reproduktionsprozess in bloße gesellschaftliche Funktionen.<br />
<br />
{{Zitat |In den Aktiengesellschaften ist die Funktion getrennt vom Kapitaleigentum, also auch die Arbeit gänzlich getrennt vom Eigentum an den Produktionsmitteln und an der Mehrarbeit. Es ist dies Resultat der höchsten Entwicklung der kapitalistischen Produktion ein notwendiger Durchgangspunkt zur Rückverwandlung des Kapitals in Eigentum der Produzenten, aber nicht mehr als das Privateigentum vereinzelter Produzenten, sondern als das Eigentum ihrer als assoziierter, als unmittelbares Gesellschaftseigentum. Es ist andrerseits Durchgangspunkt zur Verwandlung aller mit dem Kapitaleigentum bisher noch verknüpften Funktionen im Reproduktionsprozeß in bloße Funktionen der assoziierten Produzenten, in gesellschaftliche Funktionen.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.453)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Der Profit nimmt die Form des Zinses an. Unternehmungen sind möglich, wenn sie bloßen Zins abwerfen. Das ist einer der Gründe, die das Fallen der allgemeinen Profitrate aufhalten. Unternehmen mit ungeheurem Verhältnis von konstantem zu variablem Kapital gehen nicht notwendig in die Ausgleichung der allgemeinen Profitrate ein.<br />
<br />
{{Zitat |Da der Profit hier rein die Form des Zinses annimmt, sind solche Unternehmungen noch möglich, wenn sie bloßen Zins abwerfen, und es ist dies einer der Gründe, die das Fallen der allgemeinen Profitrate aufhalten, indem diese Unternehmungen, wo das konstante Kapital in so ungeheurem Verhältnis zum variablen steht, nicht notwendig in die Ausgleichung der allgemeinen Profitrate eingehn.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.453)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der raschen Steigerung der Produktion steht zunehmende Langsamkeit der Ausdehnung des Markts gegenüber.<br/>Die Folge ist allgemeine chronische Überproduktion, gedrückte Preise, fallende Profite.<br/>Die Freiheit der Konkurrenz ist am Ende des Lateins.<br/>Großindustrielle eines Zweigs schließen sich zu Kartell zusammen, teilweise zu internationalen Kartellen.<br />
Aber der Interessengegensatz der einzelnen Firmen durchbricht die Kartelle und stellet die Konkurrenz wieder her.<br />
<br />
{{Zitat |Der täglich wachsenden Raschheit, womit auf allen großindustriellen Gebieten heute die Produktion gesteigert werden kann, steht gegenüber die stets zunehmende Langsamkeit der Ausdehnung des Markts für diese vermehrten Produkte. Was jene in Monaten herstellt, kann dieser kaum in Jahren absorbieren. Dazu die Schutzzollpolitik, wodurch jedes Industrieland sich gegen die andern und namentlich gegen England abschließt und die heimische Produktionsfähigkeit noch künstlich steigert.<br/>Die Folgen sind allgemeine chronische Überproduktion, gedrückte Preise, fallende und sogar ganz wegfallende Profite; kurz, die alt gerühmte Freiheit der Konkurrenz ist am Ende ihres Lateins und muß ihren offenbaren skandalösen Bankrott selbst ansagen. Und zwar dadurch, daß in jedem Land die Großindustriellen eines bestimmten Zweigs sich zusammentun zu einem Kartell zur Regulierung der Produktion. Ein Ausschuß setzt das von jedem Etablissement zu produzierende Quantum fest und verteilt in letzter Instanz die einlaufenden Aufträge. In einzelnen Fällen kam es zeitweise sogar zu internationalen Kartellen, so zwischen der englischen und deutschen Eisenproduktion. Aber auch diese Form der Vergesellschaftung der Produktion genügte noch nicht. Der Interessengegensatz der einzelnen Geschäftsfirmen durchbrach sie nur zu oft und stellte die Konkurrenz wieder her.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.453f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Es ist ein sich selbst aufhebender Widerspruch, der den Übergangspunkt zu einer neuen Produktionsform darstellt. In gewissen Sphären wird das Monopol hergestellt und fordert die Staatseinmischung heraus.<br/>Es wird eine neue Finanzaristokratie, Parasiten in Gestalt von „Projektenmachern“ etc. gebildet. Es ist die Privatproduktion ohne die Kontrolle des Privateigentums.<br />
<br />
{{Zitat |So ist in diesem Zweig, der die Grundlage der ganzen chemischen Industrie bildet, in England die Konkurrenz durch das Monopol ersetzt und der künftigen Expropriation durch die Gesamtgesellschaft, die Nation, aufs erfreulichste vorgearbeitet.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.454)}}<br />
<br />
{{Zitat |Es ist dies die Aufhebung der kapitalistischen Produktionsweise innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise selbst, und daher ein sich selbst aufhebender Widerspruch, der prima facie als bloßer Übergangspunkt zu einer neuen Produktionsform sich darstellt. Als solcher Widerspruch stellt er sich dann auch in der Erscheinung dar. Er stellt in gewissen Sphären das Monopol her und fordert daher die Staatseinmischung heraus. Er reproduziert eine neue Finanzaristokratie, eine neue Sorte Parasiten in Gestalt von Projektenmachern, Gründern und bloß nominellen Direktoren; ein ganzes System des Schwindels und Betrugs mit Bezug auf Gründungen, Aktienausgabe und Aktienhandel. Es ist Privatproduktion ohne die Kontrolle des Privateigentums.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.454)}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Der Kredit bietet dem einzelnen Kapitalisten absolute Verfügung über fremdes Kapital in gewissen Schranken, er ermöglicht die Verfügung über gesellschaftliches, nicht eigenes Kapital, und damit über fremde Arbeit.<br/>Das Kapital wird zur reinen Basis für den Kreditüberbau.<br />
<br />
{{Zitat |IV. Abgesehn von dem Aktienwesen – das eine Aufhebung der kapitalistischen Privatindustrie auf Grundlage des kapitalistischen Systems selbst ist, und in demselben Umfang, worin es sich ausdehnt und neue Produktionssphären ergreift, die Privatindustrie vernichtet – , bietet der Kredit dem einzelnen Kapitalisten, oder dem, der für einen Kapitalisten gilt, eine innerhalb gewisser Schranken absolute Verfügung über fremdes Kapital und fremdes Eigentum, und dadurch über fremde Arbeit.87 Verfügung über gesellschaftliches, nicht eignes Kapital, gibt ihm Verfügung über gesellschaftliche Arbeit. Das Kapital selbst, das man wirklich oder in der Meinung des Publikums besitzt, wird nur noch die Basis zum Kreditüberbau.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.455)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Die Expropriation (auch der kleineren und mittleren Kapitalisten) ist der Ausgangspunkt der kapitalistischen Produktionsweise. Ihre Durchführung ist ihr Ziel. In letzter Instanz ist das die Expropriation aller einzelnen von den Produktionsmitteln, die mit der Entwicklung der gesellschaftlichen Produktion aufhören, Produktionsmittel der Privatproduktion zu sein. Sie können nur noch Produktionsmittel in der Hand der assoziierten Produzenten sein, daher ihr gesellschaftliches Eigentum, ebenso wie ihr gesellschaftliches Produkt.<br />
<br />
{{Zitat |Die Expropriation erstreckt sich hier von den unmittelbaren Produzenten auf die kleineren und mittleren Kapitalisten selbst. Diese Expropriation ist der Ausgangspunkt der kapitalistischen Produktionsweise; ihre Durchführung ist ihr Ziel, und zwar in letzter Instanz die Expropriation aller einzelnen von den Produktionsmitteln, die mit der Entwicklung der gesellschaftlichen Produktion aufhören, Mittel der Privatproduktion und Produkte der Privatproduktion zu sein, und die nur noch Produktionsmittel in der Hand der assoziierten Produzenten, daher ihr gesellschaftliches Eigentum, sein können, wie sie ihr gesellschaftliches Produkt sind.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.455f.)}}<br />
<br />
'''Annahme 8'''<br />
<br />
Im Aktienwesen existiert schon der Gegensatz gegen die alte Form, worin gesellschaftliches Produktionsmittel als individuelles Eigentum erscheint, aber Verwandlung bleibt in kapitalistischen Schranken befangen. Sie überwindet den Gegensatz zwischen dem Charakter des Reichtums als gesellschaftlicher und als Privateigentum nicht, sondern bildet ihn in neuer Gestalt aus.<br />
<br />
{{Zitat |Da das Eigentum hier in der Form der Aktie existiert, wird seine Bewegung und Übertragung reines Resultat des Börsenspiels, wo die kleinen Fische von den Haifischen und die Schafe von den Börsenwölfen verschlungen werden. In dem Aktienwesen existiert schon Gegensatz gegen die alte Form, worin gesellschaftliches Produktionsmittel als individuelles Eigentum erscheint; aber die Verwandlung in die Form der Aktie bleibt selbst noch befangen in den kapitalistischen Schranken; statt daher den Gegensatz zwischen dem Charakter des Reichtums als gesellschaftlicher und als Privatreichtum zu überwinden, bildet sie ihn nur in neuer Gestalt aus.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.456)}}<br />
<br />
'''Annahme 9'''<br />
<br />
Kreditwesen erscheint als Haupthebel der Überproduktion und Überspekulation im Handel, weil er den Reproduktionsprozess bis zur äußersten Grenze forciert.<br/>Großer Teil des gesellschaftlichen Kapitals wird von den Nichteigentümern angewandt, die nicht ängstlich ans Zeug gehen wie der Eigentümer seines Privatkapitals. Verwertung des Kapitals erlaubt freie Entfaltung nur bis zu einem gewissen Punkt, der durch das Kreditwesen durchbrochen wird. Das Kreditwesen beschleunigt die materielle Entwicklung der Produktivkräfte und die Herstellung des Weltmarkts, die als materielle Grundlagen der neuen Produktionsform bis auf einen gewissen Höhegrad herzustellen, die Aufgabe der kapitalistischen Produktionsweise ist.<br/>Der Kredit beschleunigt gleichzeitig die gewaltsamen Ausbrüche des Widerspruchs, die Krisen und damit die Elemente der Auflösung der alten Produktionsweise.<br />
<br />
{{Zitat |Wenn das Kreditwesen als Haupthebel der Überproduktion und Überspekulation im Handel erscheint, so nur, weil der Reproduktionsprozeß, der seiner Natur nach elastisch ist, hier bis zur äußersten Grenze forciert wird, und zwar deshalb forciert wird, weil ein großer Teil des gesellschaftlichen Kapitals von den Nichteigentümern desselben angewandt wird, die daher ganz anders ins Zeug gehn als der ängstlich die Schranken seines Privatkapitals erwägende Eigentümer, soweit er selbst fungiert. Es tritt damit nur hervor, daß die auf den gegensätzlichen Charakter der kapitalistischen Produktion gegründete Verwertung des Kapitals die wirkliche, freie Entwicklung nur bis zu einem gewissen Punkt erlaubt, also in der Tat eine immanente Fessel und Schranke der Produktion bildet, die beständig durch das Kreditwesen durchbrochen wird. Das Kreditwesen beschleunigt daher die materielle Entwicklung der Produktivkräfte und die Herstellung des Weltmarkts, die als materielle Grundlagen der neuen Produktionsform bis auf einen gewissen Höhegrad herzustellen, die historische Aufgabe der kapitalistischen Produktionsweise ist. Gleichzeitig beschleunigt der Kredit die gewaltsamen Ausbrüche dieses Widerspruchs, die Krisen, und damit die Elemente der Auflösung der alten Produktionsweise.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.457)}}<br />
<br />
==Bestandteile des Bankkapitals==<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Bankkapital, Wertpapiere, Aktien, Zinstragendes Kapital, Geldrevenue, Fiktives Kapital, Zins, Eigentumstitel, Rechtstitel, Reservefonds der Banken, Bankierkapital<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Bankkapital besteht aus barem Geld, Gold oder Noten, sowie aus Wertpapieren.<br/>Diese teilen sich auf in Wechsel und öffentliche Wertpapiere (Staatspapiere, Schatzscheine, Aktien).<br />
<br />
{{Zitat |Das Bankkapital besteht 1. aus barem Geld, Gold oder Noten, 2. Wertpapieren. Diese können wir wieder in zwei Teile teilen: Handelspapiere, Wechsel, die schwebend sind, von Zeit zu Zeit verfallen und in deren Diskontierung das eigentliche Geschäft des Bankiers gemacht wird; und öffentliche Wertpapiere, wie Staatspapiere, Schatzscheine, Aktien aller Art, kurz zinstragende Papiere, die sich aber wesentlich von den Wechseln unterscheiden.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.481)}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Form des zinstragenden Kapitals bringt es mit sich, dass jede regelmäßige Geldrevenue als Zins eines Kapitals erscheint – mag sie aus einem Kapital entspringen oder nicht.<br />
<br />
{{Zitat |Die Form des zinstragenden Kapitals bringt es mit sich, daß jede bestimmte und regelmäßige Geldrevenue als Zins eines Kapitals erscheint, sie mag aus einem Kapital entspringen oder nicht. Erst wird das Geldeinkommen in Zins verwandelt, und mit dem Zins findet sich dann auch das Kapital, woraus es entspringt. Ebenso erscheint mit dem zinstragenden Kapital jede Wertsumme als Kapital, sobald sie nicht als Revenue verausgabt wird; nämlich als Hauptsumme (principal) im Gegensatz zum möglichen oder wirklichen Zins, den sie tragen kann. Die Sache ist einfach: Gesetzt, der Durchschnittszinsfuß sei 5% jährlich. Eine Summe von 500 Pfd.St. würde also jährlich, wenn in zinstragendes Kapital verwandelt, 25 Pfd.St. einbringen. Jede feste jährliche Einnahme von 25 Pfd.St. wird daher als Zins eines Kapitals von 500 Pfd.St. betrachtet.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.482)}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Bildung des fiktiven Kapitals nennt man kapitalisieren. Jede wiederholende Einnahme wird nach dem Durchschnittszins berechnet, als Ertrag, den ein Kapital zu diesem Zins ausgeliehen abwerfen würde.<br/>Aller Zusammenhang mit dem wirklichen Verwertungsprozess geht bis auf die letzte Spur verloren, die Vorstellung vom Kapital als einem sich durch sich selbst verwertenden Automaten befestigt sich.<br />
<br />
{{Zitat |Die Bildung des fiktiven Kapitals nennt man kapitalisieren. Man kapitalisiert jede regelmäßig sich wiederholende Einnahme, indem man sie nach dem Durchschnittszinsfuß berechnet, als Ertrag, den ein Kapital, zu diesem Zinsfuß ausgeliehen, abwerfen würde; z.B. wenn die jährliche Einnahme=100 Pfd. St. und der Zinsfuß=5%, so wären die 100 Pfd. St. der jährliche Zins von 2000 Pfd.St., und diese 2000 Pfd.St. gelten nun als der Kapitalwert des juristischen Eigentumstitels auf die 100 Pfd. St. jährlich. für den, der diesen Eigentumstitel kauft, stellen die 100 Pfd. St. jährliche Einnahme dann in der Tat die Verzinsung seines angelegten Kapitals zu 5 % vor. Aller Zusammenhang mit dem wirklichen Verwertungsprozeß des Kapitals geht so bis auf die letzte Spur verloren, und die Vorstellung vom Kapital als einem sich durch sich selbst verwertenden Automaten befestigt sich.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.484)}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Die selbständige Bewegung des Werts dieser Eigentumstitel (man kann sie kaufen und verkaufen, PK) bestätigt den Schein, als bildeten sie wirkliches Kapital neben dem Kapital.<br />
<br />
{{Zitat |Die selbständige Bewegung des Werts dieser Eigentumstitel, nicht nur der Staatseffekten, sondern auch der Aktien, bestätigt den Schein, als bildeten sie wirkliches Kapital neben dem Kapital oder dem Anspruch, worauf sie möglicherweise Titel sind. Sie werden nämlich zu Waren, deren Preis eine eigentümliche Bewegung und Festsetzung hat. Ihr Marktwert erhält eine von ihrem Nominalwert verschiedne Bestimmung, ohne daß sich der Wert (wenn auch die Verwertung) des wirklichen Kapitals änderte.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.485)}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Diese Papiere stellen nichts dar als akkumulierte Ansprüche, Rechtstitel auf künftige Produktion.<br />
<br />
{{Zitat |Alle diese Papiere stellen in der Tat nichts vor als akkumulierte Ansprüche Rechtstitel, auf künftige Produktion, deren Geld- oder Kapitalwert entweder gar kein Kapital repräsentiert, wie bei den Staatsschulden, oder von dem Wert des wirklichen Kapitals, das sie vorstellen, unabhängig reguliert wird.| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.486)}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Reservefonds der Banken drücken im Durchschnitt die Größe des als Schatz vorhandenen Gelds aus.<br />
Und ein Teil dieses Schatz besteht aus Anweisungen auf Gold, die aber keine Selbstwerte sind.<br />
Größter Teil des Bankierkapitals ist daher rein fiktiv und besteht aus Schuldforderungen, Staatspapieren und Aktien.<br />
<br />
{{Zitat |Die Reservefonds der Banken, in Ländern entwickelter kapitalistischer Produktion, drücken immer im Durchschnitt die Größe des als Schatz vorhandnen Geldes aus, und ein Teil dieses Schatzes besteht selbst wieder aus Papier, bloßen Anweisungen auf Gold, die aber keine Selbstwerte sind. Der größte Teil des Bankierkapitals ist daher rein fiktiv und besteht aus Schuldforderungen (Wechseln), Staatspapieren (die vergangnes Kapital repräsentieren) und Aktien (Anweisungen auf künftigen Ertrag).| (Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.487)}}<br />
<br />
==Geldkapital und wirkliches Kapital I==<br />
<br />
'''Kurzdefinition'''<br />
<br />
Das Geldkapital ist Geld das zur Beschaffung von beispielsweise Produktionsmitteln angewandt wird. In der Volkswirtschaftslehre wird es als die Verfügungsmöglichkeit von Geld zur Beschaffung von Investitionsgütern verstanden.<br />
Dieses Geldkapital kann durch Kredite beschaffen werden, womit die Notwendigkeit eines starken Reservekapitals umgangen wird.<br />
<br />
'''Schlagworte'''<br />
<br />
Akkumulation, Staatskapital, Leihkapital, Produktivkraftentwicklung, Ausdehnung der Märkte, Kredit, Spekulation, Bankierkredit, Reproduktionsprozess, Warenmetarmophose, industrielles Kapital, Stockung Expansion, Konsumtionsfähigkeit, Geldkredit, Reservekapital, Börse<br />
<br />
'''Einordnung'''<br />
<br />
Die Anarchie der kapitalistischen Produktion führt immer zu wiederkehrenden Krisen. Da bei der Produktion Geldkapital gebraucht wird um beispielsweise die Bestandteile des konstanten Kapitals zu ersetzen. Da Leihkapital dieses nötige Geldkapital darstellt nimmt der Kredit auch eine wichtige Rolle ein. Diese Entwicklung wurde auch im dritten Band des Kapitals von Marx schriftlich ausgearbeitet.<br />
<br />
'''Annahme 1'''<br />
<br />
Akkumulation von Geldkapital und Geldvermögen hat sich aufgelöst in Akkumulation von Ansprüchen des Eigentums auf Arbeit.<br />
Akkumulation des Kapitals der Staatsschuld heißt die Vermehrung einer Klasse von Staatsgläubigern, die Steuern für sich vorwegzunehmen berechtigt sind.<br />
<br />
{{Zitat |Soweit wir die eigentümliche Form der Akkumulation des Geldkapitals und Geldvermögens überhaupt bis jetzt betrachtet haben, hat sie sich aufgelöst in Akkumulation von Ansprüchen des Eigentums auf die Arbeit. Die Akkumulation des Kapitals der Staatsschuld heißt, wie sich gezeigt hat, weiter nichts als Vermehrung einer Klasse von Staatsgläubigern, die gewisse Summen auf den Betrag der Steuern für sich vorwegzunehmen berechtigt sind.<br/>Sismondi-Fußnote:"Die Staatspapiere sind nichts anderes als das imaginäre Kapital, das der zur Bezahlung der Schulden bestimmte Teil des jährlichen Einkommens darstellt. Ein gleichgroßes Kapital ist vergeudet worden; dieses dient als Nenner für die Anleihe, aber es ist nicht das, was das Staatspapier darstellt; denn das Kapital existiert überhaupt nicht mehr. Mittlerweile müssen neue Reichtümer aus der Arbeit der Industrie entstehen; ein jährlicher Teil dieser Reichtümer wird im voraus denen angewiesen, die jene vergeudeten Reichtümer geliehen hatten; dieser Teil wird durch Steuern jenen abgenommen, die die Reichtümer hervorbringen, um an die Staatsgläubiger gegeben zu werden, und nach dem landesüblichen Verhältnis zwischen Kapital und Zins nimmt man ein imaginäres Kapital an, das ebenso groß ist wie das Kapital, woraus die jährliche Rente entstehen könnte, die die Gläubiger zu bekommen haben." (Sismondi, "Nouveaux Principes", II, p.229, 230.)| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.493f.])}}<br />
<br />
'''Annahme 2'''<br />
<br />
Die Staatsanleihen und Aktien sind so gesehen lediglich Anlagesphären für das verleihbare Kapital. Doch erfüllen diese Anlagesphären selbst nicht die Funktion von Leihkapital, und sind somit selbst kein Leihkapital.<br />
Dies liegt daran, dass der Industrielle oder Kaufmann nicht die Staatspapiere und Aktien benötigt, sondern Geld.<br />
<br />
{{Zitat |Um die vorliegende Frage auf engere Grenzen zurückzuführen: Staatseffekten wie Aktien und andere Wertpapiere aller Art sind Anlagesphären für verleihbares Kapital, für Kapital, das bestimmt ist, zinstragend zu werden. Sie sind Formen, es auszuleihen. Aber sie sind nicht selbst das Leihkapital, das in ihnen angelegt wird. Andrerseits, soweit der Kredit direkte Rolle im Reproduktionsprozeß spielt: Was der Industrielle oder Kaufmann braucht, wenn er Wechsel diskontiert haben oder eine Anleihe aufnehmen will, sind weder Aktien noch Staatspapiere. Was er braucht, ist Geld. Er versetzt oder verkauft also jene Wertpapiere, wenn er das Geld sich anders nicht beschaffen kann.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.495])}}<br />
<br />
'''Annahme 3'''<br />
<br />
Durch die voranschreitende Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit werden die Märkte ausgedehnt und somit auch an ferne Orte verlegt. Aus diesem Grund, und da sich die Wechsel länger vollziehen, müssen sich auch die Kredite verlängern. Das spekulative Element in Transaktionen nimmt daher zu.<br/><br />
Die Entwicklung des Produktionsprozesses erweitert so den Kredit, der wiederum zur Ausdehnung der industriellen und merkantilen, resp. kaufmännischen, Operationen führt. Es findet hier somit Wechselwirkung statt.<br />
<br />
{{Zitat |Es ist aber klar, daß mit der Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit, und daher der Produktion auf großer Stufenleiter, 1. die Märkte sich ausdehnen und vom Produktionsort sich entfernen, 2. daher die Kredite sich verlängern müssen, und also 3. das spekulative Element mehr und mehr die Transaktionen beherrschen muß. Die Produktion auf großer Stufenleiter und für entfernte Märkte wirft das Gesamtprodukt in die Hand des Handels; es ist aber unmöglich, daß sich das Kapital der Nation verdopple, so daß der Handel für sich fähig wäre, mit eignem Kapital das gesamte nationale Produkt aufzukaufen und wieder zu verkaufen. Kredit ist hier also unerläßlich; Kredit, dem Umfang nach wachsend mit dem wachsenden Wertumfang der Produktion, und der Zeitdauer nach mit der zunehmenden Entfernung der Märkte. Es findet hier Wechselwirkung statt. Die Entwicklung des Produktionsprozesses erweitert den Kredit, und der Kredit führt zur Ausdehnung der industriellen und merkantilen Operationen.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.498])}}<br />
<br />
'''Annahme 4'''<br />
<br />
Der vom Bankierkredit getrennte Kredit wächst mit dem Umfang des industriellen Kapitals. Diese geliehenen Kapitale sind Warenkapitale und somit Kapital, dass sich in einer bestimmten Phase des Reproduktionsprozesses befindet.<br />
<br />
{{Zitat |Betrachten wir diesen Kredit, getrennt vom Bankierkredit, so ist klar, daß er wächst mit dem Umfang des industriellen Kapitals selbst. Leihkapital und industrielles Kapital sind hier identisch; die geliehenen Kapitale sind Warenkapitale, bestimmt entweder für schließliche individuelle Konsumtion oder zum Ersatz der konstanten Elemente von produktivem Kapital. Was hier also als geliehenes Kapital erscheint, ist immer Kapital, das sich in einer bestimmten Phase des Reproduktionsprozesses befindet, aber durch Kauf und Verkauf aus einer Hand in die andre übergeht, während das Äquivalent dafür [von] dem Käufer erst später zu bedungner Frist gezahlt wird.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.498])}}<br />
<br />
'''Annahme 5'''<br />
<br />
Viel Kredit innerhalb des reproduktiven Kreislaufs bedeutet eine große Beschäftigung von Kapital im Reproduktionsprozess, wenn die Metamorphose der Ware durch den Kredit vermittelt wird. Der Kredit vermittelt den Übergang des industriellen Kapitals in eine andere Phase.<br />
Der Kredit ist somit nicht unbeschäftigtes Kapital, sondern Beschäftigung von Kapital im Reproduktionsprozess.<br />
<br />
{{Zitat |Was demnach hier verliehen wird, ist nie unbeschäftigtes Kapital, sondern Kapital, das in der Hand seines Besitzers seine Form ändern muß, das in einer Form existiert, worin es für ihn bloßes Warenkapital ist, d.h. Kapital, das rückverwandelt, und zwar wenigstens zunächst in Geld umgesetzt werden muß. Es ist somit die Metamorphose der Ware, die hier durch den Kredit vermittelt wird; nicht nur W – G, sondern auch G – W und der wirkliche Produktionsprozeß. Viel Kredit innerhalb des reproduktiven Kreislaufs – abgesehn vom Bankierkredit – heißt nicht: viel unbeschäftigtes Kapital, das zu Anleihen ausgeboten wird und profitliche Anlage sucht, sondern: große Beschäftigung von Kapital im Reproduktionsprozeß. Der Kredit vermittelt hier also 1. soweit die industriellen Kapitalisten in Betracht kommen, den Übergang des industriellen Kapitals aus einer Phase in die andre, den Zusammenhang der zueinander gehörigen und ineinander eingreifenden Produktionssphären; 2. soweit die Kaufleute in Betracht kommen, den Transport und den Übergang der Waren aus einer Hand in die andre bis zu ihrem definitiven Verkauf für Geld oder ihrem Austausch mit einer andern Ware.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.499])}}<br />
<br />
'''Annahme 6'''<br />
<br />
Solange der Reproduktionsprozess flüssig ist und andauert, dauert auch der Kredit an und dehnt sich aus. Bei einer Stockung durch verzögerte Rückflüsse, überführter Märkte ist Überfluss von industriellem Kapital vorhanden, aber auch eine Masse von unbeschäftigtem fixem Kapital. Das industrielle Kapital existiert allerdings in Form von Warenkapital, das aber unverkäuflich ist.<br />
Der Kredit kontrahiert sich somit, weil das Kapital unbeschäftigt ist und stockt, und weil das Vertrauen in den Reproduktionsprozesses gebrochen ist und die Nachfrage nach einem kommerziellen Kredit abnimmt.<br />
<br />
{{Zitat |Solange der Reproduktionsprozeß flüssig und damit der Rückfluss gesichert bleibt, dauert dieser Kredit und dehnt sich aus, und seine Ausdehnung ist basiert auf die Ausdehnung des Reproduktionsprozesses selbst. Sobald eine Stockung eintritt, infolge verzögerter Rückflüsse, überführter Märkte, gefallner Preise, ist Überfluß von industriellem Kapital vorhanden, aber in einer Form, worin es seine Funktion nicht vollziehn kann. Masse von Warenkapital, aber unverkäuflich. Masse von fixem Kapital, aber durch Stockung der Reproduktion großenteils unbeschäftigt. Der Kredit kontrahiert sich, 1. weil dies Kapital unbeschäftigt ist, d.h. in einer seiner Reproduktionsphasen stockt, weil es seine Metamorphose nicht vollziehn kann; 2. weil das Vertrauen in die Flüssigkeit des Reproduktionsprozesses gebrochen ist; 3. weil die Nachfrage nach diesem kommerziellen Kredit abnimmt. Der Spinner, der seine Produktion einschränkt und eine Masse unverkauftes Garn auf Lager hat, braucht keine Baumwolle auf Kredit zu kaufen; der Kaufmann braucht keine Waren auf Kredit zu kaufen, weil er deren schon mehr als genug hat.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.500])}}<br />
<br />
'''Annahme 7'''<br />
<br />
Bei einer Störung der Expansion des Reproduktionsprozesses kommt es zu einem Kreditmangel, wodurch Waren schwerer auf Kredit zu erhalten sind. In der Krise sind die Masse des unbeschäftigten Kapitals im Reproduktionsprozess und der erwähnte Kreditmangel am größten.<br />
Fabriken stehen still, Rohstoffe häufen sich auf, und fertige Produkte überfüllen den Markt, da ein Überfluss von unbeschäftigtem produktivem Kapital herrscht.<br />
<br />
{{Zitat |Tritt also Störung in dieser Expansion oder auch nur in der normalen Anspannung des Reproduktionsprozesses ein, so damit auch Kreditmangel; Waren sind schwerer auf Kredit zu erhalten. Besonders aber ist das Verlangen nach barer Zahlung und die Vorsicht im Kreditverkauf charakteristisch für die Phase des industriellen Zyklus, die auf den Krach folgt. In der Krisis selbst, da jeder zu verkaufen hat und nicht verkaufen kann und doch verkaufen muß, um zu zahlen, ist die Masse, nicht des unbeschäftigten, unterzubringenden Kapitals, sondern die des in seinem Reproduktionsprozeß gehemmten Kapitals gerade dann am größten, wenn auch der Kreditmangel am größten ist (und daher bei Bankierkredit die Diskontorate am höchsten). Das schon ausgelegte Kapital ist dann in der Tat massenweis unbeschäftigt, weil der Reproduktionsprozeß stockt. Fabriken stehn still, Rohstoffe häufen sich auf, fertige Produkte überfüllen als Waren den Markt. Es ist also nichts falscher, als solchen Zustand einem Mangel an produktivem Kapital zuzuschreiben. Es ist gerade dann Überfluß von produktivem Kapital vorhanden, teils in bezug auf den normalen, aber augenblicklich kontrahierten Maßstab der Reproduktion, teils in bezug auf die gelähmte Konsumtion.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.500])}}<br />
<br />
'''Annahme 8'''<br />
<br />
Der Ersatz von angelegten Kapitalen in der Produktion, hängt größtenteils von der Konsumtionsfähigkeit der nicht produktiven Klassen ab, während die Konsumtionsfähigkeit der Arbeiter durch die Gesetze des Arbeitslohns und durch das Maß der Anwendung ihrer Arbeitskraft begrenzt ist, in denen sie der Bourgeoisie Profit bringen.<br />
Deswegen bleibt der letzte Grund aller wirklichen Krisen immer „die Armut und Konsumtionsbeschränkung der Massen gegenüber dem Trieb der kapitalistischen Produktion“.<br />
Wirklicher Mangel an produktivem Kapital kann nur bei Missernten von Nahrungsmitteln und Rohstoffen entstehen (s. Annahme 7).<br />
<br />
{{Zitat |Wie aber die Dinge liegen, hängt der Ersatz der in der Produktion angelegten Kapitale großenteils ab von der Konsumtionsfähigkeit der nicht produktiven Klassen; während die Konsumtionsfähigkeit der Arbeiter teils durch die Gesetze des Arbeitslohns, teils dadurch beschränkt ist, daß sie nur solange angewandt werden, als sie mit Profit für die Kapitalistenklasse angewandt werden können. Der letzte Grund aller wirklichen Krisen bleibt immer die Armut und Konsumtionsbeschränkung der Massen gegenüber dem Trieb der kapitalistischen Produktion, die Produktivkräfte so zu entwickeln, als ob nur die absolute Konsumtionsfähigkeit der Gesellschaft ihre Grenze bilde.<br/>Von wirklichem Mangel an produktivem Kapital, wenigstens bei kapitalistisch entwickelten Nationen, kann nur gesprochen werden bei allgemeinen Mißernten, sei es der Hauptnahrungsmittel, sei es der hauptsächlichsten industriellen Rohstoffe.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.501])}}<br />
<br />
'''Annahme 9'''<br />
<br />
Zum kommerziellen Kredit kommt der eigentliche Geldkredit hinzu.<br />
Durch das Vorschießen des Gelds durch die Bankiers wird für jeden industriellen Fabrikanten oder Kaufmann die Notwendigkeit eines starken Reservekapitals umgangen. Aber der Prozess verkompliziert sich soweit, dass durch Wechselreiterei etc. der Schein eines soliden Geschäfts weiterexistieren kann, nachdem die Rückflüsse nur auf Kosten geprellter Geldverleiher und Produzenten gemacht worden sind.<br />
Das gesamte Geschäft macht deswegen einen gesunden Anschein, gerade unmittelbar vor dem Krach.<br />
<br />
{{Zitat |Es kommt aber nun zu diesem kommerziellen Kredit der eigentliche Geldkredit hinzu. Das Vorschießen der Industriellen und Kaufleute untereinander verquickt sich mit dem Vorschießen des Geldes an sie seitens der Bankiers und Geldverleiher. […] So wird für jeden individuellen Fabrikanten oder Kaufmann sowohl die Notwendigkeit eines starken Reservekapitals umgangen, wie die Abhängigkeit von den wirklichen Rückflüssen. Andrerseits aber kompliziert sich teils durch einfache Wechselreiterei, teils durch Warengeschäfte zum Zweck der bloßen Wechselfabrikation der ganze Prozeß so sehr, daß der Schein eines sehr soliden Geschäfts und flotter Rückflüsse noch ruhig fortexistieren kann, nachdem die Rückflüsse in der Tat schon längst nur noch auf Kosten teils geprellter Geldverleiher, teils geprellter Produzenten gemacht worden sind. Daher scheint immer das Geschäft fast übertrieben gesund gerade unmittelbar vor dem Krach.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.501])}}<br />
<br />
'''Annahme 10'''<br />
<br />
Eine unwissende und verkehrte Bankgesetzgebung kann die Krise erschweren, aber keine Bankgesetzgebung ist in der Lage die Krise zu beseitigen.<br />
<br />
{{Zitat |Daß es in der Periode der Krise an Zahlungsmitteln fehlt, ist selbsteinleuchtend. Die Konvertibilität der Wechsel hat sich substituiert der Metamorphose der Waren selbst, und grade zu solcher Zeit um so mehr, je mehr ein Teil der Geschäftshäuser bloß auf Kredit arbeitet. Unwissende und verkehrte Bankgesetzgebung, wie die von 1844/45, kann diese Geldkrise erschweren. Aber keine Art Bankgesetzgebung kann die Krise beseitigen.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.507f.])}}<br />
<br />
'''Annahme 11'''<br />
<br />
Das Warenkapital verliert in der Krise und großen Stockungen, seine Eigenschaft ein potentielles Geldkapital darzustellen.<br />
Dasselbe gilt auch für das fiktive Kapital. Dieses fiktive Geldkapital ist in Krisen enorm vermindert, doch hat diese Verminderung der Geldnamen – des Preises – von Wertpapieren nichts mit dem wirklichen Kapital zu tun, aber viel mehr mit der Zahlungsfähigkeit seiner Eigner.<br />
<br />
{{Zitat |Aus dem Gesagten ergibt sich, daß das Warenkapital seine Eigenschaft, potentielles Geldkapital darzustellen, in der Krise und überhaupt in Geschäftsstockungen in großem Maß verliert. Dasselbe gilt von dem fiktiven Kapital, den zinstragenden Papieren, soweit diese selbst als Geldkapitale auf der Börse zirkulieren. Mit dem steigenden Zins fällt ihr Preis. Er fällt ferner durch den allgemeinen Kreditmangel, der ihre Eigner zwingt, sie massenweis auf dem Markt loszuschlagen, um sich Geld zu verschaffen. Er fällt endlich bei Aktien, teils infolge der Abnahme der Revenuen, worauf sie Anweisungen sind, teils infolge des Schwindelcharakters der Unternehmungen, die sie oft genug repräsentieren. Dies fiktive Geldkapital ist in Krisen enorm vermindert, und damit die Macht seiner Eigner, Geld darauf im Markt aufzunehmen. Die Verminderung der Geldnamen dieser Wertpapiere im Kurszettel hat jedoch nichts zu tun mit dem wirklichen Kapital, das sie vorstellen, dagegen sehr viel mit der Zahlungsfähigkeit seiner Eigner.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.510])}}<br />
<br />
'''Annahme 12'''<br />
<br />
Die Bedeutung der Börse ist enorm gestiegen, da sich die gesamte Produktion, der Verkehr, die Kommunikationsmittel, usw. zunehmend in den Händen von Börsianer konzentriert.<br />
Dadurch wird die Börse zur hervorragendsten Vertreterin der kapitalistischen Produktion.<br />
<br />
{{Zitat |1. Aus dem 3.Bd., 5.Abschnitt, besonders Kapitel [27], geht hervor, welche Stellung die Börse in der kapitalistischen Produktion überhaupt einnimmt. Nun ist aber seit 1865, wo das Buch verfaßt, eine Veränderung eingetreten, die der Börse heute eine um ein Bedeutendes gesteigerte und noch stets wachsende Rolle zuweist und die bei der ferneren Entwicklung die Tendenz hat, die gesamte Produktion, industrielle wie agrikulturelle, und den gesamten Verkehr, Kommunikationsmittel wie Austauschfunktion, in den Händen von Börsianern zu konzentrieren, so daß die Börse die hervorragendste Vertreterin der kapitalistischen Produktion selbst wird.| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.917])}}<br />
<br />
'''Annahme 13'''<br />
<br />
Die Akkumulation des Kapitals vollzieht sich mit stets wachsender Schnelligkeit, auch schneller als die Ausdehnung der eigentlichen Produktion.<br />
Die Akkumulation des einzelnen Kapitalisten konnte, resp. kann, somit nicht in der Vergrößerung seines eigenen Geschäfts volle Verwendung finden.<br />
<br />
{{Zitat |3. Jetzt anders. Die Akkumulation ist seit der Krise von 1866 mit einer stets wachsenden Schnelligkeit vorgegangen, und zwar so, daß in keinem Industrieland, am wenigsten England, die Ausdehnung der Produktion mit der der Akkumulation Schritt halten, die Akkumulation des einzelnen Kapitalisten in der Vergrößerung seines eigenen Geschäfts volle Verwendung finden konnte| ([https://marxwirklichstudieren.files.wordpress.com/2012/11/mew_band25.pdf Marx, Kapital 3.Band, MEW Band 25, S.917f.])}}<br />
<br />
== Quellen ==<br />
<br />
Marx, Karl: MEW Bd. 23-25, Das Kapital in: Marx wirklich studieren, URL: https://marx-wirklich-studieren.net/marx-engels-werke-als-pdf-zum-download/ (06.01.2019).<br />
<br />
[[Kategorie: AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
[[Kategorie: Grundannahmen]]<br />
[[Kategorie: Grundannahme AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]</div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Monopole_und_Ausbeutung_der_Arbeiterklasse&diff=6990Monopole und Ausbeutung der Arbeiterklasse2020-02-15T10:27:37Z<p>Mati: /* Lohnsubventionen */</p>
<hr />
<div>Zurück zu [[AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
<br />
=Überblick=<br />
<br />
''Dieser Text ist neu geschrieben und gegliedert und wird demnächst an einigen Stellen ausformuliert. <br />
''<br />
<br />
In diesem Bereich geht es um die Bedingungen der Arbeiterklasse im Monopolkapitalismus. Damit sind sowohl die ökonomischen Bedingungen als auch zum Teil die politischen gemeint. Diese Bedingungen werden sowohl von den Monopolen durch Arbeitsbedingungen, Löhne und Arbeitszeit als auch von ihrem Staat, durch Gesetze und Steuern sowie durch die ökonomischen Funktionen des Staates, bestimmt. Ziel ist, die Aufrechterhaltung der Ausbeutung der Arbeitskraft, die Steigerung der Profite, die Umverteilung des Nationaleinkommens zu Gunsten der Monopole und die Niederhaltung der Arbeiterklasse durch Demagogie, Betrug und Zwangsmittel.<br> <br />
Dieser Bereich ist nicht als ein in sich abgeschlossener Dissens zu verstehen, sondern viel mehr als ein Themenfeld, aus dem sich eine Vielzahl von Dissensen ergibt. Der folgende Text gibt also einen Überblick über die Dissense, die mit den Bedingungen der Arbeiterklasse im Monopolkapitalismus zusammenhängen. In weiteren Arbeitsschritten werden diese Dissense schärfer herausgestellt und getrennt bearbeitet.<br />
<br />
Viele Fragen die hier aufgeworfen werden, müssen gemeinsam mit der AG Klassenanalyse und der AG RAB geklärt werden. Zudem gibt es einen direkten Bezug zum Dissens „Der Staat im Monopolkapitalismus“.<br />
<br />
=Lohn, Arbeitszeit und Arbeitsverdichtung=<br />
<br />
Die Regulierung der Löhne ist ein zentraler Bestandteil des Versuchs, den gesamten Reproduktionsprozess des Kapitals zu regulieren und den Mehrwert absolut zu steigern. Dabei geht es nicht nur um die Höhe der Löhne, die zur Sicherung der Profite begrenzt werden soll, sondern um ein ganzes System an Maßnahmen und ideologischen Druck, um die Arbeiterklasse einzuschränken und vom Kampf um höhere Löhne abzuhalten. Ein wesentlicher Bestandteil davon ist die industrielle Reservearmee, die aber im nächsten Punkt genauer behandelt werden soll. Hier sollen diese Maßnahmen und ideologischen Manöver nur kurz aufgelistet werden. Sie müssen dann genauer untersucht werden.<br />
<br />
==Lohnregulierung==<br />
<br />
Zu den Maßnahmen zur Lohnregulierung gehören: <br />
Einschränkung des Streikrechts, inklusive des gesamten Tarifsystems und des Betriebsverfassungsgesetzes und den damit verbundenen Auflagen für den Lohnkampf.<br />
Dieser Bereich sollte mit der AG Staat gemeinsam erarbeitet werden. Genauso wie das Schlichtungswesen als Einschränkung des Streikkampfs und EU-Verordnungen.<br />
Hier gehört ein zentraler Dissens hin: Tarifeinheitsgesetz ja/nein bzw. Einschränkung des Streikrechts mit Zustimmung der Gewerkschaftsführung und Rolle der Berufs- (Stände-) Gewerkschaften. Prominenter Vertreter der ersten Position ist Rolf Geffken.<br />
Eine weitere Auseinandersetzung dreht sich um die Frage des politischen Streiks und wie man ihn erkämpfen kann.<br />
<br />
==Festsetzung einer Lohnnorm in Form von Prozentsätzen==<br />
<br />
Diese Form der Lohnregulierung ist zentral für Monopole und Staat. Dazu gehören indirekte Lohnleitlinien, wie die Orientierung der Lohnsteigerung an Produktivitätssteigerung und Inflationsausgleich.<br />
Hier gibt es einen Dissens, der genauer beschrieben werden muss: Auf der einen Seite steht die Position, dass die Zusammensetzung der Lohnforderungen inkl. einer sogenannten „Umverteilungskomponente“ richtig ist, auf der anderen Seite, dass jede Einschränkung der Lohnforderung falsch ist, und sie nur an den Bedürfnissen der Reproduktionskosten der Arbeitskraft orientiert werden soll. Ein weiteres Element ist die Ausdifferenzierung der Löhne und der Entwicklung verschiedener Lohnformen, Zusatzzahlungen, Aufspaltungen des Lohns, Privilegierung bestimmter Teile der Arbeiterklasse durch Prämienzahlungen, etc. Dadurch kommt es zu einer stärkeren Differenz zwischen Effektiv- und Tariflöhnen, die Tariflöhne dienen eher als Untergrenze, die flexiblen Zusatzzahlungen können gezahlt werden oder auch nicht.<br />
Hier muss der existierende Dissens in der Gewerkschaftsbewegung ausgearbeitet werden. Die Forderungen um „Sockelbeträge“ ist dabei wichtig. Hierzu gehören auch „freiwillige“ Sozialleistungen der Betriebe. Eine besondere Rolle könnten hier auch Betriebsrenten spielen.<br />
<br />
==Eingruppierung und Illusion des leistungsbezogenen Lohns==<br />
<br />
Auch hier muss ausgearbeitet werden, wie genau die Illusion entsteht, man werde für die Arbeitsleistung nicht für die Reproduktionskosten der Arbeitskraft bezahlt.<br />
<br />
==Mindestlohn und Existenzminimum==<br />
<br />
Mindestlohn niedrig ansetzen und wenig steigen lassen. Bestimmungen zur Ermittlung des Mindestlohns. Einengung der Lohnkämpfe.<br><br />
Hier ist die gesamte Auseinandersetzung um den Mindestlohn wichtig. Welche Teile der Gewerkschaften wollten ihn, in welcher Höhe? Warum war es für das deutsche Kapital besonders wichtig, dass er niedriger als der in Frankreich liegt? Warum funktioniert der Mindestlohn wie eine negative Lohnuntergrenze, die Teile des Lohngefüges unten hält? Welche Forderung nach welcher Höhe wäre die richtige? Woran ist sie zu bemessen? Wie steht das gesetzliche Existenzminimum damit im Zusammenhang? <br />
<br />
==Lohnsubventionen==<br />
<br />
Der Lohn ist soweit gesenkt worden, dass er für größere Teile der Arbeiterklasse nicht mehr zur Reproduktion ausreicht. Der Staat übernimmt relevante gesellschaftliche Leistungen und befreit die Kapitalisten zum Teil davon, dafür aufzukommen. Dazu gehören: Reproduktion (Kindergeld, etc.), Gesundheit (Pflege), Bildung, Qualifizierung.<br />
Zudem setzt der Staat Steuermittel zur direkten Lohnsubvention ein: Ergänzendes ALG II, Kurzarbeitergeld, Arbeitsfördermaßnahmen. Diese werden unter dem Schlagwort der Sozialpolitik genauer aufgeführt und dort untersucht. <br />
Hier gibt es zahlreiche Dissense, die sich auf einzelne Fragen beziehen, zum Beispiel die Forderung nach Kurzarbeitergeld.<br />
<br />
==Arbeitszeit und Arbeitsverdichtung==<br />
<br />
Die Verlängerung des Arbeitstages ist die andere Methode der absoluten Mehrwertproduktion, die Verdichtung und Intensivierung die der relativen Mehrwertproduktion. Beide Methoden sind relevant und an folgenden Kriterien zu untersuchen: <br />
<br />
* Arbeitszeit und Flexibilisierung der Arbeitszeit:<br />
** verschiedene Beschäftigungsmodelle: Teilzeit, geringfügig, Leiharbeit - mit dem Ziel der möglichst an die Bedürfnisse des Kapitals angepassten Einsatzmöglichkeit.<br />
** Ausdehnung des Arbeitstags: Veränderung der Schichtvorschriften, Einschränkung der Ruhezeiten, Überstunden, Arbeitszeitkonten als „Vorschuss“ des Arbeiters für den Kapitalisten. Neueste Vorschläge zu „Lebensarbeitszeitkonten“ bei SPD und im Tarifvertrag der IGBCE<br />
** Leiharbeits-, Werksvertragsgesetz (Zusammen mit der AG Staat): Hier muss auch untersucht werden, wie verschiedene Teile der Klasse unter der Umverteilung der Arbeitszeit leiden - auf der einen Seite Überstunden auf der anderen Seite zu wenig Arbeitsstunden und damit zu wenig Lohn. Hier gibt es mehrere Dissense, einer davon ist der zu den „Options-Tarifverträgen“ mit Wahloption zwischen Arbeitszeitverkürzung und Lohnerhöhung. Dieser Dissens sollte möglichst bald herausgearbeitet werden. Der andere Dissens, der in diesem Zusammenhang steht, ist der nach allgemeiner Arbeitszeitverkürzung und um welche Stundenzahl es dabei gehen soll (35-Stunden, 30-Stunden). <br />
* Arbeitsverdichtung:<br />
** Zeitbemessung für einzelne Teile des Betriebs (Produktion und Dienstleistung)<br />
** Einsatz von Maschinen mit höherer Belastung für Arbeiter<br />
** Erhöhung der Band-Geschwindigkeit<br />
** Reduzierung oder strenge Einhaltung der Pausen, Erholungszeiten<br />
** Missachtung von Arbeitsschutzvorschriften, Gesundheitsvorschriften und die Auswirkungen auf die psychische und physische Lage der Arbeiterklasse<br />
<br />
Für beide Bereiche müssen entsprechende Kriterien und statistische Daten gesucht und ausgewertet werden.<br />
<br />
=Arbeitsrecht=<br />
<br />
Dieser Bereich hängt eng mit der AG Staat zusammen. Es gibt kein einheitliches Arbeitsgesetzbuch, sondern nur Richterrecht, das aber weitgehende Regelungen trifft. Hier muss die Auswirkung auf die Ausbeutung der Arbeitskraft herausgearbeitet werden. Dazu gehören Regelungen des Kündigungsrechts, des Arbeitsschutzes, der Entlohnung. <br />
<br />
=Sozialpolitik und Arbeitsmarkt=<br />
<br />
Darunter werden alle Bereiche der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik gefasst: Krankenversicherung, Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Sozialhilfe, etc. <br />
Die Sozialpolitik ist sowohl Kampffeld in Bezug auf die Löhne, da die Sozialversicherung ein Teil der Reproduktion der Arbeiterklasse ist (Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung) und daher die Kapitalisten versuchen, diese Kosten auf die Arbeiterklasse selbst abzuwälzen. Sie ist zudem ein Mittel zur Umverteilung des Nationaleinkommens zu Gunsten des Kapitals durch Lohnsubvention (Kindergeld, andere Familienleistungen, Kurzarbeitergeld, etc.). Und sie dient zur Steuerung und Niederhaltung der industriellen Reservearmee und des Arbeitskräftereservoirs insgesamt und damit zum Druck auf die Löhne (Existenzminimum, Arbeitslosenversicherung). Mit der Festlegung des „Existenzminimums“ wird zugleich eine Lohnuntergrenze festgelegt. Diese soll im Interesse des Kapitals möglichst tief liegen und nicht steigen. Dazu dient die staatliche Gesetzgebung. Dazu gehören: die Sozialgesetzbücher, darin: das System der Arbeitslosenversicherung und ihrer Institutionen (ALG I und II) das System der Rentenversicherung das System der Krankenversicherung (und Pflegeversicherung) das System der Sozialleistungen (Kindergeld, Wohngeld, etc.). Dieser Bereich hängt eng mit dem Aufbau des Staates zusammen und muss deshalb mit der AG Staat bearbeitet werden.<br />
<br />
Die AG PolÖk soll vor allem die ökonomischen Zusammenhänge aufzeigen, also welche Auswirkungen die Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik auf die Löhne und die Ausbeutung der Arbeiterklasse hat. In Bezug auf die Lage der Arbeiterklasse, also welche Teile wie von welcher Maßnahme betroffen sind oder zur industriellen Reservearmee gehören, ist Aufgabe der AG Klassenanalyse. Beide AGs sollten diese Arbeit koordinieren. <br />
Hier sind zahlreiche Dissense herauszuarbeiten: Dazu gehört das „Bedingungslose Grundeinkommen“, das zeitweise eine größere Rolle in der Debatte spielte. Darüber hinaus insgesamt die Frage der Höhe des Existenzminimums. Die Frage der Arbeitslosenversicherung und ihrer Bezugsdauer, sowie der paritätischen Finanzierung der Sozialversicherungen muss als Dissens herausgearbeitet werden. <br />
<br />
=Umverteilung der Arbeitskräfte und industrielle Reservearmee=<br />
<br />
Mit der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik wird auch die Umverteilung und Steuerung der Arbeitskräfte und der industriellen Reservearmee im Besonderen vorgenommen. Die Bündelung, Steuerung und möglichst effiziente Ausbeutung der Arbeitskräfte, die Zuführung neuer Teile zum aktiven Arbeitskräftereservoir und zur Reserve, ist die Aufgabe der staatlichen Arbeitsämter. Hierzu gehören alle Regelungen im Bereich der Sozialgesetzgebung in Bezug auf den Verkauf der Arbeitskraft, wie zum Beispiel die Zumutbarkeitskriterien bei der Arbeitsvermittlung, die Zwangsinstrumente der Sanktionen und die enge Koppelung der Jobvermittlung an die Leiharbeit.<br />
<br />
Darin gibt es ebenfalls zahlreiche Dissense, wie der zu Sanktionen (abschaffen? abschwächen?), zu Leiharbeit (soll es eigene Tarifverträge geben? Haltung der Gewerkschaften zur Leiharbeit).<br />
<br />
=Staat als ökonomischer Faktor=<br />
<br />
Der Staat selbst ist einer der größten Arbeitgeber und auch Ausbeuter der Arbeitskraft. Das gilt vor allem für staatliche Betriebe, die im produktiven Sektor tätig sind. Aber auch die Beschäftigten im unmittelbaren Staatsdienst, also in Verwaltung, Schule, Krankenhaus, Transport, öffentlicher Verkehr, etc. müssen ihre Lohnforderungen direkt gegen den Staat durchsetzen. In diesem Bereich muss die tatsächliche Aufstellung des Staates im ökonomischen Bereich analysiert werden, also auch die wo er nur beteiligt ist. Hierzu gehören auch die Tarifauseinandersetzungen im öffentlichen Dienst bzw. der Daseinsvorsorge, also zum Beispiel die Auseinandersetzungen in der Pflege. Darin sind mehrere Dissense enthalten, die sich auf einzelne Fragen beziehen, wie Personalbemessung und Arbeitszeit. <br />
<br />
=Steuern und Staatshaushalt=<br />
<br />
Über den Staatshaushalt und die Steuerpolitik wird eine Umverteilung des Nationaleinkommens zu Gunsten der Monopole vorgenommen. Die Steigerung der Besteuerung der Löhne und des Konsums werden Lohnsteigerungen reduziert und wieder dem Kapital zugeführt. Hier muss auf der einen Seite konkret herausgearbeitet werden, wie die Steuerpolitik die Ausbeutung der Arbeiterklasse steigert und wie sie den Monopolprofiten nutzt. Auf der anderen Seite müssen hier Dissense herausgearbeitet werden, die sich an den einzelnen Fragen ergeben.<br />
<br />
=System und Propaganda zur Niederhaltung der Arbeiterklasse=<br />
<br />
Mit der Ausbeutung verbunden sind Methoden der Unterdrückung. Hierzu gehören die beiden Taktiken der Bourgeoisie - Zwang und Scheinzugeständnisse. Dieser Bereich überschneidet sich ebenfalls stark mit der AG Staat und der AG Deutscher Imperialismus. Dort muss der Ausbau der Exekutive, der Staatsumbau zur verstärkten Repression untersucht werden. Die Gesetze, die direkt die ökonomischen Aktivitäten der Arbeiterklasse betreffen, sollten von beiden AGs untersucht werden - Betriebsverfassungsgesetz, Notstandsgesetzgebung in Bezug auf Streikrecht, etc. Die Lohnpoliitk und Spaltung der Arbeiterklasse ist oben bereits erwähnt, sie gehört zur Herrschaftsabsicherung der Bourgeoisie und sollte unter diesem Blickwinkel betrachtet werden, nicht nur unter dem Aspekt der Steigerung der Ausbeutung. Dazu gehört auch die Spaltung der Klasse zwischen Beschäftigten und Erwerbslosen. In diesen Bereich gehören alle Formen der Demagogie, wie die der „sozialen Marktwirtschaft“, des „Volkskapitalismus“. Das überschneidet sich mit der AG Staat im Bereich der Sozialdemokratie, aber auch mit der AG Deutscher Imperialismus zur Geschichte der Staatsideologie der BRD. Dazu gehören auch neuere Varianten von Demagogie und bürgerlicher Ideologie, wie der Keynesianismus und die „neoliberale“ Strömung. Hier gibt es zahlreiche DIssense, wie den zur Einschätzung des Neoliberalismus und der Verteidigung des „Kenynesianismus“ bis hinein in kommunistische Kreise. Letzter Aspekt in diesem Bereich ist schließlich die Korruption von Teilen der Arbeiterklasse, die sog. Arbeiteraristokratie und Arbeiterbürokratie - mit Überschneidungen mit der AG Deutscher Imperialismus und AG Staat. Hierzu gehört auch die systematische Integration der Gewerkschaften in den Staatsapparat bei gleichzeitiger Bewahrung ihrer Eigenständigkeit. Hier muss geklärt werden, ob diese Frage zu AG Staat, AG Rev. Arbeiterbewegung oder AG Pol. Ök. gehört, oder zu Teilen zu allen drei.<br />
<br />
=Literatur zum Thema=<br />
<br />
Imperialismus Heute, Dietz, 1965 S. 606-692<br><br />
Lemmnitz, Alfred: Staatsmonopolistische Regulierung und Klassenkampf in Westdeutschland, Dietz, 1965<br><br />
Imperialismus der BRD, Dietz, 1972, Kapitel 5, S. 334 ff.<br><br />
IPW 4/86, Staatsmonopolistische Intensivierung und Widersprüche der Reproduktion<br><br />
Staatsverlag der DDR, 1986<br><br />
IPW 3/80: Streiks im staatsmonopolistischen Kapitalismus, Staatsverlag der DDR, 1980<br><br />
IPW 2/87: Gewerkschaftliche Kämpfe und Positionen in der BRD - zur AG RAB<br><br />
IPW 3/82: Ursachen und Folgen chronischer Massenarbeitslosigkeit<br><br />
IPW 2/81: Arbeiterklasse und staatsmonopolistische Regulierung der Klassenbeziehungen<br><br />
IPW 3/83: Sozialleistungssystem der BRD unter Anpassungszwang<br></div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Monopole_und_Ausbeutung_der_Arbeiterklasse&diff=6989Monopole und Ausbeutung der Arbeiterklasse2020-02-15T10:07:30Z<p>Mati: /* Festsetzung einer Lohnnorm in Form von Prozentsätzen */</p>
<hr />
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<br />
=Überblick=<br />
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''Dieser Text ist neu geschrieben und gegliedert und wird demnächst an einigen Stellen ausformuliert. <br />
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In diesem Bereich geht es um die Bedingungen der Arbeiterklasse im Monopolkapitalismus. Damit sind sowohl die ökonomischen Bedingungen als auch zum Teil die politischen gemeint. Diese Bedingungen werden sowohl von den Monopolen durch Arbeitsbedingungen, Löhne und Arbeitszeit als auch von ihrem Staat, durch Gesetze und Steuern sowie durch die ökonomischen Funktionen des Staates, bestimmt. Ziel ist, die Aufrechterhaltung der Ausbeutung der Arbeitskraft, die Steigerung der Profite, die Umverteilung des Nationaleinkommens zu Gunsten der Monopole und die Niederhaltung der Arbeiterklasse durch Demagogie, Betrug und Zwangsmittel.<br> <br />
Dieser Bereich ist nicht als ein in sich abgeschlossener Dissens zu verstehen, sondern viel mehr als ein Themenfeld, aus dem sich eine Vielzahl von Dissensen ergibt. Der folgende Text gibt also einen Überblick über die Dissense, die mit den Bedingungen der Arbeiterklasse im Monopolkapitalismus zusammenhängen. In weiteren Arbeitsschritten werden diese Dissense schärfer herausgestellt und getrennt bearbeitet.<br />
<br />
Viele Fragen die hier aufgeworfen werden, müssen gemeinsam mit der AG Klassenanalyse und der AG RAB geklärt werden. Zudem gibt es einen direkten Bezug zum Dissens „Der Staat im Monopolkapitalismus“.<br />
<br />
=Lohn, Arbeitszeit und Arbeitsverdichtung=<br />
<br />
Die Regulierung der Löhne ist ein zentraler Bestandteil des Versuchs, den gesamten Reproduktionsprozess des Kapitals zu regulieren und den Mehrwert absolut zu steigern. Dabei geht es nicht nur um die Höhe der Löhne, die zur Sicherung der Profite begrenzt werden soll, sondern um ein ganzes System an Maßnahmen und ideologischen Druck, um die Arbeiterklasse einzuschränken und vom Kampf um höhere Löhne abzuhalten. Ein wesentlicher Bestandteil davon ist die industrielle Reservearmee, die aber im nächsten Punkt genauer behandelt werden soll. Hier sollen diese Maßnahmen und ideologischen Manöver nur kurz aufgelistet werden. Sie müssen dann genauer untersucht werden.<br />
<br />
==Lohnregulierung==<br />
<br />
Zu den Maßnahmen zur Lohnregulierung gehören: <br />
Einschränkung des Streikrechts, inklusive des gesamten Tarifsystems und des Betriebsverfassungsgesetzes und den damit verbundenen Auflagen für den Lohnkampf.<br />
Dieser Bereich sollte mit der AG Staat gemeinsam erarbeitet werden. Genauso wie das Schlichtungswesen als Einschränkung des Streikkampfs und EU-Verordnungen.<br />
Hier gehört ein zentraler Dissens hin: Tarifeinheitsgesetz ja/nein bzw. Einschränkung des Streikrechts mit Zustimmung der Gewerkschaftsführung und Rolle der Berufs- (Stände-) Gewerkschaften. Prominenter Vertreter der ersten Position ist Rolf Geffken.<br />
Eine weitere Auseinandersetzung dreht sich um die Frage des politischen Streiks und wie man ihn erkämpfen kann.<br />
<br />
==Festsetzung einer Lohnnorm in Form von Prozentsätzen==<br />
<br />
Diese Form der Lohnregulierung ist zentral für Monopole und Staat. Dazu gehören indirekte Lohnleitlinien, wie die Orientierung der Lohnsteigerung an Produktivitätssteigerung und Inflationsausgleich.<br />
Hier gibt es einen Dissens, der genauer beschrieben werden muss: Auf der einen Seite steht die Position, dass die Zusammensetzung der Lohnforderungen inkl. einer sogenannten „Umverteilungskomponente“ richtig ist, auf der anderen Seite, dass jede Einschränkung der Lohnforderung falsch ist, und sie nur an den Bedürfnissen der Reproduktionskosten der Arbeitskraft orientiert werden soll. Ein weiteres Element ist die Ausdifferenzierung der Löhne und der Entwicklung verschiedener Lohnformen, Zusatzzahlungen, Aufspaltungen des Lohns, Privilegierung bestimmter Teile der Arbeiterklasse durch Prämienzahlungen, etc. Dadurch kommt es zu einer stärkeren Differenz zwischen Effektiv- und Tariflöhnen, die Tariflöhne dienen eher als Untergrenze, die flexiblen Zusatzzahlungen können gezahlt werden oder auch nicht.<br />
Hier muss der existierende Dissens in der Gewerkschaftsbewegung ausgearbeitet werden. Die Forderungen um „Sockelbeträge“ ist dabei wichtig. Hierzu gehören auch „freiwillige“ Sozialleistungen der Betriebe. Eine besondere Rolle könnten hier auch Betriebsrenten spielen.<br />
<br />
==Eingruppierung und Illusion des leistungsbezogenen Lohns==<br />
<br />
Auch hier muss ausgearbeitet werden, wie genau die Illusion entsteht, man werde für die Arbeitsleistung nicht für die Reproduktionskosten der Arbeitskraft bezahlt.<br />
<br />
==Mindestlohn und Existenzminimum==<br />
<br />
Mindestlohn niedrig ansetzen und wenig steigen lassen. Bestimmungen zur Ermittlung des Mindestlohns. Einengung der Lohnkämpfe.<br><br />
Hier ist die gesamte Auseinandersetzung um den Mindestlohn wichtig. Welche Teile der Gewerkschaften wollten ihn, in welcher Höhe? Warum war es für das deutsche Kapital besonders wichtig, dass er niedriger als der in Frankreich liegt? Warum funktioniert der Mindestlohn wie eine negative Lohnuntergrenze, die Teile des Lohngefüges unten hält? Welche Forderung nach welcher Höhe wäre die richtige? Woran ist sie zu bemessen? Wie steht das gesetzliche Existenzminimum damit im Zusammenhang? <br />
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==Lohnsubventionen==<br />
<br />
Der Lohn ist soweit gesenkt worden, dass er für größere Teile der Arbeiterklasse nicht mehr zur Reproduktion ausreicht. Der Staat übernimmt relevante gesellschaftliche Leistungen und befreit die Kapitalisten zum Teil davon dafür aufzukommen. Dazu gehören: Reproduktion (Kindergeld, etc.) Gesundheit (Pflege) Bildung, Qualifizierung.<br />
Zudem setzt der Staat Steuermittel zur direkten Lohnsubvention ein: Ergänzendes ALG II Kurzarbeitergeld, Arbeitsfördermaßnahmen. Diese werden unter dem Schlagwort der Sozialpolitik genauer aufgeführt und dort untersucht. <br />
Hier gibt es zahlreiche Dissense, die sich auf einzelne Fragen beziehen, zum Beispiel die Forderung nach Kurzarbeitergeld. <br />
<br />
==Arbeitszeit und Arbeitsverdichtung==<br />
<br />
Die Verlängerung des Arbeitstages ist die andere Methode der absoluten Mehrwertproduktion, die Verdichtung und Intensivierung die der relativen Mehrwertproduktion. Beide Methoden sind relevant und an folgenden Kriterien zu untersuchen: <br />
<br />
* Arbeitszeit und Flexibilisierung der Arbeitszeit:<br />
** verschiedene Beschäftigungsmodelle: Teilzeit, geringfügig, Leiharbeit - mit dem Ziel der möglichst an die Bedürfnisse des Kapitals angepassten Einsatzmöglichkeit.<br />
** Ausdehnung des Arbeitstags: Veränderung der Schichtvorschriften, Einschränkung der Ruhezeiten, Überstunden, Arbeitszeitkonten als „Vorschuss“ des Arbeiters für den Kapitalisten. Neueste Vorschläge zu „Lebensarbeitszeitkonten“ bei SPD und im Tarifvertrag der IGBCE<br />
** Leiharbeits-, Werksvertragsgesetz (Zusammen mit der AG Staat): Hier muss auch untersucht werden, wie verschiedene Teile der Klasse unter der Umverteilung der Arbeitszeit leiden - auf der einen Seite Überstunden auf der anderen Seite zu wenig Arbeitsstunden und damit zu wenig Lohn. Hier gibt es mehrere Dissense, einer davon ist der zu den „Options-Tarifverträgen“ mit Wahloption zwischen Arbeitszeitverkürzung und Lohnerhöhung. Dieser Dissens sollte möglichst bald herausgearbeitet werden. Der andere Dissens, der in diesem Zusammenhang steht, ist der nach allgemeiner Arbeitszeitverkürzung und um welche Stundenzahl es dabei gehen soll (35-Stunden, 30-Stunden). <br />
* Arbeitsverdichtung:<br />
** Zeitbemessung für einzelne Teile des Betriebs (Produktion und Dienstleistung)<br />
** Einsatz von Maschinen mit höherer Belastung für Arbeiter<br />
** Erhöhung der Band-Geschwindigkeit<br />
** Reduzierung oder strenge Einhaltung der Pausen, Erholungszeiten<br />
** Missachtung von Arbeitsschutzvorschriften, Gesundheitsvorschriften und die Auswirkungen auf die psychische und physische Lage der Arbeiterklasse<br />
<br />
Für beide Bereiche müssen entsprechende Kriterien und statistische Daten gesucht und ausgewertet werden.<br />
<br />
=Arbeitsrecht=<br />
<br />
Dieser Bereich hängt eng mit der AG Staat zusammen. Es gibt kein einheitliches Arbeitsgesetzbuch, sondern nur Richterrecht, das aber weitgehende Regelungen trifft. Hier muss die Auswirkung auf die Ausbeutung der Arbeitskraft herausgearbeitet werden. Dazu gehören Regelungen des Kündigungsrechts, des Arbeitsschutzes, der Entlohnung. <br />
<br />
=Sozialpolitik und Arbeitsmarkt=<br />
<br />
Darunter werden alle Bereiche der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik gefasst: Krankenversicherung, Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Sozialhilfe, etc. <br />
Die Sozialpolitik ist sowohl Kampffeld in Bezug auf die Löhne, da die Sozialversicherung ein Teil der Reproduktion der Arbeiterklasse ist (Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung) und daher die Kapitalisten versuchen, diese Kosten auf die Arbeiterklasse selbst abzuwälzen. Sie ist zudem ein Mittel zur Umverteilung des Nationaleinkommens zu Gunsten des Kapitals durch Lohnsubvention (Kindergeld, andere Familienleistungen, Kurzarbeitergeld, etc.). Und sie dient zur Steuerung und Niederhaltung der industriellen Reservearmee und des Arbeitskräftereservoirs insgesamt und damit zum Druck auf die Löhne (Existenzminimum, Arbeitslosenversicherung). Mit der Festlegung des „Existenzminimums“ wird zugleich eine Lohnuntergrenze festgelegt. Diese soll im Interesse des Kapitals möglichst tief liegen und nicht steigen. Dazu dient die staatliche Gesetzgebung. Dazu gehören: die Sozialgesetzbücher, darin: das System der Arbeitslosenversicherung und ihrer Institutionen (ALG I und II) das System der Rentenversicherung das System der Krankenversicherung (und Pflegeversicherung) das System der Sozialleistungen (Kindergeld, Wohngeld, etc.). Dieser Bereich hängt eng mit dem Aufbau des Staates zusammen und muss deshalb mit der AG Staat bearbeitet werden.<br />
<br />
Die AG PolÖk soll vor allem die ökonomischen Zusammenhänge aufzeigen, also welche Auswirkungen die Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik auf die Löhne und die Ausbeutung der Arbeiterklasse hat. In Bezug auf die Lage der Arbeiterklasse, also welche Teile wie von welcher Maßnahme betroffen sind oder zur industriellen Reservearmee gehören, ist Aufgabe der AG Klassenanalyse. Beide AGs sollten diese Arbeit koordinieren. <br />
Hier sind zahlreiche Dissense herauszuarbeiten: Dazu gehört das „Bedingungslose Grundeinkommen“, das zeitweise eine größere Rolle in der Debatte spielte. Darüber hinaus insgesamt die Frage der Höhe des Existenzminimums. Die Frage der Arbeitslosenversicherung und ihrer Bezugsdauer, sowie der paritätischen Finanzierung der Sozialversicherungen muss als Dissens herausgearbeitet werden. <br />
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=Umverteilung der Arbeitskräfte und industrielle Reservearmee=<br />
<br />
Mit der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik wird auch die Umverteilung und Steuerung der Arbeitskräfte und der industriellen Reservearmee im Besonderen vorgenommen. Die Bündelung, Steuerung und möglichst effiziente Ausbeutung der Arbeitskräfte, die Zuführung neuer Teile zum aktiven Arbeitskräftereservoir und zur Reserve, ist die Aufgabe der staatlichen Arbeitsämter. Hierzu gehören alle Regelungen im Bereich der Sozialgesetzgebung in Bezug auf den Verkauf der Arbeitskraft, wie zum Beispiel die Zumutbarkeitskriterien bei der Arbeitsvermittlung, die Zwangsinstrumente der Sanktionen und die enge Koppelung der Jobvermittlung an die Leiharbeit.<br />
<br />
Darin gibt es ebenfalls zahlreiche Dissense, wie der zu Sanktionen (abschaffen? abschwächen?), zu Leiharbeit (soll es eigene Tarifverträge geben? Haltung der Gewerkschaften zur Leiharbeit).<br />
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=Staat als ökonomischer Faktor=<br />
<br />
Der Staat selbst ist einer der größten Arbeitgeber und auch Ausbeuter der Arbeitskraft. Das gilt vor allem für staatliche Betriebe, die im produktiven Sektor tätig sind. Aber auch die Beschäftigten im unmittelbaren Staatsdienst, also in Verwaltung, Schule, Krankenhaus, Transport, öffentlicher Verkehr, etc. müssen ihre Lohnforderungen direkt gegen den Staat durchsetzen. In diesem Bereich muss die tatsächliche Aufstellung des Staates im ökonomischen Bereich analysiert werden, also auch die wo er nur beteiligt ist. Hierzu gehören auch die Tarifauseinandersetzungen im öffentlichen Dienst bzw. der Daseinsvorsorge, also zum Beispiel die Auseinandersetzungen in der Pflege. Darin sind mehrere Dissense enthalten, die sich auf einzelne Fragen beziehen, wie Personalbemessung und Arbeitszeit. <br />
<br />
=Steuern und Staatshaushalt=<br />
<br />
Über den Staatshaushalt und die Steuerpolitik wird eine Umverteilung des Nationaleinkommens zu Gunsten der Monopole vorgenommen. Die Steigerung der Besteuerung der Löhne und des Konsums werden Lohnsteigerungen reduziert und wieder dem Kapital zugeführt. Hier muss auf der einen Seite konkret herausgearbeitet werden, wie die Steuerpolitik die Ausbeutung der Arbeiterklasse steigert und wie sie den Monopolprofiten nutzt. Auf der anderen Seite müssen hier Dissense herausgearbeitet werden, die sich an den einzelnen Fragen ergeben.<br />
<br />
=System und Propaganda zur Niederhaltung der Arbeiterklasse=<br />
<br />
Mit der Ausbeutung verbunden sind Methoden der Unterdrückung. Hierzu gehören die beiden Taktiken der Bourgeoisie - Zwang und Scheinzugeständnisse. Dieser Bereich überschneidet sich ebenfalls stark mit der AG Staat und der AG Deutscher Imperialismus. Dort muss der Ausbau der Exekutive, der Staatsumbau zur verstärkten Repression untersucht werden. Die Gesetze, die direkt die ökonomischen Aktivitäten der Arbeiterklasse betreffen, sollten von beiden AGs untersucht werden - Betriebsverfassungsgesetz, Notstandsgesetzgebung in Bezug auf Streikrecht, etc. Die Lohnpoliitk und Spaltung der Arbeiterklasse ist oben bereits erwähnt, sie gehört zur Herrschaftsabsicherung der Bourgeoisie und sollte unter diesem Blickwinkel betrachtet werden, nicht nur unter dem Aspekt der Steigerung der Ausbeutung. Dazu gehört auch die Spaltung der Klasse zwischen Beschäftigten und Erwerbslosen. In diesen Bereich gehören alle Formen der Demagogie, wie die der „sozialen Marktwirtschaft“, des „Volkskapitalismus“. Das überschneidet sich mit der AG Staat im Bereich der Sozialdemokratie, aber auch mit der AG Deutscher Imperialismus zur Geschichte der Staatsideologie der BRD. Dazu gehören auch neuere Varianten von Demagogie und bürgerlicher Ideologie, wie der Keynesianismus und die „neoliberale“ Strömung. Hier gibt es zahlreiche DIssense, wie den zur Einschätzung des Neoliberalismus und der Verteidigung des „Kenynesianismus“ bis hinein in kommunistische Kreise. Letzter Aspekt in diesem Bereich ist schließlich die Korruption von Teilen der Arbeiterklasse, die sog. Arbeiteraristokratie und Arbeiterbürokratie - mit Überschneidungen mit der AG Deutscher Imperialismus und AG Staat. Hierzu gehört auch die systematische Integration der Gewerkschaften in den Staatsapparat bei gleichzeitiger Bewahrung ihrer Eigenständigkeit. Hier muss geklärt werden, ob diese Frage zu AG Staat, AG Rev. Arbeiterbewegung oder AG Pol. Ök. gehört, oder zu Teilen zu allen drei.<br />
<br />
=Literatur zum Thema=<br />
<br />
Imperialismus Heute, Dietz, 1965 S. 606-692<br><br />
Lemmnitz, Alfred: Staatsmonopolistische Regulierung und Klassenkampf in Westdeutschland, Dietz, 1965<br><br />
Imperialismus der BRD, Dietz, 1972, Kapitel 5, S. 334 ff.<br><br />
IPW 4/86, Staatsmonopolistische Intensivierung und Widersprüche der Reproduktion<br><br />
Staatsverlag der DDR, 1986<br><br />
IPW 3/80: Streiks im staatsmonopolistischen Kapitalismus, Staatsverlag der DDR, 1980<br><br />
IPW 2/87: Gewerkschaftliche Kämpfe und Positionen in der BRD - zur AG RAB<br><br />
IPW 3/82: Ursachen und Folgen chronischer Massenarbeitslosigkeit<br><br />
IPW 2/81: Arbeiterklasse und staatsmonopolistische Regulierung der Klassenbeziehungen<br><br />
IPW 3/83: Sozialleistungssystem der BRD unter Anpassungszwang<br></div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Arbeitspaket:_%225_Merkmale_des_Imperialismus%22&diff=6945Arbeitspaket: "5 Merkmale des Imperialismus"2020-01-04T12:10:58Z<p>Mati: /* Einführung */</p>
<hr />
<div>zurück zu [[AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
<br><br />
==Einführung==<br />
Wir wollen uns ein Verständnis von Lenins Imperialismustheorie erarbeiten. Lenin nennt 5 Merkmale, die den Imperialismus charakterisieren: <br />
<br><br />
{{Zitat | Würde eine möglichst kurze Definition des Imperialismus verlangt, so müßte man sagen, daß der Imperialismus das monopolistische Stadium des Kapitalismus ist. [...] <br> Doch sind allzu kurze Definitionen zwar bequem, denn sie fassen das Wichtigste zusammen, aber dennoch unzulänglich, sobald aus ihnen speziell die wesentlichen Züge der zu definierenden Erscheinung abgeleitet werden sollen. Deshalb muß man - ohne zu vergessen, daß alle Definitionen überhaupt nur bedingte und relative Bedeutung haben, da eine Definition niemals die allseitigen Zusammenhänge einer Erscheinung in ihrer vollen Entfaltung umfassen kann - eine solche Definition des Imperialismus geben, die folgende fünf seiner grundlegenden Merkmale enthalten würde: <br> 1. Konzentration der Produktion und des Kapitals, die eine so hohe Entwicklungsstufe erreicht hat, daß sie Monopole schafft, die im Wirtschaftsleben die entscheidende Rolle spielen; 2. Verschmelzung des Bankkapitals mit dem Industriekapital und Entstehung einer Finanzoligarchie auf der Basis dieses "Finanzkapitals"; 3. der Kapitalexport, zum Unterschied vom Warenexport, gewinnt besonders wichtige Bedeutung; 4. es bilden sich internationale monopolistische Kapitalistenverbände, die die Welt unter sich teilen, und 5. die territoriale Aufteilung der Erde unter die kapitalistischen Großmächte ist beendet. Der Imperialismus ist der Kapitalismus auf jener Entwicklungsstufe, wo die Herrschaft der Monopole und des Finanzkapitals sich herausgebildet, der Kapitalexport hervorragende Bedeutung gewonnen, die Aufteilung der Welt durch die internationalen Trusts begonnen hat und die Aufteilung des gesamten Territoriums der Erde durch die größten kapitalistischen Länder abgeschlossen ist. | Lenin, W.I., Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus, 1917, LW 22, S. 270-271}} <br />
<br><br />
Wir wollen uns diese 5 Merkmale einzeln ansehen mit dem Ziel eine jeweilige genauere Definition zu erarbeiten und Instrumente zu finden, mithilfe derer wir das Merkmal in der heutigen Zeit überprüfen können. Hierbei sind die ersten drei Merkmale wichtig, um Länder zu charakterisieren und festzustellen, ob sie sich im imperialistischen Stadium befinden. Mithilfe der letzten beiden Merkmale kann analysiert werden, ob wir in einem imperialistischen Weltsystem unterschiedlicher Abhängigkeiten leben oder nicht.<br />
<br />
==Arbeitsschritt==<br />
<u> 1. Erschließung </u> <br />
<br><br />
Wir wollen uns eine positive Darstellung der fünf Merkmale erarbeiten, unsere Grundannahmen und Begriffe schärfen und Kriterien zur Analyse herausarbeiten. Dazu arbeiten wir zunächst mit Klassikertexten von Marx, Engels und besonders Lenin. In einem weiteren Schritt vergleichen wir unsere Ergebnisse mit anderen Positionen, zuerst mit den Imperialismusverständnissen von Kautsky, Luxemburg und Hilferding, da sie die ersten Auseinandersetzungen mit Lenins Imperialismusbegriff waren. Dann setzen wir uns mit aktuellen Vertretern und ihren Positionen auseinander, siehe dazu auch den Dissens [[Imperialismus als Weltsystem]]. Wir möchten damit unsere Definitionen verfeinern und um Analysekriterien erweitern. Ergebnis soll eine Liste an Dingen sein, die wir empirisch untersuchen können.<br />
<br />
Wir haben eine vorläufige Literaturliste erstellt, diese soll von den Mitarbeitenden vorerst durchgearbeitet und exzerpiert werden. Nicht zuletzt, da es unzähliges an Literatur zu diesem Thema gibt, suchen wir bei der Recherche eine breite Mitarbeit von Interessierten. Schaut also mal in die Literaturliste, überlegt euch wo ihr unterstützen möchtet und gebt uns via E-Mail Bescheid. Gerne nehmen wir auch Literatur-Tipps entgegen. <br />
==Arbeitsfragen==<br />
#Was ist ein Monopol? <br />
##Ab wann können wir einen Konzern als Monopol bezeichnen? (Abgrenzung vom bürgerlichen Monopolverständnis)<br />
##Ab wann kann man davon sprechen, dass Monopole die entscheidende Rolle im Wirtschaftsleben spielen? (auf Länderebene und Weltweit untersuchen)<br />
##Welche Kriterien können wir anlegen, um zu überprüfen, ob ein Unternehmen ein Monopole ist? (z.B. Anzahl der Arbeiter, Umsatzvolumen, Profit, Rolle für die Landeswirtschaft, Marktanteil in der jeweiligen Branche uswusf.)<br />
##Welche unterschiedliche Organisations- und Abspracheformen von Monopolen (AGs, GmBHs, KG´s, Kartelle, Trusts, Syndikate usw.) gibt es?<br />
##Welche Kriterien können wir anlegen, um zu überprüfen, ob Monopole die entscheidende Rolle im Wirtschaftsleben spielen?<br />
#Was ist Finanzkapital? <br />
##Was ist Bankkapital?<br />
##Was ist Industriekapital?<br />
##Können wir von einer Verschmelzung von Bank- und Industriekapital sprechen? <br />
##Was ist die Finanzoligarchie auf der Basis dieses „Finanzkapitals“?<br />
##Was sind die Kriterien, um überprüfen zu können, ob bei einem Monopol Bank- und Industriekapital verschmolzen sind und wir von einem Finanzmonopol (-Oligopol?) sprechen können? (z.B. über Aufsichtsräte, Aktien, eigene Kreditinstitute der Automobilindustrie uswusf.) <br />
#Was ist Kapitalexport? <br />
##Was ist Warenexport? <br />
##Was sind die Kriterien, mit denen wir untersuchen können, ob in einem Land die Bedeutung des Kapitalexports zu vorher (zeitlich) gewonnen hat (z.B. durch Eröffnung von Produktionsstätten in anderen Ländern oder Kreditvergabe, die an Bedingungen geknüpft ist)?<br />
##Welche Bedeutung hat der Kapitalexport in der Volkswirtschaft eines Landes? (Ausländische Direktinvestitionen und Portfolioinvestitionen)<br />
#Was sind internationale monopolistische Kapitalistenverbände?<br />
##Was sind die Kriterien, mit denen die Analyse vorgenommen werden kann, ob es sich um einen internationale monopolistische Kapitalistenverbände handelt?<br />
##Wie können wir das Verhältnis der Monopole in den internationalen Kapitalistenverbänden zueinander klären?<br />
##Nach welchen Kriterien können wir ihre Interessen nachweisen? <br />
#Was ist eine kapitalistische Großmacht? <br />
##Meint Lenin mit kapitalistischen Großmächten imperialistische Länder? (Muss man eine imperialistische Großmacht sein, um ein imperialistisches Land zu sein?)<br />
##Was sind die Kriterien, mit denen die Analyse vorgenommen werden kann, ob die Welt unter den kapitalistischen Großmächten aufgeteilt ist oder nicht? (Abhängigkeiten der Länder zueinander, Kapitalexporte von welchen Ländern in welche Länder uswusf.) <br />
== Literatur zum Thema ==<br />
<br><br />
{| class="wikitable"<br />
|-<br />
! '''Art der Literatur''' !! '''Lektüre''' !! '''Stand der Bearbeitung '''<br />
|-<br />
| Bücher || || <br />
|-<br />
| || Engels, Friedrich: Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft. MEW 19, S. 177-228 || offen<br />
|-<br />
| || Marx, Karl: Lohn, Preis und Profit, MEW 16, S. 103-152. || in Arbeit<br />
|-<br />
| || Marx, Karl: Zur Kritik der politischen Ökonomie. Vorwort, in: MEW Band 13, S. 7-11. || offen<br />
|-<br />
| || Marx, Karl: Lohnarbeit und Kapital, MEW 6 6, S. 397-423 || offen <br />
|-<br />
| || Marx, Karl: Das Kapital, Band 1, ME-Werke, Band 23, S. 11-802, Dietz Verlag, Berlin/DDR 1962. || in Arbeit <br />
|-<br />
| || Marx, Karl: Das Kapital, Band 2, ME-Werke, Band 24, S. 7 - 518. || offen<br />
|-<br />
| || Marx, Karl: Das Kapital, Band 3, ME- Werke, Band 25. || in Arbeit<br />
|-<br />
| || Lenin, W.I.: Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus, LW 22, 1917. || in Arbeit<br />
|-<br />
| || Lenin, W.I.: Vorwort zu N. Bucharins Schrift, Gesammelte Werke, Band 22, S.106, Dezember 1915. || offen<br />
|-<br />
| || Lenin, W.I.: Der Imperialismus und die Spaltung der Arbeiterbewegung, Gesammelte Werke, Band 23, S. 106 ff. || offen<br />
|-<br />
| || Lenin, W.I.: Der Imperialismus und die Spaltung des Sozialismus, Gesammelte Werke, Band 23, S. 102f. || offen<br />
|-<br />
| || Lenin, W.I.: Über das Friedensprogramm. Lenin - Werke. Herausgegeben vom Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED. Band 22, 3. Auflage, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1960, Berlin/DDR. S. 164-171. || offen<br />
|-<br />
| || Lenin, W.I.: Über die Losung der Vereinigten Staaten von Europa. Lenin Werke, Band 21, Seite 342-346; Dietz Verlag Berlin, 1972.<br />
|| offen<br />
|-<br />
|}<br />
<br />
<br />
[[Kategorie: AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
[[Kategorie: Arbeitspakete]]<br />
[[Kategorie: Arbeitspakete AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]</div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Arbeitspaket:_%225_Merkmale_des_Imperialismus%22&diff=6944Arbeitspaket: "5 Merkmale des Imperialismus"2020-01-04T12:09:22Z<p>Mati: Die Seite wurde neu angelegt: „zurück zu AG Politische Ökonomie des Imperialismus <br> ==Einführung== <br> Wir wollen uns ein Verständnis von Lenins Imperialismustheorie erarbeiten.…“</p>
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<div>zurück zu [[AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
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==Einführung==<br />
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Wir wollen uns ein Verständnis von Lenins Imperialismustheorie erarbeiten. Lenin nennt 5 Merkmale, die den Imperialismus charakterisieren: <br />
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{{Zitat | Würde eine möglichst kurze Definition des Imperialismus verlangt, so müßte man sagen, daß der Imperialismus das monopolistische Stadium des Kapitalismus ist. [...] <br> Doch sind allzu kurze Definitionen zwar bequem, denn sie fassen das Wichtigste zusammen, aber dennoch unzulänglich, sobald aus ihnen speziell die wesentlichen Züge der zu definierenden Erscheinung abgeleitet werden sollen. Deshalb muß man - ohne zu vergessen, daß alle Definitionen überhaupt nur bedingte und relative Bedeutung haben, da eine Definition niemals die allseitigen Zusammenhänge einer Erscheinung in ihrer vollen Entfaltung umfassen kann - eine solche Definition des Imperialismus geben, die folgende fünf seiner grundlegenden Merkmale enthalten würde: <br> 1. Konzentration der Produktion und des Kapitals, die eine so hohe Entwicklungsstufe erreicht hat, daß sie Monopole schafft, die im Wirtschaftsleben die entscheidende Rolle spielen; 2. Verschmelzung des Bankkapitals mit dem Industriekapital und Entstehung einer Finanzoligarchie auf der Basis dieses "Finanzkapitals"; 3. der Kapitalexport, zum Unterschied vom Warenexport, gewinnt besonders wichtige Bedeutung; 4. es bilden sich internationale monopolistische Kapitalistenverbände, die die Welt unter sich teilen, und 5. die territoriale Aufteilung der Erde unter die kapitalistischen Großmächte ist beendet. Der Imperialismus ist der Kapitalismus auf jener Entwicklungsstufe, wo die Herrschaft der Monopole und des Finanzkapitals sich herausgebildet, der Kapitalexport hervorragende Bedeutung gewonnen, die Aufteilung der Welt durch die internationalen Trusts begonnen hat und die Aufteilung des gesamten Territoriums der Erde durch die größten kapitalistischen Länder abgeschlossen ist. | Lenin, W.I., Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus, 1917, LW 22, S. 270-271}} <br />
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Wir wollen uns diese 5 Merkmale einzeln ansehen mit dem Ziel eine jeweilige genauere Definition zu erarbeiten und Instrumente zu finden, mithilfe derer wir das Merkmal in der heutigen Zeit überprüfen können. Hierbei sind die ersten drei Merkmale wichtig, um Länder zu charakterisieren und festzustellen, ob sie sich im imperialistischen Stadium befinden. Mithilfe der letzten beiden Merkmale kann analysiert werden, ob wir in einem imperialistischen Weltsystem unterschiedlicher Abhängigkeiten leben oder nicht. <br />
==Arbeitsschritt==<br />
<u> 1. Erschließung </u> <br />
<br><br />
Wir wollen uns eine positive Darstellung der fünf Merkmale erarbeiten, unsere Grundannahmen und Begriffe schärfen und Kriterien zur Analyse herausarbeiten. Dazu arbeiten wir zunächst mit Klassikertexten von Marx, Engels und besonders Lenin. In einem weiteren Schritt vergleichen wir unsere Ergebnisse mit anderen Positionen, zuerst mit den Imperialismusverständnissen von Kautsky, Luxemburg und Hilferding, da sie die ersten Auseinandersetzungen mit Lenins Imperialismusbegriff waren. Dann setzen wir uns mit aktuellen Vertretern und ihren Positionen auseinander, siehe dazu auch den Dissens [[Imperialismus als Weltsystem]]. Wir möchten damit unsere Definitionen verfeinern und um Analysekriterien erweitern. Ergebnis soll eine Liste an Dingen sein, die wir empirisch untersuchen können.<br />
<br />
Wir haben eine vorläufige Literaturliste erstellt, diese soll von den Mitarbeitenden vorerst durchgearbeitet und exzerpiert werden. Nicht zuletzt, da es unzähliges an Literatur zu diesem Thema gibt, suchen wir bei der Recherche eine breite Mitarbeit von Interessierten. Schaut also mal in die Literaturliste, überlegt euch wo ihr unterstützen möchtet und gebt uns via E-Mail Bescheid. Gerne nehmen wir auch Literatur-Tipps entgegen. <br />
==Arbeitsfragen==<br />
#Was ist ein Monopol? <br />
##Ab wann können wir einen Konzern als Monopol bezeichnen? (Abgrenzung vom bürgerlichen Monopolverständnis)<br />
##Ab wann kann man davon sprechen, dass Monopole die entscheidende Rolle im Wirtschaftsleben spielen? (auf Länderebene und Weltweit untersuchen)<br />
##Welche Kriterien können wir anlegen, um zu überprüfen, ob ein Unternehmen ein Monopole ist? (z.B. Anzahl der Arbeiter, Umsatzvolumen, Profit, Rolle für die Landeswirtschaft, Marktanteil in der jeweiligen Branche uswusf.)<br />
##Welche unterschiedliche Organisations- und Abspracheformen von Monopolen (AGs, GmBHs, KG´s, Kartelle, Trusts, Syndikate usw.) gibt es?<br />
##Welche Kriterien können wir anlegen, um zu überprüfen, ob Monopole die entscheidende Rolle im Wirtschaftsleben spielen?<br />
#Was ist Finanzkapital? <br />
##Was ist Bankkapital?<br />
##Was ist Industriekapital?<br />
##Können wir von einer Verschmelzung von Bank- und Industriekapital sprechen? <br />
##Was ist die Finanzoligarchie auf der Basis dieses „Finanzkapitals“?<br />
##Was sind die Kriterien, um überprüfen zu können, ob bei einem Monopol Bank- und Industriekapital verschmolzen sind und wir von einem Finanzmonopol (-Oligopol?) sprechen können? (z.B. über Aufsichtsräte, Aktien, eigene Kreditinstitute der Automobilindustrie uswusf.) <br />
#Was ist Kapitalexport? <br />
##Was ist Warenexport? <br />
##Was sind die Kriterien, mit denen wir untersuchen können, ob in einem Land die Bedeutung des Kapitalexports zu vorher (zeitlich) gewonnen hat (z.B. durch Eröffnung von Produktionsstätten in anderen Ländern oder Kreditvergabe, die an Bedingungen geknüpft ist)?<br />
##Welche Bedeutung hat der Kapitalexport in der Volkswirtschaft eines Landes? (Ausländische Direktinvestitionen und Portfolioinvestitionen)<br />
#Was sind internationale monopolistische Kapitalistenverbände?<br />
##Was sind die Kriterien, mit denen die Analyse vorgenommen werden kann, ob es sich um einen internationale monopolistische Kapitalistenverbände handelt?<br />
##Wie können wir das Verhältnis der Monopole in den internationalen Kapitalistenverbänden zueinander klären?<br />
##Nach welchen Kriterien können wir ihre Interessen nachweisen? <br />
#Was ist eine kapitalistische Großmacht? <br />
##Meint Lenin mit kapitalistischen Großmächten imperialistische Länder? (Muss man eine imperialistische Großmacht sein, um ein imperialistisches Land zu sein?)<br />
##Was sind die Kriterien, mit denen die Analyse vorgenommen werden kann, ob die Welt unter den kapitalistischen Großmächten aufgeteilt ist oder nicht? (Abhängigkeiten der Länder zueinander, Kapitalexporte von welchen Ländern in welche Länder uswusf.) <br />
== Literatur zum Thema ==<br />
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{| class="wikitable"<br />
|-<br />
! '''Art der Literatur''' !! '''Lektüre''' !! '''Stand der Bearbeitung '''<br />
|-<br />
| Bücher || || <br />
|-<br />
| || Engels, Friedrich: Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft. MEW 19, S. 177-228 || offen<br />
|-<br />
| || Marx, Karl: Lohn, Preis und Profit, MEW 16, S. 103-152. || in Arbeit<br />
|-<br />
| || Marx, Karl: Zur Kritik der politischen Ökonomie. Vorwort, in: MEW Band 13, S. 7-11. || offen<br />
|-<br />
| || Marx, Karl: Lohnarbeit und Kapital, MEW 6 6, S. 397-423 || offen <br />
|-<br />
| || Marx, Karl: Das Kapital, Band 1, ME-Werke, Band 23, S. 11-802, Dietz Verlag, Berlin/DDR 1962. || in Arbeit <br />
|-<br />
| || Marx, Karl: Das Kapital, Band 2, ME-Werke, Band 24, S. 7 - 518. || offen<br />
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| || Marx, Karl: Das Kapital, Band 3, ME- Werke, Band 25. || in Arbeit<br />
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| || Lenin, W.I.: Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus, LW 22, 1917. || in Arbeit<br />
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| || Lenin, W.I.: Vorwort zu N. Bucharins Schrift, Gesammelte Werke, Band 22, S.106, Dezember 1915. || offen<br />
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| || Lenin, W.I.: Der Imperialismus und die Spaltung der Arbeiterbewegung, Gesammelte Werke, Band 23, S. 106 ff. || offen<br />
|-<br />
| || Lenin, W.I.: Der Imperialismus und die Spaltung des Sozialismus, Gesammelte Werke, Band 23, S. 102f. || offen<br />
|-<br />
| || Lenin, W.I.: Über das Friedensprogramm. Lenin - Werke. Herausgegeben vom Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED. Band 22, 3. Auflage, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1960, Berlin/DDR. S. 164-171. || offen<br />
|-<br />
| || Lenin, W.I.: Über die Losung der Vereinigten Staaten von Europa. Lenin Werke, Band 21, Seite 342-346; Dietz Verlag Berlin, 1972.<br />
|| offen<br />
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<br />
[[Kategorie: AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
[[Kategorie: Arbeitspakete]]<br />
[[Kategorie: Arbeitspakete AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]</div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=AG_Politische_%C3%96konomie_des_Imperialismus&diff=6929AG Politische Ökonomie des Imperialismus2020-01-04T10:27:56Z<p>Mati: /* Mitmachen */</p>
<hr />
<div>[[Datei:AG Politische Ökonomie des Imperialismus.png|mini]]<br />
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<br />
<br />
<br />
== Einführung in die AG ==<br />
Die Analyse des Imperialismus ist einer der am meisten umstrittenen Punkte in der kommunistischen Bewegung und deshalb so wichtig, da die unterschiedlichen Einschätzungen des Charakters des Imperialismus großen Einfluss auf die Praxis zur Überwindung desselben haben. Aktuelle Beispiele dafür sind die Diskussion um den Klassencharakter Chinas und Russlands und damit verbunden die Orientierung der Arbeiterbewegung – soll sie sich an die Seite eines vermeintlich „objektiv antiimperialistischen Staats“ stellen oder ihre eigene Macht vorbereiten und errichten? Dabei geht es darum, ob ein dauerhafter Frieden im Imperialismus möglich ist oder der Kampf um Frieden immer ein Kampf für den Sozialismus sein muss. <br />
<br />
Seit dem Eintreten des Kapitalismus in sein imperialistisches Stadium ist dies Gegenstand der Auseinandersetzung, wie die Kritik Lenins an Kautsky und anderen zeigt. Auch in den 70er Jahren gab es eine intensivere Debatte um die Frage des Charakters des [[Monopole und Staat#Staatsmonopolistischer Kapitalismus|staatsmonopolistischen Kapitalismus]]. In dieser kamen Strömungen auf, die den imperialistischen Charakter des Kapitalismus in Frage stellten oder abstritten und zum Beispiel eine rein formale [[Monopole und Staat#Staatsableitung und Eigenständigkeit des Staates|„Staatsableitung“]] vornahmen. <br />
<br />
Insgesamt handelt es sich um eine zentrale Frage der Theoriebildung der Arbeiterklasse und wirkt sich somit auch direkt auf ihre Praxis aus. Ein umfassendes Verständnis der Entwicklung des Kapitalismus bis zu seinem imperialistischen Stadium, das Erkennen der Gesetzmäßigkeiten und damit der Notwendigkeiten des Handelns sind Kernbestandteile der Strategie der Kommunistischen Partei. Im Zuge der Analyse des Imperialismus und der damit verbundenen veränderten Kampfbedingungen entwickelten Lenin und die Bolschewiki das diesen Bedingungen entsprechende Organisationsprinzip der „Partei neuen Typs“ und die Strategie der Arbeiterklasse, die nun nicht mehr nur die Kräfte für den Umsturz sammeln musste, sondern den Sturm durchführen muss – die sozialistische Revolution rückt auf die Tagesordnung des Klassenkampfs.<br />
<br />
Dabei beziehen wir selbst Position, von der aus wir die Auseinandersetzung führen und deren Weiterentwicklung ein Ziel der Arbeitsgruppen ist. In unseren [https://kommunistische.org/programmatische-thesen/ '''Programmatischen Thesen'''] sind bereits in einem Unterkapitel zentrale Aussagen zum [https://kommunistische.org/programmatische-thesen/#__RefHeading___Toc1331_1760917594 Imperialismus] benannt. Eine übergeordnete Aufgabe der AG Politische Ökonomie des Imperialismus ist, herauszuarbeiten, dass der Imperialismus als ein – das höchste – Stadium des Kapitalismus begriffen wird und nicht als aggressive Außenpolitik oder reiner Expansionismus. Das Stadium des Imperialismus ist organisch mit dem vorherigen Stadium – des Kapitalismus der freien Konkurrenz – verbunden und kann nicht davon getrennt werden. Die gesetzmäßige Entwicklung der Produktivkräfte führt zu Konzentration und Zentralisation der Produktionsmittel und des Kapitals und damit zum Monopol. Er ist das letzte Stadium der kapitalistischen Produktionsweise. Er führt zur weiteren Vertiefung des Widerspruchs zwischen dem gesellschaftlichen Charakter der Produktion und dem privaten Eigentum an Produktionsmitteln. Er tritt damit in sein faulendes, parasitäres Stadium, das der allgemeinen Krise des Kapitalismus, der Reaktion und der ständig notwendigen Neuaufteilung der Welt und damit zu Krieg. Er ist zugleich die materielle Vorbereitung der nächsten Gesellschaftsformation – dem Sozialismus, denn er konzentriert und vergesellschaftet die Produktivkräfte und darunter vor allem die Arbeiterklasse selbst – er ist der Vorabend der sozialistischen Revolution.<br />
<br />
Ein zentraler Gegenstand der AG ist das Verhältnis zwischen Kapital und Arbeit, die Ausbeutung der Arbeiterklasse durch die Monopole im besonderen und das Kapital insgesamt. Dabei geht es um die Führung des ökonomischen Klassenkampfs durch die Bourgeoisie durch Einengung des Streikrechts, durch die Regulierung und teilweise Integration der Arbeiterbewegung, durch Sozialgesetze und den Staatshaushalt. In diesem Bereich sollen Analysen zu wichtigen Kampffeldern erarbeitet werden, wie Tarifforderungen und Forderungen bezüglich sozialer Rechte, zu Arbeitszeit und Arbeitsbedingungen, zum Mindestlohn und zum sog. "Bedingungslosen Grundeinkommen". Dazu gehört auch die Analyse der Kämpfe der Arbeiterklasse der letzten Zeit. Ziel ist, durch Analysen der ökonomischen Lage und Klärung der verschiedenen Positionen Kampflosungen entwickeln zu können.<br />
<br />
Die Arbeitsgruppe hat bisher sieben Dissenspunkte gesammelt, die weltweit kontrovers diskutiert werden: [[Imperialismus als Weltsystem|Imperialismus als Weltsystem]], [[Monopolisierung und Finanzkapital|Monopolisierung und Finanzkapital]], [[Monopole und Staat|Monopole und Staat]], [[Krisenanalyse|Krisenanalyse]], [[Monopole und Ausbeutung der Arbeiterklasse|Monopole und Ausbeutung der Arbeiterklasse]], [[Der Platz des Imperialismus in der Geschichte|Der Platz des Imperialismus in der Geschichte]]. Mit diesen Themenkomplexen wird sich die Arbeitsgruppe beschäftigen. Dabei sollen die verschiedenen Positionen und Einschätzungen herausgearbeitet und mit den [[AG Politische Ökonomie des Imperialismus#Grundannahmen|Grundlagen]] des wissenschaftlichen Sozialismus von Marx, Engels und Lenin konfrontiert werden. Mit jedem dieser Komplexe sind außerdem konkrete empirische Untersuchungen notwendig verbunden, wie zum Beispiel die Untersuchung der Eigentumsstrukturen der Monopole, die Rechtsformen, die sie annehmen, ihr Verhältnis zum Staatsapparat, ihre Rolle in der Reproduktion des Kapitals, die Entwicklung des Drucks auf Löhne und Arbeitsbedingungen bis hin zur Berechnung der Profitraten der Monopole und Unternehmen.<br />
<br />
Wir möchten die nächsten Jahre systematisch an der Klärung der Dissenspunkte und der damit verbundenen [[AG Politische Ökonomie des Imperialismus#Offene Fragen|offenen Fragen]] arbeiten.<br />
<br />
== Dissens ==<br />
In der kommunistischen Weltbewegung gibt es grundlegende Unterschiede in der Bewertung der politischen Ökonomie des Imperialismus. Darunter fallen die folgenden Streitpunkte:<br><br />
<br />
* [[Imperialismus als Weltsystem]]<br />
* [[Monopolisierung und Finanzkapital]]<br />
* [[Monopole und Staat]]<br />
* [[Krisenanalyse]]<br />
* [[Der Platz des Imperialismus in der Geschichte]]<br />
* [[Monopole und Ausbeutung der Arbeiterklasse]]<br />
<br />
== Offene Fragen ==<br />
<br />
Die AG Politische Ökonomie hat die Aufgabe, grundsätzlich die ökonomischen Auseinandersetzungen der Arbeiterklasse zu analysieren. Dazu gehören beispielsweise die Entwicklung der Lohnkämpfe, der Tarifforderungen und des dazu gehörigen Rechtssystems als von der Bourgeoisie gesetzter enger Rahmen, die Frage der Arbeitsbedingungen und Arbeitszeit, der Veränderungen der Tätigkeiten und Ausbildungen.<br> <br />
Folgende Fragen sind für diese AG noch offen:<br><br />
* [[Offene Fragen zu ökonomischen Auseinandersetzungen]]<br />
<br />
<br />
Außerdem muss diese AG die ökonomische Lage der Arbeiterklasse untersuchen und zum Beispiel die Forderung nach einem Bedingungslosen Grundeinkommen, die Rolle des Harz4-Systems und ökonomische Ursachen und Auswirkungen der Gentrifizierung untersuchen. Die Analyse der materiellen und ideologischen Lage Arbeiterklasse hingegen ist Gegenstand der [[AG Klassenanalyse]].<br> <br />
Folgende Fragen sind für diese AG noch offen:<br><br />
* [[Offene Fragen zur ökonomischen Lage der Arbeiterklasse]]<br />
<br />
<br />
Auf der Seite der Kapitalistenklasse muss ihre Zusammensetzung, die Veränderung der verschiedenen Branchen, die Reproduktion des Kapitals, die Profitraten und ihre konkrete Berechnung, der parasitäre Charakter des Imperialismus und die Rolle und Struktur des deutschen Finanzkapitals untersucht werden.<br><br />
Folgende Fragen sind für diese AG noch offen:<br><br />
* [[Offene Fragen zur Analyse des Kapitals]]<br />
<br />
<br />
Außerdem müssen einige Fragen wissensschaftlich beantwortet werden, um den Dissens in der kommunistischen Bewegung rund um das Thema politische Ökonomie zu klären. <br />
Sie sind hier nach Dissensen sortiert aufgelistet:<br><br />
* [[Offene Fragen zur Klärung der Dissense]]<br />
<br />
== Grundannahmen ==<br />
Dieser Abschnitt gibt einen systematischen Überblick über die wichtigsten Grundannahmen von Karl Marx, Friedrich Engels und Wladimir I. Lenin zum Themenkomplex unserer AG. Zweck dieser Zitatensammlung ist nicht, im dogmatischen Sinne eine Sammlung "fertiger, überhistorisch gültiger Wahrheiten" vorzulegen, in der alle Fragen schon für alle Zeiten gelöst sind. Vielmehr sollen die Grundannahmen sicherstellen, dass wir ein einheitliches Verständnis des marxistischen-leninistischen Grundvokabulars haben und unseren Bezug auf die Klassiker des wissenschaftlichen Sozialismus transparent und nachvollziehbar machen. <br />
<br />
*[[Der historische Materialismus]]<br />
*[[Politische Ökonomie des Kapitalismus]]<br />
*[[Der imperialistische Kapitalismus]]<br />
<br />
In unseren Grundannahmen beziehen wir uns größtenteils auf drei Klassiker des Marxismus-Leninismus:<br />
*[[Das Kapital (Literatureinleitung)]] von Karl Marx<br />
*[[Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft (Literatureinleitung)]] von Friedrich Engels<br />
*[[Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus (Literatureinleitung)]] von Wladimir I. Lenin<br />
<br />
== Mitmachen ==<br />
Um einer Klärung der drängenden Fragen näher zu kommen, brauchen wir die Diskussion und Mitarbeit verschiedener Kräfte aus der Bewegung. Der Auftrag zur Mitarbeit richtet sich natürlich an die Arbeiter- und kommunistische Bewegung, nicht an den Klassenfeind und seine Lakaien. All diejenigen, die das Ziel der revolutionären Überwindung der kapitalistischen Produktionsweise mit uns teilen, sind eingeladen, mitzuarbeiten.<br />
Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten sich an dem Klärungsprozess und der Arbeit der AG politische Ökonomie des Imperialismus zu beteiligen. Das Wichtigste: Diskutiert mit, schreibt eigene Beiträge zu den Streitfragen der Bewegung, zu den theoretischen Grundannahmen von Marx, Engels und Lenin oder zu aktuellen Themen des Imperialismus. Ergänzt oder widersprecht den Veröffentlichungen, stellt selbst eure offenen Fragen zum Thema usw. Denn nur wenn die Argumente klar und offen liegen, wird es möglich sein, die Diskussion zu einer Klärung zu entwickeln.<br />
Darüber hinaus wird es auch möglich sein, sich direkt an der Arbeit der AG zu beteiligen, einzelne Arbeitsaufträge zu übernehmen, in kleinen Arbeitsgruppen zu spezifischen Fragen zu wirken oder auch dauerhaft mitzuarbeiten. Kontaktiert dazu bitte einfach direkt die AG.<br />
<br><br />
So verstehen wir unsere Hauptaufgabe: organisiert, kampforientiert und mit schonungsloser Kritik und Selbstkritik an die Bearbeitung der Fragen heranzugehen, um hier und heute den Imperialismus zu entlarven und ganz konkret und praktisch Wege zur Überwindung zu öffnen!<br />
<br><br />
<br><br />
Innerhalb der AG arbeiten wir momentan in zwei Arbeitsgruppen. '''Im Themenfeld Imperialismus''' wollen wir uns in den nächsten Monaten an die systematische Beantwortung der Dissense zum Verständnis des Imperialismus machen - dabei kannst du mitmachen:<br />
<br><br />
*Diskutier mit<br />
**Du hast andere Erkenntnisse, Positionen zu bestimmten Fragen?<br />
**Du hast selbst offene Fragen zum Thema?<br />
*Einzelne Arbeitsaufträge übernehmen - in Theoriearbeit oder in praktischer Umsetzung<br />
**[[Arbeitspaket: "5 Merkmale des Imperialismus"]]<br />
<br><br />
Im '''Themenfeld ökonomische Lage der Arbeiterklasse''' arbeiten wir derzeit noch die unterschiedlichen Positionen und damit Dissense heraus. Einen Schwerpunkt in der nächsten Zeit werden wir auf die Untersuchung der verschiedenen Formen des Tarifsystems und der unterschiedlichen Tarifabschlüsse legen - auch hier kannst du mitmachen:<br />
<br><br />
*Diskutier mit<br />
**Du hast andere Erkenntnisse, Positionen zu bestimmten Fragen?<br />
**Du hast Erfahrungen mit Tarifverhandlungen?<br />
**Du hast selbst offene Fragen zum Thema?<br />
*Einzelne Arbeitsaufträge übernehmen - in Theoriearbeit oder in praktischer Umsetzung<br />
<br />
Wenn du Interesse hast mitzuarbeiten, dann melde dich unter folgender E-Mail Adresse: [mailto:ag_oekonomie@kommunistische.org ag_oekonomie@kommunistische.org]<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
[[Kategorie: AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
[[Kategorie: AG-Hauptseite]]</div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Monopolisierung_und_Finanzkapital&diff=6493Monopolisierung und Finanzkapital2019-10-02T16:41:14Z<p>Mati: /* Transnationales Kapital */</p>
<hr />
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<br />
== Überblick ==<br />
Hier geht es um den ökonomischen Kern des Kapitalismus in seinem imperialistischen Stadium: das Monopol bzw. die Monopolisierung als Folge der notwendigen Zentralisierung des Kapitals und die Herausbildung des Finanzkapitals als die wirkmächtige Verbindung des Industrie- und Bankkapitals bzw. produktives und Geldkapital. Kurz: Konzentration des Kapitals - Monopolisierung - Finanzkapital, ein stetig stattfindender Prozess im Laufe der kapitalistischen Geschichte.<br />
Einige begriffliche Voraussetzungen zuerst:<br />
Als erstes unterscheidet Marx die Formen des Kapitals, die sich aus dem Kapitalkreislauf (Warenproduktion und Warenzirklulation) ergeben: Geldkapital, produktives Kapital und Warenkapital. Diese Ebene der Betrachtung sagt noch nichts aus über das Eigentum an Kapital. War es historisch so, dass jeder einzelne industrielle Kapitalist alle Formwandlungen des Kapitals in seiner Kontrolle durchlaufen konnte? Entwickelten sich Handelskapitalisten durch Besitz von Waren (Warenkapital) und / oder Geld zu Bank- und Handelskapitalisten, industrielle Kapitalisten aber auch ebenso durch Akkumulation wiederum zu Bank- und Handelskapitalisten? Im Kapitalkreislauf (Einsatz von Geldkapital in Produktionsmittel und Arbeitskraft, Produktion von Waren, Umsatz von Warenkapital in Geldkapital) also macht das Kapital Formwandlungen durch. Ob und in welchem Maße nun diese verschiedenen Kapitalformen historisch durch industrielle Kapitalisten, Bankkapitalisten, Handelskapitalisten oder den kapitalistischen Staat vertreten werden, ist Sache der konkreten historischen Untersuchung und keine theoretische Frage.<br />
Wenn wir uns nun hier mit der Frage der notwendigen Verschmelzung von Industrie- und Bankkapital zum Finanzkapital als Folge der Monopolisierung (und diese wiederum als notwendige Folge der Konzentration und Zentralisation des Kapitals) beschäftigen, geht es um eine historische Betrachtung. Diese historische Entwicklung tendiert zunehmend zur Vergesellschaftung, das heisst: immer größere Monopole verwalten den gesellschaftlich produzierten Mehrwert, das gesamtgesellschaftliche Kapital in fortschreitend zentralisierterer Form. Die unterschiedlichen Kapitalisten, Bank-, Industrie, Handelskapitalisten (letztere historisch betrachtet zunehmend bedeutungsloser), binden durch gegenseitige Beteiligungen (mittels ihres in Form von Geldkapital angehäuftem gesellschaftlichen Mehrwert) ihre Kapitale zusammen, um die notwendigen Investitionen in den unterschiedlichen Bereichen der gesellschaftlichen Mehrwertproduktion, zu gewährleisten. <br />
<br />
Beide Kategorien, Monopolisierung und Finanzkapital, sind jedoch umstritten. Die unterschiedlichen Positionen sollen in einem ersten Aufschlag hier vorgestellt werden und die Grundlage für weitere Vertiefungen und Untersuchungen bieten.<br />
Im Mittelpunkt der Debatte geht es um die Fragen: Ist die stattfindende Monopolisierung von Kapitalen eine zwangsläufige und gesetzmäßige Entwicklung des Kapitalismus der freien Konkurrenz? Und daraus folgend: befinden wir uns daher heute noch in einem Kapitalismus der freien Konkurrenz, in der sich einige Konzerne zwar durchgesetzt haben, denen aber keine dauerhafte Charakterisierung als Monopol zugeschrieben werden kann?<br />
Des Weiteren ist so ähnlich wie „Imperialismus“ der Begriff des Finanzkapitals, sowohl in der kommunistischen Bewegung, als auch in der marxistisch orientierten Akademie ungeklärt. Ungeklärt in dem Sinne, dass er erstens sehr unterschiedlich verwendet wird, zweitens auch im empirischen Sinne. <br />
Ob die verschiedenen Auffassungen der Wirklichkeit standhalten, wird zu überprüfen sein. Ohne eine empirische Auseinandersetzung werden wir den Dissens nicht lösen können.<br />
In dem hier gesetzten Rahmen wird es zunächst einmal darum gehen, den Dissens überhaupt zu begreifen, also die verschiedenen Ansätze und Positionen darzulegen. Der hier gemachte Aufschlag kann nur ein erster Schritt sein, um sich einen Überblick, wenn auch keinen allumfassenden, zu verschaffen. In einem zweiten Schritt wird in der Arbeitsgruppe die ausführlichere Darlegung der Positionen stattfinden.<br />
<br />
=== Monopolisierung als gesetzmäßige Tendenz im Kapitalismus ===<br />
Die Grundlagen der ökonomischen Analyse des Kapitalismus als monopolistischer Kapitalismus ist die Erkenntnis der grundlegenden Gesetze der kapitalistischen Produktionsweise, der Konzentration und Zentralisation des Kapitals. Außerdem die daraus folgende Akkumulation und die steigende organische Zusammensetzung des Kapitals, darauf aufbauend der zunehmende gesellschaftliche Charakter der Produktivkräfte, der im Widerspruch zur privaten Aneignung, dem Wert- und dem Mehrwertgesetz, der Fall der Profitrate usw. steht. <br />
Die Momente des Übergangs zum imperialistischen Stadium sind schon bei Marx und Engels herausgearbeitet worden. Diese Momente des Übergangs sind u. a. die zunehmende Rolle des Gesellschaftskapitals (in Form der Aktiengesellschaften, Trennung Kapitalfunktion und Kapitaleigentum), die zunehmende Bedeutung des Kredits, die Entstehung von Monopolen und einer Finanzoligarchie, die strukturelle Überakkumulation und die Zunahme des Kapitalexports. Der Umschlag von der freien Konkurrenz ins Monopol ist das Merkmal des neuen Stadiums des Kapitalismus und seine unterschiedlichen Erscheinungen und Phänomene sind darauf zurückzuführen. Die Gesetzmäßigkeiten der kapitalistischen Produktionsweise werden dadurch nicht aufgehoben, aber das Gesetz der Durchschnittsprofitrate als Regulator der Produktion und Profitverteilung durchbrochen. Das moderne Monopol verfügt, aufgrund seiner Beherrschung von Reproduktionszusammenhängen, über ökonomische, soziale und politische Macht und Gewalt. <br />
<br />
Es gibt eine Reihe von Positionen, die eine Trennung des Stadiums des Imperialismus von dem der freien Konkurrenz vornehmen und verneinen, dass es sich um monopolistischen Kapitalismus handelt. Dabei werden Lenins Ansichten und Analysen als Widerspruch zu den theoretischen Auffassungen im Kapital von Karl Marx betrachtet. Zu dieser Strömung gehören zum Beispiel die „Neue Marx-Lektüre“, die Werttheoretiker, der Gegenstandpunkt und andere weitestgehend akademische Debatten. Diese Strömungen unterscheiden sich zwar in Eckpunkten, sind sich aber in der Trennung von Marx und Lenin einig. <br />
Die Analyse, dass aus der Konzentration und Zentralisation die Monopolbildung folgt und demnach die Entwicklung des Kapitalismus aus dem Stadium der freien Konkurrenz in das des Monopols, wird abgelehnt. <br />
Eine historische Tendenz zur Zunahme dieser Phänomene wird verneint. Die Bildung von Monopolen wird teilweise als Mittel der Kapitale gesehen, sich in der immer noch bestehenden freien Konkurrenz gegenüber anderen Kapitalen zu bewähren. Die Neue Marx-Lektüre und der Gegenstandpunkt (GSP) unterscheiden sich in einigen Punkten, lehnen beide aber die Entwicklung des Kapitalismus zum Monopolkapitalismus ab. Die Rolle des Staates ist aus Sicht des Gegenstandpunkts dabei eine, die über der Ökonomie steht: <br />
Er treibt, um selbst in der internationalen Konkurrenz zu bestehen, die Monopolisierung voran. Der Staat instrumentalisiere damit die Ökonomie für „seine Zwecke" (Marxistische Gruppe, 1981). <br />
Die Bankenmacht sei eine Illusion, so argumentiert auch Guenther Sandleben. Die von Hilferding und auch von Lenin behauptete besondere Stellung der Banken stellt er in Frage und relativiert die Rolle der Banken als Vermittler des Geldkapitals. Ob er und vielleicht auch andere die Zentralisierungsbewegung im Bankensektor und damit deren Monopolisierung in Frage stellen, soll im Rahmen der weiteren Bearbeitung Gegenstand der Untersuchung sein.<br />
<br />
=== Zur Geschichte des Begriffes Finanzkapital ===<br />
Der Begriff des Finanzkapitals wurde von Rudolf Hilferding in den Marxismus eingeführt. Gleich bei der Veröffentlichung hat Kautsky einiges an Kritik angemeldet. Umstritten war er also von Anbeginn. Lenin übernimmt den Begriff, auch wenn er dann auf seine Unzulänglichkeiten hinweist und ihn um den Aspekt der dem Finanzkapital zugrundeliegenden notwendigen Monopolisierung erweitert. Nach Lenins Schrift scheinen sich vor allem zwei Richtungen der Interpretation zu entwickeln, die bis heute in unterschiedlichster Weise noch existent sind. Jedoch muss die Arbeit im Klärungsprozess auch darin bestehen herauszuarbeiten, ob diese grobe Unterteilung zutrifft oder nicht oder ob sich weitere Ansätze entwickelt haben, die hier nicht richtig oder gar nicht eingeordnet sind bzw. eingeordnet werden können. Die zwei Ansätze die hier zur groben Einteilung der verschiedenen Positionen eine Orientierung geben sollen, sind folgende: <br />
Der erste Ansatz geht davon aus, dass das Finanzkapital das monopolisierte Kapital, das in der Produktion angelegt ist, also das „Kapital in der Verfügung der Banken und in der Verwendung der Industriellen“ (Hilferding1973, S.?). Diese Position ist aus den Referaten und Positionen innerhalb der KI (Kommunistische Internationale), in der SU (Sowjetunion) und auch in der DDR zu finden und baut grundsätzlich auf die Thesen Hilferdings und Lenins auf. Aufbauend darauf entsteht die Theorie des [[Monopole und Staat#Staatsmonopolistischer Kapitalismus|staatsmonopolistischen Kapitalismus]]. <br />
<br />
Der zweite Ansatz geht davon aus, dass das Finanzkapital das Kapital ist, das lediglich in den Finanzmärkten kursiert und nimmt entweder explizit oder implizit eine Position gegen die Verschmelzungsthese ein. <br />
<br />
Heute finden wir Versatzstücke beider Ansätze in einzelnen Positionen und unzählige Ausdifferenzierungen in Detailfragen. Wir müssen davon ausgehen, dass dieser Zustand auf die Krise des Kommunismus, vor allem auf den Revisionismus, zurückzuführen ist. Gleichzeitig ist das Eindringen der bürgerlichen Ideologie und die Befassung mit dieser Frage in der bürgerlichen Akademie durch zahlreiche marxistisch gesinnte Akademiker ein weiterer Grund für den bunten Strauß an Erklärungsansätzen, der uns heute präsentiert wird. Die so genannten Globalisierungstheoretiker sind hier als Beispiel zu nennen.<br />
Die hier vorgeschlagene Systematisierung ist wie folgt: Lenins Begriff des Finanzkapitals wird als Ausgangspunkt genommen. Alle anderen Positionen werden dann dazu ins Verhältnis gesetzt.<br />
<br />
=== Lenins Begriff des Finanzkapitals ===<br />
Die in der kapitalistischen Entwicklung gesetzmäßigen Konzentrationsprozesse in der Produktion und dann auch des Bankkapitals führen zur Monopolisierung in der Industrie und im Bankensektor. Die Monopolisierung führt zur Verschmelzung von Industrie- und Bankkapital. Lenin schreibt: „Konzentration der Produktion, daraus erwachsende Monopole, Verschmelzen oder Verwachsen der Banken mit der Industrie - das ist die Entstehungsgeschichte des Finanzkapitals und der Inhalt dieses Begriffs.“ (LW Bd.22, S.230) Aufbauend auf folgende Aussage Hilferdings wendet Lenin seine Hauptaufmerksamkeit dem so genannten »Beteiligungssystem« bzw. »Beteiligungsgesellschaft«: „Ein immer wachsender Teil des Kapitals der Industrie gehört nicht den Industriellen, die es anwenden. Sie erhalten die Verfügung über das Kapital nur durch die Bank, die ihnen gegenüber den Eigentümer vertritt. Andererseits muß die Bank einen immer wachsenden Teil ihrer Kapitalien in der Industrie fixieren. Sie wird damit in immer größerem Umfang industrieller Kapitalist. Ich nenne das Bankkapital, also Kapital in Geldform, das auf diese Weise in Wirklichkeit in industrielles Kapital verwandelt ist, das Finanzkapital.“ (Hilferding 1973, S.) Lenin legt die tatsächlich vor sich gehende Verschmelzung durch ein weit verzweigtes Netz von Beteiligungen dar, die dem Monopolkapital die Kommandohoheit über immer größere Teile der Nationalökonomie sichert. Die am häufigsten anzutreffende, juristische Form einer Beteiligungsgesellschaft ist die Aktiengesellschaft. Aus den Ausführungen Lenins ist ersichtich, dass er das Finanzkapital am Aufkommen von Wertpapieren in den jeweiligen Nationalstaaten misst: „Diese vier Länder (damit sind England, Frankreich, Vereinigte Staaten und Deutschland gemeint, Anm. d. Redaktion) zusammen besitzen 479 Millarden Francs (das ist die Summe der Wertpapiere in diesen Ländern im Jahre 1910, Anm.d.Redaktion), d.h. nahezu 80 % des Weltfinanzkapitals. Fast die ganze übrige Welt spielt so oder anders die Rolle des Schuldners und Tributpflichtigen dieser Länder - der internationalen Bankiers, dieser vier »Säulen« des Weltfinanzkapitals.“ (LW, Bd 22, S.243/244). Das Kapital wiederum, das in Form von Wertpapieren existiert, ist fiktives Kapital. Dazu Karl Marx: „Die Aktien von Eisenbahn-, Bergwerks-, Schiffahrts- etc. Gesellschaften stellen wirkliches Kapital vor, nämlich das in diesen Unternehmungen angelegte oder fungierende Kapital oder die Geldsumme, welche von den Teilhabern vorgeschossen ist, um als Kapital in solches Unternehmungen verausgabt zu werden. Wobei keineswegs ausgeschlossen ist, dass sie auch bloßen Schwindel vorstellen. Aber dies Kapital existiert nicht doppelt, einmal als Kapitalwert der Eigentumstitel, der Aktien, und das andre Mal als das in jenen Unternehmungen wirklich angelegte oder anzulegende Kapital. Es existiert nur in jener letztern Form, und die Aktie ist nichts als ein Eigentumstitel, pro rata, auf den durch jenes zu realisierenden Mehrwert. A mag diesen Titel an B, und B ihn an C verkaufen. Diese Transaktionen ändern nichts an der Natur der Sache. A oder B hat dann seinen Titel in Kapital aber C sein Kapital in einen bloßen Eigentumstitel auf den von dem Aktienkapital zu erwartenden Mehrwert verwandelt.“ (Karl Marx, Das Kapital Band III, S. 484/485)<br />
<br />
Ein weiterer wichtiger Aspekt des Begriffes Finanzkapital ist der Zusammenhang mit der politischen Organisation der Kapitalistenklasse, des Staates. Dazu schreibt Lenin: „Die Epoche des jüngsten Kapitalismus zeigt uns, daß sich unter den Kapitalistenverbänden bestimmte Beziehungen herausbilden auf dem Boden der ökonomischen Aufteilung der Welt, daß sich aber daneben und im Zusammenhang damit zwischen den politischen Verbänden, den Staaten, bestimmte Beziehungen herausbilden auf dem Boden der territorialen Aufteilung der Welt, des Kampfes um Kolonien, »des Kampfes um das Wirtschaftsgebiet«.“ (LW, Bd 22, S.258) Alle weiteren, historisch-konkreten Ausführungen Lenins und seine Kritik an Kautsky zeigen deutlich, dass das so genannte Weltfinanzkapital sich in nationale Kapitalistenverbände aufteilt, die wiederum durch ihre politische Organisation in Form von Nationalstaaten, ihre Rivalitäten bezüglich der Neuaufteilung der Welt ausfechten. <br />
Zwei Entwicklungstendenzen werden ausgemacht: eine ausgeweitete Internationalisierung des Finanzkapitals, im Sinne der erhöhten Aktivität und Konzentration auf internationaler Ebene, - eine Tendenz, die zu vermehrter internationaler Organisation des Kapitals führen muss. Und auf der anderen Seite verschärfte Konkurrenz zwischen den nationalstaatlich organisierten Kapitalistenverbände um Rohstoff- und Wirtschaftsgebiete. Letztlich wird aber trotz der notwendigen Internationalisierung, im Sinne von Zusammenarbeit verschiedener Kapitalistenverbände in internationalen und regionalen Zusammenschlüssen wie Trusts, Kartelle etc., die sich zuspitzende Konkurrenz, wenn nicht durch Kauf, dann nur durch Gewaltmaßnahmen, also durch das Militär, gelöst werden können. <br />
<br />
Der Begriff des Finanzkapitals in der Kommunistischen Internationale, in der Sowjetunion und den sozialistischen Ländern knüpft weitestgehend an Lenins Auffassungen an. Ab wann und in welcher Weise Differenzen und / oder Revisionen des Leninschen Begriffs von Finanzkapital auftauchen, wird eine Aufgabe der Untersuchungen im Rahmen des Klärungsprozesses sein. In der DDR haben sich einige Ökonomen der historisch-konkreten Analyse des Kapitalismus gewidmet. Ihre Arbeiten müssen wir heranziehen, um ein tieferes Verständnis für den Begriff des Finanzkapitals zu entwi-ckeln und nachzuprüfen, ob er den Realitäten standhält. <br />
<br />
=== Finanzkapital gleich fiktives Kapital ===<br />
Es gibt zahlreiche Autoren, die den Begriff Finanzkapital in Anlehnung an Hilferding und Lenin benutzen. Bei der näheren Betrachtung stellt sich jedoch die Frage, inwiefern das Finanzkapital trotz des positiven Bezugs auf den Leninschen Begriff alternativ als Geldkapital oder Bankkapital verwendet wird. Eine solche Anwendung des Begriffes kann dann unterstellt werden, wenn in den Ausführungen z.B. eine Trennung zwischen Industriekapital und dem Finanzkapital bzw. Bankkapital vorgenommen wird.<br />
<br />
Andreas Wehr stellt hierzu fest, dass durch die hervorstechende Rolle der Finanzmärkte der falsche Schein einer Verselbständigung entstehen kann, die der Verschmelzungsthese zu widersprechen scheint (Wehr 2010, S.28), weist aber mit Bezugnahme auf die Arbeiten von Hess darauf hin, dass Finanzmarkttransaktionen letztlich auch „in einem erheblichen Maße der Ermöglichung bzw. der Fortsetzung der Produktion auf monopolkapitalistischer Stufe“ dienen. (Wehr 2010, S.29) Das zur Finanzierung der Produktion im Allgemeinen gesammelte, verwaltete, verliehene Geld also, erscheine auf den Finanzmärkten (dort, wo es gehandelt wird) als von der Industrie losgelöst (verselbständigt), dies aber sei nur ein Scheinwiderspruch zur Verschmelzungsthese, da diese Finanzmittel direkte (z.B. als Aktien/Wertpapiere) oder indirekt (als Kredit) in der Produktion eingesetzt werden und Ansprüche durch entweder Dividende oder Zins auf den dort produzierten Mehrwert erheben. So verstanden, wäre Finanzkapital das miteinander zusammenfließende, von den Banken (auch Investmentbanken) vermittelte monopolisierte Kapital. <br />
Wehr weist jedoch auch darauf hin, dass große Banken (wie die Deutsche Bank) zunehmend ihre Beteiligungen an Industrieunternehmen aufgeben. Er stellt die These auf, dass trotz dieser Entwicklung die Macht der Banken nicht abgenommen hätte. Hier ist die Frage, ob die Verschmelzungsthese lediglich durch die Beteiligung der Banken an den Industrieunternehmen selbst abzulesen ist oder ob die durch Banken vermittelte Kapitalbeschaffung für Beteiligungs-, bzw. Aktiengesellschaften. Zu beobachten sei eine weitere personelle Verflechtung mit der Industrie, so Wehr, was zeige, dass die Verschmelzung trotz der geringeren Beteiligung der Banken an Industrieunternehmen noch weiter existiere. Diese Beobachtungen und Schlussfolgerungen werfen Fragen auf:<br />
Ist das Finanzkapital als verwachsenes Bank- und Industriekapital vor allem in der Form des fiktiven Kapitals, also im weitesten Sinne in Form von Wertpapieren (siehe oben Lenin zu Beteili-gungsgesellschaften) real anzutreffen? Ist demzufolge das den Aktiengesellschaften zur Verfügung stehende Kapital das Finanzkapital?<br />
Oder kann die personelle Verflechtung von Banken und Industrie als Indiz für die Verschmelzungsthese dienen oder ist die personelle Verflechung ‚nur’ eine Konsequenz aus der gegenseitigen Verwicklung der Kapitale? Ist desweiteren eine Entflechtung bzw. Trennung von Industrie- und Bankkapital möglich und wäre dann die These nach einer notwendigen Entwicklungstendenz zum Finanzkapital nicht haltbar?<br />
<br />
Lucas Zeise umschreibt in seinem 2019 erschienen Buch mit dem Titel Finanzkapital: „Es (das Finanzkapital, Anm. BolscheWiki) wird dabei als die Verbindung des oben definierten Geldkapitals mit dem (Industrie)-Kapital bezeichnet, das durch die Ausbeutung der Arbeitskräfte Waren produziert, die Wert und Mehrwert repräsentieren. (…) Die Verbindung des alten Geldkapitals, kurz der Banken, mit dem erst im Kapitalismus massenhaft auftretenden Industriekapital übernimmt als monopolistisches Kapitals die Macht in Gesellschaft und Staat. Das ist die hier vertretene Grundthese wie auch bei Rudolf Hilferding und Wladimir I. Lenin.“ (Lucas Zeise 2019, S.57/58) Er empfiehlt dabei als Kennzeichnung der Epoche des Imperialismus den Begriff Finanzkapitalismus. Nach Zeise ist das Finanzkapital im Laufe der letzten Jahrzehnte finanzieller geworden und meint damit, dass es vermehrt in Form des Geldkapitals in Erscheinung tritt. Hier muss die Frage aufgeworfen werden, ob diese Vorstellung beinhaltet, dass mit Finanzkapital das Geldkapital an sich gemeint ist, oder das fiktive Kapital, also Eigentumstitel auf bzw. eine Beteiligung an das sich im Kapitalkreislauf befindliche industrielle Kapital, das – wie gehabt – seine Formwandlungen durchmacht. Damit einhergeht die Frage, ob hier der Handel mit Wertpapieren bzw. anderen Finanzprodukten gemeint ist und nicht das (Finanz-) Kapital selbst. <br />
<br />
Demirovic/Sablowski bezeichnen den aktuellen Kapitalismus angelehnt an den Thesen Jörg Huffschmidts, als »finanzdominiertes Akkumulationsregime«. Ihre Beobachtungen fokussieren sie auf die Reproduktionszyklen des Kapitals, wobei hier der von Karl Marx eröffnete Blickwinkel auf die Funktionen bzw. Formen des Kapitals dazu verwendet wird, die wirklichen Existenzformen des Kapitals zu beschreiben: „Der Zusammenhang der verschiedenen Kreisläufe gleicht einer auf dem Kopf stehenden Pyramide, bei der sich die Basis, der Kreislauf des industriellen Kapitals, relativ klein ausnimmt im Vergleich zu den darauf aufbauenden Kreisläufen des Finanzkapitals, das heißt des zinstragenden Kapitals, des fiktiven Kapitals und der Derivate.“ (Demirovic/Sablowski 2012, S.11)<br />
<br />
=== Keine Verschmelzung von Industrie- und Bankkapital ===<br />
Positionen, die entweder unterstellen, dass das Industriekapital von den Finanzmärkten (häufig wird der Begriff des Finanzkapitals alternativ zu Finanzmarkt benutzt) beherrscht wird oder genau andersherum eine solche Beherrschung in Frage stellen, argumentieren – explizit oder implizit – gegen die Verschmelzungsthese, da sie eben eine Trennung der beiden Kapitalformen unterstellen. <br />
<br />
Bei Guenther Sandleben können wir eine explizite Ablehnung der Verschmelzungsthese nachlesen: „Würde das Finanzkapital tatsächlich alle Kapitalformen einschließen, müssten natürlich auch die Kategorien entfallen, die auf der Eigenständigkeit jener Kapitalformen beruhen. So ist etwa Voraussetzung der Zinsbildung, dass sich Verleiher und fungierende Kapitalisten als Personifikation besonderer Kapitalsorten wirklich auf dem Kapitalmarkt gegenüberstehen, als Personen also, die unterschiedliche Rollen im Reproduktionsprozess spielen, oder in deren Hand dasselbe Kapital wirklich eine doppelte und gänzlich verschiedene Bewegung durchmacht: Der eine, der das Geld nur verleiht, der andere, der es im Reproduktionsprozess anwendet. Die mit dem Finanzkapital gesetzte Verschmelzung von Bank- und Industriekapital ist unvereinbar mit jeglicher Zinsbildung.“ (Sandleben 2003, S.54)<br />
<br />
=== Transnationales Kapital ===<br />
Ausgehend von der Zunahme des Handels, des Kapitalexports und damit verbunden, der Verlagerung von Produktion in andere Länder, gehen einige Autoren von einer Verflechtung des Kapitals aus, die sich auch in veränderten Eigentumsstrukturen niederschlage. So wird in Bezug auf Deutschland beispielsweise angenommen, dass ein Großteil der DAX-Konzerne mehrheitlich in ausländischer Hand sei. Auch auf den von der UNCTAD eingeführten und in den vergangenen Jahrzehnten gestiegenen „Transnationalisierungsindex“ wird hingewiesen. Durch die Entstehung eines solchen „transnationalen Kapitals“ seien zwar die Nationalstaaten nicht weniger wichtig geworden, hätten aber laut Listl ihre Rolle grundlegend geändert: „Nationale Konkurrenzen wie in früheren Kapitalismusformationen, etwa im Ersten oder Zweiten Weltkrieg, werden deshalb nicht wiederkehren“, sondern: „Für die neue Phase der neoliberalen Globalisierung ist kennzeichnend, daß die Nationalstaaten vor allem die Funktion haben, optimale Verwertungsbedingungen für das global operierende Kapital zu schaffen“. Die Nationalstaaten würden nun nicht mehr primär die Interessen nationaler Kapitalgruppen vertreten, sondern nur noch gegeneinander darum konkurrieren, den transnationalen Konzernen möglichst gute Verwertungsbedingungen zu bieten. Die Konzerne hätten keine Länder mehr als Heimatbasis, sondern richteten sich nach den jeweils besten Bedingungen für die Kapitalakkumulation. Konflikte gebe es in diesem System weiterhin, aber nicht mehr zwischen den imperialistischen Nationalstaaten, sondern im Sinne einer kollektiven Weltordnungsmacht, zu der sich alle entwickelten Länder gegen die Länder des „globalen Südens“ zusammengeschlossen hätten (vgl. Listl, Walter: Globalisierung des Kapitals, in: Junge Welt vom 22.7.2010). <br />
Eine Variante dieser Position vertritt auch die MLPD. Nach ihrer Analyse habe sich ein „allein herrschendes internationales Finanzkapital“ bzw. „internationale Übermonopole“ herausgebildet, die vom nationalen Monopolkapital zu unterscheiden seien. Ebenfalls seien die „internationalen Übermonopole“ dem nationalen Monopolkapital übergeordnet und würden „zunehmenden Krisenlasten“ auf dieses abwälzen. Daraus ergebe sich auch ein „Widerspruch zwischen den imperialistischen Nationalstaaten und zwischen den internationalen Übermonopolen“, der einer der fünf hauptsächlichen Widersprüche des heutigen Kapitalismus sei. <br />
Die staatstheoretische Implikation all dieser Auffassungen ist, dass der bürgerliche Staat nicht (mehr) fest mit einer bestimmten Bourgeoisie verbunden ist, sondern eine vom Kapital losgelöste Instanz, die nur noch im Interesse eines globalen Kapitals die Verwertungsbedingungen verwaltet. Im Falle der MLPD vertritt der bürgerliche Staat nur noch einen Teil des Kapitals, während der vom Nationalstaat losgelöste Teil des Kapitals versuche, sich den Staat zu unterwerfen. (Quelle?)<br />
<br />
Auch aus den Reihen der Gruppe GegenStandpunkt wird die These vertreten, dass der bürgerliche Staat einerseits ganz eindeutig die Kapitalisten der eigenen Nation stützt und schützt, andererseits aber auch ein Interesse daran hat das Kapital international agieren zu lassen (quasi aus einem eigene bürgerlich nationalstaatlichen Interesse heraus). Der bürgerliche Staat herrscht sozusagen über das Kapital und diktiert dessen „ökonomische Existenzbedingung“. (Decker/Hecker/Patrick 2016, S.116). Im Rahmen des Klärungsprozesses muss besser herausgearbeitet werden, ob diese These besagt, dass der nationale Charakter des Kapitals durch die Nationalstaaten, die ein eigenes ökonomisches Interesse haben, aber auch ökonomische Macht (Geldhoheit und Gewaltmonopol), sozusagen dem Kapital diktiert wird.<br />
<br />
Eine extreme Variante der Transnationalisierungsthese vertreten Autoren wie Michael Hardt, Antonio Negri oder William I. Robinson, die von einer völligen Ablösung des Kapitals von den Nationalstaaten und von der Auflösung der Nationalstaaten zugunsten einer deterritorialisierten Ökonomie mit globalisierter Produktion ausgehen. Hardt und Negri zufolge seien nicht mehr die Staaten souverän, sondern das globale Kapital selbst. Es gebe auch kein eindeutiges Machtzentrum mehr, sondern die Macht durchziehe alle gesellschaftlichen Bereiche (Hardt/Negri, 2002).<br />
<br />
=== Nationales Kapital ===<br />
Eine Gegenposition zur These des transnationalen Kapitals vertritt z.B. Beate Landefeld. Sie verweist darauf, dass ein mehrheitlich ausländischer Aktienbesitz eines Unternehmens aus verschiedenen Gründen noch nicht bedeuten muss, dass das Unternehmen durch das ausländische Kapital auch wirklich kontrolliert ist. Im Wesentlichen bleibe das deutsche Kapital weiterhin unter Kontrolle deutscher Kapitaleigner (Landefeld, Beate: Europäisiert sich die Bourgeoisie?, in: Marxistische Blätter 1/10). Jörg Goldberg und André Leisewitz argumentieren ähnlich, dass ausländische Aktionäre in vielen Fällen nicht nach Kontrolle über das Unternehmen streben würden, sondern sich lediglich für das Abschöpfen der Rendite interessieren würden. Dagegen blieben die Verbindungen der Unternehmen zur nationalstaatlich verfassten Politik weiterhin entscheidend (Goldberg/Leisewitz, 2013). Hier noch A.Wehr einfügen<br />
Günther Sandleben argumentiert, dass aus der Reproduktionsbewegung des Kapitals notwendig (historisch) ein Gesamtkapital herausbildet, das wiederum nur nationalen Charakter annehmen kann: „Das Kapital besitzt also neben seiner Gestalt als Einzelkapital eine eigenständige, makro-ökonomische Existenzweise. Es bildet zugleich das Gesamtkapital, wodurch die Bewegung der Einzelkapitale gesteuert wird. Allerdings taucht in unseren Alltagsvorstellungen der Begriff Gesamtkapital kaum auf. Man spricht stattdessen von der Volkswirtschaft eines Landes oder von einer Nationalökonomie.“ (Sandleben 2003, S.73)<br />
<br />
Eine Zwischenposition vertreten z.B. einige niederländische Autoren (Kees van der Pijl, Eelke Heemskerk, Meindert Fennema, Bastiaan van Apeldoorn usw.). Sie gehen davon aus, dass die Kapitalistenklasse weiterhin vor allem national ist, dass es aber vor allem in Westeuropa eine deutliche Tendenz hin zur Herausbildung einer transnationalen Kapitalistenklasse gebe. Diese machen sie an zunehmenden Verflechtungen der Aufsichtsratsmandate über nationale Grenzen hinweg fest, wodurch ein transnationales Netzwerk entstehe, das zur Entstehung gemeinsamer Sichtweisen in der Kapitalistenklasse beitrage. Jedoch widersprechen sie klar der Behauptung z.B. von Hardt/Negri, wonach Kapital und Herrschaftsverhältnisse nicht mehr an ein bestimmtes geografisches Territorium gebunden seien (vgl. z.B. Heemskerk, 2013).<br />
<br />
== Literatur zum Thema ==<br />
Decker, Peter/ Hecker, Konrad/ Patrick, Joseph: Das Finanzkapital, GegenStandpunkt Verlag München 2016<br />
<br />
Demirovic, Alex/ Sablowski, Thomas: Finanzdominierte Akkumulation und die Krise in Europa, In: Reihe ANALYSEN von der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Berlin 2012<br />
<br />
Hess, Peter: Das Finanzkapital – Eigentumsform der Produktivkraftentwicklung im gegenwärtigen Kapitalismus, in: IPW-Berichte 9/1989<br />
<br />
Institut für Marxistische Studien und Forschungen (IMSF) (Hrsg.): Das Monopol – ökonmischer Kern des heutigen Kapitalismus, Theoretische und aktuelle Gesichtspunkte der marxistisch-leninistischen Monopoltheorie, Frankfurt am Main 1976<br />
<br />
Klein, Dieter: Ökonomische Widersprüche im Kapitalismus, Berlin 1976<br />
<br />
Marxistische Gruppe (Vorläuferorganisation des Gegenstandpunkt): Ein aktueller, aber falscher Klassiker: Lenin, der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus., in: Marxistische Stu-dentenzeitung 3-1981. https://msz.gegenstandpunkt.com/artikel/lenin-der-imperialismus-als-h%C3%B6chstes-stadium-des-kapitalismus<br />
<br />
Kowalski, Reinhold: Die Kapitalismusforschung in der DDR, Ent- und Abwicklung, In: Krause, Günther / Luft, Christa / Steinitz, Klaus (Hrsg.): Wirtschaftstheorie in zwei Gesellschaftssystemen Deutschlands, Erfahrungen - Defizite - Herausforderungen, Karl Dietz Verlag Berlin 2011<br />
<br />
Sandleben, Guenther: Nationalökonomie und Staat, Zur Kritik der Theorie des Finanzkapitals, VSA-Verlag, Hamburg 2003<br />
<br />
Sandleben, Guenther: Mythos Bankenmacht, In: Junge Welt, 29.05.2012, S.10<br />
<br />
Wehr, Andreas: Griechenland, die Krise und der Euro, Köln 2010<br />
<br />
Paul Windolf: Was ist Finanzmarkt-Kapitalismus? In: Ders. (Hrsg.): Finanzmarkt-Kapitalismus. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie Sonderheft 45/2005, S. 20–57.<br />
<br />
Zeise, Lucas: Geld - der vertrackte Kern des Kapitalismus, Versuch über die politische Ökonomie des Finanzsektors, Köln 2010<br />
<br />
Zeise, Lucas: Finanzkapital, Köln 2019</div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Monopolisierung_und_Finanzkapital&diff=6492Monopolisierung und Finanzkapital2019-10-02T16:20:32Z<p>Mati: /* Finanzkapital gleich fiktives Kapital */</p>
<hr />
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<br />
== Überblick ==<br />
Hier geht es um den ökonomischen Kern des Kapitalismus in seinem imperialistischen Stadium: das Monopol bzw. die Monopolisierung als Folge der notwendigen Zentralisierung des Kapitals und die Herausbildung des Finanzkapitals als die wirkmächtige Verbindung des Industrie- und Bankkapitals bzw. produktives und Geldkapital. Kurz: Konzentration des Kapitals - Monopolisierung - Finanzkapital, ein stetig stattfindender Prozess im Laufe der kapitalistischen Geschichte.<br />
Einige begriffliche Voraussetzungen zuerst:<br />
Als erstes unterscheidet Marx die Formen des Kapitals, die sich aus dem Kapitalkreislauf (Warenproduktion und Warenzirklulation) ergeben: Geldkapital, produktives Kapital und Warenkapital. Diese Ebene der Betrachtung sagt noch nichts aus über das Eigentum an Kapital. War es historisch so, dass jeder einzelne industrielle Kapitalist alle Formwandlungen des Kapitals in seiner Kontrolle durchlaufen konnte? Entwickelten sich Handelskapitalisten durch Besitz von Waren (Warenkapital) und / oder Geld zu Bank- und Handelskapitalisten, industrielle Kapitalisten aber auch ebenso durch Akkumulation wiederum zu Bank- und Handelskapitalisten? Im Kapitalkreislauf (Einsatz von Geldkapital in Produktionsmittel und Arbeitskraft, Produktion von Waren, Umsatz von Warenkapital in Geldkapital) also macht das Kapital Formwandlungen durch. Ob und in welchem Maße nun diese verschiedenen Kapitalformen historisch durch industrielle Kapitalisten, Bankkapitalisten, Handelskapitalisten oder den kapitalistischen Staat vertreten werden, ist Sache der konkreten historischen Untersuchung und keine theoretische Frage.<br />
Wenn wir uns nun hier mit der Frage der notwendigen Verschmelzung von Industrie- und Bankkapital zum Finanzkapital als Folge der Monopolisierung (und diese wiederum als notwendige Folge der Konzentration und Zentralisation des Kapitals) beschäftigen, geht es um eine historische Betrachtung. Diese historische Entwicklung tendiert zunehmend zur Vergesellschaftung, das heisst: immer größere Monopole verwalten den gesellschaftlich produzierten Mehrwert, das gesamtgesellschaftliche Kapital in fortschreitend zentralisierterer Form. Die unterschiedlichen Kapitalisten, Bank-, Industrie, Handelskapitalisten (letztere historisch betrachtet zunehmend bedeutungsloser), binden durch gegenseitige Beteiligungen (mittels ihres in Form von Geldkapital angehäuftem gesellschaftlichen Mehrwert) ihre Kapitale zusammen, um die notwendigen Investitionen in den unterschiedlichen Bereichen der gesellschaftlichen Mehrwertproduktion, zu gewährleisten. <br />
<br />
Beide Kategorien, Monopolisierung und Finanzkapital, sind jedoch umstritten. Die unterschiedlichen Positionen sollen in einem ersten Aufschlag hier vorgestellt werden und die Grundlage für weitere Vertiefungen und Untersuchungen bieten.<br />
Im Mittelpunkt der Debatte geht es um die Fragen: Ist die stattfindende Monopolisierung von Kapitalen eine zwangsläufige und gesetzmäßige Entwicklung des Kapitalismus der freien Konkurrenz? Und daraus folgend: befinden wir uns daher heute noch in einem Kapitalismus der freien Konkurrenz, in der sich einige Konzerne zwar durchgesetzt haben, denen aber keine dauerhafte Charakterisierung als Monopol zugeschrieben werden kann?<br />
Des Weiteren ist so ähnlich wie „Imperialismus“ der Begriff des Finanzkapitals, sowohl in der kommunistischen Bewegung, als auch in der marxistisch orientierten Akademie ungeklärt. Ungeklärt in dem Sinne, dass er erstens sehr unterschiedlich verwendet wird, zweitens auch im empirischen Sinne. <br />
Ob die verschiedenen Auffassungen der Wirklichkeit standhalten, wird zu überprüfen sein. Ohne eine empirische Auseinandersetzung werden wir den Dissens nicht lösen können.<br />
In dem hier gesetzten Rahmen wird es zunächst einmal darum gehen, den Dissens überhaupt zu begreifen, also die verschiedenen Ansätze und Positionen darzulegen. Der hier gemachte Aufschlag kann nur ein erster Schritt sein, um sich einen Überblick, wenn auch keinen allumfassenden, zu verschaffen. In einem zweiten Schritt wird in der Arbeitsgruppe die ausführlichere Darlegung der Positionen stattfinden.<br />
<br />
=== Monopolisierung als gesetzmäßige Tendenz im Kapitalismus ===<br />
Die Grundlagen der ökonomischen Analyse des Kapitalismus als monopolistischer Kapitalismus ist die Erkenntnis der grundlegenden Gesetze der kapitalistischen Produktionsweise, der Konzentration und Zentralisation des Kapitals. Außerdem die daraus folgende Akkumulation und die steigende organische Zusammensetzung des Kapitals, darauf aufbauend der zunehmende gesellschaftliche Charakter der Produktivkräfte, der im Widerspruch zur privaten Aneignung, dem Wert- und dem Mehrwertgesetz, der Fall der Profitrate usw. steht. <br />
Die Momente des Übergangs zum imperialistischen Stadium sind schon bei Marx und Engels herausgearbeitet worden. Diese Momente des Übergangs sind u. a. die zunehmende Rolle des Gesellschaftskapitals (in Form der Aktiengesellschaften, Trennung Kapitalfunktion und Kapitaleigentum), die zunehmende Bedeutung des Kredits, die Entstehung von Monopolen und einer Finanzoligarchie, die strukturelle Überakkumulation und die Zunahme des Kapitalexports. Der Umschlag von der freien Konkurrenz ins Monopol ist das Merkmal des neuen Stadiums des Kapitalismus und seine unterschiedlichen Erscheinungen und Phänomene sind darauf zurückzuführen. Die Gesetzmäßigkeiten der kapitalistischen Produktionsweise werden dadurch nicht aufgehoben, aber das Gesetz der Durchschnittsprofitrate als Regulator der Produktion und Profitverteilung durchbrochen. Das moderne Monopol verfügt, aufgrund seiner Beherrschung von Reproduktionszusammenhängen, über ökonomische, soziale und politische Macht und Gewalt. <br />
<br />
Es gibt eine Reihe von Positionen, die eine Trennung des Stadiums des Imperialismus von dem der freien Konkurrenz vornehmen und verneinen, dass es sich um monopolistischen Kapitalismus handelt. Dabei werden Lenins Ansichten und Analysen als Widerspruch zu den theoretischen Auffassungen im Kapital von Karl Marx betrachtet. Zu dieser Strömung gehören zum Beispiel die „Neue Marx-Lektüre“, die Werttheoretiker, der Gegenstandpunkt und andere weitestgehend akademische Debatten. Diese Strömungen unterscheiden sich zwar in Eckpunkten, sind sich aber in der Trennung von Marx und Lenin einig. <br />
Die Analyse, dass aus der Konzentration und Zentralisation die Monopolbildung folgt und demnach die Entwicklung des Kapitalismus aus dem Stadium der freien Konkurrenz in das des Monopols, wird abgelehnt. <br />
Eine historische Tendenz zur Zunahme dieser Phänomene wird verneint. Die Bildung von Monopolen wird teilweise als Mittel der Kapitale gesehen, sich in der immer noch bestehenden freien Konkurrenz gegenüber anderen Kapitalen zu bewähren. Die Neue Marx-Lektüre und der Gegenstandpunkt (GSP) unterscheiden sich in einigen Punkten, lehnen beide aber die Entwicklung des Kapitalismus zum Monopolkapitalismus ab. Die Rolle des Staates ist aus Sicht des Gegenstandpunkts dabei eine, die über der Ökonomie steht: <br />
Er treibt, um selbst in der internationalen Konkurrenz zu bestehen, die Monopolisierung voran. Der Staat instrumentalisiere damit die Ökonomie für „seine Zwecke" (Marxistische Gruppe, 1981). <br />
Die Bankenmacht sei eine Illusion, so argumentiert auch Guenther Sandleben. Die von Hilferding und auch von Lenin behauptete besondere Stellung der Banken stellt er in Frage und relativiert die Rolle der Banken als Vermittler des Geldkapitals. Ob er und vielleicht auch andere die Zentralisierungsbewegung im Bankensektor und damit deren Monopolisierung in Frage stellen, soll im Rahmen der weiteren Bearbeitung Gegenstand der Untersuchung sein.<br />
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=== Zur Geschichte des Begriffes Finanzkapital ===<br />
Der Begriff des Finanzkapitals wurde von Rudolf Hilferding in den Marxismus eingeführt. Gleich bei der Veröffentlichung hat Kautsky einiges an Kritik angemeldet. Umstritten war er also von Anbeginn. Lenin übernimmt den Begriff, auch wenn er dann auf seine Unzulänglichkeiten hinweist und ihn um den Aspekt der dem Finanzkapital zugrundeliegenden notwendigen Monopolisierung erweitert. Nach Lenins Schrift scheinen sich vor allem zwei Richtungen der Interpretation zu entwickeln, die bis heute in unterschiedlichster Weise noch existent sind. Jedoch muss die Arbeit im Klärungsprozess auch darin bestehen herauszuarbeiten, ob diese grobe Unterteilung zutrifft oder nicht oder ob sich weitere Ansätze entwickelt haben, die hier nicht richtig oder gar nicht eingeordnet sind bzw. eingeordnet werden können. Die zwei Ansätze die hier zur groben Einteilung der verschiedenen Positionen eine Orientierung geben sollen, sind folgende: <br />
Der erste Ansatz geht davon aus, dass das Finanzkapital das monopolisierte Kapital, das in der Produktion angelegt ist, also das „Kapital in der Verfügung der Banken und in der Verwendung der Industriellen“ (Hilferding1973, S.?). Diese Position ist aus den Referaten und Positionen innerhalb der KI (Kommunistische Internationale), in der SU (Sowjetunion) und auch in der DDR zu finden und baut grundsätzlich auf die Thesen Hilferdings und Lenins auf. Aufbauend darauf entsteht die Theorie des [[Monopole und Staat#Staatsmonopolistischer Kapitalismus|staatsmonopolistischen Kapitalismus]]. <br />
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Der zweite Ansatz geht davon aus, dass das Finanzkapital das Kapital ist, das lediglich in den Finanzmärkten kursiert und nimmt entweder explizit oder implizit eine Position gegen die Verschmelzungsthese ein. <br />
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Heute finden wir Versatzstücke beider Ansätze in einzelnen Positionen und unzählige Ausdifferenzierungen in Detailfragen. Wir müssen davon ausgehen, dass dieser Zustand auf die Krise des Kommunismus, vor allem auf den Revisionismus, zurückzuführen ist. Gleichzeitig ist das Eindringen der bürgerlichen Ideologie und die Befassung mit dieser Frage in der bürgerlichen Akademie durch zahlreiche marxistisch gesinnte Akademiker ein weiterer Grund für den bunten Strauß an Erklärungsansätzen, der uns heute präsentiert wird. Die so genannten Globalisierungstheoretiker sind hier als Beispiel zu nennen.<br />
Die hier vorgeschlagene Systematisierung ist wie folgt: Lenins Begriff des Finanzkapitals wird als Ausgangspunkt genommen. Alle anderen Positionen werden dann dazu ins Verhältnis gesetzt.<br />
<br />
=== Lenins Begriff des Finanzkapitals ===<br />
Die in der kapitalistischen Entwicklung gesetzmäßigen Konzentrationsprozesse in der Produktion und dann auch des Bankkapitals führen zur Monopolisierung in der Industrie und im Bankensektor. Die Monopolisierung führt zur Verschmelzung von Industrie- und Bankkapital. Lenin schreibt: „Konzentration der Produktion, daraus erwachsende Monopole, Verschmelzen oder Verwachsen der Banken mit der Industrie - das ist die Entstehungsgeschichte des Finanzkapitals und der Inhalt dieses Begriffs.“ (LW Bd.22, S.230) Aufbauend auf folgende Aussage Hilferdings wendet Lenin seine Hauptaufmerksamkeit dem so genannten »Beteiligungssystem« bzw. »Beteiligungsgesellschaft«: „Ein immer wachsender Teil des Kapitals der Industrie gehört nicht den Industriellen, die es anwenden. Sie erhalten die Verfügung über das Kapital nur durch die Bank, die ihnen gegenüber den Eigentümer vertritt. Andererseits muß die Bank einen immer wachsenden Teil ihrer Kapitalien in der Industrie fixieren. Sie wird damit in immer größerem Umfang industrieller Kapitalist. Ich nenne das Bankkapital, also Kapital in Geldform, das auf diese Weise in Wirklichkeit in industrielles Kapital verwandelt ist, das Finanzkapital.“ (Hilferding 1973, S.) Lenin legt die tatsächlich vor sich gehende Verschmelzung durch ein weit verzweigtes Netz von Beteiligungen dar, die dem Monopolkapital die Kommandohoheit über immer größere Teile der Nationalökonomie sichert. Die am häufigsten anzutreffende, juristische Form einer Beteiligungsgesellschaft ist die Aktiengesellschaft. Aus den Ausführungen Lenins ist ersichtich, dass er das Finanzkapital am Aufkommen von Wertpapieren in den jeweiligen Nationalstaaten misst: „Diese vier Länder (damit sind England, Frankreich, Vereinigte Staaten und Deutschland gemeint, Anm. d. Redaktion) zusammen besitzen 479 Millarden Francs (das ist die Summe der Wertpapiere in diesen Ländern im Jahre 1910, Anm.d.Redaktion), d.h. nahezu 80 % des Weltfinanzkapitals. Fast die ganze übrige Welt spielt so oder anders die Rolle des Schuldners und Tributpflichtigen dieser Länder - der internationalen Bankiers, dieser vier »Säulen« des Weltfinanzkapitals.“ (LW, Bd 22, S.243/244). Das Kapital wiederum, das in Form von Wertpapieren existiert, ist fiktives Kapital. Dazu Karl Marx: „Die Aktien von Eisenbahn-, Bergwerks-, Schiffahrts- etc. Gesellschaften stellen wirkliches Kapital vor, nämlich das in diesen Unternehmungen angelegte oder fungierende Kapital oder die Geldsumme, welche von den Teilhabern vorgeschossen ist, um als Kapital in solches Unternehmungen verausgabt zu werden. Wobei keineswegs ausgeschlossen ist, dass sie auch bloßen Schwindel vorstellen. Aber dies Kapital existiert nicht doppelt, einmal als Kapitalwert der Eigentumstitel, der Aktien, und das andre Mal als das in jenen Unternehmungen wirklich angelegte oder anzulegende Kapital. Es existiert nur in jener letztern Form, und die Aktie ist nichts als ein Eigentumstitel, pro rata, auf den durch jenes zu realisierenden Mehrwert. A mag diesen Titel an B, und B ihn an C verkaufen. Diese Transaktionen ändern nichts an der Natur der Sache. A oder B hat dann seinen Titel in Kapital aber C sein Kapital in einen bloßen Eigentumstitel auf den von dem Aktienkapital zu erwartenden Mehrwert verwandelt.“ (Karl Marx, Das Kapital Band III, S. 484/485)<br />
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Ein weiterer wichtiger Aspekt des Begriffes Finanzkapital ist der Zusammenhang mit der politischen Organisation der Kapitalistenklasse, des Staates. Dazu schreibt Lenin: „Die Epoche des jüngsten Kapitalismus zeigt uns, daß sich unter den Kapitalistenverbänden bestimmte Beziehungen herausbilden auf dem Boden der ökonomischen Aufteilung der Welt, daß sich aber daneben und im Zusammenhang damit zwischen den politischen Verbänden, den Staaten, bestimmte Beziehungen herausbilden auf dem Boden der territorialen Aufteilung der Welt, des Kampfes um Kolonien, »des Kampfes um das Wirtschaftsgebiet«.“ (LW, Bd 22, S.258) Alle weiteren, historisch-konkreten Ausführungen Lenins und seine Kritik an Kautsky zeigen deutlich, dass das so genannte Weltfinanzkapital sich in nationale Kapitalistenverbände aufteilt, die wiederum durch ihre politische Organisation in Form von Nationalstaaten, ihre Rivalitäten bezüglich der Neuaufteilung der Welt ausfechten. <br />
Zwei Entwicklungstendenzen werden ausgemacht: eine ausgeweitete Internationalisierung des Finanzkapitals, im Sinne der erhöhten Aktivität und Konzentration auf internationaler Ebene, - eine Tendenz, die zu vermehrter internationaler Organisation des Kapitals führen muss. Und auf der anderen Seite verschärfte Konkurrenz zwischen den nationalstaatlich organisierten Kapitalistenverbände um Rohstoff- und Wirtschaftsgebiete. Letztlich wird aber trotz der notwendigen Internationalisierung, im Sinne von Zusammenarbeit verschiedener Kapitalistenverbände in internationalen und regionalen Zusammenschlüssen wie Trusts, Kartelle etc., die sich zuspitzende Konkurrenz, wenn nicht durch Kauf, dann nur durch Gewaltmaßnahmen, also durch das Militär, gelöst werden können. <br />
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Der Begriff des Finanzkapitals in der Kommunistischen Internationale, in der Sowjetunion und den sozialistischen Ländern knüpft weitestgehend an Lenins Auffassungen an. Ab wann und in welcher Weise Differenzen und / oder Revisionen des Leninschen Begriffs von Finanzkapital auftauchen, wird eine Aufgabe der Untersuchungen im Rahmen des Klärungsprozesses sein. In der DDR haben sich einige Ökonomen der historisch-konkreten Analyse des Kapitalismus gewidmet. Ihre Arbeiten müssen wir heranziehen, um ein tieferes Verständnis für den Begriff des Finanzkapitals zu entwi-ckeln und nachzuprüfen, ob er den Realitäten standhält. <br />
<br />
=== Finanzkapital gleich fiktives Kapital ===<br />
Es gibt zahlreiche Autoren, die den Begriff Finanzkapital in Anlehnung an Hilferding und Lenin benutzen. Bei der näheren Betrachtung stellt sich jedoch die Frage, inwiefern das Finanzkapital trotz des positiven Bezugs auf den Leninschen Begriff alternativ als Geldkapital oder Bankkapital verwendet wird. Eine solche Anwendung des Begriffes kann dann unterstellt werden, wenn in den Ausführungen z.B. eine Trennung zwischen Industriekapital und dem Finanzkapital bzw. Bankkapital vorgenommen wird.<br />
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Andreas Wehr stellt hierzu fest, dass durch die hervorstechende Rolle der Finanzmärkte der falsche Schein einer Verselbständigung entstehen kann, die der Verschmelzungsthese zu widersprechen scheint (Wehr 2010, S.28), weist aber mit Bezugnahme auf die Arbeiten von Hess darauf hin, dass Finanzmarkttransaktionen letztlich auch „in einem erheblichen Maße der Ermöglichung bzw. der Fortsetzung der Produktion auf monopolkapitalistischer Stufe“ dienen. (Wehr 2010, S.29) Das zur Finanzierung der Produktion im Allgemeinen gesammelte, verwaltete, verliehene Geld also, erscheine auf den Finanzmärkten (dort, wo es gehandelt wird) als von der Industrie losgelöst (verselbständigt), dies aber sei nur ein Scheinwiderspruch zur Verschmelzungsthese, da diese Finanzmittel direkte (z.B. als Aktien/Wertpapiere) oder indirekt (als Kredit) in der Produktion eingesetzt werden und Ansprüche durch entweder Dividende oder Zins auf den dort produzierten Mehrwert erheben. So verstanden, wäre Finanzkapital das miteinander zusammenfließende, von den Banken (auch Investmentbanken) vermittelte monopolisierte Kapital. <br />
Wehr weist jedoch auch darauf hin, dass große Banken (wie die Deutsche Bank) zunehmend ihre Beteiligungen an Industrieunternehmen aufgeben. Er stellt die These auf, dass trotz dieser Entwicklung die Macht der Banken nicht abgenommen hätte. Hier ist die Frage, ob die Verschmelzungsthese lediglich durch die Beteiligung der Banken an den Industrieunternehmen selbst abzulesen ist oder ob die durch Banken vermittelte Kapitalbeschaffung für Beteiligungs-, bzw. Aktiengesellschaften. Zu beobachten sei eine weitere personelle Verflechtung mit der Industrie, so Wehr, was zeige, dass die Verschmelzung trotz der geringeren Beteiligung der Banken an Industrieunternehmen noch weiter existiere. Diese Beobachtungen und Schlussfolgerungen werfen Fragen auf:<br />
Ist das Finanzkapital als verwachsenes Bank- und Industriekapital vor allem in der Form des fiktiven Kapitals, also im weitesten Sinne in Form von Wertpapieren (siehe oben Lenin zu Beteili-gungsgesellschaften) real anzutreffen? Ist demzufolge das den Aktiengesellschaften zur Verfügung stehende Kapital das Finanzkapital?<br />
Oder kann die personelle Verflechtung von Banken und Industrie als Indiz für die Verschmelzungsthese dienen oder ist die personelle Verflechung ‚nur’ eine Konsequenz aus der gegenseitigen Verwicklung der Kapitale? Ist desweiteren eine Entflechtung bzw. Trennung von Industrie- und Bankkapital möglich und wäre dann die These nach einer notwendigen Entwicklungstendenz zum Finanzkapital nicht haltbar?<br />
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Lucas Zeise umschreibt in seinem 2019 erschienen Buch mit dem Titel Finanzkapital: „Es (das Finanzkapital, Anm. BolscheWiki) wird dabei als die Verbindung des oben definierten Geldkapitals mit dem (Industrie)-Kapital bezeichnet, das durch die Ausbeutung der Arbeitskräfte Waren produziert, die Wert und Mehrwert repräsentieren. (…) Die Verbindung des alten Geldkapitals, kurz der Banken, mit dem erst im Kapitalismus massenhaft auftretenden Industriekapital übernimmt als monopolistisches Kapitals die Macht in Gesellschaft und Staat. Das ist die hier vertretene Grundthese wie auch bei Rudolf Hilferding und Wladimir I. Lenin.“ (Lucas Zeise 2019, S.57/58) Er empfiehlt dabei als Kennzeichnung der Epoche des Imperialismus den Begriff Finanzkapitalismus. Nach Zeise ist das Finanzkapital im Laufe der letzten Jahrzehnte finanzieller geworden und meint damit, dass es vermehrt in Form des Geldkapitals in Erscheinung tritt. Hier muss die Frage aufgeworfen werden, ob diese Vorstellung beinhaltet, dass mit Finanzkapital das Geldkapital an sich gemeint ist, oder das fiktive Kapital, also Eigentumstitel auf bzw. eine Beteiligung an das sich im Kapitalkreislauf befindliche industrielle Kapital, das – wie gehabt – seine Formwandlungen durchmacht. Damit einhergeht die Frage, ob hier der Handel mit Wertpapieren bzw. anderen Finanzprodukten gemeint ist und nicht das (Finanz-) Kapital selbst. <br />
<br />
Demirovic/Sablowski bezeichnen den aktuellen Kapitalismus angelehnt an den Thesen Jörg Huffschmidts, als »finanzdominiertes Akkumulationsregime«. Ihre Beobachtungen fokussieren sie auf die Reproduktionszyklen des Kapitals, wobei hier der von Karl Marx eröffnete Blickwinkel auf die Funktionen bzw. Formen des Kapitals dazu verwendet wird, die wirklichen Existenzformen des Kapitals zu beschreiben: „Der Zusammenhang der verschiedenen Kreisläufe gleicht einer auf dem Kopf stehenden Pyramide, bei der sich die Basis, der Kreislauf des industriellen Kapitals, relativ klein ausnimmt im Vergleich zu den darauf aufbauenden Kreisläufen des Finanzkapitals, das heißt des zinstragenden Kapitals, des fiktiven Kapitals und der Derivate.“ (Demirovic/Sablowski 2012, S.11)<br />
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=== Keine Verschmelzung von Industrie- und Bankkapital ===<br />
Positionen, die entweder unterstellen, dass das Industriekapital von den Finanzmärkten (häufig wird der Begriff des Finanzkapitals alternativ zu Finanzmarkt benutzt) beherrscht wird oder genau andersherum eine solche Beherrschung in Frage stellen, argumentieren – explizit oder implizit – gegen die Verschmelzungsthese, da sie eben eine Trennung der beiden Kapitalformen unterstellen. <br />
<br />
Bei Guenther Sandleben können wir eine explizite Ablehnung der Verschmelzungsthese nachlesen: „Würde das Finanzkapital tatsächlich alle Kapitalformen einschließen, müssten natürlich auch die Kategorien entfallen, die auf der Eigenständigkeit jener Kapitalformen beruhen. So ist etwa Voraussetzung der Zinsbildung, dass sich Verleiher und fungierende Kapitalisten als Personifikation besonderer Kapitalsorten wirklich auf dem Kapitalmarkt gegenüberstehen, als Personen also, die unterschiedliche Rollen im Reproduktionsprozess spielen, oder in deren Hand dasselbe Kapital wirklich eine doppelte und gänzlich verschiedene Bewegung durchmacht: Der eine, der das Geld nur verleiht, der andere, der es im Reproduktionsprozess anwendet. Die mit dem Finanzkapital gesetzte Verschmelzung von Bank- und Industriekapital ist unvereinbar mit jeglicher Zinsbildung.“ (Sandleben 2003, S.54)<br />
<br />
=== Transnationales Kapital ===<br />
Ausgehend von der Zunahme des Handels, des Kapitalexports und damit verbunden, der Verlagerung vom Produktion in andere Länder, gehen einige Autoren von einer Verflechtung des Kapitals aus, die sich auch in veränderten Eigentumsstrukturen niederschlage. So wird in Bezug auf Deutschland beispielsweise angenommen, dass ein Großteil der DAX-Konzerne mehrheitlich in ausländischer Hand sei. Auch auf den von der UNCTAD eingeführten und in den vergangenen Jahrzehnten gestiegenen „Transnationalisierungsindex“ wird hingewiesen. Durch die Entstehung eines solchen „transnationalen Kapitals“ seien zwar die Nationalstaaten nicht weniger wichtig geworden, hätten aber laut Listl ihre Rolle grundlegend geändert: „Nationale Konkurrenzen wie in früheren Kapitalismusformationen, etwa im Ersten oder Zweiten Weltkrieg, werden deshalb nicht wiederkehren“, sondern: „Für die neue Phase der neoliberalen Globalisierung ist kennzeichnend, daß die Nationalstaaten vor allem die Funktion haben, optimale Verwertungsbedingungen für das global operierende Kapital zu schaffen“. Die Nationalstaaten würden nun nicht mehr primär die Interessen nationaler Kapitalgruppen vertreten, sondern nur noch gegeneinander darum konkurrieren, den transnationalen Konzernen möglichst gute Verwertungsbedingungen zu bieten. Die Konzerne hätten keine Länder mehr als Heimatbasis, sondern richteten sich nach den jeweils besten Bedingungen für die Kapitalakkumulation. Konflikte gebe es in diesem System weiterhin, aber nicht mehr zwischen den imperialistischen Nationalstaaten, sondern im Sinne einer kollektiven Weltordnungsmacht, zu der sich alle entwickelten Länder gegen die Länder des „globalen Südens“ zusammengeschlossen hätten (vgl. Listl, Walter: Globalisierung des Kapitals, in: Junge Welt vom 22.7.2010). <br />
Eine Variante dieser Position vertritt auch die MLPD. Nach ihrer Analyse habe sich ein „allein herrschendes internationales Finanzkapital“ bzw. „internationale Übermonopole“ herausgebildet, die vom nationalen Monopolkapital zu unterscheiden seien. Ebenfalls seien die „internationalen Übermonopole“ dem nationalen Monopolkapital übergeordnet und würden „zunehmenden Krisenlasten“ auf dieses abwälzen. Daraus ergebe sich auch ein „Widerspruch zwischen den imperialistischen Nationalstaaten und zwischen den internationalen Übermonopolen“, der einer der fünf hauptsächlichen Widersprüche des heutigen Kapitalismus sei. <br />
Die staatstheoretische Implikation all dieser Auffassungen ist, dass der bürgerliche Staat nicht (mehr) fest mit einer bestimmten Bourgeoisie verbunden ist, sondern eine vom Kapital losgelöste Instanz, die nur noch im Interesse eines globalen Kapitals die Verwertungsbedingungen verwaltet. Im Falle der MLPD vertritt der bürgerliche Staat nur noch einen Teil des Kapitals, während der vom Nationalstaat losgelöste Teil des Kapitals versuche, sich den Staat zu unterwerfen. (Quelle?)<br />
<br />
Auch aus den Reihen der Gruppe GegenStandpunkt wird die These vertreten, dass der bürgerliche Staat einerseits ganz eindeutig die Kapitalisten der eigenen Nation stützt und schützt, andererseits aber auch ein Interesse daran hat das Kapital international agieren zu lassen (quasi aus einem eigene bürgerlich nationalstaatlichen Interesse heraus). Der bürgerliche Staat herrscht sozusagen über das Kapital und diktiert dessen „ökonomische Existenzbedingung“. (Decker/Hecker/Patrick 2016, S.116). Im Rahmen des Klärungsprozesses muss besser herausgearbeitet werden, ob diese These besagt, dass der nationale Charakter des Kapitals durch die Nationalstaaten, die ein eigenes ökonomisches Interesse haben, aber auch ökonomische Macht (Geldhoheit und Gewaltmonopol), sozusagen dem Kapital diktiert wird.<br />
<br />
Eine extreme Variante der Transnationalisierungsthese vertreten Autoren wie Michael Hardt, Antonio Negri oder William I. Robinson, die von einer völligen Ablösung des Kapitals von den Nationalstaaten und von der Auflösung der Nationalstaaten zugunsten einer deterritorialisierten Ökonomie mit globalisierter Produktion ausgehen. Hardt und Negri zufolge seien nicht mehr die Staaten souverän, sondern das globale Kapital selbst. Es gebe auch kein eindeutiges Machtzentrum mehr, sondern die Macht durchziehe alle gesellschaftlichen Bereiche (Hardt/Negri, 2002). <br />
<br />
=== Nationales Kapital ===<br />
Eine Gegenposition zur These des transnationalen Kapitals vertritt z.B. Beate Landefeld. Sie verweist darauf, dass ein mehrheitlich ausländischer Aktienbesitz eines Unternehmens aus verschiedenen Gründen noch nicht bedeuten muss, dass das Unternehmen durch das ausländische Kapital auch wirklich kontrolliert ist. Im Wesentlichen bleibe das deutsche Kapital weiterhin unter Kontrolle deutscher Kapitaleigner (Landefeld, Beate: Europäisiert sich die Bourgeoisie?, in: Marxistische Blätter 1/10). Jörg Goldberg und André Leisewitz argumentieren ähnlich, dass ausländische Aktionäre in vielen Fällen nicht nach Kontrolle über das Unternehmen streben würden, sondern sich lediglich für das Abschöpfen der Rendite interessieren würden. Dagegen blieben die Verbindungen der Unternehmen zur nationalstaatlich verfassten Politik weiterhin entscheidend (Goldberg/Leisewitz, 2013). Hier noch A.Wehr einfügen<br />
Günther Sandleben argumentiert, dass aus der Reproduktionsbewegung des Kapitals notwendig (historisch) ein Gesamtkapital herausbildet, das wiederum nur nationalen Charakter annehmen kann: „Das Kapital besitzt also neben seiner Gestalt als Einzelkapital eine eigenständige, makro-ökonomische Existenzweise. Es bildet zugleich das Gesamtkapital, wodurch die Bewegung der Einzelkapitale gesteuert wird. Allerdings taucht in unseren Alltagsvorstellungen der Begriff Gesamtkapital kaum auf. Man spricht stattdessen von der Volkswirtschaft eines Landes oder von einer Nationalökonomie.“ (Sandleben 2003, S.73)<br />
<br />
Eine Zwischenposition vertreten z.B. einige niederländische Autoren (Kees van der Pijl, Eelke Heemskerk, Meindert Fennema, Bastiaan van Apeldoorn usw.). Sie gehen davon aus, dass die Kapitalistenklasse weiterhin vor allem national ist, dass es aber vor allem in Westeuropa eine deutliche Tendenz hin zur Herausbildung einer transnationalen Kapitalistenklasse gebe. Diese machen sie an zunehmenden Verflechtungen der Aufsichtsratsmandate über nationale Grenzen hinweg fest, wodurch ein transnationales Netzwerk entstehe, das zur Entstehung gemeinsamer Sichtweisen in der Kapitalistenklasse beitrage. Jedoch widersprechen sie klar der Behauptung z.B. von Hardt/Negri, wonach Kapital und Herrschaftsverhältnisse nicht mehr an ein bestimmtes geografisches Territorium gebunden seien (vgl. z.B. Heemskerk, 2013).<br />
<br />
== Literatur zum Thema ==<br />
Decker, Peter/ Hecker, Konrad/ Patrick, Joseph: Das Finanzkapital, GegenStandpunkt Verlag München 2016<br />
<br />
Demirovic, Alex/ Sablowski, Thomas: Finanzdominierte Akkumulation und die Krise in Europa, In: Reihe ANALYSEN von der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Berlin 2012<br />
<br />
Hess, Peter: Das Finanzkapital – Eigentumsform der Produktivkraftentwicklung im gegenwärtigen Kapitalismus, in: IPW-Berichte 9/1989<br />
<br />
Institut für Marxistische Studien und Forschungen (IMSF) (Hrsg.): Das Monopol – ökonmischer Kern des heutigen Kapitalismus, Theoretische und aktuelle Gesichtspunkte der marxistisch-leninistischen Monopoltheorie, Frankfurt am Main 1976<br />
<br />
Klein, Dieter: Ökonomische Widersprüche im Kapitalismus, Berlin 1976<br />
<br />
Marxistische Gruppe (Vorläuferorganisation des Gegenstandpunkt): Ein aktueller, aber falscher Klassiker: Lenin, der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus., in: Marxistische Stu-dentenzeitung 3-1981. https://msz.gegenstandpunkt.com/artikel/lenin-der-imperialismus-als-h%C3%B6chstes-stadium-des-kapitalismus<br />
<br />
Kowalski, Reinhold: Die Kapitalismusforschung in der DDR, Ent- und Abwicklung, In: Krause, Günther / Luft, Christa / Steinitz, Klaus (Hrsg.): Wirtschaftstheorie in zwei Gesellschaftssystemen Deutschlands, Erfahrungen - Defizite - Herausforderungen, Karl Dietz Verlag Berlin 2011<br />
<br />
Sandleben, Guenther: Nationalökonomie und Staat, Zur Kritik der Theorie des Finanzkapitals, VSA-Verlag, Hamburg 2003<br />
<br />
Sandleben, Guenther: Mythos Bankenmacht, In: Junge Welt, 29.05.2012, S.10<br />
<br />
Wehr, Andreas: Griechenland, die Krise und der Euro, Köln 2010<br />
<br />
Paul Windolf: Was ist Finanzmarkt-Kapitalismus? In: Ders. (Hrsg.): Finanzmarkt-Kapitalismus. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie Sonderheft 45/2005, S. 20–57.<br />
<br />
Zeise, Lucas: Geld - der vertrackte Kern des Kapitalismus, Versuch über die politische Ökonomie des Finanzsektors, Köln 2010<br />
<br />
Zeise, Lucas: Finanzkapital, Köln 2019</div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Monopolisierung_und_Finanzkapital&diff=6491Monopolisierung und Finanzkapital2019-10-02T15:53:37Z<p>Mati: /* Finanzkapital gleich fiktives Kapital */</p>
<hr />
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== Überblick ==<br />
Hier geht es um den ökonomischen Kern des Kapitalismus in seinem imperialistischen Stadium: das Monopol bzw. die Monopolisierung als Folge der notwendigen Zentralisierung des Kapitals und die Herausbildung des Finanzkapitals als die wirkmächtige Verbindung des Industrie- und Bankkapitals bzw. produktives und Geldkapital. Kurz: Konzentration des Kapitals - Monopolisierung - Finanzkapital, ein stetig stattfindender Prozess im Laufe der kapitalistischen Geschichte.<br />
Einige begriffliche Voraussetzungen zuerst:<br />
Als erstes unterscheidet Marx die Formen des Kapitals, die sich aus dem Kapitalkreislauf (Warenproduktion und Warenzirklulation) ergeben: Geldkapital, produktives Kapital und Warenkapital. Diese Ebene der Betrachtung sagt noch nichts aus über das Eigentum an Kapital. War es historisch so, dass jeder einzelne industrielle Kapitalist alle Formwandlungen des Kapitals in seiner Kontrolle durchlaufen konnte? Entwickelten sich Handelskapitalisten durch Besitz von Waren (Warenkapital) und / oder Geld zu Bank- und Handelskapitalisten, industrielle Kapitalisten aber auch ebenso durch Akkumulation wiederum zu Bank- und Handelskapitalisten? Im Kapitalkreislauf (Einsatz von Geldkapital in Produktionsmittel und Arbeitskraft, Produktion von Waren, Umsatz von Warenkapital in Geldkapital) also macht das Kapital Formwandlungen durch. Ob und in welchem Maße nun diese verschiedenen Kapitalformen historisch durch industrielle Kapitalisten, Bankkapitalisten, Handelskapitalisten oder den kapitalistischen Staat vertreten werden, ist Sache der konkreten historischen Untersuchung und keine theoretische Frage.<br />
Wenn wir uns nun hier mit der Frage der notwendigen Verschmelzung von Industrie- und Bankkapital zum Finanzkapital als Folge der Monopolisierung (und diese wiederum als notwendige Folge der Konzentration und Zentralisation des Kapitals) beschäftigen, geht es um eine historische Betrachtung. Diese historische Entwicklung tendiert zunehmend zur Vergesellschaftung, das heisst: immer größere Monopole verwalten den gesellschaftlich produzierten Mehrwert, das gesamtgesellschaftliche Kapital in fortschreitend zentralisierterer Form. Die unterschiedlichen Kapitalisten, Bank-, Industrie, Handelskapitalisten (letztere historisch betrachtet zunehmend bedeutungsloser), binden durch gegenseitige Beteiligungen (mittels ihres in Form von Geldkapital angehäuftem gesellschaftlichen Mehrwert) ihre Kapitale zusammen, um die notwendigen Investitionen in den unterschiedlichen Bereichen der gesellschaftlichen Mehrwertproduktion, zu gewährleisten. <br />
<br />
Beide Kategorien, Monopolisierung und Finanzkapital, sind jedoch umstritten. Die unterschiedlichen Positionen sollen in einem ersten Aufschlag hier vorgestellt werden und die Grundlage für weitere Vertiefungen und Untersuchungen bieten.<br />
Im Mittelpunkt der Debatte geht es um die Fragen: Ist die stattfindende Monopolisierung von Kapitalen eine zwangsläufige und gesetzmäßige Entwicklung des Kapitalismus der freien Konkurrenz? Und daraus folgend: befinden wir uns daher heute noch in einem Kapitalismus der freien Konkurrenz, in der sich einige Konzerne zwar durchgesetzt haben, denen aber keine dauerhafte Charakterisierung als Monopol zugeschrieben werden kann?<br />
Des Weiteren ist so ähnlich wie „Imperialismus“ der Begriff des Finanzkapitals, sowohl in der kommunistischen Bewegung, als auch in der marxistisch orientierten Akademie ungeklärt. Ungeklärt in dem Sinne, dass er erstens sehr unterschiedlich verwendet wird, zweitens auch im empirischen Sinne. <br />
Ob die verschiedenen Auffassungen der Wirklichkeit standhalten, wird zu überprüfen sein. Ohne eine empirische Auseinandersetzung werden wir den Dissens nicht lösen können.<br />
In dem hier gesetzten Rahmen wird es zunächst einmal darum gehen, den Dissens überhaupt zu begreifen, also die verschiedenen Ansätze und Positionen darzulegen. Der hier gemachte Aufschlag kann nur ein erster Schritt sein, um sich einen Überblick, wenn auch keinen allumfassenden, zu verschaffen. In einem zweiten Schritt wird in der Arbeitsgruppe die ausführlichere Darlegung der Positionen stattfinden.<br />
<br />
=== Monopolisierung als gesetzmäßige Tendenz im Kapitalismus ===<br />
Die Grundlagen der ökonomischen Analyse des Kapitalismus als monopolistischer Kapitalismus ist die Erkenntnis der grundlegenden Gesetze der kapitalistischen Produktionsweise, der Konzentration und Zentralisation des Kapitals. Außerdem die daraus folgende Akkumulation und die steigende organische Zusammensetzung des Kapitals, darauf aufbauend der zunehmende gesellschaftliche Charakter der Produktivkräfte, der im Widerspruch zur privaten Aneignung, dem Wert- und dem Mehrwertgesetz, der Fall der Profitrate usw. steht. <br />
Die Momente des Übergangs zum imperialistischen Stadium sind schon bei Marx und Engels herausgearbeitet worden. Diese Momente des Übergangs sind u. a. die zunehmende Rolle des Gesellschaftskapitals (in Form der Aktiengesellschaften, Trennung Kapitalfunktion und Kapitaleigentum), die zunehmende Bedeutung des Kredits, die Entstehung von Monopolen und einer Finanzoligarchie, die strukturelle Überakkumulation und die Zunahme des Kapitalexports. Der Umschlag von der freien Konkurrenz ins Monopol ist das Merkmal des neuen Stadiums des Kapitalismus und seine unterschiedlichen Erscheinungen und Phänomene sind darauf zurückzuführen. Die Gesetzmäßigkeiten der kapitalistischen Produktionsweise werden dadurch nicht aufgehoben, aber das Gesetz der Durchschnittsprofitrate als Regulator der Produktion und Profitverteilung durchbrochen. Das moderne Monopol verfügt, aufgrund seiner Beherrschung von Reproduktionszusammenhängen, über ökonomische, soziale und politische Macht und Gewalt. <br />
<br />
Es gibt eine Reihe von Positionen, die eine Trennung des Stadiums des Imperialismus von dem der freien Konkurrenz vornehmen und verneinen, dass es sich um monopolistischen Kapitalismus handelt. Dabei werden Lenins Ansichten und Analysen als Widerspruch zu den theoretischen Auffassungen im Kapital von Karl Marx betrachtet. Zu dieser Strömung gehören zum Beispiel die „Neue Marx-Lektüre“, die Werttheoretiker, der Gegenstandpunkt und andere weitestgehend akademische Debatten. Diese Strömungen unterscheiden sich zwar in Eckpunkten, sind sich aber in der Trennung von Marx und Lenin einig. <br />
Die Analyse, dass aus der Konzentration und Zentralisation die Monopolbildung folgt und demnach die Entwicklung des Kapitalismus aus dem Stadium der freien Konkurrenz in das des Monopols, wird abgelehnt. <br />
Eine historische Tendenz zur Zunahme dieser Phänomene wird verneint. Die Bildung von Monopolen wird teilweise als Mittel der Kapitale gesehen, sich in der immer noch bestehenden freien Konkurrenz gegenüber anderen Kapitalen zu bewähren. Die Neue Marx-Lektüre und der Gegenstandpunkt (GSP) unterscheiden sich in einigen Punkten, lehnen beide aber die Entwicklung des Kapitalismus zum Monopolkapitalismus ab. Die Rolle des Staates ist aus Sicht des Gegenstandpunkts dabei eine, die über der Ökonomie steht: <br />
Er treibt, um selbst in der internationalen Konkurrenz zu bestehen, die Monopolisierung voran. Der Staat instrumentalisiere damit die Ökonomie für „seine Zwecke" (Marxistische Gruppe, 1981). <br />
Die Bankenmacht sei eine Illusion, so argumentiert auch Guenther Sandleben. Die von Hilferding und auch von Lenin behauptete besondere Stellung der Banken stellt er in Frage und relativiert die Rolle der Banken als Vermittler des Geldkapitals. Ob er und vielleicht auch andere die Zentralisierungsbewegung im Bankensektor und damit deren Monopolisierung in Frage stellen, soll im Rahmen der weiteren Bearbeitung Gegenstand der Untersuchung sein.<br />
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=== Zur Geschichte des Begriffes Finanzkapital ===<br />
Der Begriff des Finanzkapitals wurde von Rudolf Hilferding in den Marxismus eingeführt. Gleich bei der Veröffentlichung hat Kautsky einiges an Kritik angemeldet. Umstritten war er also von Anbeginn. Lenin übernimmt den Begriff, auch wenn er dann auf seine Unzulänglichkeiten hinweist und ihn um den Aspekt der dem Finanzkapital zugrundeliegenden notwendigen Monopolisierung erweitert. Nach Lenins Schrift scheinen sich vor allem zwei Richtungen der Interpretation zu entwickeln, die bis heute in unterschiedlichster Weise noch existent sind. Jedoch muss die Arbeit im Klärungsprozess auch darin bestehen herauszuarbeiten, ob diese grobe Unterteilung zutrifft oder nicht oder ob sich weitere Ansätze entwickelt haben, die hier nicht richtig oder gar nicht eingeordnet sind bzw. eingeordnet werden können. Die zwei Ansätze die hier zur groben Einteilung der verschiedenen Positionen eine Orientierung geben sollen, sind folgende: <br />
Der erste Ansatz geht davon aus, dass das Finanzkapital das monopolisierte Kapital, das in der Produktion angelegt ist, also das „Kapital in der Verfügung der Banken und in der Verwendung der Industriellen“ (Hilferding1973, S.?). Diese Position ist aus den Referaten und Positionen innerhalb der KI (Kommunistische Internationale), in der SU (Sowjetunion) und auch in der DDR zu finden und baut grundsätzlich auf die Thesen Hilferdings und Lenins auf. Aufbauend darauf entsteht die Theorie des [[Monopole und Staat#Staatsmonopolistischer Kapitalismus|staatsmonopolistischen Kapitalismus]]. <br />
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Der zweite Ansatz geht davon aus, dass das Finanzkapital das Kapital ist, das lediglich in den Finanzmärkten kursiert und nimmt entweder explizit oder implizit eine Position gegen die Verschmelzungsthese ein. <br />
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Heute finden wir Versatzstücke beider Ansätze in einzelnen Positionen und unzählige Ausdifferenzierungen in Detailfragen. Wir müssen davon ausgehen, dass dieser Zustand auf die Krise des Kommunismus, vor allem auf den Revisionismus, zurückzuführen ist. Gleichzeitig ist das Eindringen der bürgerlichen Ideologie und die Befassung mit dieser Frage in der bürgerlichen Akademie durch zahlreiche marxistisch gesinnte Akademiker ein weiterer Grund für den bunten Strauß an Erklärungsansätzen, der uns heute präsentiert wird. Die so genannten Globalisierungstheoretiker sind hier als Beispiel zu nennen.<br />
Die hier vorgeschlagene Systematisierung ist wie folgt: Lenins Begriff des Finanzkapitals wird als Ausgangspunkt genommen. Alle anderen Positionen werden dann dazu ins Verhältnis gesetzt.<br />
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=== Lenins Begriff des Finanzkapitals ===<br />
Die in der kapitalistischen Entwicklung gesetzmäßigen Konzentrationsprozesse in der Produktion und dann auch des Bankkapitals führen zur Monopolisierung in der Industrie und im Bankensektor. Die Monopolisierung führt zur Verschmelzung von Industrie- und Bankkapital. Lenin schreibt: „Konzentration der Produktion, daraus erwachsende Monopole, Verschmelzen oder Verwachsen der Banken mit der Industrie - das ist die Entstehungsgeschichte des Finanzkapitals und der Inhalt dieses Begriffs.“ (LW Bd.22, S.230) Aufbauend auf folgende Aussage Hilferdings wendet Lenin seine Hauptaufmerksamkeit dem so genannten »Beteiligungssystem« bzw. »Beteiligungsgesellschaft«: „Ein immer wachsender Teil des Kapitals der Industrie gehört nicht den Industriellen, die es anwenden. Sie erhalten die Verfügung über das Kapital nur durch die Bank, die ihnen gegenüber den Eigentümer vertritt. Andererseits muß die Bank einen immer wachsenden Teil ihrer Kapitalien in der Industrie fixieren. Sie wird damit in immer größerem Umfang industrieller Kapitalist. Ich nenne das Bankkapital, also Kapital in Geldform, das auf diese Weise in Wirklichkeit in industrielles Kapital verwandelt ist, das Finanzkapital.“ (Hilferding 1973, S.) Lenin legt die tatsächlich vor sich gehende Verschmelzung durch ein weit verzweigtes Netz von Beteiligungen dar, die dem Monopolkapital die Kommandohoheit über immer größere Teile der Nationalökonomie sichert. Die am häufigsten anzutreffende, juristische Form einer Beteiligungsgesellschaft ist die Aktiengesellschaft. Aus den Ausführungen Lenins ist ersichtich, dass er das Finanzkapital am Aufkommen von Wertpapieren in den jeweiligen Nationalstaaten misst: „Diese vier Länder (damit sind England, Frankreich, Vereinigte Staaten und Deutschland gemeint, Anm. d. Redaktion) zusammen besitzen 479 Millarden Francs (das ist die Summe der Wertpapiere in diesen Ländern im Jahre 1910, Anm.d.Redaktion), d.h. nahezu 80 % des Weltfinanzkapitals. Fast die ganze übrige Welt spielt so oder anders die Rolle des Schuldners und Tributpflichtigen dieser Länder - der internationalen Bankiers, dieser vier »Säulen« des Weltfinanzkapitals.“ (LW, Bd 22, S.243/244). Das Kapital wiederum, das in Form von Wertpapieren existiert, ist fiktives Kapital. Dazu Karl Marx: „Die Aktien von Eisenbahn-, Bergwerks-, Schiffahrts- etc. Gesellschaften stellen wirkliches Kapital vor, nämlich das in diesen Unternehmungen angelegte oder fungierende Kapital oder die Geldsumme, welche von den Teilhabern vorgeschossen ist, um als Kapital in solches Unternehmungen verausgabt zu werden. Wobei keineswegs ausgeschlossen ist, dass sie auch bloßen Schwindel vorstellen. Aber dies Kapital existiert nicht doppelt, einmal als Kapitalwert der Eigentumstitel, der Aktien, und das andre Mal als das in jenen Unternehmungen wirklich angelegte oder anzulegende Kapital. Es existiert nur in jener letztern Form, und die Aktie ist nichts als ein Eigentumstitel, pro rata, auf den durch jenes zu realisierenden Mehrwert. A mag diesen Titel an B, und B ihn an C verkaufen. Diese Transaktionen ändern nichts an der Natur der Sache. A oder B hat dann seinen Titel in Kapital aber C sein Kapital in einen bloßen Eigentumstitel auf den von dem Aktienkapital zu erwartenden Mehrwert verwandelt.“ (Karl Marx, Das Kapital Band III, S. 484/485)<br />
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Ein weiterer wichtiger Aspekt des Begriffes Finanzkapital ist der Zusammenhang mit der politischen Organisation der Kapitalistenklasse, des Staates. Dazu schreibt Lenin: „Die Epoche des jüngsten Kapitalismus zeigt uns, daß sich unter den Kapitalistenverbänden bestimmte Beziehungen herausbilden auf dem Boden der ökonomischen Aufteilung der Welt, daß sich aber daneben und im Zusammenhang damit zwischen den politischen Verbänden, den Staaten, bestimmte Beziehungen herausbilden auf dem Boden der territorialen Aufteilung der Welt, des Kampfes um Kolonien, »des Kampfes um das Wirtschaftsgebiet«.“ (LW, Bd 22, S.258) Alle weiteren, historisch-konkreten Ausführungen Lenins und seine Kritik an Kautsky zeigen deutlich, dass das so genannte Weltfinanzkapital sich in nationale Kapitalistenverbände aufteilt, die wiederum durch ihre politische Organisation in Form von Nationalstaaten, ihre Rivalitäten bezüglich der Neuaufteilung der Welt ausfechten. <br />
Zwei Entwicklungstendenzen werden ausgemacht: eine ausgeweitete Internationalisierung des Finanzkapitals, im Sinne der erhöhten Aktivität und Konzentration auf internationaler Ebene, - eine Tendenz, die zu vermehrter internationaler Organisation des Kapitals führen muss. Und auf der anderen Seite verschärfte Konkurrenz zwischen den nationalstaatlich organisierten Kapitalistenverbände um Rohstoff- und Wirtschaftsgebiete. Letztlich wird aber trotz der notwendigen Internationalisierung, im Sinne von Zusammenarbeit verschiedener Kapitalistenverbände in internationalen und regionalen Zusammenschlüssen wie Trusts, Kartelle etc., die sich zuspitzende Konkurrenz, wenn nicht durch Kauf, dann nur durch Gewaltmaßnahmen, also durch das Militär, gelöst werden können. <br />
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Der Begriff des Finanzkapitals in der Kommunistischen Internationale, in der Sowjetunion und den sozialistischen Ländern knüpft weitestgehend an Lenins Auffassungen an. Ab wann und in welcher Weise Differenzen und / oder Revisionen des Leninschen Begriffs von Finanzkapital auftauchen, wird eine Aufgabe der Untersuchungen im Rahmen des Klärungsprozesses sein. In der DDR haben sich einige Ökonomen der historisch-konkreten Analyse des Kapitalismus gewidmet. Ihre Arbeiten müssen wir heranziehen, um ein tieferes Verständnis für den Begriff des Finanzkapitals zu entwi-ckeln und nachzuprüfen, ob er den Realitäten standhält. <br />
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=== Finanzkapital gleich fiktives Kapital ===<br />
Es gibt zahlreiche Autoren, die den Begriff Finanzkapital in Anlehnung an Hilferding und Lenin benutzen. Bei der näheren Betrachtung stellt sich jedoch die Frage, inwiefern das Finanzkapital trotz des positiven Bezugs auf den Leninschen Begriff alternativ als Geldkapital oder Bankkapital verwendet wird. Eine solche Anwendung des Begriffes kann dann unterstellt werden, wenn in den Ausführungen z.B. eine Trennung zwischen Industriekapital und dem Finanzkapital bzw. Bankkapital vorgenommen wird.<br />
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Andreas Wehr stellt hierzu fest, dass durch die hervorstechende Rolle der Finanzmärkte der falsche Schein einer Verselbständigung entstehen kann, die der Verschmelzungsthese zu widersprechen scheint (Wehr 2010, S.28), weist aber mit Bezugnahme auf die Arbeiten von Hess darauf hin, dass Finanzmarkttransaktionen letztlich auch „in einem erheblichen Maße der Ermöglichung bzw. der Fortsetzung der Produktion auf monopolkapitalistischer Stufe“ dienen. (Wehr 2010, S.29) Das zur Finanzierung der Produktion im Allgemeinen gesammelte, verwaltete, verliehene Geld also, erscheine auf den Finanzmärkten (dort, wo es gehandelt wird) als von der Industrie losgelöst (verselbständigt), dies aber sei nur ein Scheinwiderspruch zur Verschmelzungsthese, da diese Finanzmittel direkte (z.B. als Aktien/Wertpapiere) oder indirekt (als Kredit) in der Produktion eingesetzt werden und Ansprüche durch entweder Dividende oder Zins auf den dort produzierten Mehrwert erheben. So verstanden, wäre Finanzkapital das miteinander zusammenfließende, von den Banken (auch Investmentbanken) vermittelte monopolisierte Kapital. <br />
Wehr weist jedoch auch darauf hin, dass große Banken (wie die Deutsche Bank) zunehmend ihre Beteiligungen an Industrieunternehmen aufgeben. Er stellt die These auf, dass trotz dieser Entwicklung die Macht der Banken nicht abgenommen hätte. Hier ist die Frage, ob die Verschmelzungsthese lediglich durch die Beteiligung der Banken an den Industrieunternehmen selbst abzulesen ist oder ob die durch Banken vermittelte Kapitalbeschaffung für Beteiligungs-, bzw. Aktiengesellschaften. Zu beobachten sei eine weitere personelle Verflechtung mit der Industrie, so Wehr, was zeige, dass die Verschmelzung trotz der geringeren Beteiligung der Banken an Industrieunternehmen noch weiter existiere. Diese Beobachtungen und Schlussfolgerungen werfen Fragen auf:<br />
Ist das Finanzkapital als verwachsenes Bank- und Industriekapital vor allem in der Form des fiktiven Kapitals, also im weitesten Sinne in Form von Wertpapieren (siehe oben Lenin zu Beteili-gungsgesellschaften) real anzutreffen? Ist demzufolge das den Aktiengesellschaften zur Verfügung stehende Kapital das Finanzkapital?<br />
Oder kann die personelle Verflechtung von Banken und Industrie als Indiz für die Verschmelzungsthese dienen oder ist die personelle Verflechung ‚nur’ eine Konsequenz aus der gegenseitigen Verwicklung der Kapitale? Ist desweiteren eine Entflechtung bzw. Trennung von Industrie- und Bankkapital möglich und wäre dann die These nach einer notwendigen Entwicklungstendenz zum Finanzkapital nicht haltbar?<br />
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Lucas Zeise umschreibt in seinem 2019 erschienen Buch mit dem Titel Finanzkapital: „Es (das Finanzkapital, Anm. BolscheWiki) wird dabei als die Verbindung des oben definierten Geldkapitals mit dem (Industrie)-Kapital bezeichnet, das durch die Ausbeutung der Arbeitskräfte Waren produziert, die Wert und Mehrwert repräsentieren. (…) Die Verbindung des alten Geldkapitals, kurz der Banken, mit dem erst im Kapitalismus massenhaft auftretenden Industriekapital übernimmt als monopolistisches Kapitals die Macht in Gesellschaft und Staat. Das ist die hier vertretene Grundthese wie auch bei Rudolf Hilferding und Wladimir I. Lenin.“ (Lucas Zeise 2019, S.57/58) Er empfieht dabei als Kennzeichnung der Epoche des Imperialismus den Begriff Finanzkapitalismus. Nach Zeise ist das Finanzkapital im Laufe der letzten Jahrzehnte finanzieller geworden und meint damit, dass es vermehrt in Form des Geldkapitals in Erscheinung tritt. Hier muss die Frage aufgeworfen werden, ob diese Vorstellung beinhaltet, dass mit Finanzkapital das Geldkapital an sich gemeint ist, oder das fiktive Kapital, also Eigentumstitel auf bzw. eine Beteiligung an das sich im Kapitalkreislauf befindliche industrielle Kapital, das – wie gehabt – seine Formwandlungen durchmacht. Damit einhergeht die Frage, ob hier der Handel mit Wertpapieren bzw. anderen Finanzprodukten gemeint ist und nicht das (Finanz-) Kapital selbst. <br />
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Demirovic/Sablowski bezeichnen, den aktuellen Kapitalismus, angelehnt an den Thesen Jörg Huffschmidts, als »finanzdominiertes Akkumulationsregime«. Ihre Beobachtungen fokussieren sie auf die Reproduktionszyklen des Kapitals, wobei hier der von Karl Marx eröffnete Blickwinkel auf die Funktionen bzw. Formen des Kapitals dazu verwendet wird, die wirklichen Existenzformen des Kapitals zu beschreiben: „Der Zusammenhang der verschiedenen Kreisläufe gleicht einer auf dem Kopf stehenden Pyramide, bei der sich die Basis, der Kreislauf des industriellen Kapitals, relativ klein ausnimmt im Vergleich zu den darauf aufbauenden Kreisläufen des Finanzkapitals, das heißt des zinstragenden Kapitals, des fiktiven Kapitals und der Derivate.“ (Demirovic/Sablowski 2012, S.11)<br />
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=== Keine Verschmelzung von Industrie- und Bankkapital ===<br />
Positionen, die entweder unterstellen, dass das Industriekapital von den Finanzmärkten (häufig wird der Begriff des Finanzkapitals alternativ zu Finanzmarkt benutzt) beherrscht wird oder genau andersherum eine solche Beherrschung in Frage stellen, argumentieren – explizit oder implizit – gegen die Verschmelzungsthese, da sie eben eine Trennung der beiden Kapitalformen unterstellen. <br />
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Bei Guenther Sandleben können wir eine explizite Ablehnung der Verschmelzungsthese nachlesen: „Würde das Finanzkapital tatsächlich alle Kapitalformen einschließen, müssten natürlich auch die Kategorien entfallen, die auf der Eigenständigkeit jener Kapitalformen beruhen. So ist etwa Voraussetzung der Zinsbildung, dass sich Verleiher und fungierende Kapitalisten als Personifikation besonderer Kapitalsorten wirklich auf dem Kapitalmarkt gegenüberstehen, als Personen also, die unterschiedliche Rollen im Reproduktionsprozess spielen, oder in deren Hand dasselbe Kapital wirklich eine doppelte und gänzlich verschiedene Bewegung durchmacht: Der eine, der das Geld nur verleiht, der andere, der es im Reproduktionsprozess anwendet. Die mit dem Finanzkapital gesetzte Verschmelzung von Bank- und Industriekapital ist unvereinbar mit jeglicher Zinsbildung.“ (Sandleben 2003, S.54)<br />
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=== Transnationales Kapital ===<br />
Ausgehend von der Zunahme des Handels, des Kapitalexports und damit verbunden, der Verlagerung vom Produktion in andere Länder, gehen einige Autoren von einer Verflechtung des Kapitals aus, die sich auch in veränderten Eigentumsstrukturen niederschlage. So wird in Bezug auf Deutschland beispielsweise angenommen, dass ein Großteil der DAX-Konzerne mehrheitlich in ausländischer Hand sei. Auch auf den von der UNCTAD eingeführten und in den vergangenen Jahrzehnten gestiegenen „Transnationalisierungsindex“ wird hingewiesen. Durch die Entstehung eines solchen „transnationalen Kapitals“ seien zwar die Nationalstaaten nicht weniger wichtig geworden, hätten aber laut Listl ihre Rolle grundlegend geändert: „Nationale Konkurrenzen wie in früheren Kapitalismusformationen, etwa im Ersten oder Zweiten Weltkrieg, werden deshalb nicht wiederkehren“, sondern: „Für die neue Phase der neoliberalen Globalisierung ist kennzeichnend, daß die Nationalstaaten vor allem die Funktion haben, optimale Verwertungsbedingungen für das global operierende Kapital zu schaffen“. Die Nationalstaaten würden nun nicht mehr primär die Interessen nationaler Kapitalgruppen vertreten, sondern nur noch gegeneinander darum konkurrieren, den transnationalen Konzernen möglichst gute Verwertungsbedingungen zu bieten. Die Konzerne hätten keine Länder mehr als Heimatbasis, sondern richteten sich nach den jeweils besten Bedingungen für die Kapitalakkumulation. Konflikte gebe es in diesem System weiterhin, aber nicht mehr zwischen den imperialistischen Nationalstaaten, sondern im Sinne einer kollektiven Weltordnungsmacht, zu der sich alle entwickelten Länder gegen die Länder des „globalen Südens“ zusammengeschlossen hätten (vgl. Listl, Walter: Globalisierung des Kapitals, in: Junge Welt vom 22.7.2010). <br />
Eine Variante dieser Position vertritt auch die MLPD. Nach ihrer Analyse habe sich ein „allein herrschendes internationales Finanzkapital“ bzw. „internationale Übermonopole“ herausgebildet, die vom nationalen Monopolkapital zu unterscheiden seien. Ebenfalls seien die „internationalen Übermonopole“ dem nationalen Monopolkapital übergeordnet und würden „zunehmenden Krisenlasten“ auf dieses abwälzen. Daraus ergebe sich auch ein „Widerspruch zwischen den imperialistischen Nationalstaaten und zwischen den internationalen Übermonopolen“, der einer der fünf hauptsächlichen Widersprüche des heutigen Kapitalismus sei. <br />
Die staatstheoretische Implikation all dieser Auffassungen ist, dass der bürgerliche Staat nicht (mehr) fest mit einer bestimmten Bourgeoisie verbunden ist, sondern eine vom Kapital losgelöste Instanz, die nur noch im Interesse eines globalen Kapitals die Verwertungsbedingungen verwaltet. Im Falle der MLPD vertritt der bürgerliche Staat nur noch einen Teil des Kapitals, während der vom Nationalstaat losgelöste Teil des Kapitals versuche, sich den Staat zu unterwerfen. (Quelle?)<br />
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Auch aus den Reihen der Gruppe GegenStandpunkt wird die These vertreten, dass der bürgerliche Staat einerseits ganz eindeutig die Kapitalisten der eigenen Nation stützt und schützt, andererseits aber auch ein Interesse daran hat das Kapital international agieren zu lassen (quasi aus einem eigene bürgerlich nationalstaatlichen Interesse heraus). Der bürgerliche Staat herrscht sozusagen über das Kapital und diktiert dessen „ökonomische Existenzbedingung“. (Decker/Hecker/Patrick 2016, S.116). Im Rahmen des Klärungsprozesses muss besser herausgearbeitet werden, ob diese These besagt, dass der nationale Charakter des Kapitals durch die Nationalstaaten, die ein eigenes ökonomisches Interesse haben, aber auch ökonomische Macht (Geldhoheit und Gewaltmonopol), sozusagen dem Kapital diktiert wird.<br />
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Eine extreme Variante der Transnationalisierungsthese vertreten Autoren wie Michael Hardt, Antonio Negri oder William I. Robinson, die von einer völligen Ablösung des Kapitals von den Nationalstaaten und von der Auflösung der Nationalstaaten zugunsten einer deterritorialisierten Ökonomie mit globalisierter Produktion ausgehen. Hardt und Negri zufolge seien nicht mehr die Staaten souverän, sondern das globale Kapital selbst. Es gebe auch kein eindeutiges Machtzentrum mehr, sondern die Macht durchziehe alle gesellschaftlichen Bereiche (Hardt/Negri, 2002). <br />
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=== Nationales Kapital ===<br />
Eine Gegenposition zur These des transnationalen Kapitals vertritt z.B. Beate Landefeld. Sie verweist darauf, dass ein mehrheitlich ausländischer Aktienbesitz eines Unternehmens aus verschiedenen Gründen noch nicht bedeuten muss, dass das Unternehmen durch das ausländische Kapital auch wirklich kontrolliert ist. Im Wesentlichen bleibe das deutsche Kapital weiterhin unter Kontrolle deutscher Kapitaleigner (Landefeld, Beate: Europäisiert sich die Bourgeoisie?, in: Marxistische Blätter 1/10). Jörg Goldberg und André Leisewitz argumentieren ähnlich, dass ausländische Aktionäre in vielen Fällen nicht nach Kontrolle über das Unternehmen streben würden, sondern sich lediglich für das Abschöpfen der Rendite interessieren würden. Dagegen blieben die Verbindungen der Unternehmen zur nationalstaatlich verfassten Politik weiterhin entscheidend (Goldberg/Leisewitz, 2013). Hier noch A.Wehr einfügen<br />
Günther Sandleben argumentiert, dass aus der Reproduktionsbewegung des Kapitals notwendig (historisch) ein Gesamtkapital herausbildet, das wiederum nur nationalen Charakter annehmen kann: „Das Kapital besitzt also neben seiner Gestalt als Einzelkapital eine eigenständige, makro-ökonomische Existenzweise. Es bildet zugleich das Gesamtkapital, wodurch die Bewegung der Einzelkapitale gesteuert wird. Allerdings taucht in unseren Alltagsvorstellungen der Begriff Gesamtkapital kaum auf. Man spricht stattdessen von der Volkswirtschaft eines Landes oder von einer Nationalökonomie.“ (Sandleben 2003, S.73)<br />
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Eine Zwischenposition vertreten z.B. einige niederländische Autoren (Kees van der Pijl, Eelke Heemskerk, Meindert Fennema, Bastiaan van Apeldoorn usw.). Sie gehen davon aus, dass die Kapitalistenklasse weiterhin vor allem national ist, dass es aber vor allem in Westeuropa eine deutliche Tendenz hin zur Herausbildung einer transnationalen Kapitalistenklasse gebe. Diese machen sie an zunehmenden Verflechtungen der Aufsichtsratsmandate über nationale Grenzen hinweg fest, wodurch ein transnationales Netzwerk entstehe, das zur Entstehung gemeinsamer Sichtweisen in der Kapitalistenklasse beitrage. Jedoch widersprechen sie klar der Behauptung z.B. von Hardt/Negri, wonach Kapital und Herrschaftsverhältnisse nicht mehr an ein bestimmtes geografisches Territorium gebunden seien (vgl. z.B. Heemskerk, 2013).<br />
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== Literatur zum Thema ==<br />
Decker, Peter/ Hecker, Konrad/ Patrick, Joseph: Das Finanzkapital, GegenStandpunkt Verlag München 2016<br />
<br />
Demirovic, Alex/ Sablowski, Thomas: Finanzdominierte Akkumulation und die Krise in Europa, In: Reihe ANALYSEN von der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Berlin 2012<br />
<br />
Hess, Peter: Das Finanzkapital – Eigentumsform der Produktivkraftentwicklung im gegenwärtigen Kapitalismus, in: IPW-Berichte 9/1989<br />
<br />
Institut für Marxistische Studien und Forschungen (IMSF) (Hrsg.): Das Monopol – ökonmischer Kern des heutigen Kapitalismus, Theoretische und aktuelle Gesichtspunkte der marxistisch-leninistischen Monopoltheorie, Frankfurt am Main 1976<br />
<br />
Klein, Dieter: Ökonomische Widersprüche im Kapitalismus, Berlin 1976<br />
<br />
Marxistische Gruppe (Vorläuferorganisation des Gegenstandpunkt): Ein aktueller, aber falscher Klassiker: Lenin, der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus., in: Marxistische Stu-dentenzeitung 3-1981. https://msz.gegenstandpunkt.com/artikel/lenin-der-imperialismus-als-h%C3%B6chstes-stadium-des-kapitalismus<br />
<br />
Kowalski, Reinhold: Die Kapitalismusforschung in der DDR, Ent- und Abwicklung, In: Krause, Günther / Luft, Christa / Steinitz, Klaus (Hrsg.): Wirtschaftstheorie in zwei Gesellschaftssystemen Deutschlands, Erfahrungen - Defizite - Herausforderungen, Karl Dietz Verlag Berlin 2011<br />
<br />
Sandleben, Guenther: Nationalökonomie und Staat, Zur Kritik der Theorie des Finanzkapitals, VSA-Verlag, Hamburg 2003<br />
<br />
Sandleben, Guenther: Mythos Bankenmacht, In: Junge Welt, 29.05.2012, S.10<br />
<br />
Wehr, Andreas: Griechenland, die Krise und der Euro, Köln 2010<br />
<br />
Paul Windolf: Was ist Finanzmarkt-Kapitalismus? In: Ders. (Hrsg.): Finanzmarkt-Kapitalismus. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie Sonderheft 45/2005, S. 20–57.<br />
<br />
Zeise, Lucas: Geld - der vertrackte Kern des Kapitalismus, Versuch über die politische Ökonomie des Finanzsektors, Köln 2010<br />
<br />
Zeise, Lucas: Finanzkapital, Köln 2019</div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Monopolisierung_und_Finanzkapital&diff=6490Monopolisierung und Finanzkapital2019-10-02T11:17:55Z<p>Mati: /* Zur Geschichte des Begriffes Finanzkapital */</p>
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== Überblick ==<br />
Hier geht es um den ökonomischen Kern des Kapitalismus in seinem imperialistischen Stadium: das Monopol bzw. die Monopolisierung als Folge der notwendigen Zentralisierung des Kapitals und die Herausbildung des Finanzkapitals als die wirkmächtige Verbindung des Industrie- und Bankkapitals bzw. produktives und Geldkapital. Kurz: Konzentration des Kapitals - Monopolisierung - Finanzkapital, ein stetig stattfindender Prozess im Laufe der kapitalistischen Geschichte.<br />
Einige begriffliche Voraussetzungen zuerst:<br />
Als erstes unterscheidet Marx die Formen des Kapitals, die sich aus dem Kapitalkreislauf (Warenproduktion und Warenzirklulation) ergeben: Geldkapital, produktives Kapital und Warenkapital. Diese Ebene der Betrachtung sagt noch nichts aus über das Eigentum an Kapital. War es historisch so, dass jeder einzelne industrielle Kapitalist alle Formwandlungen des Kapitals in seiner Kontrolle durchlaufen konnte? Entwickelten sich Handelskapitalisten durch Besitz von Waren (Warenkapital) und / oder Geld zu Bank- und Handelskapitalisten, industrielle Kapitalisten aber auch ebenso durch Akkumulation wiederum zu Bank- und Handelskapitalisten? Im Kapitalkreislauf (Einsatz von Geldkapital in Produktionsmittel und Arbeitskraft, Produktion von Waren, Umsatz von Warenkapital in Geldkapital) also macht das Kapital Formwandlungen durch. Ob und in welchem Maße nun diese verschiedenen Kapitalformen historisch durch industrielle Kapitalisten, Bankkapitalisten, Handelskapitalisten oder den kapitalistischen Staat vertreten werden, ist Sache der konkreten historischen Untersuchung und keine theoretische Frage.<br />
Wenn wir uns nun hier mit der Frage der notwendigen Verschmelzung von Industrie- und Bankkapital zum Finanzkapital als Folge der Monopolisierung (und diese wiederum als notwendige Folge der Konzentration und Zentralisation des Kapitals) beschäftigen, geht es um eine historische Betrachtung. Diese historische Entwicklung tendiert zunehmend zur Vergesellschaftung, das heisst: immer größere Monopole verwalten den gesellschaftlich produzierten Mehrwert, das gesamtgesellschaftliche Kapital in fortschreitend zentralisierterer Form. Die unterschiedlichen Kapitalisten, Bank-, Industrie, Handelskapitalisten (letztere historisch betrachtet zunehmend bedeutungsloser), binden durch gegenseitige Beteiligungen (mittels ihres in Form von Geldkapital angehäuftem gesellschaftlichen Mehrwert) ihre Kapitale zusammen, um die notwendigen Investitionen in den unterschiedlichen Bereichen der gesellschaftlichen Mehrwertproduktion, zu gewährleisten. <br />
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Beide Kategorien, Monopolisierung und Finanzkapital, sind jedoch umstritten. Die unterschiedlichen Positionen sollen in einem ersten Aufschlag hier vorgestellt werden und die Grundlage für weitere Vertiefungen und Untersuchungen bieten.<br />
Im Mittelpunkt der Debatte geht es um die Fragen: Ist die stattfindende Monopolisierung von Kapitalen eine zwangsläufige und gesetzmäßige Entwicklung des Kapitalismus der freien Konkurrenz? Und daraus folgend: befinden wir uns daher heute noch in einem Kapitalismus der freien Konkurrenz, in der sich einige Konzerne zwar durchgesetzt haben, denen aber keine dauerhafte Charakterisierung als Monopol zugeschrieben werden kann?<br />
Des Weiteren ist so ähnlich wie „Imperialismus“ der Begriff des Finanzkapitals, sowohl in der kommunistischen Bewegung, als auch in der marxistisch orientierten Akademie ungeklärt. Ungeklärt in dem Sinne, dass er erstens sehr unterschiedlich verwendet wird, zweitens auch im empirischen Sinne. <br />
Ob die verschiedenen Auffassungen der Wirklichkeit standhalten, wird zu überprüfen sein. Ohne eine empirische Auseinandersetzung werden wir den Dissens nicht lösen können.<br />
In dem hier gesetzten Rahmen wird es zunächst einmal darum gehen, den Dissens überhaupt zu begreifen, also die verschiedenen Ansätze und Positionen darzulegen. Der hier gemachte Aufschlag kann nur ein erster Schritt sein, um sich einen Überblick, wenn auch keinen allumfassenden, zu verschaffen. In einem zweiten Schritt wird in der Arbeitsgruppe die ausführlichere Darlegung der Positionen stattfinden.<br />
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=== Monopolisierung als gesetzmäßige Tendenz im Kapitalismus ===<br />
Die Grundlagen der ökonomischen Analyse des Kapitalismus als monopolistischer Kapitalismus ist die Erkenntnis der grundlegenden Gesetze der kapitalistischen Produktionsweise, der Konzentration und Zentralisation des Kapitals. Außerdem die daraus folgende Akkumulation und die steigende organische Zusammensetzung des Kapitals, darauf aufbauend der zunehmende gesellschaftliche Charakter der Produktivkräfte, der im Widerspruch zur privaten Aneignung, dem Wert- und dem Mehrwertgesetz, der Fall der Profitrate usw. steht. <br />
Die Momente des Übergangs zum imperialistischen Stadium sind schon bei Marx und Engels herausgearbeitet worden. Diese Momente des Übergangs sind u. a. die zunehmende Rolle des Gesellschaftskapitals (in Form der Aktiengesellschaften, Trennung Kapitalfunktion und Kapitaleigentum), die zunehmende Bedeutung des Kredits, die Entstehung von Monopolen und einer Finanzoligarchie, die strukturelle Überakkumulation und die Zunahme des Kapitalexports. Der Umschlag von der freien Konkurrenz ins Monopol ist das Merkmal des neuen Stadiums des Kapitalismus und seine unterschiedlichen Erscheinungen und Phänomene sind darauf zurückzuführen. Die Gesetzmäßigkeiten der kapitalistischen Produktionsweise werden dadurch nicht aufgehoben, aber das Gesetz der Durchschnittsprofitrate als Regulator der Produktion und Profitverteilung durchbrochen. Das moderne Monopol verfügt, aufgrund seiner Beherrschung von Reproduktionszusammenhängen, über ökonomische, soziale und politische Macht und Gewalt. <br />
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Es gibt eine Reihe von Positionen, die eine Trennung des Stadiums des Imperialismus von dem der freien Konkurrenz vornehmen und verneinen, dass es sich um monopolistischen Kapitalismus handelt. Dabei werden Lenins Ansichten und Analysen als Widerspruch zu den theoretischen Auffassungen im Kapital von Karl Marx betrachtet. Zu dieser Strömung gehören zum Beispiel die „Neue Marx-Lektüre“, die Werttheoretiker, der Gegenstandpunkt und andere weitestgehend akademische Debatten. Diese Strömungen unterscheiden sich zwar in Eckpunkten, sind sich aber in der Trennung von Marx und Lenin einig. <br />
Die Analyse, dass aus der Konzentration und Zentralisation die Monopolbildung folgt und demnach die Entwicklung des Kapitalismus aus dem Stadium der freien Konkurrenz in das des Monopols, wird abgelehnt. <br />
Eine historische Tendenz zur Zunahme dieser Phänomene wird verneint. Die Bildung von Monopolen wird teilweise als Mittel der Kapitale gesehen, sich in der immer noch bestehenden freien Konkurrenz gegenüber anderen Kapitalen zu bewähren. Die Neue Marx-Lektüre und der Gegenstandpunkt (GSP) unterscheiden sich in einigen Punkten, lehnen beide aber die Entwicklung des Kapitalismus zum Monopolkapitalismus ab. Die Rolle des Staates ist aus Sicht des Gegenstandpunkts dabei eine, die über der Ökonomie steht: <br />
Er treibt, um selbst in der internationalen Konkurrenz zu bestehen, die Monopolisierung voran. Der Staat instrumentalisiere damit die Ökonomie für „seine Zwecke" (Marxistische Gruppe, 1981). <br />
Die Bankenmacht sei eine Illusion, so argumentiert auch Guenther Sandleben. Die von Hilferding und auch von Lenin behauptete besondere Stellung der Banken stellt er in Frage und relativiert die Rolle der Banken als Vermittler des Geldkapitals. Ob er und vielleicht auch andere die Zentralisierungsbewegung im Bankensektor und damit deren Monopolisierung in Frage stellen, soll im Rahmen der weiteren Bearbeitung Gegenstand der Untersuchung sein.<br />
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=== Zur Geschichte des Begriffes Finanzkapital ===<br />
Der Begriff des Finanzkapitals wurde von Rudolf Hilferding in den Marxismus eingeführt. Gleich bei der Veröffentlichung hat Kautsky einiges an Kritik angemeldet. Umstritten war er also von Anbeginn. Lenin übernimmt den Begriff, auch wenn er dann auf seine Unzulänglichkeiten hinweist und ihn um den Aspekt der dem Finanzkapital zugrundeliegenden notwendigen Monopolisierung erweitert. Nach Lenins Schrift scheinen sich vor allem zwei Richtungen der Interpretation zu entwickeln, die bis heute in unterschiedlichster Weise noch existent sind. Jedoch muss die Arbeit im Klärungsprozess auch darin bestehen herauszuarbeiten, ob diese grobe Unterteilung zutrifft oder nicht oder ob sich weitere Ansätze entwickelt haben, die hier nicht richtig oder gar nicht eingeordnet sind bzw. eingeordnet werden können. Die zwei Ansätze die hier zur groben Einteilung der verschiedenen Positionen eine Orientierung geben sollen, sind folgende: <br />
Der erste Ansatz geht davon aus, dass das Finanzkapital das monopolisierte Kapital, das in der Produktion angelegt ist, also das „Kapital in der Verfügung der Banken und in der Verwendung der Industriellen“ (Hilferding1973, S.?). Diese Position ist aus den Referaten und Positionen innerhalb der KI (Kommunistische Internationale), in der SU (Sowjetunion) und auch in der DDR zu finden und baut grundsätzlich auf die Thesen Hilferdings und Lenins auf. Aufbauend darauf entsteht die Theorie des [[Monopole und Staat#Staatsmonopolistischer Kapitalismus|staatsmonopolistischen Kapitalismus]]. <br />
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Der zweite Ansatz geht davon aus, dass das Finanzkapital das Kapital ist, das lediglich in den Finanzmärkten kursiert und nimmt entweder explizit oder implizit eine Position gegen die Verschmelzungsthese ein. <br />
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Heute finden wir Versatzstücke beider Ansätze in einzelnen Positionen und unzählige Ausdifferenzierungen in Detailfragen. Wir müssen davon ausgehen, dass dieser Zustand auf die Krise des Kommunismus, vor allem auf den Revisionismus, zurückzuführen ist. Gleichzeitig ist das Eindringen der bürgerlichen Ideologie und die Befassung mit dieser Frage in der bürgerlichen Akademie durch zahlreiche marxistisch gesinnte Akademiker ein weiterer Grund für den bunten Strauß an Erklärungsansätzen, der uns heute präsentiert wird. Die so genannten Globalisierungstheoretiker sind hier als Beispiel zu nennen.<br />
Die hier vorgeschlagene Systematisierung ist wie folgt: Lenins Begriff des Finanzkapitals wird als Ausgangspunkt genommen. Alle anderen Positionen werden dann dazu ins Verhältnis gesetzt.<br />
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=== Lenins Begriff des Finanzkapitals ===<br />
Die in der kapitalistischen Entwicklung gesetzmäßigen Konzentrationsprozesse in der Produktion und dann auch des Bankkapitals führen zur Monopolisierung in der Industrie und im Bankensektor. Die Monopolisierung führt zur Verschmelzung von Industrie- und Bankkapital. Lenin schreibt: „Konzentration der Produktion, daraus erwachsende Monopole, Verschmelzen oder Verwachsen der Banken mit der Industrie - das ist die Entstehungsgeschichte des Finanzkapitals und der Inhalt dieses Begriffs.“ (LW Bd.22, S.230) Aufbauend auf folgende Aussage Hilferdings wendet Lenin seine Hauptaufmerksamkeit dem so genannten »Beteiligungssystem« bzw. »Beteiligungsgesellschaft«: „Ein immer wachsender Teil des Kapitals der Industrie gehört nicht den Industriellen, die es anwenden. Sie erhalten die Verfügung über das Kapital nur durch die Bank, die ihnen gegenüber den Eigentümer vertritt. Andererseits muß die Bank einen immer wachsenden Teil ihrer Kapitalien in der Industrie fixieren. Sie wird damit in immer größerem Umfang industrieller Kapitalist. Ich nenne das Bankkapital, also Kapital in Geldform, das auf diese Weise in Wirklichkeit in industrielles Kapital verwandelt ist, das Finanzkapital.“ (Hilferding 1973, S.) Lenin legt die tatsächlich vor sich gehende Verschmelzung durch ein weit verzweigtes Netz von Beteiligungen dar, die dem Monopolkapital die Kommandohoheit über immer größere Teile der Nationalökonomie sichert. Die am häufigsten anzutreffende, juristische Form einer Beteiligungsgesellschaft ist die Aktiengesellschaft. Aus den Ausführungen Lenins ist ersichtich, dass er das Finanzkapital am Aufkommen von Wertpapieren in den jeweiligen Nationalstaaten misst: „Diese vier Länder (damit sind England, Frankreich, Vereinigte Staaten und Deutschland gemeint, Anm. d. Redaktion) zusammen besitzen 479 Millarden Francs (das ist die Summe der Wertpapiere in diesen Ländern im Jahre 1910, Anm.d.Redaktion), d.h. nahezu 80 % des Weltfinanzkapitals. Fast die ganze übrige Welt spielt so oder anders die Rolle des Schuldners und Tributpflichtigen dieser Länder - der internationalen Bankiers, dieser vier »Säulen« des Weltfinanzkapitals.“ (LW, Bd 22, S.243/244). Das Kapital wiederum, das in Form von Wertpapieren existiert, ist fiktives Kapital. Dazu Karl Marx: „Die Aktien von Eisenbahn-, Bergwerks-, Schiffahrts- etc. Gesellschaften stellen wirkliches Kapital vor, nämlich das in diesen Unternehmungen angelegte oder fungierende Kapital oder die Geldsumme, welche von den Teilhabern vorgeschossen ist, um als Kapital in solches Unternehmungen verausgabt zu werden. Wobei keineswegs ausgeschlossen ist, dass sie auch bloßen Schwindel vorstellen. Aber dies Kapital existiert nicht doppelt, einmal als Kapitalwert der Eigentumstitel, der Aktien, und das andre Mal als das in jenen Unternehmungen wirklich angelegte oder anzulegende Kapital. Es existiert nur in jener letztern Form, und die Aktie ist nichts als ein Eigentumstitel, pro rata, auf den durch jenes zu realisierenden Mehrwert. A mag diesen Titel an B, und B ihn an C verkaufen. Diese Transaktionen ändern nichts an der Natur der Sache. A oder B hat dann seinen Titel in Kapital aber C sein Kapital in einen bloßen Eigentumstitel auf den von dem Aktienkapital zu erwartenden Mehrwert verwandelt.“ (Karl Marx, Das Kapital Band III, S. 484/485)<br />
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Ein weiterer wichtiger Aspekt des Begriffes Finanzkapital ist der Zusammenhang mit der politischen Organisation der Kapitalistenklasse, des Staates. Dazu schreibt Lenin: „Die Epoche des jüngsten Kapitalismus zeigt uns, daß sich unter den Kapitalistenverbänden bestimmte Beziehungen herausbilden auf dem Boden der ökonomischen Aufteilung der Welt, daß sich aber daneben und im Zusammenhang damit zwischen den politischen Verbänden, den Staaten, bestimmte Beziehungen herausbilden auf dem Boden der territorialen Aufteilung der Welt, des Kampfes um Kolonien, »des Kampfes um das Wirtschaftsgebiet«.“ (LW, Bd 22, S.258) Alle weiteren, historisch-konkreten Ausführungen Lenins und seine Kritik an Kautsky zeigen deutlich, dass das so genannte Weltfinanzkapital sich in nationale Kapitalistenverbände aufteilt, die wiederum durch ihre politische Organisation in Form von Nationalstaaten, ihre Rivalitäten bezüglich der Neuaufteilung der Welt ausfechten. <br />
Zwei Entwicklungstendenzen werden ausgemacht: eine ausgeweitete Internationalisierung des Finanzkapitals, im Sinne der erhöhten Aktivität und Konzentration auf internationaler Ebene, - eine Tendenz, die zu vermehrter internationaler Organisation des Kapitals führen muss. Und auf der anderen Seite verschärfte Konkurrenz zwischen den nationalstaatlich organisierten Kapitalistenverbände um Rohstoff- und Wirtschaftsgebiete. Letztlich wird aber trotz der notwendigen Internationalisierung, im Sinne von Zusammenarbeit verschiedener Kapitalistenverbände in internationalen und regionalen Zusammenschlüssen wie Trusts, Kartelle etc., die sich zuspitzende Konkurrenz, wenn nicht durch Kauf, dann nur durch Gewaltmaßnahmen, also durch das Militär, gelöst werden können. <br />
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Der Begriff des Finanzkapitals in der Kommunistischen Internationale, in der Sowjetunion und den sozialistischen Ländern knüpft weitestgehend an Lenins Auffassungen an. Ab wann und in welcher Weise Differenzen und / oder Revisionen des Leninschen Begriffs von Finanzkapital auftauchen, wird eine Aufgabe der Untersuchungen im Rahmen des Klärungsprozesses sein. In der DDR haben sich einige Ökonomen der historisch-konkreten Analyse des Kapitalismus gewidmet. Ihre Arbeiten müssen wir heranziehen, um ein tieferes Verständnis für den Begriff des Finanzkapitals zu entwi-ckeln und nachzuprüfen, ob er den Realitäten standhält. <br />
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=== Finanzkapital gleich fiktives Kapital ===<br />
Es gibt zahlreiche Autoren, die den Begriff Finanzkapital in Anlehnung an Hilferding und Lenin benutzen. Bei der näheren Betrachtung stellt sich jedoch die Frage, inwiefern das Finanzkapital trotz des positiven Bezugs auf den Leninschen Begriff alternativ als Geldkapital oder Bankkapital verwendet wird. Eine solche Anwendung des Begriffes kann dann unterstellt werden, wenn in den Ausführungen z.B. eine Trennung zwischen Industriekapital und dem Finanzkapital bzw. Bankkapital vorgenommen wird.<br />
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Andreas Wehr stellt hierzu fest, dass durch die hervorstechende Rolle der Finanzmärkte der falsche Schein einer Verselbständigung entstehen kann, die der Verschmelzungsthese zu widersprechen scheint (Wehr 2010, S.28), weist aber mit Bezugnahme auf die Arbeiten von Hess darauf hin, dass Finanzmarkttransaktionen letztlich auch „in einem erheblichen Maße der Ermöglichung bzw. der Fortsetzung der Produktion auf monopolkapitalistischer Stufe“ dienen. (Wehr 2010, S.29) Das zur Finanzierung der Produktion im Allgemeinen gesammelte, verwaltete, verliehene Geld also, erscheine auf den Finanzmärkten (dort, wo es gehandelt wird) als von der Industrie losgelöst (verselbständigt), dies aber sei nur ein Scheinwiderspruch zur Verschmelzungsthese, da diese Finanzmittel direkte (z.B. als Aktien/Wertpapiere) oder indirekt (als Kredit) in der Produktion eingesetzt werden und Ansprüche durch entweder Dividende oder Zins auf den dort produzierten Mehrwert erheben. So verstanden, wäre Finanzkapital das miteinander zusammenfließende, von den Banken (auch Investmentbanken) vermittelte monopolisierte Kapital. <br />
Wehr weist jedoch auch darauf hin, dass große Banken (wie die Deutsche Bank) zunehmend ihre Beteiligungen an Industrieunternehmen aufgeben. Er stellt die These auf, dass trotz dieser Entwicklung die Macht der Banken nicht abgenommen hätte. Hier ist die Frage, ob die Verschmelzungsthese lediglich durch die Beteiligung der Banken an den Industrieunternehmen selbst abzulesen ist oder ob die durch Banken vermittelte Kapitalbeschaffung für Beteiligungs-, bzw. Aktiengesellschaften. Zu bobachten sei eine weitere personelle Verflechtung mit der Industrie, so Wehr, was zeige, dass die Verschmelzung trotz der geringeren Beteiligung der Banken an Industrieunternehmen noch weiter existiere. Diese Beobachtungen und Schlussfolgerungen werfen Fragen auf:<br />
Ist das Finanzkapital als verwachsenes Bank- und Industriekapital vor allem in der Form des fiktiven Kapitals, also im weitesten Sinne in Form von Wertpapieren (siehe oben Lenin zu Beteili-gungsgesellschaften) real anzutreffen? Ist demzufolge das den Aktiengesellschaften zur Verfügung stehende Kapital das Finanzkapital?<br />
Oder kann die personelle Verflechtung von Banken und Industrie als Indiz für die Verschmelzungsthese dienen oder ist die personelle Verflechung ‚nur’ eine Konsequenz aus der gegenseitigen Verwicklung der Kapitale? Ist desweiteren eine Entflechtung bzw. Trennung von Industrie- und Bankkapital möglich und wäre dann die These nach einer notwendigen Entwicklungstendenz zum Finanzkapital nicht haltbar?<br />
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Lucas Zeise umschreibt in seinem 2019 erschienen Buch mit dem Titel Finanzkapital: „Es (das Finanzkapital, Anm. BolscheWiki) wird dabei als die Verbindung des oben definierten Geldkapitals mit dem (Industrie)-Kapital bezeichnet, das durch die Ausbeutung der Arbeitskräfte Waren produziert, die Wert und Mehrwert repräsentieren. (…) Die Verbindung des alten Geldkapitals, kurz der Banken, mit dem erst im Kapitalismus massenhaft auftretenden Industriekapital übernimmt als monopolistisches Kapitals die Macht in Gesellschaft und Staat. Das ist die hier vertretene Grundthese wie auch bei Rudolf Hilferding und Wladimir I. Lenin.“ (Lucas Zeise 2019, S.57/58) Er empfieht dabei als Kennzeichnung der Epoche des Imperialismus den Begriff Finanzkapitalismus. Nach Zeise ist das Finanzkapital im Laufe der letzten Jahrzehnte finanzieller geworden und meint damit, dass es vermehrt in Form des Geldkapitals in Erscheinung tritt. Hier muss die Frage aufgeworfen werden, ob diese Vorstellung beinhaltet, dass mit Finanzkapital das Geldkapital an sich gemeint ist, oder das fiktive Kapital, also Eigentumstitel auf bzw. eine Beteiligung an das sich im Kapitalkreislauf befindliche industrielle Kapital, das – wie gehabt – seine Formwandlungen durchmacht. Damit einhergeht die Frage, ob hier der Handel mit Wertpapieren bzw. anderen Finanzprodukten gemeint ist und nicht das (Finanz-) Kapital selbst. <br />
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Demirovic/Sablowski bezeichnen, den aktuellen Kapitalismus, angelehnt an den Thesen Jörg Huffschmidts, als »finanzdominiertes Akkumulationsregime«. Ihre Beobachtungen fokussieren sie auf die Reproduktionszyklen des Kapitals, wobei hier der von Karl Marx eröffnete Blickwinkel auf die Funktionen bzw. Formen des Kapitals dazu verwendet wird, die wirklichen Existenzformen des Kapitals zu beschreiben: „Der Zusammenhang der verschiedenen Kreisläufe gleicht einer auf dem Kopf stehenden Pyramide, bei der sich die Basis, der Kreislauf des industriellen Kapitals, relativ klein ausnimmt im Vergleich zu den darauf aufbauenden Kreisläufen des Finanzkapitals, das heißt des zinstragenden Kapitals, des fiktiven Kapitals und der Derivate.“ (Demirovic/Sablowski 2012, S.11)<br />
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=== Keine Verschmelzung von Industrie- und Bankkapital ===<br />
Positionen, die entweder unterstellen, dass das Industriekapital von den Finanzmärkten (häufig wird der Begriff des Finanzkapitals alternativ zu Finanzmarkt benutzt) beherrscht wird oder genau andersherum eine solche Beherrschung in Frage stellen, argumentieren – explizit oder implizit – gegen die Verschmelzungsthese, da sie eben eine Trennung der beiden Kapitalformen unterstellen. <br />
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Bei Guenther Sandleben können wir eine explizite Ablehnung der Verschmelzungsthese nachlesen: „Würde das Finanzkapital tatsächlich alle Kapitalformen einschließen, müssten natürlich auch die Kategorien entfallen, die auf der Eigenständigkeit jener Kapitalformen beruhen. So ist etwa Voraussetzung der Zinsbildung, dass sich Verleiher und fungierende Kapitalisten als Personifikation besonderer Kapitalsorten wirklich auf dem Kapitalmarkt gegenüberstehen, als Personen also, die unterschiedliche Rollen im Reproduktionsprozess spielen, oder in deren Hand dasselbe Kapital wirklich eine doppelte und gänzlich verschiedene Bewegung durchmacht: Der eine, der das Geld nur verleiht, der andere, der es im Reproduktionsprozess anwendet. Die mit dem Finanzkapital gesetzte Verschmelzung von Bank- und Industriekapital ist unvereinbar mit jeglicher Zinsbildung.“ (Sandleben 2003, S.54)<br />
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=== Transnationales Kapital ===<br />
Ausgehend von der Zunahme des Handels, des Kapitalexports und damit verbunden, der Verlagerung vom Produktion in andere Länder, gehen einige Autoren von einer Verflechtung des Kapitals aus, die sich auch in veränderten Eigentumsstrukturen niederschlage. So wird in Bezug auf Deutschland beispielsweise angenommen, dass ein Großteil der DAX-Konzerne mehrheitlich in ausländischer Hand sei. Auch auf den von der UNCTAD eingeführten und in den vergangenen Jahrzehnten gestiegenen „Transnationalisierungsindex“ wird hingewiesen. Durch die Entstehung eines solchen „transnationalen Kapitals“ seien zwar die Nationalstaaten nicht weniger wichtig geworden, hätten aber laut Listl ihre Rolle grundlegend geändert: „Nationale Konkurrenzen wie in früheren Kapitalismusformationen, etwa im Ersten oder Zweiten Weltkrieg, werden deshalb nicht wiederkehren“, sondern: „Für die neue Phase der neoliberalen Globalisierung ist kennzeichnend, daß die Nationalstaaten vor allem die Funktion haben, optimale Verwertungsbedingungen für das global operierende Kapital zu schaffen“. Die Nationalstaaten würden nun nicht mehr primär die Interessen nationaler Kapitalgruppen vertreten, sondern nur noch gegeneinander darum konkurrieren, den transnationalen Konzernen möglichst gute Verwertungsbedingungen zu bieten. Die Konzerne hätten keine Länder mehr als Heimatbasis, sondern richteten sich nach den jeweils besten Bedingungen für die Kapitalakkumulation. Konflikte gebe es in diesem System weiterhin, aber nicht mehr zwischen den imperialistischen Nationalstaaten, sondern im Sinne einer kollektiven Weltordnungsmacht, zu der sich alle entwickelten Länder gegen die Länder des „globalen Südens“ zusammengeschlossen hätten (vgl. Listl, Walter: Globalisierung des Kapitals, in: Junge Welt vom 22.7.2010). <br />
Eine Variante dieser Position vertritt auch die MLPD. Nach ihrer Analyse habe sich ein „allein herrschendes internationales Finanzkapital“ bzw. „internationale Übermonopole“ herausgebildet, die vom nationalen Monopolkapital zu unterscheiden seien. Ebenfalls seien die „internationalen Übermonopole“ dem nationalen Monopolkapital übergeordnet und würden „zunehmenden Krisenlasten“ auf dieses abwälzen. Daraus ergebe sich auch ein „Widerspruch zwischen den imperialistischen Nationalstaaten und zwischen den internationalen Übermonopolen“, der einer der fünf hauptsächlichen Widersprüche des heutigen Kapitalismus sei. <br />
Die staatstheoretische Implikation all dieser Auffassungen ist, dass der bürgerliche Staat nicht (mehr) fest mit einer bestimmten Bourgeoisie verbunden ist, sondern eine vom Kapital losgelöste Instanz, die nur noch im Interesse eines globalen Kapitals die Verwertungsbedingungen verwaltet. Im Falle der MLPD vertritt der bürgerliche Staat nur noch einen Teil des Kapitals, während der vom Nationalstaat losgelöste Teil des Kapitals versuche, sich den Staat zu unterwerfen. (Quelle?)<br />
<br />
Auch aus den Reihen der Gruppe GegenStandpunkt wird die These vertreten, dass der bürgerliche Staat einerseits ganz eindeutig die Kapitalisten der eigenen Nation stützt und schützt, andererseits aber auch ein Interesse daran hat das Kapital international agieren zu lassen (quasi aus einem eigene bürgerlich nationalstaatlichen Interesse heraus). Der bürgerliche Staat herrscht sozusagen über das Kapital und diktiert dessen „ökonomische Existenzbedingung“. (Decker/Hecker/Patrick 2016, S.116). Im Rahmen des Klärungsprozesses muss besser herausgearbeitet werden, ob diese These besagt, dass der nationale Charakter des Kapitals durch die Nationalstaaten, die ein eigenes ökonomisches Interesse haben, aber auch ökonomische Macht (Geldhoheit und Gewaltmonopol), sozusagen dem Kapital diktiert wird.<br />
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Eine extreme Variante der Transnationalisierungsthese vertreten Autoren wie Michael Hardt, Antonio Negri oder William I. Robinson, die von einer völligen Ablösung des Kapitals von den Nationalstaaten und von der Auflösung der Nationalstaaten zugunsten einer deterritorialisierten Ökonomie mit globalisierter Produktion ausgehen. Hardt und Negri zufolge seien nicht mehr die Staaten souverän, sondern das globale Kapital selbst. Es gebe auch kein eindeutiges Machtzentrum mehr, sondern die Macht durchziehe alle gesellschaftlichen Bereiche (Hardt/Negri, 2002). <br />
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=== Nationales Kapital ===<br />
Eine Gegenposition zur These des transnationalen Kapitals vertritt z.B. Beate Landefeld. Sie verweist darauf, dass ein mehrheitlich ausländischer Aktienbesitz eines Unternehmens aus verschiedenen Gründen noch nicht bedeuten muss, dass das Unternehmen durch das ausländische Kapital auch wirklich kontrolliert ist. Im Wesentlichen bleibe das deutsche Kapital weiterhin unter Kontrolle deutscher Kapitaleigner (Landefeld, Beate: Europäisiert sich die Bourgeoisie?, in: Marxistische Blätter 1/10). Jörg Goldberg und André Leisewitz argumentieren ähnlich, dass ausländische Aktionäre in vielen Fällen nicht nach Kontrolle über das Unternehmen streben würden, sondern sich lediglich für das Abschöpfen der Rendite interessieren würden. Dagegen blieben die Verbindungen der Unternehmen zur nationalstaatlich verfassten Politik weiterhin entscheidend (Goldberg/Leisewitz, 2013). Hier noch A.Wehr einfügen<br />
Günther Sandleben argumentiert, dass aus der Reproduktionsbewegung des Kapitals notwendig (historisch) ein Gesamtkapital herausbildet, das wiederum nur nationalen Charakter annehmen kann: „Das Kapital besitzt also neben seiner Gestalt als Einzelkapital eine eigenständige, makro-ökonomische Existenzweise. Es bildet zugleich das Gesamtkapital, wodurch die Bewegung der Einzelkapitale gesteuert wird. Allerdings taucht in unseren Alltagsvorstellungen der Begriff Gesamtkapital kaum auf. Man spricht stattdessen von der Volkswirtschaft eines Landes oder von einer Nationalökonomie.“ (Sandleben 2003, S.73)<br />
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Eine Zwischenposition vertreten z.B. einige niederländische Autoren (Kees van der Pijl, Eelke Heemskerk, Meindert Fennema, Bastiaan van Apeldoorn usw.). Sie gehen davon aus, dass die Kapitalistenklasse weiterhin vor allem national ist, dass es aber vor allem in Westeuropa eine deutliche Tendenz hin zur Herausbildung einer transnationalen Kapitalistenklasse gebe. Diese machen sie an zunehmenden Verflechtungen der Aufsichtsratsmandate über nationale Grenzen hinweg fest, wodurch ein transnationales Netzwerk entstehe, das zur Entstehung gemeinsamer Sichtweisen in der Kapitalistenklasse beitrage. Jedoch widersprechen sie klar der Behauptung z.B. von Hardt/Negri, wonach Kapital und Herrschaftsverhältnisse nicht mehr an ein bestimmtes geografisches Territorium gebunden seien (vgl. z.B. Heemskerk, 2013).<br />
<br />
== Literatur zum Thema ==<br />
Decker, Peter/ Hecker, Konrad/ Patrick, Joseph: Das Finanzkapital, GegenStandpunkt Verlag München 2016<br />
<br />
Demirovic, Alex/ Sablowski, Thomas: Finanzdominierte Akkumulation und die Krise in Europa, In: Reihe ANALYSEN von der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Berlin 2012<br />
<br />
Hess, Peter: Das Finanzkapital – Eigentumsform der Produktivkraftentwicklung im gegenwärtigen Kapitalismus, in: IPW-Berichte 9/1989<br />
<br />
Institut für Marxistische Studien und Forschungen (IMSF) (Hrsg.): Das Monopol – ökonmischer Kern des heutigen Kapitalismus, Theoretische und aktuelle Gesichtspunkte der marxistisch-leninistischen Monopoltheorie, Frankfurt am Main 1976<br />
<br />
Klein, Dieter: Ökonomische Widersprüche im Kapitalismus, Berlin 1976<br />
<br />
Marxistische Gruppe (Vorläuferorganisation des Gegenstandpunkt): Ein aktueller, aber falscher Klassiker: Lenin, der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus., in: Marxistische Stu-dentenzeitung 3-1981. https://msz.gegenstandpunkt.com/artikel/lenin-der-imperialismus-als-h%C3%B6chstes-stadium-des-kapitalismus<br />
<br />
Kowalski, Reinhold: Die Kapitalismusforschung in der DDR, Ent- und Abwicklung, In: Krause, Günther / Luft, Christa / Steinitz, Klaus (Hrsg.): Wirtschaftstheorie in zwei Gesellschaftssystemen Deutschlands, Erfahrungen - Defizite - Herausforderungen, Karl Dietz Verlag Berlin 2011<br />
<br />
Sandleben, Guenther: Nationalökonomie und Staat, Zur Kritik der Theorie des Finanzkapitals, VSA-Verlag, Hamburg 2003<br />
<br />
Sandleben, Guenther: Mythos Bankenmacht, In: Junge Welt, 29.05.2012, S.10<br />
<br />
Wehr, Andreas: Griechenland, die Krise und der Euro, Köln 2010<br />
<br />
Paul Windolf: Was ist Finanzmarkt-Kapitalismus? In: Ders. (Hrsg.): Finanzmarkt-Kapitalismus. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie Sonderheft 45/2005, S. 20–57.<br />
<br />
Zeise, Lucas: Geld - der vertrackte Kern des Kapitalismus, Versuch über die politische Ökonomie des Finanzsektors, Köln 2010<br />
<br />
Zeise, Lucas: Finanzkapital, Köln 2019</div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Monopolisierung_und_Finanzkapital&diff=6489Monopolisierung und Finanzkapital2019-10-02T11:11:17Z<p>Mati: /* Zur Geschichte des Begriffes Finanzkapital */</p>
<hr />
<div>Zurück zu [[AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
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== Überblick ==<br />
Hier geht es um den ökonomischen Kern des Kapitalismus in seinem imperialistischen Stadium: das Monopol bzw. die Monopolisierung als Folge der notwendigen Zentralisierung des Kapitals und die Herausbildung des Finanzkapitals als die wirkmächtige Verbindung des Industrie- und Bankkapitals bzw. produktives und Geldkapital. Kurz: Konzentration des Kapitals - Monopolisierung - Finanzkapital, ein stetig stattfindender Prozess im Laufe der kapitalistischen Geschichte.<br />
Einige begriffliche Voraussetzungen zuerst:<br />
Als erstes unterscheidet Marx die Formen des Kapitals, die sich aus dem Kapitalkreislauf (Warenproduktion und Warenzirklulation) ergeben: Geldkapital, produktives Kapital und Warenkapital. Diese Ebene der Betrachtung sagt noch nichts aus über das Eigentum an Kapital. War es historisch so, dass jeder einzelne industrielle Kapitalist alle Formwandlungen des Kapitals in seiner Kontrolle durchlaufen konnte? Entwickelten sich Handelskapitalisten durch Besitz von Waren (Warenkapital) und / oder Geld zu Bank- und Handelskapitalisten, industrielle Kapitalisten aber auch ebenso durch Akkumulation wiederum zu Bank- und Handelskapitalisten? Im Kapitalkreislauf (Einsatz von Geldkapital in Produktionsmittel und Arbeitskraft, Produktion von Waren, Umsatz von Warenkapital in Geldkapital) also macht das Kapital Formwandlungen durch. Ob und in welchem Maße nun diese verschiedenen Kapitalformen historisch durch industrielle Kapitalisten, Bankkapitalisten, Handelskapitalisten oder den kapitalistischen Staat vertreten werden, ist Sache der konkreten historischen Untersuchung und keine theoretische Frage.<br />
Wenn wir uns nun hier mit der Frage der notwendigen Verschmelzung von Industrie- und Bankkapital zum Finanzkapital als Folge der Monopolisierung (und diese wiederum als notwendige Folge der Konzentration und Zentralisation des Kapitals) beschäftigen, geht es um eine historische Betrachtung. Diese historische Entwicklung tendiert zunehmend zur Vergesellschaftung, das heisst: immer größere Monopole verwalten den gesellschaftlich produzierten Mehrwert, das gesamtgesellschaftliche Kapital in fortschreitend zentralisierterer Form. Die unterschiedlichen Kapitalisten, Bank-, Industrie, Handelskapitalisten (letztere historisch betrachtet zunehmend bedeutungsloser), binden durch gegenseitige Beteiligungen (mittels ihres in Form von Geldkapital angehäuftem gesellschaftlichen Mehrwert) ihre Kapitale zusammen, um die notwendigen Investitionen in den unterschiedlichen Bereichen der gesellschaftlichen Mehrwertproduktion, zu gewährleisten. <br />
<br />
Beide Kategorien, Monopolisierung und Finanzkapital, sind jedoch umstritten. Die unterschiedlichen Positionen sollen in einem ersten Aufschlag hier vorgestellt werden und die Grundlage für weitere Vertiefungen und Untersuchungen bieten.<br />
Im Mittelpunkt der Debatte geht es um die Fragen: Ist die stattfindende Monopolisierung von Kapitalen eine zwangsläufige und gesetzmäßige Entwicklung des Kapitalismus der freien Konkurrenz? Und daraus folgend: befinden wir uns daher heute noch in einem Kapitalismus der freien Konkurrenz, in der sich einige Konzerne zwar durchgesetzt haben, denen aber keine dauerhafte Charakterisierung als Monopol zugeschrieben werden kann?<br />
Des Weiteren ist so ähnlich wie „Imperialismus“ der Begriff des Finanzkapitals, sowohl in der kommunistischen Bewegung, als auch in der marxistisch orientierten Akademie ungeklärt. Ungeklärt in dem Sinne, dass er erstens sehr unterschiedlich verwendet wird, zweitens auch im empirischen Sinne. <br />
Ob die verschiedenen Auffassungen der Wirklichkeit standhalten, wird zu überprüfen sein. Ohne eine empirische Auseinandersetzung werden wir den Dissens nicht lösen können.<br />
In dem hier gesetzten Rahmen wird es zunächst einmal darum gehen, den Dissens überhaupt zu begreifen, also die verschiedenen Ansätze und Positionen darzulegen. Der hier gemachte Aufschlag kann nur ein erster Schritt sein, um sich einen Überblick, wenn auch keinen allumfassenden, zu verschaffen. In einem zweiten Schritt wird in der Arbeitsgruppe die ausführlichere Darlegung der Positionen stattfinden.<br />
<br />
=== Monopolisierung als gesetzmäßige Tendenz im Kapitalismus ===<br />
Die Grundlagen der ökonomischen Analyse des Kapitalismus als monopolistischer Kapitalismus ist die Erkenntnis der grundlegenden Gesetze der kapitalistischen Produktionsweise, der Konzentration und Zentralisation des Kapitals. Außerdem die daraus folgende Akkumulation und die steigende organische Zusammensetzung des Kapitals, darauf aufbauend der zunehmende gesellschaftliche Charakter der Produktivkräfte, der im Widerspruch zur privaten Aneignung, dem Wert- und dem Mehrwertgesetz, der Fall der Profitrate usw. steht. <br />
Die Momente des Übergangs zum imperialistischen Stadium sind schon bei Marx und Engels herausgearbeitet worden. Diese Momente des Übergangs sind u. a. die zunehmende Rolle des Gesellschaftskapitals (in Form der Aktiengesellschaften, Trennung Kapitalfunktion und Kapitaleigentum), die zunehmende Bedeutung des Kredits, die Entstehung von Monopolen und einer Finanzoligarchie, die strukturelle Überakkumulation und die Zunahme des Kapitalexports. Der Umschlag von der freien Konkurrenz ins Monopol ist das Merkmal des neuen Stadiums des Kapitalismus und seine unterschiedlichen Erscheinungen und Phänomene sind darauf zurückzuführen. Die Gesetzmäßigkeiten der kapitalistischen Produktionsweise werden dadurch nicht aufgehoben, aber das Gesetz der Durchschnittsprofitrate als Regulator der Produktion und Profitverteilung durchbrochen. Das moderne Monopol verfügt, aufgrund seiner Beherrschung von Reproduktionszusammenhängen, über ökonomische, soziale und politische Macht und Gewalt. <br />
<br />
Es gibt eine Reihe von Positionen, die eine Trennung des Stadiums des Imperialismus von dem der freien Konkurrenz vornehmen und verneinen, dass es sich um monopolistischen Kapitalismus handelt. Dabei werden Lenins Ansichten und Analysen als Widerspruch zu den theoretischen Auffassungen im Kapital von Karl Marx betrachtet. Zu dieser Strömung gehören zum Beispiel die „Neue Marx-Lektüre“, die Werttheoretiker, der Gegenstandpunkt und andere weitestgehend akademische Debatten. Diese Strömungen unterscheiden sich zwar in Eckpunkten, sind sich aber in der Trennung von Marx und Lenin einig. <br />
Die Analyse, dass aus der Konzentration und Zentralisation die Monopolbildung folgt und demnach die Entwicklung des Kapitalismus aus dem Stadium der freien Konkurrenz in das des Monopols, wird abgelehnt. <br />
Eine historische Tendenz zur Zunahme dieser Phänomene wird verneint. Die Bildung von Monopolen wird teilweise als Mittel der Kapitale gesehen, sich in der immer noch bestehenden freien Konkurrenz gegenüber anderen Kapitalen zu bewähren. Die Neue Marx-Lektüre und der Gegenstandpunkt (GSP) unterscheiden sich in einigen Punkten, lehnen beide aber die Entwicklung des Kapitalismus zum Monopolkapitalismus ab. Die Rolle des Staates ist aus Sicht des Gegenstandpunkts dabei eine, die über der Ökonomie steht: <br />
Er treibt, um selbst in der internationalen Konkurrenz zu bestehen, die Monopolisierung voran. Der Staat instrumentalisiere damit die Ökonomie für „seine Zwecke" (Marxistische Gruppe, 1981). <br />
Die Bankenmacht sei eine Illusion, so argumentiert auch Guenther Sandleben. Die von Hilferding und auch von Lenin behauptete besondere Stellung der Banken stellt er in Frage und relativiert die Rolle der Banken als Vermittler des Geldkapitals. Ob er und vielleicht auch andere die Zentralisierungsbewegung im Bankensektor und damit deren Monopolisierung in Frage stellen, soll im Rahmen der weiteren Bearbeitung Gegenstand der Untersuchung sein.<br />
<br />
=== Zur Geschichte des Begriffes Finanzkapital ===<br />
Der Begriff des Finanzkapitals wurde von Rudolf Hilferding in den Marxismus eingeführt. Gleich bei der Veröffentlichung hat Kautsky einiges an Kritik angemeldet. Umstritten war er also von Anbeginn. Lenin übernimmt den Begriff, auch wenn er dann auf seine Unzulänglichkeiten hinweist und ihn um den Aspekt der dem Finanzkapital zugrundeliegenden notwendigen Monopolisierung erweitert. Nach Lenins Schrift scheinen sich vor allem zwei Richtungen der Interpretation zu entwickeln, die bis heute in unterschiedlichster Weise noch existent sind. Jedoch muss die Arbeit im Klärungsprozess auch darin bestehen herauszuarbeiten, ob diese grobe Unterteilung zutrifft oder nicht oder ob sich weitere Ansätze entwickelt haben, die hier nicht richtig oder gar nicht eingeordnet sind bzw. eingeordnet werden können. Die zwei Ansätze die hier zur groben Einteilung der verschiedenen Positionen eine Orientierung geben sollen, sind folgende: <br />
Der erste Ansatz geht davon aus, dass das Finanzkapital das monopolisierte Kapital, das in der Produktion angelegt ist, also das „Kapital in der Verfügung der Banken und in der Verwendung der Industriellen“ (Hilferding1973, S.?). Diese Position ist aus den Referaten und Positionen innerhalb der KI (Kommunistische Internationale), in der SU (Sowjetunion) und auch in der DDR zu finden und baut grundsätzlich auf die Thesen Hilferdings und Lenins auf. Aufbauend darauf entsteht die Theorie des [[Monopole und Staat#Staatsmonopolistischer Kapitalismus|staatsmonopolistischen Kapitalismus]]. <br />
<br />
Der zweite Ansatz geht davon aus, dass das Finanzkapital das Kapital ist, das lediglich in den Finanzmärkten kursiert und nimmt entweder explizit oder implizit eine Position gegen die Verschmelzungsthese ein. <br />
<br />
Heute finden wir Versatzstücke beider Ansätze in einzelnen Positionen und unzählige Ausdifferenzierungen in Detailfragen. Wir müssen davon ausgehen, dass dieser Zustand auf die Krise des Kommunismus, vor allem auf den Revisionismus, zurückzuführen ist. Gleichzeitig ist das Eindrin-gen der bürgerlichen Ideologie und die Befassung mit dieser Frage in der bürgerlichen Akademie durch zahlreiche marxistisch gesinnte Akademiker ein weiterer Grund für den bunten Strauß an Erklärungsansätzen, die uns heute präsentiert wird. Die so genannten Globalisierungstheoretiker sind hier als Beispiel zu nennen.<br />
Die hier vorgeschlagene Systematisierung ist wie folgt: Lenins Begriff des Finanzkapitals wird als Ausgangspunkt genommen. Alle anderen Positionen werden dann dazu ins Verhältnis gesetzt.<br />
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=== Lenins Begriff des Finanzkapitals ===<br />
Die in der kapitalistischen Entwicklung gesetzmäßigen Konzentrationsprozesse in der Produktion und dann auch des Bankkapitals führen zur Monopolisierung in der Industrie und im Bankensektor. Die Monopolisierung führt zur Verschmelzung von Industrie- und Bankkapital. Lenin schreibt: „Konzentration der Produktion, daraus erwachsende Monopole, Verschmelzen oder Verwachsen der Banken mit der Industrie - das ist die Entstehungsgeschichte des Finanzkapitals und der Inhalt dieses Begriffs.“ (LW Bd.22, S.230) Aufbauend auf folgende Aussage Hilferdings wendet Lenin seine Hauptaufmerksamkeit dem so genannten »Beteiligungssystem« bzw. »Beteiligungsgesellschaft«: „Ein immer wachsender Teil des Kapitals der Industrie gehört nicht den Industriellen, die es anwenden. Sie erhalten die Verfügung über das Kapital nur durch die Bank, die ihnen gegenüber den Eigentümer vertritt. Andererseits muß die Bank einen immer wachsenden Teil ihrer Kapitalien in der Industrie fixieren. Sie wird damit in immer größerem Umfang industrieller Kapitalist. Ich nenne das Bankkapital, also Kapital in Geldform, das auf diese Weise in Wirklichkeit in industrielles Kapital verwandelt ist, das Finanzkapital.“ (Hilferding 1973, S.) Lenin legt die tatsächlich vor sich gehende Verschmelzung durch ein weit verzweigtes Netz von Beteiligungen dar, die dem Monopolkapital die Kommandohoheit über immer größere Teile der Nationalökonomie sichert. Die am häufigsten anzutreffende, juristische Form einer Beteiligungsgesellschaft ist die Aktiengesellschaft. Aus den Ausführungen Lenins ist ersichtich, dass er das Finanzkapital am Aufkommen von Wertpapieren in den jeweiligen Nationalstaaten misst: „Diese vier Länder (damit sind England, Frankreich, Vereinigte Staaten und Deutschland gemeint, Anm. d. Redaktion) zusammen besitzen 479 Millarden Francs (das ist die Summe der Wertpapiere in diesen Ländern im Jahre 1910, Anm.d.Redaktion), d.h. nahezu 80 % des Weltfinanzkapitals. Fast die ganze übrige Welt spielt so oder anders die Rolle des Schuldners und Tributpflichtigen dieser Länder - der internationalen Bankiers, dieser vier »Säulen« des Weltfinanzkapitals.“ (LW, Bd 22, S.243/244). Das Kapital wiederum, das in Form von Wertpapieren existiert, ist fiktives Kapital. Dazu Karl Marx: „Die Aktien von Eisenbahn-, Bergwerks-, Schiffahrts- etc. Gesellschaften stellen wirkliches Kapital vor, nämlich das in diesen Unternehmungen angelegte oder fungierende Kapital oder die Geldsumme, welche von den Teilhabern vorgeschossen ist, um als Kapital in solches Unternehmungen verausgabt zu werden. Wobei keineswegs ausgeschlossen ist, dass sie auch bloßen Schwindel vorstellen. Aber dies Kapital existiert nicht doppelt, einmal als Kapitalwert der Eigentumstitel, der Aktien, und das andre Mal als das in jenen Unternehmungen wirklich angelegte oder anzulegende Kapital. Es existiert nur in jener letztern Form, und die Aktie ist nichts als ein Eigentumstitel, pro rata, auf den durch jenes zu realisierenden Mehrwert. A mag diesen Titel an B, und B ihn an C verkaufen. Diese Transaktionen ändern nichts an der Natur der Sache. A oder B hat dann seinen Titel in Kapital aber C sein Kapital in einen bloßen Eigentumstitel auf den von dem Aktienkapital zu erwartenden Mehrwert verwandelt.“ (Karl Marx, Das Kapital Band III, S. 484/485)<br />
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Ein weiterer wichtiger Aspekt des Begriffes Finanzkapital ist der Zusammenhang mit der politischen Organisation der Kapitalistenklasse, des Staates. Dazu schreibt Lenin: „Die Epoche des jüngsten Kapitalismus zeigt uns, daß sich unter den Kapitalistenverbänden bestimmte Beziehungen herausbilden auf dem Boden der ökonomischen Aufteilung der Welt, daß sich aber daneben und im Zusammenhang damit zwischen den politischen Verbänden, den Staaten, bestimmte Beziehungen herausbilden auf dem Boden der territorialen Aufteilung der Welt, des Kampfes um Kolonien, »des Kampfes um das Wirtschaftsgebiet«.“ (LW, Bd 22, S.258) Alle weiteren, historisch-konkreten Ausführungen Lenins und seine Kritik an Kautsky zeigen deutlich, dass das so genannte Weltfinanzkapital sich in nationale Kapitalistenverbände aufteilt, die wiederum durch ihre politische Organisation in Form von Nationalstaaten, ihre Rivalitäten bezüglich der Neuaufteilung der Welt ausfechten. <br />
Zwei Entwicklungstendenzen werden ausgemacht: eine ausgeweitete Internationalisierung des Finanzkapitals, im Sinne der erhöhten Aktivität und Konzentration auf internationaler Ebene, - eine Tendenz, die zu vermehrter internationaler Organisation des Kapitals führen muss. Und auf der anderen Seite verschärfte Konkurrenz zwischen den nationalstaatlich organisierten Kapitalistenverbände um Rohstoff- und Wirtschaftsgebiete. Letztlich wird aber trotz der notwendigen Internationalisierung, im Sinne von Zusammenarbeit verschiedener Kapitalistenverbände in internationalen und regionalen Zusammenschlüssen wie Trusts, Kartelle etc., die sich zuspitzende Konkurrenz, wenn nicht durch Kauf, dann nur durch Gewaltmaßnahmen, also durch das Militär, gelöst werden können. <br />
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Der Begriff des Finanzkapitals in der Kommunistischen Internationale, in der Sowjetunion und den sozialistischen Ländern knüpft weitestgehend an Lenins Auffassungen an. Ab wann und in welcher Weise Differenzen und / oder Revisionen des Leninschen Begriffs von Finanzkapital auftauchen, wird eine Aufgabe der Untersuchungen im Rahmen des Klärungsprozesses sein. In der DDR haben sich einige Ökonomen der historisch-konkreten Analyse des Kapitalismus gewidmet. Ihre Arbeiten müssen wir heranziehen, um ein tieferes Verständnis für den Begriff des Finanzkapitals zu entwi-ckeln und nachzuprüfen, ob er den Realitäten standhält. <br />
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=== Finanzkapital gleich fiktives Kapital ===<br />
Es gibt zahlreiche Autoren, die den Begriff Finanzkapital in Anlehnung an Hilferding und Lenin benutzen. Bei der näheren Betrachtung stellt sich jedoch die Frage, inwiefern das Finanzkapital trotz des positiven Bezugs auf den Leninschen Begriff alternativ als Geldkapital oder Bankkapital verwendet wird. Eine solche Anwendung des Begriffes kann dann unterstellt werden, wenn in den Ausführungen z.B. eine Trennung zwischen Industriekapital und dem Finanzkapital bzw. Bankkapital vorgenommen wird.<br />
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Andreas Wehr stellt hierzu fest, dass durch die hervorstechende Rolle der Finanzmärkte der falsche Schein einer Verselbständigung entstehen kann, die der Verschmelzungsthese zu widersprechen scheint (Wehr 2010, S.28), weist aber mit Bezugnahme auf die Arbeiten von Hess darauf hin, dass Finanzmarkttransaktionen letztlich auch „in einem erheblichen Maße der Ermöglichung bzw. der Fortsetzung der Produktion auf monopolkapitalistischer Stufe“ dienen. (Wehr 2010, S.29) Das zur Finanzierung der Produktion im Allgemeinen gesammelte, verwaltete, verliehene Geld also, erscheine auf den Finanzmärkten (dort, wo es gehandelt wird) als von der Industrie losgelöst (verselbständigt), dies aber sei nur ein Scheinwiderspruch zur Verschmelzungsthese, da diese Finanzmittel direkte (z.B. als Aktien/Wertpapiere) oder indirekt (als Kredit) in der Produktion eingesetzt werden und Ansprüche durch entweder Dividende oder Zins auf den dort produzierten Mehrwert erheben. So verstanden, wäre Finanzkapital das miteinander zusammenfließende, von den Banken (auch Investmentbanken) vermittelte monopolisierte Kapital. <br />
Wehr weist jedoch auch darauf hin, dass große Banken (wie die Deutsche Bank) zunehmend ihre Beteiligungen an Industrieunternehmen aufgeben. Er stellt die These auf, dass trotz dieser Entwicklung die Macht der Banken nicht abgenommen hätte. Hier ist die Frage, ob die Verschmelzungsthese lediglich durch die Beteiligung der Banken an den Industrieunternehmen selbst abzulesen ist oder ob die durch Banken vermittelte Kapitalbeschaffung für Beteiligungs-, bzw. Aktiengesellschaften. Zu bobachten sei eine weitere personelle Verflechtung mit der Industrie, so Wehr, was zeige, dass die Verschmelzung trotz der geringeren Beteiligung der Banken an Industrieunternehmen noch weiter existiere. Diese Beobachtungen und Schlussfolgerungen werfen Fragen auf:<br />
Ist das Finanzkapital als verwachsenes Bank- und Industriekapital vor allem in der Form des fiktiven Kapitals, also im weitesten Sinne in Form von Wertpapieren (siehe oben Lenin zu Beteili-gungsgesellschaften) real anzutreffen? Ist demzufolge das den Aktiengesellschaften zur Verfügung stehende Kapital das Finanzkapital?<br />
Oder kann die personelle Verflechtung von Banken und Industrie als Indiz für die Verschmelzungsthese dienen oder ist die personelle Verflechung ‚nur’ eine Konsequenz aus der gegenseitigen Verwicklung der Kapitale? Ist desweiteren eine Entflechtung bzw. Trennung von Industrie- und Bankkapital möglich und wäre dann die These nach einer notwendigen Entwicklungstendenz zum Finanzkapital nicht haltbar?<br />
<br />
Lucas Zeise umschreibt in seinem 2019 erschienen Buch mit dem Titel Finanzkapital: „Es (das Finanzkapital, Anm. BolscheWiki) wird dabei als die Verbindung des oben definierten Geldkapitals mit dem (Industrie)-Kapital bezeichnet, das durch die Ausbeutung der Arbeitskräfte Waren produziert, die Wert und Mehrwert repräsentieren. (…) Die Verbindung des alten Geldkapitals, kurz der Banken, mit dem erst im Kapitalismus massenhaft auftretenden Industriekapital übernimmt als monopolistisches Kapitals die Macht in Gesellschaft und Staat. Das ist die hier vertretene Grundthese wie auch bei Rudolf Hilferding und Wladimir I. Lenin.“ (Lucas Zeise 2019, S.57/58) Er empfieht dabei als Kennzeichnung der Epoche des Imperialismus den Begriff Finanzkapitalismus. Nach Zeise ist das Finanzkapital im Laufe der letzten Jahrzehnte finanzieller geworden und meint damit, dass es vermehrt in Form des Geldkapitals in Erscheinung tritt. Hier muss die Frage aufgeworfen werden, ob diese Vorstellung beinhaltet, dass mit Finanzkapital das Geldkapital an sich gemeint ist, oder das fiktive Kapital, also Eigentumstitel auf bzw. eine Beteiligung an das sich im Kapitalkreislauf befindliche industrielle Kapital, das – wie gehabt – seine Formwandlungen durchmacht. Damit einhergeht die Frage, ob hier der Handel mit Wertpapieren bzw. anderen Finanzprodukten gemeint ist und nicht das (Finanz-) Kapital selbst. <br />
<br />
Demirovic/Sablowski bezeichnen, den aktuellen Kapitalismus, angelehnt an den Thesen Jörg Huffschmidts, als »finanzdominiertes Akkumulationsregime«. Ihre Beobachtungen fokussieren sie auf die Reproduktionszyklen des Kapitals, wobei hier der von Karl Marx eröffnete Blickwinkel auf die Funktionen bzw. Formen des Kapitals dazu verwendet wird, die wirklichen Existenzformen des Kapitals zu beschreiben: „Der Zusammenhang der verschiedenen Kreisläufe gleicht einer auf dem Kopf stehenden Pyramide, bei der sich die Basis, der Kreislauf des industriellen Kapitals, relativ klein ausnimmt im Vergleich zu den darauf aufbauenden Kreisläufen des Finanzkapitals, das heißt des zinstragenden Kapitals, des fiktiven Kapitals und der Derivate.“ (Demirovic/Sablowski 2012, S.11)<br />
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=== Keine Verschmelzung von Industrie- und Bankkapital ===<br />
Positionen, die entweder unterstellen, dass das Industriekapital von den Finanzmärkten (häufig wird der Begriff des Finanzkapitals alternativ zu Finanzmarkt benutzt) beherrscht wird oder genau andersherum eine solche Beherrschung in Frage stellen, argumentieren – explizit oder implizit – gegen die Verschmelzungsthese, da sie eben eine Trennung der beiden Kapitalformen unterstellen. <br />
<br />
Bei Guenther Sandleben können wir eine explizite Ablehnung der Verschmelzungsthese nachlesen: „Würde das Finanzkapital tatsächlich alle Kapitalformen einschließen, müssten natürlich auch die Kategorien entfallen, die auf der Eigenständigkeit jener Kapitalformen beruhen. So ist etwa Voraussetzung der Zinsbildung, dass sich Verleiher und fungierende Kapitalisten als Personifikation besonderer Kapitalsorten wirklich auf dem Kapitalmarkt gegenüberstehen, als Personen also, die unterschiedliche Rollen im Reproduktionsprozess spielen, oder in deren Hand dasselbe Kapital wirklich eine doppelte und gänzlich verschiedene Bewegung durchmacht: Der eine, der das Geld nur verleiht, der andere, der es im Reproduktionsprozess anwendet. Die mit dem Finanzkapital gesetzte Verschmelzung von Bank- und Industriekapital ist unvereinbar mit jeglicher Zinsbildung.“ (Sandleben 2003, S.54)<br />
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=== Transnationales Kapital ===<br />
Ausgehend von der Zunahme des Handels, des Kapitalexports und damit verbunden, der Verlagerung vom Produktion in andere Länder, gehen einige Autoren von einer Verflechtung des Kapitals aus, die sich auch in veränderten Eigentumsstrukturen niederschlage. So wird in Bezug auf Deutschland beispielsweise angenommen, dass ein Großteil der DAX-Konzerne mehrheitlich in ausländischer Hand sei. Auch auf den von der UNCTAD eingeführten und in den vergangenen Jahrzehnten gestiegenen „Transnationalisierungsindex“ wird hingewiesen. Durch die Entstehung eines solchen „transnationalen Kapitals“ seien zwar die Nationalstaaten nicht weniger wichtig geworden, hätten aber laut Listl ihre Rolle grundlegend geändert: „Nationale Konkurrenzen wie in früheren Kapitalismusformationen, etwa im Ersten oder Zweiten Weltkrieg, werden deshalb nicht wiederkehren“, sondern: „Für die neue Phase der neoliberalen Globalisierung ist kennzeichnend, daß die Nationalstaaten vor allem die Funktion haben, optimale Verwertungsbedingungen für das global operierende Kapital zu schaffen“. Die Nationalstaaten würden nun nicht mehr primär die Interessen nationaler Kapitalgruppen vertreten, sondern nur noch gegeneinander darum konkurrieren, den transnationalen Konzernen möglichst gute Verwertungsbedingungen zu bieten. Die Konzerne hätten keine Länder mehr als Heimatbasis, sondern richteten sich nach den jeweils besten Bedingungen für die Kapitalakkumulation. Konflikte gebe es in diesem System weiterhin, aber nicht mehr zwischen den imperialistischen Nationalstaaten, sondern im Sinne einer kollektiven Weltordnungsmacht, zu der sich alle entwickelten Länder gegen die Länder des „globalen Südens“ zusammengeschlossen hätten (vgl. Listl, Walter: Globalisierung des Kapitals, in: Junge Welt vom 22.7.2010). <br />
Eine Variante dieser Position vertritt auch die MLPD. Nach ihrer Analyse habe sich ein „allein herrschendes internationales Finanzkapital“ bzw. „internationale Übermonopole“ herausgebildet, die vom nationalen Monopolkapital zu unterscheiden seien. Ebenfalls seien die „internationalen Übermonopole“ dem nationalen Monopolkapital übergeordnet und würden „zunehmenden Krisenlasten“ auf dieses abwälzen. Daraus ergebe sich auch ein „Widerspruch zwischen den imperialistischen Nationalstaaten und zwischen den internationalen Übermonopolen“, der einer der fünf hauptsächlichen Widersprüche des heutigen Kapitalismus sei. <br />
Die staatstheoretische Implikation all dieser Auffassungen ist, dass der bürgerliche Staat nicht (mehr) fest mit einer bestimmten Bourgeoisie verbunden ist, sondern eine vom Kapital losgelöste Instanz, die nur noch im Interesse eines globalen Kapitals die Verwertungsbedingungen verwaltet. Im Falle der MLPD vertritt der bürgerliche Staat nur noch einen Teil des Kapitals, während der vom Nationalstaat losgelöste Teil des Kapitals versuche, sich den Staat zu unterwerfen. (Quelle?)<br />
<br />
Auch aus den Reihen der Gruppe GegenStandpunkt wird die These vertreten, dass der bürgerliche Staat einerseits ganz eindeutig die Kapitalisten der eigenen Nation stützt und schützt, andererseits aber auch ein Interesse daran hat das Kapital international agieren zu lassen (quasi aus einem eigene bürgerlich nationalstaatlichen Interesse heraus). Der bürgerliche Staat herrscht sozusagen über das Kapital und diktiert dessen „ökonomische Existenzbedingung“. (Decker/Hecker/Patrick 2016, S.116). Im Rahmen des Klärungsprozesses muss besser herausgearbeitet werden, ob diese These besagt, dass der nationale Charakter des Kapitals durch die Nationalstaaten, die ein eigenes ökonomisches Interesse haben, aber auch ökonomische Macht (Geldhoheit und Gewaltmonopol), sozusagen dem Kapital diktiert wird.<br />
<br />
Eine extreme Variante der Transnationalisierungsthese vertreten Autoren wie Michael Hardt, Antonio Negri oder William I. Robinson, die von einer völligen Ablösung des Kapitals von den Nationalstaaten und von der Auflösung der Nationalstaaten zugunsten einer deterritorialisierten Ökonomie mit globalisierter Produktion ausgehen. Hardt und Negri zufolge seien nicht mehr die Staaten souverän, sondern das globale Kapital selbst. Es gebe auch kein eindeutiges Machtzentrum mehr, sondern die Macht durchziehe alle gesellschaftlichen Bereiche (Hardt/Negri, 2002). <br />
<br />
=== Nationales Kapital ===<br />
Eine Gegenposition zur These des transnationalen Kapitals vertritt z.B. Beate Landefeld. Sie verweist darauf, dass ein mehrheitlich ausländischer Aktienbesitz eines Unternehmens aus verschiedenen Gründen noch nicht bedeuten muss, dass das Unternehmen durch das ausländische Kapital auch wirklich kontrolliert ist. Im Wesentlichen bleibe das deutsche Kapital weiterhin unter Kontrolle deutscher Kapitaleigner (Landefeld, Beate: Europäisiert sich die Bourgeoisie?, in: Marxistische Blätter 1/10). Jörg Goldberg und André Leisewitz argumentieren ähnlich, dass ausländische Aktionäre in vielen Fällen nicht nach Kontrolle über das Unternehmen streben würden, sondern sich lediglich für das Abschöpfen der Rendite interessieren würden. Dagegen blieben die Verbindungen der Unternehmen zur nationalstaatlich verfassten Politik weiterhin entscheidend (Goldberg/Leisewitz, 2013). Hier noch A.Wehr einfügen<br />
Günther Sandleben argumentiert, dass aus der Reproduktionsbewegung des Kapitals notwendig (historisch) ein Gesamtkapital herausbildet, das wiederum nur nationalen Charakter annehmen kann: „Das Kapital besitzt also neben seiner Gestalt als Einzelkapital eine eigenständige, makro-ökonomische Existenzweise. Es bildet zugleich das Gesamtkapital, wodurch die Bewegung der Einzelkapitale gesteuert wird. Allerdings taucht in unseren Alltagsvorstellungen der Begriff Gesamtkapital kaum auf. Man spricht stattdessen von der Volkswirtschaft eines Landes oder von einer Nationalökonomie.“ (Sandleben 2003, S.73)<br />
<br />
Eine Zwischenposition vertreten z.B. einige niederländische Autoren (Kees van der Pijl, Eelke Heemskerk, Meindert Fennema, Bastiaan van Apeldoorn usw.). Sie gehen davon aus, dass die Kapitalistenklasse weiterhin vor allem national ist, dass es aber vor allem in Westeuropa eine deutliche Tendenz hin zur Herausbildung einer transnationalen Kapitalistenklasse gebe. Diese machen sie an zunehmenden Verflechtungen der Aufsichtsratsmandate über nationale Grenzen hinweg fest, wodurch ein transnationales Netzwerk entstehe, das zur Entstehung gemeinsamer Sichtweisen in der Kapitalistenklasse beitrage. Jedoch widersprechen sie klar der Behauptung z.B. von Hardt/Negri, wonach Kapital und Herrschaftsverhältnisse nicht mehr an ein bestimmtes geografisches Territorium gebunden seien (vgl. z.B. Heemskerk, 2013).<br />
<br />
== Literatur zum Thema ==<br />
Decker, Peter/ Hecker, Konrad/ Patrick, Joseph: Das Finanzkapital, GegenStandpunkt Verlag München 2016<br />
<br />
Demirovic, Alex/ Sablowski, Thomas: Finanzdominierte Akkumulation und die Krise in Europa, In: Reihe ANALYSEN von der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Berlin 2012<br />
<br />
Hess, Peter: Das Finanzkapital – Eigentumsform der Produktivkraftentwicklung im gegenwärtigen Kapitalismus, in: IPW-Berichte 9/1989<br />
<br />
Institut für Marxistische Studien und Forschungen (IMSF) (Hrsg.): Das Monopol – ökonmischer Kern des heutigen Kapitalismus, Theoretische und aktuelle Gesichtspunkte der marxistisch-leninistischen Monopoltheorie, Frankfurt am Main 1976<br />
<br />
Klein, Dieter: Ökonomische Widersprüche im Kapitalismus, Berlin 1976<br />
<br />
Marxistische Gruppe (Vorläuferorganisation des Gegenstandpunkt): Ein aktueller, aber falscher Klassiker: Lenin, der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus., in: Marxistische Stu-dentenzeitung 3-1981. https://msz.gegenstandpunkt.com/artikel/lenin-der-imperialismus-als-h%C3%B6chstes-stadium-des-kapitalismus<br />
<br />
Kowalski, Reinhold: Die Kapitalismusforschung in der DDR, Ent- und Abwicklung, In: Krause, Günther / Luft, Christa / Steinitz, Klaus (Hrsg.): Wirtschaftstheorie in zwei Gesellschaftssystemen Deutschlands, Erfahrungen - Defizite - Herausforderungen, Karl Dietz Verlag Berlin 2011<br />
<br />
Sandleben, Guenther: Nationalökonomie und Staat, Zur Kritik der Theorie des Finanzkapitals, VSA-Verlag, Hamburg 2003<br />
<br />
Sandleben, Guenther: Mythos Bankenmacht, In: Junge Welt, 29.05.2012, S.10<br />
<br />
Wehr, Andreas: Griechenland, die Krise und der Euro, Köln 2010<br />
<br />
Paul Windolf: Was ist Finanzmarkt-Kapitalismus? In: Ders. (Hrsg.): Finanzmarkt-Kapitalismus. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie Sonderheft 45/2005, S. 20–57.<br />
<br />
Zeise, Lucas: Geld - der vertrackte Kern des Kapitalismus, Versuch über die politische Ökonomie des Finanzsektors, Köln 2010<br />
<br />
Zeise, Lucas: Finanzkapital, Köln 2019</div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Monopolisierung_und_Finanzkapital&diff=6488Monopolisierung und Finanzkapital2019-10-02T10:18:09Z<p>Mati: /* Überblick */</p>
<hr />
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== Überblick ==<br />
Hier geht es um den ökonomischen Kern des Kapitalismus in seinem imperialistischen Stadium: das Monopol bzw. die Monopolisierung als Folge der notwendigen Zentralisierung des Kapitals und die Herausbildung des Finanzkapitals als die wirkmächtige Verbindung des Industrie- und Bankkapitals bzw. produktives und Geldkapital. Kurz: Konzentration des Kapitals - Monopolisierung - Finanzkapital, ein stetig stattfindender Prozess im Laufe der kapitalistischen Geschichte.<br />
Einige begriffliche Voraussetzungen zuerst:<br />
Als erstes unterscheidet Marx die Formen des Kapitals, die sich aus dem Kapitalkreislauf (Warenproduktion und Warenzirklulation) ergeben: Geldkapital, produktives Kapital und Warenkapital. Diese Ebene der Betrachtung sagt noch nichts aus über das Eigentum an Kapital. War es historisch so, dass jeder einzelne industrielle Kapitalist alle Formwandlungen des Kapitals in seiner Kontrolle durchlaufen konnte? Entwickelten sich Handelskapitalisten durch Besitz von Waren (Warenkapital) und / oder Geld zu Bank- und Handelskapitalisten, industrielle Kapitalisten aber auch ebenso durch Akkumulation wiederum zu Bank- und Handelskapitalisten? Im Kapitalkreislauf (Einsatz von Geldkapital in Produktionsmittel und Arbeitskraft, Produktion von Waren, Umsatz von Warenkapital in Geldkapital) also macht das Kapital Formwandlungen durch. Ob und in welchem Maße nun diese verschiedenen Kapitalformen historisch durch industrielle Kapitalisten, Bankkapitalisten, Handelskapitalisten oder den kapitalistischen Staat vertreten werden, ist Sache der konkreten historischen Untersuchung und keine theoretische Frage.<br />
Wenn wir uns nun hier mit der Frage der notwendigen Verschmelzung von Industrie- und Bankkapital zum Finanzkapital als Folge der Monopolisierung (und diese wiederum als notwendige Folge der Konzentration und Zentralisation des Kapitals) beschäftigen, geht es um eine historische Betrachtung. Diese historische Entwicklung tendiert zunehmend zur Vergesellschaftung, das heisst: immer größere Monopole verwalten den gesellschaftlich produzierten Mehrwert, das gesamtgesellschaftliche Kapital in fortschreitend zentralisierterer Form. Die unterschiedlichen Kapitalisten, Bank-, Industrie, Handelskapitalisten (letztere historisch betrachtet zunehmend bedeutungsloser), binden durch gegenseitige Beteiligungen (mittels ihres in Form von Geldkapital angehäuftem gesellschaftlichen Mehrwert) ihre Kapitale zusammen, um die notwendigen Investitionen in den unterschiedlichen Bereichen der gesellschaftlichen Mehrwertproduktion, zu gewährleisten. <br />
<br />
Beide Kategorien, Monopolisierung und Finanzkapital, sind jedoch umstritten. Die unterschiedlichen Positionen sollen in einem ersten Aufschlag hier vorgestellt werden und die Grundlage für weitere Vertiefungen und Untersuchungen bieten.<br />
Im Mittelpunkt der Debatte geht es um die Fragen: Ist die stattfindende Monopolisierung von Kapitalen eine zwangsläufige und gesetzmäßige Entwicklung des Kapitalismus der freien Konkurrenz? Und daraus folgend: befinden wir uns daher heute noch in einem Kapitalismus der freien Konkurrenz, in der sich einige Konzerne zwar durchgesetzt haben, denen aber keine dauerhafte Charakterisierung als Monopol zugeschrieben werden kann?<br />
Des Weiteren ist so ähnlich wie „Imperialismus“ der Begriff des Finanzkapitals, sowohl in der kommunistischen Bewegung, als auch in der marxistisch orientierten Akademie ungeklärt. Ungeklärt in dem Sinne, dass er erstens sehr unterschiedlich verwendet wird, zweitens auch im empirischen Sinne. <br />
Ob die verschiedenen Auffassungen der Wirklichkeit standhalten, wird zu überprüfen sein. Ohne eine empirische Auseinandersetzung werden wir den Dissens nicht lösen können.<br />
In dem hier gesetzten Rahmen wird es zunächst einmal darum gehen, den Dissens überhaupt zu begreifen, also die verschiedenen Ansätze und Positionen darzulegen. Der hier gemachte Aufschlag kann nur ein erster Schritt sein, um sich einen Überblick, wenn auch keinen allumfassenden, zu verschaffen. In einem zweiten Schritt wird in der Arbeitsgruppe die ausführlichere Darlegung der Positionen stattfinden.<br />
<br />
=== Monopolisierung als gesetzmäßige Tendenz im Kapitalismus ===<br />
Die Grundlagen der ökonomischen Analyse des Kapitalismus als monopolistischer Kapitalismus ist die Erkenntnis der grundlegenden Gesetze der kapitalistischen Produktionsweise, der Konzentration und Zentralisation des Kapitals. Außerdem die daraus folgende Akkumulation und die steigende organische Zusammensetzung des Kapitals, darauf aufbauend der zunehmende gesellschaftliche Charakter der Produktivkräfte, der im Widerspruch zur privaten Aneignung, dem Wert- und dem Mehrwertgesetz, der Fall der Profitrate usw. steht. <br />
Die Momente des Übergangs zum imperialistischen Stadium sind schon bei Marx und Engels herausgearbeitet worden. Diese Momente des Übergangs sind u. a. die zunehmende Rolle des Gesellschaftskapitals (in Form der Aktiengesellschaften, Trennung Kapitalfunktion und Kapitaleigentum), die zunehmende Bedeutung des Kredits, die Entstehung von Monopolen und einer Finanzoligarchie, die strukturelle Überakkumulation und die Zunahme des Kapitalexports. Der Umschlag von der freien Konkurrenz ins Monopol ist das Merkmal des neuen Stadiums des Kapitalismus und seine unterschiedlichen Erscheinungen und Phänomene sind darauf zurückzuführen. Die Gesetzmäßigkeiten der kapitalistischen Produktionsweise werden dadurch nicht aufgehoben, aber das Gesetz der Durchschnittsprofitrate als Regulator der Produktion und Profitverteilung durchbrochen. Das moderne Monopol verfügt, aufgrund seiner Beherrschung von Reproduktionszusammenhängen, über ökonomische, soziale und politische Macht und Gewalt. <br />
<br />
Es gibt eine Reihe von Positionen, die eine Trennung des Stadiums des Imperialismus von dem der freien Konkurrenz vornehmen und verneinen, dass es sich um monopolistischen Kapitalismus handelt. Dabei werden Lenins Ansichten und Analysen als Widerspruch zu den theoretischen Auffassungen im Kapital von Karl Marx betrachtet. Zu dieser Strömung gehören zum Beispiel die „Neue Marx-Lektüre“, die Werttheoretiker, der Gegenstandpunkt und andere weitestgehend akademische Debatten. Diese Strömungen unterscheiden sich zwar in Eckpunkten, sind sich aber in der Trennung von Marx und Lenin einig. <br />
Die Analyse, dass aus der Konzentration und Zentralisation die Monopolbildung folgt und demnach die Entwicklung des Kapitalismus aus dem Stadium der freien Konkurrenz in das des Monopols, wird abgelehnt. <br />
Eine historische Tendenz zur Zunahme dieser Phänomene wird verneint. Die Bildung von Monopolen wird teilweise als Mittel der Kapitale gesehen, sich in der immer noch bestehenden freien Konkurrenz gegenüber anderen Kapitalen zu bewähren. Die Neue Marx-Lektüre und der Gegenstandpunkt (GSP) unterscheiden sich in einigen Punkten, lehnen beide aber die Entwicklung des Kapitalismus zum Monopolkapitalismus ab. Die Rolle des Staates ist aus Sicht des Gegenstandpunkts dabei eine, die über der Ökonomie steht: <br />
Er treibt, um selbst in der internationalen Konkurrenz zu bestehen, die Monopolisierung voran. Der Staat instrumentalisiere damit die Ökonomie für „seine Zwecke" (Marxistische Gruppe, 1981). <br />
Die Bankenmacht sei eine Illusion, so argumentiert auch Guenther Sandleben. Die von Hilferding und auch von Lenin behauptete besondere Stellung der Banken stellt er in Frage und relativiert die Rolle der Banken als Vermittler des Geldkapitals. Ob er und vielleicht auch andere die Zentralisierungsbewegung im Bankensektor und damit deren Monopolisierung in Frage stellen, soll im Rahmen der weiteren Bearbeitung Gegenstand der Untersuchung sein.<br />
<br />
=== Zur Geschichte des Begriffes Finanzkapital ===<br />
Der Begriff des Finanzkapitals wurde von Rudolf Hilferding in den Marxismus eingeführt. Gleich bei der Veröffentlichung hat Kautsky einiges an Kritik angemeldet. Umstritten war er also von Anbeginn. Lenin übernimmt den Begriff, auch wenn er dann auf seine Unzulänglichkeiten hinweist und ihn um den Aspekt der dem Finanzkapital zugrundeliegenden notwendigen Monopolisierung erweitert. Nach Lenins Schrift scheinen sich vor allem zwei Richtungen der Interpretation zu entwickeln, die bis heute in unterschiedlichster Weise noch existent sind. Jedoch muss die Arbeit im Klärungsprozess auch darin bestehen herauszuarbeiten, ob diese grobe Unterteilung zutrifft oder nicht oder ob sich weitere Ansätze entwickelt haben, die hier nicht richtig oder gar nicht eingeordnet sind bzw. eingeordnet werden können. Die zwei Ansätze die hier zur groben Einteilung der verschiedenen Positionen eine Orientierung geben sollen, sind folgende: <br />
Der erste Ansatz geht davon aus, dass das Finanzkapital das monopolisierte Kapital, das in der Produktion angelegt ist, also das „Kapital in der Verfügung der Banken und in der Verwendung der Industriellen“ (Hilferding1973, S.?). Diese Position ist aus den Referaten und Positionen innerhalb der KI (Kommunistische Internationale), in der SU (Sowjetunion) und auch in der DDR zu finden und baut grundsätzlich auf die Thesen Hilferdings und Lenins auf. Aufbauend darauf entsteht die Theorie des Staatsmonopolistischen Kapitalismus. (Link zum entsprechenden Dissens)<br />
<br />
Der zweite Ansatz geht davon aus, dass das Finanzkapital das Kapital ist, das lediglich in den Fi-nanzmärkten kursiert und nimmt entweder explizit oder implizit eine Position gegen die Ver-schmelzungsthese ein. <br />
<br />
Heute finden wir Versatzstücke beider Ansätze in einzelnen Positionen und unzählige Ausdifferenzierungen in Detailfragen. Wir müssen davon ausgehen, dass dieser Zustand auf die Krise des Kommunismus, vor allem auf den Revisionismus, zurückzuführen ist. Gleichzeitig ist das Eindrin-gen der bürgerlichen Ideologie und die Befassung mit dieser Frage in der bürgerlichen Akademie durch zahlreiche marxistisch gesinnte Akademiker ein weiterer Grund für den bunten Strauß an Erklärungsansätzen, die uns heute präsentiert wird. Die so genannten Globalisierungstheoretiker sind hier als Beispiel zu nennen.<br />
Die hier vorgeschlagene Systematisierung ist wie folgt: Lenins Begriff des Finanzkapitals wird als Ausgangspunkt genommen. Alle anderen Positionen werden dann dazu ins Verhältnis gesetzt. <br />
<br />
=== Lenins Begriff des Finanzkapitals ===<br />
Die in der kapitalistischen Entwicklung gesetzmäßigen Konzentrationsprozesse in der Produktion und dann auch des Bankkapitals führen zur Monopolisierung in der Industrie und im Bankensektor. Die Monopolisierung führt zur Verschmelzung von Industrie- und Bankkapital. Lenin schreibt: „Konzentration der Produktion, daraus erwachsende Monopole, Verschmelzen oder Verwachsen der Banken mit der Industrie - das ist die Entstehungsgeschichte des Finanzkapitals und der Inhalt dieses Begriffs.“ (LW Bd.22, S.230) Aufbauend auf folgende Aussage Hilferdings wendet Lenin seine Hauptaufmerksamkeit dem so genannten »Beteiligungssystem« bzw. »Beteiligungsgesellschaft«: „Ein immer wachsender Teil des Kapitals der Industrie gehört nicht den Industriellen, die es anwenden. Sie erhalten die Verfügung über das Kapital nur durch die Bank, die ihnen gegenüber den Eigentümer vertritt. Andererseits muß die Bank einen immer wachsenden Teil ihrer Kapitalien in der Industrie fixieren. Sie wird damit in immer größerem Umfang industrieller Kapitalist. Ich nenne das Bankkapital, also Kapital in Geldform, das auf diese Weise in Wirklichkeit in industrielles Kapital verwandelt ist, das Finanzkapital.“ (Hilferding 1973, S.) Lenin legt die tatsächlich vor sich gehende Verschmelzung durch ein weit verzweigtes Netz von Beteiligungen dar, die dem Monopolkapital die Kommandohoheit über immer größere Teile der Nationalökonomie sichert. Die am häufigsten anzutreffende, juristische Form einer Beteiligungsgesellschaft ist die Aktiengesellschaft. Aus den Ausführungen Lenins ist ersichtich, dass er das Finanzkapital am Aufkommen von Wertpapieren in den jeweiligen Nationalstaaten misst: „Diese vier Länder (damit sind England, Frankreich, Vereinigte Staaten und Deutschland gemeint, Anm. d. Redaktion) zusammen besitzen 479 Millarden Francs (das ist die Summe der Wertpapiere in diesen Ländern im Jahre 1910, Anm.d.Redaktion), d.h. nahezu 80 % des Weltfinanzkapitals. Fast die ganze übrige Welt spielt so oder anders die Rolle des Schuldners und Tributpflichtigen dieser Länder - der internationalen Bankiers, dieser vier »Säulen« des Weltfinanzkapitals.“ (LW, Bd 22, S.243/244). Das Kapital wiederum, das in Form von Wertpapieren existiert, ist fiktives Kapital. Dazu Karl Marx: „Die Aktien von Eisenbahn-, Bergwerks-, Schiffahrts- etc. Gesellschaften stellen wirkliches Kapital vor, nämlich das in diesen Unternehmungen angelegte oder fungierende Kapital oder die Geldsumme, welche von den Teilhabern vorgeschossen ist, um als Kapital in solches Unternehmungen verausgabt zu werden. Wobei keineswegs ausgeschlossen ist, dass sie auch bloßen Schwindel vorstellen. Aber dies Kapital existiert nicht doppelt, einmal als Kapitalwert der Eigentumstitel, der Aktien, und das andre Mal als das in jenen Unternehmungen wirklich angelegte oder anzulegende Kapital. Es existiert nur in jener letztern Form, und die Aktie ist nichts als ein Eigentumstitel, pro rata, auf den durch jenes zu realisierenden Mehrwert. A mag diesen Titel an B, und B ihn an C verkaufen. Diese Transaktionen ändern nichts an der Natur der Sache. A oder B hat dann seinen Titel in Kapital aber C sein Kapital in einen bloßen Eigentumstitel auf den von dem Aktienkapital zu erwartenden Mehrwert verwandelt.“ (Karl Marx, Das Kapital Band III, S. 484/485)<br />
<br />
Ein weiterer wichtiger Aspekt des Begriffes Finanzkapital ist der Zusammenhang mit der politischen Organisation der Kapitalistenklasse, des Staates. Dazu schreibt Lenin: „Die Epoche des jüngsten Kapitalismus zeigt uns, daß sich unter den Kapitalistenverbänden bestimmte Beziehungen herausbilden auf dem Boden der ökonomischen Aufteilung der Welt, daß sich aber daneben und im Zusammenhang damit zwischen den politischen Verbänden, den Staaten, bestimmte Beziehungen herausbilden auf dem Boden der territorialen Aufteilung der Welt, des Kampfes um Kolonien, »des Kampfes um das Wirtschaftsgebiet«.“ (LW, Bd 22, S.258) Alle weiteren, historisch-konkreten Ausführungen Lenins und seine Kritik an Kautsky zeigen deutlich, dass das so genannte Weltfinanzkapital sich in nationale Kapitalistenverbände aufteilt, die wiederum durch ihre politische Organisation in Form von Nationalstaaten, ihre Rivalitäten bezüglich der Neuaufteilung der Welt ausfechten. <br />
Zwei Entwicklungstendenzen werden ausgemacht: eine ausgeweitete Internationalisierung des Finanzkapitals, im Sinne der erhöhten Aktivität und Konzentration auf internationaler Ebene, - eine Tendenz, die zu vermehrter internationaler Organisation des Kapitals führen muss. Und auf der anderen Seite verschärfte Konkurrenz zwischen den nationalstaatlich organisierten Kapitalistenverbände um Rohstoff- und Wirtschaftsgebiete. Letztlich wird aber trotz der notwendigen Internationalisierung, im Sinne von Zusammenarbeit verschiedener Kapitalistenverbände in internationalen und regionalen Zusammenschlüssen wie Trusts, Kartelle etc., die sich zuspitzende Konkurrenz, wenn nicht durch Kauf, dann nur durch Gewaltmaßnahmen, also durch das Militär, gelöst werden können. <br />
<br />
Der Begriff des Finanzkapitals in der Kommunistischen Internationale, in der Sowjetunion und den sozialistischen Ländern knüpft weitestgehend an Lenins Auffassungen an. Ab wann und in welcher Weise Differenzen und / oder Revisionen des Leninschen Begriffs von Finanzkapital auftauchen, wird eine Aufgabe der Untersuchungen im Rahmen des Klärungsprozesses sein. In der DDR haben sich einige Ökonomen der historisch-konkreten Analyse des Kapitalismus gewidmet. Ihre Arbeiten müssen wir heranziehen, um ein tieferes Verständnis für den Begriff des Finanzkapitals zu entwi-ckeln und nachzuprüfen, ob er den Realitäten standhält. <br />
<br />
=== Finanzkapital gleich fiktives Kapital ===<br />
Es gibt zahlreiche Autoren, die den Begriff Finanzkapital in Anlehnung an Hilferding und Lenin benutzen. Bei der näheren Betrachtung stellt sich jedoch die Frage, inwiefern das Finanzkapital trotz des positiven Bezugs auf den Leninschen Begriff alternativ als Geldkapital oder Bankkapital verwendet wird. Eine solche Anwendung des Begriffes kann dann unterstellt werden, wenn in den Ausführungen z.B. eine Trennung zwischen Industriekapital und dem Finanzkapital bzw. Bankkapital vorgenommen wird.<br />
<br />
Andreas Wehr stellt hierzu fest, dass durch die hervorstechende Rolle der Finanzmärkte der falsche Schein einer Verselbständigung entstehen kann, die der Verschmelzungsthese zu widersprechen scheint (Wehr 2010, S.28), weist aber mit Bezugnahme auf die Arbeiten von Hess darauf hin, dass Finanzmarkttransaktionen letztlich auch „in einem erheblichen Maße der Ermöglichung bzw. der Fortsetzung der Produktion auf monopolkapitalistischer Stufe“ dienen. (Wehr 2010, S.29) Das zur Finanzierung der Produktion im Allgemeinen gesammelte, verwaltete, verliehene Geld also, erscheine auf den Finanzmärkten (dort, wo es gehandelt wird) als von der Industrie losgelöst (verselbständigt), dies aber sei nur ein Scheinwiderspruch zur Verschmelzungsthese, da diese Finanzmittel direkte (z.B. als Aktien/Wertpapiere) oder indirekt (als Kredit) in der Produktion eingesetzt werden und Ansprüche durch entweder Dividende oder Zins auf den dort produzierten Mehrwert erheben. So verstanden, wäre Finanzkapital das miteinander zusammenfließende, von den Banken (auch Investmentbanken) vermittelte monopolisierte Kapital. <br />
Wehr weist jedoch auch darauf hin, dass große Banken (wie die Deutsche Bank) zunehmend ihre Beteiligungen an Industrieunternehmen aufgeben. Er stellt die These auf, dass trotz dieser Entwicklung die Macht der Banken nicht abgenommen hätte. Hier ist die Frage, ob die Verschmelzungsthese lediglich durch die Beteiligung der Banken an den Industrieunternehmen selbst abzulesen ist oder ob die durch Banken vermittelte Kapitalbeschaffung für Beteiligungs-, bzw. Aktiengesellschaften. Zu bobachten sei eine weitere personelle Verflechtung mit der Industrie, so Wehr, was zeige, dass die Verschmelzung trotz der geringeren Beteiligung der Banken an Industrieunternehmen noch weiter existiere. Diese Beobachtungen und Schlussfolgerungen werfen Fragen auf:<br />
Ist das Finanzkapital als verwachsenes Bank- und Industriekapital vor allem in der Form des fiktiven Kapitals, also im weitesten Sinne in Form von Wertpapieren (siehe oben Lenin zu Beteili-gungsgesellschaften) real anzutreffen? Ist demzufolge das den Aktiengesellschaften zur Verfügung stehende Kapital das Finanzkapital?<br />
Oder kann die personelle Verflechtung von Banken und Industrie als Indiz für die Verschmelzungsthese dienen oder ist die personelle Verflechung ‚nur’ eine Konsequenz aus der gegenseitigen Verwicklung der Kapitale? Ist desweiteren eine Entflechtung bzw. Trennung von Industrie- und Bankkapital möglich und wäre dann die These nach einer notwendigen Entwicklungstendenz zum Finanzkapital nicht haltbar?<br />
<br />
Lucas Zeise umschreibt in seinem 2019 erschienen Buch mit dem Titel Finanzkapital: „Es (das Finanzkapital, Anm. BolscheWiki) wird dabei als die Verbindung des oben definierten Geldkapitals mit dem (Industrie)-Kapital bezeichnet, das durch die Ausbeutung der Arbeitskräfte Waren produziert, die Wert und Mehrwert repräsentieren. (…) Die Verbindung des alten Geldkapitals, kurz der Banken, mit dem erst im Kapitalismus massenhaft auftretenden Industriekapital übernimmt als monopolistisches Kapitals die Macht in Gesellschaft und Staat. Das ist die hier vertretene Grundthese wie auch bei Rudolf Hilferding und Wladimir I. Lenin.“ (Lucas Zeise 2019, S.57/58) Er empfieht dabei als Kennzeichnung der Epoche des Imperialismus den Begriff Finanzkapitalismus. Nach Zeise ist das Finanzkapital im Laufe der letzten Jahrzehnte finanzieller geworden und meint damit, dass es vermehrt in Form des Geldkapitals in Erscheinung tritt. Hier muss die Frage aufgeworfen werden, ob diese Vorstellung beinhaltet, dass mit Finanzkapital das Geldkapital an sich gemeint ist, oder das fiktive Kapital, also Eigentumstitel auf bzw. eine Beteiligung an das sich im Kapitalkreislauf befindliche industrielle Kapital, das – wie gehabt – seine Formwandlungen durchmacht. Damit einhergeht die Frage, ob hier der Handel mit Wertpapieren bzw. anderen Finanzprodukten gemeint ist und nicht das (Finanz-) Kapital selbst. <br />
<br />
Demirovic/Sablowski bezeichnen, den aktuellen Kapitalismus, angelehnt an den Thesen Jörg Huffschmidts, als »finanzdominiertes Akkumulationsregime«. Ihre Beobachtungen fokussieren sie auf die Reproduktionszyklen des Kapitals, wobei hier der von Karl Marx eröffnete Blickwinkel auf die Funktionen bzw. Formen des Kapitals dazu verwendet wird, die wirklichen Existenzformen des Kapitals zu beschreiben: „Der Zusammenhang der verschiedenen Kreisläufe gleicht einer auf dem Kopf stehenden Pyramide, bei der sich die Basis, der Kreislauf des industriellen Kapitals, relativ klein ausnimmt im Vergleich zu den darauf aufbauenden Kreisläufen des Finanzkapitals, das heißt des zinstragenden Kapitals, des fiktiven Kapitals und der Derivate.“ (Demirovic/Sablowski 2012, S.11)<br />
<br />
=== Keine Verschmelzung von Industrie- und Bankkapital ===<br />
Positionen, die entweder unterstellen, dass das Industriekapital von den Finanzmärkten (häufig wird der Begriff des Finanzkapitals alternativ zu Finanzmarkt benutzt) beherrscht wird oder genau andersherum eine solche Beherrschung in Frage stellen, argumentieren – explizit oder implizit – gegen die Verschmelzungsthese, da sie eben eine Trennung der beiden Kapitalformen unterstellen. <br />
<br />
Bei Guenther Sandleben können wir eine explizite Ablehnung der Verschmelzungsthese nachlesen: „Würde das Finanzkapital tatsächlich alle Kapitalformen einschließen, müssten natürlich auch die Kategorien entfallen, die auf der Eigenständigkeit jener Kapitalformen beruhen. So ist etwa Voraussetzung der Zinsbildung, dass sich Verleiher und fungierende Kapitalisten als Personifikation besonderer Kapitalsorten wirklich auf dem Kapitalmarkt gegenüberstehen, als Personen also, die unterschiedliche Rollen im Reproduktionsprozess spielen, oder in deren Hand dasselbe Kapital wirklich eine doppelte und gänzlich verschiedene Bewegung durchmacht: Der eine, der das Geld nur verleiht, der andere, der es im Reproduktionsprozess anwendet. Die mit dem Finanzkapital gesetzte Verschmelzung von Bank- und Industriekapital ist unvereinbar mit jeglicher Zinsbildung.“ (Sandleben 2003, S.54)<br />
<br />
=== Transnationales Kapital ===<br />
Ausgehend von der Zunahme des Handels, des Kapitalexports und damit verbunden, der Verlagerung vom Produktion in andere Länder, gehen einige Autoren von einer Verflechtung des Kapitals aus, die sich auch in veränderten Eigentumsstrukturen niederschlage. So wird in Bezug auf Deutschland beispielsweise angenommen, dass ein Großteil der DAX-Konzerne mehrheitlich in ausländischer Hand sei. Auch auf den von der UNCTAD eingeführten und in den vergangenen Jahrzehnten gestiegenen „Transnationalisierungsindex“ wird hingewiesen. Durch die Entstehung eines solchen „transnationalen Kapitals“ seien zwar die Nationalstaaten nicht weniger wichtig geworden, hätten aber laut Listl ihre Rolle grundlegend geändert: „Nationale Konkurrenzen wie in früheren Kapitalismusformationen, etwa im Ersten oder Zweiten Weltkrieg, werden deshalb nicht wiederkehren“, sondern: „Für die neue Phase der neoliberalen Globalisierung ist kennzeichnend, daß die Nationalstaaten vor allem die Funktion haben, optimale Verwertungsbedingungen für das global operierende Kapital zu schaffen“. Die Nationalstaaten würden nun nicht mehr primär die Interessen nationaler Kapitalgruppen vertreten, sondern nur noch gegeneinander darum konkurrieren, den transnationalen Konzernen möglichst gute Verwertungsbedingungen zu bieten. Die Konzerne hätten keine Länder mehr als Heimatbasis, sondern richteten sich nach den jeweils besten Bedingungen für die Kapitalakkumulation. Konflikte gebe es in diesem System weiterhin, aber nicht mehr zwischen den imperialistischen Nationalstaaten, sondern im Sinne einer kollektiven Weltordnungsmacht, zu der sich alle entwickelten Länder gegen die Länder des „globalen Südens“ zusammengeschlossen hätten (vgl. Listl, Walter: Globalisierung des Kapitals, in: Junge Welt vom 22.7.2010). <br />
Eine Variante dieser Position vertritt auch die MLPD. Nach ihrer Analyse habe sich ein „allein herrschendes internationales Finanzkapital“ bzw. „internationale Übermonopole“ herausgebildet, die vom nationalen Monopolkapital zu unterscheiden seien. Ebenfalls seien die „internationalen Übermonopole“ dem nationalen Monopolkapital übergeordnet und würden „zunehmenden Krisenlasten“ auf dieses abwälzen. Daraus ergebe sich auch ein „Widerspruch zwischen den imperialistischen Nationalstaaten und zwischen den internationalen Übermonopolen“, der einer der fünf hauptsächlichen Widersprüche des heutigen Kapitalismus sei. <br />
Die staatstheoretische Implikation all dieser Auffassungen ist, dass der bürgerliche Staat nicht (mehr) fest mit einer bestimmten Bourgeoisie verbunden ist, sondern eine vom Kapital losgelöste Instanz, die nur noch im Interesse eines globalen Kapitals die Verwertungsbedingungen verwaltet. Im Falle der MLPD vertritt der bürgerliche Staat nur noch einen Teil des Kapitals, während der vom Nationalstaat losgelöste Teil des Kapitals versuche, sich den Staat zu unterwerfen. (Quelle?)<br />
<br />
Auch aus den Reihen der Gruppe GegenStandpunkt wird die These vertreten, dass der bürgerliche Staat einerseits ganz eindeutig die Kapitalisten der eigenen Nation stützt und schützt, andererseits aber auch ein Interesse daran hat das Kapital international agieren zu lassen (quasi aus einem eigene bürgerlich nationalstaatlichen Interesse heraus). Der bürgerliche Staat herrscht sozusagen über das Kapital und diktiert dessen „ökonomische Existenzbedingung“. (Decker/Hecker/Patrick 2016, S.116). Im Rahmen des Klärungsprozesses muss besser herausgearbeitet werden, ob diese These besagt, dass der nationale Charakter des Kapitals durch die Nationalstaaten, die ein eigenes ökonomisches Interesse haben, aber auch ökonomische Macht (Geldhoheit und Gewaltmonopol), sozusagen dem Kapital diktiert wird.<br />
<br />
Eine extreme Variante der Transnationalisierungsthese vertreten Autoren wie Michael Hardt, Antonio Negri oder William I. Robinson, die von einer völligen Ablösung des Kapitals von den Nationalstaaten und von der Auflösung der Nationalstaaten zugunsten einer deterritorialisierten Ökonomie mit globalisierter Produktion ausgehen. Hardt und Negri zufolge seien nicht mehr die Staaten souverän, sondern das globale Kapital selbst. Es gebe auch kein eindeutiges Machtzentrum mehr, sondern die Macht durchziehe alle gesellschaftlichen Bereiche (Hardt/Negri, 2002). <br />
<br />
=== Nationales Kapital ===<br />
Eine Gegenposition zur These des transnationalen Kapitals vertritt z.B. Beate Landefeld. Sie verweist darauf, dass ein mehrheitlich ausländischer Aktienbesitz eines Unternehmens aus verschiedenen Gründen noch nicht bedeuten muss, dass das Unternehmen durch das ausländische Kapital auch wirklich kontrolliert ist. Im Wesentlichen bleibe das deutsche Kapital weiterhin unter Kontrolle deutscher Kapitaleigner (Landefeld, Beate: Europäisiert sich die Bourgeoisie?, in: Marxistische Blätter 1/10). Jörg Goldberg und André Leisewitz argumentieren ähnlich, dass ausländische Aktionäre in vielen Fällen nicht nach Kontrolle über das Unternehmen streben würden, sondern sich lediglich für das Abschöpfen der Rendite interessieren würden. Dagegen blieben die Verbindungen der Unternehmen zur nationalstaatlich verfassten Politik weiterhin entscheidend (Goldberg/Leisewitz, 2013). Hier noch A.Wehr einfügen<br />
Günther Sandleben argumentiert, dass aus der Reproduktionsbewegung des Kapitals notwendig (historisch) ein Gesamtkapital herausbildet, das wiederum nur nationalen Charakter annehmen kann: „Das Kapital besitzt also neben seiner Gestalt als Einzelkapital eine eigenständige, makro-ökonomische Existenzweise. Es bildet zugleich das Gesamtkapital, wodurch die Bewegung der Einzelkapitale gesteuert wird. Allerdings taucht in unseren Alltagsvorstellungen der Begriff Gesamtkapital kaum auf. Man spricht stattdessen von der Volkswirtschaft eines Landes oder von einer Nationalökonomie.“ (Sandleben 2003, S.73)<br />
<br />
Eine Zwischenposition vertreten z.B. einige niederländische Autoren (Kees van der Pijl, Eelke Heemskerk, Meindert Fennema, Bastiaan van Apeldoorn usw.). Sie gehen davon aus, dass die Kapitalistenklasse weiterhin vor allem national ist, dass es aber vor allem in Westeuropa eine deutliche Tendenz hin zur Herausbildung einer transnationalen Kapitalistenklasse gebe. Diese machen sie an zunehmenden Verflechtungen der Aufsichtsratsmandate über nationale Grenzen hinweg fest, wodurch ein transnationales Netzwerk entstehe, das zur Entstehung gemeinsamer Sichtweisen in der Kapitalistenklasse beitrage. Jedoch widersprechen sie klar der Behauptung z.B. von Hardt/Negri, wonach Kapital und Herrschaftsverhältnisse nicht mehr an ein bestimmtes geografisches Territorium gebunden seien (vgl. z.B. Heemskerk, 2013).<br />
<br />
== Literatur zum Thema ==<br />
Decker, Peter/ Hecker, Konrad/ Patrick, Joseph: Das Finanzkapital, GegenStandpunkt Verlag München 2016<br />
<br />
Demirovic, Alex/ Sablowski, Thomas: Finanzdominierte Akkumulation und die Krise in Europa, In: Reihe ANALYSEN von der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Berlin 2012<br />
<br />
Hess, Peter: Das Finanzkapital – Eigentumsform der Produktivkraftentwicklung im gegenwärtigen Kapitalismus, in: IPW-Berichte 9/1989<br />
<br />
Institut für Marxistische Studien und Forschungen (IMSF) (Hrsg.): Das Monopol – ökonmischer Kern des heutigen Kapitalismus, Theoretische und aktuelle Gesichtspunkte der marxistisch-leninistischen Monopoltheorie, Frankfurt am Main 1976<br />
<br />
Klein, Dieter: Ökonomische Widersprüche im Kapitalismus, Berlin 1976<br />
<br />
Marxistische Gruppe (Vorläuferorganisation des Gegenstandpunkt): Ein aktueller, aber falscher Klassiker: Lenin, der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus., in: Marxistische Stu-dentenzeitung 3-1981. https://msz.gegenstandpunkt.com/artikel/lenin-der-imperialismus-als-h%C3%B6chstes-stadium-des-kapitalismus<br />
<br />
Kowalski, Reinhold: Die Kapitalismusforschung in der DDR, Ent- und Abwicklung, In: Krause, Günther / Luft, Christa / Steinitz, Klaus (Hrsg.): Wirtschaftstheorie in zwei Gesellschaftssystemen Deutschlands, Erfahrungen - Defizite - Herausforderungen, Karl Dietz Verlag Berlin 2011<br />
<br />
Sandleben, Guenther: Nationalökonomie und Staat, Zur Kritik der Theorie des Finanzkapitals, VSA-Verlag, Hamburg 2003<br />
<br />
Sandleben, Guenther: Mythos Bankenmacht, In: Junge Welt, 29.05.2012, S.10<br />
<br />
Wehr, Andreas: Griechenland, die Krise und der Euro, Köln 2010<br />
<br />
Paul Windolf: Was ist Finanzmarkt-Kapitalismus? In: Ders. (Hrsg.): Finanzmarkt-Kapitalismus. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie Sonderheft 45/2005, S. 20–57.<br />
<br />
Zeise, Lucas: Geld - der vertrackte Kern des Kapitalismus, Versuch über die politische Ökonomie des Finanzsektors, Köln 2010<br />
<br />
Zeise, Lucas: Finanzkapital, Köln 2019</div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Imperialismus_als_Weltsystem&diff=6395Imperialismus als Weltsystem2019-08-14T16:16:13Z<p>Mati: /* Literatur zum Thema */</p>
<hr />
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=Überblick=<br />
<br />
Die Analyse des Imperialismus ist umstritten und gehört zu den zentralen Debatten in der kommunistischen Bewegung. Sie hat weitgehende Konsequenzen für die Strategie der Parteien und ist eine anhaltende Debatte, die bereits seit der Entstehung des Imperialismus geführt wird. Zum Teil sind es heute dieselben Punkte wie in der Auseinandersetzung zwischen Kautsky und Lenin (s.u.). Der Grund für Unklarheiten liegt zum einen im Opportunismus, zum anderen in Veränderungen, die untersucht werden müssen und über die, wegen mangelnder Grundlage, falsche Annahmen entstehen können. <br />
<br />
Die voranschreitende Monopolisierung, die weitere Entwicklung von Kapitalexport und die verschiedenen Formen des fiktiven Kapitals und der Kapitalströme haben bei verschiedenen politischen Kräften zu der Annahme geführt, der grundlegende Charakter des Kapitalismus habe sich in seinem imperialistischen Stadium verändert. <br />
<br />
Im Mittelpunkt der Debatte steht die Frage: Was sind die Kriterien mit denen die Analyse vorgenommen wird? Ebenso zu klären sind folgende Fragestellungen: Wird der Imperialismus als ökonomisches System oder als vor allem politisches Phänomen begriffen? Ist es möglich den politischen Überbau von der ökonomischen Basis zu lösen bzw. zu relativieren? Gibt es kapitalistische Staaten, die eine friedliche, fortschrittliche Entwicklung im Imperialismus ermöglichen könnten? Und gibt es eine Verflechtung und Verschränkung, die zu einer Abschwächung der Widersprüche führt? <br />
<br />
Die Debatte spitzt sich in der Frage zu, ob es Staaten bzw. Länder gibt, die außerhalb des „Imperialismus“ stehen. Damit einher geht, dass eine Definition des Imperialismus vorgenommen wird, nämlich die, dass der Imperialismus auf einige wenige besonders mächtige Länder beschränkt ist. Dem gegenüber steht die Auffassung, dass Imperialismus als Weltsystem zu verstehen ist, in dem die Länder verschiedene Positionen einnehmen. <br />
Im folgenden wird versucht, die unterschiedlichen Positionen und Thesen sowie ihre Vertreter darzustellen.<br />
<br />
Die Analyse imperialistischer Bündnisse steht in enger Verbindung zu der Imperialismusanalyse im Allgemeinen und ist ein Teil von ihr. Die Auseinandersetzungen zur Imperialismusanalyse sind daher eine Vorbedingung für eine Bewertung der Bündnisse der einzelnen Staaten. Die Analyse der internationalen Kräfteverhältnisse spielt eine wichtige Rolle in der Strategie der kommunistischen Bewegung, da sie untrennbar mit der Bündnisfrage und Friedensfrage verbunden ist. Wie sind die verschiedenen Konfliktparteien in militärischen Auseinandersetzungen zu bewerten? Was muss dafür beachtet werden, was kann dafür ausgeblendet werden? Gibt es fortschrittliche, friedliche oder antiimperialistische Kräfte im kapitalistischen Weltsystem? Die Arbeiterklasse braucht Klarheit in diesen Fragen, um ihre Kämpfe und ihre Solidarität in einen internationalen Rahmen setzen zu können. Bündnisse zwischen den Staaten spielen hier ebenfalls eine Rolle, da die Einschätzung einzelner Staaten in den meisten Fällen auch auf die Allianzen, die sie eingehen, bezogen wird. Diese Fragen stehen eng in Verbindung mit ihrem ökonomisch-politischen Charakter. Welche Auswirkungen haben Freihandelsabkommen zwischen Wirtschaftsbündnissen auf die arbeitende Bevölkerung? Wie drückt sich das Klassenverhältnis in Zusammenschlüssen zu einem Wirtschaftsraum aus, vor allem in dessen Institutionen? Eine Klärung solcher Fragen muss materialistisch in Anbetracht der geänderten Bedingungen im derzeitigen Stadium des Imperialismus erfolgen. <br />
<br />
Für die Kommunisten und ihre Parteien in Europa spielt vor allem die Position zur Europäischen Union eine wichtige Rolle. Innerhalb der kommunistischen Bewegung gibt es teilweise grundlegend verschiedene Auffassungen zu ihrem Charakter und dem daraus resultierenden strategischen Umgang mit ihr. Dieses Themenfeld lässt sich als "Reformierbarkeit der EU" zusammenfassen sowie der Positionierung zu der Abschaffung oder dem Austritt aus der Europäischen Union. Was ist die EU eigentlich? Inwieweit ist sie reformierbar, oder sind ihre Probleme grundlegender Art? Muss sie abgeschafft werden, und wie sind Austritte aus ihr, wie zum Beispiel derjenige Großbritanniens, zu bewerten? Die Spaltung der kommunistischen Bewegung in Europa wird anhand dieser Fragen besonders ersichtlich, weshalb Antworten auf sie im Laufe des Klärungsprozesses einen wichtigen Beitrag zur Einheit leisten können. <br />
<br />
==Die Diskussion zwischen Lenin und Kautsky um den „Ultraimperialismus“==<br />
<br />
Lenin setzte sich in seinem Werk „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“ ausführlich mit der von Karl Kautsky vertretenen Theorie des „Ultraimperialismus“ auseinander. Kautsky definierte den Imperialismus wie folgt:<br />
„Der Imperialismus ist ein Produkt des hochentwickelten industriellen Kapitalismus. Er besteht in dem Drange jeder industriellen kapitalistischen Nation, sich ein immer größeres agrarisches“ (hervorgehoben von Kautsky) „Gebiet zu unterwerfen und anzugliedern, ohne Rücksicht darauf, von welchen Nationen es bewohnt wird.“ (zitiert nach Lenin: Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus, LW 22, S. 272) <br />
<br />
Die Auseinandersetzung um Kautskys Theorie betraf mehrere Punkte. <br />
Erstens ging Kautsky davon aus, dass sich durch die Herausbildung internationaler Trusts die Widersprüche im Imperialismus abschwächen und eine friedliche Entwicklung möglich sein würde. Kautsky schreibt: „Vom rein ökonomischen Standpunkt ist es nicht ausgeschlossen, daß der Kapitalismus noch eine neue Phase erlebt, die Übertragung der Kartellpolitik auf die äußere Politik, eine Phase des Ultraimperialismus“, eine Phase der „gemeinsamen Ausbeutung der Welt durch das international verbündete Finanzkapital“ (zitiert nach Lenin: Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus, LW 22, S. 275). Er behauptete zwar nicht, dass ein solcher Zustand bereits erreicht sei, konstatierte jedoch eine Tendenz in diese Richtung. Lenin ging im direkten Gegensatz zu dieser Auffassung von einer Verschärfung der Widersprüche zwischen den Monopolen aus. Zwischenimperialistische Bündnisse sah Lenin nur als „Atempausen zwischen Kriegen“, also nicht als dauerhafte Zusammenschlüsse. Solche Bündnisse würden Kriege vorbereiten und aus ihnen wiederum hervorgehen, seien also der imperialistischen Tendenz zum Krieg an sich keineswegs entgegengesetzt. <br />
Zweitens trennte Kautsky in seiner Definition die Politik von der Ökonomie, indem er Annexionen als „bevorzugte“ Politik der Monopole bezeichnete und damit auch eine andere Politik für möglich hielt, ohne dass sich an der ökonomischen Basis etwas ändern müsste. Lenin betonte dagegen die Einheit von Ökonomie und Politik und dass auf der ökonomischen Basis des Finanzkapitals keine andere als eine aggressive reaktionäre Politik entstehen könne. <br />
Drittens sah Kautsky vor allem in der Annexion agrarischer Gebiete das treibende Motiv des Imperialismus, also in der Gründung von Kolonien, was Lenin für eine Verkürzung hielt, da seiner Ansicht nach der Imperialismus auch einen Drang zur Annexion industriell entwickelter Gebiete entwickelte. <br />
Viertens betonte Kautsky in seiner Definition allein die industrielle Entwicklung des Kapitalismus als ökonomische Grundlage des Imperialismus, während Lenin diese Grundlage in der Entwicklung des Kapitals zum Finanzkapital sah. <br />
Die Polemik Lenins gegen die „Ultraimperialismus“-Theorie hat seitdem in imperialismustheoretischen Diskussionen oft eine wichtige Rolle gespielt, zumal sie grundlegende Fragen wie das Verhältnis von Ökonomie und Politik und die Fähigkeit des Imperialismus zur friedlichen Entwicklung betraf. <br />
<br />
==Imperialismus als Weltsystem, die imperialistische Pyramide==<br />
<br />
Die KKE vertritt die Imperialismusanalyse, wonach der ökonomische Kern des Imperialismus das Monopol ist. Die Merkmale des Imperialismus sind für die KKE weiterhin: die Konzentration der Produktion und des Kapitals, die Verschmelzung des Bank- und Industriekapitals zum Finanzkapital, die Entstehung einer Finanzoligarchie, der Kapitalexport und die Entstehung internationaler Monopolbündnisse. Imperialismus ist nach den Analysen der KKE kein politisches Konzept, das von der ökonomischen Basis loszulösen ist und auch nicht nur als Politik der militärischen Aggression zu verstehen. Kapitalismus und Imperialismus sind demnach nicht von einander zu trennen. <br />
<br />
Der Imperialismus ist nach dieser Auffassung nicht damit gleichzusetzen, dass „eine Handvoll großer kapitalistischer Kräfte die übrigen Länder bestehlen und ausplündern und sich nicht-gleichberechtigte Beziehungen zu den übrigen kapitalistischen Ländern durchsetzen“. Es sei eine falsche Schlussfolgerung, „dass nur kapitalistische Staaten, die sich an der Spitze der imperialistischen Pyramide befinden, imperialistische Politik ausüben“ (Papadopoulos 2016: Die Aktualität der leninistischen Theorie des Imperialismus, KOMEP 4/2016). Lenin habe bereits zu seiner Zeit die imperialistische Politik bürgerlicher Staaten untersucht, die nicht zu den Hauptmächten gehörten, wie z.B. in den Fällen Belgiens, Italiens und Dänemarks. <br />
Imperialismus ist für die KKE ein Weltsystem, in dem die verschiedenen Länder verschiedene Stellungen einnehmen und in einem wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnis stehen. Aufgrund der Wirkung des Gesetzes der ungleichmäßigen Entwicklung würden „die ungleichmäßigen Beziehungen die Gesamtheit der kapitalistischen Staaten betreffen und (seien) dem imperialistischen System immanent“ (ebenda). Es gebe zwar zu einem gegebenen Zeitpunkt immer bestimmte führende Staaten, allerdings würden sich die Kräfteverhältnisse zwischen den Staaten aufgrund des Kapitalexports und des technologischen Wandels kontinuierlich ändern. Der Bedeutungsgewinn der BRICS-Staaten, der relative Abstieg der G7-Staaten, sowie die Veränderung des Verhältnisses zwischen USA und Eurozone werden als aktuelle Beispiele dafür angeführt. <br />
Die KKE benutzt also die Metapher einer Pyramide, wobei an der Spitze die mächtigsten imperialistischen Mächte stehen, darunter verschiedene Zwischenschichten von Ländern, die zu verschiedenen Graden ebenfalls Merkmale des Imperialismus (Monopole, Finanzkapital, Kapitalexport) entwickeln und schließlich ganz unten die am wenigsten entwickelten Länder, die trotzdem insgesamt Teil des imperialistischen Weltsystems sind. Die Hierarchie zwischen diesen Ländern ergibt sich aus der wechselseitigen Abhängigkeit zwischen ihnen, die stets ungleich strukturiert ist, aber auch ständiger Veränderung unterliegt. <br />
<br />
Die Gegensätze und Widersprüche zwischen den verschiedenen Staaten nehmen daraus folgend zu, ebenso verschärft sich die Konkurrenz um Rohstoffe, Transportwege und Marktanteile der Monopole. Die Zunahme von Polen oder Zentren verschärft die Konkurrenz und Gegensätze. Monopole in der Wirtschaft können nicht mit einer gewaltfreien, nicht den Monopolinteressen dienenden Politik koexistieren. <br />
<br />
Für die KKE ist diese Frage von großer politischer Relevanz. Denn aus der falschen Analyse des Imperialismus, die diesen tendenziell als ausschließliches Merkmal einer Gruppe mächtiger Staaten verstanden hat, seien aus ihrer Sicht falsche Schlussfolgerungen über den Charakter der Revolution abgeleitet worden. Der Charakter der Revolution in einem Land wurde demnach oftmals „nach dem Kriterium des jeweils unterschiedlichen Entwicklungsstandes der Produktivkräfte und der Äderung der Position eines Landes im internationalen imperialistischen System“ bestimmt. Damit werde jedoch unterschätzt, inwieweit die sozialistischen Produktionsverhältnisse selbst große Impulse zur Entwicklung der Produktivkräfte und zum Aufholen des relativen Rückstands der Produktivkräfte leisten könnten (ebenda). Der Imperialismus sei hingegen als weltweites System von der internationalen Arbeiterklasse auch mit einer einheitlichen Strategie zu bekämpfen. Das bedeutet, dass die Arbeiterklasse einem Irrweg folgt, wenn sie in manchen Ländern lediglich eine nationale Befreiung ohne Verbindung zum Sozialismus oder eine Zwischenphase (antimonopolistische Demokratie, neudemokratische Revolution etc., siehe Dissens Übergänge) anstrebt. Stattdessen sollte der Sozialismus überall auf die Tagesordnung gesetzt werden. <br />
<br />
Vertreter: KKE (https://inter.kke.gr/de/articles/On-Imperialism-The-Imperialist-Pyramid/ ; Papadopoulos, Makis 2016: Die Aktualität der leninistischen Theorie des Imperialismus, KOMEP 4/2016). <br />
<br />
<br />
==Kollektiver Imperialismus==<br />
<br />
Vor knapp zwanzig Jahren wurde, z.B. von einem Teil der DKP, die These vertreten, dass alle imperialistischen Staaten auf Grund gemeinsamer Interessen die restlichen Länder unterwerfen und dass ein Krieg zwischen den imperialistischen Mächten unwahrscheinlich bzw. ausgeschlossen ist. <br />
<br />
Nach der Weltwirtschaftskrise von 2008 und der zunehmenden Widersprüche zwischen den imperialistischen Ländern hat sich die These etwas verschoben. Angenommen wird nun, dass die USA und die NATO-Staaten einen „kollektiven Imperialismus“ bilden, der ihre Interessen gegen die anderen, vor allem Russland und China, durchsetzt. <br />
<br />
Die ökonomische Grundlage dieses neuen Stadiums sieht bspw. Leo Mayer darin, dass sich der Imperialismus im Übergang vom „staatsmonopolistischen Kapitalismus“ zum „transnationalen Monopolkapitalismus“ befinde. „Zum ersten Mal in der Geschichte“ sei „die Produktion von Mehrwert selbst – das Wesen der kapitalistischen Akkumulation – international organisiert“ (Leo Mayer 2011: Zunehmende Verteilungskämpfe, junge Welt 13.4.2011). Aufgrund der Internationalisierung der Produktion und Verwertung des Kapitals, sowie der Zunahme des Kapitalexports haben sich ihrer Meinung nach Konzerne mit „transnationaler Eigentümerstruktur“ herausgebildet. Dies führe auch zu Entwicklung neuer supranationaler Staatsgebilde. Auch im DKP-Programm von 2006 heißt es, es zeichneten sich „im Zusammenhang mit der Globalisierung Keimformen eines globalen staatsmonopolistischen Regulierungssystems ab.“ (Programm der DKP, S. 4). Damit verbunden wird eine relative Selbständigkeit des Staates vom Kapital angenommen. Dies äußert sich in der Auffassung, Nationalstaaten würden vom transnationalen Kapital gegeneinander ausgespielt werden, um für dieses die besten Bedingungen durchzusetzen. Sie vermitteln nach dieser Position weiterhin die „Hegemonie“ des transnationalen Kapitals und bearbeiten die Konflikte zwischen Fraktionen dieses Kapitals. Die Konkurrenz zwischen Nationalstaaten nehme laut dieser Imperialismusanalyse zwar zu, die transnationalen Organisationsformen des transnationalen Kapitals trügen aber zur Entschärfung der Konkurrenz bei. (Mayer) Hauptsächlich gingen die EU und die USA kollektiv vor, während es zwischen den USA und der EU auf der einen Seite und den BRICS auf der anderen Seite zu verstärkter Konkurrenz komme. Welchen Charakter und welche Rolle Russland und China dabei spielen, wird unterschiedlich ausgelegt. <br />
Aus der These des „kollektiven Imperialismus“ wird oft die politische Schlussfolgerung gezogen, <br />
<br />
Kritiker dieser Position sehen darin eine Neuauflage der „Ultraimperialismus“-These Kautskys. Sie kritisieren, dass weder für eine Ablösung des Kapitals vom Nationalstaat, noch für die Herausbildung eines „transnationalen Staates“ oder die Abschwächung zwischenimperialistischer Widersprüche zugunsten eines kollektiven Bündnisses der imperialistischen Mächte überzeugende empirische Belege existieren. Durch diese Analyse werde dem Imperialismus fälschlicherweise das Potenzial zur friedlichen Entwicklung zugetraut und der Nationalstaat als immer noch entscheidender Rahmen des Klassenkampfes unterschätzt. <br />
<br />
Vertreter: Leo Mayer, ISW, Samir Amin. <br />
<br />
==„Neuimperialistische“ Länder, „Übermonopole“ und „allein herrschendes internationales Finanzkapital“ in den Analysen der MLPD==<br />
<br />
Nach Auffassung der „Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands“ (MLPD) haben sich in den vergangenen Jahrzehnten sogenannte „neuimperialistische“ Länder herausgebildet. Diese These wurde erstmals 2011 vom MLPD-Vorsitzenden Stefan Engel in seinem Buch „Morgenröte der internationalen sozialistischen Revolution“ aufgestellt. Demnach hat sich durch die Ausbreitung der kapitalistischen Produktionsweise in den „neokolonial abhängigen Ländern“ eine nationale Bourgeoisie herausgebildet. Auch hier habe sich der Prozess der Konzentration und Zentralisation des Kapitals durchgesetzt, was in der Herausbildung einheimischer Monopole gemündet sei. Das sei die ökonomische Basis für die Herausbildung der neuimperialistischen Länder gewesen. Die neokolonial abhängigen Länder seien dann in die globale Reproduktion der Monopole eingebunden worden, was zu einer gegenseitigen Durchdringung der Monopole im Weltmaßstab geführt habe, wobei sogenannte „Übermonopole“ eine besonders wichtige Rolle gespielt haben. Entscheidend für die Herausbildung der neuimperialistischen Länder sei schließlich die Entwicklung „staatsmonopolistisch-kapitalistischer Strukturen“ gewesen, vor allem aus Militärdiktaturen oder „bürokratisch-kapitalistischen“ Ländern, womit die Sowjetunion und VR China gemeint sind. Die BRICS und andere Länder sind ihrer Meinung nach aufgestiegen, während die USA die letzte verbliebene Supermacht sei, die vor allem von China herausgefordert werde. Die imperialistische Multipolarität vertiefe die allgemeine Krise des Kapitalismus.<br />
<br />
Der zweite neue Begriff, den die MLPD hier einführt ist der des „allein herrschenden internationalen Finanzkapitals“. Hiermit ist nicht das gesamte Monopolkapital gemeint, denn die MLPD schreibt ausdrücklich, es gebe Teile des Monopolkapitals, die nicht zum „allein herrschenden internationalen Finanzkapital“ gehörten und auf die dieses die Krisenlasten abwälze (MLPD-Programm, S. 18). <br />
Über das „allein herrschende internationale Finanzkapital“ wird im MLPD-Programm (S. 27f) ausgeführt, es sei <br />
„eine verschwindend kleine Schicht der Bourgeoisie, die sich aus Gruppierungen internationaler Übermonopole mit unterschiedlichen nationalstaatlichen Grundlagen und Bindungen zusammensetzt. Seine strategische Schwäche gegenüber dem vereinigten internationalen Industrieproletariat besteht darin, dass es über keinen gemeinsamen Machtapparat verfügt. Zur Aufrechterhaltung seiner Herrschaft und zur Niederhaltung der ausgebeuteten Massen muss es sich auf die Machtorgane der einzelnen imperialistischen Länder stützen.“<br />
Demnach wird das „allein herrschende internationale Finanzkapital“ also als ein kollektives Subjekt verstanden, dass gemeinsam herrscht, obwohl es sich aus unterschiedlichen nationalen Gruppen des Kapitals zusammensetzt, und das Problem hat, keinen einheitlichen Weltstaat zur Absicherung seiner Herrschaft zu besitzen.<br />
<br />
Drittens verwendet die MLPD oft den Begriff der „Übermonopole“. Diese werden nach unserem Wissen nirgendwo präzise definiert, sondern bezeichnen offenbar vor allem einfach die größten Monopolkonzerne. So ist oft von den „500 allein herrschenden internationalen Übermonopolen“ die Rede, womit die 500 umsatzstärksten Konzerne der Welt gemeint sind (MLPD: Über die Herausbildung der neuimperialistischen Länder). Diese hätten sich durch vermehrte grenzüberschreitende Fusionen und Übernahmen gebildet. Inwiefern Übermonopole und „allein herrschendes internationales Finanzkapital“ synonym verwendet werden, ist unklar: Im MLPD-Programm heißt es beispielsweise, „Das allein herrschende internationale Finanzkapital ist eine verschwindend kleine Schicht der Bourgeoisie, die sich aus Gruppierungen internationaler Übermonopole mit unterschiedlichen nationalstaatlichen Grundlagen und Bindungen zusammensetzt“, während in einer anderen Schrift ausgeführt wird, die Übermonopole bildeten die Führungsschicht des „allein herrschenden internationalen Finanzkapitals“ (MLPD: Über die Herausbildung…). <br />
<br />
Eine Kritik an den Analysen der MLPD stellt infrage, dass mit der Einführung neuer Begriffe wie „Übermonopole“ und „neuimperialistische Länder“ ein theoretischer Gewinn erreicht ist. Inwiefern „Übermonopole“ eine neue Qualität des Monopolkapitals bzw. der Aufstieg bestimmter Länder im imperialistischen Weltsystem eine neue Qualität des Imperialismus ausdrücken und deshalb eine neue Begrifflichkeit erfordern, sei fragwürdig. <br />
Eine grundsätzlichere Kritik (vgl. Philipp Kissel: Einschätzung der Programmatik der MLPD) wirft der MLPD vor, mit ihrer Analyse zu „Übermonopolen“ und „allein herrschendem internationalem Finanzkapital“ eine Variante der These vom „kollektiven Imperialismus“, also letztlich der „Ultraimperialismus“-These zu vertreten, in der von einer Ablösung bestimmter Teile des Finanzkapitals von seiner nationalstaatlichen Grundlage ausgegangen wird und die Widersprüche zwischen den Monopolen und ihren Staaten ausgeblendet werden.<br />
Auch im maoistischen Spektrum ist die Analyse der MLPD umstritten, allerdings werden hier andere Aspekte kritisiert: In einem Text der maoistischen Website „Dem Volke Dienen“ wird argumentiert, im Gegensatz zur Theorie der neuimperialistischen Länder wäre in Wahrheit die Herausbildung neuer imperialistischer Länder aufgrund der Abhängigkeit dieser Länder vom Imperialismus überhaupt nicht möglich. Die Theorie der MLPD leugne damit den weltweiten „Hauptwiderspruch zwischen dem Imperialismus und den unterdrückten Völkern und Nationen, und damit die Rolle der unterdrückten Nationen als Sturmzentrum der proletarischen Weltrevolution“ und vertrete damit einen chauvinistischen Standpunkt. <br />
<br />
Vertreter: MLPD. <br />
<br />
<br />
=Einschätzung der Bündnisse kapitalistischer Staaten im Allgemeinen=<br />
<br />
==Grundsätzliche Ablehnung von Bündnissen zwischen kapitalistischen Staaten==<br />
<br />
Die KKE entwickelt ausgehend von der Analyse des Imperialismus als Weltsystem auch ihre Position zu den Bündnissen zwischen den Staaten. Die Monopole und die politische Linie, welche sie unterstützen, haben globalen Charakter angenommen. Die Entwicklung des Kapitalismus zum Imperialismus macht nicht vor ökonomisch schwächeren Ländern halt. So gut wie alle Länder versuchen inzwischen die Rechte der Arbeiterklasse einzuschränken, um dem tendenziellen Fall der Profitrate entgegenzuwirken. Dies war nicht mehr nur für wenige imperialistische Zentren wie zum Ende des 20. Jahrhunderts der Fall, sondern zum Beispiel auch für vergleichsweise schwächere Länder in Europa, Lateinamerika und Asien. Zu diesen Zwecken können sie als strategische Entscheidung auch Bündnisse mit anderen imperialistischen Ländern eingehen. Das bedeutet, dass nicht nur die Europäische Union als Bündnis imperialistischer Staaten bewertet wird, sondern auch Bündnisse wie ASEAN, die Shanghai Cooperation Organization, BRICS (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) und Mercosur. In diesen Bündnissen gibt es immer noch weitentwickelte Staaten an der Spitze der Pyramide, jedoch implementieren auch die Staaten auf niedrigerer Stufe imperialistische Politik und ihre Kapitalisten können zu einem regionalen Machtpol für ökonomisch-militärisch stärkere Staaten in den jeweiligen Bündnissen werden. Sie tragen Entscheidungen zum Angriff auf die Arbeiterklasse, die innerhalb der Bündnisse getroffen werden, mit. Ihre Kapitalistenklasse profitiert von den Absatzmärkten, welche die Zusammenarbeit eröffnet, ob innerhalb oder außerhalb der Bündnisse. Dies passiert sowohl unter sozialdemokratischen als auch liberalen Regierungen. <br />
Die KKE betont, dass trotz dieser strategischen Allianzen die ungleiche Entwicklung und (wechselseitige) Abhängigkeiten zwischen diesen Ländern weiterhin fortbestehen. Diese basieren weiterhin auf der ökonomisch-militärischen Stärke der einzelnen Staaten, daher auch das Bild der Pyramide mit verschiedenen Ebenen. Die zwischenimperialistischen Widersprüche stellen die Bündnisse der Imperialisten immer potenziell infrage. Es handelt sich dabei somit nicht um stabile Vereinigungen, sondern um temporäre Bündnisse, die, selbst wenn sie strategischen Charakter haben, anfällig dafür sind, durch Krisen und zwischenstaatliche Konflikte wieder aufgelöst zu werden.<br />
<br />
==Die These der „multipolaren Weltordnung“ und des „objektiv antiimperialistischen“ Charakters von Russland und China==<br />
<br />
Ausgangspunkt sind die ökonomischen Verschiebungen im imperialistischen System, wobei sich die Führungsrolle der USA zugunsten anderer Mächte relativiert hat. Diese Veränderungen werden als Übergang von einer „unipolaren Weltordnung“ durch die USA zu einer „multipolaren Weltordnung“ mit mehreren Zentren interpretiert.<br />
Von Teilen der Friedensbewegung und auch Teilen des marxistischen Spektrums wird diese Entwicklung als positiver Trend zu einer ausgeglicheneren und friedlicheren Weltpolitik interpretiert, da die Spielräume der USA bei der Durchführung imperialistischer Aggressionen sich dadurch einengen. Als „imperialistisch“ werden demnach vor allem die USA und NATO-Staaten verstanden, die sich in alle anderen Staaten einmischen und ihre Entwicklung bremsen wollen. Der Bedeutungszuwachs Russlands und Chinas oder generell neuer aufstrebender Mächte in der Weltpolitik wird hingegen als positiv eingeschätzt. Die Charakterisierung Russlands und Chinas kann dabei variieren, häufig findet sich jedoch folgende Einschätzung: Russland wird von Teilen der DKP, u.a. auch dem Parteivorstand, als kapitalistisch, aber nicht imperialistisch eingeschätzt. Begründet wird dies damit, dass Russland keinen großen Kapitalexport abgesehen von Rohstoffkonzernen habe und eine auf Ausgleich orientierte Außenpolitik betreibe, die den westlichen imperialistischen Bestrebungen objektive Hindernisse in den Weg stelle. Beispielsweise bezeichnet der internationale Sekretär der DKP Günter Pohl in einem Redebeitrag auf dem 20. Internationalen Treffen der Kommunistischen und Arbeiterparteien die Außenpolitik Russlands in Syrien und der Ukraine als „objektiv antiimperialistisch“ (http://solidnet.org/article/20-IMCWP-Written-Contribution-of-German-CP/ )<br />
Nach einer anderen Variante dieser Auffassung erfüllt Russland ökonomisch die Kriterien für ein imperialistisches Land, spiele weltpolitisch aber dennoch eine positive Rolle.<br />
China wird von großen Teilen der DKP und dem Parteivorstand als Land mit sozialistischer Orientierung verstanden, das ebenfalls im Widerspruch zum imperialistischen Streben der NATO-Staaten stehe und versuche, international den Frieden zu wahren sowie auf Kooperation und die Einhaltung des Völkerrechts zu drängen. <br />
Die Außenpolitik Russlands und Chinas ist somit laut dieser Imperialismusanalyse objektiv im Interesse der Arbeiterklasse und des Kampfes für den Frieden. Dies zeigt, dass die Diskussion um den Klassencharakter von Russland und China eng mit der Debatte zur Imperialismusanalyse verbunden ist. <br />
Kritiker dieser Positionen werfen ihr vor, dass, indem der Imperialismus nicht als Weltsystem verstanden und damit faktisch vom Kapitalismus getrennt wird, eine ähnliche Trennung zwischen Ökonomie und Politik stattfindet, wie sie schon Lenin gegenüber Kautsky kritisiert hatte. Demnach werde der imperialistische Charakter eines Landes hauptsächlich daran festgemacht, ob dieses Land militärisch aggressiv auftritt, anstatt von der Position innerhalb der internationalen imperialistischen Hierarchie und kapitalistischen Arbeitsteilung auszugehen.<br />
<br />
Vertreter: Beate Landefeld, Willi Gerns, weitere Teile der DKP. Freidenker, Andreas Wehr, Rotfuchs, Z Zeitschrift marxistische Erneuerung, teilweise Zeitschrift Sozialismus, Teile der Friedensbewegung<br />
<br />
=Einschätzung der Europäischen Union=<br />
<br />
Umstritten ist teilweise, ob es sich bei der EU um ein Bündnis imperialistischer Staaten handelt, die sich zusammengeschlossen haben, um mit den größten wirtschaftlichen Mächten wie der USA, China und Japan mithalten und die Arbeiterklassen ihrer Länder effektiver ausbeuten zu können; oder ob es sich zumindest in Ansätzen um einen neu entstehenden supranationalen oder transnationalen Staat handelt. Die meisten Parteien, die sich als marxistisch-leninistisch verstehen, vertreten den erstgenannten Standpunkt. Die Partei der Arbeit Belgiens (PvdA/PTB) versteht die EU hingegen als einen „im Aufbau befindlichen europäischen Staat“, wobei es zwischen dem Imperialismus des „im Aufbau befindlichen europäischen Staates“ und dem des Nationalstaates keinen qualitativen Unterschied gebe. (Contribution of the Workers‘ Party of Belgium, European Conference of Communist Parties, Brüssel 1.-2. Oktober 2012). <br />
<br />
Auch geschichtlich waren die Vorläufer der EU nach Ansicht der meisten KPen vor allem als Gegenpol zum Sozialismus konstruiert. Die EGKS, EWG und die an den zwischenstaatlichen Widersprüchen gescheiterte Europäische Verteidigungsgemeinschaft hatten zum Zweck, den Kapitalismus in Westeuropa wiederaufzubauen und in eine klare Frontstellung gegen die Sowjetunion und das sozialistische Lager zu bringen. Doch auch nach dem Sieg der Konterrevolution vertritt die EU weiterhin Monopolinteressen. Dies drückt sich beispielhaft in Haushalts- und Verschuldungsvorgaben, Privatisierungen, freiem Kapital- und Personenverkehr sowie Bestrebungen zur Aufrüstung (PESCO) und Aufstellung einer europaweiten Armee aus. Außenpolitisch beteiligt sich die EU folgerichtig an Kriegen auf der ganzen Welt, unter dem Deckmantel von "humanitären" Einsätzen, während sie die vor Krieg flüchtenden Menschen um jeden Preis von ihren Außengrenzen fernhält (Frontex, Abkommen mit der Türkei, unmenschliche Lager in den Maghreb-Staaten). Diese Erscheinungen der reaktionären Politik der Europäischen Union sind nach Auffassung der sich auf den Marxismus-Leninismus beziehenden Parteien nicht Anzeichen einer Fehlentwicklung, sondern nur ein Ausdruck ihres grundsätzlichen imperialistischen Charakters. Demnach ist die Europäische Union auch nicht reformierbar, sondern muss überwunden werden um eine fortschrittliche europäische Politik durchzusetzen. <br />
Die EU mag demnach ihre einzelnen Staaten zwar oberflächlich vereinen, tatsächlich bestehen aber die imperialistischen Widersprüche zwischen ihnen weiterhin. Daher ist die EU auch kein stabiles Bündnis, sondern schließt das Aufbrechen dieser temporären Allianz mit ein. Die ungleiche Entwicklung welche kapitalistische Staaten durchlaufen zeigt sich unter anderem in dem Verhältnis der einzelnen EU-Staaten zueinander und ihrer Position im Bündnis selbst. Die Politik der EU wird dabei maßgeblich von den wirtschaftlich stärksten Mitgliedsstaaten, vor allem Deutschland und Frankreich, bestimmt. <br />
<br />
Umstritten ist, ob die EU die schwächeren Mitgliedsstaaten ihrer nationalen Souveränität beraubt und somit zu abhängigen Ländern macht, oder ob auch die schwächeren Staaten sich bewusst für die Mitgliedschaft in der EU entschieden haben, weil dies den Interessen der Bourgeoisie dieser Länder entspricht.<br />
Die KP Portugals (PCP) schätzt ein, dass Portugal in der EU ein abhängiges Land geworden ist und dass folglich der Kampf um nationale Unabhängigkeit eine wichtige Losung des Klassenkampfes sei. Die KP Griechenlands betont hingegen, dass auch die ökonomisch schwächeren Länder über eine eigene Bourgeoisie verfügen und die Politik dieser Staaten die Interessen der heimischen Bourgeoisie ausdrückt und nicht etwa fremde Kapitalinteressen. Somit sei es eine bewusste Entscheidung beispielsweise des griechischen Kapitals gewesen, der EU und dem Euro beizutreten und dabei Teile der nationalen Souveränität aufzugeben, weil sich dadurch neue Möglichkeiten der Expansion und Verfolgung ihrer Profitinteressen ergeben hätten. Daher sei die Forderung nach nationaler Unabhängigkeit irreführend, stattdessen müsse der Kampf gleichzeitig gegen das ausländische und inländische Kapital geführt werden.<br />
<br />
Die Frage des EU-Austritts ist unter den kommunistischen Parteien ebenfalls umstritten. So vertritt beispielsweise die KP Portugals die Forderung nach einem Austritt Portugals aus der EU auch unter kapitalistischen Bedingungen, als Schritt zu einem längeren Prozess der Transformation hin zu einer „Fortgeschrittenen Demokratie“ und schließlich zum Sozialismus. Die KKE vertritt hingegen die Position, dass die Losung nach der Herauslösung Griechenlands aus der EU im Zusammenhang mit der Losung der Volksmacht (d.h. des Sozialismus) aufgestellt werden muss, da sie sonst auf die Illusion hinausläuft, dass der Kapitalismus im nationalstaatlichen Rahmen eine Lösung sein könnte. <br />
Die Partei der Arbeit Belgiens vertritt eine dritte Position: Sie lehnt zwar die Vorstellung eines „anderen Europas“ unter kapitalistischen Bedingungen ab, schließt aber auch die Möglichkeit einer sozialistischen Revolution nur in einem Land aus. Eine sozialistische Revolution müsse es mindestens auf einem Teil des europäischen Kontinents gleichzeitig geben. Deshalb müssten schon jetzt die Klassenkämpfe in den europäischen Ländern miteinander koordiniert und unter gemeinsame Losungen gestellt werden (bspw. der Forderung nach einer „Millionärssteuer“).<br />
Schließlich gibt es viertens die Position von „eurokommunistischen“ und sozialdemokratischen Parteien (KP Österreichs, Rifondazione Comunista in Italien usw.), die statt einer Zerschlagung der EU eine Reform ihrer Institutionen in eine soziale und ökologische Richtung für möglich halten. <br />
<br />
Die unterschiedlichen taktischen und strategischen Herangehensweisen zur EU stellen sich als Spaltung der europäischen kommunistischen Bewegung dar. So gab es bei der EU-Wahl 2019 zwei verschiedene Wahlaufrufe, wobei wenige Parteien beide Aufrufe unterzeichneten, während im Wesentlichen die KPen Europas durch die beiden Aufrufe in zwei sichtbare Lager unterteilt wurden: Ein von der zypriotischen AKEL initiierter Aufruf, der unter anderem unterschrieben von der DKP und Die Linke, aber auch der KP Portugals (PCP) und der Partei der Arbeit Belgiens (PTB/PvdA) unterschrieben wurde; und ein Aufruf der Initiative der kommunistischen und Arbeiterparteien, der von der Initiative der kommunistischen und Arbeiterparteien formuliert wurde und von KPen wie der Kommunistischen Partei der Türkei, der KKE, der PC aus Italien, oder der KP der Arbeiter Spaniens (PCTE) unterschrieben wurde. <br />
Der Aufruf der AKEL bezeichnet die EU nicht als imperialistisch und benennt auch nicht den Sozialismus als Ziel. Darin heißt es „Ein anderes Europa ist möglich, notwendig und zeitgemäßer als je zuvor. Ein anderes Europa – ein Europa, das den Arbeitern und Völkern und ihren Bedürfnissen dienen wird – kann durch einen radikalen Wandel der Grundlagen, auf denen die EU aufbaut, erreicht werden.“ (AKEL: Joint Appeal 2019 European Elections, https://www.solidnet.org/article/AKEL-Joint-Appeal-2019-European-elections/ ). Somit wird eine Reform der grundlegenden Institutionen der EU als möglich eingeschätzt. Dies widerspricht allerdings gleichzeitig den programmatischen Einschätzungen einiger der unterzeichnenden Parteien.<br />
Der Aufruf der „Initiative“ analysiert im direkten Gegensatz dazu die EU als imperialistisches Zentrum und „Instrument des europäischen Großkapitals, seine Profite zu erhöhen und seine Herrschaft zu garantieren“. Alle Erwartungen, die EU in eine Richtung zu reformieren, die den Interessen der Völker entspricht, seien illusorisch („Appeal of Communist and Workers‘ Parties of Europe fort he European Elections of May 2019“, https://www.initiative-cwpe.org/en/news/Appeal-of-Communist-and-Workers-Parties-of-Europe-for-the-European-Elections-of-May-2019-For-the-strengthening-of-the-workers-peoples-struggle-against-capitalist-exploitation-and-European-Union-For-a-Europe-of-the-peoples-of-socialism/)- <br />
<br />
Die Position eines „demokratischen Neustarts“ der EU wird in Deutschland vor allem von der Partei Die Linke und dem Democracy in Europe Movement 2025 (DiEM25) vertreten. Sie beziehen sich positiv auf die "europäische Idee" und grundsätzlich auch auf die Europäische Union. Die Europäische Union hat es demnach geschafft, die verschiedenen europäischen Kulturen näher zusammenzubringen, sie hat den Nationalismus eingedämmt, Grenzen abgeschafft und nach den zwei Weltkriegen für Frieden in Europa gesorgt. Den positiven Bezug zur Europäischen Union grenzen sie zu rechten, euroskeptischen und nationalistischen Bestrebungen ab. Kritik an der EU, welche ihre Reformierbarkeit bezweifelt, wird pauschal als rechts und reaktionär aufgefasst. <br />
Ausgehend von dieser Bewertung der EU stellen diese opportunistischen und sozialdemokratischen Parteien in ihrer tatsächlichen Politik eine Fehlentwicklung fest. Die EU rüstet auf, beschließt Austeritätspolitik und Privatisierungen und stellt die Teilnehmerstaaten in direkte ökonomische Konkurrenz. Auf dieser Grundlage formulieren diese Bewegungen ihre Kritik an ihr. Um die EU vor Nationalismus, „unmoralischen“ Konzernen und übermäßiger „Bürokratie“ zu retten, sei ein "Neustart" und eine Reform hin zu mehr Demokratie nötig. Die Europäische Union und ihre Politiker sollen demnach nicht mehr den Banken, Konzernen und Millionären, sondern allen Menschen dienen. Frieden, bessere Löhne und Umweltschutz sollen mit Hilfe demokratischer Reformen für mehr Bürgerbeteiligung umgesetzt werden. Dies soll auf dem momentanen Grundgerüst der Europäischen Union unter der Führung der sozialdemokratischen Parteien im Europaparlament passieren. Mit einer Kräfteverschiebung im Parlament soll also ein grundlegender Wechsel der Ausrichtung der Europäischen Union erfolgen, mit dem Ziel, die Union als Ausdruck eines geeinten Europas zu erhalten.<br />
<br />
=Bezug zu den Grundannahmen=<br />
Die grundlegende Auseinandersetzung in dieser Frage ist das Verhältnis der Ökonomie zur Politik. Hierzu sollten die Grundannahmen zum historischen Materialismus und insbesondere die Passagen aus Engels' Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft herangezogen werden. <br />
<br />
Eine der zentralen Veränderungen des Imperialismus, im Vergleich zum Kapitalismus der freien Konkurrenz, ist die enorme Akkumulation von Kapital und die damit verbundene Bildung der Monopole. Ebenso charakterisierend ist die Entstehung des Finanzkapitals und der Finanzoligarchie sowie die zunehmende Bedeutung des Kapitalexports. Diese ökonomischen Kriterien des Imperialismus entstehen aus dem Kapitalismus der freien Konkurrenz und sind nicht davon zu trennen. Für diese Fragen sind zum einen die Grundannahmen aus Marx' Kapital, 1. Band zur Kapitalakkumulation, sowie aus dem 3. Band zur Rolle des Kredits und der Börse als Literatur heranzuziehen. <br />
<br />
In Lenins Imperialismusschrift sind vor allem die Kapitel zur Entstehung der Monopole und zum Kapitalexport wichtig.<br />
Zu den ökonomischen Grundlagen des Imperialismus und dem Zusammenhang mit der Neuaufteilung der Welt ist Lenins Imperialismusschrift, hier vor allem die Passagen aus dem V. bis IX. Kapitel, bedeutend. <br />
<br />
In der Auseinandersetzung spielt die Einschätzung einzelner Staaten im Imperialismus eine wichtige Rolle. Dazu sollten vor allem die Grundannahmen des Dissens zum Imperialismus als Weltsystem herangezogen werden. Nur durch die korrekte Herleitung des Klassencharakters der Staaten kann der Charakter ihrer Bündnisse bewertet werden. <br />
Alle Grundannahmen zu Lenins Imperialismusschrift sind wichtig, jedoch vor allem die Kapitel zur Aufteilung der Welt unter den Kapitalistenverbänden und Großmächten. Die Einschätzung imperialistischer Bündnisse ist untrennbar mit der (Neu-)Aufteilung der Welt unter den imperialistischen Polen verbunden. Des Weiteren stellt das Kapitel zum Kapitalexport eine wichtige Grundlage zur Bewertung der Institutionen einzelner Länder und imperialistischer Bündnisse dar. <br />
<br />
<br />
=Wie wollen wir den Dissens klären?=<br />
<br />
Empirisch muss die Analyse des Weltmarktes und seiner Herrschaftsstrukturen, der weltweiten Kapital- und Warenflüsse und darin begründeten (gegenseitigen) Abhängigkeiten geleistet werden. <br />
<br />
Auf der theoretischen Ebene muss die ökonomische Basis des Imperialismus herausgearbeitet werden – Konzentration von Kapital führt zum Monopol. Bearbeitet werden muss die Frage, ob Kapitalismus und Imperialismus zu trennen sind, sprich ob ein „nicht-imperialistischer“ Kapitalismus möglich ist. <br />
<br />
Damit zusammen hängt die theoretische Darlegung des Zusammenhangs von ökonomischer Basis und politischem Überbau, in welchem Verhältnis die beiden zueinander stehen und welche Auseinandersetzungen es bereits zu dieser Frage gab(Lenin/Kautsky gehört dazu). <br />
<br />
Argumentativ muss hier auf die Annahme eingegangen werden, dass eine Ordnung der Kooperation und Vernunft innerhalb des Imperialismus möglich ist. In diesem Zusammenhang sollte auch auf das Argument aufgegriffen werden, dass die Anti-Hitler-Koalition ein Vorbild sei. <br />
<br />
Auf der empirischen Ebene muss das Argument untersucht werden, dass während der Existenz des Sozialismus einige Länder vorübergehend anders agieren konnten. Dies wird auf heute übertragen, um zu behaupten, dass eine solche Entwicklung möglich wäre. Eine empirische Untersuchung der Entwicklung dieser Länder (Indien zeitweise, Ägypten ect.) ist hier notwendig. <br />
<br />
Neben der theoretischen Klärung des Imperialismusbegriffs zur Bewertung einzelner Länder muss auch die Rolle von Bündnissen kapitalistischer Staaten geklärt werden. Hierbei ist die Frage essentiell, ob kapitalistische Staaten und ihre Bündnisse antiimperialistisch sein können, wenn sie sich gegen bestimmte imperialistische Pole richten. In diesem Zusammenhang ist auch die multipolare Weltordnung kritisch zu beleuchten. <br />
<br />
Auf der empirischen Ebene muss die Politik der Europäischen Union und ihre Entwicklung nachvollzogen werden, um Behauptungen wie die des "Friedensprojekts Europa" bewerten zu können. Eine wichtige Rolle spielt hier auch ihre Einwirkung auf die einzelnen Nationalstaaten, sowie die Einflussnahme einzelner Staaten auf die Union als Ganzes. Auf der Basis einer Klassenanalyse müssen belastbare Aussagen über den Charakter der Europäischen Union, der Währungsgemeinschaft und ihrer Mitgliedsstaaten getroffen werden. Dazu gehört auch die Frage ihrer Reformierbarkeit, also ob ihre politischen Institutionen und deren Wirken nur aufgrund falscher Interessenvertretung fehlgeleitet ist, oder ob dies ein notwendiges Resultat ihres Klassencharakters und grundlegendem Aufbau ist (Basis/Überbau). <br />
<br />
Ausgehend von dieser Analyse und vor allem in Anbetracht des Brexits muss auf Argumente für und gegen einen Austritt aus der EU eingegangen werden. <br />
<br />
Untersucht werden muss der Klassencharakter, die ökonomische Basis von Russland, China und weiteren Ländern, sowie ihre Position in der Weltwirtschaft und ihr politisches Verhältnis. <br />
Schließlich muss auf der Grundlage der Analyse der internationalen Abhängigkeiten auch die Frage der nationalen Befreiung bearbeitet werden: Unter welchen Bedingungen kann ein nationaler Befreiungskampf sinnvollerweise geführt werden und mit welchen zentralen Parolen und Forderungen?<br />
Diese und zukünftige Aufgaben und offene Fragen werden wir hier sammeln. <br />
<br />
=Was steht zu diesem Dissens in den Programmatischen Thesen?=<br />
<br />
Auszüge aus unseren programmatischen Thesen zur Frage der Imperialismusanalyse:<br />
{{Zitat |Der ökonomische Kern des Imperialismus ist das Monopol. Der heutige Kapitalismus ist dominiert vom Monopolkapital, das sich durch die Konzentration und Zentralisation des Kapitals herausgebildet hat. Dieser Wesenszug bestimmt die gesamte Epoche, in der wir leben. Im Imperialismus ist der Drang zum internationalen Kapitalexport enorm erhöht.| (Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 8)}}<br />
<br />
{{Zitat |Die These eines „kollektiven Imperialismus“, wonach sich die zwischenimperialistischen Widersprüche tendenziell abschwächen würden und es zur gemeinschaftlichen Ausbeutung der Welt durch die verbündeten imperialistischen Zentren käme, ist lediglich eine Neuauflage der „Ultraimperialismus“-These des Revisionisten Karl Kautsky, die bereits Lenin widerlegt hat. Diese These ist heute so falsch wie damals. Auch eine sogenannte „multipolare Weltordnung“, in der neben den USA und der EU weitere Zentren die Weltordnung bestimmen, ist nur Ausdruck der ungleichmäßigen Entwicklung des Kapitalismus und sich verändernder Kräfteverhältnisse. Eine Hoffnung auf eine friedlichere Welt liegt darin nicht.| (Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 9)}}<br />
<br />
{{Zitat |Der Kapitalismus entwickelte sich in engem Zusammenhang mit den entstehenden Nationalstaaten. Die Entstehung zusammenhängender nationaler Binnenmärkte, vereinheitlichter Währungen und anderer notwendiger Voraussetzungen ermöglichten erst die Kapitalakkumulation in erweitertem Maßstab. Im Imperialismus ist die Aufteilung der Welt unter die imperialistischen Zentren abgeschlossen, aber die kapitalistische Entwicklung bringt ständige Kämpfe der Kapitale und ihrer Nationalstaaten um die Neuaufteilung hervor.| (Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 9)}}<br />
<br />
{{Zitat |Länger existierende zwischenstaatliche Bündnisse, wie die EU, sind Bündnisse imperialistischer Länder zur besseren Durchsetzung ihrer weltpolitischen Interessen. Sie sind durch ständige Konkurrenz unter den Mitgliedern, ungleichmäßige Entwicklung und die Gefahr des Auseinanderbrechens gekennzeichnet. Sie können nur zeitweise existieren und werden früher oder später zerbrechen, sie sind keine neu entstehenden supranationalen Staaten. Die EU ist ein imperialistisches Bündnis unter deutscher Führung mit maßgeblicher Beteiligung Frankreichs. Sie ist von ihrem Wesen her gegen die Arbeiterklasse gerichtet und ein reaktionäres Gebilde, dass vor allem dem Monopolkapital bessere Herrschafts- und Ausbeutungsbedingungen gegenüber der Arbeiterklasse sowie eine verbesserte Position im weltweiten Konkurrenzkampf sichern soll. Der Kampf gegen die EU ist notwendiger Bestandteil des Kampfes der Arbeiterklasse in Deutschland, so-wie in allen Mitgliedsländern dieses Bündnisses.| (Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 9)}}<br />
<br />
{{Zitat |[...] Staaten, in denen (monopol-)kapitalistische Verhältnisse bestehen, wie etwa China, können keinen antiimperialistischen Charakter annehmen.| (Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 10)}}<br />
<br />
{{Zitat |Es ist falsch, bestimmten, relativ unterlegenen imperialistischen Polen innerhalb dieses Systems eine prinzipielle Friedensfähigkeit oder fortschrittliche Rolle zuzuschreiben. Die fatale Konsequenz aus solchen Fehleinschätzungen ist, dass die Arbeiterklasse sich unter der Fahne fremder Interessen, nämlich des einen oder anderen imperialistischen Pols sammelt.| (Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 10)}}<br />
<br />
{{Zitat |Der antiimperialistische Kampf muss sich deshalb gegen das Kapital und das kapitalistische System als Grundlage des Imperialismus richten. Als Kommunisten in Deutschland sehen wir den deutschen Imperialismus, d.h. die deutsche Monopolbourgeoisie und ihren Staat als unseren Hauptgegner an. Wir kämpfen aber Seite an Seite mit unseren Genossen auf der ganzen Welt gegen den Imperialismus als Ganzes, als weltweites System. Besonders hervorzuheben sind daher auch die EU als imperialistisches Bündnis, die aufstrebenden Ökonomien der BRICS-Gruppe und der US-Imperialismus als nach wie vor militärisch gefährlichster imperialistischer Pol der Welt.| (Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 10)}}<br />
<br />
=Literatur zum Thema=<br />
<br />
Aufruf der AKEL und weiterer KPen zur Europawahl 2019:<br />
http://www.solidnet.org/article/AKEL-Joint-Appeal-2019-European-elections/ <br />
<br />
Aufruf der Initiative kommunistischer und Arbeiterparteien zur Europawahl 2019: <br />
https://www.initiative-cwpe.org/en/news/Appeal-of-Communist-and-Workers-Parties-of-Europe-for-the-European-Elections-of-May-2019-For-the-strengthening-of-the-workers-peoples-struggle-against-capitalist-exploitation-and-European-Union-For-a-Europe-of-the-peoples-of-socialism <br />
<br />
Die Linke: Wahlprogramm zur Europawahl 2019: <br />
https://www.die-linke.de/europawahl/wahlprogramm/ <br />
<br />
DKP: Programm der DKP zur EU-Wahl 2019: <br />
http://news.dkp.suhail.uberspace.de/2018/12/programm-der-dkp-zur-eu-wahl-2019/ <br />
<br />
Gerns, Willi: Das Putinsche Russland, in: Marxistische Blätter 1-15.<br />
<br />
Gerns, Willi: Nicht über einen Kamm scheren, in: junge Welt vom 20.10.2014.<br />
<br />
Köbele, Patrik: Der Leitantrag und die aktuelle Imperialismus-Analyse der DKP, 2017: <br />
http://news.dkp.suhail.uberspace.de/2017/10/der-leitantrag-und-die-aktuelle-imperialismus-analyse-der-dkp/ <br />
<br />
Landefeld, Beate: Im Übergang zur Multipolarität, in: belfix.wordpress, URL: https://belafix.wordpress.com/2015/01/22/im-bergang-zur-multipolaritt/ (09.01.2019). <br />
<br />
Landefeld, Beate: Was heißt Transnationalisierung?, in: komnet, URL: http://www.kommnet.de/index.php?option=com_content&view=article&id=2120:was-heisst-qtransnationalisierungq-beate-landefeld&catid=99:die-qpolitischen-thesenq-des-parteivorstandes-der-dkp&Itemid=184 (09.01.2019). <br />
<br />
Listl, Walter: Globalisierung des Kapitals, in: junge Welt vom 22.07.2010. <br />
<br />
Mayer, Leo: Zunehmende Verteilungskämpfe, in: junge Welt vom 13.4.2011. <br />
<br />
MLPD, Engel, Stefan: Über die Herausbildung der neuimperialistischen Länder, Beilage des Zentralkomitees der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) zur Roten Fahne 16/2017, in: rf-news, 03.08.2017, URL: https://www.rf-news.de/rote-fahne/2017/nr16/ueber-die-herausbildung-der-neuimperialistischen-laender (09.01.2019). <br />
<br />
Papadopoulos, Makis 2016: Die Aktualität der leninistischen Theorie des Imperialismus, KOMEP 2016/4 <br />
<br />
Papadopoulos, Makis 2015: The imperialist unions, the inter-imperialist contradictions and the stance of the communists, International Communist Review 6, online: https://www.iccr.gr/en/news/The-imperialist-unions-the-inter-imperialist-contradictions-and-the-stance-of-the-communists/<br />
<br />
Papariga, Aleka: On the imperialist Pyramid, in: kke, URL: https://inter.kke.gr/de/articles/On-Imperialism-The-Imperialist-Pyramid/ (09.01.2019). <br />
<br />
Papariga, Aleka: Über den Imperialismus und die imperialistische Pyramide. veröffentlicht in „El Machete", der theoretischen und politischen Zeitschrift des ZK der KP Mexikos, auf deutsch unter: http://www.triller-online.de/k0662.htm <br />
<br />
Wehr, Andreas: Transnationaler Kapitalismus?, in: andreas-wehr, URL: https://www.andreas-wehr.eu/transnationaler-kapitalismus.html (09.01.2019). <br />
<br />
Zeise, Lucas: Politische und ökonomische Entwicklung der EU, 2017:<br />
http://news.dkp.suhail.uberspace.de/2017/02/politische-und-oekonomische-entwicklung-der-eu/ <br />
<br />
[[Kategorie: AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
[[Kategorie: Dissens]]<br />
[[Kategorie: Dissens AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]</div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Offene_Fragen_zur_Kl%C3%A4rung_der_Dissense&diff=6202Offene Fragen zur Klärung der Dissense2019-06-17T09:37:22Z<p>Mati: </p>
<hr />
<div>Zurück zu [[AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
<br />
== Imperialismus als Weltsystem ==<br />
* Auf der theoretischen Ebene muss die ökonomische Basis des Imperialismus herausgearbeitet werden – Konzentration von Kapital führt zum Monopol. Bearbeitet werden muss die Frage, ob Kapitalismus und Imperialismus zu trennen ist, also ob ein „nicht-imperialistischer“ Kapitalismus möglich ist. <br />
* Damit zusammen hängt die theoretische Darlegung des Zusammenhangs von ökonomischer Basis und politischem Überbau, in welchem Verhältnis stehen sie zueinander, welche Auseinandersetzungen gab es bereits zu genau dieser Frage (Lenin/Kautsky gehört dazu)?<br />
* Argumentativ muss hier auf die Annahme eingegangen werden, dass eine Ordnung der Kooperation und Vernunft innerhalb des Imperialismus möglich ist. In diesem Zusammenhang sollte auch auf das Argument eingegangen werden, dass die Anti-Hitler-Koalition ein Vorbild sei. <br />
* Auf der empirischen Ebene muss das Argument untersucht werden, dass während der Existenz des Sozialismus einige Länder vorübergehend anders agieren konnten. Das wird auf heute übertragen, um zu behaupten, dass eine solche Entwicklung möglich wäre. Eine empirische Untersuchung der Entwicklung dieser Länder (Ägypten, Indien zeitweise, …) ist hier notwendig. <br />
* Untersucht werden muss der Klassencharakter, die ökonomische Basis von Russland, China und weiteren Ländern sowie ihre Position in der Weltwirtschaft und ihr politisches Verhältnis.<br />
<br />
* Was ist der ökonomische Charakter der EU? <br />
* Was sind die unlösbaren Widersprüche der Währungsunion und der EU und warum wird sie zerfallen müssen? <br />
* Welche Monopole haben von der EU bisher am meisten profitiert? <br />
* Lassen sich die EU-Mitgliedsstaaten in unterdrückte und unterdrückende Staaten aufteilen? <br />
* Welche ökonomischen Beziehungen gibt es zwischen der EU und Russland, China und den USA? <br />
* Entsteht durch die EU eine ökonomische Basis für einen europäischen Staat? <br />
<br />
== Monopole und ihre Entwicklung ==<br />
* Auf theoretischer Ebene muss die ökonomische Basis der Monopole – Entwicklung der Produktivkräfte, Konzentration von Kapital führt zum Monopol – herausgearbeitet werden. <br />
* Weiterhin muss die ökonomische Basis des tendenziellen Falls der Profitrate, die Akkumulation, Zentralisation und Konzentration des Kapitals und die Rolle des Kredits herausgearbeitet werden. <br />
* Weiterhin wollen wir die These des sogenannten „transnationalen Kapitals“ und ihre Bedeutung für die Strategie der „antimonopolistischen Übergänge“ überprüfen. <br />
* Dabei geht es jedoch nicht um eine „theoretische Ableitung des Monopols aus der Marxschen Theorie analog eines […] mathematischen Lehrsatzes“ (Jung/ Schleifstein), welche die Aussagen von Marx und Engels über die zu untersuchende Strukturveränderungen des Kapitalismus ignorieren würde. <br />
* Wie sehen die Entwicklungen der Profitraten in den letzten Jahrzehnten aus? <br />
* Die Herausbildung der größten Monopolkapitale muss empirisch aufgezeigt werden. <br />
* Was ist die Rolle der Banken bei Konzentration und Zentralisation heute? <br />
* Weiterhin soll empirisch die Verschmelzung von Industrie- und Bankkapital zu Finanzkapital und die Bedeutung der nichtmonopolistischen Bourgeoisie überprüft werden. <br />
* Für die Überprüfung der These des transnationalen Kapitals müssen die Eigentümerstrukturen des Kapitals in Deutschland untersucht werden. <br />
* Außerdem sollte, zumindest anhand einiger Beispiele, überprüft werden, in welchem Verhältnis Eigentum und Kontrolle zueinander stehen. <br />
* Die Ergebnisse sollten mit denen anderer Länder verglichen werden, um zu vermeiden, dass evtl. nationale Besonderheiten in Deutschland zu einer allgemeinen Tendenz abgeleitet werden. <br />
* Schließlich ist auf einer allgemeinen Ebene dann die Frage zu beantworten, ob sich der nationale Charakter des Kapitals vertieft, ob er sich abschwächt oder ob es gegenläufige Tendenzen in beide Richtungen gibt.<br />
<br />
== Monopole und Staat ==<br />
* Welche ökonomische und politische Rolle haben die Monopole heute? <br />
* Welche Verbindung haben der Staatsapparat und staatsnahe Institutionen konkret mit den Monopolen? <br />
* Welche Rolle haben die Gesetzgebung, die staatlichen ökonomischen Aktivitäten und Umverteilung des Nationaleinkommens auf die Monopole?<br />
* Dies beinhaltet konkrete Forschungs- und Rechercheaufträge zur Entwicklung des Verhältnisses Staat/ Monopole, wobei auf frühere Untersuchungen wie die des Instituts für Marxistische Studien und Forschungen (IMSF) und der anderen Institute zur Anregung und kritischen Lektüre zurückgegriffen werden kann. <br />
* Theoretisch ist zu klären, in welchen Widersprüchen die Entwicklung des Monopolkapitalismus verläuft und wie eine Zuspitzung der Widersprüche von der Arbeiterklasse genutzt werden kann?<br />
<br />
== Krisenanalyse ==<br />
* Aus den Grundannahmen von Marx, Engels und Lenin müssen wir erarbeiten, warum die Möglichkeit und Notwendigkeit der Krise in der Produktionsweise und ihren Widersprüchen selbst angelegt sind.<br />
* Wir müssen erarbeiten: vor welchem ökonomischen und gesellschaftlichen Hintergrund sind die Theorien des „Regulierten Kapitalismus“ entstanden, welchen Interessen dienen sie? <br />
* Dann ist zu beantworten, an welcher Stelle genau diese Ansichten den Analysen des wissenschaftlichen Sozialismus widersprechen.<br />
* Empirisch müssen wir erarbeiten, wie der Staat tatsächlich regulierend im Interesse des Kapitals eingreift und inwiefern diese „Regulierung“ gegen die Interessen der Arbeiterklasse gerichtet sind. Als Beispiel sei hier nur die „konzertierte Aktion“ erwähnt, die zwar kein frontaler Angriff auf die Rechte der Arbeiter war wie die „formierte Gesellschaft“, aber nicht weniger stark den Kampf der Arbeiterklasse einengte. <br />
* Hierbei ist auch die Erarbeitung der Verschmelzung von Staat und Monopolen wichtig, der Nachweis, auf welchen Wegen und mit welchen Mitteln die Monopole im und durch den Staat ihre Interessen durchsetzen. <br />
* Eine laufende Aufgabe ist die Beobachtung und Analyse der Wirtschaftspolitik, der Maßnahmen der Regierung und anderer Teile des Staates.<br />
<br />
== Der Platz des Imperialismus in der Geschichte ==<br />
Die genauere Darstellung der verschiedenen folgenden Positionen zu dieser Frage ist die erste Aufgabe: <br />
* [[Der Platz des Imperialismus in der Geschichte#Der Imperialismus als letztes Stadium|Der Imperialismus als letztes Stadium des Kapitalismus]]<br />
* [[Der Platz des Imperialismus in der Geschichte#Sozialdemokratische Vorstellungen des „Dritten Wegs“|Die Sozialdemokratische Vorstellung des „Dritten Wegs“]] <br />
* Die [[Der Platz des Imperialismus in der Geschichte#Wirtschaftsdemokratie|Wirtschaftsdemokratie]]<br />
* [[Der Platz des Imperialismus in der Geschichte#„Zurück zur freien Konkurrenz“|Zurück zur freien Konkurrenz]] <br />
* [[Der Platz des Imperialismus in der Geschichte#Weitere Vorstellungen von „Zwischenstufen“|Antimonopolistischen Demokratie]]<br />
* [[Der Platz des Imperialismus in der Geschichte#Weitere Vorstellungen von „Zwischenstufen“|Kampf gegen den Neoliberalismus]]<br />
* Des Weiteren müssen aus den Grundlagen des Wissenschaftlichen Sozialismus die wichtigsten Erkenntnisse zu dieser Frage ausgewertet werden. Dieser Fragenkomplex hängt eng mit der ''AG Klassenanalyse'' zusammen sowie mit den Arbeiten der ''AG Revolutionäre Arbeiterbewegung und kommunistische Partei''.<br />
<br />
== Monopole und Ausbeutung der Arbeiterklasse ==<br />
* In diesem Bereich muss zunächst eine genauere Sortierung von zu erarbeitenden Fragen und möglichen Dissensen stattfinden. Dazu muss auch die entsprechende Literatur zusammen gestellt und ausgewertet werden, Positionen, die gegeneinander stehen, müssen ausformuliert und zugewiesen werden. <br />
* Außerdem muss eine Strukturierung der zu untersuchenden Gegenstände und wie sie untersucht werden können erfolgen – zum Beispiel des Betriebsverfassungsgesetzes, der Mindestlohngesetzgebung etc. <br />
<br />
Hier geht es weiter zu [[Offene Fragen zu ökonomischen Auseinandersetzungen]].<br />
<br />
[[Kategorie: AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
[[Kategorie: Offene Fragen]]<br />
[[Kategorie: Offene Fragen AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]</div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=AG_Politische_%C3%96konomie_des_Imperialismus&diff=6201AG Politische Ökonomie des Imperialismus2019-06-17T09:36:28Z<p>Mati: /* Einführung in die AG */</p>
<hr />
<div>[[Datei:AG Politische Ökonomie des Imperialismus.png|mini]]<br />
Zurück zu [[Hauptseite]]<br />
<br />
<br />
<br />
== Einführung in die AG ==<br />
Die Analyse des Imperialismus ist einer der am meisten umstrittenen Punkte in der kommunistischen Bewegung und deshalb so wichtig, da die unterschiedlichen Einschätzungen des Charakters des Imperialismus großen Einfluss auf die Praxis zur Überwindung desselben haben. Aktuelle Beispiele dafür sind die Diskussion um den Klassencharakter Chinas und Russlands und damit verbunden die Orientierung der Arbeiterbewegung – soll sie sich an die Seite eines vermeintlich „objektiv antiimperialistischen Staats“ stellen oder ihre eigene Macht vorbereiten und errichten? Dabei geht es darum, ob ein dauerhafter Frieden im Imperialismus möglich ist oder der Kampf um Frieden immer ein Kampf für den Sozialismus sein muss. <br />
<br />
Seit dem Eintreten des Kapitalismus in sein imperialistisches Stadium ist dies Gegenstand der Auseinandersetzung, wie die Kritik Lenins an Kautsky und anderen zeigt. Auch in den 70er Jahren gab es eine intensivere Debatte um die Frage des Charakters des [[Monopole und Staat#Staatsmonopolistischer Kapitalismus|staatsmonopolistischen Kapitalismus]]. In dieser kamen Strömungen auf, die den imperialistischen Charakter des Kapitalismus in Frage stellten oder abstritten und zum Beispiel eine rein formale [[Monopole und Staat#Staatsableitung und Eigenständigkeit des Staates|„Staatsableitung“]] vornahmen. <br />
<br />
Insgesamt handelt es sich um eine zentrale Frage der Theoriebildung der Arbeiterklasse und wirkt sich somit auch direkt auf ihre Praxis aus. Ein umfassendes Verständnis der Entwicklung des Kapitalismus bis zu seinem imperialistischen Stadium, das Erkennen der Gesetzmäßigkeiten und damit der Notwendigkeiten des Handelns sind Kernbestandteile der Strategie der Kommunistischen Partei. Im Zuge der Analyse des Imperialismus und der damit verbundenen veränderten Kampfbedingungen entwickelten Lenin und die Bolschewiki das diesen Bedingungen entsprechende Organisationsprinzip der „Partei neuen Typs“ und die Strategie der Arbeiterklasse, die nun nicht mehr nur die Kräfte für den Umsturz sammeln musste, sondern den Sturm durchführen muss – die sozialistische Revolution rückt auf die Tagesordnung des Klassenkampfs.<br />
<br />
Dabei beziehen wir selbst Position, von der aus wir die Auseinandersetzung führen und deren Weiterentwicklung ein Ziel der Arbeitsgruppen ist. In unseren [https://kommunistische.org/programmatische-thesen/ '''Programmatischen Thesen'''] sind bereits in einem Unterkapitel zentrale Aussagen zum [https://kommunistische.org/programmatische-thesen/#__RefHeading___Toc1331_1760917594 Imperialismus] benannt. Eine übergeordnete Aufgabe der AG Politische Ökonomie des Imperialismus ist, herauszuarbeiten, dass der Imperialismus als ein – das höchste – Stadium des Kapitalismus begriffen wird und nicht als aggressive Außenpolitik oder reiner Expansionismus. Das Stadium des Imperialismus ist organisch mit dem vorherigen Stadium – des Kapitalismus der freien Konkurrenz – verbunden und kann nicht davon getrennt werden. Die gesetzmäßige Entwicklung der Produktivkräfte führt zu Konzentration und Zentralisation der Produktionsmittel und des Kapitals und damit zum Monopol. Er ist das letzte Stadium der kapitalistischen Produktionsweise. Er führt zur weiteren Vertiefung des Widerspruchs zwischen dem gesellschaftlichen Charakter der Produktion und dem privaten Eigentum an Produktionsmitteln. Er tritt damit in sein faulendes, parasitäres Stadium, das der allgemeinen Krise des Kapitalismus, der Reaktion und der ständig notwendigen Neuaufteilung der Welt und damit zu Krieg. Er ist zugleich die materielle Vorbereitung der nächsten Gesellschaftsformation – dem Sozialismus, denn er konzentriert und vergesellschaftet die Produktivkräfte und darunter vor allem die Arbeiterklasse selbst – er ist der Vorabend der sozialistischen Revolution.<br />
<br />
Ein zentraler Gegenstand der AG ist das Verhältnis zwischen Kapital und Arbeit, die Ausbeutung der Arbeiterklasse durch die Monopole im besonderen und das Kapital insgesamt. Dabei geht es um die Führung des ökonomischen Klassenkampfs durch die Bourgeoisie durch Einengung des Streikrechts, durch die Regulierung und teilweise Integration der Arbeiterbewegung, durch Sozialgesetze und den Staatshaushalt. In diesem Bereich sollen Analysen zu wichtigen Kampffeldern erarbeitet werden, wie Tarifforderungen und Forderungen bezüglich sozialer Rechte, zu Arbeitszeit und Arbeitsbedingungen, zum Mindestlohn und zum sog. "Bedingungslosen Grundeinkommen". Dazu gehört auch die Analyse der Kämpfe der Arbeiterklasse der letzten Zeit. Ziel ist, durch Analysen der ökonomischen Lage und Klärung der verschiedenen Positionen Kampflosungen entwickeln zu können.<br />
<br />
Die Arbeitsgruppe hat bisher sieben Dissenspunkte gesammelt, die weltweit kontrovers diskutiert werden: [[Imperialismus als Weltsystem|Imperialismus als Weltsystem]], [[Monopole und ihre Entwicklung|Monopole und ihre Entwicklung]], [[Monopole und Staat|Monopole und Staat]], [[Krisenanalyse|Krisenanalyse]], [[Monopole und Ausbeutung der Arbeiterklasse|Monopole und Ausbeutung der Arbeiterklasse]], [[Der Platz des Imperialismus in der Geschichte|Der Platz des Imperialismus in der Geschichte]]. Mit diesen Themenkomplexen wird sich die Arbeitsgruppe beschäftigen. Dabei sollen die verschiedenen Positionen und Einschätzungen herausgearbeitet und mit den [[AG Politische Ökonomie des Imperialismus#Grundannahmen|Grundlagen]] des wissenschaftlichen Sozialismus von Marx, Engels und Lenin konfrontiert werden. Mit jedem dieser Komplexe sind außerdem konkrete empirische Untersuchungen notwendig verbunden, wie zum Beispiel die Untersuchung der Eigentumsstrukturen der Monopole, die Rechtsformen, die sie annehmen, ihr Verhältnis zum Staatsapparat, ihre Rolle in der Reproduktion des Kapitals, die Entwicklung des Drucks auf Löhne und Arbeitsbedingungen bis hin zur Berechnung der Profitraten der Monopole und Unternehmen.<br />
<br />
Wir möchten die nächsten Jahre systematisch an der Klärung der Dissenspunkte und der damit verbundenen [[AG Politische Ökonomie des Imperialismus#Offene Fragen|offenen Fragen]] arbeiten.<br />
<br />
== Dissens ==<br />
In der kommunistischen Weltbewegung gibt es grundlegende Unterschiede in der Bewertung der politischen Ökonomie des Imperialismus. Darunter fallen die folgenden Streitpunkte:<br><br />
<br />
* [[Imperialismus als Weltsystem]]<br />
* [[Monopole und ihre Entwicklung]]<br />
* [[Monopole und Staat]]<br />
* [[Krisenanalyse]]<br />
* [[Der Platz des Imperialismus in der Geschichte]]<br />
* [[Monopole und Ausbeutung der Arbeiterklasse]]<br />
<br />
== Offene Fragen ==<br />
<br />
Die AG Politische Ökonomie hat die Aufgabe, grundsätzlich die ökonomischen Auseinandersetzungen der Arbeiterklasse zu analysieren. Dazu gehören beispielsweise die Entwicklung der Lohnkämpfe, der Tarifforderungen und des dazu gehörigen Rechtssystems als von der Bourgeoisie gesetzter enger Rahmen, die Frage der Arbeitsbedingungen und Arbeitszeit, der Veränderungen der Tätigkeiten und Ausbildungen.<br> <br />
Folgende Fragen sind für diese AG noch offen:<br><br />
* [[Offene Fragen zu ökonomischen Auseinandersetzungen]]<br />
<br />
<br />
Außerdem muss diese AG die ökonomische Lage der Arbeiterklasse untersuchen und zum Beispiel die Forderung nach einem Bedingungslosen Grundeinkommen, die Rolle des Harz4-Systems und ökonomische Ursachen und Auswirkungen der Gentrifizierung untersuchen. Die Analyse der materiellen und ideologischen Lage Arbeiterklasse hingegen ist Gegenstand der [[AG Klassenanalyse]].<br> <br />
Folgende Fragen sind für diese AG noch offen:<br><br />
* [[Offene Fragen zur ökonomischen Lage der Arbeiterklasse]]<br />
<br />
<br />
Auf der Seite der Kapitalistenklasse muss ihre Zusammensetzung, die Veränderung der verschiedenen Branchen, die Reproduktion des Kapitals, die Profitraten und ihre konkrete Berechnung, der parasitäre Charakter des Imperialismus und die Rolle und Struktur des deutschen Finanzkapitals untersucht werden.<br><br />
Folgende Fragen sind für diese AG noch offen:<br><br />
* [[Offene Fragen zur Analyse des Kapitals]]<br />
<br />
<br />
Außerdem müssen einige Fragen wissensschaftlich beantwortet werden, um den Dissens in der kommunistischen Bewegung rund um das Thema politische Ökonomie zu klären. <br />
Sie sind hier nach Dissensen sortiert aufgelistet:<br><br />
* [[Offene Fragen zur Klärung der Dissense]]<br />
<br />
== Grundannahmen ==<br />
Dieser Abschnitt gibt einen systematischen Überblick über die wichtigsten Grundannahmen von Karl Marx, Friedrich Engels und Wladimir I. Lenin zum Themenkomplex unserer AG. Zweck dieser Zitatensammlung ist nicht, im dogmatischen Sinne eine Sammlung "fertiger, überhistorisch gültiger Wahrheiten" vorzulegen, in der alle Fragen schon für alle Zeiten gelöst sind. Vielmehr sollen die Grundannahmen sicherstellen, dass wir ein einheitliches Verständnis des marxistischen-leninistischen Grundvokabulars haben und unseren Bezug auf die Klassiker des wissenschaftlichen Sozialismus transparent und nachvollziehbar machen. <br />
<br />
*[[Der historische Materialismus]]<br />
*[[Politische Ökonomie des Kapitalismus]]<br />
*[[Der imperialistische Kapitalismus]]<br />
<br />
In unseren Grundannahmen beziehen wir uns größtenteils auf drei Klassiker des Marxismus-Leninismus:<br />
*[[Das Kapital (Literatureinleitung)]] von Karl Marx<br />
*[[Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft (Literatureinleitung)]] von Friedrich Engels<br />
*[[Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus (Literatureinleitung)]] von Wladimir I. Lenin<br />
<br />
==Mitmachen==<br />
Wenn Du: <br />
<br />
*dich in unsere Diskussionen einbringen möchtest, weil du einzelne Punkte anders siehst oder<br />
*noch offene Fragen hast, die wir dringend bearbeiten sollten oder <br />
*kleine [[Aufgaben der AG Politische Ökonomie des Imperialismus]] übernehmen möchtest, also z.B. eine Studie zusammenfassen, ein Unternehmen oder eine Tarifauseinandersetzung analysieren...oder <br />
*Interesse an einer festen Mitarbeit in unserer AG hast,<br />
dann melde dich unter folgender E-Mail Adresse: [mailto:ag_oekonomie@kommunistische.org ag_oekonomie@kommunistische.org]<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
[[Kategorie: AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
[[Kategorie: AG-Hauptseite]]</div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=AG_Politische_%C3%96konomie_des_Imperialismus&diff=6200AG Politische Ökonomie des Imperialismus2019-06-17T09:35:48Z<p>Mati: /* Dissens */</p>
<hr />
<div>[[Datei:AG Politische Ökonomie des Imperialismus.png|mini]]<br />
Zurück zu [[Hauptseite]]<br />
<br />
<br />
<br />
== Einführung in die AG ==<br />
Die Analyse des Imperialismus ist einer der am meisten umstrittenen Punkte in der kommunistischen Bewegung und deshalb so wichtig, da die unterschiedlichen Einschätzungen des Charakters des Imperialismus großen Einfluss auf die Praxis zur Überwindung desselben haben. Aktuelle Beispiele dafür sind die Diskussion um den Klassencharakter Chinas und Russlands und damit verbunden die Orientierung der Arbeiterbewegung – soll sie sich an die Seite eines vermeintlich „objektiv antiimperialistischen Staats“ stellen oder ihre eigene Macht vorbereiten und errichten? Dabei geht es darum, ob ein dauerhafter Frieden im Imperialismus möglich ist oder der Kampf um Frieden immer ein Kampf für den Sozialismus sein muss. <br />
<br />
Seit dem Eintreten des Kapitalismus in sein imperialistisches Stadium ist dies Gegenstand der Auseinandersetzung, wie die Kritik Lenins an Kautsky und anderen zeigt. Auch in den 70er Jahren gab es eine intensivere Debatte um die Frage des Charakters des [[Monopole und Staat#Staatsmonopolistischer Kapitalismus|staatsmonopolistischen Kapitalismus]]. In dieser kamen Strömungen auf, die den imperialistischen Charakter des Kapitalismus in Frage stellten oder abstritten und zum Beispiel eine rein formale [[Monopole und Staat#Staatsableitung und Eigenständigkeit des Staates|„Staatsableitung“]] vornahmen. <br />
<br />
Insgesamt handelt es sich um eine zentrale Frage der Theoriebildung der Arbeiterklasse und wirkt sich somit auch direkt auf ihre Praxis aus. Ein umfassendes Verständnis der Entwicklung des Kapitalismus bis zu seinem imperialistischen Stadium, das Erkennen der Gesetzmäßigkeiten und damit der Notwendigkeiten des Handelns sind Kernbestandteile der Strategie der Kommunistischen Partei. Im Zuge der Analyse des Imperialismus und der damit verbundenen veränderten Kampfbedingungen entwickelten Lenin und die Bolschewiki das diesen Bedingungen entsprechende Organisationsprinzip der „Partei neuen Typs“ und die Strategie der Arbeiterklasse, die nun nicht mehr nur die Kräfte für den Umsturz sammeln musste, sondern den Sturm durchführen muss – die sozialistische Revolution rückt auf die Tagesordnung des Klassenkampfs.<br />
<br />
Dabei beziehen wir selbst Position, von der aus wir die Auseinandersetzung führen und deren Weiterentwicklung ein Ziel der Arbeitsgruppen ist. In unseren [https://kommunistische.org/programmatische-thesen/ '''Programmatischen Thesen'''] sind bereits in einem Unterkapitel zentrale Aussagen zum [https://kommunistische.org/programmatische-thesen/#__RefHeading___Toc1331_1760917594 Imperialismus] benannt. Eine übergeordnete Aufgabe der AG Politische Ökonomie des Imperialismus ist, herauszuarbeiten, dass der Imperialismus als ein – das höchste – Stadium des Kapitalismus begriffen wird und nicht als aggressive Außenpolitik oder reiner Expansionismus. Das Stadium des Imperialismus ist organisch mit dem vorherigen Stadium – des Kapitalismus der freien Konkurrenz – verbunden und kann nicht davon getrennt werden. Die gesetzmäßige Entwicklung der Produktivkräfte führt zu Konzentration und Zentralisation der Produktionsmittel und des Kapitals und damit zum Monopol. Er ist das letzte Stadium der kapitalistischen Produktionsweise. Er führt zur weiteren Vertiefung des Widerspruchs zwischen dem gesellschaftlichen Charakter der Produktion und dem privaten Eigentum an Produktionsmitteln. Er tritt damit in sein faulendes, parasitäres Stadium, das der allgemeinen Krise des Kapitalismus, der Reaktion und der ständig notwendigen Neuaufteilung der Welt und damit zu Krieg. Er ist zugleich die materielle Vorbereitung der nächsten Gesellschaftsformation – dem Sozialismus, denn er konzentriert und vergesellschaftet die Produktivkräfte und darunter vor allem die Arbeiterklasse selbst – er ist der Vorabend der sozialistischen Revolution.<br />
<br />
Ein zentraler Gegenstand der AG ist das Verhältnis zwischen Kapital und Arbeit, die Ausbeutung der Arbeiterklasse durch die Monopole im besonderen und das Kapital insgesamt. Dabei geht es um die Führung des ökonomischen Klassenkampfs durch die Bourgeoisie durch Einengung des Streikrechts, durch die Regulierung und teilweise Integration der Arbeiterbewegung, durch Sozialgesetze und den Staatshaushalt. In diesem Bereich sollen Analysen zu wichtigen Kampffeldern erarbeitet werden, wie Tarifforderungen und Forderungen bezüglich sozialer Rechte, zu Arbeitszeit und Arbeitsbedingungen, zum Mindestlohn und zum sog. "Bedingungslosen Grundeinkommen". Dazu gehört auch die Analyse der Kämpfe der Arbeiterklasse der letzten Zeit. Ziel ist, durch Analysen der ökonomischen Lage und Klärung der verschiedenen Positionen Kampflosungen entwickeln zu können.<br />
<br />
Die Arbeitsgruppe hat bisher sieben Dissenspunkte gesammelt, die weltweit kontrovers diskutiert werden: [[Imperialismus als Weltsystem|Imperialismus als Weltsystem]], [[Imperialistische Bündnisse|imperialistische Bündnisse]], [[Monopole und ihre Entwicklung|Monopole und ihre Entwicklung]], [[Monopole und Staat|Monopole und Staat]], [[Krisenanalyse|Krisenanalyse]], [[Monopole und Ausbeutung der Arbeiterklasse|Monopole und Ausbeutung der Arbeiterklasse]], [[Der Platz des Imperialismus in der Geschichte|Der Platz des Imperialismus in der Geschichte]]. Mit diesen Themenkomplexen wird sich die Arbeitsgruppe beschäftigen. Dabei sollen die verschiedenen Positionen und Einschätzungen herausgearbeitet und mit den [[AG Politische Ökonomie des Imperialismus#Grundannahmen|Grundlagen]] des wissenschaftlichen Sozialismus von Marx, Engels und Lenin konfrontiert werden. Mit jedem dieser Komplexe sind außerdem konkrete empirische Untersuchungen notwendig verbunden, wie zum Beispiel die Untersuchung der Eigentumsstrukturen der Monopole, die Rechtsformen, die sie annehmen, ihr Verhältnis zum Staatsapparat, ihre Rolle in der Reproduktion des Kapitals, die Entwicklung des Drucks auf Löhne und Arbeitsbedingungen bis hin zur Berechnung der Profitraten der Monopole und Unternehmen.<br />
<br />
Wir möchten die nächsten Jahre systematisch an der Klärung der Dissenspunkte und der damit verbundenen [[AG Politische Ökonomie des Imperialismus#Offene Fragen|offenen Fragen]] arbeiten.<br />
<br />
== Dissens ==<br />
In der kommunistischen Weltbewegung gibt es grundlegende Unterschiede in der Bewertung der politischen Ökonomie des Imperialismus. Darunter fallen die folgenden Streitpunkte:<br><br />
<br />
* [[Imperialismus als Weltsystem]]<br />
* [[Monopole und ihre Entwicklung]]<br />
* [[Monopole und Staat]]<br />
* [[Krisenanalyse]]<br />
* [[Der Platz des Imperialismus in der Geschichte]]<br />
* [[Monopole und Ausbeutung der Arbeiterklasse]]<br />
<br />
== Offene Fragen ==<br />
<br />
Die AG Politische Ökonomie hat die Aufgabe, grundsätzlich die ökonomischen Auseinandersetzungen der Arbeiterklasse zu analysieren. Dazu gehören beispielsweise die Entwicklung der Lohnkämpfe, der Tarifforderungen und des dazu gehörigen Rechtssystems als von der Bourgeoisie gesetzter enger Rahmen, die Frage der Arbeitsbedingungen und Arbeitszeit, der Veränderungen der Tätigkeiten und Ausbildungen.<br> <br />
Folgende Fragen sind für diese AG noch offen:<br><br />
* [[Offene Fragen zu ökonomischen Auseinandersetzungen]]<br />
<br />
<br />
Außerdem muss diese AG die ökonomische Lage der Arbeiterklasse untersuchen und zum Beispiel die Forderung nach einem Bedingungslosen Grundeinkommen, die Rolle des Harz4-Systems und ökonomische Ursachen und Auswirkungen der Gentrifizierung untersuchen. Die Analyse der materiellen und ideologischen Lage Arbeiterklasse hingegen ist Gegenstand der [[AG Klassenanalyse]].<br> <br />
Folgende Fragen sind für diese AG noch offen:<br><br />
* [[Offene Fragen zur ökonomischen Lage der Arbeiterklasse]]<br />
<br />
<br />
Auf der Seite der Kapitalistenklasse muss ihre Zusammensetzung, die Veränderung der verschiedenen Branchen, die Reproduktion des Kapitals, die Profitraten und ihre konkrete Berechnung, der parasitäre Charakter des Imperialismus und die Rolle und Struktur des deutschen Finanzkapitals untersucht werden.<br><br />
Folgende Fragen sind für diese AG noch offen:<br><br />
* [[Offene Fragen zur Analyse des Kapitals]]<br />
<br />
<br />
Außerdem müssen einige Fragen wissensschaftlich beantwortet werden, um den Dissens in der kommunistischen Bewegung rund um das Thema politische Ökonomie zu klären. <br />
Sie sind hier nach Dissensen sortiert aufgelistet:<br><br />
* [[Offene Fragen zur Klärung der Dissense]]<br />
<br />
== Grundannahmen ==<br />
Dieser Abschnitt gibt einen systematischen Überblick über die wichtigsten Grundannahmen von Karl Marx, Friedrich Engels und Wladimir I. Lenin zum Themenkomplex unserer AG. Zweck dieser Zitatensammlung ist nicht, im dogmatischen Sinne eine Sammlung "fertiger, überhistorisch gültiger Wahrheiten" vorzulegen, in der alle Fragen schon für alle Zeiten gelöst sind. Vielmehr sollen die Grundannahmen sicherstellen, dass wir ein einheitliches Verständnis des marxistischen-leninistischen Grundvokabulars haben und unseren Bezug auf die Klassiker des wissenschaftlichen Sozialismus transparent und nachvollziehbar machen. <br />
<br />
*[[Der historische Materialismus]]<br />
*[[Politische Ökonomie des Kapitalismus]]<br />
*[[Der imperialistische Kapitalismus]]<br />
<br />
In unseren Grundannahmen beziehen wir uns größtenteils auf drei Klassiker des Marxismus-Leninismus:<br />
*[[Das Kapital (Literatureinleitung)]] von Karl Marx<br />
*[[Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft (Literatureinleitung)]] von Friedrich Engels<br />
*[[Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus (Literatureinleitung)]] von Wladimir I. Lenin<br />
<br />
==Mitmachen==<br />
Wenn Du: <br />
<br />
*dich in unsere Diskussionen einbringen möchtest, weil du einzelne Punkte anders siehst oder<br />
*noch offene Fragen hast, die wir dringend bearbeiten sollten oder <br />
*kleine [[Aufgaben der AG Politische Ökonomie des Imperialismus]] übernehmen möchtest, also z.B. eine Studie zusammenfassen, ein Unternehmen oder eine Tarifauseinandersetzung analysieren...oder <br />
*Interesse an einer festen Mitarbeit in unserer AG hast,<br />
dann melde dich unter folgender E-Mail Adresse: [mailto:ag_oekonomie@kommunistische.org ag_oekonomie@kommunistische.org]<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
[[Kategorie: AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
[[Kategorie: AG-Hauptseite]]</div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=AG_Revolution%C3%A4re_Arbeiterbewegung_und_Kommunistische_Partei&diff=5795AG Revolutionäre Arbeiterbewegung und Kommunistische Partei2019-01-11T19:23:38Z<p>Mati: /* Dissens */</p>
<hr />
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<br />
== Einführung==<br />
Die AG Revolutionäre Arbeiterbewegung und Kommunistische Partei beschäftigt sich mit der Geschichte der weltweiten und insbesondere der deutschen Arbeiterbewegung sowie mit den Bedingungen ihrer Entwicklung. Da die Kommunistische Partei ein zentraler Bestandteil der Arbeiterbewegung ist, beschäftigt sich die AG ausführlich mit ihrer Geschichte, ihren Organisationsprinzipien und mit ihrer Rolle im Klassenkampf. Es geht also um Fragen des wissenschaftlichen Sozialismus und um die Strategie und Taktik der Arbeiterbewegung unter der Herrschaft des Kapitals. <br />
<br />
Das Studium der Geschichte und der Bedingungen der historischen Entwicklungen ist fundamental in einer Zeit, in der die Arbeiterbewegung in Deutschland extrem geschwächt, vom Opportunismus durchsetzt und zersplittert ist. Wenn wir nicht einschätzen lernen, welche Erfahrungen der Arbeiterbewegung und welche Entwicklungen positiv bzw. negativ im Sinne der Aufhebung der Klassengesellschaft waren, werden wir kläglich mit dem Versuch scheitern, der Arbeiterbewegung wieder auf die Füße zu helfen, sie zu reorganisieren und sie für den Klassenkampf zu wappnen.<br />
<br />
Gleiches gilt im selben Maße für das Studium zur Kommunistischen Partei: Auch die kommunistische Bewegung in Deutschland ist zersplittert, vom Opportunismus durchsetzt und am Boden. Kommunistinnen und Kommunisten in Deutschland sind noch weit davon entfernt, einen Führungsanspruch wahrzunehmen, geschweige denn erfüllen zu können. Es gibt keine Avantgarde der Arbeiterklasse in Deutschland, es ist letztlich vor allem ein nach außen hin abgeschlossenes Zirkelwesen mit einer oberflächlichen Verbindung zur Arbeiterklasse. Es kursieren diverse, sich widersprechende Vorstellungen davon, wie die Organisationsprinzipien und Formen der Kommunistischen Partei aussehen müssen, es gibt ebensoviele Vorstellungen darüber, wie das Verhältnis von Kommunisten zur Arbeiterklasse aussehen muss und wie sich die Kommunisten zu anderen Klassen und Schichten verhalten sollten.<br />
<br />
Die wohl wichtigste Frage der Geschichte der Arbeiterbewegung und der Kommunistischen Partei ist die Strategie, die Frage also danach, wie die Arbeiterklasse ihrer historischen Aufgabe zum Durchbruch verhelfen kann, wie sie die „Vorgeschichte der Menschheit“ (Marx) durch die Abschaffung der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen zu einem Ende führen kann. Das ist weiterhin die zentrale Diskussionsfrage in der Internationalen Kommunistischen Bewegung und hat auch in der Geschichte scharfe Wendungen durchgemacht und mit ihnen beträchtliche Konsequenzen nach sich gezogen. Letztlich geht es um die richtigen Strategie, die über Sieg oder Niederlage der Arbeiterklasse entscheidet und daher für uns als Kommunisten höchste Bedeutung haben muss.<br />
<br />
Diesen Themen nähern wir uns in unseren Grundannahmen. Dabei handelt es sich um Aussagen von Marx, Engels und Lenin, die wir für maßgeblich für ihre theoretischen Vorstellungen halten. Es geht also um Aussagen zu den objektiven und subjektiven Bedingungen des Klassenkampfes und der historischen Rolle des Proletariats in diesen. Ohne das Wissen, dass „die Geschichte aller bisherigen Gesellschaft [...] die Geschichte von Klassenkämpfen [ist]“ (Marx) und der jetzige Klassenkampf zwischen der Bourgeoisie und dem Proletariat ausgefochten wird, ist es nicht möglich, ein wissenschaftliches Verständnis vom Aufkommen und von der Entwicklung der Arbeiterbewegung zu bekommen. Auch die Taktik der Arbeiterbewegung ist maßgeblich von der Bestimmung der Arbeiterklasse im Klassenkampf und ihrer daraus resultierenden Strategie abhängig.<br />
<br />
Grundsätzlicher und unumstößlicher Bestandteil der Strategie der Arbeiterklasse war für Marx, Engels und Lenin von jeher der Proletarische Internationalismus. Nicht ohne Grund endet das Manifest der Kommunistischen Partei mit der berühmten Aussage: „Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“. Diese Bestimmung des Charakters des Klassenkampfes im Kapitalismus als international ist somit fester Bestandteil der marxistisch-leninistischen Weltanschauung.<br />
<br />
Auch die Notwendigkeit der Eigenständigkeit der Arbeiterbewegung inkl. einer unabhängigen Klassenpartei ergab sich für Marx, Engels und Lenin aus den Bedingungen und der Entwicklung der Klassenkämpfe selbst. Denn die Entwicklung der Arbeiterbewegung war von Beginn an begleitet vom Eindringen bürgerlicher Ideologie in die Reihen der Arbeiterklasse. So spielte der Kampf gegen den Opportunismus und Revisionismus und deren Einfluss auf die Strategie und Taktik, aber auch auf Form und Inhalt der Organisationen der Arbeiterklasse und der Kommunistischen Partei für Marx, Engels und Lenin immer eine zentrale Rolle. Ohne das Verständnis vom Inhalt und den unterschiedlichen Formen und Spielarten des Opportunismus und Revisionismus, können auch die größten Niederlagen in der Geschichte der Arbeiterbewegung nicht wissenschaftlich erfasst werden.<br />
<br />
Der bisherige Diskussionsstand der Kommunistischen Organisation zu den Themen und Fragestellungen unserer AG kann in den Programmatischen Thesen in den Unterkapiteln Klassengesellschaft, Proletarischer Internationalismus, Die Kommunistische Partei, Die revolutionäre Strategie, Die revolutionäre Praxis und Kampf gegen Opportunismus und Revisionismus nachgelesen werden.<br />
<br />
== Dissens ==<br />
<br />
Zu vielen der in dieser AG behandelten Fragen gibt es unterschiedliche Auffassungen: Natürlich existieren solche Unterschiede zwischen den Vertretern bürgerlicher und proletarischer Ideologie, aber auch unter Kommunisten ist keinesfalls von Einigkeit auszugehen. In diesem Abschnitt stellen wir verschiedene zentrale Kontroversen dar und beschreiben, wie wir in den nächsten Jahren für uns zu einer Lösung der Kontroverse gelangen wollen. Wir teilen den Abschnitt in zwei zentrale Bereiche: Revolutionäre Arbeiterbewegung und Kommunistische Partei. Dabei erhebt diese Liste keinen Anspruch auf Vollständigkeit und wird auch in Zukunft noch Erweiterung erfahren. Teil dieser Liste sind auch Punkte, die gerade noch erarbeitet werden (rote Links). <br />
<br />
Wir versuchen, in jedem Dissens, einen Überblick zu geben und so gut es geht die Vertreter der verschiedenen Positionen zu Wort kommen zu lassen. Wir versuchen, den Bezug zu den Grundannahmen und auch unseren Programmatischen Thesen herzustellen und aufzuzeigen, wie wir zu einer Klärung des Dissens kommen wollen. Denn es geht letztlich an dieser Stelle um die Schaffung einer Arbeitsgrundlage für die Klärung in den nächsten Jahren und noch nicht um eine ausführliche Analyse.<br />
<br />
=== Revolutionäre Arbeiterbewegung ===<br />
# [[Revolutionäres Subjekt und Eigenständigkeit der Arbeiterbewegung]]<br />
# [[Strategie der Übergänge]]<br />
# [[Strategie des langfristigen Volkskrieges]]<br />
# [[Nationale Besonderheiten vs Einheitliche Strategie der IKB]]<br />
# [[Bündnisvorstellungen]]<br />
# [[Allgemeiner Charakter der proletarischen Revolution]]<br />
<br />
=== Kommunistische Partei ===<br />
# [[Partei neuen Typus / Avantgarde / Klassencharakter]]<br />
# [[Zweilinienkampf]]<br />
# [[Entrismus]]<br />
# [[Kommunistische Partei und bürgerliche Wahlen]]<br />
# [[Kommunisten und Gewerkschaften]]<br />
<br />
== Offene Fragen ==<br />
<br />
Unter dieser Rubrik wollen wir alle offenen Fragen sammeln, die im Prozess unserer Auseinandersetzung mit den Themenfeldern Revolutionäre Arbeiterbewegung und Kommunistische Partei und dem in diesem Zusammenhang stehenden Dissens aufgeworfen werden. Ihr könnt euch aktiv an dieser Sammlung beteiligen und uns noch Ergänzungen, Fragen und Anregungen schicken. <br />
<br />
== Grundannahmen ==<br />
<br />
Dieser Abschnitt gibt einen systematischen Überblick über die wichtigsten Grundannahmen von Karl Marx, Friedrich Engels und Wladimir I. Lenin zum Themenkomplex unserer AG. Zweck dieser Zitatensammlung ist nicht, im dogmatischen Sinne eine Sammlung "fertiger, überhistorisch gültiger Wahrheiten" vorzulegen, in der alle Fragen schon für alle Zeiten gelöst sind. Vielmehr sollen die Grundannahmen sicherstellen, dass wir ein einheitliches Verständnis des marxistischen-leninistischen Grundvokabulars haben und unseren Bezug auf die Klassiker des wissenschaftlichen Sozialismus transparent und nachvollziehbar machen.<br />
<br />
# [[Klassenkampf / Historische Rolle des Proletariats]]<br />
# [[Eigenständigkeit der Arbeiterbewegung]]<br />
# [[Kommunistische Partei]]<br />
# [[Das Verhältnis von Masse, Klasse und KP]]<br />
# [[Taktik der Arbeiterbewegung]]<br />
# [[Revisionismus und Opportunismus]]<br />
# [[Proletarischer Internationalismus]]<br />
<br />
== Mitmachen ==<br />
<br />
In den nächsten Monaten wollen wir uns an die systematische Beantwortung der Fragen machen - dabei kannst du mitmachen:<br />
* Mitdiskutieren <br />
** Du hast andere Erkenntnisse, Positionen zu bestimmten Fragen?<br />
** Du hast selbst offene Fragen zum Thema?<br />
* Einzelne Arbeitsaufträge übernehmen - in Theoriearbeit oder in praktischer Umsetzung<br />
* Dauerhaft mitarbeiten in der AG<br />
Wenn das interessant klingt oder dir noch andere Möglichkeiten einfallen, dich zu beteiligen, melde dich bei uns:<br />
<br />
[mailto:ag_arbeiterbewegung@kommunistische.org ag_arbeiterbewegung@kommunistische.org]<br />
<br />
<br />
[[Kategorie: AG Arbeiterbewegung]]<br />
[[Kategorie: AG-Hauptseite]]</div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=AG_Politische_%C3%96konomie_des_Imperialismus&diff=5794AG Politische Ökonomie des Imperialismus2019-01-11T19:20:47Z<p>Mati: /* Offene Fragen */</p>
<hr />
<div>[[Datei:AG Politische Ökonomie des Imperialismus.png|mini]]<br />
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<br />
<br />
<br />
== Einführung in die AG ==<br />
Die Analyse des Imperialismus ist einer der am meisten umstrittenen Punkte in der kommunistischen Bewegung und deshalb so wichtig, da die unterschiedlichen Einschätzungen des Charakters des Imperialismus großen Einfluss auf die Praxis zur Überwindung desselben haben. Aktuelle Beispiele dafür sind die Diskussion um den Klassencharakter Chinas und Russlands und damit verbunden die Orientierung der Arbeiterbewegung – soll sie sich an die Seite eines vermeintlich „objektiv antiimperialistischen Staats“ stellen oder ihre eigene Macht vorbereiten und errichten? Dabei geht es darum, ob ein dauerhafter Frieden im Imperialismus möglich ist oder der Kampf um Frieden immer ein Kampf für den Sozialismus sein muss. <br />
<br />
Seit dem Eintreten des Kapitalismus in sein imperialistisches Stadium ist dies Gegenstand der Auseinandersetzung, wie die Kritik Lenins an Kautsky und anderen zeigt. Auch in den 70er Jahren gab es eine intensivere Debatte um die Frage des Charakters des [[Monopole und Staat#Staatsmonopolistischer Kapitalismus|staatsmonopolistischen Kapitalismus]]. In dieser kamen Strömungen auf, die den imperialistischen Charakter des Kapitalismus in Frage stellten oder abstritten und zum Beispiel eine rein formale [[Monopole und Staat#Staatsableitung und Eigenständigkeit des Staates|„Staatsableitung“]] vornahmen. <br />
<br />
Insgesamt handelt es sich um eine zentrale Frage der Theoriebildung der Arbeiterklasse und wirkt sich somit auch direkt auf ihre Praxis aus. Ein umfassendes Verständnis der Entwicklung des Kapitalismus bis zu seinem imperialistischen Stadium, das Erkennen der Gesetzmäßigkeiten und damit der Notwendigkeiten des Handelns sind Kernbestandteile der Strategie der Kommunistischen Partei. Im Zuge der Analyse des Imperialismus und der damit verbundenen veränderten Kampfbedingungen entwickelten Lenin und die Bolschewiki das diesen Bedingungen entsprechende Organisationsprinzip der „Partei neuen Typs“ und die Strategie der Arbeiterklasse, die nun nicht mehr nur die Kräfte für den Umsturz sammeln musste, sondern den Sturm durchführen muss – die sozialistische Revolution rückt auf die Tagesordnung des Klassenkampfs.<br />
<br />
Dabei beziehen wir selbst Position, von der aus wir die Auseinandersetzung führen und deren Weiterentwicklung ein Ziel der Arbeitsgruppen ist. In unseren [https://kommunistische.org/programmatische-thesen/ '''Programmatischen Thesen'''] sind bereits in einem Unterkapitel zentrale Aussagen zum [https://kommunistische.org/programmatische-thesen/#__RefHeading___Toc1331_1760917594 Imperialismus] benannt. Eine übergeordnete Aufgabe der AG Politische Ökonomie des Imperialismus ist, herauszuarbeiten, dass der Imperialismus als ein – das höchste – Stadium des Kapitalismus begriffen wird und nicht als aggressive Außenpolitik oder reiner Expansionismus. Das Stadium des Imperialismus ist organisch mit dem vorherigen Stadium – des Kapitalismus der freien Konkurrenz – verbunden und kann nicht davon getrennt werden. Die gesetzmäßige Entwicklung der Produktivkräfte führt zu Konzentration und Zentralisation der Produktionsmittel und des Kapitals und damit zum Monopol. Er ist das letzte Stadium der kapitalistischen Produktionsweise. Er führt zur weiteren Vertiefung des Widerspruchs zwischen dem gesellschaftlichen Charakter der Produktion und dem privaten Eigentum an Produktionsmitteln. Er tritt damit in sein faulendes, parasitäres Stadium, das der allgemeinen Krise des Kapitalismus, der Reaktion und der ständig notwendigen Neuaufteilung der Welt und damit zu Krieg. Er ist zugleich die materielle Vorbereitung der nächsten Gesellschaftsformation – dem Sozialismus, denn er konzentriert und vergesellschaftet die Produktivkräfte und darunter vor allem die Arbeiterklasse selbst – er ist der Vorabend der sozialistischen Revolution.<br />
<br />
Ein zentraler Gegenstand der AG ist das Verhältnis zwischen Kapital und Arbeit, die Ausbeutung der Arbeiterklasse durch die Monopole im besonderen und das Kapital insgesamt. Dabei geht es um die Führung des ökonomischen Klassenkampfs durch die Bourgeoisie durch Einengung des Streikrechts, durch die Regulierung und teilweise Integration der Arbeiterbewegung, durch Sozialgesetze und den Staatshaushalt. In diesem Bereich sollen Analysen zu wichtigen Kampffeldern erarbeitet werden, wie Tarifforderungen und Forderungen bezüglich sozialer Rechte, zu Arbeitszeit und Arbeitsbedingungen, zum Mindestlohn und zum sog. "Bedingungslosen Grundeinkommen". Dazu gehört auch die Analyse der Kämpfe der Arbeiterklasse der letzten Zeit. Ziel ist, durch Analysen der ökonomischen Lage und Klärung der verschiedenen Positionen Kampflosungen entwickeln zu können.<br />
<br />
Die Arbeitsgruppe hat bisher sieben Dissenspunkte gesammelt, die weltweit kontrovers diskutiert werden: [[Imperialismus als Weltsystem|Imperialismus als Weltsystem]], [[Imperialistische Bündnisse|imperialistische Bündnisse]], [[Monopole und ihre Entwicklung|Monopole und ihre Entwicklung]], [[Monopole und Staat|Monopole und Staat]], [[Krisenanalyse|Krisenanalyse]], [[Monopole und Ausbeutung der Arbeiterklasse|Monopole und Ausbeutung der Arbeiterklasse]], [[Der Platz des Imperialismus in der Geschichte|Der Platz des Imperialismus in der Geschichte]]. Mit diesen Themenkomplexen wird sich die Arbeitsgruppe beschäftigen. Dabei sollen die verschiedenen Positionen und Einschätzungen herausgearbeitet und mit den [[AG Politische Ökonomie des Imperialismus#Grundannahmen|Grundlagen]] des wissenschaftlichen Sozialismus von Marx, Engels und Lenin konfrontiert werden. Mit jedem dieser Komplexe sind außerdem konkrete empirische Untersuchungen notwendig verbunden, wie zum Beispiel die Untersuchung der Eigentumsstrukturen der Monopole, die Rechtsformen, die sie annehmen, ihr Verhältnis zum Staatsapparat, ihre Rolle in der Reproduktion des Kapitals, die Entwicklung des Drucks auf Löhne und Arbeitsbedingungen bis hin zur Berechnung der Profitraten der Monopole und Unternehmen.<br />
<br />
Wir möchten die nächsten Jahre systematisch an der Klärung der Dissenspunkte und der damit verbundenen [[AG Politische Ökonomie des Imperialismus#Offene Fragen|offenen Fragen]] arbeiten.<br />
<br />
== Dissens ==<br />
In der kommunistischen Weltbewegung gibt es grundlegende Unterschiede in der Bewertung der politischen Ökonomie des Imperialismus. Darunter fallen die folgenden Streitpunkte:<br><br />
<br />
* [[Imperialismus als Weltsystem]]<br />
* [[Imperialistische Bündnisse]]<br />
* [[Monopole und ihre Entwicklung]]<br />
* [[Monopole und Staat]]<br />
* [[Krisenanalyse]]<br />
* [[Der Platz des Imperialismus in der Geschichte]]<br />
* [[Monopole und Ausbeutung der Arbeiterklasse]]<br />
<br />
== Offene Fragen ==<br />
<br />
Die AG Politische Ökonomie hat die Aufgabe, grundsätzlich die ökonomischen Auseinandersetzungen der Arbeiterklasse zu analysieren. Dazu gehören beispielsweise die Entwicklung der Lohnkämpfe, der Tarifforderungen und des dazu gehörigen Rechtssystems als von der Bourgeoisie gesetzter enger Rahmen, die Frage der Arbeitsbedingungen und Arbeitszeit, der Veränderungen der Tätigkeiten und Ausbildungen.<br> <br />
Folgende Fragen sind für diese AG noch offen:<br><br />
* [[Offene Fragen zu ökonomischen Auseinandersetzungen]]<br />
<br />
<br />
Außerdem muss diese AG die ökonomische Lage der Arbeiterklasse untersuchen und zum Beispiel die Forderung nach einem Bedingungslosen Grundeinkommen, die Rolle des Harz4-Systems und ökonomische Ursachen und Auswirkungen der Gentrifizierung untersuchen. Die Analyse der materiellen und ideologischen Lage Arbeiterklasse hingegen ist Gegenstand der [[AG Klassenanalyse]].<br> <br />
Folgende Fragen sind für diese AG noch offen:<br><br />
* [[Offene Fragen zur ökonomischen Lage der Arbeiterklasse]]<br />
<br />
<br />
Auf der Seite der Kapitalistenklasse muss ihre Zusammensetzung, die Veränderung der verschiedenen Branchen, die Reproduktion des Kapitals, die Profitraten und ihre konkrete Berechnung, der parasitäre Charakter des Imperialismus und die Rolle und Struktur des deutschen Finanzkapitals untersucht werden.<br><br />
Folgende Fragen sind für diese AG noch offen:<br><br />
* [[Offene Fragen zur Analyse des Kapitals]]<br />
<br />
<br />
Außerdem müssen einige Fragen wissensschaftlich beantwortet werden, um den Dissens in der kommunistischen Bewegung rund um das Thema politische Ökonomie zu klären. <br />
Sie sind hier nach Dissensen sortiert aufgelistet:<br><br />
* [[Offene Fragen zur Klärung der Dissense]]<br />
<br />
== Grundannahmen ==<br />
Dieser Abschnitt gibt einen systematischen Überblick über die wichtigsten Grundannahmen von Karl Marx, Friedrich Engels und Wladimir I. Lenin zum Themenkomplex unserer AG. Zweck dieser Zitatensammlung ist nicht, im dogmatischen Sinne eine Sammlung "fertiger, überhistorisch gültiger Wahrheiten" vorzulegen, in der alle Fragen schon für alle Zeiten gelöst sind. Vielmehr sollen die Grundannahmen sicherstellen, dass wir ein einheitliches Verständnis des marxistischen-leninistischen Grundvokabulars haben und unseren Bezug auf die Klassiker des wissenschaftlichen Sozialismus transparent und nachvollziehbar machen. <br />
<br />
*[[Der historische Materialismus]]<br />
*[[Politische Ökonomie des Kapitalismus]]<br />
*[[Der imperialistische Kapitalismus]]<br />
<br />
==Mitmachen==<br />
Wenn Du: <br />
<br />
*dich in unsere Diskussionen einbringen möchtest, weil du einzelne Punkte anders siehst oder<br />
*noch offene Fragen hast, die wir dringend bearbeiten sollten oder <br />
*kleine [[Aufgaben der AG Politische Ökonomie des Imperialismus]] übernehmen möchtest, also z.B. eine Studie zusammenfassen, ein Unternehmen oder eine Tarifauseinandersetzung analysieren...oder <br />
*Interesse an einer festen Mitarbeit in unserer AG hast,<br />
dann melde dich unter folgender E-Mail Adresse: [mailto:ag_oekonomie@kommunistische.org ag_oekonomie@kommunistische.org]<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
[[Kategorie: AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
[[Kategorie: AG-Hauptseite]]</div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Monopole_und_Ausbeutung_der_Arbeiterklasse&diff=5793Monopole und Ausbeutung der Arbeiterklasse2019-01-11T19:18:29Z<p>Mati: /* Einzelnachweise */</p>
<hr />
<div>Zurück zu [[AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
<br />
== Überblick ==<br />
In diesem Dissens geht es um das gesamte Feld der Ausbeutung der Arbeiterklasse, ihrer ökonomischen und in Teilen auch ihrer politischen Unterdrückung. Imperialismus bedeutet verschärfte Ausbeutung und Reaktion nach Innen. Die Bourgeoisie muss fortwährend die Profite steigern, auch um in der Jagd nach dem Extraprofit die Konkurrenz zu besiegen und als Sieger im Zentralisationsprozess hervorzugehen. Die Monopole müssen durch alle möglichen Wege dem tendenziellen Fall der Profitrate entgegen arbeiten. Sie müssen den Mehrwert steigern – durch direkte Absenkung der Löhne, durch Heraufsetzung der Arbeitszeit und durch die Steigerung der Produktivität und damit durch Arbeitsverdichtung, Arbeitshetze, Kontrolle und Einsatz von neuer Technik.<br />
<br />
Dieser Prozess der Reproduktion und Akkumulation des Kapitals hat massive Auswirkungen auf die gesamte Lage der ausgebeuteten Klasse - auf die Arbeitskraft, ihre Ausbildung und ihre Arbeitsteilung. Dies zeigt sich sowohl in der Herausbildung immer kleinteiligerer Arbeitsschritte und einer damit verbundenen Minderung des Werts der Ware Arbeitskraft für den Großteil der Arbeiter. Auf der anderen Seite aber auch in der Entwicklung komplizierterer Arbeitsschritte und somit der Notwendigkeit einige Arbeiter besser auszugebilden, woduch der Wert ihrer Arbeitskraft steigt. Dies verursacht eine weitere Spaltung der Arbeiterklasse in hochqualifizierte festangestellte Facharbeiter und befristete Hilfsarbeiter. Die Steigerung der Produktivität durch Arbeitsverdichtung und Arbeitshetze schlägt sich in der Verschlechterung der physischen und psychischen Gesundheit und der Zerrüttung der sozialen Verhältnisse der Arbeiter und ihrer Familien nieder. Die Degradierung von Teilen der Arbeitskraft bedeutet niedrige Bildung und zum Teil moralische Verrohung für Teile der Arbeiterklasse. Insgesamt geht es in diesem Dissens darum, die Entwicklung der wichtigsten Produktivkraft – der Arbeitskraft – zu erfassen, ihre Entwicklung in qualitativer und quantitativer Hinsicht. Diese Aspekte hängen eng mit der Arbeit der [[AG Klassenanalyse|AG Klassenanalyse]] zusammen, die aber eher die konkrete Analyse der Klasse heute und ihrer Bewusstseinslage vornimmt. <br />
<br />
Die direkte Steigerung der Mehrwertrate durch Absenkung der Löhne und Heraufsetzung der Arbeitszeit ist gemeinsam mit dem Kampf um Arbeitsbedingungen der zentrale Teil des ökonomischen Klassenkampfes. Hierbei werden vom Kapital alle Mittel und Formen angewandt, um das Ziel zu erreichen: Steigerung der Arbeitszeit, Überstunden, Ausweitung der Schichtarbeit, Flexibilisierung der Arbeitszeit, Schaffung prekärer Arbeitsverhältnisse, Absenkung der Sozialversicherungen als Teile des Lohns, Druck auf Erwerbslose, Absenkung des Existenzminimums, Ausweitung der industriellen Reservearmee etc.<br />
<br />
Eine Frage, die damit verbunden und genauer erarbeitet werden muss ist, ob die Monopole eine besondere Rolle in der Steigerung der Ausbeutung spielen und wenn ja, inwiefern. Dabei muss die Rolle des Kapitalexports und der Ausbeutung der Arbeitskraft in anderen Ländern mit einbezogen werden.<br />
<br />
Die industrielle Reservearmee, ihre Größe, Zusammensetzung, Entwicklung und Auswirkung auf die gesamte Klasse ist ein Bereich dieses Dissens. Außerdem alle damit verbundenen Fragen wie zum Beispiel die Frage nach der Rolle des Mindestlohngesetzes oder die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen. Auch: Wem dient das Leiharbeitsgesetz und das Hartz-IV-System und wie sind diese zustande gekommen? In diesem Bereich geht es also um die Untersuchung des Arbeitsmarktes und ob die unbeschäftigten, als auch beschäftigten Teile der industriellen Reservearmee zur Arbeiterklasse gehören oder nicht. Außerdem gilt es, die Struktur derselben zu analysieren.<br />
<br />
Der ökonomische Klassenkampf ist untrennbar mit dem politischen Klassenkampf verbunden, da das Kapital und insbesondere die Monopole mit ihrem Staat nicht nur wesentliche Bedingungen setzen (Existenzminimum, Mindestlohn etc.) sondern über eine ganze Reihe an Gesetzen versuchen die Bedingungen möglichst einzuengen, wie z.B. im Falle des Streikrechts, des Tarifrechts, des Arbeitsrechts und des Sozialrechts. Die Form der Lohnforderungen beispielsweise, ist eine politische Frage und die Kapitalistenklasse versucht durch verschiedene Mittel, die Arbeiterklasse in dieser Frage einzuschränken. Das Betriebsverfassungsgesetzes, das Tarifrecht und „Mitbestimmung“ im allgemeinen sowie die Gesetze, die Tarifverträge und die Betriebsvereinbarungen, die die Arbeitszeit oder die Verteilung der von der Arbeiterklasse geschaffenen Werte angehen, müssen hier analysiert und eingeschätzt werden. Ziel ist es, richtige Einschätzungen zu allen Fragen rund um Lohn, Existenzminimum, Arbeitszeit, Gewerkschaften usw. erarbeiten zu können. Hierzu gehören auch Frage bzgl. der Laufzeiten von Tarifverträgen, die Möglichkeit der Wahl zwischen Urlaub oder Lohnerhöhung, die Entwicklung des Reallohns und die Berechnung der Inflation im Sinne der Arbeiterklasse usw.<br />
<br />
Im weiteren Verlauf der Arbeit in diesem Bereich müssen konkrete Auseinandersetzung zu den oben genannten Punkten erstellt werden.<br>Hier sei nur beispielhaft benannt:<br />
<br />
=== Die Möglichkeit eines dauerhaften Ausgleichs zwischen Arbeiterklasse und Kapitalistenklasse ===<br />
Die Möglichkeit eines dauerhaften Ausgleichs zwischen Arbeiterklasse und Kapitalistenklasse, besser bekannt unter dem Stichwort „Sozialpartnerschaft“ oder Klassenzusammenarbeit wird von der Führung der DGB-Gewerkschaften vertreten. Mit dem Stinnes-Legien-Abkommen wurden die Voraussetzungen für das spätere Betriebsverfassungsgesetz und damit der institutionelle Rahmen der „Sozialpartnerschaft“ und der Verbindung der Gewerkschaften mit dem Staatsapparat gelegt. Damit verbunden ist die rein moralische Ablehnung von „Ausbeutung“ und damit die bewußte Vermeidung marxistischer Weltanschauung, die Vermeidung der Eigentumsfrage und insgesamt der Versuch Unzufriedenheit und möglichen Widerstand zu kanalisieren. Begriffe wie „fairer Lohn“ und „soziale Gerechtigkeit“ etc. spielen dabei eine Rolle.<br>Die Kommunistische Arbeiterbewegung hat stets für eine klassenkämpferische und revolutionäre Rolle der Gewerkschaften gekämpft und dabei nicht nur viele Erfahrungen gesammelt, sondern auch zahlreiche theoretische Arbeiten entwickelt, die es auszuwerten gilt.<br />
<br />
=== Die Frage, ob es keine absolute, sondern nur eine relative Verelendung der Arbeiterklasse gibt ===<br />
Diese Frage soll in diesem Bereich kurz grundsätzlich ökonomisch erklärt werden und dann eine Zusammenstellung der verschiedenen Faktoren der Verelendung vorgenommen werden.<br />
<br />
=== Die Rolle der industriellen Reservearmee und Forderungen bezüglich des Existenzminimums ===<br />
Hier wird es um die Frage gehen, welche Rolle die industrielle Reservearmee spielt, ob sie überhaupt Teil der Arbeiterklasse ist und besonders darum, welche Forderungen in diesem Bereich wie zu bewerten sind. Dabei ist besonders die Forderung nach einem Bedingungslosen Grundeinkommens zu benennen, die genauer analysiert und eingeordnet werden soll. Hierzu gehört auch die Entstehung der Arbeitsmarktreformen, die dahinter stehenden Klasseninteressen, ihre Auswirkungen und damit verbundene Forderungen.<br />
<br />
=== Charakter der DGB-Gewerkschaften und ihr Verhältnis zum Staat === <br />
Die Gewerkschaften in Deutschland sind auf der einen Seite Massenorganisationen der Arbeiterklasse und ihr wichtigstes Instrument im ökonomischen Kampf, auf der anderen Seite durch ihre Führung aber auch durch Gesetze politisch in das System integriert. Ob, wie und wie weitgehend die Gewerkschaften mit dem Staatsapparat verbunden sind und wie dies im Widerspruch zu ihrem Charakter als Organisationen der Arbeiterklasse steht, ist ein wichtiger Gegenstand in diesem Dissens. In diesem Rahmen ist auch die Debatte um den Charakter der DGB-Gewerkschaften als Einheitsgewerkschaften zu führen. Sind sie tatsächliche Einheitsgewerkschaften oder sozialdemokratische Richtungsgewerkschaften? Was waren die Hintergründe der DGB-Gründung und wie sind die politischen Kräfteverhältnisse heute?<br>Die Frage der Taktik der Kommunisten in den Gewerkschaften ist Gegenstand der [[AG Revolutionäre Arbeiterbewegung und Kommunistische Partei|AG Revolutionäre Arbeiterbewegung und Kommunistische Partei]].<br />
<br />
== Bezug zu unseren Grundannahmen ==<br />
Zur Frage der steigenden Ausbeutung der Arbeiterklasse sind die Analysen von Karl Marx im Kapital, insbesondere im 1. Band zur [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Akkumulationsprozess des Kapitals|Akkumulation des Kapitals]], zum [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Der Arbeitslohn|Arbeitslohn]] und zum [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Der Arbeitstag|Arbeitstag]], zur [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Relative Mehrwertproduktion|relativen]] und [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Absolute Mehrwertproduktion|absoluten]] Steigerung des Mehrwerts, zur industriellen Reservearmee sowie den Teilen zur [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Aufschwung und Krise|Krise]] besonders wichtig. In Lenins Imperialismusschrift ist die [[Der imperialistische Kapitalismus#Konzentration der Produktion und Monopole|Rolle der Monopole]] in der Akkumulation des Kapitals wichtig und die Entstehung der [[Der imperialistische Kapitalismus#Kritik des Imperialismus - Kampf gegen den Opportunismus|Arbeiteraristokratie]]. Es gibt außerdem Zusammenstellungen von Marx, Engels und Lenin zu den Gewerkschaften, die bisher nicht in die Grundannahmen eingearbeitet wurden, aber berücksichtigt werden müssen.<br />
<br />
== Wie wollen wir den Dissens klären? ==<br />
In diesem Bereich muss zunächst eine genauere Sortierung von zu erarbeitenden Fragen und möglichen Dissensen stattfinden. Dazu muss auch die entsprechende Literatur zusammen gestellt und ausgewertet werden. Positionen, die gegeneinander stehen, müssen ausformuliert und zugewiesen werden. Außerdem muss eine Strukturierung der zu untersuchenden Gegenstände und wie sie untersucht werden können, erfolgen - zum Beispiel des Betriebsverfassungsgesetzes und der Mindestlohngesetzgebung.<br />
<br />
Eine erste Auflistung der Aufgaben und offenen Fragen findet ihr [[Offene Fragen zur Klärung der Dissense#Monopole und Ausbeutung der Arbeiterklasse|hier]].<br />
<br />
== Was steht zu diesem Dissens in den Programmatischen Thesen? ==<br />
{{Zitat |Der Kapitalismus produziert auf der einen Seite unvorstellbare Reichtümer für die Wenigen und Armut, Elend und Entbehrung für die Vielen. Die Anstrengung und Arbeit von Milliarden dient der Anhäufung von Profiten und damit der Bereicherung einiger Weniger, die ohnehin schon mehr haben, als sie in mehreren Leben konsumieren könnten. Der Kapitalismus ist ein parasitäres Gesellschaftssystem, in dem Reichtum nur durch Ausbeutung existieren kann, in dem Kriege und sich wiederholende Krisen zwingende Bestandteile sind.<br/>Gegen diese unerträglichen Zustände gibt es überall Widerstand. Auf allen Kontinenten, in allen Ländern und auch hier in Deutschland. Doch diese Kämpfe werden viel zu oft spontan, schlecht organisiert, auf Illusionen basierend geführt und sind von den Kräften des Systems integrierbar oder können zerschlagen werden. Solche Kämpfe sind notwendig, auch wenn sie sich oft auf bescheidene Forderungen beschränken. Es ist jedoch notwendig, in diesen Kämpfen letztlich das Übel an der Wurzel zu packen, nämlich den Kapitalismus als solchen anzugreifen und den Sozialismus auf die Tagesordnung zu setzen. […].|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 3)}}<br />
<br />
{{Zitat |Wir leben in einer kapitalistischen Klassengesellschaft. In den Zentren der industriellen Produktion, aber auch in den kleineren und mittleren Unternehmen produziert die Arbeiterklasse den Großteil des gesellschaftlichen Reichtums, während der Rest von den anderen werktätigen Schichten produziert wird. Dieser Reichtum aber gehört größtenteils der Bourgeoisie – die Bourgeoisie, das sind die Kapitalisten, die Eigentümer und Verwalter des Kapitals, also die Klasse, der in unserer Gesellschaft die Fabriken, die Banken und Versicherungen, die zentralen Transportmittel, die Rohstoffe und allgemein die Mittel zur Produktion des Reichtums gehören.<br/>Auf der anderen Seite steht die Arbeiterklasse. Das sind all die Menschen, die mit ihrer Lohnarbeit den Reichtum der Gesellschaft erschaffen. Aber weil sie gezwungen sind, ihre Arbeitskraft an die Kapitalisten zu verkaufen, anstatt sie selbstbestimmt für die Verbesserung des eigenen Lebens einzusetzen, landet nur ein kleiner Teil des von ihnen geschaffenen Reichtums bei ihnen. Der Widerspruch zwischen der Arbeiterklasse und der Kapitalistenklasse ist antagonistisch und im Kapitalismus nicht auflösbar. […] Die Produktionsverhältnisse – das Privateigentum an den Produktionsmitteln – sind längst zur Fessel der Produktivkräfte geworden. Zu Beginn ihres Aufstiegs war die Bourgeoisie noch die Trägerin des Fortschritts im Verhältnis zum Feudalismus. Ihre Produktionsweise führte zu einem gesellschaftlicheren Charakter der Produktion im Gegensatz zur verstreuten Einzelproduktion im Feudalismus. Aber je entwickelter der gesellschaftliche Charakter der Produktion ist, umso mehr gerät er in einen unauflösbaren Widerspruch zur privaten Aneignung der produzierten Reichtümer. Die Steigerung der Produktivität führt dazu, dass immer weniger Menschen arbeiten müssen, um die Produktion sicherzustellen. Das ist ein gesellschaftlicher Fortschritt. In der kapitalistischen Gesellschaft wird aber nicht für die Bedürfnisse der Gesellschaft produziert, sondern für die Profite Weniger. Deshalb gibt es Millionen Erwerbslose, die Lage der Arbeiter verschlechtert sich. Verelendung in vielen Lebensbereichen, materiell, kulturell, individuell, wird zum bestimmenden Faktor der Lebensverhältnisse der Menschen.<br/>Weltweit steht die Arbeiterklasse als eine politische Kraft der Kapitalistenklasse gegenüber: Sie ist in Gewerkschaften und politischen Parteien organisiert. Sie hat oftmals eine eigene, eine solidarische Kultur entwickelt, die sich der verrohten kapitalistischen Kultur entgegenstellt. Sie ist die machtvollste unterdrückte Klasse, die es jemals in der Geschichte der Menschheit gegeben hat. Durch die Einsicht in die Notwendigkeiten ihrer Unterdrückung, kann sie die Bedingungen und die Möglichkeit ihrer Befreiung erkennen. Die Arbeiterklasse existiert auf der ganzen Welt. Trotz vorhandener Unterschiede weist ihre Klassenlage in allen Ländern grundlegende Gemeinsamkeiten auf. Überall ist das Kapital ihr Klassengegner. Der Kampf zwischen den beiden Klassen findet zuerst auf der Ebene des Nationalstaates statt, er muss aber im internationalen Maßstab koordiniert werden. Die Arbeiterklasse kann nur siegen und das Kapital stürzen, wenn sie es schafft, ihre Spaltung im nationalen und internationalen Maßstab zu überwinden. Deshalb ist für uns die internationale Solidarität einer der wichtigsten Werte und eine ständige praktische Aufgabe, die mit Leben gefüllt werden muss. <br/><br/>Für eine erfolgreiche Taktik im Kampf um den Sozialismus müssen wir untersuchen und verstehen, wie sich die Klassengesellschaft insgesamt und in Deutschland entwickelt, welche Struktur die Bourgeoisie und das Proletariat heute haben, wie der Bewusstseinsstand des Proletariats ist und wie sich die Produktivkraftentwicklung in der BRD auf die materiellen und sonstigen Lebensbedingungen der Arbeiterklasse ausgewirkt hat, z.B. welche Rolle die Lohnabhängigen im sogenannten Dienstleistungssektor spielen – u.a. diese Fragen wollen wir im Verlauf des Klärungsprozesses wissenschaftlich bearbeiten.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 5-6)}} <br />
<br />
{{Zitat | […] Die Gewerkschaften haben dabei seit jeher die zentrale Rolle bei der Organisierung der Arbeiterklasse gespielt. Sie sind die ältesten und bedeutendsten Organisationen der Arbeiterklasse, die als direkte Folge der Entstehung der kapitalistischen Produktionsweise gegründet wurden. Sie sind für die Arbeiterklasse notwendige Schulen des Klassenkampfes und das Mittel, mit dem historisch zahlreiche Erfolge erkämpft werden konnten. Von Beginn an gab es zwei grundlegend unterschiedliche Linien innerhalb der Gewerkschaften: auf der einen Seite die „sozialpartnerschaftliche“ Orientierung, die auf Kompromisse zwischen den Kapitalisten und Arbeitern aus ist und heute von der Führung des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) und seinen Einzelgewerkschaften vertreten wird; auf der anderen Seite klassenkämpferische Kräfte innerhalb der Gewerkschaften, die ökonomische Reformkämpfe nur als notwendigen Schritt zur selbstständigen Organisierung der Arbeiterklasse auf dem Weg zur proletarischen Revolution sehen.<br/><br/>Der Großteil der Arbeiterklasse ist heute allerdings unorganisiert. Auch der Teil, der in bürgerliche und reformistische Organisationsstrukturen wie die Gewerkschaften des DGB eingebunden ist, wird selten erfolgreich für ökonomische, soziale oder politische Ziele mobilisiert. Die heute im DGB zusammengeschlossenen Gewerkschaften werden von sozialdemokratischen und anderen bürgerlichen Kräften geführt. Ihr Ziel ist nicht die Organisierung der Arbeiterklasse unabhängig vom Kapital für ihre Interessen, sondern eher ihre Einbindung in das sozialpartnerschaftliche Kapitalismusmodell der BRD, die Herstellung von „Ruhe und Ordnung“ und ununterbrochenen Produktionsabläufen. Aufgabe der Kommunisten ist es, diese Zielsetzung und die Kräfte, die sie vertreten, insbesondere die DGB-Führung, in den Gewerkschaften zu bekämpfen. Der betriebliche Kampf kann und darf auf die Gewerkschaften nicht verzichten, darf allerdings auch nicht auf die Arbeit in den Organen der DGB-Gewerkschaften reduziert werden. Der Aufbau klassenkämpferischer proletarischer Gewerkschaftsorganisationen ist für die Kommunisten das zentrale Ziel des betrieblichen Kampfes, auch wenn der genaue Weg dorthin sich erst im Ergebnis des Kampfes erweisen wird. Auf welchem Weg die sozialdemokratische Hegemonie zu brechen ist, müssen wir herausarbeiten.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 25)}}<br />
<br />
{{Zitat |Über diese grundsätzlichen Punkte hinaus werden viele weitere Fragen zu beantworten sein. Beispielsweise: Welche Formen der Massenorganisierung eignen sich am besten? Unter welchen Bedingungen können wir die Kollegen in den DGB-Gewerkschaften klassenorientiert organisieren und wie kann der Kampf für die Schaffung von klassenorientierten Gewerkschaften geführt werden? Wie können Kommunisten um einen antikapitalistischen, antiimperialistischen Charakter dieser Organisierungen kämpfen und dabei trotzdem dem realen Bewusstseinsstand Rechnung tragen? Auf welchen Schichten der Arbeiterklasse sollte der Fokus liegen? Wie ist die Rolle der relativ gut gestellten Teile der Klasse, der „Arbeiteraristokratie“ einzuschätzen? Arbeiten wir überhaupt in Organisationenbündnissen und wenn ja, in welcher Form und unter welchen Bedingungen?|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 26)}}<br />
<br />
== Literatur zum Thema ==<br />
Adibekow, M.: Die rote Gewerkschaftsinternationale, Tribüne-Verlag, Berlin, 1973.<br />
<br />
Behrendt/Sieber/Swillus/Töpfer: Die westdeutschen Gewerkschaften und das staatsmonopolistische Herrschaftssystem, Dietz-Verlag, Berlin, 1968.<br />
<br />
David, F.: Der Bankrott des Reformismus, Internationaler Arbeiter-Verlag, Berlin, 1932.<br />
<br />
Enderle/Schreiner/Walcher/Weckerle: Das Rote Gewerkschaftsbuch, verlag neue kritik, Frankfurt, 1967.<br />
<br />
FDGB: Der Weltgewerkschaftsbund, Tribüne-Verlag, Berlin, ohne Jahresangabe.<br />
<br />
Kuczynski, Jürgen: Die Theorie der Lage der Arbeiter, Tribüne-Verlag, Berlin, 1952.<br />
<br />
Kuczynski, Jürgen: Klassen und Klassenkämpfe im imperialistischen Deutschland, Dietz-Verlag, Berlin, 1972.<br />
<br />
Lemmnitz, Alfred: Staatsmonopolistische Regulierung und Klassenkampf in Westdeutschland, Sozialistische Bildungshefte, Zum Studium des Programms der SED, Dietz-Verlag, Berlin, 1965<br />
<br />
PAME: Book of PAME, in: pamehellas, URL: https://pamehellas.gr/pame-book-on-the-functioning-and-action-of-trade-unions (05.01.2019).<br />
<br />
Roth, Rainer: Zur Kritik des bedingungslosen Grundeinkommens, DVS-Verlag, Frankfurt, ohne Jahresangabe.<br />
<br />
ZK der SED: Karl Marx und Friedrich Engels über die Gewerkschaften, Tribüne-Verlag, Berlin, 1953.<br />
<br />
ZK der SED: Lenin und Stalin über die Gewerkschaften, Band 1 1899-1917, Band 2 1917-1852, Tribüne-Verlag, 1955.<br />
<br />
<br />
[[Kategorie: AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
[[Kategorie: Dissens]]<br />
[[Kategorie: Dissens AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]</div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Der_Platz_des_Imperialismus_in_der_Geschichte&diff=5792Der Platz des Imperialismus in der Geschichte2019-01-11T19:18:10Z<p>Mati: /* Einzelnachweise */</p>
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== Überblick ==<br />
Ist der Imperialismus das letzte und höchste Stadium des Kapitalismus, das heißt auf ihn kann nur der Sozialismus folgen? Oder kann es weitere, andere Entwicklungsmöglichkeiten des Kapitalismus oder Zwischenstufen geben? Lenin hatte im Titel seiner Broschüre bereits benannt, dass der Imperialismus das höchste Stadium des Kapitalismus ist. Dennoch ist in der kommunistischen Bewegung umstritten, ob damit gemeint ist, dass die Arbeiterklasse auf die sozialistische Revolution orientieren soll oder nicht.<br />
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Die dem Kapitalismus innewohnenden Widersprüche spitzen sich in seinem letzten Stadium zu. Diese Widersprüche können nicht anders gelöst werden, als durch die Abschaffung der gegebenen Produktionsverhältnisse und der Schaffung neuer – dem Entwicklungsstand der Produktivkräfte entsprechender, also sozialistischer – Produktionsverhältnisse. Der Imperialismus ist, wie Lenin sagte, der „Vorabend der sozialistischen Revolution“. Mit dem Eintreten des Kapitalismus in sein letztes Stadium rückte seine Ablösung unmittelbar auf die Tagesordnung des Kampfs der Arbeiterklasse. Mit der Analyse des Imperialismus und seiner Konsequenzen waren weitreichende Erkenntnisse der Arbeiterbewegung, bezüglich der Partei und der Rolle des Staats in der Revolution, verbunden.<br />
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Diese Erkenntnisse Lenins und der revolutionären Arbeiterbewegung sind die am heftigsten umstrittenen Erkenntnisse und stellen einen zentralen Punkt der Auseinandersetzung in der kommunistischen Bewegung dar: steht die sozialistische Revolution oder ein Zwischenstadium, eine „fortgeschrittene“, „antimonopolistische Demokratie“ auf der Tagesordnung? <br />
Um den Dissens zu diesen Vorstellungen wird es vor allem in der ''AG revolutionäre Arbeiterbewegung'', sowie in der ''AG Staat, Sozialdemokratie, Faschismus'' gehen. Die ''AG Politische Ökonomie des Imperialismus'' soll die ökonomischen Aspekte des Vorabends der sozialistischen Revolution und ihre politische Bedeutung untersuchen. Außerdem soll diese AG Vorstellungen analysieren, die der sozialistischen Revolution entgegen gestellt werden. Diese Analysen sollen auf der Grundlage der Entwicklung des Kapitalismus zum Imperialismus erarbeitet werden. <br />
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Die Auseinandersetzung – Revolution oder Reform bzw. Regulierung – wurde bereits in den 20er Jahren geführt. Aus ihr entwickelte sich unter dem Schlagwort „Dritter Weg“ eine vermeintliche Alternative zwischen Sozialismus und Kapitalismus. Dazu gehört auch das Konzept der „Wirtschaftsdemokratie“. Es gibt noch weitere Konzepte, die zum Beispiel zurück zum Kapitalismus der freien Konkurrenz wollen (Wagenknecht), oder die zunächst die Form der Wirtschaftspolitik ändern wollen (Neoliberalismus).<br />
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Nach einer kurzen Skizzierung der Position, dass die Revolution auf der Tagesordnung steht und was unter der „Vorbedingung des Sozialismus“ gemeint ist, sollen die Konzepte „Wirtschaftsdemokratie“ und die Strategie des „Bündnisses gegen Neoliberalismus“ kurz vorgestellt werden. <br />
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=== Der Imperialismus als letztes Stadium ===<br />
Innerhalb der kommunistischen Bewegung vertreten einige Parteien die Ansicht, dass die sozialistische Revolution auf der Tagesordnung der Arbeiterklasse steht und lehnen Zwischenstadien, wie das einer „fortgeschrittenen Demokratie“ ab. Dazu gehören zum Beispiel die Kommunistischen Parteien Griechenlands und Mexikos, die Revolutionäre Kommunistische Arbeiterpartei Russlands. Neben der Argumentation, dass die Vorstellung eines Zwischenstadiums den grundlegenden Erkenntnissen des wissenschaftlichen Sozialismus in Bezug auf den Staat widerspricht (siehe AG Staat), gründet die Kritik an dieser Vorstellung auf der Einordnung des Imperialismus als Epoche der sozialistischen Revolution.<br />
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Die Argumentation aus dem theoretischen Punkten zum Programm der KKE wird [https://inter.kke.gr/en/articles/Theoretical-Issues-regarding-the-Programme-of-the-Communist-Party-of-Greece-KKE/ hier] kurz angerissen. Die Bourgeoisie hat als soziale Trägerin der kapitalistischen Produktionsverhältnisse eine Entwicklung hinter sich. In der Phase ihres Aufstiegs spielte sie eine revolutionäre Rolle, weil sie die Produktivkräfte entfesselte und die sie einengenden feudalen Verhältnisse abschaffte. Allerdings nahm sie in der Phase ihrer entfalteten Herrschaft dann die Rolle ein, den gesellschaftlichen Fortschritt, das heißt Fortschritt zur nächsten Gesellschaftsformation – zum Sozialismus – zu verhindern. Sie musste ihre Rolle als Vertreterin des gesellschaftlichen Fortschritts verlieren und eine reaktionäre Rolle einnehmen. Mit der Entwicklung der kapitalistischen Verhältnisse rückte die Arbeiterklasse als gesellschaftliche Kraft, die direkt mit der gesellschaftlichen Produktion verbunden ist, in den Vordergrund. Die Arbeiterklasse ist frei von Produktionsmitteln und daher gezwungen, ihre Arbeitskraft zu verkaufen. Von dem durch sie geschaffenen Wert erhält sie aber nur den Teil des Lohns, der Rest geht als Mehrwert an die privaten Eigentümer der Produktionsmittel, die Kapitalisten. Die Arbeiterklasse wurde zur Trägerin der revolutionären Rolle für die Entwicklung zur nächsten Gesellschaftsformation, deren Grundlage das gesellschaftliche Eigentum an Produktionsmitteln ist. Das bedeutet auch, dass sie die führende Rolle im Kampf um den gesellschaftlichen Fortschritt hat – unabhängig vom Kräfteverhältnis im Klassenkampf.<br />
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Die Epoche der sozialistischen Revolutionen begann ab der Jahrhundertwende und brachte die revolutionäre Arbeiterbewegung in den Vordergrund der gesellschaftlichen Entwicklung als Vertreterin des gesellschaftlichen Fortschritts. <br />
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Lenin betonte, dass die Abschaffung des Kapitalismus und die Errichtung der sozialistischen Gesellschaft der Inhalt der neuen Epoche der Weltgeschichte ist.<br />
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In ''Staat und Revolution'' und in den ''April-Thesen'' arbeitete Lenin die neue Strategie der Arbeiterbewegung aus und orientierte auf die Errichtung der Macht der Räte der Arbeiter und Bauern. Auch, wenn diese Orientierung zwischenzeitlich zurückgenommen werden musste, blieb doch die Orientierung auf die Errichtung der Macht der Arbeiterklasse, unterstützt von den armen Bauern.<br />
Die KKE geht davon aus, dass die Abweichung von der Verallgemeinerung der Leninschen Strategie zur Niederlage der revolutionären Aufschwünge in den 1920er Jahren führte und negative Veränderungen der Kräfteverhältnisse in den 1930er Jahren in der UdSSR zur Folge hatte.<br />
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Die Orientierungen auf Zwischenstufen, die sich in manchen Programmen kommunistischer Parteien finden, werden oft mit den herrschenden Kräfteverhältnissen oder mit der Unterscheidung der Bourgeoisie in fortschrittlichere und reaktionärere Teile begründet.<br />
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Der Charakter der Revolution ist aus Sicht der KKE dagegen von objektiven Faktoren bestimmt. Diese Faktoren bestimmen, welche Klasse die Macht übernehmen muss und in welche Richtung die revolutionäre Veränderung der ökonomischen Beziehungen verwirklicht werden muss. Das einzige objektive Kriterium sind die materiellen Voraussetzungen. Diese existieren auch, wenn die Arbeiterklasse eine kleine Minderheit ist, sie sich aber ihrer historischen Mission bewusst ist und eine kommunistische Partei an ihrer Spitze stehen hat.<br />
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Unter materiellen Voraussetzungen dürfen nicht nur statistische Daten zur Größe der Produktionsmittel und dem Umfang der Produktion verstanden werden. Die Größenverhältnisse der Industrie und anderer Sektoren der kapitalistischen Ökonomie sind zwar auch wichtig für das Studium der ökonomischen Basis des Kapitalismus in jedem Staat. Ihr Studium ist sogar notwendig für die Errichtung der sozialistischen Planwirtschaft, die auf der Grundlage der bestehenden Produktion errichtet wird.<br />
Das grundlegende Kriterium für den Reifegrad ist jedoch die Entwicklung der Produktivkräfte im Zusammenhang mit dem Umfang und der Tiefe der kapitalistischen Verhältnisse. Die wichtigste Produktivkraft sind dabei die direkten Produzenten – die Arbeitskraft, die Arbeiterklasse.<br />
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Die heutige Arbeiterklasse ist die grundlegende Produktivkraft der kapitalistischen Gesellschaft.<br />
Sie ist das charakteristische Produkt der konzentrierten kapitalistischen Industrie, der Monopole.<br />
Sie hat keine Produktionsmittel, muss ihre Arbeitskraft an die Eigentümer der Produktionsmittel verkaufen und wird ausgebeutet. Nur Arbeit schafft Wert. Der grundlegende Reifegrad des Kapitalismus ist die Konzentration und Ausweitung der Lohnarbeit, welche zur Intensivierung des grundlegenden Widerspruchs des Kapitalismus führt: also dem Widerspruch zwischen dem gesellschaftlichen Charakter der Arbeit und dem privaten Charakter der Produktionsverhältnisse.<br />
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Dies drückt sich nicht nur im Anteil der Arbeiter an der arbeitsfähigen Bevölkerung aus. Es gilt auch für Länder wie Indien, in denen neben den kapitalistischen Verhältnissen weiterhin andere, veraltete Produktionsverhältnisse existieren, die aber nicht mehr bestimmend sind. Der Kapitalismus reift mit Erhaltung und Reproduktion von tiefer Ungleichheit, mit vorkapitalistischen Elementen über längere Zeit heran.<br />
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Von allen Produktivkräften ist die größte die revolutionäre Klasse selbst. Die Organisation der revolutionären Elemente als Klasse, setzt die Existenz aller Produktivkräfte voraus, die im Schoß der alten Gesellschaft entstehen können.<br />
Ausschlaggebend für den Reifegrad ist also nicht nur die Existenz der Arbeiterklasse, sondern auch ihre politische Formation als revolutionäre Kraft – die Entwicklung des Klassenkampfs.<br />
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Eine Analyse, wie sie hier ausgeführt ist, ist die Voraussetzung zur Analyse der Arbeiterklasse, der Produktionsverhältnisse und des Klassenkampfs, sowie der richtigen Orientierung für die Klasse.<br />
Neben dem Dissens zu anderen Vorstellungen, wie der eines Zwischenstadiums oder „Dritten Wegs“ gehört hierzu die konkrete Untersuchung der Entwicklung der Klasse und ihres Kampfs. Die grundsätzlichen ökonomischen Auseinandersetzungen und Veränderungen werden im Dissens [[Monopole_und_Ausbeutung_der_Arbeiterklasse|Monopole und Ausbeutung der Arbeiterklasse]] behandelt.<br />
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Die Analyse der Arbeiterklasse, ihrer materiellen und ideologischen Lage, ist Gegenstand der '[[AG_Klassenanalyse|'AG Klassenanalyse']]'. <br />
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Diese Untersuchungen werden ein wesentlicher Bestandteil für die Entwicklung der Strategie des Kampfs der Arbeiterklasse für den Sozialismus in Deutschland sein.<br />
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=== Sozialdemokratische Vorstellungen des „Dritten Wegs“ ===<br />
Die sozialdemokratische Vorstellung eines sogenannten „Dritten Wegs“ zwischen Sozialismus und Kapitalismus existierte bereits vor der Herausbildung des imperialistischen Stadiums. Mit der Entstehung der Monopole bezieht sie sich auch auf deren Existenz. Grundsätzlich geht es darum, den Klassenwiderspruch abzustumpfen und die Vorstellung von der Versöhnung der Klassen und einer Arbeitsgemeinschaft zu verbreiten.<br />
<br />
Hilferding, der 1910 sein Buch ''Das Finanzkapital'' veröffentlichte, entwickelte die Vorstellung eines „organisierten Kapitalismus“. Die Monopolbildung führe zu einem „Generalkartell“, das die Planung der Produktion ermögliche. Mit dem Staat, der weitgehend als klassenneutral definiert wird, könne die Arbeiterklasse diese Planbarkeit nutzen und damit auf friedlichem Wege zum Sozialismus kommen. Es wäre möglich, im Kapitalismus eine planende Wirtschaft zu erreichen.<br />
Im Folgenden wird als bereits genauer beschriebenes Beispiel des „Dritten Wegs“ die „Wirtschaftsdemokratie“ vorgestellt. <br />
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==== Wirtschaftsdemokratie ====<br />
Die Theorie der „Wirtschaftsdemokratie“ ist ein Kind der Weimarer Republik. Jedoch hat sie ihren Ursprung in der erstmals 1915 veröffentlichten Theorie vom „organisierten Kapitalismus“. Dabei wird behauptet, dass der Konkurrenzkapitalismus durch den „organisierten Kapitalismus“, in dem schon eine planmäßige Produktion nach sozialistischem Prinzip herrsche, abgelöst wurde.<br />
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Die Kernpunkte dieser Argumentation sind: Der Sozialismus könne auf dem Weg der parlamentarischen Demokratie erreicht werden, die Staatsmacht bliebe im Klassenkampf neutral, der organisierte Kapitalismus führe eine Zeit des pazifistischen Realismus herbei, eine Zeit ohne imperialistische Kriege (verweist auf Kautskys These des Ultraimperialismus) und das Ergebnis sei „konstruktiver Sozialismus“ durch einen evolutionären Prozess.<br />
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Im Auftrag des ADGB entwarf Fritz Naphtali (unter Mitarbeit von Hilferding und Hugo Sinzheimer) das Konzept der „Wirtschaftsdemokratie“ im Buch ''Wirtschaftsdemokratie. Ihr Wesen, Weg und Ziel.'' Auf dem Hamburger Kongress des ADGB 1928 verkündet, wurde die „Wirtschaftsdemokratie“ zur programmatischen Ausrichtung der „freien“, sozialdemokratischen Gewerkschaften. Sie ist als bewusst reformistisches Gegenprojekt zur revolutionären Arbeiterbewegung geschaffen worden und rechtfertigte unter anderem die teilweise Integration der Gewerkschaften in den Staatsapparat.<br />
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==== Zur Theorie ====<br />
Trotz der Erringung der politischen Demokratie 1918 und der Anfänge der Mitbestimmung (Zentralarbeitsgemeinschaft, vaterländisches Hilfsdienstgesetz etc.), wurde keine Demokratie auf wirtschaftlichem Gebiet erreicht. Der Theorie vom „organisierten Kapitalismus“ folgend, werde schon quasi-sozialistisch produziert, die Arbeiter müssten nur noch die Kontrolle darüber erlangen. Hier kommt die „Wirtschaftsdemokratie“ ins Spiel. Mit folgenden Schritten ist sie als evolutionäre Zwischenetappe zu einem nicht näher definierten Sozialismus gedacht: <br />
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Die „Wirtschaftsdemokratie“ soll über eine massive Ausweitung der Mitbestimmung in Staat (Ministerien, Selbstverwaltungsorgane, Räte) und Wirtschaft (Aufsichtsräte, übergeordnete Rätestrukturen) geschaffen werden. Das soll flankiert werden von staatlichen Unternehmen zur Daseinsvorsorge und einem (gewerkschaftlichen) Genossenschaftswesen. Daneben wird ein Arbeitsrecht entwickelt, das den Arbeiter als Verkäufer einer Ware (Arbeitskraft) sieht und die Forderung nach dem Bruch des bürgerlichen Bildungsmonopols enthält.<br />
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Die „Wirtschaftsdemokratie“ wurde direkt nach ihrem Aufkommen scharf und umfangreich von KPD/RGO (Revolutionäre Gewerkschafts-Opposition, später Revolutionäre Gewerkschafts-Organisation) (Walter Ulbricht) und KPO (Kommunistische Partei, Oppositon) (August Thalheimer, Wolfgang Abendroth) als „illusorisch“ und ein „Verbrechen an der Arbeiterklasse“ kritisiert und dabei auch theoretisch widerlegt. Schon bei Lenin finden sich kritische Äußerungen über den Begriff der „Produktionsdemokratie“, die er während einer Auseinandersetzung mit Bucharin, formulierte.<br />
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Mit der Befreiung vom Faschismus und der Etablierung eines bürgerlichen Staates in Westdeutschland, wurde die Diskussion um die „Wirtschaftsdemokratie“ wieder aufgenommen (Sozialisierungsforderung, Betriebsverfassungsgesetz, der Betrieb als „demokratiefreier“ Ort). Man sprach nun von einem „Dritten Weg“. Hauptakteure waren auch hier die Gewerkschaften.<br />
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Heute hat die Diskussion um die „Wirtschaftsdemokratie“ als Zukunftsprojekt der Gewerkschaften fast keine Relevanz mehr. Meist werden nur noch einzelne Versatzstücke („Mitbestimmung“, „Humanisierung der Arbeit“, „Demokratisierung der Wirtschaft“) in der gewerkschaftlichen Diskussion verwendet, wobei jedoch die ideologische Stoßrichtung („klassenneutraler Staat“, „Reformismus“, „Sozialpartnerschaft“ etc.) ungebrochen ist. Es ist somit keine Abkehr von der Illusion dieser Vorstellung, sondern nur die Bereinigung um ihre „marxistischen“ Inhalte und die „sozialistische“ Zukunftsperspektive erfolgt. Selbst an gewerkschaftlichen Einrichtungen, wie der Europäischen Akademie der Arbeit (zu deren Lehrpersonal und Gründungsfiguren Naphtali und Sinsheimer gehörten), wird über die „Wirtschaftsdemokratie“ nicht gelehrt. Gelegentlich wird die „Wirtschaftsdemokratie“ vom gewerkschaftsnahen Spektrum der Linkspartei, sich als „links“ verstehenden Gewerkschaftern, gewerkschaftsnahen Intellektuellen und den „linkeren“ Teilen des DGB und seiner Mitgliedsgewerkschaften (ver.di) aufgegriffen und als Zukunftsprojekt, bzw. politische Orientierung, diskutiert. <br />
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Anknüpfungspunkte: Staatstheorie, Imperialismustheorie, wissenschaftlicher Sozialismus, politische Ökonomie des Sozialismus, Revisionismus, Rolle der Sozialdemokratie<br />
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Es gab und gibt weitere Ausprägungen der Vorstellungen des „Dritten Wegs“, wie die des „Plankapitalismus“ des Journalisten, ehemaligen KPD- und späteren SPD-Mitglieds Richard Löwenthal (Pseudonym Paul Sering). Diese Strömungen gehen einher mit der Diskussion über die Produktionsweise des Sozialismus und überschneiden sich mit Vorstellungen einer „gemischten Wirtschaft“, eines „demokratischen Sozialismus“, etc. <br />
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Heutige Vertreter der „Wirtschaftsdemokratie“ oder anderer Formen des „Dritten Wegs“ wenden sich zugleich gegen eine zentrale Planwirtschaft im Sozialismus.<br />
Zu Vertretern dieser Vorstellung gehören der „Prager Frühling“, das „Forum demokratischer Sozialismus“, sowie der „Kipping-Flügel“ der Partei die Linke. <br />
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==== „Zurück zur freien Konkurrenz“ ====<br />
Eine weitere Variante des „Dritten Wegs“ ist die Forderung nach Dezentralisierung, nach Auflösung der Monopole und der Herstellung von Wettbewerb und sozialer Marktwirtschaft. Diese Position vertritt vor allem Sahra Wagenknecht, die mit positivem Bezug auf den ehemaligen Bundeskanzler Ludwig Erhard (CDU) die Auflösung von wirtschaftlicher Macht und mehr Marktwirtschaft fordert. Hier werden sowohl die Möglichkeit eines guten Kapitalismus, als auch die eines ganz anderen Sozialismus beschrieben. Unter dem Stichwort des „kreativen Sozialismus“ fordert sie die Abkehr von der Planwirtschaft: „Es gibt Marktwirtschaft ohne Kapitalismus und Sozialismus ohne Planwirtschaft“ (Wagenknecht, 2011, S. 345).<br />
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Vertreter dieser Richtung sind: die Linkspartei (sowohl „Wagenknecht“- als auch „Kippingflügel“), Teile der Gewerkschaften und weitere sozialdemokratische Varianten.<br />
<br />
=== Weitere Vorstellungen von „Zwischenstufen“ ===<br />
An dieser Stelle müssen weitere Formen einer „Zwischenstufe“ ausgeführt werden.<br />
Dazu zählen die „Antimonopolistische Demokratie“, der „Kampf gegen Neoliberalismus“ und weitere Vorstellungen der Möglichkeit, den Imperialismus verbessern zu können.<br><br />
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== Bezug zu unseren Grundannahmen ==<br />
In den Grundannahmen finden sich zahlreiche Stellen, in denen es um die Frage der Entwicklung des Kapitalismus und was auf ihn folgt, geht. Engels führt das in seiner Schrift ''Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft'' aus, ebenso wie Marx im ''Kapital'', insbesondere im dritten Band. Bei Lenin gibt es neben der ''Imperialismusbroschüre'' weitere Schriften, in denen diese Frage thematisiert wird, wie zum Beispiel ''Der Imperialismus und die Spaltung des Sozialismus'' und ''Die drohende Katastrophe und wie man sie bekämpfen soll''.<br />
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== Wie wollen wir den Dissens klären? ==<br />
Die genauere Darstellung der verschiedenen Positionen zu dieser Frage ist die erste Aufgabe. Des Weiteren müssen aus den Grundlagen des Wissenschaftlichen Sozialismus die wichtigsten Erkenntnisse zu dieser Frage ausgewertet werden. Dieser Fragenkomplex hängt eng mit der [[AG Klassenanalyse|''AG Klassenanalyse'']] zusammen, sowie mit den Arbeiten der [[AG Revolutionäre Arbeiterbewegung und Kommunistische Partei|''AG Revolutionäre Arbeiterbewegung und Kommunistische Partei'']].<br />
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Eine Auflistung unserer offenen Fragen zu diesem Thema findet ihr [[Offene Fragen zur Klärung der Dissense#Der Platz des Imperialismus in der Geschichte|hier]].<br />
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== Was steht zu diesem Dissens in den Programmatischen Thesen? ==<br />
{{Zitat |Das Ziel der klassenlosen Gesellschaft ist keine Utopie, kein wünschbares Ideal oder ethisches Prinzip, das an der Realität immer scheitern muss. Der Kommunismus ist möglich und notwendig. Der Kapitalismus bewegt sich in unauflösbaren Widersprüchen, für die er keine Lösung anzubieten hat. Diese Lösung kann nicht innerhalb der kapitalistischen Ordnung gefunden werden, sie liegt eben außerhalb des Kapitalismus, im Sozialismus.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 5)}}<br />
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{{Zitat |Wir leben in einer kapitalistischen Klassengesellschaft. In den Zentren der industriellen Produktion, aber auch in den kleineren und mittleren Unternehmen produziert die Arbeiterklasse den Großteil des gesellschaftlichen Reichtums, während der Rest von den anderen werktätigen Schichten produziert wird. [...]<br/>[Auf der einen Seite stehen die Besitzer dieser Unternehmen, die Kapitalisten. Anmerkung der Autoren] Auf der anderen Seite steht die Arbeiterklasse. Das sind all die Menschen, die mit ihrer Lohnarbeit den Reichtum der Gesellschaft erschaffen. Aber, weil sie gezwungen sind, ihre Arbeitskraft an die Kapitalisten zu verkaufen, anstatt sie selbstbestimmt für die Verbesserung des eigenen Lebens einzusetzen, landet nur ein kleiner Teil des von ihnen geschaffenen Reichtums bei ihnen selber. Der Widerspruch zwischen der Arbeiterklasse und der Kapitalistenklasse ist antagonistisch und im Kapitalismus nicht auflösbar.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 6)}}<br />
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{{Zitat |Weltweit steht die Arbeiterklasse als eine politische Kraft der Kapitalistenklasse gegenüber. Sie ist in Gewerkschaften und politischen Parteien organisiert. Sie hat oftmals eine eigene, solidarische Kultur entwickelt, die sich der verrohten kapitalistischen Kultur entgegenstellt. Sie ist die machtvollste unterdrückte Klasse, die es jemals in der Geschichte der Menschheit gegeben hat. Durch die Einsicht in die Notwendigkeiten ihrer Unterdrückung, kann sie die Bedingungen und die Möglichkeit ihrer Befreiung erkennen. Die Arbeiterklasse existiert auf der ganzen Welt. Trotz vorhandener Unterschiede weist ihre Klassenlage in allen Ländern grundlegende Gemeinsamkeiten auf. Überall ist das Kapital ihr Klassengegner.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 7)}}<br />
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{{Zitat |[…] Der Imperialismus produziert Reaktion nach innen und Aggression nach außen. Imperialismus ist zwar mehr als nur aggressive Außenpolitik und militärische Aggression, aber diese Phänomene sind keine Abweichungen, sondern Wesenseigenschaften des Systems. Man kann den Imperialismus nicht „zähmen“ oder ihm ein „menschliches Antlitz“ verleihen. Der Imperialismus als höchste und letzte Stufe des Kapitalismus bringt regelmäßig Krisen und dauerhaft hohe Arbeitslosigkeit hervor. Er erweist sich als unfähig, die Potentiale der Produktivkräfte im vollen Umfang zu nutzen. Im Gegensatz dazu, sind für die Bourgeoisie zyklische Vernichtung von Produktivkräften und weitere Angriffe auf die Errungenschaften der Arbeiterklasse nötig, um aus der Krise zu kommen.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 9)}}<br />
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{{Zitat |Voraussetzung für den Aufbau des Sozialismus ist die sozialistische Revolution: die Eroberung der Staatsmacht durch die Arbeiterklasse, die Zerstörung der bürgerlichen Machtstrukturen und die Errichtung der Diktatur des Proletariats. Dieses Ziel steht heute unmittelbar auf der Tagesordnung. Es gibt keine Zwischen- oder Übergangsetappen dorthin; keine „antimonopolistische Demokratie“, die innerhalb des Kapitalismus und auf dem Boden des bürgerlichen Staates die Voraussetzungen für den Sozialismus schaffen könnte und erst recht keine Gesellschaftsformation, die zwischen dem Kapitalismus und dem Sozialismus liegen würde.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 22)}}<br />
<br />
== Literatur zum Thema ==<br />
Engels, Friedrich: Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft. Hottingen-Zürich 1882.<br />
<br />
Hilferding, Rudolf: Das Finanzkapital. Eine Studie zur jüngsten Entwicklung des Kapitalismus. Wien,1910.<br />
<br />
Lenin, Wladimir Iljitsch: Über die Aufgaben des Proletariats in der gegenwärtigen Revolution, in: Prawda, Nr. 26, 7. (20.) April 1917. (April Thesen)<br />
<br />
Lenin, Wladimir Iljitsch: Über die Gewerkschaften, die gegenwärtige Lage und die Fehler Trotzkis. Rede, gehalten in der gemeinsamen Sitzung der Mitglieder der KPR(B) unter den Delegierten des VIII. Sowjetkongresses sowie den Mitgliedern des Gesamtrussischen Zentralrats und des Moskauer Gouvernementsrats der Gewerkschaften am 30. Dezember 1920.<br />
<br />
Lenin, Wladimir Iljitsch: Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus, in: Werke. Herausgegeben vom Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED. Band 22, 3. Auflage, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage, Berlin/DDR 1960, S.189 – 309.<br />
<br />
Lenin, Wladimir Iljitsch: Staat und Revolution. Die Lehre des Marxismus vom Staat und die Aufgaben des Proletariats in der Revolution, in: Lenin Werke, Band 25, Dietz Verlag Berlin, 1972, S. 393 – 507.<br />
<br />
Naphtali, Fritz/ Brenner, Otto/ Rosenberg, Ludwig: Wirtschaftsdemokratie: Ihr Wesen, Weg und Ziel. Berlin, 1928. <br />
<br />
Thalheimer, August: Über die sogenannte Wirtschafts-Demokratie, in: Einheit – Zeitschrift für Fragen des Sozialismus und der Gewerkschaftseinheit. Berlin, 1928. <br />
<br />
Wagenknecht, Sahra: Freiheit statt Kapitalismus. Über vergessene Ideale, die Eurokrise und unsere Zukunft. Köln, 2011.<br />
<br />
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[[Kategorie: Dissens]]<br />
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== Überblick ==<br />
Die Krisenanalyse ist in der kommunistischen Bewegung umstritten und darüber hinaus vor allem von sozialdemokratischen und reformistischen Positionen sowie von anderen bürgerlichen Vorstellungen geprägt. Die grundlegenden Fragen bestehen darin, ob Krisen unvermeidbar sind, ob sie gesetzmäßig aus der kapitalistischen Produktionsweise entspringen oder ob sie durch falsche Wirtschaftspolitik und andere Faktoren verursacht werden. Damit verbunden existiert die Vorstellung, dass auch innerhalb des Kapitalismus durch gezielte Wirtschaftspolitik die Krise verhindert oder wenigstens abschwächt werden kann.<br/>Innerhalb der bürgerlichen politischen Ökonomien sind je nach Entwicklungsstand des Kapitalismus verschiedene „Theorien“ entstanden, die zur Rechtfertigung oder „Verbesserung“ des Systems dienten. Es kommt dabei zu Auseinandersetzungen und Kritik zwischen den verschiedenen „Schulen“. Sie zu kennen ist notwendig, um die richtige Kritik daran entwickeln zu können. Die Arbeiterklasse muss diese verschiedenen Ansätze und ihren Hintergrund kennen, um zu verstehen, auf welche Art und Weise das kapitalistische System damit gerechtfertigt und verewigt werden soll. Dies gilt insbesondere für die durch die Sozialdemokratie in die Arbeiterbewegung getragenen Vorstellungen. <br />
<br />
=== Finanzkrise, Globalisierung ===<br />
Besonders seit der Weltwirtschaftskrise im Jahr 2008 ist die Annahme weit verbreitet, es handele sich um eine Finanzkrise, die durch Spekulation, unkontrollierte Bankgeschäfte und zu wenig Investitionen in der Industrieproduktion ausgelöst würde. Die Beschneidung des Finanzsektors und der Banken sei notwendig, um die Krise zu verhindern bzw. abzuschwächen. Angenommen wird eine Entkoppelung des Finanzsektors von der „Realökonomie“, der industriellen Produktion. Die Ansprüche der Titeleigentümer könnten in der Krise nicht mehr bedient werden und zögen die Produktion mit hinab. Angenommen wird eine Dominanz des Finanzsektors über die Realökonomie. Es finde eine Überakkumulation von Kapital im Finanzsektor statt, die durch eine neoliberale Wirtschaftspolitik gefördert würde. Notwendig sei eine Beschneidung und Verstaatlichung des Finanzsektors, der den Bedürfnissen der Gesellschaft dienen müsse.<br />
<br />
Verbunden ist diese Krisenanalyse mit der Annahme, dass die „Globalisierung“ diese Entwicklung beschleunigt habe, transnationale Unternehmen ihre neoliberale Agenda überall durchsetzen konnten und es so zu Überkapazitäten gekommen sei. Gefordert wird meist eine vernünftige, regulierende Wirtschaftspolitik und alternative Ökonomien, die eine „andere Welt“ ermöglichen sollen. Angestrebt wird die Entwicklung einer alternativen Globalisierung, der Nationalstaat als Regulierungsinstanz wird abgelehnt bzw. in Frage gestellt.<br />
<br />
Vertreter dieser Ansichten sind die Zeitung ''Sozialismus, ISW, Attac, Partei die Linke''.<br />
<br />
=== Regulierter Kapitalismus ===<br />
Zahlreiche Theorien und Vorstellungen gehen von einer Möglichkeit der Regulierung des kapitalistischen Systems aus und damit von der Abschwächung oder sogar Vermeidung von Krisen und der Option, Massenarbeitslosigkeit und andere Folgen der krisenhaften Entwicklung des Kapitalismus zu verhindern ohne den Kapitalismus ansich abzuschaffen. Die Theorien der „Regulierung“ spiegeln selbst die Entwicklung des Kapitalismus zum Imperialismus und zur gesteigerten Bedeutung des Staates wider, da sie auf Eingriffe des Staats und auf „planerische Elemente“ des Kapitalismus verweisen. Außerdem sind sie eine Reaktion auf die Existenz des Sozialismus und der dort tatsächlich planmäßigen Produktion.<br />
<br />
=== Keynesianische Unterkonsumtionstheorie ===<br />
Die wichtigste und entwickeltste Version der Regulierungstheorie ist der Keynesianismus, der in den 30er Jahren entwickelt wurde und seitdem je nach Entwicklung des Kapitalismus verschiedene Formen angenommen hat. Er ist auch eine Reaktion auf die praktische Veränderung der Wirtschaftspolitik, vor allem in den USA mit dem „New Deal“. <br/>Grundannahme ist, dass durch Geld- und Kreditpolitik des Staates dem Krisenzyklus entgegen gewirkt werden könnte. In der Situation einer Krise sollen durch Schuldenaufnahme Staatsaufträge und Konsumprogramme finanziert werden, um so die Nachfragelücke zu schließen. In der Phase der Hochkonjunktur sollten dann Schulden abgebaut werden. International sollten Ungleichgewichte durch die Reduzierung von Handelsüberschüssen abgebaut werden. Unter dieser Vorstellung wurde eine komplexe Wirtschaftspolitik entwickelt, die das Ziel hatte, ein Gleichgewicht zwischen verschiedenen Faktoren der Volkswirtschaft herzustellen (Inflation, Beschäftigung, außenwirtschaftliches Gleichgewicht).<br />
<br />
In der BRD fand diese Wirtschaftspolitik mit der „konzertierten Aktion“ und dem „magischen Dreieck/Viereck“ ihren Ausdruck. Häufig werden die keynesianischen und neoliberalen Ansätze als Gegensatz aufgefasst. Es gibt auch zahlreiche Unterschiede zwischen ihnen, aber sie schließen sich nicht aus. Die Anwendung von Mitteln beider „Regulierungs“-Schulen hat die Steigerung der Profite zum Ziel und richtet sich nur nach dem, was für das Monopolkapital notwendig ist.<br />
<br />
=== Wirtschaftsdemokratie ===<br />
In eine ähnliche Richtung mit anderer Gewichtung geht die Vorstellung, dass die Entstehung von Monopolen die Planbarkeit des Kapitalismus erhöhe und der Staat dadurch in die Lage versetzt werde, besser planen zu können und Krisen zu vermeiden. Die Vorstellung des „geplanten Kapitalismus“ setzte sich unter anderem in Form der „Wirtschaftsdemokratie“ durch den Reformismus in der Gewerkschaftsbewegung durch. Dort ist bis heute die Vorstellung verbreitet, dass durch Löhne und Ankurbelung der Nachfrage die Konjunktur dauerhaft erhalten bleiben könne.<br />
<br />
=== Neoliberale Wirtschaftspolitik/Monetäre Theorie ===<br />
Die Vorstellung, dass durch Fehler in der Zirkulation oder der Geldpolitik die Krise verursacht würde, gab es bereits zu Marx’ Zeiten unter dem Stichwort der „monetären Theorie“. Die scheinbar dem Keynesianismus entgegen gesetzte „neoliberale“ Wirtschaftsschule sieht die Ursachen der Wirtschaftskrise ebenfalls in der verfehlten Geld- und Kreditpolitik der Regierung und schlägt verschiedene Modelle der Zuwächse der Geldmenge, der Zinssätze etc. vor. Auch wird eine „Überinvestition“, eine Gleichgewichtsstörung der Produktion“ angenommen. Wenn also auch beide in eine andere Richtung weisen, gehen sie davon aus, durch Wirtschafts- und Geldpolitik die Ökonomie steuern und Krisen vermeiden zu können. Im Gegensatz zur keynesainischen Schule werden hier niedrige Löhne und niedrige Steuern als Lösung propagiert.<br />
<br />
=== Produktivkraftentwicklung ===<br />
Der marxistischen Ökonomie wurden zahlreiche bürgerliche Erklärungsversuche entgegen gestellt. Mit der Entwicklung der Produktivkräfte und damit unter anderem neuer Technologien kamen auch Ansichten auf, die die Entwicklung daran festmachten und sie von den Produktionsverhältnissen trennten. Neue Technologien bringen dieser Ansicht nach Schübe der Entwicklung und bestimmen sie grundsätzlich. Diese Vorstellung hat verschiedenste Ausprägungen, die hierbei grob zusammen gefasst werden als Ansätze zur Infragestellung oder Relativierung der von Marx entdeckten Gesetzmäßigkeiten des Kapitalismus - die Notwendigkeit der Krise, der tendentielle Fall der Profitrate und weitere. <br />
<br />
Im weiteren Verlauf der Arbeit der AG sollten diese verschiedenen Ansätze der Theorie der langen Wellen, der „Konjunkturforschung“, etc. herausgestellt werden. Sie sind in Bezug auf manche aktuelle Diskussionen von Relevanz, wie zum Beispiel die Debatte um ''Industrie 4.0''.<br />
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=== Allgemeine Krise ===<br />
Unter diesem Begriff wurde ab den 20er Jahren definiert, dass der Kapitalismus in seinem imperialistischen Stadium in seine allgemeine Krise eingetreten ist, weil der Widerspruch zwischen gesellschaftlichem Charakter der Produktion und dem privaten Eigentum an Produktionsmitteln sich immer weiter zuspitzt. Die allgemeine Krise des Kapitalismus ist eine allseitige Krise des gesamten kapitalistischen Weltsystems, gekennzeichnet durch Kriege und Revolutionen, durch den Kampf zwischen dem sterbenden Kapitalismus und dem aufsteigenden Sozialismus. Die allgemeine Krise des Kapitalismus erfasst alle Seiten des Kapitalismus, sowohl die Wirtschaft als auch die Politik. Ein weiteres Element der allgemeinen Krise des Kapitalismus waren die sozialistischen Revolution in Russland und danach in vielen anderen Ländern, sowie der Wegfall des Kolonialsystems. Die Ungleichmäßigkeit der Entwicklung der kapitalistischen Länder in der Epoche des Imperialismus erzeugt im Laufe der Zeit eine Nichtübereinstimmung der bestehenden Aufteilung der Absatzmärkte, Einflusssphären und Kolonien mit dem veränderten Kräfteverhältnis zwischen den wichtigsten kapitalistischen Staaten. Auf Grund dessen kommt es zu heftigen Störungen des Gleichgewichts innerhalb des kapitalistischen Weltsystems, die zur Spaltung der kapitalistischen Welt in feindliche Gruppierungen und zum Krieg zwischen ihnen führt. <br />
<br />
Seit der Niederlage des Sozialismus auch in Deutschland im Jahr 1989 wird in Frage gestellt, ob man noch von der allgemeinen Krise des Kapitalismus sprechen kann. Im Laufe der weiteren Arbeit sollen hier die verschiedenen Positionen und ihre Argumente dargestellt werden.<br />
<br />
== Bezug zu unseren Grundannahmen ==<br />
Die Klassiker des wissenschaftlichen Sozialismus haben kein zusammenhängendes Werk zur Krise verfasst. Aber in ''Das Kapital'' von Marx sind viele direkte Aussagen dazu zu finden. Außerdem sind weitere Bestandteile ''des Kapitals'' wichtig, darunter die [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Akkumulationsprozess des Kapitals|Akkumulation des Kapitals]], die organische Zusammensetzung des Kapitals, der tendentielle Fall der Profitrate. Vor allem im dritten Band, in dem der Gesamtprozess der kapitalistischen Produktion analysiert wird, wird aus der Analyse der kapitalistischen Produktionsweise die [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Der Krisenzyklus|Notwendigkeit der Krisen]] erklärt. Desweiteren gibt es zahlreiche Aussagen von Engels zur Krise. <br />
<br />
Lenin führt in seiner Imperialismusanalyse aus, dass durch die Monopole zwar teilweise ganze Produktionsketten geplant werden, der anarchische Charakter der Produktion aber keineswegs verschwindet, sondern im Gegenteil sogar verschärft in der Konkurrenz zwischen den Monopolen auftritt und damit auch die Krisen. Zugleich verstärken die Krisen die [[Der imperialistische Kapitalismus#Konzentration der Produktion und Monopole|Tendenz zum Monopol]]. In seiner [[Der imperialistische Kapitalismus#Kritik des Imperialismus - Kampf gegen den Opportunismus|Auseinandersetzung mit Kautsky]] und anderen Opportunisten zeigt Lenin auf, warum alle Vorstellungen eines reformierbaren Imperialismus Illusionen sind.<br />
<br />
== Wie wollen wir den Dissens klären? ==<br />
Aus den Grundannahmen von Marx, Engels und Lenin müssen wir erarbeiten, warum die Möglichkeit und Notwendigkeit der Krise in der Produktionsweise und ihren Widersprüchen selbst angelegt sind.<br/>Wir müssen erarbeiten, vor welchem ökonomischen und gesellschaftlichen Hintergrund die Theorien des „Regulierten Kapitalismus“ entstanden sind und welchen Interessen sie dienen.<br/>Dann ist zu beantworten, an welcher Stelle genau diese Ansichten den Analysen des wissenschaftlichen Sozialismus widersprechen. <br />
<br />
Empirisch müssen wir erarbeiten, wie der Staat tatsächlich regulierend im Interesse des Kapitals eingreift und inwiefern diese „Regulierung“ gegen die Interessen der Arbeiterklasse gerichtet sind. Als Beispiel sei hier nur die „konzertierte Aktion“ erwähnt, die zwar kein frontaler Angriff auf die Rechte der Arbeiter war (wie die „formierte Gesellschaft“) aber nicht weniger stark den Kampf der Arbeiterklasse einengte. <br />
<br />
Hierbei ist auch die Erarbeitung der Verschmelzung von Staat und Monopolen wichtig, der Nachweis, auf welchen Wegen und mit welchen Mitteln die Monopole im und durch den Staat ihre Interessen durchsetzen. <br />
<br />
Eine laufende Aufgabe ist die Beobachtung und Analyse der Wirtschaftspolitik, der Maßnahmen der Regierung und anderer Teile des Staates. <br />
<br />
Diese und zukünftige Aufgaben und offene Fragen werden wir [[Offene Fragen zur Klärung der Dissense#Krisenanalyse|hier]] sammeln.<br />
<br />
== Was steht zu diesem Dissens in den Programmatischen Thesen? ==<br />
{{Zitat |Die Widersprüche, die der kapitalistischen Produktionsweise innewohnen, führen periodisch zur Krise. Die kapitalistische Krise ist im Unterschied zu Krisenphasen in früheren Produktionsweisen nicht Ausdruck von Knappheit, sondern kommt im Gegenteil dadurch zustande, dass gemessen an der zahlungsfähigen Nachfrage zu viele Waren produziert wurden und dadurch die Profitabilität der Unternehmen sinkt. Das Nebeneinander von Überfluss und Elend ist gleichzeitig Ursache und Folge der kapitalistischen Krise und bringt die Irrationalität und den historisch überholten Charakter der bürgerlichen Produktionsweise zum Ausdruck. Die Produktionsverhältnisse – das Privateigentum an den Produktionsmitteln – sind längst zur Fessel der Produktivkräfte geworden.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 6)}}<br />
<br />
{{Zitat |Der Kapitalismus ist ein parasitäres Gesellschaftssystem, in dem Reichtum nur durch Ausbeutung existieren kann, in dem Kriege und sich wiederholende Krisen zwingende Bestandteile sind.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 3)}}<br />
<br />
{{Zitat |Die Steigerung der Produktivität führt dazu, dass immer weniger Menschen arbeiten müssen, um die Produktion sicherzustellen. Das ist ein gesellschaftlicher Fortschritt. In der kapitalistischen Gesellschaft wird aber nicht für die Bedürfnisse der Gesellschaft produziert, sondern für die Profite Weniger. Deshalb gibt es Millionen Erwerbslose, die Lage der Arbeiter verschlechtert sich. Verelendung in vielen Lebensbereichen, materiell, kulturell, individuell, wird zum bestimmenden Faktor der Lebensverhältnisse der Menschen.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 6)}}<br />
<br />
{{Zitat |[...] Der Imperialismus als höchste und letzte Stufe des Kapitalismus bringt regelmäßig Krisen und dauerhaft hohe Arbeitslosigkeit hervor. Er erweist sich als unfähig, die Potentiale der Produktivkräfte im vollen Umfang auszunutzen. Im Gegenteil sind zyklische Vernichtung von Produktivkräften und weitere Angriffe auf die Errungenschaften der Arbeiterklasse nötig für die Bourgeoisie, um aus der Krise zu kommen.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 8-9)}}<br />
<br />
== Literatur zum Thema ==<br />
Akademie der Wissenschaften der UdSSR, Institut für Ökonomie: Lehrbuch Politische Ökonomie, Dietz-Verlag, Berlin 1954.<br />
<br />
Autorenkollektiv: Bürgerliche Ökonomie im modernen Kapitalismus, Dietz-Verlag, Berlin 1967.<br />
<br />
ISW: Kapitalismus am Ende? Zwischen Dauerkrise, Widerstand, Transformation, Report Nr. 94, September 2013. <br />
<br />
ISW: Dringend gesucht: Alternative zum Kapitalismus, Report Nr. 89, Juni 2012.<br />
<br />
Klein, Dieter: Allgemeine Krise und staatsmonopolistischer Kapitalismus, Dietz-Verlag, 1974.<br />
<br />
Mendelson, L.A.: Wirtschaftskrisen und Wirtschaftszyklen nach dem zweiten Weltkrieg, Dietz-Verlag, Berlin 1959.<br />
<br />
Oelßner, Fred: Probleme der Krisenforschung, Akademie-Verlag, Berlin 1960.<br />
<br />
Oelßner, Fred: Die Wirtschaftskrisen, Dietz-Verlag, Berlin 1949.<br />
<br />
Reinhold, Otto: Die Wirtschaftskrisen, Dietz-Verlag, Berlin 1974.<br />
<br />
Roth, Rainer: Die Gier, die Krise und wir, Klartext-Verlag, Frankfurt 2011.<br />
<br />
Roth, Rainer: Die Verhinderung des Weltuntergangs, Klartext-Verlag, Frankfurt 2009.<br />
<br />
Roth, Rainer: Finanz- und Wirtschaftskrise: Sie kriegen den Karren nicht flott... - Anmerkungen zu Ursachen und „Lösungen“, Klartext-Verlag, Frankfurt 2009.<br />
<br />
Zeitschrift Sozialismus, diverse Supplements, darunter: Euro Memo 2016, Wege zur Bewältigung der Krisen in Europa, 3/2016.<br />
<br />
Zeitschrift Sozialismus, Kapitalismuskritik auf der Höhe der Zeit, 10/2016.<br />
<br />
<br />
[[Kategorie: AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
[[Kategorie: Dissens]]<br />
[[Kategorie: Dissens AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]</div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Monopole_und_Staat&diff=5790Monopole und Staat2019-01-11T19:17:27Z<p>Mati: /* Einzelnachweise */</p>
<hr />
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<br />
REDAKTION FERIG<br />
<br />
== Worin besteht der Dissens? ==<br />
Die theoretische und konkrete Bestimmung des Verhältnisses von Monopolen und Staat ist ein wesentlicher Punkt zum Verständnis der Widersprüche des heutigen Monopolkapitalismus und seiner Entwicklung. Die Frage nach dem Verhältnis der Veränderungen an der ökonomischen Basis zum Überbau und insbesondere des Staates waren und sind Gegenstand zahlreicher Debatten. Bereits zu Lenins Zeiten gab es hierzu verschiedene Positionen, wie die von Hilferding, der in der Verschmelzung der Monopole mit dem Staat die Entstehung eines „organisierten Kapitalismus“ sah. Später entstand die Strömung der „Staatsableitung“, die eine besondere Stellung der Monopole zum Staat verneinte oder sogar die Existenz von Monopolen als dauerhaften Kern des Kapitalismus bestritt. Im Kontext der Studentenbewegung von 1968 und den folgenden Jahren waren auch sozialdemokratische Kreise in die Diskussion des staatsmonopolistischen Kapitalismus involviert, was sich unter anderem in den „Herforder Thesen“ zeigte, die von einem Teil der Jusos vertreten wurden. Sie verbanden damit sowohl Vorstellungen der Reformierbarkeit des Kapitalismus als auch eines Zwischenschritts zum Sozialismus.<br />
<br>Innerhalb der Forschung und Diskussion zum Staat und den Monopolen wurden zahlreiche Entwicklungen des Monopolkapitalismus analysiert. In den Instituten in der Sowjetunion und der DDR, in der BRD am Institut für Marxistische Studien und Forschung (IMSF), sowie kommunistischen Parteien anderer Länder, wurde dazu viel Arbeit geleistet. Im Rahmen des Klärungsprozesses sollten mittelfristig diese Arbeiten ausgewertet werden.<br />
<br><br />
Besonders in den 70er Jahren wurde eine intensive Debatte über den staatsmonopolistischen Kapitalismus geführt, die zwar teilweise akademischen Charakter annahm, aber wichtige Fragen aufgeworfen hatte, die bis heute in der Diskussion sind. Die wesentlichen Positionen dieser Auseinandersetzung fanden sich bereits vorher und finden sich bis heute. Gegenstand sind und waren nicht nur die marxistische Staatstheorie, sondern die gesamte politische Ökonomie und die Grundlagen der Weltanschauung. Zum Beispiel die Bedeutung der historischen, konkreten, empirischen Analyse bei Marx und Engels, der Zusammenhang von logischer Erklärung der entwickelten Begriffe und die Untersuchung der historischen Entwicklung. Deshalb werden manche Aspekte der Diskussion an anderer Stelle (beispielsweise zur Entwicklung des Monopols) aufgeführt. Hier sollen vorerst die Fragen zum Verhältnis Staat und Monopole benannt werden. Das Verständnis um die konkreten Interessen der Monopole und ihre Durchsetzung sind entscheidend für eine Strategiebildung der kommunistischen Bewegung.<br />
<br><br />
Die Frage des Charakters des Staates steht im Mittelpunkt: Ist er Staat der Monopole? Ist er Staat des gesamten Kapitals oder nur Garant der Eigentumsverhältnisse? Vorausgesetzt, die Existenz von Monopolen im Sinne von Marx und Lenin wird anerkannt. Haben sich Charakter und Eigenschaften des Staates geändert? Darauf werden unterschiedliche Antworten gegeben.<br />
<br />
==== Staatsmonopolistischer Kapitalismus ====<br />
Die Beziehung zwischen Staat und Monopolen wird bereits bei Marx und Engels angedeutet und benannt. Bei Lenin wird auch der Begriff des staatsmonopolistischen Kapitalismus verwendet, um die Verschmelzung des Finanzkapitals mit dem Staat zu beschreiben. Nach dem zweiten Weltkrieg kam es zu einer Ausweitung der Diskussion, auch weil sich bestimmte Phänomene der Staatseinwirkung und des Staatsapparates vertieft hatten. Eine besondere Rolle spielt der Begriff des Staatskapitalismus, wenn der Staat als Kapitalist und Unternehmer Produktionsmittel und Arbeitskräfte mobilisiert und in der kapitalistischen Warenproduktion und der Wirtschaft im Allgemeinen tätig wird. Nicht zu verwechseln mit der Anwendung des Begriffs auf beispielsweise die Periode der „Neuen ökonomischen Politik“.<br />
<br><br />
Die Theorie des staatsmonopolistischen Kapitalismus geht davon aus, dass der erste Weltkrieg entfaltete Formen des staatsmonopolistischen Kapitalismus durch die Militarisierung der Wirtschaft, die staatlich dirigierte Zwangsarbeit und einen staatlichen Kriegskapitalismus hervorbrachte. Die Wirtschaft wird staatlich zentralisiert reguliert (Rohstoffkontingentierung, Arbeitskräftezuweisung, Lebensmittelrationierung,…). Kriegsaufträge werden zu einer entscheidenden Quelle der Kapitalreproduktion. Dabei bildet sich eine strukturelle und institutionalisierte Beziehung zwischen den Monopolen und dem Staat heraus, nicht nur eine bestimmte Wirtschaftspolitik. Dadurch werde der Staat vom ideellen Gesamtkapitalisten zum Staat der Monopole und des Finanzkapitals. Damit würde die Veränderung an der Basis im Überbau nachvollzogen. Dabei sei das ganze Gefüge des Überbaus (Parteien, Klassenbeziehungen als Ganzes) und nicht nur der Staat einbezogen. Diese Entwicklung gewinnt nach dem zweiten Weltkrieg weiter an Dynamik, die Staatsapparate wachsen, ihr ökonomisches Gewicht und ihre regulierende Funktion, ebenso wie die Institutionalisierung der Monopolmacht im Staatsapparat. Die Analyse des staatsmonopolistischen Kapitalismus in der BRD wurde in den Studien der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED und beim Institut für internationale Politik und Wirtschaft, sowie denen des IMSF vorgenommen. <br />
<br><br />
Zusammenfassend besagt die Analyse: Die Macht der Monopole verschmilzt mit der Macht des Staates. Die entstandene Finanzoligarchie ist über viele Fäden mit dem Staatsapparat verbunden. Die Weiterentwicklung der Produktivkräfte und die imperialistische Konkurrenz erzwingen einen noch höheren gesellschaftlichen Charakter des Produktionsprozesses. Riesige Investitionen in Bildung, Forschung, Militär und Infrastruktur zur Aufrechterhaltung und Ausbau der Monopolprofite sind erforderlich. Dies geschieht mit Hilfe des Staates zugunsten des Monopolkapitals, also der Monopolbourgeoisie. Durch die Verschmelzung von Monopolmacht und Staatsmacht nimmt die Aggressivität der Staatspolitik zu. Gleichzeitig bedeutet diese Verschmelzung von Staat und Monopol die vollständige materielle Voraussetzung für den Übergang zum Sozialismus.<br />
<br />
==== Die Rolle des Staates in der Revolution ====<br />
Innerhalb der Diskussion um den staatsmonopolistischen Kapitalismus gibt es eine gesonderte Frage zur Strategie der Arbeiterklasse und der Möglichkeit der Übernahme des Staats durch eine „fortgeschrittene Demokratie“. Auf der einen Seite steht die Ansicht, der Staat muss zerschlagen werden. Die Macht der Monopole kann nur überwunden werden, in dem der Staat durch einen sozialistischen ersetzt wird. Die komplette Durchdringung des Staatsapparates durch die Monopole macht eine Zerschlagung des Apparates notwendig (was auch bereits im Kapitalismus der freien Konkurrenz der Fall ist). Staatliches Handeln und auch Verstaatlichungen während des Monopolkapitalismus geschehen im Interesse der Monopole und sind kein Schritt zur Demokratisierung.<br />
<br />
Auf der anderen Seite steht die Ansicht, der Staat könne übernommen werden. Es gibt eine Möglichkeit, durch Aktionen der Arbeiterklasse und im Bündnis mit der nicht-monopolistischen Kapitalisten zunächst die Monopole (wieder) aus dem Staat zu verdrängen. Erst danach kann der Sozialismus errungen werden. Dieser Zwischenschritt wird auch Antimonopolistische Demokratie genannt. Verstaatlichungen könnten bereits heute Schritte hin zu einer demokratischen Kontrolle der Wirtschaft sein.<br />
<br />
In dieser Argumentation spielt die Frage nach der Planbarkeit der Wirtschaft durch den Staat eine Rolle. Das biete die Möglichkeit für die Arbeiterklasse, den Staat zum Teil zu übernehmen und durch eine Phase der „fortgeschrittenen“ Demokratie zum Sozialismus zu kommen. Insbesondere die Arbeiten der Kommunistischen Partei Frankreichs argumentierten, dass durch Nationalisierungen und Arbeiterkontrolle das kapitalistische System zwar nicht abgeschafft, aber geschwächt werde. Durch eine demokratische Regierung könnte dieser Prozess bis zum Übergang zum Sozialismus vorangetrieben werden.<br />
<br />
Vertreter: IMSF, Teile der DKP, weitere<br />
<br />
===== Staatsableitung und Eigenständigkeit des Staates =====<br />
Hier gibt es zahlreiche verschiedene Ausprägungen. Stichworte sind: Es gibt keine neue Qualität im Vergleich zum Kapitalismus der freien Konkurrenz. Der Staat hat weiterhin als ideeller Gesamtkapitalist die Verwertungsbedingungen des Kapitals zu verbessern und die Widersprüche zwischen allen Klassen zu vermitteln. Der Staat hat eine relative Unabhängigkeit und setzt mit Gesetzen und Verordnungen lediglich allgemeine Rahmenbedingungen. Er ist zwar nicht klassenneutral, aber auch nicht Instrument einer Klasse. Varianten dieser Strömung sehen im Staat auch einen eigenständigen ökonomischen Akteur. Dieser ist bemüht, seine finanzielle Ausstattung zu optimieren, indem Steuererträge und Gewinne der Notenbanken optimiert werden. (Spektrum rund um links-net, Gegenstandpunkt, Teile der Linkspartei)<br />
<br />
===== Antimonopolistische Demokratie =====<br />
Hier muss ausgearbeitet werden, wie die AMD auf die Frage der Monopole eingeht - also die ökonomischeren Aspekte der Strategie.<br />
<br />
== Bezug zu unseren Grundannahmen ==<br />
Für diesen Dissens sind zahlreiche Grundannahmen wichtig. Im Bezug auf die Grundlagen der Wissenschaft ist der Zusammenhang von Logik und historischer Untersuchung wichtig. Dazu sind unter anderem die Annahmen aus Engels’ ''Anti-Dühring'' relevant.<br />
Für die Frage der Monopole und ihres Verhältnisses zum Staat aus Lenins Imperialismusschrift besonders die Kapitel [[Der imperialistische Kapitalismus#Die Banken und ihre neue Rolle|II]] und [[Der imperialistische Kapitalismus#Finanzkapital und Finanzoligarchie|III]] und zur Staatsfrage, die Annahmen in der [[AG Staat, Faschismus und Sozialdemokratie#Grundannahmen Staat|AG Staat, Faschismus und Sozialdemokratie]] und hier besonders Lenin ''Staat und Revolution'' und ''Über den Staat'', Engels’ ''Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates''.<br />
<br />
== Wie wollen wir den Dissens klären? ==<br />
Kern der wissenschaftlichen Überwindung der beschriebenen Differenzen ist zunächst die Bestimmung der Monopole heute, ihrer ökonomischen und politischen Rolle. Der Staatsapparat und staatsnahe Institutionen sind konkret auf ihre Verbindung mit den Monopolen zu untersuchen. Ebenso, wie die Untersuchung der Gesetzgebung, der staatlichen ökonomischen Aktivitäten und Umverteilung des Nationaleinkommens zu Gunsten der Monopole. Dies beinhaltet konkrete Forschungs- und Rechercheaufträge zur Entwicklung des Verhältnisses Staat/Monopole, wobei auf frühere Untersuchungen, wie die des IMSF und der anderen Institute zur Anregung und kritischen Lektüre zurückgegriffen werden kann. <br />
<br />
Theoretisch ist zu klären, in welchen Widersprüchen die Entwicklung des Monopolkapitalismus verläuft, und wie eine Zuspitzung der Widersprüche von der Arbeiterklasse genutzt werden kann.<br />
<br />
Diese und zukünftige Aufgaben und offene Fragen werden wir [[Offene Fragen zur Klärung der Dissense#Monopole und Staat|hier]] sammeln.<br />
<br />
== Was steht zu diesem Dissens in den Programmatischen Thesen? ==<br />
{{Zitat |Die bürgerliche, kapitalistische Gesellschaft ist von tiefen und unversöhnlichen Widersprüchen durchzogen. Der grundlegendste dieser Widersprüche ist der zwischen Arbeiterklasse und Bourgeoisie. Aber auch intern ist die Kapitalistenklasse von Rivalitäten und teils gegensätzlichen Interessen geprägt.<br />
<br />
Weil die bürgerliche Gesellschaft auf Klassengegensätzen beruht, bedarf sie notwendigerweise des Staates, der diese Gegensätze unter Kontrolle hält und ihre Austragung in geregelte Bahnen lenkt. Der bürgerliche Staat ist Ausdruck der Unversöhnlichkeit der Klasseninteressen miteinander. Innerhalb dieses unversöhnlichen Gegensatzes setzt er die Interessen der Kapitalistenklasse als Ganzer durch, indem er ihr möglichst gute Bedingungen für die Anhäufung ihres Kapitals bietet. Deshalb ist der bürgerliche Staat nichts anderes als die politische Herrschaft der Bourgeoisie, ideeller Gesamtkapitalist. Er vertritt grundsätzlich die Interessen der ganzen Bourgeoisie, insbesondere aber die Interessen der mächtigsten Teile darin. Er ist eine „Maschine zur Niederhaltung der unterdrückten, ausgebeuteten Klasse“ (Engels, MEW 21, S. 170f.). Er wendet letztlich alle Formen von Gewalt an, verbreitet aber auch die bürgerliche Ideologie und betreibt die Einbindung von Teilen der Arbeiterklasse durch Zugeständnisse, um die ausgebeutete Klasse niederzuhalten. Dieser Klassencharakter des Staates macht es für die Arbeiterklasse (oder auch jede andere Klasse) unmöglich, ihn zu übernehmen und in ihrem Interesse zu verwenden. Die proletarische Revolution bedeutet aber auch nicht die sofortige Abschaffung des Staates. Sie ist die Zerschlagung des bürgerlichen Staates und die Errichtung eines neuen Staates der Arbeiterklasse, der Diktatur des Proletariats.<br />
<br />
Diese grundlegenden Erkenntnisse der marxistisch-leninistischen Staatstheorie sind für uns vorausgesetzt, sie lassen aber viele weiterführende Fragen offen, auf die wir Antworten finden wollen. Wir wollen uns mit der Theorie des staatsmonopolistischen Kapitalismus auseinandersetzen und kritisch herausarbeiten, welche Inhalte und welche Interpretationen dieser Theorie der Realität entsprechen. Dabei werden u.a. folgende Fragen eine Rolle spielen: Auf welche Weise zeigt sich konkret die besondere Rolle des Monopolkapitals im Verhältnis zum Staat? Welche Interpretationen der Theorie des staatsmonopolistischen Kapitalismus haben die Entstehung der falschen Strategie der „antimonopolistischen Übergänge“ in der kommunistischen Bewegung begünstigt?|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 7-8)}}<br />
<br />
{{Zitat |Der antiimperialistische Kampf muss sich deshalb gegen das Kapital und das kapitalistische System als Grundlage des Imperialismus richten. Als Kommunisten in Deutschland sehen wir den deutschen Imperialismus, d.h. die deutsche Monopolbourgeoisie und ihren Staat als unseren Hauptgegner an.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 10)}}<br />
<br />
{{Zitat |Der Kapitalismus entwickelte sich in engem Zusammenhang mit den entstehenden Nationalstaaten. Die Entstehung zusammenhängender nationaler Binnenmärkte, vereinheitlichter Währungen und anderer notwendiger Voraussetzungen ermöglichten erst die Kapitalakkumulation in erweitertem Maßstab. Im Imperialismus ist die Aufteilung der Welt unter die imperialistischen Zentren abgeschlossen, aber die kapitalistische Entwicklung bringt ständige Kämpfe der Kapitale und ihrer Nationalstaaten um die Neuaufteilung hervor.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 9)}}<br />
<br />
{{Zitat |Im weiteren Klärungsprozess wollen wir zahlreiche Fragen zur politischen Ökonomie des Imperialismus vertiefen. Darunter die Zusammensetzung und Interessen des deutschen Kapitals; die Entwicklung des Kapitalismus in verschiedenen Ländern wie z.B. Russland und China sowie die Formen ihrer Einbindung in das imperialistische Weltsystem; die Eigentümerstrukturen der bestimmenden Monopole und ihr Verhältnis zum Nationalstaat; die Lage und Strategien des deutschen Imperialismus; die empirische Überprüfung der These des sogenannten „transnationalen Kapitals“ und ihre Bedeutung für die Strategie der „antimonopolistischen Übergänge“; die Frage der gegenseitigen Abhängigkeiten innerhalb der imperialistischen Kette; die Rolle und Bedeutung der nicht-monopolistischen Bourgeoisie; die Verschmelzung von Industrie- und Bankkapital zum Finanzkapital; die verschiedenen imperialistischen Pole, ihre Entwicklung und Verhältnisse zueinander.“|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 10)}}<br />
<br />
== Literatur zum Thema ==<br />
Autorenkollektiv: Imperialismus heute, Der staatsmonopolistische Kapitalismus in Westdeutschland, Dietz, 1966.<br />
<br />
Autorenkollektiv: Monopole, Profite, Aggression, Notstand, Dietz, 1965.<br />
Autorenkollektiv: Der staatsmonopolistische Kapitalismus (aus dem französischen übersetzt), Dietz, 1972.<br />
<br />
Autorenkollektiv: Der Imperialismus der BRD, Dietz, 1971.<br />
<br />
Binus/Landefeld/Wehr: Staatsmonopolistischer Kapitaliusmus, Papyrossa, 2014.<br />
<br />
Jung H, Schleifstein J (1979): Die Theorie des Staatsmonopolistischen Kapitalismus und ihre Kritiker in der Bundesrepublik Deutschland. Frankfurt a.M.: Verlag Marxistische Blätter.<br />
<br />
Lemmnitz, Alfred: Staatsmonopolistische Regulierung und Klassenkampf in Westdeutschland, Dietz, 1965.<br />
<br />
<br />
[[Kategorie: AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
[[Kategorie: Dissens]]<br />
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<hr />
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<br />
== Überblick ==<br />
<br />
Die Analyse des Imperialismus ist umstritten und gehört zu den zentralen Debatten in der kommunistischen Bewegung. Sie hat weitgehende Konsequenzen für die Strategie der Parteien und ist eine anhaltende Debatte, die bereits seit der Entstehung des Imperialismus geführt wird. Zum Teil sind es heute dieselben Punkte wie in der Auseinandersetzung zwischen Kautsky und Lenin. <br />
Der Grund für Unklarheiten liegt zum einen im Opportunismus, zum anderen in Veränderungen, die untersucht werden müssen und über die, wegen mangelnder Grundlage, falsche Annahmen entstehen können.<br />
<br><br />
<br><br />
Die voranschreitende Monopolisierung, die weitere Entwicklung von Kapitalexport und die verschiedenen Formen des fiktiven Kapitals und der Kapitalströme führen zu der Annahme, der grundlegende Charakter des Kapitalismus habe sich in seinem imperialistischen Stadium verändert. <br />
<br><br />
<br><br />
Im Mittelpunkt der Debatte steht die Frage: Was sind die Kriterien mit denen die Analyse vorgenommen wird? Ebenso zu klären sind folgende Fragestellungen: Wird der Imperialismus als ökonomisches System oder als vor allem politisches Phänomen begriffen? Ist es möglich den politischen Überbau von der ökonomischen Basis zu lösen bzw. zu relativieren? Gibt es kapitalistische Staaten, die eine friedliche, fortschrittliche Entwicklung im Imperialismus ermöglichen könnten? Und gibt es eine Verflechtung und Verschränkung, die zu einer Abschwächung der Widersprüche führt?<br />
<br><br />
<br><br />
Die Debatte spitzt sich in der Frage zu, ob es Staaten bzw. Länder gibt, die außerhalb des „Imperialismus“ stehen. Damit einher geht, dass eine Definition des Imperialismus vorgenommen wird, nämlich die, dass der Imperialismus auf einige wenige besonders mächtige Länder beschränkt ist. Dem gegenüber steht die Auffassung, dass Imperialismus als Weltsystem zu verstehen ist, in dem die Länder verschiedene Positionen einnehmen. <br />
<br />
Im folgenden wird versucht, die unterschiedlichen Positionen und Thesen sowie ihre Vertreter darzustellen:<br />
<br />
=== Imperialismus als Weltsystem, die imperialistische Pyramide ===<br />
Die KKE vertritt die Imperialismusanalyse, wonach der ökonomische Kern des Imperialismus das Monopol ist. Die Merkmale des Imperialismus sind für die KKE weiterhin: die Konzentration der Produktion und des Kapitals, die Verschmelzung des Bank- und Industriekapitals zum Finanzkapital, die Entstehung einer Finanzoligarchie, der Kapitalexport und die Entstehung internationaler Monopolbündnisse. Imperialismus ist nach den Analysen der KKE kein politisches Konzept, das von der ökonomischen Basis loszulösen ist und auch nicht nur als Politik der militärischen Aggression zu verstehen. Kapitalismus und Imperialismus sind demnach nicht von einander zu trennen. Imperialismus ist für die KKE ein Weltsystem, in dem die verschiedenen Länder verschiedene Stellungen einnehmen und in einem wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnis stehen. Es gibt nach dieser Imperialismusanalyse nicht nur eine Handvoll mächtige Länder, die alle anderen unterdrücken. Neben den Ländern, die an der Spitze des Systems stehen, wofür die KKE das Bild einer Pyramide benutzt, entwickeln nach Auffassung der KKE auch die Länder, die eine Zwischenstellung einnehmen, die Kriterien des Imperialismus (Monopole, Finanzkapital, Kapitalexport).<br />
<br />
Die Gegensätze und Widersprüche zwischen den verschiedenen Staaten nehmen daraus folgend zu, ebenso verschärft sich die Konkurrenz um Rohstoffe, Transportwege und Marktanteile der Monopole. <br />
Die Zunahme von Polen oder Zentren verschärft die Konkurrenz und Gegensätze. Monopole in der Wirtschaft können nicht mit einer gewaltfreien, nicht den Monopolinteressen dienenden Politik koexistieren. Ein Zwischenstadium zwischen Kapitalismus und Sozialismus gibt es nach Aussage der KKE nicht. Fazit der KKE ist, dass sich die Arbeiterklasse die Macht erobern und den Sozialismus errichten muss.<br/>Vertreter: KKE (https://inter.kke.gr/de/articles/On-Imperialism-The-Imperialist-Pyramid/)<br />
<br />
=== Multipolare Weltordnung ===<br />
Ausgangspunkt ist die Veränderung von einer „unipolaren Weltordnung“ durch die USA zu einer „multipolaren Weltordnung“ mit mehreren Zentren. Unter „imperialistisch“ werden die USA und NATO-Staaten verstanden, die sich in alle anderen Statten einmischen und ihre Entwicklung bremsen wollen. Die aufstrebenden Staaten haben danach ein Interesse an Kooperation und Völkerrecht, um sich gegen die Einmischung zu wehren.<br/><br />
Dies ist laut dieser Imperialismusanalyse objektiv im Interesse der Arbeiterklasse. Einzelne Länder könnten daher ökonomisch die Kriterien für Imperialismus (Monopole, Kapitalexport, etc.) erfüllen (Russland) und dennoch eine positive Rolle einnehmen. Zum Beispiel können sie demnach objektiv dem Kampf für Frieden dienen und auf der anderen Seite „politisch“ nicht imperialistisch sein. Eine besondere Rolle spielen Russland und China. Bei letzterem wird angenommen, dass es ein Land mit sozialistischer Orientierung ist. Die Debatte zum Klassencharakter von Russland und China ist darausschlussfolgernd eng mit der Debatte zur Imperialismusanalyse verbunden.<br/><br />
Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass Kapitalismus und Imperialismus nicht identisch sind und imperialistische Politik vor allem militärische Aggression bedeute.<br/>Vertreter: Beate Landefeld, Willi Gerns, weitere Teile der DKP. Freidenker, Andreas Wehr, Rotfuchs, Z Zeitschrift marxistische Erneuerung, teilweise Zeitschrift Sozialismus<br />
<br />
=== Kollektiver Imperialismus ===<br />
Vor knapp zwanzig Jahren wurde die These vertreten, dass alle imperialistischen Staaten auf Grund gemeinsamer Interessen die restlichen Länder unterwerfen und dass ein Krieg zwischen den imperialistischen Mächten unwahrscheinlich bzw. ausgeschlossen ist.<br/><br />
Nach der Weltwirtschaftskrise von 2008 und der zunehmenden Widersprüche zwischen den imperialistischen Ländern hat sich die These etwas verschoben. Angenommen wird nun, dass die USA und die NATO-Staaten einen kollektiven Imperialismus bilden, der ihre Interessen gegen die anderen, vor allem Russland und China, durchsetzt. Welchen Charakter und welche Rolle Russland und China dabei spielen, wird unterschiedlich ausgelegt.<br />
Einige Vertreter stehen auf dem Standpunkt, dass sich der Imperialismus im Übergang vom „staatsmonopolistischen Kapitalismus“ zum „transnationalen Monopolkapitalismus“ befinde. Aufgrund der Internationalisierung der Produktion und Verwertung des Kapitals, sowie der Zunahme des Kapitalexports haben sich ihrer Meinung nach Konzerne mit „transnationaler Eigentümerstruktur“ herausgebildet. Dies führt auch zu Entwicklung neuer supranationaler Staatsgebilde. Damit verbunden wird eine relative Selbständigkeit des Staates vom Kapital angenommen. Die Nationalstaaten würden somit gegeneinander ausgespielt werden, um die besten Bedingungen für die transnationalen Konzerne durchzusetzen. Sie vermitteln weiterhin die „Hegemonie“ des transnationalen Kapitals und bearbeiten die Konflikte zwischen Fraktionen dieses Kapitals. Die Konkurrenz zwischen Nationalstaaten nehme laut dieser Imperialismusanalyse zwar zu, die transnationalen Organisationsformen des transnationalen Kapitals trügen aber zur Entschärfung der Konkurrenz bei. (Mayer)<br />
Hauptsächlich gingen die EU und die USA kollektiv vor, während es zwischen den USA und der EU auf der einen Seite und den BRICS auf der anderen Seite zu verstärkter Konkurrenz kommt.<br/>Vertreter: Leo Mayer, ISW, Samir Amin.<br />
<br />
=== Neu-imperialistische Länder ===<br />
Unter dieser Begrifflichkeit fasst die MLPD das Aufstreben von Ländern im imperialistischen Weltsystem zusammen. Aufgrund der stark gestiegenen Produktivität und dem zunehmendem Kapitalexport hat sich laut der MLPD das „imperialistische Kapital“ gegenseitig durchdrungen und verflochten. Die Produktion hat sich, ebenso wie das Finanzwesen, internationalisiert. Nach dieser Analyse ist es zu vermehrten grenzüberschreitenden Fusionen und Übernahmen gekommen, dadurch haben sich schließlich Übermonopole gebildet. Ehemalige Kolonien haben sich von den internationalen Monopolen aus dem Ausland abgenabelt, eigene Monopole aufgebaut und Kapitalexport betrieben. Ebenso haben sich staatsmonopolistische Strukturen herausgebildet. Die BRICS und andere Länder sind ihrer Meinung nach aufgestiegen, während die USA die letzte verbliebene Supermacht sei, die vor allem von China herausgefordert werde. Die imperialistische Multipolarität vertiefe die allgemeine Krise des Kapitalismus.<br/>Vertreter: MLPD.<br />
<br />
== Bezug zu den Grundannahmen ==<br />
Die grundlegende Auseinandersetzung in dieser Frage ist das Verhältnis der Ökonomie zur Politik. Hierzu sollten die Grundannahmen zum [[Der historische Materialismus|historischen Materialismus]] und insbesondere die Passagen aus Engels' ''Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft'' herangezogen werden.<br />
<br><br />
<br><br />
Eine der zentralen Veränderungen des Imperialismus, im Vergleich zum Kapitalismus der freien Konkurrenz, ist die enorme Akkumulation von Kapital und die damit verbundene Bildung der Monopole. Ebenso charakterisierend ist die Entstehung des Finanzkapitals und der Finanzoligarchie sowie die zunehmende Bedeutung des Kapitalexports. Diese ökonomischen Kriterien des Imperialismus entstehen aus dem Kapitalismus der freien Konkurrenz und sind nicht davon zu trennen. Für diese Fragen sind zum einen die Grundannahmen aus Marx' Kapital, 1. Band zur [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Akkumulationsprozess des Kapitals|Kapitalakkumulation]], sowie aus dem 3. Band zur [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Die Rolle des Kredits in der kapitalistischen Produktion|Rolle des Kredits]] und der Börse als Literatur heranzuziehen.<br />
<br><br />
<br><br />
In Lenins Imperialismusschrift sind vor allem die Kapitel zur [[Der imperialistische Kapitalismus#Konzentration der Produktion und Monopole|Entstehung der Monopole]] und zum [[Der imperialistische Kapitalismus#Der Kapitalexport|Kapitalexport]] wichtig.<br/>Zu den ökonomischen Grundlagen des Imperialismus und dem Zusammenhang mit der Neuaufteilung der Welt ist Lenins Imperialismusschrift, hier vor allem die Passagen aus dem [[Der imperialistische Kapitalismus#Die Aufteilung der Welt unter die Kapitalistenverbände|V. bis IX. Kapitel]], bedeutend.<br />
<br />
== Wie wollen wir den Dissens klären? ==<br />
Auf der theoretischen Ebene muss die ökonomische Basis des Imperialismus herausgearbeitet werden – Konzentration von Kapital führt zum Monopol. Bearbeitet werden muss die Frage, ob Kapitalismus und Imperialismus zu trennen sind, sprich ob ein „nicht-imperialistischer“ Kapitalismus möglich ist.<br />
<br><br />
<br><br />
Damit zusammen hängt die theoretische Darlegung des Zusammenhangs von ökonomischer Basis und politischem Überbau, in welchem Verhältnis die beiden zueinander stehen und welche Auseinandersetzungen es bereits zu dieser Frage gab(Lenin/Kautsky gehört dazu).<br />
<br><br />
<br><br />
Argumentativ muss hier auf die Annahme eingegangen werden, dass eine Ordnung der Kooperation und Vernunft innerhalb des Imperialismus möglich ist. In diesem Zusammenhang sollte auch auf das Argument aufgegriffen werden, dass die Anti-Hitler-Koalition ein Vorbild sei.<br />
<br><br />
<br><br />
Auf der empirischen Ebene muss das Argument untersucht werden, dass während der Existenz des Sozialismus einige Länder vorübergehend anders agieren konnten. Dies wird auf heute übertragen, um zu behaupten, dass eine solche Entwicklung möglich wäre. Eine empirische Untersuchung der Entwicklung dieser Länder (Indien zeitweise, Ägypten ect.) ist hier notwendig.<br />
<br><br />
<br><br />
Untersucht werden muss der Klassencharakter, die ökonomische Basis von Russland, China und weiteren Ländern, sowie ihre Position in der Weltwirtschaft und ihr politisches Verhältnis.<br />
<br />
Diese und zukünftige Aufgaben und offene Fragen werden wir [[Offene Fragen zur Klärung der Dissense#Imperialismus als Weltsystem|hier]] sammeln.<br />
<br />
== Was steht zu diesem Dissens in den Programmatischen Thesen? ==<br />
Auszüge aus unseren programmatischen Thesen zur Frage der Imperialismusanalyse:<br />
{{Zitat |Der ökonomische Kern des Imperialismus ist das Monopol. Der heutige Kapitalismus ist dominiert vom Monopolkapital, das sich durch die Konzentration und Zentralisation des Kapitals herausgebildet hat. Dieser Wesenszug bestimmt die gesamte Epoche, in der wir leben. Im Imperialismus ist der Drang zum internationalen Kapitalexport enorm erhöht.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 8)}}<br />
<br />
{{Zitat |Die These eines „kollektiven Imperialismus“, wonach sich die zwischenimperialistischen Widersprüche tendenziell abschwächen würden und es zur gemeinschaftlichen Ausbeutung der Welt durch die verbündeten imperialistischen Zentren käme, ist lediglich eine Neuauflage der „Ultraimperialismus“-These des Revisionisten Karl Kautsky, die bereits Lenin widerlegt hat. Diese These ist heute so falsch wie damals. Auch eine sogenannte „multipolare Weltordnung“, in der neben den USA und der EU weitere Zentren die Weltordnung bestimmen, ist nur Ausdruck der ungleichmäßigen Entwicklung des Kapitalismus und sich verändernder Kräfteverhältnisse. Eine Hoffnung auf eine friedlichere Welt liegt darin nicht.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 9)}}<br />
<br />
{{Zitat |[...] Staaten, in denen (monopol-)kapitalistische Verhältnisse bestehen, wie etwa China, können keinen antiimperialistischen Charakter annehmen.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 10)}} <br />
<br />
{{Zitat |Der antiimperialistische Kampf muss sich deshalb gegen das Kapital und das kapitalistische System als Grundlage des Imperialismus richten. Als Kommunisten in Deutschland sehen wir den deutschen Imperialismus, d.h. die deutsche Monopolbourgeoisie und ihren Staat als unseren Hauptgegner an. Wir kämpfen aber Seite an Seite mit unseren Genossen auf der ganzen Welt gegen den Imperialismus als Ganzes, als weltweites System.Besonders hervorzuheben sind daher auch die EU als imperialistisches Bündnis, die aufstrebenden Ökonomien der BRICS-Gruppe und der US-Imperialismus als nach wie vor militärisch gefährlichster imperialistischer Pol der Welt.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 10)}}<br />
<br />
== Literatur zum Thema. ==<br />
Gerns, Willi: Das Putinsche Russland, in: Marxistische Blätter 1-15.<br />
<br />
Gerns, Willi: Nicht über einen Kamm scheren, in: junge Welt vom 20.10.2014.<br />
<br />
Landefeld, Beate: Im Übergang zur Multipolarität, in: belfix.wordpress, URL: https://belafix.wordpress.com/2015/01/22/im-bergang-zur-multipolaritt/ (09.01.2019).<br />
<br />
Landefeld, Beate: Was heißt Transnationalisierung?, in: komnet, URL: http://www.kommnet.de/index.php?option=com_content&view=article&id=2120:was-heisst-qtransnationalisierungq-beate-landefeld&catid=99:die-qpolitischen-thesenq-des-parteivorstandes-der-dkp&Itemid=184 (09.01.2019).<br />
<br />
Listl, Walter: Globalisierung des Kapitals, in: junge Welt vom 22.07.2010.<br />
<br />
Mayer, Leo: Zunehmende Verteilungskämpfe, in: junge Welt vom 13.4.2011.<br />
<br />
MLPD, Engel, Stefan: Über die Herausbildung der neuimperialistischen Länder, Beilage des Zentralkomitees der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) zur Roten Fahne 16/2017, in: rf-news, 03.08.2017, URL: https://www.rf-news.de/rote-fahne/2017/nr16/ueber-die-herausbildung-der-neuimperialistischen-laender (09.01.2019).<br />
<br />
Papariga, Aleka: On the imperialist Pyramid, in: kke, URL: https://inter.kke.gr/de/articles/On-Imperialism-The-Imperialist-Pyramid/ (09.01.2019).<br />
<br />
Wehr, Andreas: Transnationaler Kapitalismus?, in: andreas-wehr, URL: https://www.andreas-wehr.eu/transnationaler-kapitalismus.html (09.01.2019).<br />
<br />
<br />
[[Kategorie: AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
[[Kategorie: Dissens]]<br />
[[Kategorie: Dissens AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]</div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=AG_Revolution%C3%A4re_Arbeiterbewegung_und_Kommunistische_Partei&diff=5268AG Revolutionäre Arbeiterbewegung und Kommunistische Partei2019-01-09T16:55:15Z<p>Mati: /* Einführung */</p>
<hr />
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<br />
== Einführung==<br />
Die AG Revolutionäre Arbeiterbewegung und Kommunistische Partei beschäftigt sich mit der Geschichte der weltweiten und insbesondere der deutschen Arbeiterbewegung sowie mit den Bedingungen ihrer Entwicklung. Da die Kommunistische Partei ein zentraler Bestandteil der Arbeiterbewegung ist, beschäftigt sich die AG ausführlich mit ihrer Geschichte, ihren Organisationsprinzipien und mit ihrer Rolle im Klassenkampf. Es geht also um Fragen des wissenschaftlichen Sozialismus und um die Strategie und Taktik der Arbeiterbewegung unter der Herrschaft des Kapitals. <br />
<br />
Das Studium der Geschichte und der Bedingungen der historischen Entwicklungen ist fundamental in einer Zeit, in der die Arbeiterbewegung in Deutschland extrem geschwächt, vom Opportunismus durchsetzt und zersplittert ist. Wenn wir nicht einschätzen lernen, welche Erfahrungen der Arbeiterbewegung und welche Entwicklungen positiv bzw. negativ im Sinne der Aufhebung der Klassengesellschaft waren, werden wir kläglich mit dem Versuch scheitern, der Arbeiterbewegung wieder auf die Füße zu helfen, sie zu reorganisieren und sie für den Klassenkampf zu wappnen.<br />
<br />
Gleiches gilt im selben Maße für das Studium zur Kommunistischen Partei: Auch die kommunistische Bewegung in Deutschland ist zersplittert, vom Opportunismus durchsetzt und am Boden. Kommunistinnen und Kommunisten in Deutschland sind noch weit davon entfernt, einen Führungsanspruch wahrzunehmen, geschweige denn erfüllen zu können. Es gibt keine Avantgarde der Arbeiterklasse in Deutschland, es ist letztlich vor allem ein nach außen hin abgeschlossenes Zirkelwesen mit einer oberflächlichen Verbindung zur Arbeiterklasse. Es kursieren diverse, sich widersprechende Vorstellungen davon, wie die Organisationsprinzipien und Formen der Kommunistischen Partei aussehen müssen, es gibt ebensoviele Vorstellungen darüber, wie das Verhältnis von Kommunisten zur Arbeiterklasse aussehen muss und wie sich die Kommunisten zu anderen Klassen und Schichten verhalten sollten.<br />
<br />
Die wohl wichtigste Frage der Geschichte der Arbeiterbewegung und der Kommunistischen Partei ist die Strategie, die Frage also danach, wie die Arbeiterklasse ihrer historischen Aufgabe zum Durchbruch verhelfen kann, wie sie die „Vorgeschichte der Menschheit“ (Marx) durch die Abschaffung der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen zu einem Ende führen kann. Das ist weiterhin die zentrale Diskussionsfrage in der Internationalen Kommunistischen Bewegung und hat auch in der Geschichte scharfe Wendungen durchgemacht und mit ihnen beträchtliche Konsequenzen nach sich gezogen. Letztlich geht es um die richtigen Strategie, die über Sieg oder Niederlage der Arbeiterklasse entscheidet und daher für uns als Kommunisten höchste Bedeutung haben muss.<br />
<br />
Diesen Themen nähern wir uns in unseren Grundannahmen. Dabei handelt es sich um Aussagen von Marx, Engels und Lenin, die wir für maßgeblich für ihre theoretischen Vorstellungen halten. Es geht also um Aussagen zu den objektiven und subjektiven Bedingungen des Klassenkampfes und der historischen Rolle des Proletariats in diesen. Ohne das Wissen, dass „die Geschichte aller bisherigen Gesellschaft [...] die Geschichte von Klassenkämpfen [ist]“ (Marx) und der jetzige Klassenkampf zwischen der Bourgeoisie und dem Proletariat ausgefochten wird, ist es nicht möglich, ein wissenschaftliches Verständnis vom Aufkommen und von der Entwicklung der Arbeiterbewegung zu bekommen. Auch die Taktik der Arbeiterbewegung ist maßgeblich von der Bestimmung der Arbeiterklasse im Klassenkampf und ihrer daraus resultierenden Strategie abhängig.<br />
<br />
Grundsätzlicher und unumstößlicher Bestandteil der Strategie der Arbeiterklasse war für Marx, Engels und Lenin von jeher der Proletarische Internationalismus. Nicht ohne Grund endet das Manifest der Kommunistischen Partei mit der berühmten Aussage: „Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“. Diese Bestimmung des Charakters des Klassenkampfes im Kapitalismus als international ist somit fester Bestandteil der marxistisch-leninistischen Weltanschauung.<br />
<br />
Auch die Notwendigkeit der Eigenständigkeit der Arbeiterbewegung inkl. einer unabhängigen Klassenpartei ergab sich für Marx, Engels und Lenin aus den Bedingungen und der Entwicklung der Klassenkämpfe selbst. Denn die Entwicklung der Arbeiterbewegung war von Beginn an begleitet vom Eindringen bürgerlicher Ideologie in die Reihen der Arbeiterklasse. So spielte der Kampf gegen den Opportunismus und Revisionismus und deren Einfluss auf die Strategie und Taktik, aber auch auf Form und Inhalt der Organisationen der Arbeiterklasse und der Kommunistischen Partei für Marx, Engels und Lenin immer eine zentrale Rolle. Ohne das Verständnis vom Inhalt und den unterschiedlichen Formen und Spielarten des Opportunismus und Revisionismus, können auch die größten Niederlagen in der Geschichte der Arbeiterbewegung nicht wissenschaftlich erfasst werden.<br />
<br />
Der bisherige Diskussionsstand der Kommunistischen Organisation zu den Themen und Fragestellungen unserer AG kann in den Programmatischen Thesen in den Unterkapiteln Klassengesellschaft, Proletarischer Internationalismus, Die Kommunistische Partei, Die revolutionäre Strategie, Die revolutionäre Praxis und Kampf gegen Opportunismus und Revisionismus nachgelesen werden.<br />
<br />
== Dissens ==<br />
<br />
Zu vielen der in dieser AG behandelten Fragen gibt es unterschiedliche Auffassungen: Natürlich existieren solche Unterschiede zwischen den Vertretern bürgerlicher und proletarischer Ideologie, aber auch unter Kommunisten ist keinesfalls von Einigkeit auszugehen. In diesem Abschnitt stellen wir verschiedene zentrale Kontroversen dar und beschreiben, wie wir in den nächsten Jahren für uns zu einer Lösung der Kontroverse gelangen wollen. Wir teilen den Abschnitt in zwei zentrale Bereiche: Revolutionäre Arbeiterbewegung und Kommunistische Partei. Dabei erhebt diese Liste keinen Anspruch auf Vollständigkeit und wird auch in Zukunft noch Erweiterung erfahren. <br />
<br />
Wir versuchen, in jedem Dissens, einen Überblick zu geben und so gut es geht die Vertreter der verschiedenen Positionen zu Wort kommen zu lassen. Wir versuchen, den Bezug zu den Grundannahmen und auch unseren Programmatischen Thesen herzustellen und aufzuzeigen, wie wir zu einer Klärung des Dissens kommen wollen. Denn es geht letztlich an dieser Stelle um die Schaffung einer Arbeitsgrundlage für die Klärung in den nächsten Jahren und noch nicht um eine ausführliche Analyse.<br />
<br />
=== Revolutionäre Arbeiterbewegung ===<br />
# [[Revolutionäres Subjekt und Eigenständigkeit der Arbeiterbewegung]]<br />
# [[Strategie der Übergänge]]<br />
# [[Strategie des langfristigen Volkskrieges]]<br />
# [[Nationale Besonderheiten vs Einheitliche Strategie der IKB]]<br />
# [[Bündnisvorstellungen]]<br />
# [[Allgemeiner Charakter der proletarischen Revolution]]<br />
<br />
=== Kommunistische Partei ===<br />
# [[Partei neuen Typus / Avantgarde / Klassencharakter]]<br />
# [[Kommunistische Partei und bürgerliche Wahlen]]<br />
# [[Kommunisten und Gewerkschaften]]<br />
# [[Zweilinienkampf]]<br />
# [[Entrismus]]<br />
<br />
== Offene Fragen ==<br />
<br />
Unter dieser Rubrik wollen wir alle offenen Fragen sammeln, die im Prozess unserer Auseinandersetzung mit den Themenfeldern Revolutionäre Arbeiterbewegung und Kommunistische Partei und dem in diesem Zusammenhang stehenden Dissens aufgeworfen werden. Ihr könnt euch aktiv an dieser Sammlung beteiligen und uns noch Ergänzungen, Fragen und Anregungen schicken. <br />
<br />
== Grundannahmen ==<br />
<br />
Dieser Abschnitt gibt einen systematischen Überblick über die wichtigsten Grundannahmen von Karl Marx, Friedrich Engels und Wladimir I. Lenin zum Themenkomplex unserer AG. Zweck dieser Zitatensammlung ist nicht, im dogmatischen Sinne eine Sammlung "fertiger, überhistorisch gültiger Wahrheiten" vorzulegen, in der alle Fragen schon für alle Zeiten gelöst sind. Vielmehr sollen die Grundannahmen sicherstellen, dass wir ein einheitliches Verständnis des marxistischen-leninistischen Grundvokabulars haben und unseren Bezug auf die Klassiker des wissenschaftlichen Sozialismus transparent und nachvollziehbar machen.<br />
<br />
# [[Klassenkampf / Historische Rolle des Proletariats]]<br />
# [[Eigenständigkeit der Arbeiterbewegung]]<br />
# [[Kommunistische Partei]]<br />
# [[Das Verhältnis von Masse, Klasse und KP]]<br />
# [[Taktik der Arbeiterbewegung]]<br />
# [[Revisionismus und Opportunismus]]<br />
# [[Proletarischer Internationalismus]]<br />
<br />
== Mitmachen ==<br />
<br />
In den nächsten Monaten wollen wir uns an die systematische Beantwortung der Fragen machen - dabei kannst du mitmachen:<br />
* Mitdiskutieren <br />
** Du hast andere Erkenntnisse, Positionen zu bestimmten Fragen?<br />
** Du hast selbst offene Fragen zum Thema?<br />
* Einzelne Arbeitsaufträge übernehmen - in Theoriearbeit oder in praktischer Umsetzung<br />
* Dauerhaft mitarbeiten in der AG<br />
Wenn das interessant klingt oder dir noch andere Möglichkeiten einfallen, dich zu beteiligen, melde dich bei uns:<br />
<br />
[mailto:ag_arbeiterbewegung@kommunistische.org ag_arbeiterbewegung@kommunistische.org]<br />
<br />
<br />
[[Kategorie: AG Arbeiterbewegung]]<br />
[[Kategorie: AG-Hauptseite]]</div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Monopole_und_ihre_Entwicklung&diff=5267Monopole und ihre Entwicklung2019-01-09T16:43:55Z<p>Mati: /* Der Kapitalismus in seinem imperialistischen Stadium ist Monopolkapitalismus */</p>
<hr />
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<br />
== Überblick ==<br />
In diesem Dissens-Teil geht es um die ökonomische Analyse des Kapitalismus und vor allem, um die Rolle und die Entwicklung des Monopols. <br />
Die Frage der Gesetzmäßigkeit der Monopolbildung des Kapitalismus ist umstritten. Diese ist die Grundlage für eine Imperialismusanalyse, die u.a. gerade deshalb auch so unterschiedlich ausfällt. Im Mittelpunkt der Debatte zentrieren sich die Fragen: Ist die stattfindende Monopolisierung von Kapitalen eine zwangsläufige und gesetzmäßige Entwicklung des Kapitalismus der freien Konkurrenz? Und daraus folgend: Befinden wir uns daher heute noch in einem Kapitalismus der freien Konkurrenz, in der sich einige Kapitale einfach mehr oder weniger bewährt haben? Dem entgegen wird diskutiert, ob wir andererseits in der Epoche des Finanzkapitals, dem Imperialismus, leben, in der die Entwicklung der Gesellschaft durch das Interesse an Monopolprofiten bestimmt wird? Abschließend stellt sich dann die Frage, welche Konsequenzen das für die Arbeiterklasse und Strategie der Kommunistischen Partei hat.<br />
<br />
Die Erklärung der Monopole und ihrer Entstehung ist nur mit dem historischen Materialismus möglich. Das heißt mit der konkreten Untersuchung der Phänomene und ihrer historischen Entwicklung, um die Gesetzmäßigkeiten zu erkennen.<br />
<br />
Die Frage nach der Rolle der Monopole und ihrer Entwicklung als wesensbestimmend wird von manchen bestritten (Gegenstandpunkt, andere Vertreter akademischer Varianten eines „Marxismus“), auf der anderen Seite werden Erscheinungen des Kapitals verabsolutiert und zu neuen Theorien geformt, die nahelegen, dass der Imperialismus einen anderen Charakter angenommen hätte (siehe [[Monopole und ihre Entwicklung#Transnationales Kapital|transnationales Kapital]]).<br />
<br />
In der bürgerlichen Ökonomie wird die Entstehung von Monopolen bestritten bzw. ein Monopolbegriff benutzt, der für Einzelfälle gilt, in denen ein Unternehmen eine ganze Branche weltweit beherrschen oder einige große Firmen Absprachen treffen, nicht aber für die gesamte Produktionsweise, auch wenn einige bürgerliche Theorien über Monopole bzw. „Oligopole“ und „unvollkommenen Wettbewerb“ sprechen.<br />
<br />
Sozialdemokratische Positionen beziehen sich vor allem auf die Frage der Möglichkeit der Regulierung und Reformierung des Systems. Monopole werden entweder als Ordnungsfaktor positiv gesehen (siehe Hilferding) oder sie werden als Grund der Misere benannt, aber die Möglichkeit einer regulierten Marktwirtschaft ohne Monopole als Möglichkeit entworfen (siehe Wagenknecht).<br />
<br />
In der ökonomischen Debatte wird an verschiedenen Stellen entweder Marx direkt kritisiert oder eine Fehlinterpretation Lenins angenommen, um das Stadium des Imperialismus zu bestreiten. Dazu werden vor allem die Frage des tendenziellen Falls der Profitrate oder die Frage der Verschmelzung von Bank- und Industriekapital zum Finanzkapital angebracht.<br />
<br />
Im folgenden wird versucht, die unterschiedlichen Positionen und Thesen sowie ihre Vertreter darzustellen:<br />
<br />
=== Der Kapitalismus in seinem imperialistischen Stadium ist Monopolkapitalismus ===<br />
Die Grundlagen der ökonomischen Analyse des Kapitalismus als monopolistischer Kapitalismus ist das Verhältnis der grundlegenden Gesetze der kapitalistischen Produktionsweise, also die der Konzentration und Zentralisation des Kapitals. Außerdem die daraus folgende Akkumulation des Kapitals und die steigende organische Zusammensetzung des Kapitals. Darauf aufbauend der zunehmende gesellschaftliche Charakter der Produktivkräfte, der im Widerspruch zur privaten Aneignung, dem Wert- und dem Mehrwertgesetz, der Fall der Profitrate usw. steht. <br />
<br />
Diese Gesetze sind von Marx und Engels zwar in der Phase des Kapitalismus der freien Konkurrenz entdeckt worden, sie gelten aber für die Produktionsweise überhaupt. Das Kapital und seine Reproduktion verändert sich nicht grundlegend, dennoch verändert sich mit der Entwicklung der Produktivkräfte die Bewegung und Struktur des Kapitals. Es geht also um einen bestimmten Entwicklungsgrad der kapitalistischen Gesellschaftsformation. Dieser Entwicklungsgrad beinhaltet die Produktionsweise, die Klassenverhältnisse und den Überbau. <br />
<br />
Die Momente des Übergangs zum imperialistischen Stadium sind schon bei Marx und Engels herausgearbeitet worden. Diese Momente des Übergangs sind u. a. die zunehmende Rolle des Gesellschaftskapitals (in Form der Aktiengesellschaften, Trennung Kapitalfunktion und Kapitaleigentum), die zunehmende Bedeutung des Kredits, die Entstehung von Monopolen und einer Finanzoligarchie, die strukturelle Überakkumulation und die Zunahme des Kapitalexports.<br />
Der Umschlag von der freien Konkurrenz ins Monopol ist das Merkmal des neuen Stadiums des Kapitalismus und seine unterschiedlichen Erscheinungen und Phänomene sind darauf zurückzuführen. Die Gesetzmäßigkeiten der kapitalistischen Produktionsweise werden dadurch nicht aufgehoben, aber das Gesetz der Durchschnittsprofitrate als Regulator der Produktion und Profitverteilung durchbrochen. Das moderne Monopol verfügt, aufgrund seiner Beherrschung von Reproduktionszusammenhängen, über ökonomische, soziale und politische Macht und Gewalt.<br />
<br />
=== Monopolisierung als nicht historisch gesetzmäßige Entwicklung, sondern Bewährung in der immer noch freien Konkurrenz ===<br />
Es gibt eine Reihe von Positionen, die eine Trennung des Stadiums des Imperialismus von dem der freien Konkurrenz vornehmen und verneinen, dass es sich um monopolistischen Kapitalismus handelt. Die Trennung von Marx und Engels von Lenin ist Teil dieser Strömung. Dazu gehören zum Beispiel die „Neue Marx-Lektüre“, die Werttheoretiker, der Gegenstandpunkt und andere weitestgehend akademische Debatten. Diese Strömungen unterscheiden sich zwar in Eckpunkten, sind sich aber in der Trennung von Marx und Lenin einig.<br />
<br />
Die Analyse, dass aus der Konzentration und Zentralisation die Monopolbildung folgt und demnach die Entwicklung des Kapitalismus aus dem Stadium der freien Konkurrenz in das des Monopols, wird abgelehnt. <br/>Eine historische Tendenz zur Zunahme dieser Phänomene wird verneint. Die Bildung von Monopolen wird teilweise als Mittel der Kapitale gesehen, sich in der immer noch bestehenden freien Konkurrenz gegenüber anderen Kapitalen zu bewähren. Neue Marx-Lektüre und Gegenstandpunkt (GSP) unterscheiden sich in einigen Punkten, lehnen beide aber die Entwicklung des Kapitalismus zum Monopolkapitalismus ab. Die Rolle des Staates ist aus Sicht des Gegenstandpunkts dabei eine, die über der Ökonomie steht: <br/>Er treibt, um selbst in der internationalen Konkurrenz zu bestehen, die Monopolisierung voran. Der Staat instrumentalisiert damit die Ökonomie für „seine Zwecke" (Marxistische Gruppe, 1981). <br />
<br />
=== Neue Marx-Lektüre ===<br />
Die „Neue Marx-Lektüre“ hat ihre Wurzeln teilweise schon in den 60ern (z.B. Helmut Reichelt), spielt aber seit den 90ern eine verstärkte Rolle, vor allem in der akademischen Befassung mit Marx. Michael Heinrich mit seiner „monetären Werttheorie“ kann heute aufgrund seiner viel als „Standardwerk“ gelesenen ''Kritik der politischen Ökonomie. Eine Einführung'' (Heinrich, 2007) als bekanntester Vertreter gelten. Heinrich verwirft die Auffassung von Marx und Engels, wonach „Das Kapital“ sowohl eine historische als auch eine logische Entwicklung darstellt. Für ihn, wie für andere Vertreter der „Neuen Marx-Lektüre“ (aber auch z.B. den Gegenstandpunkt) ist die Marxsche Analyse eine Begriffsentwicklung logischer Kategorien. Damit geht einher, dass bei Heinrich (wiederum ähnlich wie bei GSP, Wertkritik usw.) der Kapitalismus nicht als historisch sich entwickelnde Gesellschaftsformation aufgefasst wird, sondern die Kapitalismusanalyse lediglich den „idealen Durchschnitt“ der Produktionsweise beschreibt.<br />
<br />
Im Unterschied zu Marx, der mit diesem Ausdruck lediglich meinte, dass in der Analyse der Produktionsweise von spezifischen Besonderheiten abgesehen werden muss, meint Heinrich damit, dass historische Entwicklungstendenzen und Stadien der Entwicklung des Kapitalismus komplett abzulehnen sind. Auf dieser Grundlage verwirft Heinrich sowohl das Marx'sche Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate, als auch die Imperialismustheorie Lenins. Eine historische Tendenz zum Fall der Profitrate lasse sich auf allgemeiner Ebene nicht begründen. Daraus folge, dass sich auch eine historisch stattfindende Zuspitzung der kapitalistischen Klassengegensätze nicht nachweisen ließe. Krisen führten nicht zu einer Verstärkung der Widersprüche, sondern stellen im Kapitalismus widersprüchlich existierende Momente (wie Produktion und Konsumtion, Arbeit und Lohn) gewaltsam wieder her. Lenins Analyse des Monopolkapitalismus wird verworfen, weil darin nur der Wille der Monopolherren zähle und nicht mehr der Wert. Einzelne Absprachen von Kapitalisten und einzelne Planelemente würden mit einer grundsätzlichen Veränderung der „über den Wert vermittelten Vergesellschaftung verwechselt“. Die Bezeichnung „parasitär“ wird als moralisierend bezeichnet; es sei irrelevant, ob die Arbeiter von in- oder ausländischem Kapital ausgebeutet würden. Unter Imperialismus wird der Versuch von Staaten, ihr Herrschaftsgebiet über ihre Grenzen hinaus auszuweiten verstanden. Heinrich lehnt nicht nur den Entwicklungsgedanken der Kritik der Politischen Ökonomie ab, sondern die dialektische Methode grundsätzlich. Diese sei „eine Art Wunderwaffe, mit der man Alles und Jedes erklären konnte“<ref>Heinrich, M.: Kritik der politischen Ökonomie. Eine Einführung., Stuttgart: Schmetterling, 2007, S.35. </ref>.<br />
<br />
Die „monetäre Werttheorie“ Heinrichs verwirft die Marxsche Auffassung, dass der Wert der Waren, also die unter kapitalistischen Bedingungen darin vergegenständlichte Arbeit, die Tauschwerte und Preise bestimmt. Darin sieht er eine „essentialistische“ Auffassung über den Wert, weil damit der Wert in den Gegenständen verkörpert sei. Stattdessen werde der Wert überhaupt erst beim Verkauf der Waren gebildet, könne sich also nur im Geld darstellen. Kritiker (z.B. Holger Wendt) wenden ein, dass dadurch die Werttheorie jeden Erklärungsgehalt verliere und Heinrich im Wesentlichen auf die Positionen der subjektiven Preistheorien der Neoklassiker überlaufe (Holger, Wendt: Herr Michael Heinrichs Umwälzung des Marxismus, 2008).<br />
<br />
=== Keine Verschmelzung von Bank- und Industriekapital zu Finanzkapital und Rolle der Banken ===<br />
Günther Sandleben geht davon aus, dass es durch den Ausgleich der Profitraten nicht zu einer besonderen Rolle von Banken käme. Er schlussfolgert, dass es keine Verschmelzung von Bank- und Industriekapital zum Finanzkapital gäbe und betont besonders, dass es keine besondere Rolle der Banken gäbe.<br/>Der historische Übergang des Kapitalismus der freien Konkurrenz in den Monopolkapitalismus, die Epoche des Finanzkapitals und des Imperialismus, wird als Revision des Marx'schen Kapitalbegriffs und Wertgesetzes angesehen. Zu diesen gehöre unbedingt die Konkurrenz. Auch die Empirie zeige, dass die Konkurrenz und das Wertgesetz weiterhin bestehen. Monopole führen zu Hemmnissen der kapitalistischen Produktion und geraten deshalb irgendwann unter Druck. Damit könnten sich im kapitalistischen Reproduktionsprozess heraus gar keine dauerhaften Monopole bilden, die sich in irgendeiner Weise festsetzen und Profite an sich ziehen könnten. <br />
An der Ausgleichstendenz der Kapitale habe sich bis heute nichts geändert. Es gebe nach wie vor einen fortgesetzten Konkurrenzkampf und eine ständige Kapitalbewegung zwischen den Sektoren (Sandleben/Schäfer, 2013). In einem weiteren Werk wird dann in einer Kritik am „Linkskeynesianismus von Zeise und Co." weitergehend geschlussfolgert, dass der Weltmarkt nicht als Spielball des Finanzkapitals, sondern als Gesamtheit aller Außenwirtschaften der Nationalökonomien bestimmt werden sollte (Sandleben: Linkskeynesianismus von Zeise und Co., 2003).<br />
<br />
Auf der empirischen Ebene wird in der Debatte in Frage gestellt, ob man von einer Verschmelzung sprechen könne, da über Beteiligungen und Aufsichtsrats-/Vorstandsposten die Verschmelzung nicht nachweisbar sei. Da Modelle, wie das der „Deutschland-AG“ nicht mehr existierten und zahlreiche Industrieunternehmen eigene Banken hätten, könne man davon ausgehen, dass die Verschmelzung zu Zeiten Lenins existiert habe, aber eine historisch spezifische Erscheinung gewesen sei. <br />
<br />
Gegenüber der Annahme, dass es Monopole dauerhaft nicht geben könne, steht die Position, dass Monopol und Konkurrenz ein Widerspruch ist, der aber real existiere. Monopole hätten genau die Möglichkeit zu Lasten anderer die eigene Profitrate zu steigern. Banken würden bei der Konzentration und Zentralisation von Produktionsmitteln eine wichtige Rolle spielen und durch die Kreditvergabe und das Emissionsgeschäft maßgeblich über Produktion und Kapitalakkumulation entscheiden (Zeise: Die Herrschaft des Finanzkapitals, in: junge Welt, 30.05.2012). <br />
<br />
=== Transnationales Kapital === <br />
Diese Diskussion betrifft die Fragen des Verhältnisses von Staat und Kapital, sowie von nationaler Basis und internationaler Expansion des Kapitals. Die Annahme der Entstehung eines nicht mehr national gebundenen „transnationalen Kapitals“ geht davon aus, dass es keine besondere Verbindung zwischen Monopolkapital und Staat gibt. <br />
<br />
Ausgehend von der Zunahme des Handels, des Kapitalexports und damit verbunden, der Verlagerung vom Produktion in andere Länder, gehen einige Autoren von einer Verflechtung des Kapitals aus, die sich auch in veränderten Eigentumsstrukturen niederschlage. So wird in Bezug auf Deutschland beispielsweise angenommen, dass ein Großteil der DAX-Konzerne mehrheitlich in ausländischer Hand sei. Auch auf den von der UNCTAD eingeführten und in den vergangenen Jahrzehnten gestiegenen „Transnationalisierungsindex“ wird hingewiesen. Durch die Entstehung eines solchen „transnationalen Kapitals“ seien zwar die Nationalstaaten nicht weniger wichtig geworden, hätten aber laut Listl ihre Rolle grundlegend geändert: „Nationale Konkurrenzen wie in früheren Kapitalismusformationen, etwa im Ersten oder Zweiten Weltkrieg, werden deshalb nicht wiederkehren“, sondern: „Für die neue Phase der neoliberalen Globalisierung ist kennzeichnend, daß die Nationalstaaten vor allem die Funktion haben, optimale Verwertungsbedingungen für das global operierende Kapital zu schaffen“. Die Nationalstaaten würden nun nicht mehr primär die Interessen nationaler Kapitalgruppen vertreten, sondern nur noch gegeneinander darum konkurrieren, den transnationalen Konzernen möglichst gute Verwertungsbedingungen zu bieten. Die Konzerne hätten keine Länder mehr als Heimatbasis, sondern richteten sich nach den jeweils besten Bedingungen für die Kapitalakkumulation. Konflikte gebe es in diesem System weiterhin, aber nicht mehr zwischen den imperialistischen Nationalstaaten, sondern im Sinne einer kollektiven Weltordnungsmacht, zu der sich alle entwickelten Länder gegen die Länder des „globalen Südens“ zusammengeschlossen hätten (vgl. Listl, Walter: Globalisierung des Kapitals, in: Junge Welt vom 22.7.2010). <br />
<br />
Eine Variante dieser Position vertritt auch die MLPD. Nach ihrer Analyse habe sich ein „allein herrschendes internationales Finanzkapital“ bzw. „internationale Übermonopole“ herausgebildet, die vom nationalen Monopolkapital zu unterscheiden seien. Ebenfalls seien die „internationalen Übermonopole“ dem nationalen Monopolkapital übergeordnet und würden „zunehmenden Krisenlasten“ auf dieses abwälzen. Daraus ergebe sich auch ein „Widerspruch zwischen den imperialistischen Nationalstaaten und zwischen den internationalen Übermonopolen“, der einer der fünf hauptsächlichen Widersprüche des heutigen Kapitalismus sei. <br />
<br />
Die staatstheoretische Implikation all dieser Auffassungen ist, dass der bürgerliche Staat nicht (mehr) fest mit einer bestimmten Bourgeoisie verbunden ist, sondern eine vom Kapital losgelöste Instanz, die nur noch im Interesse eines globalen Kapitals die Verwertungsbedingungen verwaltet. Im Falle der MLPD vertritt der bürgerliche Staat nur noch einen Teil des Kapitals, während der vom Nationalstaat losgelöste Teil des Kapitals versuche, sich den Staat zu unterwerfen.<br />
<br />
Eine extreme Variante der Transnationalisierungsthese vertreten Autoren wie Michael Hardt, Antonio Negri oder William I. Robinson, die von einer völligen Ablösung des Kapitals von den Nationalstaaten und von der Auflösung der Nationalstaaten zugunsten einer deterritorialisierten Ökonomie mit globalisierter Produktion ausgehen. Hardt und Negri zufolge seien nicht mehr die Staaten souverän, sondern das globale Kapital selbst. Es gebe auch kein eindeutiges Machtzentrum mehr, sondern die Macht durchziehe alle gesellschaftlichen Bereiche (Hardt/Negri, 2002).<br />
<br />
=== Nationales Kapital === <br />
Eine Gegenposition zur These des transnationalen Kapitals vertritt z.B. Beate Landefeld. Sie verweist darauf, dass ein mehrheitlich ausländischer Aktienbesitz eines Unternehmens aus verschiedenen Gründen noch nicht bedeuten muss, dass das Unternehmen durch das ausländische Kapital auch wirklich kontrolliert ist. Im Wesentlichen bleibe das deutsche Kapital weiterhin unter Kontrolle deutscher Kapitaleigner (Landefeld, Beate: Europäisiert sich die Bourgeoisie?, in: Marxistische Blätter 1/10). Jörg Goldberg und André Leisewitz argumentieren ähnlich, dass ausländische Aktionäre in vielen Fällen nicht nach Kontrolle über das Unternehmen streben würden, sondern sich lediglich für das Abschöpfen der Rendite interessieren würden. Dagegen blieben die Verbindungen der Unternehmen zur nationalstaatlich verfassten Politik weiterhin entscheidend (Goldberg/Leisewitz, 2013).<br />
<br />
Eine Zwischenposition vertreten z.B. einige niederländische Autoren (Kees van der Pijl, Eelke Heemskerk, Meindert Fennema, Bastiaan van Apeldoorn usw.). Sie gehen davon aus, dass die Kapitalistenklasse weiterhin vor allem national ist, dass es aber vor allem in Westeuropa eine deutliche Tendenz hin zur Herausbildung einer transnationalen Kapitalistenklasse gebe. Diese machen sie an zunehmenden Verflechtungen der Aufsichtsratsmandate über nationale Grenzen hinweg fest, wodurch ein transnationales Netzwerk entstehe, das zur Entstehung gemeinsamer Sichtweisen in der Kapitalistenklasse beitrage. Jedoch widersprechen sie klar der Behauptung z.B. von Hardt/Negri, wonach Kapital und Herrschaftsverhältnisse nicht mehr an ein bestimmtes geografisches Territorium gebunden seien (vgl. z.B. Heemskerk, 2013).<br />
<br />
== Bezug zu unseren Grundannahmen ==<br />
Grundlegende Auseinandersetzung in dieser Frage ist, ob die Bildung von Monopolkapital eine gesetzmäßige oder zufällig ablaufende Entwicklung ist.<br/>Zentrale Veränderungen des Imperialismus im Vergleich zum Kapitalismus der freien Konkurrenz sind: durch die enorme Akkumulation von Kapital verbundene Bildung der Monopole, die Entstehung des Finanzkapitals bzw. der Finanzoligarchie, sowie die zunehmende Bedeutung des Kapitalexports. <br />
<br />
Diese ökonomischen Kriterien des Imperialismus entstehen aus dem Kapitalismus der freien Konkurrenz und sind nicht davon zu trennen. Für diese Fragen sind zum einen die Grundannahmen aus Marx's Kapital Band I zur [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Akkumulationsprozess des Kapitals|Kapitalakkumulation]], sowie aus Band III zur [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Die Rolle des Kredits in der kapitalistischen Produktion|Rolle des Kredits]] und der Börse, heranzuziehen. <br />
<br />
In Lenins Imperialismusschrift sind vor allem die Kapitel zur [[Der imperialistische Kapitalismus#Konzentration der Produktion und Monopole|Entstehung der Monopole]] und zum [[Der imperialistische Kapitalismus#Der Kapitalexport|Kapitalexport]] wichtig. Zu den ökonomischen Grundlagen des Imperialismus und dem Zusammenhang mit der Neuaufteilung der Welt ist Lenins Imperialismusschrift, vor allem die Passagen aus dem [[Der imperialistische Kapitalismus#Die Aufteilung der Welt unter die Kapitalistenverbände|V. bis IX. Kapitel]], relevant.<br />
<br />
== Wie wollen wir den Dissens klären? ==<br />
Auf theoretischer Ebene muss die ökonomische Basis der Monopole – Entwicklung der Produktivkräfte, Konzentration von Kapital führt zum Monopol – herausgearbeitet werden. Weiterhin muss die ökonomische Basis des tendenziellen Falls der Profitrate, die Akkumulation, Zentralisation und Konzentration des Kapitals und die Rolle des Kredits herausgearbeitet werden. Weiterhin wollen wir die These des sogenannten „transnationalen Kapitals“ und ihre Bedeutung für die Strategie der „antimonopolistischen Übergänge“ überprüfen.<br/>Dabei geht es jedoch nicht um eine <q>theoretische Ableitung des Monopols aus der Marxschen Theorie analog eines […] mathematischen Lehrsatzes</q> (Jung/ Schleifstein), welche die Aussagen von Marx und Engels über die zu untersuchende Strukturveränderungen des Kapitalismus ignorieren würde. <br />
<br />
Deshalb wollen wir auf empirischer Ebene die Entwicklungen der Profitraten in den letzten Jahrzehnten anschauen. Die Herausbildung der größten Monopolkapitale muss empirisch aufgezeigt werden. Die Rolle der Banken bei Konzentration und Zentralisation heute muss aufgezeigt werden. Weiterhin soll empirisch die Verschmelzung von Industrie- und Bankkapital zu Finanzkapital und die Bedeutung der nichtmonopolistischen Bourgeoisie überprüft werden.<br />
<br />
Für die Überprüfung der These des transnationalen Kapitals müssen die Eigentümerstrukturen des Kapitals in Deutschland untersucht werden. Außerdem sollte, zumindest anhand einiger Beispiele, überprüft werden, in welchem Verhältnis Eigentum und Kontrolle zueinander stehen. Die Ergebnisse sollten mit denen anderer Länder verglichen werden, um zu vermeiden, dass evtl. nationale Besonderheiten in Deutschland zu einer allgemeinen Tendenz verallgemeinert werden.<br />
Schließlich ist auf einer allgemeinen Ebene dann die Frage zu beantworten, ob sich der nationale Charakter des Kapitals vertieft, ob er sich abschwächt oder ob es gegenläufige Tendenzen in beide Richtungen gibt.<br />
<br />
Diese und zukünftige Aufgaben und offene Fragen werden wir [[Offene Fragen zur Klärung der Dissense#Monopole und ihre Entwicklung|hier]] sammeln.<br />
<br />
== Was steht zu diesem Dissens in den Programmatischen Thesen? ==<br />
{{Zitat |Der ökonomische Kern des Imperialismus ist das Monopol. Der heutige Kapitalismus ist dominiert vom Monopolkapital, das sich durch die Konzentration und Zentralisation des Kapitals herausgebildet hat. Dieser Wesenszug bestimmt die gesamte Epoche, in der wir leben. Im Imperialismus ist der Drang zum internationalen Kapitalexport enorm erhöht.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 8)}}<br />
<br />
{{Zitat |Der Kapitalismus entwickelte sich in engem Zusammenhang mit den entstehenden Nationalstaaten. Die Entstehung zusammenhängender nationaler Binnenmärkte, vereinheitlichter Währungen und anderer notwendiger Voraussetzungen ermöglichten erst die Kapitalakkumulation in erweitertem Maßstab. Im Imperialismus ist die Aufteilung der Welt unter die imperialistischen Zentren abgeschlossen, aber die kapitalistische Entwicklung bringt ständige Kämpfe der Kapitale und ihrer Nationalstaaten, um die Neuaufteilung hervor.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 9)}}<br />
<br />
{{Zitat |Der antiimperialistische Kampf muss sich deshalb gegen das Kapital und das kapitalistische System als Grundlage des Imperialismus richten. Als Kommunisten in Deutschland sehen wir den deutschen Imperialismus, d.h. die deutsche Monopolbourgeoisie und ihren Staat als unseren Hauptgegner an. Wir kämpfen aber Seite an Seite mit unseren Genossen auf der ganzen Welt gegen den Imperialismus als Ganzes, als weltweites System.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 10)}}<br />
<br />
{{Zitat |Eine Rückentwicklung vom Monopolkapitalismus zum Kapitalismus der freien Konkurrenz ist nicht möglich, weil sie den grundlegenden Entwicklungsgesetzen der kapitalistischen Produktionsweise widerspricht, insbesondere dem Gesetz der fortschreitenden Konzentration und Zentralisation des Kapitals.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 10)}}<br />
<br />
{{Zitat |Im weiteren Klärungsprozess wollen wir zahlreiche Fragen zur politischen Ökonomie des Imperialismus vertiefen. Darunter die Zusammensetzung und Interessen des deutschen Kapitals; die Entwicklung des Kapitalismus in verschiedenen Ländern wie z.B. Russland und China sowie die Formen ihrer Einbindung in das imperialistische Weltsystem; die Eigentümerstrukturen der bestimmenden Monopole und ihr Verhältnis zum Nationalstaat; die Lage und Strategien des deutschen Imperialismus; die empirische Überprüfung der These des sogenannten ‚transnationalen Kapitals‘ und ihre Bedeutung für die Strategie der ‚antimonopolistischen Übergänge‘; die Frage der gegenseitigen Abhängigkeiten innerhalb der imperialistischen Kette; die Rolle und Bedeutung der nicht-monopolistischen Bourgeoisie sowie die Verschmelzung von Industrie- und Bankkapital zum Finanzkapital; [...].|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 10)}}<br />
<br />
== Literatur zum Thema ==<br />
<br />
DWI-Berichte, später IWP-Berichte; Zeitschrift des Instituts für internationale Politik und Wirtschaft der DDR mit zahlreichen Forschungen und Debatten zur Frage der Entwicklung der Monopole.<br />
<br />
Goldberg/Leisewitz: Kapital und Nationalität, Kommentar zu Werner Rügemers Kritik an van der Pijl/Holman in Z Nr. 94, 2013.<br />
<br />
Gündel, Rudi: Die Internationalisierung der Wirtschaft im staatsmonopolistischen Kapitalismus und ihre Widersprüche, Dietz, 1976.<br />
<br />
Hardt, Negri: Empire: Die neue Weltordnung, Frankfurt: Campus, 2003.<br />
<br />
Heemskerk: The rise of the European Corporate elite. Evidence from the network of interlocking directorates in 2005 and 2010, Economy and Society 42: 1), 2013.<br />
<br />
Heinrich, M.: Kritik der politischen Ökonomie. Eine Einführung., Schmetterling, Stuttgart 2007.<br />
<br />
Heinze, Albert/Lemmnitz, Alfred: Profit, Durchschnittsprofit und Produktionspreis, Dietz, 1973.<br />
<br />
IMSF (hrsg.): Das Monopol – ökonomischer Kern des heutigen Kapitalismus, VMB 1976.<br />
<br />
Jung, H./Schleifstein, J.: Die Theorie des Staatsmonopolistischen Kapitalismus und ihre Kritiker in der Bundesrepublik Deutschland. Frankfurt a.M.: Verlag Marxistische Blätter, 1979.<br />
<br />
Lemmnitz, Alfred: Grundzüge des monopolistischen Kapitalismus, Industrie- und Bankmonopole, Finanzkapital und Finanzoligarchie, Dietz , 1975.<br />
<br />
Listl, Walter: Globalisierung des Kapitals, in: Junge Welt vom 22.7.2010.<br />
<br />
Marxistische Gruppe (Vorläuferorganisation des Gegenstandpunkt): Ein aktueller, aber falscher Klassiker: Lenin, der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus., in: Marxistische Studentenzeitung 3-1981.<br />
<br />
Marxistische Studien, Jahrbuch des IMSF, Selbstverlag Albrechtsburg Meißen, 1985.<br />
<br />
MLPD: ParteiProgramm der MLPD, in mlpd, URL: https://www.mlpd.de/partei/parteiprogramm (09.01.2019).<br />
<br />
MLPD, Engel, Stefan: Über die Herausbildung der neuimperialistischen Länder, Beilage des Zentralkomitees der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) zur Roten Fahne 16/2017, in: rf-news, 03.08.2017, URL: https://www.rf-news.de/rote-fahne/2017/nr16/ueber-die-herausbildung-der-neuimperialistischen-laender (09.01.2019).<br />
<br />
Decker/Hecker/Patrick: Das Finanzkapital, in: Gegenstandpunktverlag, 2016.<br />
<br />
Rügemer, W.: Die Kapitalisten des 21. Jahrhunderts, Köln: PapyRossa, 2018.<br />
<br />
Sandleben, G.: Nationalökonomie und Staat. Zur Kritik der Theorie des Finanzkapitals, in: VSA, Hamburg 2003.<br />
<br />
Sandleben, G & Schäfer, J: Apologie von links. Zur Kritik gängiger linker Krisentheorien, Karlsruhe: Neuer ISP Verlag, 2013.<br />
<br />
Schmidt, Johann-Lorenz: Internationale Konzerne, VMB, 1981.<br />
<br />
Wendt, Holger: Herrn Michael Heinrichs Umwälzung des Marxismus, MASCH-Skript.<br />
<br />
Zeise, Lukas: Geld, der vertrackte Kern des Kapitalismus, PapyRossa, Köln 2012.<br />
<br />
Sandleben: Mythos Bankenmacht, in: junge Welt vom 29.05.2012.<br />
<br />
Zeise: Die Herrschaft des Finanzkapitals, in: junge Welt vom 30.05.2012.<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<br />
[[Kategorie: AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
[[Kategorie: Dissens]]<br />
[[Kategorie: Dissens AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]</div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Monopole_und_ihre_Entwicklung&diff=5206Monopole und ihre Entwicklung2019-01-09T11:56:49Z<p>Mati: /* Literatur zum Thema */</p>
<hr />
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<br />
REDAKTION FERTIG<br />
<br />
== Überblick ==<br />
In diesem Dissens-Teil geht es um die ökonomische Analyse des Kapitalismus und vor allem, um die Rolle und die Entwicklung des Monopols. <br />
Die Frage der Gesetzmäßigkeit der Monopolbildung des Kapitalismus ist umstritten. Diese ist die Grundlage für eine Imperialismusanalyse, die u.a. gerade deshalb auch so unterschiedlich ausfällt. Im Mittelpunkt der Debatte zentrieren sich die Fragen: Ist die stattfindende Monopolisierung von Kapitalen eine zwangsläufige und gesetzmäßige Entwicklung des Kapitalismus der freien Konkurrenz? Und daraus folgend: Befinden wir uns daher heute noch in einem Kapitalismus der freien Konkurrenz, in der sich einige Kapitale einfach mehr oder weniger bewährt haben? Dem entgegen wird diskutiert, ob wir andererseits in der Epoche des Finanzkapitals, dem Imperialismus, leben, in der die Entwicklung der Gesellschaft durch das Interesse an Monopolprofiten bestimmt wird? Abschließend stellt sich dann die Frage, welche Konsequenzen das für die Arbeiterklasse und Strategie der Kommunistischen Partei hat.<br />
<br />
Die Erklärung der Monopole und ihrer Entstehung ist nur mit dem historischen Materialismus möglich. Das heißt mit der konkreten Untersuchung der Phänomene und ihrer historischen Entwicklung, um die Gesetzmäßigkeiten zu erkennen.<br />
<br />
Die Frage nach der Rolle der Monopole und ihrer Entwicklung als wesensbestimmend wird von manchen bestritten (Gegenstandpunkt, andere Vertreter akademischer Varianten eines „Marxismus“), auf der anderen Seite werden Erscheinungen des Kapitals verabsolutiert und zu neuen Theorien geformt, die nahelegen, dass der Imperialismus einen anderen Charakter angenommen hätte (siehe [[Monopole und ihre Entwicklung#Transnationales Kapital|transnationales Kapital]]).<br />
<br />
In der bürgerlichen Ökonomie wird die Entstehung von Monopolen bestritten bzw. ein Monopolbegriff benutzt, der für Einzelfälle gilt, in denen ein Unternehmen eine ganze Branche weltweit beherrschen oder einige große Firmen Absprachen treffen, nicht aber für die gesamte Produktionsweise, auch wenn einige bürgerliche Theorien über Monopole bzw. „Oligopole“ und „unvollkommenen Wettbewerb“ sprechen.<br />
<br />
Sozialdemokratische Positionen beziehen sich vor allem auf die Frage der Möglichkeit der Regulierung und Reformierung des Systems. Monopole werden entweder als Ordnungsfaktor positiv gesehen (siehe Hilferding) oder sie werden als Grund der Misere benannt, aber die Möglichkeit einer regulierten Marktwirtschaft ohne Monopole als Möglichkeit entworfen (siehe Wagenknecht).<br />
<br />
In der ökonomischen Debatte wird an verschiedenen Stellen entweder Marx direkt kritisiert oder eine Fehlinterpretation Lenins angenommen, um das Stadium des Imperialismus zu bestreiten. Dazu werden vor allem die Frage des tendenziellen Falls der Profitrate oder die Frage der Verschmelzung von Bank- und Industriekapital zum Finanzkapital angebracht.<br />
<br />
Im folgenden wird versucht, die unterschiedlichen Positionen und Thesen sowie ihre Vertreter darzustellen:<br />
<br />
=== Der Kapitalismus in seinem imperialistischen Stadium ist Monopolkapitalismus ===<br />
Die Grundlagen der ökonomischen Analyse des Kapitalismus als monopolistischer Kapitalismus ist das Verhältnis der grundlegenden Gesetze der kapitalistischen Produktionsweise, also die der Konzentration und Zentralisation des Kapitals. Außerdem die daraus folgende Akkumulation des Kapitals und die steigende organische Zusammensetzung des Kapitals. Darauf aufbauend der zunehmende gesellschaftliche Charakter der Produktivkräfte, der im Widerspruch zur privaten Aneignung, dem Wert- und dem Mehrwertgesetz, der Fall der Profitrate usw. steht. <br />
<br />
Diese Gesetze sind von Marx und Engels zwar in der Phase des Kapitalismus der freien Konkurrenz entdeckt worden, sie gelten aber für die Produktionsweise überhaupt. Das Kapital und seine Reproduktion verändert sich nicht grundlegend, dennoch verändert sich mit der Entwicklung der Produktivkräfte die Bewegung und Struktur des Kapitals. Es geht also um einen bestimmten Entwicklungsgrad der kapitalistischen Gesellschaftsformation. Dieser Entwicklungsgrad beinhaltet die Produktionsweise, die Klassenverhältnisse und den Überbau. <br />
<br />
Die Momente des Übergangs zum imperialistischen Stadium sind schon bei Marx und Engels herausgearbeitet worden. Diese Momente des Übergangs sind u.a. die zunehmende Rolle des Gesellschaftskapitals (in Form der Aktiengesellschaften, Trennung Kapitalfunktion und Kapitaleigentum), die zunehmende Bedeutung des Kredits, die Entstehung von Monopolen und einer Finanzoligarchie, die strukturelle Überakkumulation und die Zunahme des Kapitalexports.<br />
Der Umschlag von der freien Konkurrenz ins Monopol ist das Merkmal des neuen Stadiums des Kapitalismus und seine unterschiedlichen Erscheinungen und Phänomene sind darauf zurückzuführen. Die Gesetzmäßigkeiten der kapitalistischen Produktionsweise werden dadurch nicht aufgehoben, aber das Gesetz der Durchschnittsprofitrate als Regulator der Produktion und Profitverteilung durchbrochen. Das moderne Monopol verfügt, aufgrund seiner Beherrschung von Reproduktionszusammenhängen, über ökonomische, soziale und politische Macht und Gewalt.<br />
<br />
=== Monopolisierung als nicht historisch gesetzmäßige Entwicklung, sondern Bewährung in der immer noch freien Konkurrenz ===<br />
Es gibt eine Reihe von Positionen, die eine Trennung des Stadiums des Imperialismus von dem der freien Konkurrenz vornehmen und verneinen, dass es sich um monopolistischen Kapitalismus handelt. Die Trennung von Marx und Engels von Lenin ist Teil dieser Strömung. Dazu gehören zum Beispiel die „Neue Marx-Lektüre“, die Werttheoretiker, der Gegenstandpunkt und andere weitestgehend akademische Debatten. Diese Strömungen unterscheiden sich zwar in Eckpunkten, sind sich aber in der Trennung von Marx und Lenin einig.<br />
<br />
Die Analyse, dass aus der Konzentration und Zentralisation die Monopolbildung folgt und demnach die Entwicklung des Kapitalismus aus dem Stadium der freien Konkurrenz in das des Monopols, wird abgelehnt. <br/>Eine historische Tendenz zur Zunahme dieser Phänomene wird verneint. Die Bildung von Monopolen wird teilweise als Mittel der Kapitale gesehen, sich in der immer noch bestehenden freien Konkurrenz gegenüber anderen Kapitalen zu bewähren. Neue Marx-Lektüre und Gegenstandpunkt (GSP) unterscheiden sich in einigen Punkten, lehnen beide aber die Entwicklung des Kapitalismus zum Monopolkapitalismus ab. Die Rolle des Staates ist aus Sicht des Gegenstandpunkts dabei eine, die über der Ökonomie steht: <br/>Er treibt, um selbst in der internationalen Konkurrenz zu bestehen, die Monopolisierung voran. Der Staat instrumentalisiert damit die Ökonomie für „seine Zwecke" (Marxistische Gruppe, 1981). <br />
<br />
=== Neue Marx-Lektüre ===<br />
Die „Neue Marx-Lektüre“ hat ihre Wurzeln teilweise schon in den 60ern (z.B. Helmut Reichelt), spielt aber seit den 90ern eine verstärkte Rolle, vor allem in der akademischen Befassung mit Marx. Michael Heinrich mit seiner „monetären Werttheorie“ kann heute aufgrund seiner viel als „Standardwerk“ gelesenen ''Kritik der politischen Ökonomie. Eine Einführung'' (Heinrich, 2007) als bekanntester Vertreter gelten. Heinrich verwirft die Auffassung von Marx und Engels, wonach „Das Kapital“ sowohl eine historische als auch eine logische Entwicklung darstellt. Für ihn, wie für andere Vertreter der „Neuen Marx-Lektüre“ (aber auch z.B. den Gegenstandpunkt) ist die Marxsche Analyse eine Begriffsentwicklung logischer Kategorien. Damit geht einher, dass bei Heinrich (wiederum ähnlich wie bei GSP, Wertkritik usw.) der Kapitalismus nicht als historisch sich entwickelnde Gesellschaftsformation aufgefasst wird, sondern die Kapitalismusanalyse lediglich den „idealen Durchschnitt“ der Produktionsweise beschreibt.<br />
<br />
Im Unterschied zu Marx, der mit diesem Ausdruck lediglich meinte, dass in der Analyse der Produktionsweise von spezifischen Besonderheiten abgesehen werden muss, meint Heinrich damit, dass historische Entwicklungstendenzen und Stadien der Entwicklung des Kapitalismus komplett abzulehnen sind. Auf dieser Grundlage verwirft Heinrich sowohl das Marx'sche Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate, als auch die Imperialismustheorie Lenins. Eine historische Tendenz zum Fall der Profitrate lasse sich auf allgemeiner Ebene nicht begründen. Daraus folge, dass sich auch eine historisch stattfindende Zuspitzung der kapitalistischen Klassengegensätze nicht nachweisen ließe. Krisen führten nicht zu einer Verstärkung der Widersprüche, sondern stellen im Kapitalismus widersprüchlich existierende Momente (wie Produktion und Konsumtion, Arbeit und Lohn) gewaltsam wieder her. Lenins Analyse des Monopolkapitalismus wird verworfen, weil darin nur der Wille der Monopolherren zähle und nicht mehr der Wert. Einzelne Absprachen von Kapitalisten und einzelne Planelemente würden mit einer grundsätzlichen Veränderung der „über den Wert vermittelten Vergesellschaftung verwechselt“. Die Bezeichnung „parasitär“ wird als moralisierend bezeichnet; es sei irrelevant, ob die Arbeiter von in- oder ausländischem Kapital ausgebeutet würden. Unter Imperialismus wird der Versuch von Staaten, ihr Herrschaftsgebiet über ihre Grenzen hinaus auszuweiten verstanden. Heinrich lehnt nicht nur den Entwicklungsgedanken der Kritik der Politischen Ökonomie ab, sondern die dialektische Methode grundsätzlich. Diese sei „eine Art Wunderwaffe, mit der man Alles und Jedes erklären konnte“<ref>Heinrich, M.: Kritik der politischen Ökonomie. Eine Einführung., Stuttgart: Schmetterling, 2007, S.35. </ref>.<br />
<br />
Die „monetäre Werttheorie“ Heinrichs verwirft die Marxsche Auffassung, dass der Wert der Waren, also die unter kapitalistischen Bedingungen darin vergegenständlichte Arbeit, die Tauschwerte und Preise bestimmt. Darin sieht er eine „essentialistische“ Auffassung über den Wert, weil damit der Wert in den Gegenständen verkörpert sei. Stattdessen werde der Wert überhaupt erst beim Verkauf der Waren gebildet, könne sich also nur im Geld darstellen. Kritiker (z.B. Holger Wendt) wenden ein, dass dadurch die Werttheorie jeden Erklärungsgehalt verliere und Heinrich im Wesentlichen auf die Positionen der subjektiven Preistheorien der Neoklassiker überlaufe (Holger, Wendt: Herr Michael Heinrichs Umwälzung des Marxismus, 2008).<br />
<br />
=== Keine Verschmelzung von Bank- und Industriekapital zu Finanzkapital und Rolle der Banken ===<br />
Günther Sandleben geht davon aus, dass es durch den Ausgleich der Profitraten nicht zu einer besonderen Rolle von Banken käme. Er schlussfolgert, dass es keine Verschmelzung von Bank- und Industriekapital zum Finanzkapital gäbe und betont besonders, dass es keine besondere Rolle der Banken gäbe.<br/>Der historische Übergang des Kapitalismus der freien Konkurrenz in den Monopolkapitalismus, die Epoche des Finanzkapitals und des Imperialismus, wird als Revision des Marx'schen Kapitalbegriffs und Wertgesetzes angesehen. Zu diesen gehöre unbedingt die Konkurrenz. Auch die Empirie zeige, dass die Konkurrenz und das Wertgesetz weiterhin bestehen. Monopole führen zu Hemmnissen der kapitalistischen Produktion und geraten deshalb irgendwann unter Druck. Damit könnten sich im kapitalistischen Reproduktionsprozess heraus gar keine dauerhaften Monopole bilden, die sich in irgendeiner Weise festsetzen und Profite an sich ziehen könnten. <br />
An der Ausgleichstendenz der Kapitale habe sich bis heute nichts geändert. Es gebe nach wie vor einen fortgesetzten Konkurrenzkampf und eine ständige Kapitalbewegung zwischen den Sektoren (Sandleben/Schäfer, 2013). In einem weiteren Werk wird dann in einer Kritik am „Linkskeynesianismus von Zeise und Co." weitergehend geschlussfolgert, dass der Weltmarkt nicht als Spielball des Finanzkapitals, sondern als Gesamtheit aller Außenwirtschaften der Nationalökonomien bestimmt werden sollte (Sandleben: Linkskeynesianismus von Zeise und Co., 2003).<br />
<br />
Auf der empirischen Ebene wird in der Debatte in Frage gestellt, ob man von einer Verschmelzung sprechen könne, da über Beteiligungen und Aufsichtsrats-/Vorstandsposten die Verschmelzung nicht nachweisbar sei. Da Modelle, wie das der „Deutschland-AG“ nicht mehr existierten und zahlreiche Industrieunternehmen eigene Banken hätten, könne man davon ausgehen, dass die Verschmelzung zu Zeiten Lenins existiert habe, aber eine historisch spezifische Erscheinung gewesen sei. <br />
<br />
Gegenüber der Annahme, dass es Monopole dauerhaft nicht geben könne, steht die Position, dass Monopol und Konkurrenz ein Widerspruch ist, der aber real existiere. Monopole hätten genau die Möglichkeit zu Lasten anderer die eigene Profitrate zu steigern. Banken würden bei der Konzentration und Zentralisation von Produktionsmitteln eine wichtige Rolle spielen und durch die Kreditvergabe und das Emissionsgeschäft maßgeblich über Produktion und Kapitalakkumulation entscheiden (Zeise: Die Herrschaft des Finanzkapitals, in: junge Welt, 30.05.2012). <br />
<br />
=== Transnationales Kapital === <br />
Diese Diskussion betrifft die Fragen des Verhältnisses von Staat und Kapital, sowie von nationaler Basis und internationaler Expansion des Kapitals. Die Annahme der Entstehung eines nicht mehr national gebundenen „transnationalen Kapitals“ geht davon aus, dass es keine besondere Verbindung zwischen Monopolkapital und Staat gibt. <br />
<br />
Ausgehend von der Zunahme des Handels, des Kapitalexports und damit verbunden, der Verlagerung vom Produktion in andere Länder, gehen einige Autoren von einer Verflechtung des Kapitals aus, die sich auch in veränderten Eigentumsstrukturen niederschlage. So wird in Bezug auf Deutschland beispielsweise angenommen, dass ein Großteil der DAX-Konzerne mehrheitlich in ausländischer Hand sei. Auch auf den von der UNCTAD eingeführten und in den vergangenen Jahrzehnten gestiegenen „Transnationalisierungsindex“ wird hingewiesen. Durch die Entstehung eines solchen „transnationalen Kapitals“ seien zwar die Nationalstaaten nicht weniger wichtig geworden, hätten aber laut Listl ihre Rolle grundlegend geändert: „Nationale Konkurrenzen wie in früheren Kapitalismusformationen, etwa im Ersten oder Zweiten Weltkrieg, werden deshalb nicht wiederkehren“, sondern: „Für die neue Phase der neoliberalen Globalisierung ist kennzeichnend, daß die Nationalstaaten vor allem die Funktion haben, optimale Verwertungsbedingungen für das global operierende Kapital zu schaffen“. Die Nationalstaaten würden nun nicht mehr primär die Interessen nationaler Kapitalgruppen vertreten, sondern nur noch gegeneinander darum konkurrieren, den transnationalen Konzernen möglichst gute Verwertungsbedingungen zu bieten. Die Konzerne hätten keine Länder mehr als Heimatbasis, sondern richteten sich nach den jeweils besten Bedingungen für die Kapitalakkumulation. Konflikte gebe es in diesem System weiterhin, aber nicht mehr zwischen den imperialistischen Nationalstaaten, sondern im Sinne einer kollektiven Weltordnungsmacht, zu der sich alle entwickelten Länder gegen die Länder des „globalen Südens“ zusammengeschlossen hätten (vgl. Listl, Walter: Globalisierung des Kapitals, in: Junge Welt vom 22.7.2010). <br />
<br />
Eine Variante dieser Position vertritt auch die MLPD. Nach ihrer Analyse habe sich ein „allein herrschendes internationales Finanzkapital“ bzw. „internationale Übermonopole“ herausgebildet, die vom nationalen Monopolkapital zu unterscheiden seien. Ebenfalls seien die „internationalen Übermonopole“ dem nationalen Monopolkapital übergeordnet und würden „zunehmenden Krisenlasten“ auf dieses abwälzen. Daraus ergebe sich auch ein „Widerspruch zwischen den imperialistischen Nationalstaaten und zwischen den internationalen Übermonopolen“, der einer der fünf hauptsächlichen Widersprüche des heutigen Kapitalismus sei. <br />
<br />
Die staatstheoretische Implikation all dieser Auffassungen ist, dass der bürgerliche Staat nicht (mehr) fest mit einer bestimmten Bourgeoisie verbunden ist, sondern eine vom Kapital losgelöste Instanz, die nur noch im Interesse eines globalen Kapitals die Verwertungsbedingungen verwaltet. Im Falle der MLPD vertritt der bürgerliche Staat nur noch einen Teil des Kapitals, während der vom Nationalstaat losgelöste Teil des Kapitals versuche, sich den Staat zu unterwerfen.<br />
<br />
Eine extreme Variante der Transnationalisierungsthese vertreten Autoren wie Michael Hardt, Antonio Negri oder William I. Robinson, die von einer völligen Ablösung des Kapitals von den Nationalstaaten und von der Auflösung der Nationalstaaten zugunsten einer deterritorialisierten Ökonomie mit globalisierter Produktion ausgehen. Hardt und Negri zufolge seien nicht mehr die Staaten souverän, sondern das globale Kapital selbst. Es gebe auch kein eindeutiges Machtzentrum mehr, sondern die Macht durchziehe alle gesellschaftlichen Bereiche (Hardt/Negri, 2002).<br />
<br />
=== Nationales Kapital === <br />
Eine Gegenposition zur These des transnationalen Kapitals vertritt z.B. Beate Landefeld. Sie verweist darauf, dass ein mehrheitlich ausländischer Aktienbesitz eines Unternehmens aus verschiedenen Gründen noch nicht bedeuten muss, dass das Unternehmen durch das ausländische Kapital auch wirklich kontrolliert ist. Im Wesentlichen bleibe das deutsche Kapital weiterhin unter Kontrolle deutscher Kapitaleigner (Landefeld, Beate: Europäisiert sich die Bourgeoisie?, in: Marxistische Blätter 1/10). Jörg Goldberg und André Leisewitz argumentieren ähnlich, dass ausländische Aktionäre in vielen Fällen nicht nach Kontrolle über das Unternehmen streben würden, sondern sich lediglich für das Abschöpfen der Rendite interessieren würden. Dagegen blieben die Verbindungen der Unternehmen zur nationalstaatlich verfassten Politik weiterhin entscheidend (Goldberg/Leisewitz, 2013).<br />
<br />
Eine Zwischenposition vertreten z.B. einige niederländische Autoren (Kees van der Pijl, Eelke Heemskerk, Meindert Fennema, Bastiaan van Apeldoorn usw.). Sie gehen davon aus, dass die Kapitalistenklasse weiterhin vor allem national ist, dass es aber vor allem in Westeuropa eine deutliche Tendenz hin zur Herausbildung einer transnationalen Kapitalistenklasse gebe. Diese machen sie an zunehmenden Verflechtungen der Aufsichtsratsmandate über nationale Grenzen hinweg fest, wodurch ein transnationales Netzwerk entstehe, das zur Entstehung gemeinsamer Sichtweisen in der Kapitalistenklasse beitrage. Jedoch widersprechen sie klar der Behauptung z.B. von Hardt/Negri, wonach Kapital und Herrschaftsverhältnisse nicht mehr an ein bestimmtes geografisches Territorium gebunden seien (vgl. z.B. Heemskerk, 2013).<br />
<br />
== Bezug zu unseren Grundannahmen ==<br />
Grundlegende Auseinandersetzung in dieser Frage ist, ob die Bildung von Monopolkapital eine gesetzmäßige oder zufällig ablaufende Entwicklung ist.<br/>Zentrale Veränderungen des Imperialismus im Vergleich zum Kapitalismus der freien Konkurrenz sind: durch die enorme Akkumulation von Kapital verbundene Bildung der Monopole, die Entstehung des Finanzkapitals bzw. der Finanzoligarchie, sowie die zunehmende Bedeutung des Kapitalexports. <br />
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Diese ökonomischen Kriterien des Imperialismus entstehen aus dem Kapitalismus der freien Konkurrenz und sind nicht davon zu trennen. Für diese Fragen sind zum einen die Grundannahmen aus Marx's Kapital Band I zur [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Akkumulationsprozess des Kapitals|Kapitalakkumulation]], sowie aus Band III zur [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Die Rolle des Kredits in der kapitalistischen Produktion|Rolle des Kredits]] und der Börse, heranzuziehen. <br />
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In Lenins Imperialismusschrift sind vor allem die Kapitel zur [[Der imperialistische Kapitalismus#Konzentration der Produktion und Monopole|Entstehung der Monopole]] und zum [[Der imperialistische Kapitalismus#Der Kapitalexport|Kapitalexport]] wichtig. Zu den ökonomischen Grundlagen des Imperialismus und dem Zusammenhang mit der Neuaufteilung der Welt ist Lenins Imperialismusschrift, vor allem die Passagen aus dem [[Der imperialistische Kapitalismus#Die Aufteilung der Welt unter die Kapitalistenverbände|V. bis IX. Kapitel]], relevant.<br />
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== Wie wollen wir den Dissens klären? ==<br />
Auf theoretischer Ebene muss die ökonomische Basis der Monopole – Entwicklung der Produktivkräfte, Konzentration von Kapital führt zum Monopol – herausgearbeitet werden. Weiterhin muss die ökonomische Basis des tendenziellen Falls der Profitrate, die Akkumulation, Zentralisation und Konzentration des Kapitals und die Rolle des Kredits herausgearbeitet werden. Weiterhin wollen wir die These des sogenannten „transnationalen Kapitals“ und ihre Bedeutung für die Strategie der „antimonopolistischen Übergänge“ überprüfen.<br/>Dabei geht es jedoch nicht um eine <q>theoretische Ableitung des Monopols aus der Marxschen Theorie analog eines […] mathematischen Lehrsatzes</q> (Jung/ Schleifstein), welche die Aussagen von Marx und Engels über die zu untersuchende Strukturveränderungen des Kapitalismus ignorieren würde. <br />
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Deshalb wollen wir auf empirischer Ebene die Entwicklungen der Profitraten in den letzten Jahrzehnten anschauen. Die Herausbildung der größten Monopolkapitale muss empirisch aufgezeigt werden. Die Rolle der Banken bei Konzentration und Zentralisation heute muss aufgezeigt werden. Weiterhin soll empirisch die Verschmelzung von Industrie- und Bankkapital zu Finanzkapital und die Bedeutung der nichtmonopolistischen Bourgeoisie überprüft werden.<br />
<br />
Für die Überprüfung der These des transnationalen Kapitals müssen die Eigentümerstrukturen des Kapitals in Deutschland untersucht werden. Außerdem sollte, zumindest anhand einiger Beispiele, überprüft werden, in welchem Verhältnis Eigentum und Kontrolle zueinander stehen. Die Ergebnisse sollten mit denen anderer Länder verglichen werden, um zu vermeiden, dass evtl. nationale Besonderheiten in Deutschland zu einer allgemeinen Tendenz verallgemeinert werden.<br />
Schließlich ist auf einer allgemeinen Ebene dann die Frage zu beantworten, ob sich der nationale Charakter des Kapitals vertieft, ob er sich abschwächt oder ob es gegenläufige Tendenzen in beide Richtungen gibt.<br />
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Diese und zukünftige Aufgaben und offene Fragen werden wir [[Offene Fragen zur Klärung der Dissense#Monopole und ihre Entwicklung|hier]] sammeln.<br />
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== Was steht zu diesem Dissens in den Programmatischen Thesen? ==<br />
{{Zitat |Der ökonomische Kern des Imperialismus ist das Monopol. Der heutige Kapitalismus ist dominiert vom Monopolkapital, das sich durch die Konzentration und Zentralisation des Kapitals herausgebildet hat. Dieser Wesenszug bestimmt die gesamte Epoche, in der wir leben. Im Imperialismus ist der Drang zum internationalen Kapitalexport enorm erhöht.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 8)}}<br />
<br />
{{Zitat |Der Kapitalismus entwickelte sich in engem Zusammenhang mit den entstehenden Nationalstaaten. Die Entstehung zusammenhängender nationaler Binnenmärkte, vereinheitlichter Währungen und anderer notwendiger Voraussetzungen ermöglichten erst die Kapitalakkumulation in erweitertem Maßstab. Im Imperialismus ist die Aufteilung der Welt unter die imperialistischen Zentren abgeschlossen, aber die kapitalistische Entwicklung bringt ständige Kämpfe der Kapitale und ihrer Nationalstaaten, um die Neuaufteilung hervor.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 9)}}<br />
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{{Zitat |Der antiimperialistische Kampf muss sich deshalb gegen das Kapital und das kapitalistische System als Grundlage des Imperialismus richten. Als Kommunisten in Deutschland sehen wir den deutschen Imperialismus, d.h. die deutsche Monopolbourgeoisie und ihren Staat als unseren Hauptgegner an. Wir kämpfen aber Seite an Seite mit unseren Genossen auf der ganzen Welt gegen den Imperialismus als Ganzes, als weltweites System.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 10)}}<br />
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{{Zitat |Eine Rückentwicklung vom Monopolkapitalismus zum Kapitalismus der freien Konkurrenz ist nicht möglich, weil sie den grundlegenden Entwicklungsgesetzen der kapitalistischen Produktionsweise widerspricht, insbesondere dem Gesetz der fortschreitenden Konzentration und Zentralisation des Kapitals.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 10)}}<br />
<br />
{{Zitat |Im weiteren Klärungsprozess wollen wir zahlreiche Fragen zur politischen Ökonomie des Imperialismus vertiefen. Darunter die Zusammensetzung und Interessen des deutschen Kapitals; die Entwicklung des Kapitalismus in verschiedenen Ländern wie z.B. Russland und China sowie die Formen ihrer Einbindung in das imperialistische Weltsystem; die Eigentümerstrukturen der bestimmenden Monopole und ihr Verhältnis zum Nationalstaat; die Lage und Strategien des deutschen Imperialismus; die empirische Überprüfung der These des sogenannten ‚transnationalen Kapitals‘ und ihre Bedeutung für die Strategie der ‚antimonopolistischen Übergänge‘; die Frage der gegenseitigen Abhängigkeiten innerhalb der imperialistischen Kette; die Rolle und Bedeutung der nicht-monopolistischen Bourgeoisie sowie die Verschmelzung von Industrie- und Bankkapital zum Finanzkapital; [...].|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 10)}}<br />
<br />
== Literatur zum Thema ==<br />
<br />
DWI-Berichte, später IWP-Berichte; Zeitschrift des Instituts für internationale Politik und Wirtschaft der DDR mit zahlreichen Forschungen und Debatten zur Frage der Entwicklung der Monopole.<br />
<br />
Goldberg/Leisewitz: Kapital und Nationalität, Kommentar zu Werner Rügemers Kritik an van der Pijl/Holman in Z Nr. 94, 2013.<br />
<br />
Gündel, Rudi: Die Internationalisierung der Wirtschaft im staatsmonopolistischen Kapitalismus und ihre Widersprüche, Dietz, 1976.<br />
<br />
Hardt, Negri: Empire: Die neue Weltordnung, Frankfurt: Campus, 2003.<br />
<br />
Heemskerk: The rise of the European Corporate elite. Evidence from the network of interlocking directorates in 2005 and 2010, Economy and Society 42: 1), 2013.<br />
<br />
Heinrich, M.: Kritik der politischen Ökonomie. Eine Einführung., Schmetterling, Stuttgart 2007.<br />
<br />
Heinze, Albert/Lemmnitz, Alfred: Profit, Durchschnittsprofit und Produktionspreis, Dietz, 1973.<br />
<br />
IMSF (hrsg.): Das Monopol – ökonomischer Kern des heutigen Kapitalismus, VMB 1976.<br />
<br />
Jung, H./Schleifstein, J.: Die Theorie des Staatsmonopolistischen Kapitalismus und ihre Kritiker in der Bundesrepublik Deutschland. Frankfurt a.M.: Verlag Marxistische Blätter, 1979.<br />
<br />
Lemmnitz, Alfred: Grundzüge des monopolistischen Kapitalismus, Industrie- und Bankmonopole, Finanzkapital und Finanzoligarchie, Dietz , 1975.<br />
<br />
Listl, Walter: Globalisierung des Kapitals, in: Junge Welt vom 22.7.2010.<br />
<br />
Marxistische Gruppe (Vorläuferorganisation des Gegenstandpunkt): Ein aktueller, aber falscher Klassiker: Lenin, der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus., in: Marxistische Studentenzeitung 3-1981.<br />
<br />
Marxistische Studien, Jahrbuch des IMSF, Selbstverlag Albrechtsburg Meißen, 1985.<br />
<br />
MLPD: ParteiProgramm der MLPD, in mlpd, URL: https://www.mlpd.de/partei/parteiprogramm (09.01.2019).<br />
<br />
MLPD, Engel, Stefan: Über die Herausbildung der neuimperialistischen Länder, Beilage des Zentralkomitees der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) zur Roten Fahne 16/2017, in: rf-news, 03.08.2017, URL: https://www.rf-news.de/rote-fahne/2017/nr16/ueber-die-herausbildung-der-neuimperialistischen-laender (09.01.2019).<br />
<br />
Decker/Hecker/Patrick: Das Finanzkapital, in: Gegenstandpunktverlag, 2016.<br />
<br />
Rügemer, W.: Die Kapitalisten des 21. Jahrhunderts, Köln: PapyRossa, 2018.<br />
<br />
Sandleben, G.: Nationalökonomie und Staat. Zur Kritik der Theorie des Finanzkapitals, in: VSA, Hamburg 2003.<br />
<br />
Sandleben, G & Schäfer, J: Apologie von links. Zur Kritik gängiger linker Krisentheorien, Karlsruhe: Neuer ISP Verlag, 2013.<br />
<br />
Schmidt, Johann-Lorenz: Internationale Konzerne, VMB, 1981.<br />
<br />
Wendt, Holger: Herrn Michael Heinrichs Umwälzung des Marxismus, MASCH-Skript.<br />
<br />
Zeise, Lukas: Geld, der vertrackte Kern des Kapitalismus, PapyRossa, Köln 2012.<br />
<br />
Sandleben: Mythos Bankenmacht, in: junge Welt vom 29.05.2012.<br />
<br />
Zeise: Die Herrschaft des Finanzkapitals, in: junge Welt vom 30.05.2012.<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<br />
[[Kategorie: AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
[[Kategorie: Dissens]]<br />
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<hr />
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<br />
REDAKTION FERTIG<br />
<br />
== Überblick ==<br />
In diesem Dissens-Teil geht es um die ökonomische Analyse des Kapitalismus und vor allem, um die Rolle und die Entwicklung des Monopols. <br />
Die Frage der Gesetzmäßigkeit der Monopolbildung des Kapitalismus ist umstritten. Diese ist die Grundlage für eine Imperialismusanalyse, die u.a. gerade deshalb auch so unterschiedlich ausfällt. Im Mittelpunkt der Debatte zentrieren sich die Fragen: Ist die stattfindende Monopolisierung von Kapitalen eine zwangsläufige und gesetzmäßige Entwicklung des Kapitalismus der freien Konkurrenz? Und daraus folgend: Befinden wir uns daher heute noch in einem Kapitalismus der freien Konkurrenz, in der sich einige Kapitale einfach mehr oder weniger bewährt haben? Dem entgegen wird diskutiert, ob wir andererseits in der Epoche des Finanzkapitals, dem Imperialismus, leben, in der die Entwicklung der Gesellschaft durch das Interesse an Monopolprofiten bestimmt wird? Abschließend stellt sich dann die Frage, welche Konsequenzen das für die Arbeiterklasse und Strategie der Kommunistischen Partei hat.<br />
<br />
Die Erklärung der Monopole und ihrer Entstehung ist nur mit dem historischen Materialismus möglich. Das heißt mit der konkreten Untersuchung der Phänomene und ihrer historischen Entwicklung, um die Gesetzmäßigkeiten zu erkennen.<br />
<br />
Die Frage nach der Rolle der Monopole und ihrer Entwicklung als wesensbestimmend wird von manchen bestritten (Gegenstandpunkt, andere Vertreter akademischer Varianten eines „Marxismus“), auf der anderen Seite werden Erscheinungen des Kapitals verabsolutiert und zu neuen Theorien geformt, die nahelegen, dass der Imperialismus einen anderen Charakter angenommen hätte (siehe [[Monopole und ihre Entwicklung#Transnationales Kapital|transnationales Kapital]]).<br />
<br />
In der bürgerlichen Ökonomie wird die Entstehung von Monopolen bestritten bzw. ein Monopolbegriff benutzt, der für Einzelfälle gilt, in denen ein Unternehmen eine ganze Branche weltweit beherrschen oder einige große Firmen Absprachen treffen, nicht aber für die gesamte Produktionsweise, auch wenn einige bürgerliche Theorien über Monopole bzw. „Oligopole“ und „unvollkommenen Wettbewerb“ sprechen.<br />
<br />
Sozialdemokratische Positionen beziehen sich vor allem auf die Frage der Möglichkeit der Regulierung und Reformierung des Systems. Monopole werden entweder als Ordnungsfaktor positiv gesehen (siehe Hilferding) oder sie werden als Grund der Misere benannt, aber die Möglichkeit einer regulierten Marktwirtschaft ohne Monopole als Möglichkeit entworfen (siehe Wagenknecht).<br />
<br />
In der ökonomischen Debatte wird an verschiedenen Stellen entweder Marx direkt kritisiert oder eine Fehlinterpretation Lenins angenommen, um das Stadium des Imperialismus zu bestreiten. Dazu werden vor allem die Frage des tendenziellen Falls der Profitrate oder die Frage der Verschmelzung von Bank- und Industriekapital zum Finanzkapital angebracht.<br />
<br />
Im folgenden wird versucht, die unterschiedlichen Positionen und Thesen sowie ihre Vertreter darzustellen:<br />
<br />
=== Der Kapitalismus in seinem imperialistischen Stadium ist Monopolkapitalismus ===<br />
Die Grundlagen der ökonomischen Analyse des Kapitalismus als monopolistischer Kapitalismus ist das Verhältnis der grundlegenden Gesetze der kapitalistischen Produktionsweise, also die der Konzentration und Zentralisation des Kapitals. Außerdem die daraus folgende Akkumulation des Kapitals und die steigende organische Zusammensetzung des Kapitals. Darauf aufbauend der zunehmende gesellschaftliche Charakter der Produktivkräfte, der im Widerspruch zur privaten Aneignung, dem Wert- und dem Mehrwertgesetz, der Fall der Profitrate usw. steht. <br />
<br />
Diese Gesetze sind von Marx und Engels zwar in der Phase des Kapitalismus der freien Konkurrenz entdeckt worden, sie gelten aber für die Produktionsweise überhaupt. Das Kapital und seine Reproduktion verändert sich nicht grundlegend, dennoch verändert sich mit der Entwicklung der Produktivkräfte die Bewegung und Struktur des Kapitals. Es geht also um einen bestimmten Entwicklungsgrad der kapitalistischen Gesellschaftsformation. Dieser Entwicklungsgrad beinhaltet die Produktionsweise, die Klassenverhältnisse und den Überbau. <br />
<br />
Die Momente des Übergangs zum imperialistischen Stadium sind schon bei Marx und Engels herausgearbeitet worden. Diese Momente des Übergangs sind u.a. die zunehmende Rolle des Gesellschaftskapitals (in Form der Aktiengesellschaften, Trennung Kapitalfunktion und Kapitaleigentum), die zunehmende Bedeutung des Kredits, die Entstehung von Monopolen und einer Finanzoligarchie, die strukturelle Überakkumulation und die Zunahme des Kapitalexports.<br />
Der Umschlag von der freien Konkurrenz ins Monopol ist das Merkmal des neuen Stadiums des Kapitalismus und seine unterschiedlichen Erscheinungen und Phänomene sind darauf zurückzuführen. Die Gesetzmäßigkeiten der kapitalistischen Produktionsweise werden dadurch nicht aufgehoben, aber das Gesetz der Durchschnittsprofitrate als Regulator der Produktion und Profitverteilung durchbrochen. Das moderne Monopol verfügt, aufgrund seiner Beherrschung von Reproduktionszusammenhängen, über ökonomische, soziale und politische Macht und Gewalt.<br />
<br />
=== Monopolisierung als nicht historisch gesetzmäßige Entwicklung, sondern Bewährung in der immer noch freien Konkurrenz ===<br />
Es gibt eine Reihe von Positionen, die eine Trennung des Stadiums des Imperialismus von dem der freien Konkurrenz vornehmen und verneinen, dass es sich um monopolistischen Kapitalismus handelt. Die Trennung von Marx und Engels von Lenin ist Teil dieser Strömung. Dazu gehören zum Beispiel die „Neue Marx-Lektüre“, die Werttheoretiker, der Gegenstandpunkt und andere weitestgehend akademische Debatten. Diese Strömungen unterscheiden sich zwar in Eckpunkten, sind sich aber in der Trennung von Marx und Lenin einig.<br />
<br />
Die Analyse, dass aus der Konzentration und Zentralisation die Monopolbildung folgt und demnach die Entwicklung des Kapitalismus aus dem Stadium der freien Konkurrenz in das des Monopols, wird abgelehnt. <br/>Eine historische Tendenz zur Zunahme dieser Phänomene wird verneint. Die Bildung von Monopolen wird teilweise als Mittel der Kapitale gesehen, sich in der immer noch bestehenden freien Konkurrenz gegenüber anderen Kapitalen zu bewähren. Neue Marx-Lektüre und Gegenstandpunkt (GSP) unterscheiden sich in einigen Punkten, lehnen beide aber die Entwicklung des Kapitalismus zum Monopolkapitalismus ab. Die Rolle des Staates ist aus Sicht des Gegenstandpunkts dabei eine, die über der Ökonomie steht: <br/>Er treibt, um selbst in der internationalen Konkurrenz zu bestehen, die Monopolisierung voran. Der Staat instrumentalisiert damit die Ökonomie für „seine Zwecke" (Marxistische Gruppe, 1981). <br />
<br />
=== Neue Marx-Lektüre ===<br />
Die „Neue Marx-Lektüre“ hat ihre Wurzeln teilweise schon in den 60ern (z.B. Helmut Reichelt), spielt aber seit den 90ern eine verstärkte Rolle, vor allem in der akademischen Befassung mit Marx. Michael Heinrich mit seiner „monetären Werttheorie“ kann heute aufgrund seiner viel als „Standardwerk“ gelesenen ''Kritik der politischen Ökonomie. Eine Einführung'' (Heinrich, 2007) als bekanntester Vertreter gelten. Heinrich verwirft die Auffassung von Marx und Engels, wonach „Das Kapital“ sowohl eine historische als auch eine logische Entwicklung darstellt. Für ihn, wie für andere Vertreter der „Neuen Marx-Lektüre“ (aber auch z.B. den Gegenstandpunkt) ist die Marxsche Analyse eine Begriffsentwicklung logischer Kategorien. Damit geht einher, dass bei Heinrich (wiederum ähnlich wie bei GSP, Wertkritik usw.) der Kapitalismus nicht als historisch sich entwickelnde Gesellschaftsformation aufgefasst wird, sondern die Kapitalismusanalyse lediglich den „idealen Durchschnitt“ der Produktionsweise beschreibt.<br />
<br />
Im Unterschied zu Marx, der mit diesem Ausdruck lediglich meinte, dass in der Analyse der Produktionsweise von spezifischen Besonderheiten abgesehen werden muss, meint Heinrich damit, dass historische Entwicklungstendenzen und Stadien der Entwicklung des Kapitalismus komplett abzulehnen sind. Auf dieser Grundlage verwirft Heinrich sowohl das Marx'sche Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate, als auch die Imperialismustheorie Lenins. Eine historische Tendenz zum Fall der Profitrate lasse sich auf allgemeiner Ebene nicht begründen. Daraus folge, dass sich auch eine historisch stattfindende Zuspitzung der kapitalistischen Klassengegensätze nicht nachweisen ließe. Krisen führten nicht zu einer Verstärkung der Widersprüche, sondern stellen im Kapitalismus widersprüchlich existierende Momente (wie Produktion und Konsumtion, Arbeit und Lohn) gewaltsam wieder her. Lenins Analyse des Monopolkapitalismus wird verworfen, weil darin nur der Wille der Monopolherren zähle und nicht mehr der Wert. Einzelne Absprachen von Kapitalisten und einzelne Planelemente würden mit einer grundsätzlichen Veränderung der „über den Wert vermittelten Vergesellschaftung verwechselt“. Die Bezeichnung „parasitär“ wird als moralisierend bezeichnet; es sei irrelevant, ob die Arbeiter von in- oder ausländischem Kapital ausgebeutet würden. Unter Imperialismus wird der Versuch von Staaten, ihr Herrschaftsgebiet über ihre Grenzen hinaus auszuweiten verstanden. Heinrich lehnt nicht nur den Entwicklungsgedanken der Kritik der Politischen Ökonomie ab, sondern die dialektische Methode grundsätzlich. Diese sei „eine Art Wunderwaffe, mit der man Alles und Jedes erklären konnte“<ref>Heinrich, M.: Kritik der politischen Ökonomie. Eine Einführung., Stuttgart: Schmetterling, 2007, S.35. </ref>.<br />
<br />
Die „monetäre Werttheorie“ Heinrichs verwirft die Marxsche Auffassung, dass der Wert der Waren, also die unter kapitalistischen Bedingungen darin vergegenständlichte Arbeit, die Tauschwerte und Preise bestimmt. Darin sieht er eine „essentialistische“ Auffassung über den Wert, weil damit der Wert in den Gegenständen verkörpert sei. Stattdessen werde der Wert überhaupt erst beim Verkauf der Waren gebildet, könne sich also nur im Geld darstellen. Kritiker (z.B. Holger Wendt) wenden ein, dass dadurch die Werttheorie jeden Erklärungsgehalt verliere und Heinrich im Wesentlichen auf die Positionen der subjektiven Preistheorien der Neoklassiker überlaufe (Holger, Wendt: Herr Michael Heinrichs Umwälzung des Marxismus, 2008).<br />
<br />
=== Keine Verschmelzung von Bank- und Industriekapital zu Finanzkapital und Rolle der Banken ===<br />
Günther Sandleben geht davon aus, dass es durch den Ausgleich der Profitraten nicht zu einer besonderen Rolle von Banken käme. Er schlussfolgert, dass es keine Verschmelzung von Bank- und Industriekapital zum Finanzkapital gäbe und betont besonders, dass es keine besondere Rolle der Banken gäbe.<br/>Der historische Übergang des Kapitalismus der freien Konkurrenz in den Monopolkapitalismus, die Epoche des Finanzkapitals und des Imperialismus, wird als Revision des Marx'schen Kapitalbegriffs und Wertgesetzes angesehen. Zu diesen gehöre unbedingt die Konkurrenz. Auch die Empirie zeige, dass die Konkurrenz und das Wertgesetz weiterhin bestehen. Monopole führen zu Hemmnissen der kapitalistischen Produktion und geraten deshalb irgendwann unter Druck. Damit könnten sich im kapitalistischen Reproduktionsprozess heraus gar keine dauerhaften Monopole bilden, die sich in irgendeiner Weise festsetzen und Profite an sich ziehen könnten. <br />
An der Ausgleichstendenz der Kapitale habe sich bis heute nichts geändert. Es gebe nach wie vor einen fortgesetzten Konkurrenzkampf und eine ständige Kapitalbewegung zwischen den Sektoren (Sandleben/Schäfer, 2013). In einem weiteren Werk wird dann in einer Kritik am „Linkskeynesianismus von Zeise und Co." weitergehend geschlussfolgert, dass der Weltmarkt nicht als Spielball des Finanzkapitals, sondern als Gesamtheit aller Außenwirtschaften der Nationalökonomien bestimmt werden sollte (Sandleben: Linkskeynesianismus von Zeise und Co., 2003).<br />
<br />
Auf der empirischen Ebene wird in der Debatte in Frage gestellt, ob man von einer Verschmelzung sprechen könne, da über Beteiligungen und Aufsichtsrats-/Vorstandsposten die Verschmelzung nicht nachweisbar sei. Da Modelle, wie das der „Deutschland-AG“ nicht mehr existierten und zahlreiche Industrieunternehmen eigene Banken hätten, könne man davon ausgehen, dass die Verschmelzung zu Zeiten Lenins existiert habe, aber eine historisch spezifische Erscheinung gewesen sei. <br />
<br />
Gegenüber der Annahme, dass es Monopole dauerhaft nicht geben könne, steht die Position, dass Monopol und Konkurrenz ein Widerspruch ist, der aber real existiere. Monopole hätten genau die Möglichkeit zu Lasten anderer die eigene Profitrate zu steigern. Banken würden bei der Konzentration und Zentralisation von Produktionsmitteln eine wichtige Rolle spielen und durch die Kreditvergabe und das Emissionsgeschäft maßgeblich über Produktion und Kapitalakkumulation entscheiden (Zeise: Die Herrschaft des Finanzkapitals, in: junge Welt, 30.05.2012). <br />
<br />
=== Transnationales Kapital === <br />
Diese Diskussion betrifft die Fragen des Verhältnisses von Staat und Kapital, sowie von nationaler Basis und internationaler Expansion des Kapitals. Die Annahme der Entstehung eines nicht mehr national gebundenen „transnationalen Kapitals“ geht davon aus, dass es keine besondere Verbindung zwischen Monopolkapital und Staat gibt. <br />
<br />
Ausgehend von der Zunahme des Handels, des Kapitalexports und damit verbunden, der Verlagerung vom Produktion in andere Länder, gehen einige Autoren von einer Verflechtung des Kapitals aus, die sich auch in veränderten Eigentumsstrukturen niederschlage. So wird in Bezug auf Deutschland beispielsweise angenommen, dass ein Großteil der DAX-Konzerne mehrheitlich in ausländischer Hand sei. Auch auf den von der UNCTAD eingeführten und in den vergangenen Jahrzehnten gestiegenen „Transnationalisierungsindex“ wird hingewiesen. Durch die Entstehung eines solchen „transnationalen Kapitals“ seien zwar die Nationalstaaten nicht weniger wichtig geworden, hätten aber laut Listl ihre Rolle grundlegend geändert: „Nationale Konkurrenzen wie in früheren Kapitalismusformationen, etwa im Ersten oder Zweiten Weltkrieg, werden deshalb nicht wiederkehren“, sondern: „Für die neue Phase der neoliberalen Globalisierung ist kennzeichnend, daß die Nationalstaaten vor allem die Funktion haben, optimale Verwertungsbedingungen für das global operierende Kapital zu schaffen“. Die Nationalstaaten würden nun nicht mehr primär die Interessen nationaler Kapitalgruppen vertreten, sondern nur noch gegeneinander darum konkurrieren, den transnationalen Konzernen möglichst gute Verwertungsbedingungen zu bieten. Die Konzerne hätten keine Länder mehr als Heimatbasis, sondern richteten sich nach den jeweils besten Bedingungen für die Kapitalakkumulation. Konflikte gebe es in diesem System weiterhin, aber nicht mehr zwischen den imperialistischen Nationalstaaten, sondern im Sinne einer kollektiven Weltordnungsmacht, zu der sich alle entwickelten Länder gegen die Länder des „globalen Südens“ zusammengeschlossen hätten (vgl. Listl, Walter: Globalisierung des Kapitals, in: Junge Welt vom 22.7.2010). <br />
<br />
Eine Variante dieser Position vertritt auch die MLPD. Nach ihrer Analyse habe sich ein „allein herrschendes internationales Finanzkapital“ bzw. „internationale Übermonopole“ herausgebildet, die vom nationalen Monopolkapital zu unterscheiden seien. Ebenfalls seien die „internationalen Übermonopole“ dem nationalen Monopolkapital übergeordnet und würden „zunehmenden Krisenlasten“ auf dieses abwälzen. Daraus ergebe sich auch ein „Widerspruch zwischen den imperialistischen Nationalstaaten und zwischen den internationalen Übermonopolen“, der einer der fünf hauptsächlichen Widersprüche des heutigen Kapitalismus sei. <br />
<br />
Die staatstheoretische Implikation all dieser Auffassungen ist, dass der bürgerliche Staat nicht (mehr) fest mit einer bestimmten Bourgeoisie verbunden ist, sondern eine vom Kapital losgelöste Instanz, die nur noch im Interesse eines globalen Kapitals die Verwertungsbedingungen verwaltet. Im Falle der MLPD vertritt der bürgerliche Staat nur noch einen Teil des Kapitals, während der vom Nationalstaat losgelöste Teil des Kapitals versuche, sich den Staat zu unterwerfen.<br />
<br />
Eine extreme Variante der Transnationalisierungsthese vertreten Autoren wie Michael Hardt, Antonio Negri oder William I. Robinson, die von einer völligen Ablösung des Kapitals von den Nationalstaaten und von der Auflösung der Nationalstaaten zugunsten einer deterritorialisierten Ökonomie mit globalisierter Produktion ausgehen. Hardt und Negri zufolge seien nicht mehr die Staaten souverän, sondern das globale Kapital selbst. Es gebe auch kein eindeutiges Machtzentrum mehr, sondern die Macht durchziehe alle gesellschaftlichen Bereiche (Hardt/Negri, 2002).<br />
<br />
=== Nationales Kapital === <br />
Eine Gegenposition zur These des transnationalen Kapitals vertritt z.B. Beate Landefeld. Sie verweist darauf, dass ein mehrheitlich ausländischer Aktienbesitz eines Unternehmens aus verschiedenen Gründen noch nicht bedeuten muss, dass das Unternehmen durch das ausländische Kapital auch wirklich kontrolliert ist. Im Wesentlichen bleibe das deutsche Kapital weiterhin unter Kontrolle deutscher Kapitaleigner (Landefeld, Beate: Europäisiert sich die Bourgeoisie?, in: Marxistische Blätter 1/10). Jörg Goldberg und André Leisewitz argumentieren ähnlich, dass ausländische Aktionäre in vielen Fällen nicht nach Kontrolle über das Unternehmen streben würden, sondern sich lediglich für das Abschöpfen der Rendite interessieren würden. Dagegen blieben die Verbindungen der Unternehmen zur nationalstaatlich verfassten Politik weiterhin entscheidend (Goldberg/Leisewitz, 2013).<br />
<br />
Eine Zwischenposition vertreten z.B. einige niederländische Autoren (Kees van der Pijl, Eelke Heemskerk, Meindert Fennema, Bastiaan van Apeldoorn usw.). Sie gehen davon aus, dass die Kapitalistenklasse weiterhin vor allem national ist, dass es aber vor allem in Westeuropa eine deutliche Tendenz hin zur Herausbildung einer transnationalen Kapitalistenklasse gebe. Diese machen sie an zunehmenden Verflechtungen der Aufsichtsratsmandate über nationale Grenzen hinweg fest, wodurch ein transnationales Netzwerk entstehe, das zur Entstehung gemeinsamer Sichtweisen in der Kapitalistenklasse beitrage. Jedoch widersprechen sie klar der Behauptung z.B. von Hardt/Negri, wonach Kapital und Herrschaftsverhältnisse nicht mehr an ein bestimmtes geografisches Territorium gebunden seien (vgl. z.B. Heemskerk, 2013).<br />
<br />
== Bezug zu unseren Grundannahmen ==<br />
Grundlegende Auseinandersetzung in dieser Frage ist, ob die Bildung von Monopolkapital eine gesetzmäßige oder zufällig ablaufende Entwicklung ist.<br/>Zentrale Veränderungen des Imperialismus im Vergleich zum Kapitalismus der freien Konkurrenz sind: durch die enorme Akkumulation von Kapital verbundene Bildung der Monopole, die Entstehung des Finanzkapitals bzw. der Finanzoligarchie, sowie die zunehmende Bedeutung des Kapitalexports. <br />
<br />
Diese ökonomischen Kriterien des Imperialismus entstehen aus dem Kapitalismus der freien Konkurrenz und sind nicht davon zu trennen. Für diese Fragen sind zum einen die Grundannahmen aus Marx's Kapital Band I zur [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Akkumulationsprozess des Kapitals|Kapitalakkumulation]], sowie aus Band III zur [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Die Rolle des Kredits in der kapitalistischen Produktion|Rolle des Kredits]] und der Börse, heranzuziehen. <br />
<br />
In Lenins Imperialismusschrift sind vor allem die Kapitel zur [[Der imperialistische Kapitalismus#Konzentration der Produktion und Monopole|Entstehung der Monopole]] und zum [[Der imperialistische Kapitalismus#Der Kapitalexport|Kapitalexport]] wichtig. Zu den ökonomischen Grundlagen des Imperialismus und dem Zusammenhang mit der Neuaufteilung der Welt ist Lenins Imperialismusschrift, vor allem die Passagen aus dem [[Der imperialistische Kapitalismus#Die Aufteilung der Welt unter die Kapitalistenverbände|V. bis IX. Kapitel]], relevant.<br />
<br />
== Wie wollen wir den Dissens klären? ==<br />
Auf theoretischer Ebene muss die ökonomische Basis der Monopole – Entwicklung der Produktivkräfte, Konzentration von Kapital führt zum Monopol – herausgearbeitet werden. Weiterhin muss die ökonomische Basis des tendenziellen Falls der Profitrate, die Akkumulation, Zentralisation und Konzentration des Kapitals und die Rolle des Kredits herausgearbeitet werden. Weiterhin wollen wir die These des sogenannten „transnationalen Kapitals“ und ihre Bedeutung für die Strategie der „antimonopolistischen Übergänge“ überprüfen.<br/>Dabei geht es jedoch nicht um eine <q>theoretische Ableitung des Monopols aus der Marxschen Theorie analog eines […] mathematischen Lehrsatzes</q> (Jung/ Schleifstein), welche die Aussagen von Marx und Engels über die zu untersuchende Strukturveränderungen des Kapitalismus ignorieren würde. <br />
<br />
Deshalb wollen wir auf empirischer Ebene die Entwicklungen der Profitraten in den letzten Jahrzehnten anschauen. Die Herausbildung der größten Monopolkapitale muss empirisch aufgezeigt werden. Die Rolle der Banken bei Konzentration und Zentralisation heute muss aufgezeigt werden. Weiterhin soll empirisch die Verschmelzung von Industrie- und Bankkapital zu Finanzkapital und die Bedeutung der nichtmonopolistischen Bourgeoisie überprüft werden.<br />
<br />
Für die Überprüfung der These des transnationalen Kapitals müssen die Eigentümerstrukturen des Kapitals in Deutschland untersucht werden. Außerdem sollte, zumindest anhand einiger Beispiele, überprüft werden, in welchem Verhältnis Eigentum und Kontrolle zueinander stehen. Die Ergebnisse sollten mit denen anderer Länder verglichen werden, um zu vermeiden, dass evtl. nationale Besonderheiten in Deutschland zu einer allgemeinen Tendenz verallgemeinert werden.<br />
Schließlich ist auf einer allgemeinen Ebene dann die Frage zu beantworten, ob sich der nationale Charakter des Kapitals vertieft, ob er sich abschwächt oder ob es gegenläufige Tendenzen in beide Richtungen gibt.<br />
<br />
Diese und zukünftige Aufgaben und offene Fragen werden wir [[Offene Fragen zur Klärung der Dissense#Monopole und ihre Entwicklung|hier]] sammeln.<br />
<br />
== Was steht zu diesem Dissens in den Programmatischen Thesen? ==<br />
{{Zitat |Der ökonomische Kern des Imperialismus ist das Monopol. Der heutige Kapitalismus ist dominiert vom Monopolkapital, das sich durch die Konzentration und Zentralisation des Kapitals herausgebildet hat. Dieser Wesenszug bestimmt die gesamte Epoche, in der wir leben. Im Imperialismus ist der Drang zum internationalen Kapitalexport enorm erhöht.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 8)}}<br />
<br />
{{Zitat |Der Kapitalismus entwickelte sich in engem Zusammenhang mit den entstehenden Nationalstaaten. Die Entstehung zusammenhängender nationaler Binnenmärkte, vereinheitlichter Währungen und anderer notwendiger Voraussetzungen ermöglichten erst die Kapitalakkumulation in erweitertem Maßstab. Im Imperialismus ist die Aufteilung der Welt unter die imperialistischen Zentren abgeschlossen, aber die kapitalistische Entwicklung bringt ständige Kämpfe der Kapitale und ihrer Nationalstaaten, um die Neuaufteilung hervor.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 9)}}<br />
<br />
{{Zitat |Der antiimperialistische Kampf muss sich deshalb gegen das Kapital und das kapitalistische System als Grundlage des Imperialismus richten. Als Kommunisten in Deutschland sehen wir den deutschen Imperialismus, d.h. die deutsche Monopolbourgeoisie und ihren Staat als unseren Hauptgegner an. Wir kämpfen aber Seite an Seite mit unseren Genossen auf der ganzen Welt gegen den Imperialismus als Ganzes, als weltweites System.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 10)}}<br />
<br />
{{Zitat |Eine Rückentwicklung vom Monopolkapitalismus zum Kapitalismus der freien Konkurrenz ist nicht möglich, weil sie den grundlegenden Entwicklungsgesetzen der kapitalistischen Produktionsweise widerspricht, insbesondere dem Gesetz der fortschreitenden Konzentration und Zentralisation des Kapitals.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 10)}}<br />
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{{Zitat |Im weiteren Klärungsprozess wollen wir zahlreiche Fragen zur politischen Ökonomie des Imperialismus vertiefen. Darunter die Zusammensetzung und Interessen des deutschen Kapitals; die Entwicklung des Kapitalismus in verschiedenen Ländern wie z.B. Russland und China sowie die Formen ihrer Einbindung in das imperialistische Weltsystem; die Eigentümerstrukturen der bestimmenden Monopole und ihr Verhältnis zum Nationalstaat; die Lage und Strategien des deutschen Imperialismus; die empirische Überprüfung der These des sogenannten ‚transnationalen Kapitals‘ und ihre Bedeutung für die Strategie der ‚antimonopolistischen Übergänge‘; die Frage der gegenseitigen Abhängigkeiten innerhalb der imperialistischen Kette; die Rolle und Bedeutung der nicht-monopolistischen Bourgeoisie sowie die Verschmelzung von Industrie- und Bankkapital zum Finanzkapital; [...].|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 10)}}<br />
<br />
== Literatur zum Thema ==<br />
<br />
DWI-Berichte, später IWP-Berichte; Zeitschrift des Instituts für internationale Politik und Wirtschaft der DDR mit zahlreichen Forschungen und Debatten zur Frage der Entwicklung der Monopole.<br />
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Goldberg/Leisewitz: Kapital und Nationalität, Kommentar zu Werner Rügemers Kritik an van der Pijl/Holman in Z Nr. 94, 2013.<br />
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Gündel, Rudi: Die Internationalisierung der Wirtschaft im staatsmonopolistischen Kapitalismus und ihre Widersprüche, Dietz, 1976.<br />
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Hardt, Negri: Empire: Die neue Weltordnung, Frankfurt: Campus, 2003.<br />
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Heemskerk: The rise of the European Corporate elite. Evidence from the network of interlocking directorates in 2005 and 2010, Economy and Society 42: 1), 2013.<br />
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Heinrich, M.: Kritik der politischen Ökonomie. Eine Einführung., Schmetterling, Stuttgart 2007.<br />
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Heinze, Albert/Lemmnitz, Alfred: Profit, Durchschnittsprofit und Produktionspreis, Dietz, 1973.<br />
<br />
IMSF (hrsg.): Das Monopol – ökonomischer Kern des heutigen Kapitalismus, VMB 1976.<br />
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Jung, H./Schleifstein, J.: Die Theorie des Staatsmonopolistischen Kapitalismus und ihre Kritiker in der Bundesrepublik Deutschland. Frankfurt a.M.: Verlag Marxistische Blätter, 1979.<br />
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Lemmnitz, Alfred: Grundzüge des monopolistischen Kapitalismus, Industrie- und Bankmonopole, Finanzkapital und Finanzoligarchie, Dietz , 1975.<br />
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Listl, Walter: Globalisierung des Kapitals, in: Junge Welt vom 22.7.2010.<br />
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Marxistische Gruppe (Vorläuferorganisation des Gegenstandpunkt): Ein aktueller, aber falscher Klassiker: Lenin, der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus., in: Marxistische Studentenzeitung 3-1981.<br />
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Marxistische Studien, Jahrbuch des IMSF, Selbstverlag Albrechtsburg Meißen, 1985.<br />
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MLPD: ParteiProgramm der MLPD, in mlpd, URL: https://www.mlpd.de/partei/parteiprogramm (09.01.2019).<br />
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MLPD, Engel, Stefan: Über die Herausbildung der neuimperialistischen Länder, Beilage des Zentralkomitees der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) zur Roten Fahne 16/2017, in: rf-news, 03.08.2017, URL: https://www.rf-news.de/rote-fahne/2017/nr16/ueber-die-herausbildung-der-neuimperialistischen-laender (09.01.2019).<br />
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Decker/Hecker/Patrick: Das Finanzkapital, in: Gegenstandpunktverlag, 2016.<br />
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Rügemer, W.: Die Kapitalisten des 21. Jahrhunderts, Köln: PapyRossa, 2018.<br />
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Sandleben, G.: Nationalökonomie und Staat. Zur Kritik der Theorie des Finanzkapitals, in: VSA, Hamburg 2003.<br />
<br />
Sandleben, G & Schäfer, J: Apologie von links. Zur Kritik gängiger linker Krisentheorien, Karlsruhe: Neuer ISP Verlag, 2013.<br />
<br />
Schmidt, Johann-Lorenz: Internationale Konzerne, VMB, 1981.<br />
<br />
Wendt, Holger: Herrn Michael Heinrichs Umwälzung des Marxismus, MASCH-Skript.<br />
<br />
Zeise, Lukas: Geld, der vertrackte Kern des Kapitalismus, PapyRossa, Köln 2012.<br />
<br />
Sandleben: Mythos Bankenmacht, in: junge Welt vom 29.05.2012.<br />
<br />
Zeise: Die Herrschaft des Finanzkapitals, in: junge Welt vom 30.05.2012.<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<br />
[[Kategorie: AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
[[Kategorie: Dissens]]<br />
[[Kategorie: Dissens AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]</div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Krisenanalyse&diff=5204Krisenanalyse2019-01-09T11:41:34Z<p>Mati: /* Literatur zum Thema */</p>
<hr />
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<br />
== Überblick ==<br />
Die Krisenanalyse ist in der kommunistischen Bewegung umstritten, aber darüber hinaus vor allem durch sozialdemokratische, reformistische Positionen, aber auch andere bürgerliche Vorstellungen geprägt. Die grundlegende Frage besteht darin, ob Krisen unvermeidbar sind, ob sie gesetzmäßig aus der kapitalistischen Produktionsweise entspringen oder ob sie durch falsche Wirtschaftspolitik oder andere Faktoren verursacht werden. Verbunden mit der Krisenanalyse ist dementsprechend eine bestimmte Vorstellung der Möglichkeiten der Wirtschaftspolitik innerhalb des Kapitalismus, die die Krise verhindern oder abschwächen könnte.<br/>Innerhalb der bürgerlichen politischen Ökonomien sind je nach Entwicklungsstand des Kapitalismus verschiedene „Theorien“ entstanden, die zur Rechtfertigung oder „Verbesserung“ des Systems dienten. Es kommt dabei zu Auseinandersetzungen und Kritik zwischen den verschiedenen „Schulen“. Sie zu kennen, ist notwendig, um die richtige Kritik daran entwickeln zu können. Die Arbeiterklasse muss diese verschiedenen Ansätze und ihren Hintergrund kennen, um zu verstehen, auf welche Art und Weise das kapitalistische System damit gerechtfertigt und verewigt werden soll. Dies gilt insbesondere für die durch die Sozialdemokratie in die Arbeiterbewegung getragenen Vorstellungen. <br />
<br />
=== Finanzkrise, Globalisierung ===<br />
Besonders seit der Weltwirtschaftskrise von 2008 ist die Annahme weit verbreitet, es handele sich um eine Finanzkrise, die durch Spekulation, unkontrollierte Bankgeschäfte und zu wenig Investitionen in Industrieproduktion ausgelöst würde. Die Beschneidung des Finanzsektors und der Banken sei notwendig, um die Krise zu verhindern oder abzuschwächen. Angenommen wird eine Entkoppelung des Finanzsektors von der „Realökonomie“, der industriellen Produktion. Die Ansprüche der Titeleigentümer könnten in der Krise nicht mehr bedient werden und zögen die Produktion mit hinab. Angenommen wird eine Dominanz des Finanzsektors über die Realökonomie. Es finde eine Überakkumulation von Kapital im Finanzsektor statt, die durch eine neoliberale Wirtschaftspolitik gefördert würde. Notwendig sei eine Beschneidung und Verstaatlichung des Finanzsektors, der den Bedürfnissen der Gesellschaft dienen müsse.<br />
<br />
Verbunden ist diese Krisenanalyse mit der Annahme, dass die „Globalisierung“ diese Entwicklung beschleunigt habe, und transnationale Unternehmen ihre neoliberale Agenda überall durchsetzen konnten und es so zu Überkapazitäten gekommen sei. Gefordert wird meist eine vernünftige, regulierende Wirtschaftspolitik und alternative Ökonomien, die eine „andere Welt“ ermöglichen sollen. Angestrebt wird die Entwicklung einer alternativen Globalisierung, der Nationalstaat als Regulierungsinstanz wird abgelehnt bzw. in Frage gestellt.<br />
<br />
Vertreter dieser Ansichten sind ''Sozialismus, ISW, attac, PDL''. <br />
<br />
=== „Regulierter Kapitalismus“ ===<br />
Zahlreiche „Theorien“ und Vorstellungen gehen von der Möglichkeit der Regulierung des kapitalistischen Systems aus und damit von der Abschwächung oder sogar Vermeidung von Krisen und der Möglichkeit, Massenarbeitslosigkeit und andere Folgen der krisenhaften Entwicklung des Kapitalismus zu verhindern. Die Theorien der „Regulierung“ spiegeln selbst die Entwicklung des Kapitalismus zum Imperialismus und zur gesteigerten Bedeutung des Staates wider, da sie auf Eingriffe des Staats und auf „planerische Elemente“ des Kapitalismus verweisen. Außerdem sind sie eine Reaktion auf die Existenz des Sozialismus und der dort tatsächlich planmäßigen Produktion.<br />
<br />
=== Keynesianische Unterkonsumtionstheorie ===<br />
Die wichtigste und entwickeltste Version der Regulierungstheorie ist der Keynesianismus, der in den 30er Jahren entwickelt wurde und seitdem verschiedene Formen angenommen hat, je nach Entwicklung des Kapitalismus. Er ist auch eine Reaktion auf die praktische Veränderung der Wirtschaftspolitik, vor allem in den USA mit dem „New Deal“. <br/>Grundannahme ist, dass durch Geld- und Kreditpolitik des Staates dem Krisenzyklus entgegen gewirkt werden könnte. In der Situation einer Krise sollen durch Schuldenaufnahme Staatsaufträge und Konsumprogramme finanziert werden, um die Nachfragelücke zu schließen. In der Phase der Hochkonjunktur sollten dann Schulden abgebaut werden. International sollten Ungleichgewichte durch die Reduzierung von Handelsüberschüssen abgebaut werden. Unter dieser Vorstellung wurde eine komplexe Wirtschaftspolitik entwickelt, die das Ziel hatte, ein Gleichgewicht zwischen verschiedenen Faktoren der Volkswirtschaft herzustellen (Inflation, Beschäftigung, außenwirtschaftliches Gleichgewicht).<br />
<br />
In der BRD fand diese Wirtschaftspolitik mit der „konzertierten Aktion“ und dem „magischen Dreieck/Viereck“ ihren Ausdruck. Häufig werden die keynesianischen und neoliberalen Ansätze als Gegensatz aufgefasst. Es gibt auch zahlreiche Unterschiede zwischen ihnen, aber sie schließen sich nicht aus. Die Anwendung von Mitteln beider „Regulierungs“-Schulen hat die Steigerung der Profite zum Ziel und richtet sich nur nach dem, was für das Monopolkapital notwendig ist.<br />
<br />
=== Wirtschaftsdemokratie ===<br />
In eine ähnliche Richtung mit anderer Gewichtung geht die Vorstellung, dass die Entstehung von Monopolen die Planbarkeit des Kapitalismus erhöhe und der Staat dadurch in die Lage versetzt werde, mehr zu planen und Krisen zu vermeiden. Die Vorstellung des „geplanten Kapitalismus“ setzte sich unter anderem in Form der „Wirtschaftsdemokratie“ durch den Reformismus in der Gewerkschaftsbewegung durch. Dort ist bis heute die Vorstellung, dass durch Löhne und Ankurbelung der Nachfrage die Konjunktur dauerhaft erhalten bleiben könne, verbreitet.<br />
<br />
=== Neoliberale Wirtschaftspolitik / Monetäre Theorie ===<br />
Die Vorstellung, dass durch Fehler in der Zirkulation oder der Geldpolitik die Krise verursacht würde, gab es bereits zu Marx’ Zeiten unter dem Stichwort der „monetären Theorie“. Die scheinbar dem Keynesianismus entgegen gesetzte „neoliberale“ Wirtschaftsschule sieht die Ursachen der Wirtschaftskrise ebenfalls in der verfehlten Geld- und Kreditpolitik der Regierung und schlägt verschiedene Modelle der Zuwächse der Geldmenge, der Zinssätze, etc. vor. Auch wird eine „Überinvestition“, eine Gleichgewichtsstörung der Produktion“ angenommen. Wenn also auch beide in eine andere Richtung weisen, gehen sie davon aus, durch Wirtschafts- und Geldpolitik die Ökonomie steuern und Krisen vermeiden zu können. Im Gegensatz zur keynesainischen Schule werden hier niedrige Löhne und niedrige Steuern als Lösung propagiert.<br />
<br />
=== Produktivkraftentwicklung ===<br />
Der marxistischen Ökonomie wurden zahlreiche bürgerliche Erklärungsversuche entgegen gestellt. Mit der Entwicklung der Produktivkräfte und damit unter anderem neuer Technologien kamen auch Ansichten auf, die die Entwicklung daran festmachten und sie von den Produktionsverhältnissen trennten. Neue Technologien bringen dieser Ansicht nach Schübe der Entwicklung und bestimmen sie grundsätzlich. Diese Vorstellung hat verschiedenste Ausprägungen, die hier grob zusammen gefasst werden als Ansätze zur Infragestellung oder Relativierung der von Marx entdeckten Gesetzmäßigkeiten des Kapitalismus - die Notwendigkeit der Krise, der tendentielle Fall der Profitrate und weitere. <br />
<br />
Im weiteren Verlauf der Arbeit der AG sollten diese verschiedenen Ansätze der Theorie der langen Wellen, der „Konjunkturforschung“, etc. herausgestellt werden. Sie sind in Bezug auf manche aktuelle Diskussionen von Relevanz, wie zum Beispiel die Debatte um Industrie 4.0.<br />
<br />
=== Allgemeine Krise ===<br />
Unter diesem Begriff wurde ab den 20er Jahren definiert, dass der Kapitalismus in seinem imperialistischen Stadium in seine allgemeine Krise eingetreten ist, weil der Widerspruch zwischen gesellschaftlichem Charakter der Produktion und dem privaten Eigentum an Produktionsmitteln sich immer weiter zuspitzt. Die allgemeine Krise des Kapitalismus ist eine allseitige Krise des gesamten kapitalistischen Weltsystems, gekennzeichnet durch Kriege und Revolutionen, durch den Kampf zwischen dem sterbenden Kapitalismus und dem aufsteigenden Sozialismus. Die allgemeine Krise des Kapitalismus erfasst alle Seiten des Kapitalismus, sowohl die Wirtschaft als auch die Politik. Ein weiteres Element der allgemeinen Krise des Kapitalismus waren die sozialistischen Revolution in Russland und danach in vielen anderen Ländern, sowie der Wegfall des Kolonialsystems. Die Ungleichmäßigkeit der Entwicklung der kapitalistischen Länder in der Epoche des Imperialismus erzeugt im Laufe der Zeit eine Nichtübereinstimmung der bestehenden Aufteilung der Absatzmärkte, Einflusssphären und Kolonien mit dem veränderten Kräfteverhältnis zwischen den wichtigsten kapitalistischen Staaten. Auf Grund dessen kommt es zu heftigen Störungen des Gleichgewichts innerhalb des kapitalistischen Weltsystems, die zur Spaltung der kapitalistischen Welt in feindliche Gruppierungen und zum Krieg zwischen ihnen führt. <br />
<br />
Seit der Niederlage von 1989 wird in Frage gestellt, ob man noch von der allgemeinen Krise des Kapitalismus sprechen kann. Im Laufe der weiteren Arbeit sollen hier die verschiedenen Positionen und ihre Argumente dargestellt werden.<br />
<br />
== Bezug zu unseren Grundannahmen ==<br />
Die Klassiker des wissenschaftlichen Sozialismus haben kein zusammenhängendes Werk zur Krise verfasst. Aber in ''Das Kapital'' von K. Marx sind viele direkte Aussagen dazu zu finden. Außerdem sind weitere Bestandteile ''des Kapitals'' wichtig, darunter die [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Akkumulationsprozess des Kapitals|Akkumulation des Kapitals]], die organische Zusammensetzung des Kapitals, der tendentielle Fall der Profitrate. Vor allem im dritten Band, in dem der Gesamtprozess der kapitalistischen Produktion analysiert wird, wird aus der Analyse der kapitalistischen Produktionsweise die [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Der Krisenzyklus|Notwendigkeit der Krisen]] erklärt. Desweiteren gibt es zahlreiche Aussagen von Engels zur Krise. <br />
<br />
Lenin führt in seiner Imperialismusanalyse aus, dass durch die Monopole zwar teilweise ganze Produktionsketten geplant werden, der anarchische Charakter der Produktion aber keineswegs verschwindet, sondern im Gegenteil sogar verschärft in der Konkurrenz zwischen den Monopolen stattfindet und damit auch die Krisen. Zugleich verstärken die Krisen die [[Der imperialistische Kapitalismus#Konzentration der Produktion und Monopole|Tendenz zum Monopol]]. In seiner [[Der imperialistische Kapitalismus#Kritik des Imperialismus - Kampf gegen den Opportunismus|Auseinandersetzung mit Kautsky]] und anderen Opportunisten zeigt Lenin auf, warum alle Vorstellungen eines reformierbaren Imperialismus Illusionen sind.<br />
<br />
== Wie wollen wir den Dissens klären? ==<br />
Aus den Grundannahmen von Marx, Engels und Lenin müssen wir erarbeiten, warum die Möglichkeit und Notwendigkeit der Krise in der Produktionsweise und ihren Widersprüchen selbst angelegt sind.<br/>Wir müssen erarbeiten, vor welchem ökonomischen und gesellschaftlichen Hintergrund die Theorien des „Regulierten Kapitalismus“ entstanden sind, welchen Interessen sie dienen.<br/>Dann ist zu beantworten, an welcher Stelle genau diese Ansichten den Analysen des wissenschaftlichen Sozialismus widersprechen. <br />
<br />
Empirisch müssen wir erarbeiten, wie der Staat tatsächlich regulierend im Interesse des Kapitals eingreift und inwiefern diese „Regulierung“ gegen die Interessen der Arbeiterklasse gerichtet sind. Als Beispiel sei hier nur die „konzertierte Aktion“ erwähnt, die zwar kein frontaler Angriff auf die Rechte der Arbeiter war, wie die „formierte Gesellschaft“, aber nicht weniger stark den Kampf der Arbeiterklasse einengte. <br />
<br />
Hierbei ist auch die Erarbeitung der Verschmelzung von Staat und Monopolen wichtig, der Nachweis, auf welchen Wegen und mit welchen Mitteln die Monopole im und durch den Staat ihre Interessen durchsetzen. <br />
<br />
Eine laufende Aufgabe ist die Beobachtung und Analyse der Wirtschaftspolitik, der Maßnahmen der Regierung und anderer Teile des Staates. <br />
<br />
Diese und zukünftige Aufgaben und offene Fragen werden wir [[Offene Fragen zur Klärung der Dissense#Krisenanalyse|hier]] sammeln.<br />
<br />
== Was steht zu diesem Dissens in den Programmatischen Thesen? ==<br />
{{Zitat |Die Widersprüche, die der kapitalistischen Produktionsweise innewohnen, führen periodisch zur Krise. Die kapitalistische Krise ist im Unterschied zu Krisenphasen in früheren Produktionsweisen nicht Ausdruck von Knappheit, sondern kommt im Gegenteil dadurch zustande, dass gemessen an der zahlungsfähigen Nachfrage zu viele Waren produziert wurden und dadurch die Profitabilität der Unternehmen sinkt. Das Nebeneinander von Überfluss und Elend ist gleichzeitig Ursache und Folge der kapitalistischen Krise und bringt die Irrationalität und den historisch überholten Charakter der bürgerlichen Produktionsweise zum Ausdruck. Die Produktionsverhältnisse – das Privateigentum an den Produktionsmitteln – sind längst zur Fessel der Produktivkräfte geworden.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 6)}}<br />
<br />
{{Zitat |Der Kapitalismus ist ein parasitäres Gesellschaftssystem, in dem Reichtum nur durch Ausbeutung existieren kann, in dem Kriege und sich wiederholende Krisen zwingende Bestandteile sind.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 3)}}<br />
<br />
{{Zitat |Die Steigerung der Produktivität führt dazu, dass immer weniger Menschen arbeiten müssen, um die Produktion sicherzustellen. Das ist ein gesellschaftlicher Fortschritt. In der kapitalistischen Gesellschaft wird aber nicht für die Bedürfnisse der Gesellschaft produziert, sondern für die Profite Weniger. Deshalb gibt es Millionen Erwerbslose, die Lage der Arbeiter verschlechtert sich. Verelendung in vielen Lebensbereichen, materiell, kulturell, individuell, wird zum bestimmenden Faktor der Lebensverhältnisse der Menschen.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 6)}}<br />
<br />
{{Zitat |[...] Der Imperialismus als höchste und letzte Stufe des Kapitalismus bringt regelmäßig Krisen und dauerhaft hohe Arbeitslosigkeit hervor. Er erweist sich als unfähig, die Potentiale der Produktivkräfte im vollen Umfang auszunutzen. Im Gegenteil sind zyklische Vernichtung von Produktivkräften und weitere Angriffe auf die Errungenschaften der Arbeiterklasse nötig für die Bourgeoisie, um aus der Krise zu kommen.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 8-9)}}<br />
<br />
== Literatur zum Thema ==<br />
Akademie der Wissenschaften der UdSSR, Institut für Ökonomie: Lehrbuch Politische Ökonomie, Dietz-Verlag, Berlin 1954.<br />
<br />
Autorenkollektiv: Bürgerliche Ökonomie im modernen Kapitalismus, Dietz-Verlag, Berlin 1967.<br />
<br />
ISW: Kapitalismus am Ende? Zwischen Dauerkrise, Widerstand, Transformation, Report Nr. 94, September 2013. <br />
<br />
ISW: Dringend gesucht: Alternative zum Kapitalismus, Report Nr. 89, Juni 2012.<br />
<br />
Klein, Dieter: Allgemeine Krise und staatsmonopolistischer Kapitalismus, Dietz-Verlag, 1974.<br />
<br />
Mendelson, L.A.: Wirtschaftskrisen und Wirtschaftszyklen nach dem zweiten Weltkrieg, Dietz-Verlag, Berlin 1959.<br />
<br />
Oelßner, Fred: Probleme der Krisenforschung, Akademie-Verlag, Berlin 1960.<br />
<br />
Oelßner, Fred: Die Wirtschaftskrisen, Dietz-Verlag, Berlin 1949.<br />
<br />
Reinhold, Otto: Die Wirtschaftskrisen, Dietz-Verlag, Berlin 1974.<br />
<br />
Roth, Rainer: Die Gier, die Krise und wir, Klartext-Verlag, Frankfurt 2011.<br />
<br />
Roth, Rainer: Die Verhinderung des Weltuntergangs, Klartext-Verlag, Frankfurt 2009.<br />
<br />
Roth, Rainer: Finanz- und Wirtschaftskrise: Sie kriegen den Karren nicht flott... - Anmerkungen zu Ursachen und „Lösungen“, Klartext-Verlag, Frankfurt 2009.<br />
<br />
Zeitschrift Sozialismus, diverse Supplements, darunter: Euro Memo 2016, Wege zur Bewältigung der Krisen in Europa, 3/2016.<br />
<br />
Zeitschrift Sozialismus, Kapitalismuskritik auf der Höhe der Zeit, 10/2016.<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<br />
[[Kategorie: AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
[[Kategorie: Dissens]]<br />
[[Kategorie: Dissens AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]</div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Imperialismus_als_Weltsystem&diff=5203Imperialismus als Weltsystem2019-01-09T11:30:17Z<p>Mati: /* Literatur zum Thema */</p>
<hr />
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<br />
== Überblick ==<br />
<br />
Die Analyse des Imperialismus ist umstritten und gehört zu den zentralen Debatten in der kommunistischen Bewegung. Sie hat weitgehende Konsequenzen für die Strategie der Parteien und ist eine anhaltende Debatte, die bereits seit der Entstehung des Imperialismus geführt wird. Zum Teil sind es heute dieselben Punkte wie in der Auseinandersetzung zwischen Kautsky und Lenin. <br />
Der Grund für Unklarheiten liegt zum einen im Opportunismus, zum anderen in Veränderungen, die untersucht werden müssen und über die, wegen mangelnder Grundlage, falsche Annahmen entstehen können.<br />
<br><br />
<br><br />
Die voranschreitende Monopolisierung, die weitere Entwicklung von Kapitalexport und die verschiedenen Formen des fiktiven Kapitals und der Kapitalströme führen zu der Annahme, der grundlegende Charakter des Kapitalismus habe sich in seinem imperialistischen Stadium verändert. <br />
<br><br />
<br><br />
Im Mittelpunkt der Debatte steht die Frage: Was sind die Kriterien mit denen die Analyse vorgenommen wird? Ebenso zu klären sind folgende Fragestellungen: Wird der Imperialismus als ökonomisches System oder als vor allem politisches Phänomen begriffen? Ist es möglich den politischen Überbau von der ökonomischen Basis zu lösen bzw. zu relativieren? Gibt es kapitalistische Staaten, die eine friedliche, fortschrittliche Entwicklung im Imperialismus ermöglichen könnten? Und gibt es eine Verflechtung und Verschränkung, die zu einer Abschwächung der Widersprüche führt?<br />
<br><br />
<br><br />
Die Debatte spitzt sich in der Frage zu, ob es Staaten bzw. Länder gibt, die außerhalb des „Imperialismus“ stehen. Damit einher geht, dass eine Definition des Imperialismus vorgenommen wird, nämlich die, dass der Imperialismus auf einige wenige besonders mächtige Länder beschränkt ist. Dem gegenüber steht die Auffassung, dass Imperialismus als Weltsystem zu verstehen ist, in dem die Länder verschiedene Positionen einnehmen. <br />
<br />
Im folgenden wird versucht, die unterschiedlichen Positionen und Thesen sowie ihre Vertreter darzustellen:<br />
<br />
=== Imperialismus als Weltsystem, die imperialistische Pyramide ===<br />
Die KKE vertritt die Imperialismusanalyse, wonach der ökonomische Kern des Imperialismus das Monopol ist. Die Merkmale des Imperialismus sind für die KKE weiterhin: die Konzentration der Produktion und des Kapitals, die Verschmelzung des Bank- und Industriekapitals zum Finanzkapital, die Entstehung einer Finanzoligarchie, der Kapitalexport und die Entstehung internationaler Monopolbündnisse. Imperialismus ist nach den Analysen der KKE kein politisches Konzept, das von der ökonomischen Basis loszulösen ist und auch nicht nur als Politik der militärischen Aggression zu verstehen. Kapitalismus und Imperialismus sind demnach nicht von einander zu trennen. Imperialismus ist für die KKE ein Weltsystem, in dem die verschiedenen Länder verschiedene Stellungen einnehmen und in einem wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnis stehen. Es gibt nach dieser Imperialismusanalyse nicht nur eine Handvoll mächtige Länder, die alle anderen unterdrücken. Neben den Ländern, die an der Spitze des Systems stehen, wofür die KKE das Bild einer Pyramide benutzt, entwickeln nach Auffassung der KKE auch die Länder, die eine Zwischenstellung einnehmen, die Kriterien des Imperialismus (Monopole, Finanzkapital, Kapitalexport).<br />
<br />
Die Gegensätze und Widersprüche zwischen den verschiedenen Staaten nehmen daraus folgend zu, ebenso verschärft sich die Konkurrenz um Rohstoffe, Transportwege und Marktanteile der Monopole. <br />
Die Zunahme von Polen oder Zentren verschärft die Konkurrenz und Gegensätze. Monopole in der Wirtschaft können nicht mit einer gewaltfreien, nicht den Monopolinteressen dienenden Politik koexistieren. Ein Zwischenstadium zwischen Kapitalismus und Sozialismus gibt es nach Aussage der KKE nicht. Fazit der KKE ist, dass sich die Arbeiterklasse die Macht erobern und den Sozialismus errichten muss.<br/>Vertreter: KKE (https://inter.kke.gr/de/articles/On-Imperialism-The-Imperialist-Pyramid/)<br />
<br />
=== Multipolare Weltordnung ===<br />
Ausgangspunkt ist die Veränderung von einer „unipolaren Weltordnung“ durch die USA zu einer „multipolaren Weltordnung“ mit mehreren Zentren. Unter „imperialistisch“ werden die USA und NATO-Staaten verstanden, die sich in alle anderen Statten einmischen und ihre Entwicklung bremsen wollen. Die aufstrebenden Staaten haben danach ein Interesse an Kooperation und Völkerrecht, um sich gegen die Einmischung zu wehren.<br/><br />
Dies ist laut dieser Imperialismusanalyse objektiv im Interesse der Arbeiterklasse. Einzelne Länder könnten daher ökonomisch die Kriterien für Imperialismus (Monopole, Kapitalexport, etc.) erfüllen (Russland) und dennoch eine positive Rolle einnehmen. Zum Beispiel können sie demnach objektiv dem Kampf für Frieden dienen und auf der anderen Seite „politisch“ nicht imperialistisch sein. Eine besondere Rolle spielen Russland und China. Bei letzterem wird angenommen, dass es ein Land mit sozialistischer Orientierung ist. Die Debatte zum Klassencharakter von Russland und China ist darausschlussfolgernd eng mit der Debatte zur Imperialismusanalyse verbunden.<br/><br />
Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass Kapitalismus und Imperialismus nicht identisch sind und imperialistische Politik vor allem militärische Aggression bedeute.<br/>Vertreter: Beate Landefeld, Willi Gerns, weitere Teile der DKP. Freidenker, Andreas Wehr, Rotfuchs, Z Zeitschrift marxistische Erneuerung, teilweise Zeitschrift Sozialismus<br />
<br />
=== Kollektiver Imperialismus ===<br />
Vor knapp zwanzig Jahren wurde die These vertreten, dass alle imperialistischen Staaten auf Grund gemeinsamer Interessen die restlichen Länder unterwerfen und dass ein Krieg zwischen den imperialistischen Mächten unwahrscheinlich bzw. ausgeschlossen ist.<br/><br />
Nach der Weltwirtschaftskrise von 2008 und der zunehmenden Widersprüche zwischen den imperialistischen Ländern hat sich die These etwas verschoben. Angenommen wird nun, dass die USA und die NATO-Staaten einen kollektiven Imperialismus bilden, der ihre Interessen gegen die anderen, vor allem Russland und China, durchsetzt. Welchen Charakter und welche Rolle Russland und China dabei spielen, wird unterschiedlich ausgelegt.<br />
Einige Vertreter stehen auf dem Standpunkt, dass sich der Imperialismus im Übergang vom „staatsmonopolistischen Kapitalismus“ zum „transnationalen Monopolkapitalismus“ befinde. Aufgrund der Internationalisierung der Produktion und Verwertung des Kapitals, sowie der Zunahme des Kapitalexports haben sich ihrer Meinung nach Konzerne mit „transnationaler Eigentümerstruktur“ herausgebildet. Dies führt auch zu Entwicklung neuer supranationaler Staatsgebilde. Damit verbunden wird eine relative Selbständigkeit des Staates vom Kapital angenommen. Die Nationalstaaten würden somit gegeneinander ausgespielt werden, um die besten Bedingungen für die transnationalen Konzerne durchzusetzen. Sie vermitteln weiterhin die „Hegemonie“ des transnationalen Kapitals und bearbeiten die Konflikte zwischen Fraktionen dieses Kapitals. Die Konkurrenz zwischen Nationalstaaten nehme laut dieser Imperialismusanalyse zwar zu, die transnationalen Organisationsformen des transnationalen Kapitals trügen aber zur Entschärfung der Konkurrenz bei. (Mayer)<br />
Hauptsächlich gingen die EU und die USA kollektiv vor, während es zwischen den USA und der EU auf der einen Seite und den BRICS auf der anderen Seite zu verstärkter Konkurrenz kommt.<br/>Vertreter: Leo Mayer, ISW, Samir Amin.<br />
<br />
=== Neu-imperialistische Länder ===<br />
Unter dieser Begrifflichkeit fasst die MLPD das Aufstreben von Ländern im imperialistischen Weltsystem zusammen. Aufgrund der stark gestiegenen Produktivität und dem zunehmendem Kapitalexport hat sich laut der MLPD das „imperialistische Kapital“ gegenseitig durchdrungen und verflochten. Die Produktion hat sich, ebenso wie das Finanzwesen, internationalisiert. Nach dieser Analyse ist es zu vermehrten grenzüberschreitenden Fusionen und Übernahmen gekommen, dadurch haben sich schließlich Übermonopole gebildet. Ehemalige Kolonien haben sich von den internationalen Monopolen aus dem Ausland abgenabelt, eigene Monopole aufgebaut und Kapitalexport betrieben. Ebenso haben sich staatsmonopolistische Strukturen herausgebildet. Die BRICS und andere Länder sind ihrer Meinung nach aufgestiegen, während die USA die letzte verbliebene Supermacht sei, die vor allem von China herausgefordert werde. Die imperialistische Multipolarität vertiefe die allgemeine Krise des Kapitalismus.<br/>Vertreter: MLPD.<br />
<br />
== Bezug zu den Grundannahmen ==<br />
Die grundlegende Auseinandersetzung in dieser Frage ist das Verhältnis der Ökonomie zur Politik. Hierzu sollten die Grundannahmen zum [[Der historische Materialismus|historischen Materialismus]] und insbesondere die Passagen aus Engels' ''Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft'' herangezogen werden.<br />
<br><br />
<br><br />
Eine der zentralen Veränderungen des Imperialismus, im Vergleich zum Kapitalismus der freien Konkurrenz, ist die enorme Akkumulation von Kapital und die damit verbundene Bildung der Monopole. Ebenso charakterisierend ist die Entstehung des Finanzkapitals und der Finanzoligarchie sowie die zunehmende Bedeutung des Kapitalexports. Diese ökonomischen Kriterien des Imperialismus entstehen aus dem Kapitalismus der freien Konkurrenz und sind nicht davon zu trennen. Für diese Fragen sind zum einen die Grundannahmen aus Marx' Kapital, 1. Band zur [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Akkumulationsprozess des Kapitals|Kapitalakkumulation]], sowie aus dem 3. Band zur [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Die Rolle des Kredits in der kapitalistischen Produktion|Rolle des Kredits]] und der Börse als Literatur heranzuziehen.<br />
<br><br />
<br><br />
In Lenins Imperialismusschrift sind vor allem die Kapitel zur [[Der imperialistische Kapitalismus#Konzentration der Produktion und Monopole|Entstehung der Monopole]] und zum [[Der imperialistische Kapitalismus#Der Kapitalexport|Kapitalexport]] wichtig.<br/>Zu den ökonomischen Grundlagen des Imperialismus und dem Zusammenhang mit der Neuaufteilung der Welt ist Lenins Imperialismusschrift, hier vor allem die Passagen aus dem [[Der imperialistische Kapitalismus#Die Aufteilung der Welt unter die Kapitalistenverbände|V. bis IX. Kapitel]], bedeutend.<br />
<br />
== Wie wollen wir den Dissens klären? ==<br />
Auf der theoretischen Ebene muss die ökonomische Basis des Imperialismus herausgearbeitet werden – Konzentration von Kapital führt zum Monopol. Bearbeitet werden muss die Frage, ob Kapitalismus und Imperialismus zu trennen sind, sprich ob ein „nicht-imperialistischer“ Kapitalismus möglich ist.<br />
<br><br />
<br><br />
Damit zusammen hängt die theoretische Darlegung des Zusammenhangs von ökonomischer Basis und politischem Überbau, in welchem Verhältnis die beiden zueinander stehen und welche Auseinandersetzungen es bereits zu dieser Frage gab(Lenin/Kautsky gehört dazu).<br />
<br><br />
<br><br />
Argumentativ muss hier auf die Annahme eingegangen werden, dass eine Ordnung der Kooperation und Vernunft innerhalb des Imperialismus möglich ist. In diesem Zusammenhang sollte auch auf das Argument aufgegriffen werden, dass die Anti-Hitler-Koalition ein Vorbild sei.<br />
<br><br />
<br><br />
Auf der empirischen Ebene muss das Argument untersucht werden, dass während der Existenz des Sozialismus einige Länder vorübergehend anders agieren konnten. Dies wird auf heute übertragen, um zu behaupten, dass eine solche Entwicklung möglich wäre. Eine empirische Untersuchung der Entwicklung dieser Länder (Indien zeitweise, Ägypten ect.) ist hier notwendig.<br />
<br><br />
<br><br />
Untersucht werden muss der Klassencharakter, die ökonomische Basis von Russland, China und weiteren Ländern, sowie ihre Position in der Weltwirtschaft und ihr politisches Verhältnis.<br />
<br />
Diese und zukünftige Aufgaben und offene Fragen werden wir [[Offene Fragen zur Klärung der Dissense#Imperialismus als Weltsystem|hier]] sammeln.<br />
<br />
== Was steht zu diesem Dissens in den Programmatischen Thesen? ==<br />
Auszüge aus unseren programmatischen Thesen zur Frage der Imperialismusanalyse:<br />
{{Zitat |Der ökonomische Kern des Imperialismus ist das Monopol. Der heutige Kapitalismus ist dominiert vom Monopolkapital, das sich durch die Konzentration und Zentralisation des Kapitals herausgebildet hat. Dieser Wesenszug bestimmt die gesamte Epoche, in der wir leben. Im Imperialismus ist der Drang zum internationalen Kapitalexport enorm erhöht.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 8)}}<br />
<br />
{{Zitat |Die These eines „kollektiven Imperialismus“, wonach sich die zwischenimperialistischen Widersprüche tendenziell abschwächen würden und es zur gemeinschaftlichen Ausbeutung der Welt durch die verbündeten imperialistischen Zentren käme, ist lediglich eine Neuauflage der „Ultraimperialismus“-These des Revisionisten Karl Kautsky, die bereits Lenin widerlegt hat. Diese These ist heute so falsch wie damals. Auch eine sogenannte „multipolare Weltordnung“, in der neben den USA und der EU weitere Zentren die Weltordnung bestimmen, ist nur Ausdruck der ungleichmäßigen Entwicklung des Kapitalismus und sich verändernder Kräfteverhältnisse. Eine Hoffnung auf eine friedlichere Welt liegt darin nicht.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 9)}}<br />
<br />
{{Zitat |[...] Staaten, in denen (monopol-)kapitalistische Verhältnisse bestehen, wie etwa China, können keinen antiimperialistischen Charakter annehmen.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 10)}} <br />
<br />
{{Zitat |Der antiimperialistische Kampf muss sich deshalb gegen das Kapital und das kapitalistische System als Grundlage des Imperialismus richten. Als Kommunisten in Deutschland sehen wir den deutschen Imperialismus, d.h. die deutsche Monopolbourgeoisie und ihren Staat als unseren Hauptgegner an. Wir kämpfen aber Seite an Seite mit unseren Genossen auf der ganzen Welt gegen den Imperialismus als Ganzes, als weltweites System.Besonders hervorzuheben sind daher auch die EU als imperialistisches Bündnis, die aufstrebenden Ökonomien der BRICS-Gruppe und der US-Imperialismus als nach wie vor militärisch gefährlichster imperialistischer Pol der Welt.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 10)}}<br />
<br />
== Literatur zum Thema. ==<br />
Gerns, Willi: Das Putinsche Russland, in: Marxistische Blätter 1-15.<br />
<br />
Gerns, Willi: Nicht über einen Kamm scheren, in: junge Welt vom 20.10.2014.<br />
<br />
Landefeld, Beate: Im Übergang zur Multipolarität, in: belfix.wordpress, URL: https://belafix.wordpress.com/2015/01/22/im-bergang-zur-multipolaritt/ (09.01.2019).<br />
<br />
Landefeld, Beate: Was heißt Transnationalisierung?, in: komnet, URL: http://www.kommnet.de/index.php?option=com_content&view=article&id=2120:was-heisst-qtransnationalisierungq-beate-landefeld&catid=99:die-qpolitischen-thesenq-des-parteivorstandes-der-dkp&Itemid=184 (09.01.2019).<br />
<br />
Listl, Walter: Globalisierung des Kapitals, in: junge Welt vom 22.07.2010.<br />
<br />
Mayer, Leo: Zunehmende Verteilungskämpfe, in: junge Welt vom 13.4.2011.<br />
<br />
MLPD, Engel, Stefan: Über die Herausbildung der neuimperialistischen Länder, Beilage des Zentralkomitees der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) zur Roten Fahne 16/2017, in: rf-news, 03.08.2017, URL: https://www.rf-news.de/rote-fahne/2017/nr16/ueber-die-herausbildung-der-neuimperialistischen-laender (09.01.2019).<br />
<br />
Papariga, Aleka: On the imperialist Pyramid, in: kke, URL: https://inter.kke.gr/de/articles/On-Imperialism-The-Imperialist-Pyramid/ (09.01.2019).<br />
<br />
Wehr, Andreas: Transnationaler Kapitalismus?, in: andreas-wehr, URL: https://www.andreas-wehr.eu/transnationaler-kapitalismus.html (09.01.2019).<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<br />
[[Kategorie: AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
[[Kategorie: Dissens]]<br />
[[Kategorie: Dissens AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]</div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Aufgaben_der_AG_Politische_%C3%96konomie_des_Imperialismus&diff=5201Aufgaben der AG Politische Ökonomie des Imperialismus2019-01-09T10:59:17Z<p>Mati: </p>
<hr />
<div>Zurück zu [[AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
<br />
== Analyse der rechtlichen Rahmenbedingungen für ökonomischen Kämpfe ==<br />
Hier sollen konkrete Arbeitsaufträge zur Analyse von Gesetzen, Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen gesammelt werden, die die Kämpfe und Lage der Arbeiterklasse ökonomisch bestimmen.<br />
<br />
== Analyse der ökonomischen Lage und Kämpfe der Arbeiterklasse ==<br />
Hier sollen konkrete Arbeitsaufträge zur Analyse von Tarifauseinandersetzungen, größeren wilden und von den DGB-Gewerkschaften geplanten Streiks gesammelt werden.<br />
<br />
== Analyse des Kapitals ==<br />
Hier sollen konkrete Arbeitsaufträge zur Analyse von Banken und Konzernen gesammelt werden, wie Unternehmensstrukturen, Mitarbeiterentwicklungen, Zusammensetzungen des Kapitals, Ausbeutungs- und Profitraten.</div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Monopole_und_Ausbeutung_der_Arbeiterklasse&diff=5199Monopole und Ausbeutung der Arbeiterklasse2019-01-09T10:52:30Z<p>Mati: </p>
<hr />
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<br />
== Überblick ==<br />
In diesem Dissens geht es um das gesamte Feld der Ausbeutung der Arbeiterklasse, ihrer ökonomischen und in Teilen auch ihrer politischen Unterdrückung. Imperialismus bedeutet verschärfte Ausbeutung und Reaktion nach Innen. Die Bourgeoisie muss fortwährend die Profite steigern, auch um in der Jagd nach dem Extraprofit die Konkurrenz zu besiegen und als Sieger im Zentralisationsprozess hervorzugehen. Die Monopole müssen durch alle möglichen Wege dem tendenziellen Fall der Profitrate entgegen arbeiten. Sie müssen den Mehrwert steigern – durch direkte Absenkung der Löhne, durch Heraufsetzung der Arbeitszeit und durch die Steigerung der Produktivität und damit durch Arbeitsverdichtung, Arbeitshetze, Kontrolle und Einsatz von neuer Technik.<br />
<br />
Dieser Prozess der Reproduktion und Akkumulation des Kapitals hat massive Auswirkungen auf die gesamte Lage der ausgebeuteten Klasse - auf die Arbeitskraft, ihre Ausbildung und ihre Arbeitsteilung. Dies zeigt sich sowohl in der Herausbildung immer kleinteiligerer Arbeitsschritte und einer damit verbundenen Minderung des Werts der Ware Arbeitskraft für den Großteil der Arbeiter. Auf der anderen Seite aber auch in der Entwicklung komplizierterer Arbeitsschritte und somit der Notwendigkeit einige Arbeiter besser auszugebilden, woduch der Wert ihrer Arbeitskraft steigt. Dies verursacht eine weitere Spaltung der Arbeiterklasse in hochqualifizierte festangestellte Facharbeiter und befristete Hilfsarbeiter. Die Steigerung der Produktivität durch Arbeitsverdichtung und Arbeitshetze schlägt sich in der Verschlechterung der physischen und psychischen Gesundheit und der Zerrüttung der sozialen Verhältnisse der Arbeiter und ihrer Familien nieder. Die Degradierung von Teilen der Arbeitskraft bedeutet niedrige Bildung und zum Teil moralische Verrohung für Teile der Arbeiterklasse. Insgesamt geht es in diesem Dissens darum, die Entwicklung der wichtigsten Produktivkraft – der Arbeitskraft – zu erfassen, ihre Entwicklung in qualitativer und quantitativer Hinsicht. Diese Aspekte hängen eng mit der Arbeit der [[AG Klassenanalyse|AG Klassenanalyse]] zusammen, die aber eher die konkrete Analyse der Klasse heute und ihrer Bewusstseinslage vornimmt. <br />
<br />
Die direkte Steigerung der Mehrwertrate durch Absenkung der Löhne und Heraufsetzung der Arbeitszeit ist gemeinsam mit dem Kampf um Arbeitsbedingungen der zentrale Teil des ökonomischen Klassenkampfes. Hierbei werden vom Kapital alle Mittel und Formen angewandt, um das Ziel zu erreichen: Steigerung der Arbeitszeit, Überstunden, Ausweitung der Schichtarbeit, Flexibilisierung der Arbeitszeit, Schaffung prekärer Arbeitsverhältnisse, Absenkung der Sozialversicherungen als Teile des Lohns, Druck auf Erwerbslose, Absenkung des Existenzminimums, Ausweitung der industriellen Reservearmee etc.<br />
<br />
Eine Frage, die damit verbunden und genauer erarbeitet werden muss ist, ob die Monopole eine besondere Rolle in der Steigerung der Ausbeutung spielen und wenn ja, inwiefern. Dabei muss die Rolle des Kapitalexports und der Ausbeutung der Arbeitskraft in anderen Ländern mit einbezogen werden.<br />
<br />
Die industrielle Reservearmee, ihre Größe, Zusammensetzung, Entwicklung und Auswirkung auf die gesamte Klasse ist ein Bereich dieses Dissens. Außerdem alle damit verbundenen Fragen wie zum Beispiel die Frage nach der Rolle des Mindestlohngesetzes oder die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen. Auch: Wem dient das Leiharbeitsgesetz und das Hartz-IV-System und wie sind diese zustande gekommen? In diesem Bereich geht es also um die Untersuchung des Arbeitsmarktes und ob die unbeschäftigten, als auch beschäftigten Teile der industriellen Reservearmee zur Arbeiterklasse gehören oder nicht. Außerdem gilt es, die Struktur derselben zu analysieren.<br />
<br />
Der ökonomische Klassenkampf ist untrennbar mit dem politischen Klassenkampf verbunden, da das Kapital und insbesondere die Monopole mit ihrem Staat nicht nur wesentliche Bedingungen setzen (Existenzminimum, Mindestlohn etc.) sondern über eine ganze Reihe an Gesetzen versuchen die Bedingungen möglichst einzuengen, wie z.B. im Falle des Streikrechts, des Tarifrechts, des Arbeitsrechts und des Sozialrechts. Die Form der Lohnforderungen beispielsweise, ist eine politische Frage und die Kapitalistenklasse versucht durch verschiedene Mittel, die Arbeiterklasse in dieser Frage einzuschränken. Das Betriebsverfassungsgesetzes, das Tarifrecht und „Mitbestimmung“ im allgemeinen sowie die Gesetze, die Tarifverträge und die Betriebsvereinbarungen, die die Arbeitszeit oder die Verteilung der von der Arbeiterklasse geschaffenen Werte angehen, müssen hier analysiert und eingeschätzt werden. Ziel ist es, richtige Einschätzungen zu allen Fragen rund um Lohn, Existenzminimum, Arbeitszeit, Gewerkschaften usw. erarbeiten zu können. Hierzu gehören auch Frage bzgl. der Laufzeiten von Tarifverträgen, die Möglichkeit der Wahl zwischen Urlaub oder Lohnerhöhung, die Entwicklung des Reallohns und die Berechnung der Inflation im Sinne der Arbeiterklasse usw.<br />
<br />
Im weiteren Verlauf der Arbeit in diesem Bereich müssen konkrete Auseinandersetzung zu den oben genannten Punkten erstellt werden.<br>Hier sei nur beispielhaft benannt:<br />
<br />
=== Die Möglichkeit eines dauerhaften Ausgleichs zwischen Arbeiterklasse und Kapitalistenklasse ===<br />
Die Möglichkeit eines dauerhaften Ausgleichs zwischen Arbeiterklasse und Kapitalistenklasse, besser bekannt unter dem Stichwort „Sozialpartnerschaft“ oder Klassenzusammenarbeit wird von der Führung der DGB-Gewerkschaften vertreten. Mit dem Stinnes-Legien-Abkommen wurden die Voraussetzungen für das spätere Betriebsverfassungsgesetz und damit der institutionelle Rahmen der „Sozialpartnerschaft“ und der Verbindung der Gewerkschaften mit dem Staatsapparat gelegt. Damit verbunden ist die rein moralische Ablehnung von „Ausbeutung“ und damit die bewußte Vermeidung marxistischer Weltanschauung, die Vermeidung der Eigentumsfrage und insgesamt der Versuch Unzufriedenheit und möglichen Widerstand zu kanalisieren. Begriffe wie „fairer Lohn“ und „soziale Gerechtigkeit“ etc. spielen dabei eine Rolle.<br>Die Kommunistische Arbeiterbewegung hat stets für eine klassenkämpferische und revolutionäre Rolle der Gewerkschaften gekämpft und dabei nicht nur viele Erfahrungen gesammelt, sondern auch zahlreiche theoretische Arbeiten entwickelt, die es auszuwerten gilt.<br />
<br />
=== Die Frage, ob es keine absolute, sondern nur eine relative Verelendung der Arbeiterklasse gibt ===<br />
Diese Frage soll in diesem Bereich kurz grundsätzlich ökonomisch erklärt werden und dann eine Zusammenstellung der verschiedenen Faktoren der Verelendung vorgenommen werden.<br />
<br />
=== Die Rolle der industriellen Reservearmee und Forderungen bezüglich des Existenzminimums ===<br />
Hier wird es um die Frage gehen, welche Rolle die industrielle Reservearmee spielt, ob sie überhaupt Teil der Arbeiterklasse ist und besonders darum, welche Forderungen in diesem Bereich wie zu bewerten sind. Dabei ist besonders die Forderung nach einem Bedingungslosen Grundeinkommens zu benennen, die genauer analysiert und eingeordnet werden soll. Hierzu gehört auch die Entstehung der Arbeitsmarktreformen, die dahinter stehenden Klasseninteressen, ihre Auswirkungen und damit verbundene Forderungen.<br />
<br />
=== Charakter der DGB-Gewerkschaften und ihr Verhältnis zum Staat === <br />
Die Gewerkschaften in Deutschland sind auf der einen Seite Massenorganisationen der Arbeiterklasse und ihr wichtigstes Instrument im ökonomischen Kampf, auf der anderen Seite durch ihre Führung aber auch durch Gesetze politisch in das System integriert. Ob, wie und wie weitgehend die Gewerkschaften mit dem Staatsapparat verbunden sind und wie dies im Widerspruch zu ihrem Charakter als Organisationen der Arbeiterklasse steht, ist ein wichtiger Gegenstand in diesem Dissens. In diesem Rahmen ist auch die Debatte um den Charakter der DGB-Gewerkschaften als Einheitsgewerkschaften zu führen. Sind sie tatsächliche Einheitsgewerkschaften oder sozialdemokratische Richtungsgewerkschaften? Was waren die Hintergründe der DGB-Gründung und wie sind die politischen Kräfteverhältnisse heute?<br>Die Frage der Taktik der Kommunisten in den Gewerkschaften ist Gegenstand der [[AG Revolutionäre Arbeiterbewegung und Kommunistische Partei|AG Revolutionäre Arbeiterbewegung und Kommunistische Partei]].<br />
<br />
== Bezug zu unseren Grundannahmen ==<br />
Zur Frage der steigenden Ausbeutung der Arbeiterklasse sind die Analysen von Karl Marx im Kapital, insbesondere im 1. Band zur [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Akkumulationsprozess des Kapitals|Akkumulation des Kapitals]], zum [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Der Arbeitslohn|Arbeitslohn]] und zum [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Der Arbeitstag|Arbeitstag]], zur [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Relative Mehrwertproduktion|relativen]] und [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Absolute Mehrwertproduktion|absoluten]] Steigerung des Mehrwerts, zur industriellen Reservearmee sowie den Teilen zur [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Aufschwung und Krise|Krise]] besonders wichtig. In Lenins Imperialismusschrift ist die [[Der imperialistische Kapitalismus#Konzentration der Produktion und Monopole|Rolle der Monopole]] in der Akkumulation des Kapitals wichtig und die Entstehung der [[Der imperialistische Kapitalismus#Kritik des Imperialismus - Kampf gegen den Opportunismus|Arbeiteraristokratie]]. Es gibt außerdem Zusammenstellungen von Marx, Engels und Lenin zu den Gewerkschaften, die bisher nicht in die Grundannahmen eingearbeitet wurden, aber berücksichtigt werden müssen.<br />
<br />
== Wie wollen wir den Dissens klären? ==<br />
In diesem Bereich muss zunächst eine genauere Sortierung von zu erarbeitenden Fragen und möglichen Dissensen stattfinden. Dazu muss auch die entsprechende Literatur zusammen gestellt und ausgewertet werden. Positionen, die gegeneinander stehen, müssen ausformuliert und zugewiesen werden. Außerdem muss eine Strukturierung der zu untersuchenden Gegenstände und wie sie untersucht werden können, erfolgen - zum Beispiel des Betriebsverfassungsgesetzes und der Mindestlohngesetzgebung.<br />
<br />
Eine erste Auflistung der Aufgaben und offenen Fragen findet ihr [[Offene Fragen zur Klärung der Dissense#Monopole und Ausbeutung der Arbeiterklasse|hier]].<br />
<br />
== Was steht zu diesem Dissens in den Programmatischen Thesen? ==<br />
{{Zitat |Der Kapitalismus produziert auf der einen Seite unvorstellbare Reichtümer für die Wenigen und Armut, Elend und Entbehrung für die Vielen. Die Anstrengung und Arbeit von Milliarden dient der Anhäufung von Profiten und damit der Bereicherung einiger Weniger, die ohnehin schon mehr haben, als sie in mehreren Leben konsumieren könnten. Der Kapitalismus ist ein parasitäres Gesellschaftssystem, in dem Reichtum nur durch Ausbeutung existieren kann, in dem Kriege und sich wiederholende Krisen zwingende Bestandteile sind.<br/>Gegen diese unerträglichen Zustände gibt es überall Widerstand. Auf allen Kontinenten, in allen Ländern und auch hier in Deutschland. Doch diese Kämpfe werden viel zu oft spontan, schlecht organisiert, auf Illusionen basierend geführt und sind von den Kräften des Systems integrierbar oder können zerschlagen werden. Solche Kämpfe sind notwendig, auch wenn sie sich oft auf bescheidene Forderungen beschränken. Es ist jedoch notwendig, in diesen Kämpfen letztlich das Übel an der Wurzel zu packen, nämlich den Kapitalismus als solchen anzugreifen und den Sozialismus auf die Tagesordnung zu setzen. […].|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 3)}}<br />
<br />
{{Zitat |Wir leben in einer kapitalistischen Klassengesellschaft. In den Zentren der industriellen Produktion, aber auch in den kleineren und mittleren Unternehmen produziert die Arbeiterklasse den Großteil des gesellschaftlichen Reichtums, während der Rest von den anderen werktätigen Schichten produziert wird. Dieser Reichtum aber gehört größtenteils der Bourgeoisie – die Bourgeoisie, das sind die Kapitalisten, die Eigentümer und Verwalter des Kapitals, also die Klasse, der in unserer Gesellschaft die Fabriken, die Banken und Versicherungen, die zentralen Transportmittel, die Rohstoffe und allgemein die Mittel zur Produktion des Reichtums gehören.<br/>Auf der anderen Seite steht die Arbeiterklasse. Das sind all die Menschen, die mit ihrer Lohnarbeit den Reichtum der Gesellschaft erschaffen. Aber weil sie gezwungen sind, ihre Arbeitskraft an die Kapitalisten zu verkaufen, anstatt sie selbstbestimmt für die Verbesserung des eigenen Lebens einzusetzen, landet nur ein kleiner Teil des von ihnen geschaffenen Reichtums bei ihnen. Der Widerspruch zwischen der Arbeiterklasse und der Kapitalistenklasse ist antagonistisch und im Kapitalismus nicht auflösbar. […] Die Produktionsverhältnisse – das Privateigentum an den Produktionsmitteln – sind längst zur Fessel der Produktivkräfte geworden. Zu Beginn ihres Aufstiegs war die Bourgeoisie noch die Trägerin des Fortschritts im Verhältnis zum Feudalismus. Ihre Produktionsweise führte zu einem gesellschaftlicheren Charakter der Produktion im Gegensatz zur verstreuten Einzelproduktion im Feudalismus. Aber je entwickelter der gesellschaftliche Charakter der Produktion ist, umso mehr gerät er in einen unauflösbaren Widerspruch zur privaten Aneignung der produzierten Reichtümer. Die Steigerung der Produktivität führt dazu, dass immer weniger Menschen arbeiten müssen, um die Produktion sicherzustellen. Das ist ein gesellschaftlicher Fortschritt. In der kapitalistischen Gesellschaft wird aber nicht für die Bedürfnisse der Gesellschaft produziert, sondern für die Profite Weniger. Deshalb gibt es Millionen Erwerbslose, die Lage der Arbeiter verschlechtert sich. Verelendung in vielen Lebensbereichen, materiell, kulturell, individuell, wird zum bestimmenden Faktor der Lebensverhältnisse der Menschen.<br/>Weltweit steht die Arbeiterklasse als eine politische Kraft der Kapitalistenklasse gegenüber: Sie ist in Gewerkschaften und politischen Parteien organisiert. Sie hat oftmals eine eigene, eine solidarische Kultur entwickelt, die sich der verrohten kapitalistischen Kultur entgegenstellt. Sie ist die machtvollste unterdrückte Klasse, die es jemals in der Geschichte der Menschheit gegeben hat. Durch die Einsicht in die Notwendigkeiten ihrer Unterdrückung, kann sie die Bedingungen und die Möglichkeit ihrer Befreiung erkennen. Die Arbeiterklasse existiert auf der ganzen Welt. Trotz vorhandener Unterschiede weist ihre Klassenlage in allen Ländern grundlegende Gemeinsamkeiten auf. Überall ist das Kapital ihr Klassengegner. Der Kampf zwischen den beiden Klassen findet zuerst auf der Ebene des Nationalstaates statt, er muss aber im internationalen Maßstab koordiniert werden. Die Arbeiterklasse kann nur siegen und das Kapital stürzen, wenn sie es schafft, ihre Spaltung im nationalen und internationalen Maßstab zu überwinden. Deshalb ist für uns die internationale Solidarität einer der wichtigsten Werte und eine ständige praktische Aufgabe, die mit Leben gefüllt werden muss. <br/><br/>Für eine erfolgreiche Taktik im Kampf um den Sozialismus müssen wir untersuchen und verstehen, wie sich die Klassengesellschaft insgesamt und in Deutschland entwickelt, welche Struktur die Bourgeoisie und das Proletariat heute haben, wie der Bewusstseinsstand des Proletariats ist und wie sich die Produktivkraftentwicklung in der BRD auf die materiellen und sonstigen Lebensbedingungen der Arbeiterklasse ausgewirkt hat, z.B. welche Rolle die Lohnabhängigen im sogenannten Dienstleistungssektor spielen – u.a. diese Fragen wollen wir im Verlauf des Klärungsprozesses wissenschaftlich bearbeiten.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 5-6)}} <br />
<br />
{{Zitat | […] Die Gewerkschaften haben dabei seit jeher die zentrale Rolle bei der Organisierung der Arbeiterklasse gespielt. Sie sind die ältesten und bedeutendsten Organisationen der Arbeiterklasse, die als direkte Folge der Entstehung der kapitalistischen Produktionsweise gegründet wurden. Sie sind für die Arbeiterklasse notwendige Schulen des Klassenkampfes und das Mittel, mit dem historisch zahlreiche Erfolge erkämpft werden konnten. Von Beginn an gab es zwei grundlegend unterschiedliche Linien innerhalb der Gewerkschaften: auf der einen Seite die „sozialpartnerschaftliche“ Orientierung, die auf Kompromisse zwischen den Kapitalisten und Arbeitern aus ist und heute von der Führung des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) und seinen Einzelgewerkschaften vertreten wird; auf der anderen Seite klassenkämpferische Kräfte innerhalb der Gewerkschaften, die ökonomische Reformkämpfe nur als notwendigen Schritt zur selbstständigen Organisierung der Arbeiterklasse auf dem Weg zur proletarischen Revolution sehen.<br/><br/>Der Großteil der Arbeiterklasse ist heute allerdings unorganisiert. Auch der Teil, der in bürgerliche und reformistische Organisationsstrukturen wie die Gewerkschaften des DGB eingebunden ist, wird selten erfolgreich für ökonomische, soziale oder politische Ziele mobilisiert. Die heute im DGB zusammengeschlossenen Gewerkschaften werden von sozialdemokratischen und anderen bürgerlichen Kräften geführt. Ihr Ziel ist nicht die Organisierung der Arbeiterklasse unabhängig vom Kapital für ihre Interessen, sondern eher ihre Einbindung in das sozialpartnerschaftliche Kapitalismusmodell der BRD, die Herstellung von „Ruhe und Ordnung“ und ununterbrochenen Produktionsabläufen. Aufgabe der Kommunisten ist es, diese Zielsetzung und die Kräfte, die sie vertreten, insbesondere die DGB-Führung, in den Gewerkschaften zu bekämpfen. Der betriebliche Kampf kann und darf auf die Gewerkschaften nicht verzichten, darf allerdings auch nicht auf die Arbeit in den Organen der DGB-Gewerkschaften reduziert werden. Der Aufbau klassenkämpferischer proletarischer Gewerkschaftsorganisationen ist für die Kommunisten das zentrale Ziel des betrieblichen Kampfes, auch wenn der genaue Weg dorthin sich erst im Ergebnis des Kampfes erweisen wird. Auf welchem Weg die sozialdemokratische Hegemonie zu brechen ist, müssen wir herausarbeiten.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 25)}}<br />
<br />
{{Zitat |Über diese grundsätzlichen Punkte hinaus werden viele weitere Fragen zu beantworten sein. Beispielsweise: Welche Formen der Massenorganisierung eignen sich am besten? Unter welchen Bedingungen können wir die Kollegen in den DGB-Gewerkschaften klassenorientiert organisieren und wie kann der Kampf für die Schaffung von klassenorientierten Gewerkschaften geführt werden? Wie können Kommunisten um einen antikapitalistischen, antiimperialistischen Charakter dieser Organisierungen kämpfen und dabei trotzdem dem realen Bewusstseinsstand Rechnung tragen? Auf welchen Schichten der Arbeiterklasse sollte der Fokus liegen? Wie ist die Rolle der relativ gut gestellten Teile der Klasse, der „Arbeiteraristokratie“ einzuschätzen? Arbeiten wir überhaupt in Organisationenbündnissen und wenn ja, in welcher Form und unter welchen Bedingungen?|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 26)}}<br />
<br />
== Literatur zum Thema ==<br />
Adibekow, M.: Die rote Gewerkschaftsinternationale, Tribüne-Verlag, Berlin, 1973.<br />
<br />
Behrendt/Sieber/Swillus/Töpfer: Die westdeutschen Gewerkschaften und das staatsmonopolistische Herrschaftssystem, Dietz-Verlag, Berlin, 1968.<br />
<br />
David, F.: Der Bankrott des Reformismus, Internationaler Arbeiter-Verlag, Berlin, 1932.<br />
<br />
Enderle/Schreiner/Walcher/Weckerle: Das Rote Gewerkschaftsbuch, verlag neue kritik, Frankfurt, 1967.<br />
<br />
FDGB: Der Weltgewerkschaftsbund, Tribüne-Verlag, Berlin, ohne Jahresangabe.<br />
<br />
Kuczynski, Jürgen: Die Theorie der Lage der Arbeiter, Tribüne-Verlag, Berlin, 1952.<br />
<br />
Kuczynski, Jürgen: Klassen und Klassenkämpfe im imperialistischen Deutschland, Dietz-Verlag, Berlin, 1972.<br />
<br />
Lemmnitz, Alfred: Staatsmonopolistische Regulierung und Klassenkampf in Westdeutschland, Sozialistische Bildungshefte, Zum Studium des Programms der SED, Dietz-Verlag, Berlin, 1965<br />
<br />
PAME: Book of PAME, in: pamehellas, URL: https://pamehellas.gr/pame-book-on-the-functioning-and-action-of-trade-unions (05.01.2019).<br />
<br />
Roth, Rainer: Zur Kritik des bedingungslosen Grundeinkommens, DVS-Verlag, Frankfurt, ohne Jahresangabe.<br />
<br />
ZK der SED: Karl Marx und Friedrich Engels über die Gewerkschaften, Tribüne-Verlag, Berlin, 1953.<br />
<br />
ZK der SED: Lenin und Stalin über die Gewerkschaften, Band 1 1899-1917, Band 2 1917-1852, Tribüne-Verlag, 1955.<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<br />
[[Kategorie: AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
[[Kategorie: Dissens]]<br />
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<br />
REDAKTION FERTIG<br />
<br />
== Überblick ==<br />
In diesem Dissens-Teil geht es um die ökonomische Analyse des Kapitalismus und vor allem, um die Rolle und die Entwicklung des Monopols. <br />
Die Frage der Gesetzmäßigkeit der Monopolbildung des Kapitalismus ist umstritten. Diese ist die Grundlage für eine Imperialismusanalyse, die u.a. gerade deshalb auch so unterschiedlich ausfällt. Im Mittelpunkt der Debatte zentrieren sich die Fragen: Ist die stattfindende Monopolisierung von Kapitalen eine zwangsläufige und gesetzmäßige Entwicklung des Kapitalismus der freien Konkurrenz? Und daraus folgend: Befinden wir uns daher heute noch in einem Kapitalismus der freien Konkurrenz, in der sich einige Kapitale einfach mehr oder weniger bewährt haben? Dem entgegen wird diskutiert, ob wir andererseits in der Epoche des Finanzkapitals, dem Imperialismus, leben, in der die Entwicklung der Gesellschaft durch das Interesse an Monopolprofiten bestimmt wird? Abschließend stellt sich dann die Frage, welche Konsequenzen das für die Arbeiterklasse und Strategie der Kommunistischen Partei hat.<br />
<br />
Die Erklärung der Monopole und ihrer Entstehung ist nur mit dem historischen Materialismus möglich. Das heißt mit der konkreten Untersuchung der Phänomene und ihrer historischen Entwicklung, um die Gesetzmäßigkeiten zu erkennen.<br />
<br />
Die Frage nach der Rolle der Monopole und ihrer Entwicklung als wesensbestimmend wird von manchen bestritten (Gegenstandpunkt, andere Vertreter akademischer Varianten eines „Marxismus“), auf der anderen Seite werden Erscheinungen des Kapitals verabsolutiert und zu neuen Theorien geformt, die nahelegen, dass der Imperialismus einen anderen Charakter angenommen hätte (siehe [[Monopole und ihre Entwicklung#Transnationales Kapital|transnationales Kapital]]).<br />
<br />
In der bürgerlichen Ökonomie wird die Entstehung von Monopolen bestritten bzw. ein Monopolbegriff benutzt, der für Einzelfälle gilt, in denen ein Unternehmen eine ganze Branche weltweit beherrschen oder einige große Firmen Absprachen treffen, nicht aber für die gesamte Produktionsweise, auch wenn einige bürgerliche Theorien über Monopole bzw. „Oligopole“ und „unvollkommenen Wettbewerb“ sprechen.<br />
<br />
Sozialdemokratische Positionen beziehen sich vor allem auf die Frage der Möglichkeit der Regulierung und Reformierung des Systems. Monopole werden entweder als Ordnungsfaktor positiv gesehen (siehe Hilferding) oder sie werden als Grund der Misere benannt, aber die Möglichkeit einer regulierten Marktwirtschaft ohne Monopole als Möglichkeit entworfen (siehe Wagenknecht).<br />
<br />
In der ökonomischen Debatte wird an verschiedenen Stellen entweder Marx direkt kritisiert oder eine Fehlinterpretation Lenins angenommen, um das Stadium des Imperialismus zu bestreiten. Dazu werden vor allem die Frage des tendenziellen Falls der Profitrate oder die Frage der Verschmelzung von Bank- und Industriekapital zum Finanzkapital angebracht.<br />
<br />
Im folgenden wird versucht, die unterschiedlichen Positionen und Thesen sowie ihre Vertreter darzustellen:<br />
<br />
=== Der Kapitalismus in seinem imperialistischen Stadium ist Monopolkapitalismus ===<br />
Die Grundlagen der ökonomischen Analyse des Kapitalismus als monopolistischer Kapitalismus ist das Verhältnis der grundlegenden Gesetze der kapitalistischen Produktionsweise, also die der Konzentration und Zentralisation des Kapitals. Außerdem die daraus folgende Akkumulation des Kapitals und die steigende organische Zusammensetzung des Kapitals. Darauf aufbauend der zunehmende gesellschaftliche Charakter der Produktivkräfte, der im Widerspruch zur privaten Aneignung, dem Wert- und dem Mehrwertgesetz, der Fall der Profitrate usw. steht. <br />
<br />
Diese Gesetze sind von Marx und Engels zwar in der Phase des Kapitalismus der freien Konkurrenz entdeckt worden, sie gelten aber für die Produktionsweise überhaupt. Das Kapital und seine Reproduktion verändert sich nicht grundlegend, dennoch verändert sich mit der Entwicklung der Produktivkräfte die Bewegung und Struktur des Kapitals. Es geht also um einen bestimmten Entwicklungsgrad der kapitalistischen Gesellschaftsformation. Dieser Entwicklungsgrad beinhaltet die Produktionsweise, die Klassenverhältnisse und den Überbau. <br />
<br />
Die Momente des Übergangs zum imperialistischen Stadium sind schon bei Marx und Engels herausgearbeitet worden. Diese Momente des Übergangs sind u.a. die zunehmende Rolle des Gesellschaftskapitals (in Form der Aktiengesellschaften, Trennung Kapitalfunktion und Kapitaleigentum), die zunehmende Bedeutung des Kredits, die Entstehung von Monopolen und einer Finanzoligarchie, die strukturelle Überakkumulation und die Zunahme des Kapitalexports.<br />
Der Umschlag von der freien Konkurrenz ins Monopol ist das Merkmal des neuen Stadiums des Kapitalismus und seine unterschiedlichen Erscheinungen und Phänomene sind darauf zurückzuführen. Die Gesetzmäßigkeiten der kapitalistischen Produktionsweise werden dadurch nicht aufgehoben, aber das Gesetz der Durchschnittsprofitrate als Regulator der Produktion und Profitverteilung durchbrochen. Das moderne Monopol verfügt, aufgrund seiner Beherrschung von Reproduktionszusammenhängen, über ökonomische, soziale und politische Macht und Gewalt.<br />
<br />
=== Monopolisierung als nicht historisch gesetzmäßige Entwicklung, sondern Bewährung in der immer noch freien Konkurrenz ===<br />
Es gibt eine Reihe von Positionen, die eine Trennung des Stadiums des Imperialismus von dem der freien Konkurrenz vornehmen und verneinen, dass es sich um monopolistischen Kapitalismus handelt. Die Trennung von Marx und Engels von Lenin ist Teil dieser Strömung. Dazu gehören zum Beispiel die „Neue Marx-Lektüre“, die Werttheoretiker, der Gegenstandpunkt und andere weitestgehend akademische Debatten. Diese Strömungen unterscheiden sich zwar in Eckpunkten, sind sich aber in der Trennung von Marx und Lenin einig.<br />
<br />
Die Analyse, dass aus der Konzentration und Zentralisation die Monopolbildung folgt und demnach die Entwicklung des Kapitalismus aus dem Stadium der freien Konkurrenz in das des Monopols, wird abgelehnt. <br/>Eine historische Tendenz zur Zunahme dieser Phänomene wird verneint. Die Bildung von Monopolen wird teilweise als Mittel der Kapitale gesehen, sich in der immer noch bestehenden freien Konkurrenz gegenüber anderen Kapitalen zu bewähren. Neue Marx-Lektüre und Gegenstandpunkt (GSP) unterscheiden sich in einigen Punkten, lehnen beide aber die Entwicklung des Kapitalismus zum Monopolkapitalismus ab. Die Rolle des Staates ist aus Sicht des Gegenstandpunkts dabei eine, die über der Ökonomie steht: <br/>Er treibt, um selbst in der internationalen Konkurrenz zu bestehen, die Monopolisierung voran. Der Staat instrumentalisiert damit die Ökonomie für „seine Zwecke" (Marxistische Gruppe, 1981). <br />
<br />
=== Neue Marx-Lektüre ===<br />
Die „Neue Marx-Lektüre“ hat ihre Wurzeln teilweise schon in den 60ern (z.B. Helmut Reichelt), spielt aber seit den 90ern eine verstärkte Rolle, vor allem in der akademischen Befassung mit Marx. Michael Heinrich mit seiner „monetären Werttheorie“ kann heute aufgrund seiner viel als „Standardwerk“ gelesenen ''Kritik der politischen Ökonomie. Eine Einführung'' (Heinrich, 2007) als bekanntester Vertreter gelten. Heinrich verwirft die Auffassung von Marx und Engels, wonach „Das Kapital“ sowohl eine historische als auch eine logische Entwicklung darstellt. Für ihn, wie für andere Vertreter der „Neuen Marx-Lektüre“ (aber auch z.B. den Gegenstandpunkt) ist die Marxsche Analyse eine Begriffsentwicklung logischer Kategorien. Damit geht einher, dass bei Heinrich (wiederum ähnlich wie bei GSP, Wertkritik usw.) der Kapitalismus nicht als historisch sich entwickelnde Gesellschaftsformation aufgefasst wird, sondern die Kapitalismusanalyse lediglich den „idealen Durchschnitt“ der Produktionsweise beschreibt.<br />
<br />
Im Unterschied zu Marx, der mit diesem Ausdruck lediglich meinte, dass in der Analyse der Produktionsweise von spezifischen Besonderheiten abgesehen werden muss, meint Heinrich damit, dass historische Entwicklungstendenzen und Stadien der Entwicklung des Kapitalismus komplett abzulehnen sind. Auf dieser Grundlage verwirft Heinrich sowohl das Marx'sche Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate, als auch die Imperialismustheorie Lenins. Eine historische Tendenz zum Fall der Profitrate lasse sich auf allgemeiner Ebene nicht begründen. Daraus folge, dass sich auch eine historisch stattfindende Zuspitzung der kapitalistischen Klassengegensätze nicht nachweisen ließe. Krisen führten nicht zu einer Verstärkung der Widersprüche, sondern stellen im Kapitalismus widersprüchlich existierende Momente (wie Produktion und Konsumtion, Arbeit und Lohn) gewaltsam wieder her. Lenins Analyse des Monopolkapitalismus wird verworfen, weil darin nur der Wille der Monopolherren zähle und nicht mehr der Wert. Einzelne Absprachen von Kapitalisten und einzelne Planelemente würden mit einer grundsätzlichen Veränderung der „über den Wert vermittelten Vergesellschaftung verwechselt“. Die Bezeichnung „parasitär“ wird als moralisierend bezeichnet; es sei irrelevant, ob die Arbeiter von in- oder ausländischem Kapital ausgebeutet würden. Unter Imperialismus wird der Versuch von Staaten, ihr Herrschaftsgebiet über ihre Grenzen hinaus auszuweiten verstanden. Heinrich lehnt nicht nur den Entwicklungsgedanken der Kritik der Politischen Ökonomie ab, sondern die dialektische Methode grundsätzlich. Diese sei „eine Art Wunderwaffe, mit der man Alles und Jedes erklären konnte“<ref>Heinrich, M.: Kritik der politischen Ökonomie. Eine Einführung., Stuttgart: Schmetterling, 2007, S.35. </ref>.<br />
<br />
Die „monetäre Werttheorie“ Heinrichs verwirft die Marxsche Auffassung, dass der Wert der Waren, also die unter kapitalistischen Bedingungen darin vergegenständlichte Arbeit, die Tauschwerte und Preise bestimmt. Darin sieht er eine „essentialistische“ Auffassung über den Wert, weil damit der Wert in den Gegenständen verkörpert sei. Stattdessen werde der Wert überhaupt erst beim Verkauf der Waren gebildet, könne sich also nur im Geld darstellen. Kritiker (z.B. Holger Wendt) wenden ein, dass dadurch die Werttheorie jeden Erklärungsgehalt verliere und Heinrich im Wesentlichen auf die Positionen der subjektiven Preistheorien der Neoklassiker überlaufe (Holger, Wendt: Herr Michael Heinrichs Umwälzung des Marxismus, 2008).<br />
<br />
=== Keine Verschmelzung von Bank- und Industriekapital zu Finanzkapital und Rolle der Banken ===<br />
Günther Sandleben geht davon aus, dass es durch den Ausgleich der Profitraten nicht zu einer besonderen Rolle von Banken käme. Er schlussfolgert, dass es keine Verschmelzung von Bank- und Industriekapital zum Finanzkapital gäbe und betont besonders, dass es keine besondere Rolle der Banken gäbe.<br/>Der historische Übergang des Kapitalismus der freien Konkurrenz in den Monopolkapitalismus, die Epoche des Finanzkapitals und des Imperialismus, wird als Revision des Marx'schen Kapitalbegriffs und Wertgesetzes angesehen. Zu diesen gehöre unbedingt die Konkurrenz. Auch die Empirie zeige, dass die Konkurrenz und das Wertgesetz weiterhin bestehen. Monopole führen zu Hemmnissen der kapitalistischen Produktion und geraten deshalb irgendwann unter Druck. Damit könnten sich im kapitalistischen Reproduktionsprozess heraus gar keine dauerhaften Monopole bilden, die sich in irgendeiner Weise festsetzen und Profite an sich ziehen könnten. <br />
An der Ausgleichstendenz der Kapitale habe sich bis heute nichts geändert. Es gebe nach wie vor einen fortgesetzten Konkurrenzkampf und eine ständige Kapitalbewegung zwischen den Sektoren (Sandleben/Schäfer, 2013). In einem weiteren Werk wird dann in einer Kritik am „Linkskeynesianismus von Zeise und Co." weitergehend geschlussfolgert, dass der Weltmarkt nicht als Spielball des Finanzkapitals, sondern als Gesamtheit aller Außenwirtschaften der Nationalökonomien bestimmt werden sollte (Sandleben: Linkskeynesianismus von Zeise und Co., 2003).<br />
<br />
Auf der empirischen Ebene wird in der Debatte in Frage gestellt, ob man von einer Verschmelzung sprechen könne, da über Beteiligungen und Aufsichtsrats-/Vorstandsposten die Verschmelzung nicht nachweisbar sei. Da Modelle, wie das der „Deutschland-AG“ nicht mehr existierten und zahlreiche Industrieunternehmen eigene Banken hätten, könne man davon ausgehen, dass die Verschmelzung zu Zeiten Lenins existiert habe, aber eine historisch spezifische Erscheinung gewesen sei. <br />
<br />
Gegenüber der Annahme, dass es Monopole dauerhaft nicht geben könne, steht die Position, dass Monopol und Konkurrenz ein Widerspruch ist, der aber real existiere. Monopole hätten genau die Möglichkeit zu Lasten anderer die eigene Profitrate zu steigern. Banken würden bei der Konzentration und Zentralisation von Produktionsmitteln eine wichtige Rolle spielen und durch die Kreditvergabe und das Emissionsgeschäft maßgeblich über Produktion und Kapitalakkumulation entscheiden (Zeise: Die Herrschaft des Finanzkapitals, in: junge Welt, 30.05.2012). <br />
<br />
=== Transnationales Kapital === <br />
Diese Diskussion betrifft die Fragen des Verhältnisses von Staat und Kapital, sowie von nationaler Basis und internationaler Expansion des Kapitals. Die Annahme der Entstehung eines nicht mehr national gebundenen „transnationalen Kapitals“ geht davon aus, dass es keine besondere Verbindung zwischen Monopolkapital und Staat gibt. <br />
<br />
Ausgehend von der Zunahme des Handels, des Kapitalexports und damit verbunden, der Verlagerung vom Produktion in andere Länder, gehen einige Autoren von einer Verflechtung des Kapitals aus, die sich auch in veränderten Eigentumsstrukturen niederschlage. So wird in Bezug auf Deutschland beispielsweise angenommen, dass ein Großteil der DAX-Konzerne mehrheitlich in ausländischer Hand sei. Auch auf den von der UNCTAD eingeführten und in den vergangenen Jahrzehnten gestiegenen „Transnationalisierungsindex“ wird hingewiesen. Durch die Entstehung eines solchen „transnationalen Kapitals“ seien zwar die Nationalstaaten nicht weniger wichtig geworden, hätten aber laut Listl ihre Rolle grundlegend geändert: „Nationale Konkurrenzen wie in früheren Kapitalismusformationen, etwa im Ersten oder Zweiten Weltkrieg, werden deshalb nicht wiederkehren“, sondern: „Für die neue Phase der neoliberalen Globalisierung ist kennzeichnend, daß die Nationalstaaten vor allem die Funktion haben, optimale Verwertungsbedingungen für das global operierende Kapital zu schaffen“. Die Nationalstaaten würden nun nicht mehr primär die Interessen nationaler Kapitalgruppen vertreten, sondern nur noch gegeneinander darum konkurrieren, den transnationalen Konzernen möglichst gute Verwertungsbedingungen zu bieten. Die Konzerne hätten keine Länder mehr als Heimatbasis, sondern richteten sich nach den jeweils besten Bedingungen für die Kapitalakkumulation. Konflikte gebe es in diesem System weiterhin, aber nicht mehr zwischen den imperialistischen Nationalstaaten, sondern im Sinne einer kollektiven Weltordnungsmacht, zu der sich alle entwickelten Länder gegen die Länder des „globalen Südens“ zusammengeschlossen hätten (vgl. Listl, Walter: Globalisierung des Kapitals, in: Junge Welt vom 22.7.2010). <br />
<br />
Eine Variante dieser Position vertritt auch die MLPD. Nach ihrer Analyse habe sich ein „allein herrschendes internationales Finanzkapital“ bzw. „internationale Übermonopole“ herausgebildet, die vom nationalen Monopolkapital zu unterscheiden seien. Ebenfalls seien die „internationalen Übermonopole“ dem nationalen Monopolkapital übergeordnet und würden „zunehmenden Krisenlasten“ auf dieses abwälzen. Daraus ergebe sich auch ein „Widerspruch zwischen den imperialistischen Nationalstaaten und zwischen den internationalen Übermonopolen“, der einer der fünf hauptsächlichen Widersprüche des heutigen Kapitalismus sei. <br />
<br />
Die staatstheoretische Implikation all dieser Auffassungen ist, dass der bürgerliche Staat nicht (mehr) fest mit einer bestimmten Bourgeoisie verbunden ist, sondern eine vom Kapital losgelöste Instanz, die nur noch im Interesse eines globalen Kapitals die Verwertungsbedingungen verwaltet. Im Falle der MLPD vertritt der bürgerliche Staat nur noch einen Teil des Kapitals, während der vom Nationalstaat losgelöste Teil des Kapitals versuche, sich den Staat zu unterwerfen.<br />
<br />
Eine extreme Variante der Transnationalisierungsthese vertreten Autoren wie Michael Hardt, Antonio Negri oder William I. Robinson, die von einer völligen Ablösung des Kapitals von den Nationalstaaten und von der Auflösung der Nationalstaaten zugunsten einer deterritorialisierten Ökonomie mit globalisierter Produktion ausgehen. Hardt und Negri zufolge seien nicht mehr die Staaten souverän, sondern das globale Kapital selbst. Es gebe auch kein eindeutiges Machtzentrum mehr, sondern die Macht durchziehe alle gesellschaftlichen Bereiche (Hardt/Negri, 2002).<br />
<br />
=== Nationales Kapital === <br />
Eine Gegenposition zur These des transnationalen Kapitals vertritt z.B. Beate Landefeld. Sie verweist darauf, dass ein mehrheitlich ausländischer Aktienbesitz eines Unternehmens aus verschiedenen Gründen noch nicht bedeuten muss, dass das Unternehmen durch das ausländische Kapital auch wirklich kontrolliert ist. Im Wesentlichen bleibe das deutsche Kapital weiterhin unter Kontrolle deutscher Kapitaleigner (Landefeld, Beate: Europäisiert sich die Bourgeoisie?, in: Marxistische Blätter 1/10). Jörg Goldberg und André Leisewitz argumentieren ähnlich, dass ausländische Aktionäre in vielen Fällen nicht nach Kontrolle über das Unternehmen streben würden, sondern sich lediglich für das Abschöpfen der Rendite interessieren würden. Dagegen blieben die Verbindungen der Unternehmen zur nationalstaatlich verfassten Politik weiterhin entscheidend (Goldberg/Leisewitz, 2013).<br />
<br />
Eine Zwischenposition vertreten z.B. einige niederländische Autoren (Kees van der Pijl, Eelke Heemskerk, Meindert Fennema, Bastiaan van Apeldoorn usw.). Sie gehen davon aus, dass die Kapitalistenklasse weiterhin vor allem national ist, dass es aber vor allem in Westeuropa eine deutliche Tendenz hin zur Herausbildung einer transnationalen Kapitalistenklasse gebe. Diese machen sie an zunehmenden Verflechtungen der Aufsichtsratsmandate über nationale Grenzen hinweg fest, wodurch ein transnationales Netzwerk entstehe, das zur Entstehung gemeinsamer Sichtweisen in der Kapitalistenklasse beitrage. Jedoch widersprechen sie klar der Behauptung z.B. von Hardt/Negri, wonach Kapital und Herrschaftsverhältnisse nicht mehr an ein bestimmtes geografisches Territorium gebunden seien (vgl. z.B. Heemskerk, 2013).<br />
<br />
== Bezug zu unseren Grundannahmen ==<br />
Grundlegende Auseinandersetzung in dieser Frage ist, ob die Bildung von Monopolkapital eine gesetzmäßige oder zufällig ablaufende Entwicklung ist.<br/>Zentrale Veränderungen des Imperialismus im Vergleich zum Kapitalismus der freien Konkurrenz sind: durch die enorme Akkumulation von Kapital verbundene Bildung der Monopole, die Entstehung des Finanzkapitals bzw. der Finanzoligarchie, sowie die zunehmende Bedeutung des Kapitalexports. <br />
<br />
Diese ökonomischen Kriterien des Imperialismus entstehen aus dem Kapitalismus der freien Konkurrenz und sind nicht davon zu trennen. Für diese Fragen sind zum einen die Grundannahmen aus Marx's Kapital Band I zur [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Akkumulationsprozess des Kapitals|Kapitalakkumulation]], sowie aus Band III zur [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Die Rolle des Kredits in der kapitalistischen Produktion|Rolle des Kredits]] und der Börse, heranzuziehen. <br />
<br />
In Lenins Imperialismusschrift sind vor allem die Kapitel zur [[Der imperialistische Kapitalismus#Konzentration der Produktion und Monopole|Entstehung der Monopole]] und zum [[Der imperialistische Kapitalismus#Der Kapitalexport|Kapitalexport]] wichtig. Zu den ökonomischen Grundlagen des Imperialismus und dem Zusammenhang mit der Neuaufteilung der Welt ist Lenins Imperialismusschrift, vor allem die Passagen aus dem [[Der imperialistische Kapitalismus#Die Aufteilung der Welt unter die Kapitalistenverbände|V. bis IX. Kapitel]], relevant.<br />
<br />
== Wie wollen wir den Dissens klären? ==<br />
Auf theoretischer Ebene muss die ökonomische Basis der Monopole – Entwicklung der Produktivkräfte, Konzentration von Kapital führt zum Monopol – herausgearbeitet werden. Weiterhin muss die ökonomische Basis des tendenziellen Falls der Profitrate, die Akkumulation, Zentralisation und Konzentration des Kapitals und die Rolle des Kredits herausgearbeitet werden. Weiterhin wollen wir die These des sogenannten „transnationalen Kapitals“ und ihre Bedeutung für die Strategie der „antimonopolistischen Übergänge“ überprüfen.<br/>Dabei geht es jedoch nicht um eine <q>theoretische Ableitung des Monopols aus der Marxschen Theorie analog eines […] mathematischen Lehrsatzes</q> (Jung/ Schleifstein), welche die Aussagen von Marx und Engels über die zu untersuchende Strukturveränderungen des Kapitalismus ignorieren würde. <br />
<br />
Deshalb wollen wir auf empirischer Ebene die Entwicklungen der Profitraten in den letzten Jahrzehnten anschauen. Die Herausbildung der größten Monopolkapitale muss empirisch aufgezeigt werden. Die Rolle der Banken bei Konzentration und Zentralisation heute muss aufgezeigt werden. Weiterhin soll empirisch die Verschmelzung von Industrie- und Bankkapital zu Finanzkapital und die Bedeutung der nichtmonopolistischen Bourgeoisie überprüft werden.<br />
<br />
Für die Überprüfung der These des transnationalen Kapitals müssen die Eigentümerstrukturen des Kapitals in Deutschland untersucht werden. Außerdem sollte, zumindest anhand einiger Beispiele, überprüft werden, in welchem Verhältnis Eigentum und Kontrolle zueinander stehen. Die Ergebnisse sollten mit denen anderer Länder verglichen werden, um zu vermeiden, dass evtl. nationale Besonderheiten in Deutschland zu einer allgemeinen Tendenz verallgemeinert werden.<br />
Schließlich ist auf einer allgemeinen Ebene dann die Frage zu beantworten, ob sich der nationale Charakter des Kapitals vertieft, ob er sich abschwächt oder ob es gegenläufige Tendenzen in beide Richtungen gibt.<br />
<br />
Diese und zukünftige Aufgaben und offene Fragen werden wir [[Offene Fragen zur Klärung der Dissense#Monopole und ihre Entwicklung|hier]] sammeln.<br />
<br />
== Was steht zu diesem Dissens in den Programmatischen Thesen? ==<br />
{{Zitat |Der ökonomische Kern des Imperialismus ist das Monopol. Der heutige Kapitalismus ist dominiert vom Monopolkapital, das sich durch die Konzentration und Zentralisation des Kapitals herausgebildet hat. Dieser Wesenszug bestimmt die gesamte Epoche, in der wir leben. Im Imperialismus ist der Drang zum internationalen Kapitalexport enorm erhöht.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 8)}}<br />
<br />
{{Zitat |Der Kapitalismus entwickelte sich in engem Zusammenhang mit den entstehenden Nationalstaaten. Die Entstehung zusammenhängender nationaler Binnenmärkte, vereinheitlichter Währungen und anderer notwendiger Voraussetzungen ermöglichten erst die Kapitalakkumulation in erweitertem Maßstab. Im Imperialismus ist die Aufteilung der Welt unter die imperialistischen Zentren abgeschlossen, aber die kapitalistische Entwicklung bringt ständige Kämpfe der Kapitale und ihrer Nationalstaaten, um die Neuaufteilung hervor.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 9)}}<br />
<br />
{{Zitat |Der antiimperialistische Kampf muss sich deshalb gegen das Kapital und das kapitalistische System als Grundlage des Imperialismus richten. Als Kommunisten in Deutschland sehen wir den deutschen Imperialismus, d.h. die deutsche Monopolbourgeoisie und ihren Staat als unseren Hauptgegner an. Wir kämpfen aber Seite an Seite mit unseren Genossen auf der ganzen Welt gegen den Imperialismus als Ganzes, als weltweites System.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 10)}}<br />
<br />
{{Zitat |Eine Rückentwicklung vom Monopolkapitalismus zum Kapitalismus der freien Konkurrenz ist nicht möglich, weil sie den grundlegenden Entwicklungsgesetzen der kapitalistischen Produktionsweise widerspricht, insbesondere dem Gesetz der fortschreitenden Konzentration und Zentralisation des Kapitals.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 10)}}<br />
<br />
{{Zitat |Im weiteren Klärungsprozess wollen wir zahlreiche Fragen zur politischen Ökonomie des Imperialismus vertiefen. Darunter die Zusammensetzung und Interessen des deutschen Kapitals; die Entwicklung des Kapitalismus in verschiedenen Ländern wie z.B. Russland und China sowie die Formen ihrer Einbindung in das imperialistische Weltsystem; die Eigentümerstrukturen der bestimmenden Monopole und ihr Verhältnis zum Nationalstaat; die Lage und Strategien des deutschen Imperialismus; die empirische Überprüfung der These des sogenannten ‚transnationalen Kapitals‘ und ihre Bedeutung für die Strategie der ‚antimonopolistischen Übergänge‘; die Frage der gegenseitigen Abhängigkeiten innerhalb der imperialistischen Kette; die Rolle und Bedeutung der nicht-monopolistischen Bourgeoisie sowie die Verschmelzung von Industrie- und Bankkapital zum Finanzkapital; [...].|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 10)}}<br />
<br />
== Literatur zum Thema ==<br />
<br />
DWI-Berichte, später IWP-Berichte; Zeitschrift des Instituts für internationale Politik und Wirtschaft der DDR mit zahlreichen Forschungen und Debatten zur Frage der Entwicklung der Monopole<br />
<br />
Goldberg/Leisewitz: Kapital und Nationalität, Kommentar zu Werner Rügemers Kritik an van der Pijl/Holman in Z Nr. 94, 2013<br />
<br />
Gündel, Rudi: Die Internationalisierung der Wirtschaft im staatsmonopolistischen Kapitalismus und ihre Widersprüche, Dietz, 1976<br />
<br />
Hardt, Negri: Empire: Die neue Weltordnung, Frankfurt: Campus, 2003<br />
<br />
Heemskerk: The rise of the European Corporate elite. Evidence from the network of interlocking directorates in 2005 and 2010, Economy and Society 42: 1), 2013<br />
<br />
Heinrich, M.: Kritik der politischen Ökonomie. Eine Einführung., Stuttgart: Schmetterling, 2007<br />
<br />
Heinze, Albert/Lemmnitz, Alfred: Profit, Durchschnittsprofit und Produktionspreis, Dietz, 1973<br />
<br />
IMSF (hrsg.): Das Monopol – ökonomischer Kern des heutigen Kapitalismus, VMB 1976<br />
<br />
Jung, H./Schleifstein, J.: Die Theorie des Staatsmonopolistischen Kapitalismus und ihre Kritiker in der Bundesrepublik Deutschland. Frankfurt a.M.: Verlag Marxistische Blätter, 1979<br />
<br />
Lemmnitz, Alfred: Grundzüge des monopolistischen Kapitalismus, Industrie- und Bankmonopole, Finanzkapital und Finanzoligarchie<br />
<br />
Marxistische Gruppe (Vorläuferorganisation des Gegenstandpunkt): Ein aktueller, aber falscher Klassiker: Lenin, der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus., in: Marxistische Studentenzeitung 3-1981<br />
<br />
Marxistische Studien, Jahrbuch des IMSF<br />
<br />
MLPD-Programm: https://www.mlpd.de/partei/parteiprogramm<br />
<br />
MLPD: Blaue Beilage: Über die Herausbildung der neuimperialistischen Länder<br />
Beilage des Zentralkomitees der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) zur Roten Fahne 16/2017 von Stefan Engel, Leiter des theoretischen Organs REVOLUTIONÄRER WEG<br />
<br />
Decker/Hecker/Patrick: Das Finanzkapital, in: Gegenstandpunktverlag, 2016<br />
<br />
Rügemer, W.: Die Kapitalisten des 21. Jahrhunderts., Köln: PapyRossa, 2018<br />
<br />
Sandleben, G. : Nationalökonomie und Staat. Zur Kritik der Theorie des Finanzkapitals, Hamburg, in: VSA, 2003<br />
<br />
Sandleben, G & Schäfer, J (2013): Apologie von links. Zur Kritik gängiger linker Krisentheorien. Karlsruhe: Neuer ISP Verlag<br />
<br />
Schmidt, Johann-Lorenz: Internationale Konzerne, VMB, 1981<br />
<br />
Wendt, Holger: Herrn Michael Heinrichs Umwälzung des Marxismus, MASCH-Skript<br />
<br />
Zeise, Lukas: Geld, der vertrackte Kern des Kapitalismus, Köln: PapyRossa, 2012.<br />
<br />
Sandleben: Mythos Bankenmacht, in: junge Welt vom 29.05.2012<br />
<br />
Zeise: Die Herrschaft des Finanzkapitals, in: junge Welt vom 30.05.2012<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<br />
[[Kategorie: AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
[[Kategorie: Dissens]]<br />
[[Kategorie: Dissens AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]</div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Imperialismus_als_Weltsystem&diff=5197Imperialismus als Weltsystem2019-01-09T10:47:05Z<p>Mati: /* Überblick */</p>
<hr />
<div>Zurück zu [[AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
<br />
== Überblick ==<br />
<br />
Die Analyse des Imperialismus ist umstritten und gehört zu den zentralen Debatten in der kommunistischen Bewegung. Sie hat weitgehende Konsequenzen für die Strategie der Parteien und ist eine anhaltende Debatte, die bereits seit der Entstehung des Imperialismus geführt wird. Zum Teil sind es heute dieselben Punkte wie in der Auseinandersetzung zwischen Kautsky und Lenin. <br />
Der Grund für Unklarheiten liegt zum einen im Opportunismus, zum anderen in Veränderungen, die untersucht werden müssen und über die, wegen mangelnder Grundlage, falsche Annahmen entstehen können.<br />
<br><br />
<br><br />
Die voranschreitende Monopolisierung, die weitere Entwicklung von Kapitalexport und die verschiedenen Formen des fiktiven Kapitals und der Kapitalströme führen zu der Annahme, der grundlegende Charakter des Kapitalismus habe sich in seinem imperialistischen Stadium verändert. <br />
<br><br />
<br><br />
Im Mittelpunkt der Debatte steht die Frage: Was sind die Kriterien mit denen die Analyse vorgenommen wird? Ebenso zu klären sind folgende Fragestellungen: Wird der Imperialismus als ökonomisches System oder als vor allem politisches Phänomen begriffen? Ist es möglich den politischen Überbau von der ökonomischen Basis zu lösen bzw. zu relativieren? Gibt es kapitalistische Staaten, die eine friedliche, fortschrittliche Entwicklung im Imperialismus ermöglichen könnten? Und gibt es eine Verflechtung und Verschränkung, die zu einer Abschwächung der Widersprüche führt?<br />
<br><br />
<br><br />
Die Debatte spitzt sich in der Frage zu, ob es Staaten bzw. Länder gibt, die außerhalb des „Imperialismus“ stehen. Damit einher geht, dass eine Definition des Imperialismus vorgenommen wird, nämlich die, dass der Imperialismus auf einige wenige besonders mächtige Länder beschränkt ist. Dem gegenüber steht die Auffassung, dass Imperialismus als Weltsystem zu verstehen ist, in dem die Länder verschiedene Positionen einnehmen. <br />
<br />
Im folgenden wird versucht, die unterschiedlichen Positionen und Thesen sowie ihre Vertreter darzustellen:<br />
<br />
=== Imperialismus als Weltsystem, die imperialistische Pyramide ===<br />
Die KKE vertritt die Imperialismusanalyse, wonach der ökonomische Kern des Imperialismus das Monopol ist. Die Merkmale des Imperialismus sind für die KKE weiterhin: die Konzentration der Produktion und des Kapitals, die Verschmelzung des Bank- und Industriekapitals zum Finanzkapital, die Entstehung einer Finanzoligarchie, der Kapitalexport und die Entstehung internationaler Monopolbündnisse. Imperialismus ist nach den Analysen der KKE kein politisches Konzept, das von der ökonomischen Basis loszulösen ist und auch nicht nur als Politik der militärischen Aggression zu verstehen. Kapitalismus und Imperialismus sind demnach nicht von einander zu trennen. Imperialismus ist für die KKE ein Weltsystem, in dem die verschiedenen Länder verschiedene Stellungen einnehmen und in einem wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnis stehen. Es gibt nach dieser Imperialismusanalyse nicht nur eine Handvoll mächtige Länder, die alle anderen unterdrücken. Neben den Ländern, die an der Spitze des Systems stehen, wofür die KKE das Bild einer Pyramide benutzt, entwickeln nach Auffassung der KKE auch die Länder, die eine Zwischenstellung einnehmen, die Kriterien des Imperialismus (Monopole, Finanzkapital, Kapitalexport).<br />
<br />
Die Gegensätze und Widersprüche zwischen den verschiedenen Staaten nehmen daraus folgend zu, ebenso verschärft sich die Konkurrenz um Rohstoffe, Transportwege und Marktanteile der Monopole. <br />
Die Zunahme von Polen oder Zentren verschärft die Konkurrenz und Gegensätze. Monopole in der Wirtschaft können nicht mit einer gewaltfreien, nicht den Monopolinteressen dienenden Politik koexistieren. Ein Zwischenstadium zwischen Kapitalismus und Sozialismus gibt es nach Aussage der KKE nicht. Fazit der KKE ist, dass sich die Arbeiterklasse die Macht erobern und den Sozialismus errichten muss.<br/>Vertreter: KKE (https://inter.kke.gr/de/articles/On-Imperialism-The-Imperialist-Pyramid/)<br />
<br />
=== Multipolare Weltordnung ===<br />
Ausgangspunkt ist die Veränderung von einer „unipolaren Weltordnung“ durch die USA zu einer „multipolaren Weltordnung“ mit mehreren Zentren. Unter „imperialistisch“ werden die USA und NATO-Staaten verstanden, die sich in alle anderen Statten einmischen und ihre Entwicklung bremsen wollen. Die aufstrebenden Staaten haben danach ein Interesse an Kooperation und Völkerrecht, um sich gegen die Einmischung zu wehren.<br/><br />
Dies ist laut dieser Imperialismusanalyse objektiv im Interesse der Arbeiterklasse. Einzelne Länder könnten daher ökonomisch die Kriterien für Imperialismus (Monopole, Kapitalexport, etc.) erfüllen (Russland) und dennoch eine positive Rolle einnehmen. Zum Beispiel können sie demnach objektiv dem Kampf für Frieden dienen und auf der anderen Seite „politisch“ nicht imperialistisch sein. Eine besondere Rolle spielen Russland und China. Bei letzterem wird angenommen, dass es ein Land mit sozialistischer Orientierung ist. Die Debatte zum Klassencharakter von Russland und China ist darausschlussfolgernd eng mit der Debatte zur Imperialismusanalyse verbunden.<br/><br />
Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass Kapitalismus und Imperialismus nicht identisch sind und imperialistische Politik vor allem militärische Aggression bedeute.<br/>Vertreter: Beate Landefeld, Willi Gerns, weitere Teile der DKP. Freidenker, Andreas Wehr, Rotfuchs, Z Zeitschrift marxistische Erneuerung, teilweise Zeitschrift Sozialismus<br />
<br />
=== Kollektiver Imperialismus ===<br />
Vor knapp zwanzig Jahren wurde die These vertreten, dass alle imperialistischen Staaten auf Grund gemeinsamer Interessen die restlichen Länder unterwerfen und dass ein Krieg zwischen den imperialistischen Mächten unwahrscheinlich bzw. ausgeschlossen ist.<br/><br />
Nach der Weltwirtschaftskrise von 2008 und der zunehmenden Widersprüche zwischen den imperialistischen Ländern hat sich die These etwas verschoben. Angenommen wird nun, dass die USA und die NATO-Staaten einen kollektiven Imperialismus bilden, der ihre Interessen gegen die anderen, vor allem Russland und China, durchsetzt. Welchen Charakter und welche Rolle Russland und China dabei spielen, wird unterschiedlich ausgelegt.<br />
Einige Vertreter stehen auf dem Standpunkt, dass sich der Imperialismus im Übergang vom „staatsmonopolistischen Kapitalismus“ zum „transnationalen Monopolkapitalismus“ befinde. Aufgrund der Internationalisierung der Produktion und Verwertung des Kapitals, sowie der Zunahme des Kapitalexports haben sich ihrer Meinung nach Konzerne mit „transnationaler Eigentümerstruktur“ herausgebildet. Dies führt auch zu Entwicklung neuer supranationaler Staatsgebilde. Damit verbunden wird eine relative Selbständigkeit des Staates vom Kapital angenommen. Die Nationalstaaten würden somit gegeneinander ausgespielt werden, um die besten Bedingungen für die transnationalen Konzerne durchzusetzen. Sie vermitteln weiterhin die „Hegemonie“ des transnationalen Kapitals und bearbeiten die Konflikte zwischen Fraktionen dieses Kapitals. Die Konkurrenz zwischen Nationalstaaten nehme laut dieser Imperialismusanalyse zwar zu, die transnationalen Organisationsformen des transnationalen Kapitals trügen aber zur Entschärfung der Konkurrenz bei. (Mayer)<br />
Hauptsächlich gingen die EU und die USA kollektiv vor, während es zwischen den USA und der EU auf der einen Seite und den BRICS auf der anderen Seite zu verstärkter Konkurrenz kommt.<br/>Vertreter: Leo Mayer, ISW, Samir Amin.<br />
<br />
=== Neu-imperialistische Länder ===<br />
Unter dieser Begrifflichkeit fasst die MLPD das Aufstreben von Ländern im imperialistischen Weltsystem zusammen. Aufgrund der stark gestiegenen Produktivität und dem zunehmendem Kapitalexport hat sich laut der MLPD das „imperialistische Kapital“ gegenseitig durchdrungen und verflochten. Die Produktion hat sich, ebenso wie das Finanzwesen, internationalisiert. Nach dieser Analyse ist es zu vermehrten grenzüberschreitenden Fusionen und Übernahmen gekommen, dadurch haben sich schließlich Übermonopole gebildet. Ehemalige Kolonien haben sich von den internationalen Monopolen aus dem Ausland abgenabelt, eigene Monopole aufgebaut und Kapitalexport betrieben. Ebenso haben sich staatsmonopolistische Strukturen herausgebildet. Die BRICS und andere Länder sind ihrer Meinung nach aufgestiegen, während die USA die letzte verbliebene Supermacht sei, die vor allem von China herausgefordert werde. Die imperialistische Multipolarität vertiefe die allgemeine Krise des Kapitalismus.<br/>Vertreter: MLPD.<br />
<br />
== Bezug zu den Grundannahmen ==<br />
Die grundlegende Auseinandersetzung in dieser Frage ist das Verhältnis der Ökonomie zur Politik. Hierzu sollten die Grundannahmen zum [[Der historische Materialismus|historischen Materialismus]] und insbesondere die Passagen aus Engels' ''Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft'' herangezogen werden.<br />
<br><br />
<br><br />
Eine der zentralen Veränderungen des Imperialismus, im Vergleich zum Kapitalismus der freien Konkurrenz, ist die enorme Akkumulation von Kapital und die damit verbundene Bildung der Monopole. Ebenso charakterisierend ist die Entstehung des Finanzkapitals und der Finanzoligarchie sowie die zunehmende Bedeutung des Kapitalexports. Diese ökonomischen Kriterien des Imperialismus entstehen aus dem Kapitalismus der freien Konkurrenz und sind nicht davon zu trennen. Für diese Fragen sind zum einen die Grundannahmen aus Marx' Kapital, 1. Band zur [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Akkumulationsprozess des Kapitals|Kapitalakkumulation]], sowie aus dem 3. Band zur [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Die Rolle des Kredits in der kapitalistischen Produktion|Rolle des Kredits]] und der Börse als Literatur heranzuziehen.<br />
<br><br />
<br><br />
In Lenins Imperialismusschrift sind vor allem die Kapitel zur [[Der imperialistische Kapitalismus#Konzentration der Produktion und Monopole|Entstehung der Monopole]] und zum [[Der imperialistische Kapitalismus#Der Kapitalexport|Kapitalexport]] wichtig.<br/>Zu den ökonomischen Grundlagen des Imperialismus und dem Zusammenhang mit der Neuaufteilung der Welt ist Lenins Imperialismusschrift, hier vor allem die Passagen aus dem [[Der imperialistische Kapitalismus#Die Aufteilung der Welt unter die Kapitalistenverbände|V. bis IX. Kapitel]], bedeutend.<br />
<br />
== Wie wollen wir den Dissens klären? ==<br />
Auf der theoretischen Ebene muss die ökonomische Basis des Imperialismus herausgearbeitet werden – Konzentration von Kapital führt zum Monopol. Bearbeitet werden muss die Frage, ob Kapitalismus und Imperialismus zu trennen sind, sprich ob ein „nicht-imperialistischer“ Kapitalismus möglich ist.<br />
<br><br />
<br><br />
Damit zusammen hängt die theoretische Darlegung des Zusammenhangs von ökonomischer Basis und politischem Überbau, in welchem Verhältnis die beiden zueinander stehen und welche Auseinandersetzungen es bereits zu dieser Frage gab(Lenin/Kautsky gehört dazu).<br />
<br><br />
<br><br />
Argumentativ muss hier auf die Annahme eingegangen werden, dass eine Ordnung der Kooperation und Vernunft innerhalb des Imperialismus möglich ist. In diesem Zusammenhang sollte auch auf das Argument aufgegriffen werden, dass die Anti-Hitler-Koalition ein Vorbild sei.<br />
<br><br />
<br><br />
Auf der empirischen Ebene muss das Argument untersucht werden, dass während der Existenz des Sozialismus einige Länder vorübergehend anders agieren konnten. Dies wird auf heute übertragen, um zu behaupten, dass eine solche Entwicklung möglich wäre. Eine empirische Untersuchung der Entwicklung dieser Länder (Indien zeitweise, Ägypten ect.) ist hier notwendig.<br />
<br><br />
<br><br />
Untersucht werden muss der Klassencharakter, die ökonomische Basis von Russland, China und weiteren Ländern, sowie ihre Position in der Weltwirtschaft und ihr politisches Verhältnis.<br />
<br />
Diese und zukünftige Aufgaben und offene Fragen werden wir [[Offene Fragen zur Klärung der Dissense#Imperialismus als Weltsystem|hier]] sammeln.<br />
<br />
== Was steht zu diesem Dissens in den Programmatischen Thesen? ==<br />
Auszüge aus unseren programmatischen Thesen zur Frage der Imperialismusanalyse:<br />
{{Zitat |Der ökonomische Kern des Imperialismus ist das Monopol. Der heutige Kapitalismus ist dominiert vom Monopolkapital, das sich durch die Konzentration und Zentralisation des Kapitals herausgebildet hat. Dieser Wesenszug bestimmt die gesamte Epoche, in der wir leben. Im Imperialismus ist der Drang zum internationalen Kapitalexport enorm erhöht.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 8)}}<br />
<br />
{{Zitat |Die These eines „kollektiven Imperialismus“, wonach sich die zwischenimperialistischen Widersprüche tendenziell abschwächen würden und es zur gemeinschaftlichen Ausbeutung der Welt durch die verbündeten imperialistischen Zentren käme, ist lediglich eine Neuauflage der „Ultraimperialismus“-These des Revisionisten Karl Kautsky, die bereits Lenin widerlegt hat. Diese These ist heute so falsch wie damals. Auch eine sogenannte „multipolare Weltordnung“, in der neben den USA und der EU weitere Zentren die Weltordnung bestimmen, ist nur Ausdruck der ungleichmäßigen Entwicklung des Kapitalismus und sich verändernder Kräfteverhältnisse. Eine Hoffnung auf eine friedlichere Welt liegt darin nicht.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 9)}}<br />
<br />
{{Zitat |[...] Staaten, in denen (monopol-)kapitalistische Verhältnisse bestehen, wie etwa China, können keinen antiimperialistischen Charakter annehmen.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 10)}} <br />
<br />
{{Zitat |Der antiimperialistische Kampf muss sich deshalb gegen das Kapital und das kapitalistische System als Grundlage des Imperialismus richten. Als Kommunisten in Deutschland sehen wir den deutschen Imperialismus, d.h. die deutsche Monopolbourgeoisie und ihren Staat als unseren Hauptgegner an. Wir kämpfen aber Seite an Seite mit unseren Genossen auf der ganzen Welt gegen den Imperialismus als Ganzes, als weltweites System.Besonders hervorzuheben sind daher auch die EU als imperialistisches Bündnis, die aufstrebenden Ökonomien der BRICS-Gruppe und der US-Imperialismus als nach wie vor militärisch gefährlichster imperialistischer Pol der Welt.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 10)}}<br />
<br />
== Literatur zum Thema ==<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<br />
[[Kategorie: AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
[[Kategorie: Dissens]]<br />
[[Kategorie: Dissens AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]</div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Imperialismus_als_Weltsystem&diff=5196Imperialismus als Weltsystem2019-01-09T10:46:00Z<p>Mati: </p>
<hr />
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<br />
== Überblick ==<br />
<br />
Die Analyse des Imperialismus ist umstritten und gehört zu den zentralen Debatten in der kommunistischen Bewegung. Sie hat weitgehende Konsequenzen für die Strategie der Parteien und ist eine anhaltende Debatte, die bereits seit der Entstehung des Imperialismus geführt wird. Zum Teil sind es heute dieselben Punkte wie in der Auseinandersetzung zwischen Kautsky und Lenin. <br />
Der Grund für Unklarheiten liegt zum einen im Opportunismus, zum anderen in Veränderungen, die untersucht werden müssen und über die, wegen mangelnder Grundlage, falsche Annahmen entstehen können.<br />
<br><br />
<br><br />
Die voranschreitende Monopolisierung, die weitere Entwicklung von Kapitalexport und die verschiedenen Formen des fiktiven Kapitals und der Kapitalströme führen zu der Annahme, der grundlegende Charakter des Kapitalismus habe sich in seinem imperialistischen Stadium verändert. <br />
<br><br />
<br><br />
Im Mittelpunkt der Debatte steht die Frage: Was sind die Kriterien mit denen die Analyse vorgenommen wird? Ebenso zu klären sind folgende Fragestellungen: Wird der Imperialismus als ökonomisches System oder als vor allem politisches Phänomen begriffen? Ist es möglich den politischen Überbau von der ökonomischen Basis zu lösen bzw. zu relativieren? Gibt es kapitalistische Staaten, die eine friedliche, fortschrittliche Entwicklung im Imperialismus ermöglichen könnten? Und gibt es eine Verflechtung und Verschränkung, die zu einer Abschwächung der Widersprüche führt?<br />
<br><br />
<br><br />
Die Debatte spitzt sich in der Frage zu, ob es Staaten bzw. Länder gibt, die außerhalb des „Imperialismus“ stehen. Damit einher geht, dass eine Definition des Imperialismus vorgenommen wird, nämlich die, dass der Imperialismus auf einige wenige besonders mächtige Länder beschränkt ist. Dem gegenüber steht die Auffassung, dass Imperialismus als Weltsystem zu verstehen ist, in dem die Länder verschiedene Positionen einnehmen. <br />
<br />
Im folgenden wird versucht, die unterschiedlichen Positionen und Thesen, die es gibt und wer sie vertritt, darzustellen:<br />
<br />
=== Imperialismus als Weltsystem, die imperialistische Pyramide ===<br />
Die KKE vertritt die Imperialismusanalyse, wonach der ökonomische Kern des Imperialismus das Monopol ist. Die Merkmale des Imperialismus sind für die KKE weiterhin: die Konzentration der Produktion und des Kapitals, die Verschmelzung des Bank- und Industriekapitals zum Finanzkapital, die Entstehung einer Finanzoligarchie, der Kapitalexport und die Entstehung internationaler Monopolbündnisse. Imperialismus ist nach den Analysen der KKE kein politisches Konzept, das von der ökonomischen Basis loszulösen ist und auch nicht nur als Politik der militärischen Aggression zu verstehen. Kapitalismus und Imperialismus sind demnach nicht von einander zu trennen. Imperialismus ist für die KKE ein Weltsystem, in dem die verschiedenen Länder verschiedene Stellungen einnehmen und in einem wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnis stehen. Es gibt nach dieser Imperialismusanalyse nicht nur eine Handvoll mächtige Länder, die alle anderen unterdrücken. Neben den Ländern, die an der Spitze des Systems stehen, wofür die KKE das Bild einer Pyramide benutzt, entwickeln nach Auffassung der KKE auch die Länder, die eine Zwischenstellung einnehmen, die Kriterien des Imperialismus (Monopole, Finanzkapital, Kapitalexport).<br />
<br />
Die Gegensätze und Widersprüche zwischen den verschiedenen Staaten nehmen daraus folgend zu, ebenso verschärft sich die Konkurrenz um Rohstoffe, Transportwege und Marktanteile der Monopole. <br />
Die Zunahme von Polen oder Zentren verschärft die Konkurrenz und Gegensätze. Monopole in der Wirtschaft können nicht mit einer gewaltfreien, nicht den Monopolinteressen dienenden Politik koexistieren. Ein Zwischenstadium zwischen Kapitalismus und Sozialismus gibt es nach Aussage der KKE nicht. Fazit der KKE ist, dass sich die Arbeiterklasse die Macht erobern und den Sozialismus errichten muss.<br/>Vertreter: KKE (https://inter.kke.gr/de/articles/On-Imperialism-The-Imperialist-Pyramid/)<br />
<br />
=== Multipolare Weltordnung ===<br />
Ausgangspunkt ist die Veränderung von einer „unipolaren Weltordnung“ durch die USA zu einer „multipolaren Weltordnung“ mit mehreren Zentren. Unter „imperialistisch“ werden die USA und NATO-Staaten verstanden, die sich in alle anderen Statten einmischen und ihre Entwicklung bremsen wollen. Die aufstrebenden Staaten haben danach ein Interesse an Kooperation und Völkerrecht, um sich gegen die Einmischung zu wehren.<br/><br />
Dies ist laut dieser Imperialismusanalyse objektiv im Interesse der Arbeiterklasse. Einzelne Länder könnten daher ökonomisch die Kriterien für Imperialismus (Monopole, Kapitalexport, etc.) erfüllen (Russland) und dennoch eine positive Rolle einnehmen. Zum Beispiel können sie demnach objektiv dem Kampf für Frieden dienen und auf der anderen Seite „politisch“ nicht imperialistisch sein. Eine besondere Rolle spielen Russland und China. Bei letzterem wird angenommen, dass es ein Land mit sozialistischer Orientierung ist. Die Debatte zum Klassencharakter von Russland und China ist darausschlussfolgernd eng mit der Debatte zur Imperialismusanalyse verbunden.<br/><br />
Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass Kapitalismus und Imperialismus nicht identisch sind und imperialistische Politik vor allem militärische Aggression bedeute.<br/>Vertreter: Beate Landefeld, Willi Gerns, weitere Teile der DKP. Freidenker, Andreas Wehr, Rotfuchs, Z Zeitschrift marxistische Erneuerung, teilweise Zeitschrift Sozialismus<br />
<br />
=== Kollektiver Imperialismus ===<br />
Vor knapp zwanzig Jahren wurde die These vertreten, dass alle imperialistischen Staaten auf Grund gemeinsamer Interessen die restlichen Länder unterwerfen und dass ein Krieg zwischen den imperialistischen Mächten unwahrscheinlich bzw. ausgeschlossen ist.<br/><br />
Nach der Weltwirtschaftskrise von 2008 und der zunehmenden Widersprüche zwischen den imperialistischen Ländern hat sich die These etwas verschoben. Angenommen wird nun, dass die USA und die NATO-Staaten einen kollektiven Imperialismus bilden, der ihre Interessen gegen die anderen, vor allem Russland und China, durchsetzt. Welchen Charakter und welche Rolle Russland und China dabei spielen, wird unterschiedlich ausgelegt.<br />
Einige Vertreter stehen auf dem Standpunkt, dass sich der Imperialismus im Übergang vom „staatsmonopolistischen Kapitalismus“ zum „transnationalen Monopolkapitalismus“ befinde. Aufgrund der Internationalisierung der Produktion und Verwertung des Kapitals, sowie der Zunahme des Kapitalexports haben sich ihrer Meinung nach Konzerne mit „transnationaler Eigentümerstruktur“ herausgebildet. Dies führt auch zu Entwicklung neuer supranationaler Staatsgebilde. Damit verbunden wird eine relative Selbständigkeit des Staates vom Kapital angenommen. Die Nationalstaaten würden somit gegeneinander ausgespielt werden, um die besten Bedingungen für die transnationalen Konzerne durchzusetzen. Sie vermitteln weiterhin die „Hegemonie“ des transnationalen Kapitals und bearbeiten die Konflikte zwischen Fraktionen dieses Kapitals. Die Konkurrenz zwischen Nationalstaaten nehme laut dieser Imperialismusanalyse zwar zu, die transnationalen Organisationsformen des transnationalen Kapitals trügen aber zur Entschärfung der Konkurrenz bei. (Mayer)<br />
Hauptsächlich gingen die EU und die USA kollektiv vor, während es zwischen den USA und der EU auf der einen Seite und den BRICS auf der anderen Seite zu verstärkter Konkurrenz kommt.<br/>Vertreter: Leo Mayer, ISW, Samir Amin.<br />
<br />
=== Neu-imperialistische Länder ===<br />
Unter dieser Begrifflichkeit fasst die MLPD das Aufstreben von Ländern im imperialistischen Weltsystem zusammen. Aufgrund der stark gestiegenen Produktivität und dem zunehmendem Kapitalexport hat sich laut der MLPD das „imperialistische Kapital“ gegenseitig durchdrungen und verflochten. Die Produktion hat sich, ebenso wie das Finanzwesen, internationalisiert. Nach dieser Analyse ist es zu vermehrten grenzüberschreitenden Fusionen und Übernahmen gekommen, dadurch haben sich schließlich Übermonopole gebildet. Ehemalige Kolonien haben sich von den internationalen Monopolen aus dem Ausland abgenabelt, eigene Monopole aufgebaut und Kapitalexport betrieben. Ebenso haben sich staatsmonopolistische Strukturen herausgebildet. Die BRICS und andere Länder sind ihrer Meinung nach aufgestiegen, während die USA die letzte verbliebene Supermacht sei, die vor allem von China herausgefordert werde. Die imperialistische Multipolarität vertiefe die allgemeine Krise des Kapitalismus.<br/>Vertreter: MLPD.<br />
<br />
== Bezug zu den Grundannahmen ==<br />
Die grundlegende Auseinandersetzung in dieser Frage ist das Verhältnis der Ökonomie zur Politik. Hierzu sollten die Grundannahmen zum [[Der historische Materialismus|historischen Materialismus]] und insbesondere die Passagen aus Engels' ''Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft'' herangezogen werden.<br />
<br><br />
<br><br />
Eine der zentralen Veränderungen des Imperialismus, im Vergleich zum Kapitalismus der freien Konkurrenz, ist die enorme Akkumulation von Kapital und die damit verbundene Bildung der Monopole. Ebenso charakterisierend ist die Entstehung des Finanzkapitals und der Finanzoligarchie sowie die zunehmende Bedeutung des Kapitalexports. Diese ökonomischen Kriterien des Imperialismus entstehen aus dem Kapitalismus der freien Konkurrenz und sind nicht davon zu trennen. Für diese Fragen sind zum einen die Grundannahmen aus Marx' Kapital, 1. Band zur [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Akkumulationsprozess des Kapitals|Kapitalakkumulation]], sowie aus dem 3. Band zur [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Die Rolle des Kredits in der kapitalistischen Produktion|Rolle des Kredits]] und der Börse als Literatur heranzuziehen.<br />
<br><br />
<br><br />
In Lenins Imperialismusschrift sind vor allem die Kapitel zur [[Der imperialistische Kapitalismus#Konzentration der Produktion und Monopole|Entstehung der Monopole]] und zum [[Der imperialistische Kapitalismus#Der Kapitalexport|Kapitalexport]] wichtig.<br/>Zu den ökonomischen Grundlagen des Imperialismus und dem Zusammenhang mit der Neuaufteilung der Welt ist Lenins Imperialismusschrift, hier vor allem die Passagen aus dem [[Der imperialistische Kapitalismus#Die Aufteilung der Welt unter die Kapitalistenverbände|V. bis IX. Kapitel]], bedeutend.<br />
<br />
== Wie wollen wir den Dissens klären? ==<br />
Auf der theoretischen Ebene muss die ökonomische Basis des Imperialismus herausgearbeitet werden – Konzentration von Kapital führt zum Monopol. Bearbeitet werden muss die Frage, ob Kapitalismus und Imperialismus zu trennen sind, sprich ob ein „nicht-imperialistischer“ Kapitalismus möglich ist.<br />
<br><br />
<br><br />
Damit zusammen hängt die theoretische Darlegung des Zusammenhangs von ökonomischer Basis und politischem Überbau, in welchem Verhältnis die beiden zueinander stehen und welche Auseinandersetzungen es bereits zu dieser Frage gab(Lenin/Kautsky gehört dazu).<br />
<br><br />
<br><br />
Argumentativ muss hier auf die Annahme eingegangen werden, dass eine Ordnung der Kooperation und Vernunft innerhalb des Imperialismus möglich ist. In diesem Zusammenhang sollte auch auf das Argument aufgegriffen werden, dass die Anti-Hitler-Koalition ein Vorbild sei.<br />
<br><br />
<br><br />
Auf der empirischen Ebene muss das Argument untersucht werden, dass während der Existenz des Sozialismus einige Länder vorübergehend anders agieren konnten. Dies wird auf heute übertragen, um zu behaupten, dass eine solche Entwicklung möglich wäre. Eine empirische Untersuchung der Entwicklung dieser Länder (Indien zeitweise, Ägypten ect.) ist hier notwendig.<br />
<br><br />
<br><br />
Untersucht werden muss der Klassencharakter, die ökonomische Basis von Russland, China und weiteren Ländern, sowie ihre Position in der Weltwirtschaft und ihr politisches Verhältnis.<br />
<br />
Diese und zukünftige Aufgaben und offene Fragen werden wir [[Offene Fragen zur Klärung der Dissense#Imperialismus als Weltsystem|hier]] sammeln.<br />
<br />
== Was steht zu diesem Dissens in den Programmatischen Thesen? ==<br />
Auszüge aus unseren programmatischen Thesen zur Frage der Imperialismusanalyse:<br />
{{Zitat |Der ökonomische Kern des Imperialismus ist das Monopol. Der heutige Kapitalismus ist dominiert vom Monopolkapital, das sich durch die Konzentration und Zentralisation des Kapitals herausgebildet hat. Dieser Wesenszug bestimmt die gesamte Epoche, in der wir leben. Im Imperialismus ist der Drang zum internationalen Kapitalexport enorm erhöht.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 8)}}<br />
<br />
{{Zitat |Die These eines „kollektiven Imperialismus“, wonach sich die zwischenimperialistischen Widersprüche tendenziell abschwächen würden und es zur gemeinschaftlichen Ausbeutung der Welt durch die verbündeten imperialistischen Zentren käme, ist lediglich eine Neuauflage der „Ultraimperialismus“-These des Revisionisten Karl Kautsky, die bereits Lenin widerlegt hat. Diese These ist heute so falsch wie damals. Auch eine sogenannte „multipolare Weltordnung“, in der neben den USA und der EU weitere Zentren die Weltordnung bestimmen, ist nur Ausdruck der ungleichmäßigen Entwicklung des Kapitalismus und sich verändernder Kräfteverhältnisse. Eine Hoffnung auf eine friedlichere Welt liegt darin nicht.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 9)}}<br />
<br />
{{Zitat |[...] Staaten, in denen (monopol-)kapitalistische Verhältnisse bestehen, wie etwa China, können keinen antiimperialistischen Charakter annehmen.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 10)}} <br />
<br />
{{Zitat |Der antiimperialistische Kampf muss sich deshalb gegen das Kapital und das kapitalistische System als Grundlage des Imperialismus richten. Als Kommunisten in Deutschland sehen wir den deutschen Imperialismus, d.h. die deutsche Monopolbourgeoisie und ihren Staat als unseren Hauptgegner an. Wir kämpfen aber Seite an Seite mit unseren Genossen auf der ganzen Welt gegen den Imperialismus als Ganzes, als weltweites System.Besonders hervorzuheben sind daher auch die EU als imperialistisches Bündnis, die aufstrebenden Ökonomien der BRICS-Gruppe und der US-Imperialismus als nach wie vor militärisch gefährlichster imperialistischer Pol der Welt.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 10)}}<br />
<br />
== Literatur zum Thema ==<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<br />
[[Kategorie: AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
[[Kategorie: Dissens]]<br />
[[Kategorie: Dissens AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]</div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Imperialismus_als_Weltsystem&diff=5195Imperialismus als Weltsystem2019-01-09T10:42:53Z<p>Mati: </p>
<hr />
<div>Zurück zu [[AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
<br />
== Überblick ==<br />
<br />
Die Analyse des Imperialismus ist umstritten und gehört zu den zentralen Debatten in der kommunistischen Bewegung. Sie hat weitgehende Konsequenzen für die Strategie der Parteien und ist eine anhaltende Debatte, die bereits seit der Entstehung des Imperialismus geführt wird. Zum Teil sind es heute dieselben Punkte wie in der Auseinandersetzung zwischen Kautsky und Lenin. <br />
Der Grund für Unklarheiten liegt zum einen im Opportunismus, zum anderen in Veränderungen, die untersucht werden müssen und über die, wegen mangelnder Grundlage, falsche Annahmen entstehen können.<br />
<br><br />
<br><br />
Die voranschreitende Monopolisierung, die weitere Entwicklung von Kapitalexport und die verschiedenen Formen des fiktiven Kapitals und der Kapitalströme führen zu der Annahme, der grundlegende Charakter des Kapitalismus habe sich in seinem imperialistischen Stadium verändert. <br />
<br><br />
<br><br />
Im Mittelpunkt der Debatte steht die Frage: Was sind die Kriterien mit denen die Analyse vorgenommen wird? Ebenso zu klären sind folgende Fragestellungen: Wird der Imperialismus als ökonomisches System oder als vor allem politisches Phänomen begriffen? Ist es möglich den politischen Überbau von der ökonomischen Basis zu lösen bzw. zu relativieren? Gibt es kapitalistische Staaten, die eine friedliche, fortschrittliche Entwicklung im Imperialismus ermöglichen könnten? Und gibt es eine Verflechtung und Verschränkung, die zu einer Abschwächung der Widersprüche führt?<br />
<br><br />
<br><br />
Die Debatte spitzt sich in der Frage zu, ob es Staaten bzw. Länder gibt, die außerhalb des „Imperialismus“ stehen. Damit einher geht, dass eine Definition des Imperialismus vorgenommen wird, nämlich die, dass der Imperialismus auf einige wenige besonders mächtige Länder beschränkt ist. Dem gegenüber steht die Auffassung, dass Imperialismus als Weltsystem zu verstehen ist, in dem die Länder verschiedene Positionen einnehmen. <br />
<br />
==== Welche Positionen / Thesen gibt es? Und wer vertritt sie? ====<br />
<br />
===== Imperialismus als Weltsystem, die imperialistische Pyramide =====<br />
Die KKE vertritt die Imperialismusanalyse, wonach der ökonomische Kern des Imperialismus das Monopol ist. Die Merkmale des Imperialismus sind für die KKE weiterhin: die Konzentration der Produktion und des Kapitals, die Verschmelzung des Bank- und Industriekapitals zum Finanzkapital, die Entstehung einer Finanzoligarchie, der Kapitalexport und die Entstehung internationaler Monopolbündnisse. Imperialismus ist nach den Analysen der KKE kein politisches Konzept, das von der ökonomischen Basis loszulösen ist und auch nicht nur als Politik der militärischen Aggression zu verstehen. Kapitalismus und Imperialismus sind demnach nicht von einander zu trennen. Imperialismus ist für die KKE ein Weltsystem, in dem die verschiedenen Länder verschiedene Stellungen einnehmen und in einem wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnis stehen. Es gibt nach dieser Imperialismusanalyse nicht nur eine Handvoll mächtige Länder, die alle anderen unterdrücken. Neben den Ländern, die an der Spitze des Systems stehen, wofür die KKE das Bild einer Pyramide benutzt, entwickeln nach Auffassung der KKE auch die Länder, die eine Zwischenstellung einnehmen, die Kriterien des Imperialismus (Monopole, Finanzkapital, Kapitalexport).<br />
<br />
Die Gegensätze und Widersprüche zwischen den verschiedenen Staaten nehmen daraus folgend zu, ebenso verschärft sich die Konkurrenz um Rohstoffe, Transportwege und Marktanteile der Monopole. <br />
Die Zunahme von Polen oder Zentren verschärft die Konkurrenz und Gegensätze. Monopole in der Wirtschaft können nicht mit einer gewaltfreien, nicht den Monopolinteressen dienenden Politik koexistieren. Ein Zwischenstadium zwischen Kapitalismus und Sozialismus gibt es nach Aussage der KKE nicht. Fazit der KKE ist, dass sich die Arbeiterklasse die Macht erobern und den Sozialismus errichten muss.<br/>Vertreter: KKE (https://inter.kke.gr/de/articles/On-Imperialism-The-Imperialist-Pyramid/)<br />
<br />
===== Multipolare Weltordnung =====<br />
Ausgangspunkt ist die Veränderung von einer „unipolaren Weltordnung“ durch die USA zu einer „multipolaren Weltordnung“ mit mehreren Zentren. Unter „imperialistisch“ werden die USA und NATO-Staaten verstanden, die sich in alle anderen Statten einmischen und ihre Entwicklung bremsen wollen. Die aufstrebenden Staaten haben danach ein Interesse an Kooperation und Völkerrecht, um sich gegen die Einmischung zu wehren.<br/><br />
Dies ist laut dieser Imperialismusanalyse objektiv im Interesse der Arbeiterklasse. Einzelne Länder könnten daher ökonomisch die Kriterien für Imperialismus (Monopole, Kapitalexport, etc.) erfüllen (Russland) und dennoch eine positive Rolle einnehmen. Zum Beispiel können sie demnach objektiv dem Kampf für Frieden dienen und auf der anderen Seite „politisch“ nicht imperialistisch sein. Eine besondere Rolle spielen Russland und China. Bei letzterem wird angenommen, dass es ein Land mit sozialistischer Orientierung ist. Die Debatte zum Klassencharakter von Russland und China ist darausschlussfolgernd eng mit der Debatte zur Imperialismusanalyse verbunden.<br/><br />
Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass Kapitalismus und Imperialismus nicht identisch sind und imperialistische Politik vor allem militärische Aggression bedeute.<br/>Vertreter: Beate Landefeld, Willi Gerns, weitere Teile der DKP. Freidenker, Andreas Wehr, Rotfuchs, Z Zeitschrift marxistische Erneuerung, teilweise Zeitschrift Sozialismus<br />
<br />
===== Kollektiver Imperialismus =====<br />
Vor knapp zwanzig Jahren wurde die These vertreten, dass alle imperialistischen Staaten auf Grund gemeinsamer Interessen die restlichen Länder unterwerfen und dass ein Krieg zwischen den imperialistischen Mächten unwahrscheinlich bzw. ausgeschlossen ist.<br/><br />
Nach der Weltwirtschaftskrise von 2008 und der zunehmenden Widersprüche zwischen den imperialistischen Ländern hat sich die These etwas verschoben. Angenommen wird nun, dass die USA und die NATO-Staaten einen kollektiven Imperialismus bilden, der ihre Interessen gegen die anderen, vor allem Russland und China, durchsetzt. Welchen Charakter und welche Rolle Russland und China dabei spielen, wird unterschiedlich ausgelegt.<br />
Einige Vertreter stehen auf dem Standpunkt, dass sich der Imperialismus im Übergang vom „staatsmonopolistischen Kapitalismus“ zum „transnationalen Monopolkapitalismus“ befinde. Aufgrund der Internationalisierung der Produktion und Verwertung des Kapitals, sowie der Zunahme des Kapitalexports haben sich ihrer Meinung nach Konzerne mit „transnationaler Eigentümerstruktur“ herausgebildet. Dies führt auch zu Entwicklung neuer supranationaler Staatsgebilde. Damit verbunden wird eine relative Selbständigkeit des Staates vom Kapital angenommen. Die Nationalstaaten würden somit gegeneinander ausgespielt werden, um die besten Bedingungen für die transnationalen Konzerne durchzusetzen. Sie vermitteln weiterhin die „Hegemonie“ des transnationalen Kapitals und bearbeiten die Konflikte zwischen Fraktionen dieses Kapitals. Die Konkurrenz zwischen Nationalstaaten nehme laut dieser Imperialismusanalyse zwar zu, die transnationalen Organisationsformen des transnationalen Kapitals trügen aber zur Entschärfung der Konkurrenz bei. (Mayer)<br />
Hauptsächlich gingen die EU und die USA kollektiv vor, während es zwischen den USA und der EU auf der einen Seite und den BRICS auf der anderen Seite zu verstärkter Konkurrenz kommt.<br/>Vertreter: Leo Mayer, ISW, Samir Amin.<br />
<br />
===== Neu-imperialistische Länder =====<br />
Unter dieser Begrifflichkeit fasst die MLPD das Aufstreben von Ländern im imperialistischen Weltsystem zusammen. Aufgrund der stark gestiegenen Produktivität und dem zunehmendem Kapitalexport hat sich laut der MLPD das „imperialistische Kapital“ gegenseitig durchdrungen und verflochten. Die Produktion hat sich, ebenso wie das Finanzwesen, internationalisiert. Nach dieser Analyse ist es zu vermehrten grenzüberschreitenden Fusionen und Übernahmen gekommen, dadurch haben sich schließlich Übermonopole gebildet. Ehemalige Kolonien haben sich von den internationalen Monopolen aus dem Ausland abgenabelt, eigene Monopole aufgebaut und Kapitalexport betrieben. Ebenso haben sich staatsmonopolistische Strukturen herausgebildet. Die BRICS und andere Länder sind ihrer Meinung nach aufgestiegen, während die USA die letzte verbliebene Supermacht sei, die vor allem von China herausgefordert werde. Die imperialistische Multipolarität vertiefe die allgemeine Krise des Kapitalismus.<br/>Vertreter: MLPD.<br />
<br />
== Bezug zu den Grundannahmen ==<br />
Die grundlegende Auseinandersetzung in dieser Frage ist das Verhältnis der Ökonomie zur Politik. Hierzu sollten die Grundannahmen zum [[Der historische Materialismus|historischen Materialismus]] und insbesondere die Passagen aus Engels' ''Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft'' herangezogen werden.<br />
<br><br />
<br><br />
Eine der zentralen Veränderungen des Imperialismus, im Vergleich zum Kapitalismus der freien Konkurrenz, ist die enorme Akkumulation von Kapital und die damit verbundene Bildung der Monopole. Ebenso charakterisierend ist die Entstehung des Finanzkapitals und der Finanzoligarchie sowie die zunehmende Bedeutung des Kapitalexports. Diese ökonomischen Kriterien des Imperialismus entstehen aus dem Kapitalismus der freien Konkurrenz und sind nicht davon zu trennen. Für diese Fragen sind zum einen die Grundannahmen aus Marx' Kapital, 1. Band zur [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Akkumulationsprozess des Kapitals|Kapitalakkumulation]], sowie aus dem 3. Band zur [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Die Rolle des Kredits in der kapitalistischen Produktion|Rolle des Kredits]] und der Börse als Literatur heranzuziehen.<br />
<br><br />
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In Lenins Imperialismusschrift sind vor allem die Kapitel zur [[Der imperialistische Kapitalismus#Konzentration der Produktion und Monopole|Entstehung der Monopole]] und zum [[Der imperialistische Kapitalismus#Der Kapitalexport|Kapitalexport]] wichtig.<br/>Zu den ökonomischen Grundlagen des Imperialismus und dem Zusammenhang mit der Neuaufteilung der Welt ist Lenins Imperialismusschrift, hier vor allem die Passagen aus dem [[Der imperialistische Kapitalismus#Die Aufteilung der Welt unter die Kapitalistenverbände|V. bis IX. Kapitel]], bedeutend.<br />
<br />
== Wie wollen wir den Dissens klären? ==<br />
Auf der theoretischen Ebene muss die ökonomische Basis des Imperialismus herausgearbeitet werden – Konzentration von Kapital führt zum Monopol. Bearbeitet werden muss die Frage, ob Kapitalismus und Imperialismus zu trennen sind, sprich ob ein „nicht-imperialistischer“ Kapitalismus möglich ist.<br />
<br><br />
<br><br />
Damit zusammen hängt die theoretische Darlegung des Zusammenhangs von ökonomischer Basis und politischem Überbau, in welchem Verhältnis die beiden zueinander stehen und welche Auseinandersetzungen es bereits zu dieser Frage gab(Lenin/Kautsky gehört dazu).<br />
<br><br />
<br><br />
Argumentativ muss hier auf die Annahme eingegangen werden, dass eine Ordnung der Kooperation und Vernunft innerhalb des Imperialismus möglich ist. In diesem Zusammenhang sollte auch auf das Argument aufgegriffen werden, dass die Anti-Hitler-Koalition ein Vorbild sei.<br />
<br><br />
<br><br />
Auf der empirischen Ebene muss das Argument untersucht werden, dass während der Existenz des Sozialismus einige Länder vorübergehend anders agieren konnten. Dies wird auf heute übertragen, um zu behaupten, dass eine solche Entwicklung möglich wäre. Eine empirische Untersuchung der Entwicklung dieser Länder (Indien zeitweise, Ägypten ect.) ist hier notwendig.<br />
<br><br />
<br><br />
Untersucht werden muss der Klassencharakter, die ökonomische Basis von Russland, China und weiteren Ländern, sowie ihre Position in der Weltwirtschaft und ihr politisches Verhältnis.<br />
<br />
Diese und zukünftige Aufgaben und offene Fragen werden wir [[Offene Fragen zur Klärung der Dissense#Imperialismus als Weltsystem|hier]] sammeln.<br />
<br />
== Was steht zu diesem Dissens in den Programmatischen Thesen? ==<br />
Auszüge aus unseren programmatischen Thesen zur Frage der Imperialismusanalyse:<br />
{{Zitat |Der ökonomische Kern des Imperialismus ist das Monopol. Der heutige Kapitalismus ist dominiert vom Monopolkapital, das sich durch die Konzentration und Zentralisation des Kapitals herausgebildet hat. Dieser Wesenszug bestimmt die gesamte Epoche, in der wir leben. Im Imperialismus ist der Drang zum internationalen Kapitalexport enorm erhöht.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 8)}}<br />
<br />
{{Zitat |Die These eines „kollektiven Imperialismus“, wonach sich die zwischenimperialistischen Widersprüche tendenziell abschwächen würden und es zur gemeinschaftlichen Ausbeutung der Welt durch die verbündeten imperialistischen Zentren käme, ist lediglich eine Neuauflage der „Ultraimperialismus“-These des Revisionisten Karl Kautsky, die bereits Lenin widerlegt hat. Diese These ist heute so falsch wie damals. Auch eine sogenannte „multipolare Weltordnung“, in der neben den USA und der EU weitere Zentren die Weltordnung bestimmen, ist nur Ausdruck der ungleichmäßigen Entwicklung des Kapitalismus und sich verändernder Kräfteverhältnisse. Eine Hoffnung auf eine friedlichere Welt liegt darin nicht.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 9)}}<br />
<br />
{{Zitat |[...] Staaten, in denen (monopol-)kapitalistische Verhältnisse bestehen, wie etwa China, können keinen antiimperialistischen Charakter annehmen.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 10)}} <br />
<br />
{{Zitat |Der antiimperialistische Kampf muss sich deshalb gegen das Kapital und das kapitalistische System als Grundlage des Imperialismus richten. Als Kommunisten in Deutschland sehen wir den deutschen Imperialismus, d.h. die deutsche Monopolbourgeoisie und ihren Staat als unseren Hauptgegner an. Wir kämpfen aber Seite an Seite mit unseren Genossen auf der ganzen Welt gegen den Imperialismus als Ganzes, als weltweites System.Besonders hervorzuheben sind daher auch die EU als imperialistisches Bündnis, die aufstrebenden Ökonomien der BRICS-Gruppe und der US-Imperialismus als nach wie vor militärisch gefährlichster imperialistischer Pol der Welt.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 10)}}<br />
<br />
== Literatur zum Thema ==<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<br />
[[Kategorie: AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
[[Kategorie: Dissens]]<br />
[[Kategorie: Dissens AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]</div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=AG_Politische_%C3%96konomie_des_Imperialismus&diff=5194AG Politische Ökonomie des Imperialismus2019-01-09T10:42:23Z<p>Mati: /* Grundannahmen */</p>
<hr />
<div>[[Datei:AG Politische Ökonomie des Imperialismus.png|mini]]<br />
Zurück zu [[Hauptseite]]<br />
<br />
<br />
<br />
== Einführung in die AG ==<br />
Die Analyse des Imperialismus ist einer der am meisten umstrittenen Punkte in der kommunistischen Bewegung und deshalb so wichtig, da die unterschiedlichen Einschätzungen des Charakters des Imperialismus großen Einfluss auf die Praxis zur Überwindung desselben haben. Aktuelle Beispiele dafür sind die Diskussion um den Klassencharakter Chinas und Russlands und damit verbunden die Orientierung der Arbeiterbewegung – soll sie sich an die Seite eines vermeintlich „objektiv antiimperialistischen Staats“ stellen oder sich auf keine Seite stellen und ihre eigene Macht vorbereiten und errichten? Immer wieder geht es dabei darum, ob der Imperialismus friedensfähig ist oder der Kampf um Frieden immer ein Kampf für den Sozialismus sein muss. <br />
<br />
Seit dem Eintreten des Kapitalismus in sein imperialistisches Stadium ist dies Gegenstand der Auseinandersetzung, wie die Kritik Lenins an Kautsky und anderen zeigt. Auch in den 70er Jahren gab es eine intensivere Debatte um die Frage des Charakters des [[Monopole und Staat#Staatsmonopolistischer Kapitalismus|staatsmonopolistischen Kapitalismus]]. In dieser kamen Strömungen auf, die den imperialistischen Charakter des Kapitalismus in Frage stellten oder abstritten und zum Beispiel eine rein formale [[Monopole und Staat#Staatsableitung und Eigenständigkeit des Staates|„Staatsableitung“]] vornahmen. <br />
<br />
Insgesamt handelt es sich um eine zentrale Frage der Theoriebildung der Arbeiterklasse und wirkt sich somit auch direkt auf ihre Praxis aus. <br />
Ein umfassendes Verständnis der Entwicklung des Kapitalismus bis zu seinem imperialistischen Stadium, das Erkennen der Gesetzmäßigkeiten und damit der Notwendigkeiten des Handelns sind Kernbestandteile der Strategie der Kommunistischen Partei. Im Zuge der Analyse des Imperialismus und der damit verbundenen veränderten Kampfbedingungen entwickelten Lenin und die Bolschewiki das diesen Bedingungen entsprechende Organisationsprinzip der „Partei neuen Typs“ und die Strategie der Arbeiterklasse, die nun nicht mehr nur die Kräfte für den Umsturz sammeln musste, sondern den Sturm durchführen muss – die sozialistische Revolution rückt auf die Tagesordnung des Klassenkampfs. Dabei beziehen wir selbst Position, von der aus wir die Auseinandersetzung führen und deren Weiterentwicklung ein Ziel der Arbeitsgruppen ist. In unseren [https://kommunistische.org/programmatische-thesen/ '''Programmatischen Thesen'''] sind bereits in einem Unterkapitel zentrale Aussagen zum [https://kommunistische.org/programmatische-thesen/#__RefHeading___Toc1331_1760917594 Imperialismus] benannt. Eine übergeordnete Aufgabe der AG Politische Ökonomie des Imperialismus ist, herauszuarbeiten, dass der Imperialismus als ein – das höchste – Stadium des Kapitalismus begriffen wird und nicht als aggressive Außenpolitik oder reiner Expansionismus. Das Stadium des Imperialismus ist organisch mit dem vorherigen Stadium – des Kapitalismus der freien Konkurrenz – verbunden und kann nicht davon getrennt werden. Die gesetzmäßige Entwicklung der Produktivkräfte führt zu Konzentration und Zentralisation der Produktionsmittel und des Kapitals und damit zum Monopol. Er ist das letzte Stadium der kapitalistischen Produktionsweise. Er führt zur weiteren Vertiefung des Widerspruchs zwischen dem gesellschaftlichen Charakter der Produktion und dem privaten Eigentum an Produktionsmitteln. Er tritt damit in sein faulendes, parasitäres Stadium, das der allgemeinen Krise des Kapitalismus, der Reaktion und der ständig notwendigen Neuaufteilung der Welt und damit zu Krieg. Er ist zugleich die materielle Vorbereitung der nächsten Gesellschaftsformation – dem Sozialismus, denn er konzentriert und vergesellschaftet die Produktivkräfte und darunter vor allem die Arbeiterklasse selbst – er ist der Vorabend der sozialistischen Revolution.<br />
<br />
Die Arbeitsgruppe hat bisher sieben Dissenspunkte gesammelt, die weltweit kontrovers diskutiert werden: [[Imperialismus als Weltsystem|Imperialismus als Weltsystem]], [[Imperialistische Bündnisse|imperialistische Bündnisse]], [[Monopole und ihre Entwicklung|Monopole und ihre Entwicklung]], [[Monopole und Staat|Monopole und Staat]], [[Krisenanalyse|Krisenanalyse]], [[Monopole und Ausbeutung der Arbeiterklasse|Monopole und Ausbeutung der Arbeiterklasse]], [[Der Platz des Imperialismus in der Geschichte|Der Platz des Imperialismus in der Geschichte]]. Mit diesen Themenkomplexen wird sich die Arbeitsgruppe beschäftigen. Dabei sollen die verschiedenen Positionen und Einschätzungen herausgearbeitet und mit den [[AG Politische Ökonomie des Imperialismus#Grundannahmen|Grundlagen]] des wissenschaftlichen Sozialismus von Marx, Engels und Lenin konfrontiert werden. Mit jedem dieser Komplexe sind außerdem konkrete empirische Untersuchungen notwendig verbunden, wie zum Beispiel die Untersuchung der Eigentumsstrukturen der Monopole, die Rechtsformen, die sie annehmen, ihr Verhältnis zum Staatsapparat, ihre Rolle in der Reproduktion des Kapitals, die Entwicklung des Drucks auf Löhne und Arbeitsbedingungen bis hin zur Berechnung der Profitraten der Monopole und Unternehmen.<br />
<br />
Wir möchten die nächsten Jahre systematisch an der Klärung der Dissenspunkte und der damit verbundenen [[AG Politische Ökonomie des Imperialismus#Offene Fragen|offenen Fragen]] arbeiten.<br />
<br />
== Dissens ==<br />
In der kommunistischen Weltbewegung gibt es grundlegende Unterschiede in der Bewertung der politischen Ökonomie des Imperialismus. Darunter fallen die folgenden Streitpunkte:<br><br />
<br />
* [[Imperialismus als Weltsystem]]<br />
* [[Imperialistische Bündnisse]]<br />
* [[Monopole und ihre Entwicklung]]<br />
* [[Monopole und Staat]]<br />
* [[Krisenanalyse]]<br />
* [[Der Platz des Imperialismus in der Geschichte]]<br />
* [[Monopole und Ausbeutung der Arbeiterklasse]]<br />
<br />
== Offene Fragen ==<br />
Folgende Fragen sind für diese AG noch offen:<br><br />
<br />
* [[Offene Fragen zur Klärung der Dissense]]<br />
* [[Offene Fragen zu ökonomischen Auseinandersetzungen]]<br />
* [[Offene Fragen zur ökonomischen Lage der Arbeiterklasse]]<br />
* [[Offene Fragen zur Analyse des Kapitals]]<br />
<br />
== Grundannahmen ==<br />
<br />
*[[Der historische Materialismus]]<br />
*[[Politische Ökonomie des Kapitalismus]]<br />
*[[Der imperialistische Kapitalismus]]<br />
<br />
==Mitmachen==<br />
Wenn Du: <br />
<br />
*dich in unsere Diskussionen einbringen möchtest, weil du einzelne Punkte anders siehst oder<br />
*noch offene Fragen hast, die wir dringend bearbeiten sollten oder <br />
*kleine [[Aufgaben der AG Politische Ökonomie des Imperialismus]] übernehmen möchtest, also z.B. eine Studie zusammenfassen, ein Unternehmen oder eine Tarifauseinandersetzung analysieren...oder <br />
*Interesse an einer festen Mitarbeit in unserer AG hast,<br />
dann melde dich unter folgender E-Mail Adresse: [mailto:ag_oekonomie@kommunistische.org ag_oekonomie@kommunistische.org]<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
[[Kategorie: AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
[[Kategorie: AG-Hauptseite]]</div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=AG_Politische_%C3%96konomie_des_Imperialismus&diff=5193AG Politische Ökonomie des Imperialismus2019-01-09T10:41:56Z<p>Mati: /* Dissens */</p>
<hr />
<div>[[Datei:AG Politische Ökonomie des Imperialismus.png|mini]]<br />
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<br />
<br />
<br />
== Einführung in die AG ==<br />
Die Analyse des Imperialismus ist einer der am meisten umstrittenen Punkte in der kommunistischen Bewegung und deshalb so wichtig, da die unterschiedlichen Einschätzungen des Charakters des Imperialismus großen Einfluss auf die Praxis zur Überwindung desselben haben. Aktuelle Beispiele dafür sind die Diskussion um den Klassencharakter Chinas und Russlands und damit verbunden die Orientierung der Arbeiterbewegung – soll sie sich an die Seite eines vermeintlich „objektiv antiimperialistischen Staats“ stellen oder sich auf keine Seite stellen und ihre eigene Macht vorbereiten und errichten? Immer wieder geht es dabei darum, ob der Imperialismus friedensfähig ist oder der Kampf um Frieden immer ein Kampf für den Sozialismus sein muss. <br />
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Seit dem Eintreten des Kapitalismus in sein imperialistisches Stadium ist dies Gegenstand der Auseinandersetzung, wie die Kritik Lenins an Kautsky und anderen zeigt. Auch in den 70er Jahren gab es eine intensivere Debatte um die Frage des Charakters des [[Monopole und Staat#Staatsmonopolistischer Kapitalismus|staatsmonopolistischen Kapitalismus]]. In dieser kamen Strömungen auf, die den imperialistischen Charakter des Kapitalismus in Frage stellten oder abstritten und zum Beispiel eine rein formale [[Monopole und Staat#Staatsableitung und Eigenständigkeit des Staates|„Staatsableitung“]] vornahmen. <br />
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Insgesamt handelt es sich um eine zentrale Frage der Theoriebildung der Arbeiterklasse und wirkt sich somit auch direkt auf ihre Praxis aus. <br />
Ein umfassendes Verständnis der Entwicklung des Kapitalismus bis zu seinem imperialistischen Stadium, das Erkennen der Gesetzmäßigkeiten und damit der Notwendigkeiten des Handelns sind Kernbestandteile der Strategie der Kommunistischen Partei. Im Zuge der Analyse des Imperialismus und der damit verbundenen veränderten Kampfbedingungen entwickelten Lenin und die Bolschewiki das diesen Bedingungen entsprechende Organisationsprinzip der „Partei neuen Typs“ und die Strategie der Arbeiterklasse, die nun nicht mehr nur die Kräfte für den Umsturz sammeln musste, sondern den Sturm durchführen muss – die sozialistische Revolution rückt auf die Tagesordnung des Klassenkampfs. Dabei beziehen wir selbst Position, von der aus wir die Auseinandersetzung führen und deren Weiterentwicklung ein Ziel der Arbeitsgruppen ist. In unseren [https://kommunistische.org/programmatische-thesen/ '''Programmatischen Thesen'''] sind bereits in einem Unterkapitel zentrale Aussagen zum [https://kommunistische.org/programmatische-thesen/#__RefHeading___Toc1331_1760917594 Imperialismus] benannt. Eine übergeordnete Aufgabe der AG Politische Ökonomie des Imperialismus ist, herauszuarbeiten, dass der Imperialismus als ein – das höchste – Stadium des Kapitalismus begriffen wird und nicht als aggressive Außenpolitik oder reiner Expansionismus. Das Stadium des Imperialismus ist organisch mit dem vorherigen Stadium – des Kapitalismus der freien Konkurrenz – verbunden und kann nicht davon getrennt werden. Die gesetzmäßige Entwicklung der Produktivkräfte führt zu Konzentration und Zentralisation der Produktionsmittel und des Kapitals und damit zum Monopol. Er ist das letzte Stadium der kapitalistischen Produktionsweise. Er führt zur weiteren Vertiefung des Widerspruchs zwischen dem gesellschaftlichen Charakter der Produktion und dem privaten Eigentum an Produktionsmitteln. Er tritt damit in sein faulendes, parasitäres Stadium, das der allgemeinen Krise des Kapitalismus, der Reaktion und der ständig notwendigen Neuaufteilung der Welt und damit zu Krieg. Er ist zugleich die materielle Vorbereitung der nächsten Gesellschaftsformation – dem Sozialismus, denn er konzentriert und vergesellschaftet die Produktivkräfte und darunter vor allem die Arbeiterklasse selbst – er ist der Vorabend der sozialistischen Revolution.<br />
<br />
Die Arbeitsgruppe hat bisher sieben Dissenspunkte gesammelt, die weltweit kontrovers diskutiert werden: [[Imperialismus als Weltsystem|Imperialismus als Weltsystem]], [[Imperialistische Bündnisse|imperialistische Bündnisse]], [[Monopole und ihre Entwicklung|Monopole und ihre Entwicklung]], [[Monopole und Staat|Monopole und Staat]], [[Krisenanalyse|Krisenanalyse]], [[Monopole und Ausbeutung der Arbeiterklasse|Monopole und Ausbeutung der Arbeiterklasse]], [[Der Platz des Imperialismus in der Geschichte|Der Platz des Imperialismus in der Geschichte]]. Mit diesen Themenkomplexen wird sich die Arbeitsgruppe beschäftigen. Dabei sollen die verschiedenen Positionen und Einschätzungen herausgearbeitet und mit den [[AG Politische Ökonomie des Imperialismus#Grundannahmen|Grundlagen]] des wissenschaftlichen Sozialismus von Marx, Engels und Lenin konfrontiert werden. Mit jedem dieser Komplexe sind außerdem konkrete empirische Untersuchungen notwendig verbunden, wie zum Beispiel die Untersuchung der Eigentumsstrukturen der Monopole, die Rechtsformen, die sie annehmen, ihr Verhältnis zum Staatsapparat, ihre Rolle in der Reproduktion des Kapitals, die Entwicklung des Drucks auf Löhne und Arbeitsbedingungen bis hin zur Berechnung der Profitraten der Monopole und Unternehmen.<br />
<br />
Wir möchten die nächsten Jahre systematisch an der Klärung der Dissenspunkte und der damit verbundenen [[AG Politische Ökonomie des Imperialismus#Offene Fragen|offenen Fragen]] arbeiten.<br />
<br />
== Dissens ==<br />
In der kommunistischen Weltbewegung gibt es grundlegende Unterschiede in der Bewertung der politischen Ökonomie des Imperialismus. Darunter fallen die folgenden Streitpunkte:<br><br />
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* [[Imperialismus als Weltsystem]]<br />
* [[Imperialistische Bündnisse]]<br />
* [[Monopole und ihre Entwicklung]]<br />
* [[Monopole und Staat]]<br />
* [[Krisenanalyse]]<br />
* [[Der Platz des Imperialismus in der Geschichte]]<br />
* [[Monopole und Ausbeutung der Arbeiterklasse]]<br />
<br />
== Offene Fragen ==<br />
Folgende Fragen sind für diese AG noch offen:<br><br />
<br />
* [[Offene Fragen zur Klärung der Dissense]]<br />
* [[Offene Fragen zu ökonomischen Auseinandersetzungen]]<br />
* [[Offene Fragen zur ökonomischen Lage der Arbeiterklasse]]<br />
* [[Offene Fragen zur Analyse des Kapitals]]<br />
<br />
== Grundannahmen ==<br />
''Bezug auf die Grundannahmen - "Ableitungen", dann Verweis / Link auf Liste''<br><br />
<br />
*[[Der historische Materialismus]]<br />
*[[Politische Ökonomie des Kapitalismus]]<br />
*[[Der imperialistische Kapitalismus]]<br />
<br />
==Mitmachen==<br />
Wenn Du: <br />
<br />
*dich in unsere Diskussionen einbringen möchtest, weil du einzelne Punkte anders siehst oder<br />
*noch offene Fragen hast, die wir dringend bearbeiten sollten oder <br />
*kleine [[Aufgaben der AG Politische Ökonomie des Imperialismus]] übernehmen möchtest, also z.B. eine Studie zusammenfassen, ein Unternehmen oder eine Tarifauseinandersetzung analysieren...oder <br />
*Interesse an einer festen Mitarbeit in unserer AG hast,<br />
dann melde dich unter folgender E-Mail Adresse: [mailto:ag_oekonomie@kommunistische.org ag_oekonomie@kommunistische.org]<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
[[Kategorie: AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
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<hr />
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<br />
== Worum geht es? Darlegung der Fragestellung, des Sachverhaltes ==<br />
<br />
Die Analyse des Imperialismus ist umstritten und gehört zu den zentralen Debatten in der kommunistischen Bewegung. Sie hat weitgehende Konsequenzen für die Strategie der Parteien und ist eine anhaltende Debatte, die bereits seit der Entstehung des Imperialismus geführt wird. Zum Teil sind es heute dieselben Punkte wie in der Auseinandersetzung zwischen Kautsky und Lenin. <br />
Der Grund für Unklarheiten liegt zum einen im Opportunismus, zum anderen in Veränderungen, die untersucht werden müssen und über die, wegen mangelnder Grundlage, falsche Annahmen entstehen können.<br />
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Die voranschreitende Monopolisierung, die weitere Entwicklung von Kapitalexport und die verschiedenen Formen des fiktiven Kapitals und der Kapitalströme führen zu der Annahme, der grundlegende Charakter des Kapitalismus habe sich in seinem imperialistischen Stadium verändert. <br />
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<br><br />
Im Mittelpunkt der Debatte steht die Frage: Was sind die Kriterien mit denen die Analyse vorgenommen wird? Ebenso zu klären sind folgende Fragestellungen: Wird der Imperialismus als ökonomisches System oder als vor allem politisches Phänomen begriffen? Ist es möglich den politischen Überbau von der ökonomischen Basis zu lösen bzw. zu relativieren? Gibt es kapitalistische Staaten, die eine friedliche, fortschrittliche Entwicklung im Imperialismus ermöglichen könnten? Und gibt es eine Verflechtung und Verschränkung, die zu einer Abschwächung der Widersprüche führt?<br />
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Die Debatte spitzt sich in der Frage zu, ob es Staaten bzw. Länder gibt, die außerhalb des „Imperialismus“ stehen. Damit einher geht, dass eine Definition des Imperialismus vorgenommen wird, nämlich die, dass der Imperialismus auf einige wenige besonders mächtige Länder beschränkt ist. Dem gegenüber steht die Auffassung, dass Imperialismus als Weltsystem zu verstehen ist, in dem die Länder verschiedene Positionen einnehmen. <br />
<br />
==== Welche Positionen / Thesen gibt es? Und wer vertritt sie? ====<br />
<br />
===== Imperialismus als Weltsystem, die imperialistische Pyramide =====<br />
Die KKE vertritt die Imperialismusanalyse, wonach der ökonomische Kern des Imperialismus das Monopol ist. Die Merkmale des Imperialismus sind für die KKE weiterhin: die Konzentration der Produktion und des Kapitals, die Verschmelzung des Bank- und Industriekapitals zum Finanzkapital, die Entstehung einer Finanzoligarchie, der Kapitalexport und die Entstehung internationaler Monopolbündnisse. Imperialismus ist nach den Analysen der KKE kein politisches Konzept, das von der ökonomischen Basis loszulösen ist und auch nicht nur als Politik der militärischen Aggression zu verstehen. Kapitalismus und Imperialismus sind demnach nicht von einander zu trennen. Imperialismus ist für die KKE ein Weltsystem, in dem die verschiedenen Länder verschiedene Stellungen einnehmen und in einem wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnis stehen. Es gibt nach dieser Imperialismusanalyse nicht nur eine Handvoll mächtige Länder, die alle anderen unterdrücken. Neben den Ländern, die an der Spitze des Systems stehen, wofür die KKE das Bild einer Pyramide benutzt, entwickeln nach Auffassung der KKE auch die Länder, die eine Zwischenstellung einnehmen, die Kriterien des Imperialismus (Monopole, Finanzkapital, Kapitalexport).<br />
<br />
Die Gegensätze und Widersprüche zwischen den verschiedenen Staaten nehmen daraus folgend zu, ebenso verschärft sich die Konkurrenz um Rohstoffe, Transportwege und Marktanteile der Monopole. <br />
Die Zunahme von Polen oder Zentren verschärft die Konkurrenz und Gegensätze. Monopole in der Wirtschaft können nicht mit einer gewaltfreien, nicht den Monopolinteressen dienenden Politik koexistieren. Ein Zwischenstadium zwischen Kapitalismus und Sozialismus gibt es nach Aussage der KKE nicht. Fazit der KKE ist, dass sich die Arbeiterklasse die Macht erobern und den Sozialismus errichten muss.<br/>Vertreter: KKE (https://inter.kke.gr/de/articles/On-Imperialism-The-Imperialist-Pyramid/)<br />
<br />
===== Multipolare Weltordnung =====<br />
Ausgangspunkt ist die Veränderung von einer „unipolaren Weltordnung“ durch die USA zu einer „multipolaren Weltordnung“ mit mehreren Zentren. Unter „imperialistisch“ werden die USA und NATO-Staaten verstanden, die sich in alle anderen Statten einmischen und ihre Entwicklung bremsen wollen. Die aufstrebenden Staaten haben danach ein Interesse an Kooperation und Völkerrecht, um sich gegen die Einmischung zu wehren.<br/><br />
Dies ist laut dieser Imperialismusanalyse objektiv im Interesse der Arbeiterklasse. Einzelne Länder könnten daher ökonomisch die Kriterien für Imperialismus (Monopole, Kapitalexport, etc.) erfüllen (Russland) und dennoch eine positive Rolle einnehmen. Zum Beispiel können sie demnach objektiv dem Kampf für Frieden dienen und auf der anderen Seite „politisch“ nicht imperialistisch sein. Eine besondere Rolle spielen Russland und China. Bei letzterem wird angenommen, dass es ein Land mit sozialistischer Orientierung ist. Die Debatte zum Klassencharakter von Russland und China ist darausschlussfolgernd eng mit der Debatte zur Imperialismusanalyse verbunden.<br/><br />
Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass Kapitalismus und Imperialismus nicht identisch sind und imperialistische Politik vor allem militärische Aggression bedeute.<br/>Vertreter: Beate Landefeld, Willi Gerns, weitere Teile der DKP. Freidenker, Andreas Wehr, Rotfuchs, Z Zeitschrift marxistische Erneuerung, teilweise Zeitschrift Sozialismus<br />
<br />
===== Kollektiver Imperialismus =====<br />
Vor knapp zwanzig Jahren wurde die These vertreten, dass alle imperialistischen Staaten auf Grund gemeinsamer Interessen die restlichen Länder unterwerfen und dass ein Krieg zwischen den imperialistischen Mächten unwahrscheinlich bzw. ausgeschlossen ist.<br/><br />
Nach der Weltwirtschaftskrise von 2008 und der zunehmenden Widersprüche zwischen den imperialistischen Ländern hat sich die These etwas verschoben. Angenommen wird nun, dass die USA und die NATO-Staaten einen kollektiven Imperialismus bilden, der ihre Interessen gegen die anderen, vor allem Russland und China, durchsetzt. Welchen Charakter und welche Rolle Russland und China dabei spielen, wird unterschiedlich ausgelegt.<br />
Einige Vertreter stehen auf dem Standpunkt, dass sich der Imperialismus im Übergang vom „staatsmonopolistischen Kapitalismus“ zum „transnationalen Monopolkapitalismus“ befinde. Aufgrund der Internationalisierung der Produktion und Verwertung des Kapitals, sowie der Zunahme des Kapitalexports haben sich ihrer Meinung nach Konzerne mit „transnationaler Eigentümerstruktur“ herausgebildet. Dies führt auch zu Entwicklung neuer supranationaler Staatsgebilde. Damit verbunden wird eine relative Selbständigkeit des Staates vom Kapital angenommen. Die Nationalstaaten würden somit gegeneinander ausgespielt werden, um die besten Bedingungen für die transnationalen Konzerne durchzusetzen. Sie vermitteln weiterhin die „Hegemonie“ des transnationalen Kapitals und bearbeiten die Konflikte zwischen Fraktionen dieses Kapitals. Die Konkurrenz zwischen Nationalstaaten nehme laut dieser Imperialismusanalyse zwar zu, die transnationalen Organisationsformen des transnationalen Kapitals trügen aber zur Entschärfung der Konkurrenz bei. (Mayer)<br />
Hauptsächlich gingen die EU und die USA kollektiv vor, während es zwischen den USA und der EU auf der einen Seite und den BRICS auf der anderen Seite zu verstärkter Konkurrenz kommt.<br/>Vertreter: Leo Mayer, ISW, Samir Amin.<br />
<br />
===== Neu-imperialistische Länder =====<br />
Unter dieser Begrifflichkeit fasst die MLPD das Aufstreben von Ländern im imperialistischen Weltsystem zusammen. Aufgrund der stark gestiegenen Produktivität und dem zunehmendem Kapitalexport hat sich laut der MLPD das „imperialistische Kapital“ gegenseitig durchdrungen und verflochten. Die Produktion hat sich, ebenso wie das Finanzwesen, internationalisiert. Nach dieser Analyse ist es zu vermehrten grenzüberschreitenden Fusionen und Übernahmen gekommen, dadurch haben sich schließlich Übermonopole gebildet. Ehemalige Kolonien haben sich von den internationalen Monopolen aus dem Ausland abgenabelt, eigene Monopole aufgebaut und Kapitalexport betrieben. Ebenso haben sich staatsmonopolistische Strukturen herausgebildet. Die BRICS und andere Länder sind ihrer Meinung nach aufgestiegen, während die USA die letzte verbliebene Supermacht sei, die vor allem von China herausgefordert werde. Die imperialistische Multipolarität vertiefe die allgemeine Krise des Kapitalismus.<br/>Vertreter: MLPD.<br />
<br />
== Bezug zu den Grundannahmen ==<br />
Die grundlegende Auseinandersetzung in dieser Frage ist das Verhältnis der Ökonomie zur Politik. Hierzu sollten die Grundannahmen zum [[Der historische Materialismus|historischen Materialismus]] und insbesondere die Passagen aus Engels' ''Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft'' herangezogen werden.<br />
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<br><br />
Eine der zentralen Veränderungen des Imperialismus, im Vergleich zum Kapitalismus der freien Konkurrenz, ist die enorme Akkumulation von Kapital und die damit verbundene Bildung der Monopole. Ebenso charakterisierend ist die Entstehung des Finanzkapitals und der Finanzoligarchie sowie die zunehmende Bedeutung des Kapitalexports. Diese ökonomischen Kriterien des Imperialismus entstehen aus dem Kapitalismus der freien Konkurrenz und sind nicht davon zu trennen. Für diese Fragen sind zum einen die Grundannahmen aus Marx' Kapital, 1. Band zur [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Akkumulationsprozess des Kapitals|Kapitalakkumulation]], sowie aus dem 3. Band zur [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Die Rolle des Kredits in der kapitalistischen Produktion|Rolle des Kredits]] und der Börse als Literatur heranzuziehen.<br />
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<br><br />
In Lenins Imperialismusschrift sind vor allem die Kapitel zur [[Der imperialistische Kapitalismus#Konzentration der Produktion und Monopole|Entstehung der Monopole]] und zum [[Der imperialistische Kapitalismus#Der Kapitalexport|Kapitalexport]] wichtig.<br/>Zu den ökonomischen Grundlagen des Imperialismus und dem Zusammenhang mit der Neuaufteilung der Welt ist Lenins Imperialismusschrift, hier vor allem die Passagen aus dem [[Der imperialistische Kapitalismus#Die Aufteilung der Welt unter die Kapitalistenverbände|V. bis IX. Kapitel]], bedeutend.<br />
<br />
== Wie wollen wir den Dissens klären? ==<br />
Auf der theoretischen Ebene muss die ökonomische Basis des Imperialismus herausgearbeitet werden – Konzentration von Kapital führt zum Monopol. Bearbeitet werden muss die Frage, ob Kapitalismus und Imperialismus zu trennen sind, sprich ob ein „nicht-imperialistischer“ Kapitalismus möglich ist.<br />
<br><br />
<br><br />
Damit zusammen hängt die theoretische Darlegung des Zusammenhangs von ökonomischer Basis und politischem Überbau, in welchem Verhältnis die beiden zueinander stehen und welche Auseinandersetzungen es bereits zu dieser Frage gab(Lenin/Kautsky gehört dazu).<br />
<br><br />
<br><br />
Argumentativ muss hier auf die Annahme eingegangen werden, dass eine Ordnung der Kooperation und Vernunft innerhalb des Imperialismus möglich ist. In diesem Zusammenhang sollte auch auf das Argument aufgegriffen werden, dass die Anti-Hitler-Koalition ein Vorbild sei.<br />
<br><br />
<br><br />
Auf der empirischen Ebene muss das Argument untersucht werden, dass während der Existenz des Sozialismus einige Länder vorübergehend anders agieren konnten. Dies wird auf heute übertragen, um zu behaupten, dass eine solche Entwicklung möglich wäre. Eine empirische Untersuchung der Entwicklung dieser Länder (Indien zeitweise, Ägypten ect.) ist hier notwendig.<br />
<br><br />
<br><br />
Untersucht werden muss der Klassencharakter, die ökonomische Basis von Russland, China und weiteren Ländern, sowie ihre Position in der Weltwirtschaft und ihr politisches Verhältnis.<br />
<br />
Diese und zukünftige Aufgaben und offene Fragen werden wir [[Offene Fragen zur Klärung der Dissense#Imperialismus als Weltsystem|hier]] sammeln.<br />
<br />
== Was steht zu diesem Dissens in den Programmatischen Thesen? ==<br />
Auszüge aus unseren programmatischen Thesen zur Frage der Imperialismusanalyse:<br />
{{Zitat |Der ökonomische Kern des Imperialismus ist das Monopol. Der heutige Kapitalismus ist dominiert vom Monopolkapital, das sich durch die Konzentration und Zentralisation des Kapitals herausgebildet hat. Dieser Wesenszug bestimmt die gesamte Epoche, in der wir leben. Im Imperialismus ist der Drang zum internationalen Kapitalexport enorm erhöht.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 8)}}<br />
<br />
{{Zitat |Die These eines „kollektiven Imperialismus“, wonach sich die zwischenimperialistischen Widersprüche tendenziell abschwächen würden und es zur gemeinschaftlichen Ausbeutung der Welt durch die verbündeten imperialistischen Zentren käme, ist lediglich eine Neuauflage der „Ultraimperialismus“-These des Revisionisten Karl Kautsky, die bereits Lenin widerlegt hat. Diese These ist heute so falsch wie damals. Auch eine sogenannte „multipolare Weltordnung“, in der neben den USA und der EU weitere Zentren die Weltordnung bestimmen, ist nur Ausdruck der ungleichmäßigen Entwicklung des Kapitalismus und sich verändernder Kräfteverhältnisse. Eine Hoffnung auf eine friedlichere Welt liegt darin nicht.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 9)}}<br />
<br />
{{Zitat |[...] Staaten, in denen (monopol-)kapitalistische Verhältnisse bestehen, wie etwa China, können keinen antiimperialistischen Charakter annehmen.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 10)}} <br />
<br />
{{Zitat |Der antiimperialistische Kampf muss sich deshalb gegen das Kapital und das kapitalistische System als Grundlage des Imperialismus richten. Als Kommunisten in Deutschland sehen wir den deutschen Imperialismus, d.h. die deutsche Monopolbourgeoisie und ihren Staat als unseren Hauptgegner an. Wir kämpfen aber Seite an Seite mit unseren Genossen auf der ganzen Welt gegen den Imperialismus als Ganzes, als weltweites System.Besonders hervorzuheben sind daher auch die EU als imperialistisches Bündnis, die aufstrebenden Ökonomien der BRICS-Gruppe und der US-Imperialismus als nach wie vor militärisch gefährlichster imperialistischer Pol der Welt.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 10)}}<br />
<br />
== Literatur zum Thema ==<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<br />
[[Kategorie: AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
[[Kategorie: Dissens]]<br />
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<hr />
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<br />
REDAKTION FERTIG<br />
<br />
== Überblick ==<br />
In diesem Dissens-Teil geht es um die ökonomische Analyse des Kapitalismus und vor allem, um die Rolle und die Entwicklung des Monopols. <br />
Die Frage der Gesetzmäßigkeit der Monopolbildung des Kapitalismus ist umstritten. Diese ist die Grundlage für eine Imperialismusanalyse, die u.a. gerade deshalb auch so unterschiedlich ausfällt. Im Mittelpunkt der Debatte zentrieren sich die Fragen: Ist die stattfindende Monopolisierung von Kapitalen eine zwangsläufige und gesetzmäßige Entwicklung des Kapitalismus der freien Konkurrenz? Und daraus folgend: Befinden wir uns daher heute noch in einem Kapitalismus der freien Konkurrenz, in der sich einige Kapitale einfach mehr oder weniger bewährt haben? Dem entgegen wird diskutiert, ob wir andererseits in der Epoche des Finanzkapitals, dem Imperialismus, leben, in der die Entwicklung der Gesellschaft durch das Interesse an Monopolprofiten bestimmt wird? Abschließend stellt sich dann die Frage, welche Konsequenzen das für die Arbeiterklasse und Strategie der Kommunistischen Partei hat.<br />
<br />
Die Erklärung der Monopole und ihrer Entstehung ist nur mit dem historischen Materialismus möglich. Das heißt mit der konkreten Untersuchung der Phänomene und ihrer historischen Entwicklung, um die Gesetzmäßigkeiten zu erkennen.<br />
<br />
Die Frage nach der Rolle der Monopole und ihrer Entwicklung als wesensbestimmend wird von manchen bestritten (Gegenstandpunkt, andere Vertreter akademischer Varianten eines „Marxismus“), auf der anderen Seite werden Erscheinungen des Kapitals verabsolutiert und zu neuen Theorien geformt, die nahelegen, dass der Imperialismus einen anderen Charakter angenommen hätte (siehe [[Monopole und ihre Entwicklung#Transnationales Kapital|transnationales Kapital]]).<br />
<br />
In der bürgerlichen Ökonomie wird die Entstehung von Monopolen bestritten bzw. ein Monopolbegriff benutzt, der für Einzelfälle gilt, in denen ein Unternehmen eine ganze Branche weltweit beherrschen oder einige große Firmen Absprachen treffen, nicht aber für die gesamte Produktionsweise, auch wenn einige bürgerliche Theorien über Monopole bzw. „Oligopole“ und „unvollkommenen Wettbewerb“ sprechen.<br />
<br />
Sozialdemokratische Positionen beziehen sich vor allem auf die Frage der Möglichkeit der Regulierung und Reformierung des Systems. Monopole werden entweder als Ordnungsfaktor positiv gesehen (siehe Hilferding) oder sie werden als Grund der Misere benannt, aber die Möglichkeit einer regulierten Marktwirtschaft ohne Monopole als Möglichkeit entworfen (siehe Wagenknecht).<br />
<br />
In der ökonomischen Debatte wird an verschiedenen Stellen entweder Marx direkt kritisiert oder eine Fehlinterpretation Lenins angenommen, um das Stadium des Imperialismus zu bestreiten. Dazu werden vor allem die Frage des tendenziellen Falls der Profitrate oder die Frage der Verschmelzung von Bank- und Industriekapital zum Finanzkapital angebracht.<br />
<br />
=== Welche Positionen/Thesen gibt es? Und wer vertritt sie? ===<br />
==== Der Kapitalismus in seinem imperialistischen Stadium ist Monopolkapitalismus ====<br />
Die Grundlagen der ökonomischen Analyse des Kapitalismus als monopolistischer Kapitalismus ist das Verhältnis der grundlegenden Gesetze der kapitalistischen Produktionsweise, also die der Konzentration und Zentralisation des Kapitals. Außerdem die daraus folgende Akkumulation des Kapitals und die steigende organische Zusammensetzung des Kapitals. Darauf aufbauend der zunehmende gesellschaftliche Charakter der Produktivkräfte, der im Widerspruch zur privaten Aneignung, dem Wert- und dem Mehrwertgesetz, der Fall der Profitrate usw. steht. <br />
<br />
Diese Gesetze sind von Marx und Engels zwar in der Phase des Kapitalismus der freien Konkurrenz entdeckt worden, sie gelten aber für die Produktionsweise überhaupt. Das Kapital und seine Reproduktion verändert sich nicht grundlegend, dennoch verändert sich mit der Entwicklung der Produktivkräfte die Bewegung und Struktur des Kapitals. Es geht also um einen bestimmten Entwicklungsgrad der kapitalistischen Gesellschaftsformation. Dieser Entwicklungsgrad beinhaltet die Produktionsweise, die Klassenverhältnisse und den Überbau. <br />
<br />
Die Momente des Übergangs zum imperialistischen Stadium sind schon bei Marx und Engels herausgearbeitet worden. Diese Momente des Übergangs sind u.a. die zunehmende Rolle des Gesellschaftskapitals (in Form der Aktiengesellschaften, Trennung Kapitalfunktion und Kapitaleigentum), die zunehmende Bedeutung des Kredits, die Entstehung von Monopolen und einer Finanzoligarchie, die strukturelle Überakkumulation und die Zunahme des Kapitalexports.<br />
Der Umschlag von der freien Konkurrenz ins Monopol ist das Merkmal des neuen Stadiums des Kapitalismus und seine unterschiedlichen Erscheinungen und Phänomene sind darauf zurückzuführen. Die Gesetzmäßigkeiten der kapitalistischen Produktionsweise werden dadurch nicht aufgehoben, aber das Gesetz der Durchschnittsprofitrate als Regulator der Produktion und Profitverteilung durchbrochen. Das moderne Monopol verfügt, aufgrund seiner Beherrschung von Reproduktionszusammenhängen, über ökonomische, soziale und politische Macht und Gewalt.<br />
<br />
==== Monopolisierung als nicht historisch gesetzmäßige Entwicklung, sondern Bewährung in der immer noch freien Konkurrenz ====<br />
Es gibt eine Reihe von Positionen, die eine Trennung des Stadiums des Imperialismus von dem der freien Konkurrenz vornehmen und verneinen, dass es sich um monopolistischen Kapitalismus handelt. Die Trennung von Marx und Engels von Lenin ist Teil dieser Strömung. Dazu gehören zum Beispiel die „Neue Marx-Lektüre“, die Werttheoretiker, der Gegenstandpunkt und andere weitestgehend akademische Debatten. Diese Strömungen unterscheiden sich zwar in Eckpunkten, sind sich aber in der Trennung von Marx und Lenin einig.<br />
<br />
Die Analyse, dass aus der Konzentration und Zentralisation die Monopolbildung folgt und demnach die Entwicklung des Kapitalismus aus dem Stadium der freien Konkurrenz in das des Monopols, wird abgelehnt. <br/>Eine historische Tendenz zur Zunahme dieser Phänomene wird verneint. Die Bildung von Monopolen wird teilweise als Mittel der Kapitale gesehen, sich in der immer noch bestehenden freien Konkurrenz gegenüber anderen Kapitalen zu bewähren. Neue Marx-Lektüre und Gegenstandpunkt (GSP) unterscheiden sich in einigen Punkten, lehnen beide aber die Entwicklung des Kapitalismus zum Monopolkapitalismus ab. Die Rolle des Staates ist aus Sicht des Gegenstandpunkts dabei eine, die über der Ökonomie steht: <br/>Er treibt, um selbst in der internationalen Konkurrenz zu bestehen, die Monopolisierung voran. Der Staat instrumentalisiert damit die Ökonomie für „seine Zwecke" (Marxistische Gruppe, 1981). <br />
<br />
==== Neue Marx-Lektüre ====<br />
Die „Neue Marx-Lektüre“ hat ihre Wurzeln teilweise schon in den 60ern (z.B. Helmut Reichelt), spielt aber seit den 90ern eine verstärkte Rolle, vor allem in der akademischen Befassung mit Marx. Michael Heinrich mit seiner „monetären Werttheorie“ kann heute aufgrund seiner viel als „Standardwerk“ gelesenen ''Kritik der politischen Ökonomie. Eine Einführung'' (Heinrich, 2007) als bekanntester Vertreter gelten. Heinrich verwirft die Auffassung von Marx und Engels, wonach „Das Kapital“ sowohl eine historische als auch eine logische Entwicklung darstellt. Für ihn, wie für andere Vertreter der „Neuen Marx-Lektüre“ (aber auch z.B. den Gegenstandpunkt) ist die Marxsche Analyse eine Begriffsentwicklung logischer Kategorien. Damit geht einher, dass bei Heinrich (wiederum ähnlich wie bei GSP, Wertkritik usw.) der Kapitalismus nicht als historisch sich entwickelnde Gesellschaftsformation aufgefasst wird, sondern die Kapitalismusanalyse lediglich den „idealen Durchschnitt“ der Produktionsweise beschreibt.<br />
<br />
Im Unterschied zu Marx, der mit diesem Ausdruck lediglich meinte, dass in der Analyse der Produktionsweise von spezifischen Besonderheiten abgesehen werden muss, meint Heinrich damit, dass historische Entwicklungstendenzen und Stadien der Entwicklung des Kapitalismus komplett abzulehnen sind. Auf dieser Grundlage verwirft Heinrich sowohl das Marx'sche Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate, als auch die Imperialismustheorie Lenins. Eine historische Tendenz zum Fall der Profitrate lasse sich auf allgemeiner Ebene nicht begründen. Daraus folge, dass sich auch eine historisch stattfindende Zuspitzung der kapitalistischen Klassengegensätze nicht nachweisen ließe. Krisen führten nicht zu einer Verstärkung der Widersprüche, sondern stellen im Kapitalismus widersprüchlich existierende Momente (wie Produktion und Konsumtion, Arbeit und Lohn) gewaltsam wieder her. Lenins Analyse des Monopolkapitalismus wird verworfen, weil darin nur der Wille der Monopolherren zähle und nicht mehr der Wert. Einzelne Absprachen von Kapitalisten und einzelne Planelemente würden mit einer grundsätzlichen Veränderung der „über den Wert vermittelten Vergesellschaftung verwechselt“. Die Bezeichnung „parasitär“ wird als moralisierend bezeichnet; es sei irrelevant, ob die Arbeiter von in- oder ausländischem Kapital ausgebeutet würden. Unter Imperialismus wird der Versuch von Staaten, ihr Herrschaftsgebiet über ihre Grenzen hinaus auszuweiten verstanden. Heinrich lehnt nicht nur den Entwicklungsgedanken der Kritik der Politischen Ökonomie ab, sondern die dialektische Methode grundsätzlich. Diese sei „eine Art Wunderwaffe, mit der man Alles und Jedes erklären konnte“<ref>Heinrich, M.: Kritik der politischen Ökonomie. Eine Einführung., Stuttgart: Schmetterling, 2007, S.35. </ref>.<br />
<br />
Die „monetäre Werttheorie“ Heinrichs verwirft die Marxsche Auffassung, dass der Wert der Waren, also die unter kapitalistischen Bedingungen darin vergegenständlichte Arbeit, die Tauschwerte und Preise bestimmt. Darin sieht er eine „essentialistische“ Auffassung über den Wert, weil damit der Wert in den Gegenständen verkörpert sei. Stattdessen werde der Wert überhaupt erst beim Verkauf der Waren gebildet, könne sich also nur im Geld darstellen. Kritiker (z.B. Holger Wendt) wenden ein, dass dadurch die Werttheorie jeden Erklärungsgehalt verliere und Heinrich im Wesentlichen auf die Positionen der subjektiven Preistheorien der Neoklassiker überlaufe (Holger, Wendt: Herr Michael Heinrichs Umwälzung des Marxismus, 2008).<br />
<br />
==== Keine Verschmelzung von Bank- und Industriekapital zu Finanzkapital und Rolle der Banken ====<br />
Günther Sandleben geht davon aus, dass es durch den Ausgleich der Profitraten nicht zu einer besonderen Rolle von Banken käme. Er schlussfolgert, dass es keine Verschmelzung von Bank- und Industriekapital zum Finanzkapital gäbe und betont besonders, dass es keine besondere Rolle der Banken gäbe.<br/>Der historische Übergang des Kapitalismus der freien Konkurrenz in den Monopolkapitalismus, die Epoche des Finanzkapitals und des Imperialismus, wird als Revision des Marx'schen Kapitalbegriffs und Wertgesetzes angesehen. Zu diesen gehöre unbedingt die Konkurrenz. Auch die Empirie zeige, dass die Konkurrenz und das Wertgesetz weiterhin bestehen. Monopole führen zu Hemmnissen der kapitalistischen Produktion und geraten deshalb irgendwann unter Druck. Damit könnten sich im kapitalistischen Reproduktionsprozess heraus gar keine dauerhaften Monopole bilden, die sich in irgendeiner Weise festsetzen und Profite an sich ziehen könnten. <br />
An der Ausgleichstendenz der Kapitale habe sich bis heute nichts geändert. Es gebe nach wie vor einen fortgesetzten Konkurrenzkampf und eine ständige Kapitalbewegung zwischen den Sektoren (Sandleben/Schäfer, 2013). In einem weiteren Werk wird dann in einer Kritik am „Linkskeynesianismus von Zeise und Co." weitergehend geschlussfolgert, dass der Weltmarkt nicht als Spielball des Finanzkapitals, sondern als Gesamtheit aller Außenwirtschaften der Nationalökonomien bestimmt werden sollte (Sandleben: Linkskeynesianismus von Zeise und Co., 2003).<br />
<br />
Auf der empirischen Ebene wird in der Debatte in Frage gestellt, ob man von einer Verschmelzung sprechen könne, da über Beteiligungen und Aufsichtsrats-/Vorstandsposten die Verschmelzung nicht nachweisbar sei. Da Modelle, wie das der „Deutschland-AG“ nicht mehr existierten und zahlreiche Industrieunternehmen eigene Banken hätten, könne man davon ausgehen, dass die Verschmelzung zu Zeiten Lenins existiert habe, aber eine historisch spezifische Erscheinung gewesen sei. <br />
<br />
Gegenüber der Annahme, dass es Monopole dauerhaft nicht geben könne, steht die Position, dass Monopol und Konkurrenz ein Widerspruch ist, der aber real existiere. Monopole hätten genau die Möglichkeit zu Lasten anderer die eigene Profitrate zu steigern. Banken würden bei der Konzentration und Zentralisation von Produktionsmitteln eine wichtige Rolle spielen und durch die Kreditvergabe und das Emissionsgeschäft maßgeblich über Produktion und Kapitalakkumulation entscheiden (Zeise: Die Herrschaft des Finanzkapitals, in: junge Welt, 30.05.2012). <br />
<br />
==== Transnationales Kapital ==== <br />
Diese Diskussion betrifft die Fragen des Verhältnisses von Staat und Kapital, sowie von nationaler Basis und internationaler Expansion des Kapitals. Die Annahme der Entstehung eines nicht mehr national gebundenen „transnationalen Kapitals“ geht davon aus, dass es keine besondere Verbindung zwischen Monopolkapital und Staat gibt. <br />
<br />
Ausgehend von der Zunahme des Handels, des Kapitalexports und damit verbunden, der Verlagerung vom Produktion in andere Länder, gehen einige Autoren von einer Verflechtung des Kapitals aus, die sich auch in veränderten Eigentumsstrukturen niederschlage. So wird in Bezug auf Deutschland beispielsweise angenommen, dass ein Großteil der DAX-Konzerne mehrheitlich in ausländischer Hand sei. Auch auf den von der UNCTAD eingeführten und in den vergangenen Jahrzehnten gestiegenen „Transnationalisierungsindex“ wird hingewiesen. Durch die Entstehung eines solchen „transnationalen Kapitals“ seien zwar die Nationalstaaten nicht weniger wichtig geworden, hätten aber laut Listl ihre Rolle grundlegend geändert: „Nationale Konkurrenzen wie in früheren Kapitalismusformationen, etwa im Ersten oder Zweiten Weltkrieg, werden deshalb nicht wiederkehren“, sondern: „Für die neue Phase der neoliberalen Globalisierung ist kennzeichnend, daß die Nationalstaaten vor allem die Funktion haben, optimale Verwertungsbedingungen für das global operierende Kapital zu schaffen“. Die Nationalstaaten würden nun nicht mehr primär die Interessen nationaler Kapitalgruppen vertreten, sondern nur noch gegeneinander darum konkurrieren, den transnationalen Konzernen möglichst gute Verwertungsbedingungen zu bieten. Die Konzerne hätten keine Länder mehr als Heimatbasis, sondern richteten sich nach den jeweils besten Bedingungen für die Kapitalakkumulation. Konflikte gebe es in diesem System weiterhin, aber nicht mehr zwischen den imperialistischen Nationalstaaten, sondern im Sinne einer kollektiven Weltordnungsmacht, zu der sich alle entwickelten Länder gegen die Länder des „globalen Südens“ zusammengeschlossen hätten (vgl. Listl, Walter: Globalisierung des Kapitals, in: Junge Welt vom 22.7.2010). <br />
<br />
Eine Variante dieser Position vertritt auch die MLPD. Nach ihrer Analyse habe sich ein „allein herrschendes internationales Finanzkapital“ bzw. „internationale Übermonopole“ herausgebildet, die vom nationalen Monopolkapital zu unterscheiden seien. Ebenfalls seien die „internationalen Übermonopole“ dem nationalen Monopolkapital übergeordnet und würden „zunehmenden Krisenlasten“ auf dieses abwälzen. Daraus ergebe sich auch ein „Widerspruch zwischen den imperialistischen Nationalstaaten und zwischen den internationalen Übermonopolen“, der einer der fünf hauptsächlichen Widersprüche des heutigen Kapitalismus sei. <br />
<br />
Die staatstheoretische Implikation all dieser Auffassungen ist, dass der bürgerliche Staat nicht (mehr) fest mit einer bestimmten Bourgeoisie verbunden ist, sondern eine vom Kapital losgelöste Instanz, die nur noch im Interesse eines globalen Kapitals die Verwertungsbedingungen verwaltet. Im Falle der MLPD vertritt der bürgerliche Staat nur noch einen Teil des Kapitals, während der vom Nationalstaat losgelöste Teil des Kapitals versuche, sich den Staat zu unterwerfen.<br />
<br />
Eine extreme Variante der Transnationalisierungsthese vertreten Autoren wie Michael Hardt, Antonio Negri oder William I. Robinson, die von einer völligen Ablösung des Kapitals von den Nationalstaaten und von der Auflösung der Nationalstaaten zugunsten einer deterritorialisierten Ökonomie mit globalisierter Produktion ausgehen. Hardt und Negri zufolge seien nicht mehr die Staaten souverän, sondern das globale Kapital selbst. Es gebe auch kein eindeutiges Machtzentrum mehr, sondern die Macht durchziehe alle gesellschaftlichen Bereiche (Hardt/Negri, 2002).<br />
<br />
==== Nationales Kapital ==== <br />
Eine Gegenposition zur These des transnationalen Kapitals vertritt z.B. Beate Landefeld. Sie verweist darauf, dass ein mehrheitlich ausländischer Aktienbesitz eines Unternehmens aus verschiedenen Gründen noch nicht bedeuten muss, dass das Unternehmen durch das ausländische Kapital auch wirklich kontrolliert ist. Im Wesentlichen bleibe das deutsche Kapital weiterhin unter Kontrolle deutscher Kapitaleigner (Landefeld, Beate: Europäisiert sich die Bourgeoisie?, in: Marxistische Blätter 1/10). Jörg Goldberg und André Leisewitz argumentieren ähnlich, dass ausländische Aktionäre in vielen Fällen nicht nach Kontrolle über das Unternehmen streben würden, sondern sich lediglich für das Abschöpfen der Rendite interessieren würden. Dagegen blieben die Verbindungen der Unternehmen zur nationalstaatlich verfassten Politik weiterhin entscheidend (Goldberg/Leisewitz, 2013).<br />
<br />
Eine Zwischenposition vertreten z.B. einige niederländische Autoren (Kees van der Pijl, Eelke Heemskerk, Meindert Fennema, Bastiaan van Apeldoorn usw.). Sie gehen davon aus, dass die Kapitalistenklasse weiterhin vor allem national ist, dass es aber vor allem in Westeuropa eine deutliche Tendenz hin zur Herausbildung einer transnationalen Kapitalistenklasse gebe. Diese machen sie an zunehmenden Verflechtungen der Aufsichtsratsmandate über nationale Grenzen hinweg fest, wodurch ein transnationales Netzwerk entstehe, das zur Entstehung gemeinsamer Sichtweisen in der Kapitalistenklasse beitrage. Jedoch widersprechen sie klar der Behauptung z.B. von Hardt/Negri, wonach Kapital und Herrschaftsverhältnisse nicht mehr an ein bestimmtes geografisches Territorium gebunden seien (vgl. z.B. Heemskerk, 2013).<br />
<br />
== Bezug zu unseren Grundannahmen ==<br />
Grundlegende Auseinandersetzung in dieser Frage ist, ob die Bildung von Monopolkapital eine gesetzmäßige oder zufällig ablaufende Entwicklung ist.<br/>Zentrale Veränderungen des Imperialismus im Vergleich zum Kapitalismus der freien Konkurrenz sind: durch die enorme Akkumulation von Kapital verbundene Bildung der Monopole, die Entstehung des Finanzkapitals bzw. der Finanzoligarchie, sowie die zunehmende Bedeutung des Kapitalexports. <br />
<br />
Diese ökonomischen Kriterien des Imperialismus entstehen aus dem Kapitalismus der freien Konkurrenz und sind nicht davon zu trennen. Für diese Fragen sind zum einen die Grundannahmen aus Marx's Kapital Band I zur [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Akkumulationsprozess des Kapitals|Kapitalakkumulation]], sowie aus Band III zur [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Die Rolle des Kredits in der kapitalistischen Produktion|Rolle des Kredits]] und der Börse, heranzuziehen. <br />
<br />
In Lenins Imperialismusschrift sind vor allem die Kapitel zur [[Der imperialistische Kapitalismus#Konzentration der Produktion und Monopole|Entstehung der Monopole]] und zum [[Der imperialistische Kapitalismus#Der Kapitalexport|Kapitalexport]] wichtig. Zu den ökonomischen Grundlagen des Imperialismus und dem Zusammenhang mit der Neuaufteilung der Welt ist Lenins Imperialismusschrift, vor allem die Passagen aus dem [[Der imperialistische Kapitalismus#Die Aufteilung der Welt unter die Kapitalistenverbände|V. bis IX. Kapitel]], relevant.<br />
<br />
== Wie wollen wir den Dissens klären? ==<br />
Auf theoretischer Ebene muss die ökonomische Basis der Monopole – Entwicklung der Produktivkräfte, Konzentration von Kapital führt zum Monopol – herausgearbeitet werden. Weiterhin muss die ökonomische Basis des tendenziellen Falls der Profitrate, die Akkumulation, Zentralisation und Konzentration des Kapitals und die Rolle des Kredits herausgearbeitet werden. Weiterhin wollen wir die These des sogenannten „transnationalen Kapitals“ und ihre Bedeutung für die Strategie der „antimonopolistischen Übergänge“ überprüfen.<br/>Dabei geht es jedoch nicht um eine <q>theoretische Ableitung des Monopols aus der Marxschen Theorie analog eines […] mathematischen Lehrsatzes</q> (Jung/ Schleifstein), welche die Aussagen von Marx und Engels über die zu untersuchende Strukturveränderungen des Kapitalismus ignorieren würde. <br />
<br />
Deshalb wollen wir auf empirischer Ebene die Entwicklungen der Profitraten in den letzten Jahrzehnten anschauen. Die Herausbildung der größten Monopolkapitale muss empirisch aufgezeigt werden. Die Rolle der Banken bei Konzentration und Zentralisation heute muss aufgezeigt werden. Weiterhin soll empirisch die Verschmelzung von Industrie- und Bankkapital zu Finanzkapital und die Bedeutung der nichtmonopolistischen Bourgeoisie überprüft werden.<br />
<br />
Für die Überprüfung der These des transnationalen Kapitals müssen die Eigentümerstrukturen des Kapitals in Deutschland untersucht werden. Außerdem sollte, zumindest anhand einiger Beispiele, überprüft werden, in welchem Verhältnis Eigentum und Kontrolle zueinander stehen. Die Ergebnisse sollten mit denen anderer Länder verglichen werden, um zu vermeiden, dass evtl. nationale Besonderheiten in Deutschland zu einer allgemeinen Tendenz verallgemeinert werden.<br />
Schließlich ist auf einer allgemeinen Ebene dann die Frage zu beantworten, ob sich der nationale Charakter des Kapitals vertieft, ob er sich abschwächt oder ob es gegenläufige Tendenzen in beide Richtungen gibt.<br />
<br />
Diese und zukünftige Aufgaben und offene Fragen werden wir [[Offene Fragen zur Klärung der Dissense#Monopole und ihre Entwicklung|hier]] sammeln.<br />
<br />
== Was steht zu diesem Dissens in den Programmatischen Thesen? ==<br />
{{Zitat |Der ökonomische Kern des Imperialismus ist das Monopol. Der heutige Kapitalismus ist dominiert vom Monopolkapital, das sich durch die Konzentration und Zentralisation des Kapitals herausgebildet hat. Dieser Wesenszug bestimmt die gesamte Epoche, in der wir leben. Im Imperialismus ist der Drang zum internationalen Kapitalexport enorm erhöht.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 8)}}<br />
<br />
{{Zitat |Der Kapitalismus entwickelte sich in engem Zusammenhang mit den entstehenden Nationalstaaten. Die Entstehung zusammenhängender nationaler Binnenmärkte, vereinheitlichter Währungen und anderer notwendiger Voraussetzungen ermöglichten erst die Kapitalakkumulation in erweitertem Maßstab. Im Imperialismus ist die Aufteilung der Welt unter die imperialistischen Zentren abgeschlossen, aber die kapitalistische Entwicklung bringt ständige Kämpfe der Kapitale und ihrer Nationalstaaten, um die Neuaufteilung hervor.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 9)}}<br />
<br />
{{Zitat |Der antiimperialistische Kampf muss sich deshalb gegen das Kapital und das kapitalistische System als Grundlage des Imperialismus richten. Als Kommunisten in Deutschland sehen wir den deutschen Imperialismus, d.h. die deutsche Monopolbourgeoisie und ihren Staat als unseren Hauptgegner an. Wir kämpfen aber Seite an Seite mit unseren Genossen auf der ganzen Welt gegen den Imperialismus als Ganzes, als weltweites System.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 10)}}<br />
<br />
{{Zitat |Eine Rückentwicklung vom Monopolkapitalismus zum Kapitalismus der freien Konkurrenz ist nicht möglich, weil sie den grundlegenden Entwicklungsgesetzen der kapitalistischen Produktionsweise widerspricht, insbesondere dem Gesetz der fortschreitenden Konzentration und Zentralisation des Kapitals.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 10)}}<br />
<br />
{{Zitat |Im weiteren Klärungsprozess wollen wir zahlreiche Fragen zur politischen Ökonomie des Imperialismus vertiefen. Darunter die Zusammensetzung und Interessen des deutschen Kapitals; die Entwicklung des Kapitalismus in verschiedenen Ländern wie z.B. Russland und China sowie die Formen ihrer Einbindung in das imperialistische Weltsystem; die Eigentümerstrukturen der bestimmenden Monopole und ihr Verhältnis zum Nationalstaat; die Lage und Strategien des deutschen Imperialismus; die empirische Überprüfung der These des sogenannten ‚transnationalen Kapitals‘ und ihre Bedeutung für die Strategie der ‚antimonopolistischen Übergänge‘; die Frage der gegenseitigen Abhängigkeiten innerhalb der imperialistischen Kette; die Rolle und Bedeutung der nicht-monopolistischen Bourgeoisie sowie die Verschmelzung von Industrie- und Bankkapital zum Finanzkapital; [...].|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 10)}}<br />
<br />
== Literatur zum Thema ==<br />
<br />
DWI-Berichte, später IWP-Berichte; Zeitschrift des Instituts für internationale Politik und Wirtschaft der DDR mit zahlreichen Forschungen und Debatten zur Frage der Entwicklung der Monopole<br />
<br />
Goldberg/Leisewitz: Kapital und Nationalität, Kommentar zu Werner Rügemers Kritik an van der Pijl/Holman in Z Nr. 94, 2013<br />
<br />
Gündel, Rudi: Die Internationalisierung der Wirtschaft im staatsmonopolistischen Kapitalismus und ihre Widersprüche, Dietz, 1976<br />
<br />
Hardt, Negri: Empire: Die neue Weltordnung, Frankfurt: Campus, 2003<br />
<br />
Heemskerk: The rise of the European Corporate elite. Evidence from the network of interlocking directorates in 2005 and 2010, Economy and Society 42: 1), 2013<br />
<br />
Heinrich, M.: Kritik der politischen Ökonomie. Eine Einführung., Stuttgart: Schmetterling, 2007<br />
<br />
Heinze, Albert/Lemmnitz, Alfred: Profit, Durchschnittsprofit und Produktionspreis, Dietz, 1973<br />
<br />
IMSF (hrsg.): Das Monopol – ökonomischer Kern des heutigen Kapitalismus, VMB 1976<br />
<br />
Jung, H./Schleifstein, J.: Die Theorie des Staatsmonopolistischen Kapitalismus und ihre Kritiker in der Bundesrepublik Deutschland. Frankfurt a.M.: Verlag Marxistische Blätter, 1979<br />
<br />
Lemmnitz, Alfred: Grundzüge des monopolistischen Kapitalismus, Industrie- und Bankmonopole, Finanzkapital und Finanzoligarchie<br />
<br />
Marxistische Gruppe (Vorläuferorganisation des Gegenstandpunkt): Ein aktueller, aber falscher Klassiker: Lenin, der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus., in: Marxistische Studentenzeitung 3-1981<br />
<br />
Marxistische Studien, Jahrbuch des IMSF<br />
<br />
MLPD-Programm: https://www.mlpd.de/partei/parteiprogramm<br />
<br />
MLPD: Blaue Beilage: Über die Herausbildung der neuimperialistischen Länder<br />
Beilage des Zentralkomitees der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) zur Roten Fahne 16/2017 von Stefan Engel, Leiter des theoretischen Organs REVOLUTIONÄRER WEG<br />
<br />
Decker/Hecker/Patrick: Das Finanzkapital, in: Gegenstandpunktverlag, 2016<br />
<br />
Rügemer, W.: Die Kapitalisten des 21. Jahrhunderts., Köln: PapyRossa, 2018<br />
<br />
Sandleben, G. : Nationalökonomie und Staat. Zur Kritik der Theorie des Finanzkapitals, Hamburg, in: VSA, 2003<br />
<br />
Sandleben, G & Schäfer, J (2013): Apologie von links. Zur Kritik gängiger linker Krisentheorien. Karlsruhe: Neuer ISP Verlag<br />
<br />
Schmidt, Johann-Lorenz: Internationale Konzerne, VMB, 1981<br />
<br />
Wendt, Holger: Herrn Michael Heinrichs Umwälzung des Marxismus, MASCH-Skript<br />
<br />
Zeise, Lukas: Geld, der vertrackte Kern des Kapitalismus, Köln: PapyRossa, 2012.<br />
<br />
Sandleben: Mythos Bankenmacht, in: junge Welt vom 29.05.2012<br />
<br />
Zeise: Die Herrschaft des Finanzkapitals, in: junge Welt vom 30.05.2012<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<br />
[[Kategorie: AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
[[Kategorie: Dissens]]<br />
[[Kategorie: Dissens AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]</div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Monopole_und_Staat&diff=5188Monopole und Staat2019-01-09T10:13:56Z<p>Mati: /* Wie wollen wir den Dissens klären? */</p>
<hr />
<div>Zurück zu [[AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
<br />
== Worin besteht der Dissens? ==<br />
Die theoretische und konkrete Bestimmung des Verhältnisses von Monopolen und Staat ist ein wesentlicher Punkt zum Verständnis der Widersprüche des heutigen Monopolkapitalismus und seiner Entwicklung. Die Frage nach dem Verhältnis der Veränderungen an der ökonomischen Basis zum Überbau und insbesondere des Staates waren und sind Gegenstand zahlreicher Debatten. Bereits zu Lenins Zeiten gab es hierzu verschiedene Positionen, wie die von Hilferding, der in der Verschmelzung der Monopole mit dem Staat die Entstehung eines „organisierten Kapitalismus“ sah. Später entstand die Strömung der „Staatsableitung“, die eine besondere Stellung der Monopole zum Staat verneinte oder sogar die Existenz von Monopolen als dauerhaften Kern des Kapitalismus bestritt. Im Kontext der Studentenbewegung von 1968 und den folgenden Jahren waren auch sozialdemokratische Kreise in die Diskussion des staatsmonopolistischen Kapitalismus involviert, was sich unter anderem in den „Herforder Thesen“ zeigte, die von einem Teil der Jusos vertreten wurden. Sie verbanden damit sowohl Vorstellungen der Reformierbarkeit des Kapitalismus als auch eines Zwischenschritts zum Sozialismus.<br />
<br>Innerhalb der Forschung und Diskussion zum Staat und den Monopolen wurden zahlreiche Entwicklungen des Monopolkapitalismus analysiert. In den Instituten in der Sowjetunion und der DDR, in der BRD am Institut für Marxistische Studien und Forschung (IMSF), sowie kommunistischen Parteien anderer Länder, wurde dazu viel Arbeit geleistet. Im Rahmen des Klärungsprozesses sollten mittelfristig diese Arbeiten ausgewertet werden.<br />
<br><br />
Besonders in den 70er Jahren wurde eine intensive Debatte über den staatsmonopolistischen Kapitalismus geführt, die zwar teilweise akademischen Charakter annahm, aber wichtige Fragen aufgeworfen hatte, die bis heute in der Diskussion sind. Die wesentlichen Positionen dieser Auseinandersetzung fanden sich bereits vorher und finden sich bis heute. Gegenstand sind und waren nicht nur die marxistische Staatstheorie, sondern die gesamte politische Ökonomie und die Grundlagen der Weltanschauung. Zum Beispiel die Bedeutung der historischen, konkreten, empirischen Analyse bei Marx und Engels, der Zusammenhang von logischer Erklärung der entwickelten Begriffe und die Untersuchung der historischen Entwicklung. Deshalb werden manche Aspekte der Diskussion an anderer Stelle (beispielsweise zur Entwicklung des Monopols) aufgeführt. Hier sollen vorerst die Fragen zum Verhältnis Staat und Monopole benannt werden. Das Verständnis um die konkreten Interessen der Monopole und ihre Durchsetzung sind entscheidend für eine Strategiebildung der kommunistischen Bewegung.<br />
<br><br />
Die Frage des Charakters des Staates steht im Mittelpunkt: Ist er Staat der Monopole? Ist er Staat des gesamten Kapitals oder nur Garant der Eigentumsverhältnisse? Vorausgesetzt, die Existenz von Monopolen im Sinne von Marx und Lenin wird anerkannt. Haben sich Charakter und Eigenschaften des Staates geändert? Darauf werden unterschiedliche Antworten gegeben.<br />
<br />
==== Staatsmonopolistischer Kapitalismus ====<br />
Die Beziehung zwischen Staat und Monopolen wird bereits bei Marx und Engels angedeutet und benannt. Bei Lenin wird auch der Begriff des staatsmonopolistischen Kapitalismus verwendet, um die Verschmelzung des Finanzkapitals mit dem Staat zu beschreiben. Nach dem zweiten Weltkrieg kam es zu einer Ausweitung der Diskussion, auch weil sich bestimmte Phänomene der Staatseinwirkung und des Staatsapparates vertieft hatten. Eine besondere Rolle spielt der Begriff des Staatskapitalismus, wenn der Staat als Kapitalist und Unternehmer Produktionsmittel und Arbeitskräfte mobilisiert und in der kapitalistischen Warenproduktion und der Wirtschaft im Allgemeinen tätig wird. Nicht zu verwechseln mit der Anwendung des Begriffs auf beispielsweise die Periode der „Neuen ökonomischen Politik“.<br />
<br><br />
<br><br />
Die Theorie des staatsmonopolistischen Kapitalismus geht davon aus, dass der erste Weltkrieg entfaltete Formen des staatsmonopolistischen Kapitalismus durch die Militarisierung der Wirtschaft, die staatlich dirigierte Zwangsarbeit und einen staatlichen Kriegskapitalismus hervorbrachte. Die Wirtschaft wird staatlich zentralisiert reguliert (Rohstoffkontingentierung, Arbeitskräftezuweisung, Lebensmittelrationierung,…). Kriegsaufträge werden zu einer entscheidenden Quelle der Kapitalreproduktion. Dabei bildet sich eine strukturelle und institutionalisierte Beziehung zwischen den Monopolen und dem Staat heraus, nicht nur eine bestimmte Wirtschaftspolitik. Dadurch werde der Staat vom ideellen Gesamtkapitalisten zum Staat der Monopole und des Finanzkapitals. Damit würde die Veränderung an der Basis im Überbau nachvollzogen. Dabei sei das ganze Gefüge des Überbaus (Parteien, Klassenbeziehungen als Ganzes) und nicht nur der Staat einbezogen. Diese Entwicklung gewinnt nach dem zweiten Weltkrieg weiter an Dynamik, die Staatsapparate wachsen, ihr ökonomisches Gewicht und ihre regulierende Funktion, ebenso wie die Institutionalisierung der Monopolmacht im Staatsapparat. Die Analyse des staatsmonopolistischen Kapitalismus in der BRD wurde in den Studien der Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED und beim Institut für internationale Politik und Wirtschaft, sowie denen des IMSF vorgenommen. <br />
<br><br />
<br><br />
Zusammenfassend besagt die Analyse: Die Macht der Monopole verschmilzt mit der Macht des Staates. Die entstandene Finanzoligarchie ist über viele Fäden mit dem Staatsapparat verbunden. Die Weiterentwicklung der Produktivkräfte und die imperialistische Konkurrenz erzwingen einen noch höheren gesellschaftlichen Charakter des Produktionsprozesses. Riesige Investitionen in Bildung, Forschung, Militär und Infrastruktur zur Aufrechterhaltung und Ausbau der Monopolprofite sind erforderlich. Dies geschieht mit Hilfe des Staates zugunsten des Monopolkapitals, also der Monopolbourgeoisie. Durch die Verschmelzung von Monopolmacht und Staatsmacht nimmt die Aggressivität der Staatspolitik zu. Gleichzeitig bedeutet diese Verschmelzung von Staat und Monopol die vollständige materielle Voraussetzung für den Übergang zum Sozialismus.<br />
<br />
==== Die Rolle des Staates in der Revolution ====<br />
Innerhalb der Diskussion um den staatsmonopolistischen Kapitalismus gibt es eine gesonderte Frage zur Strategie der Arbeiterklasse und der Möglichkeit der Übernahme des Staats durch eine „fortgeschrittene Demokratie“. Auf der einen Seite steht die Ansicht, der Staat muss zerschlagen werden. Die Macht der Monopole kann nur überwunden werden, in dem der Staat durch einen sozialistischen ersetzt wird. Die komplette Durchdringung des Staatsapparates durch die Monopole macht eine Zerschlagung des Apparates notwendig (was auch bereits im Kapitalismus der freien Konkurrenz der Fall ist). Staatliches Handeln und auch Verstaatlichungen während des Monopolkapitalismus geschehen im Interesse der Monopole und sind kein Schritt zur Demokratisierung.<br />
<br />
Auf der anderen Seite steht die Ansicht, der Staat könne übernommen werden. Es gibt eine Möglichkeit, durch Aktionen der Arbeiterklasse und im Bündnis mit der nicht-monopolistischen Kapitalisten zunächst die Monopole (wieder) aus dem Staat zu verdrängen. Erst danach kann der Sozialismus errungen werden. Dieser Zwischenschritt wird auch Antimonopolistische Demokratie genannt. Verstaatlichungen könnten bereits heute Schritte hin zu einer demokratischen Kontrolle der Wirtschaft sein.<br />
<br />
In dieser Argumentation spielt die Frage nach der Planbarkeit der Wirtschaft durch den Staat eine Rolle. Das biete die Möglichkeit für die Arbeiterklasse, den Staat zum Teil zu übernehmen und durch eine Phase der „fortgeschrittenen“ Demokratie zum Sozialismus zu kommen, zu. Insbesondere die Arbeiten der Kommunistischen Partei Frankreichs argumentierten, dass durch Nationalisierungen und Arbeiterkontrolle das kapitalistische System zwar nicht abgeschafft, aber geschwächt werde. Durch eine demokratische Regierung könnte dieser Prozess bis zum Übergang zum Sozialismus vorangetrieben werden.<br />
<br />
Vertreter: IMSF, Teile der DKP, weitere<br />
<br />
===== Staatsableitung und Eigenständigkeit des Staates =====<br />
Hier gibt es zahlreiche verschiedene Ausprägungen. Stichworte sind: Es gibt keine neue Qualität im Vergleich zum Kapitalismus der freien Konkurrenz. Der Staat hat weiterhin als ideeller Gesamtkapitalist die Verwertungsbedingungen des Kapitals zu verbessern und die Widersprüche zwischen allen Klassen zu vermitteln. Der Staat hat eine relative Unabhängigkeit und setzt mit Gesetzen und Verordnungen lediglich allgemeine Rahmenbedingungen. Er ist zwar nicht klassenneutral, aber auch nicht Instrument einer Klasse. Varianten dieser Strömung sehen im Staat auch einen eigenständigen ökonomischen Akteur. Dieser ist bemüht, seine finanzielle Ausstattung zu optimieren, indem Steuererträge und Gewinne der Notenbanken optimiert werden. (Spektrum rund um links-net, Gegenstandpunkt, Teile der Linkspartei)<br />
<br />
===== Antimonopolistische Demokratie =====<br />
Hier muss ausgearbeitet werden, wie die AMD auf die Frage der Monopole eingeht - also die ökonomischeren Aspekte der Strategie.<br />
<br />
== Bezug zu unseren Grundannahmen ==<br />
Für diesen Dissens sind zahlreiche Grundannahmen wichtig. Im Bezug auf die Grundlagen der Wissenschaft ist der Zusammenhang von Logik und historischer Untersuchung wichtig. Dazu sind unter anderem die Annahmen aus Engels’ „Anti-Dühring" relevant.<br />
Für die Frage der Monopole und ihres Verhältnisses zum Staat aus Lenins Imperialismusschrift besonders die Kapitel [[Der imperialistische Kapitalismus#Die Banken und ihre neue Rolle|II]] und [[Der imperialistische Kapitalismus#Finanzkapital und Finanzoligarchie|III]]. Zur Staatsfrage die Annahmen in der [[AG Staat, Faschismus und Sozialdemokratie#Grundannahmen Staat|AG Staat, Faschismus und Sozialdemokratie]] und hier besonders Lenin „Staat und Revolution“ und „Über den Staat“, Engels’ „Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates“.<br />
<br />
== Wie wollen wir den Dissens klären? ==<br />
Kern der wissenschaftlichen Überwindung der beschriebenen Differenzen ist zunächst die Bestimmung der Monopole heute, ihrer ökonomischen und politischen Rolle. Der Staatsapparat und staatsnahe Institutionen sind konkret auf ihre Verbindung mit den Monopolen zu untersuchen. Ebenso wie die Untersuchung der Gesetzgebung, der staatlichen ökonomischen Aktivitäten und Umverteilung des Nationaleinkommens zu Gunsten der Monopole. Dies beinhaltet konkrete Forschungs- und Rechercheaufträge zur Entwicklung des Verhältnisses Staat/Monopole, wobei auf frühere Untersuchungen wie die des IMSF und der anderen Institute zur Anregung und kritischen Lektüre zurückgegriffen werden kann. <br />
<br />
Theoretisch ist zu klären, in welchen Widersprüchen die Entwicklung des Monopolkapitalismus verläuft, und wie eine Zuspitzung der Widersprüche von der Arbeiterklasse genutzt werden kann.<br />
<br />
Diese und zukünftige Aufgaben und offene Fragen werden wir [[Offene Fragen zur Klärung der Dissense#Monopole und Staat|hier]] sammeln.<br />
<br />
== Was steht zu diesem Dissens in den Programmatischen Thesen? ==<br />
{{Zitat |Die bürgerliche, kapitalistische Gesellschaft ist von tiefen und unversöhnlichen Widersprüchen durchzogen. Der grundlegendste dieser Widersprüche ist der zwischen Arbeiterklasse und Bourgeoisie. Aber auch intern ist die Kapitalistenklasse von Rivalitäten und teils gegensätzlichen Interessen geprägt.<br />
<br />
Weil die bürgerliche Gesellschaft auf Klassengegensätzen beruht, bedarf sie notwendigerweise des Staates, der diese Gegensätze unter Kontrolle hält und ihre Austragung in geregelte Bahnen lenkt. Der bürgerliche Staat ist Ausdruck der Unversöhnlichkeit der Klasseninteressen miteinander. Innerhalb dieses unversöhnlichen Gegensatzes setzt er die Interessen der Kapitalistenklasse als Ganzer durch, indem er ihr möglichst gute Bedingungen für die Anhäufung ihres Kapitals bietet. Deshalb ist der bürgerliche Staat nichts anderes als die politische Herrschaft der Bourgeoisie, ideeller Gesamtkapitalist. Er vertritt grundsätzlich die Interessen der ganzen Bourgeoisie, insbesondere aber die Interessen der mächtigsten Teile darin. Er ist eine „Maschine zur Niederhaltung der unterdrückten, ausgebeuteten Klasse“ (Engels, MEW 21, S. 170f.). Er wendet letztlich alle Formen von Gewalt an, verbreitet aber auch die bürgerliche Ideologie und betreibt die Einbindung von Teilen der Arbeiterklasse durch Zugeständnisse, um die ausgebeutete Klasse niederzuhalten. Dieser Klassencharakter des Staates macht es für die Arbeiterklasse (oder auch jede andere Klasse) unmöglich, ihn zu übernehmen und in ihrem Interesse zu verwenden. Die proletarische Revolution bedeutet aber auch nicht die sofortige Abschaffung des Staates. Sie ist die Zerschlagung des bürgerlichen Staates und die Errichtung eines neuen Staates der Arbeiterklasse, der Diktatur des Proletariats.<br />
<br />
Diese grundlegenden Erkenntnisse der marxistisch-leninistischen Staatstheorie sind für uns vorausgesetzt, sie lassen aber viele weiterführende Fragen offen, auf die wir Antworten finden wollen. Wir wollen uns mit der Theorie des staatsmonopolistischen Kapitalismus auseinandersetzen und kritisch herausarbeiten, welche Inhalte und welche Interpretationen dieser Theorie der Realität entsprechen. Dabei werden u.a. folgende Fragen eine Rolle spielen: Auf welche Weise zeigt sich konkret die besondere Rolle des Monopolkapitals im Verhältnis zum Staat? Welche Interpretationen der Theorie des staatsmonopolistischen Kapitalismus haben die Entstehung der falschen Strategie der „antimonopolistischen Übergänge“ in der kommunistischen Bewegung begünstigt?|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 7-8)}}<br />
<br />
{{Zitat |Der antiimperialistische Kampf muss sich deshalb gegen das Kapital und das kapitalistische System als Grundlage des Imperialismus richten. Als Kommunisten in Deutschland sehen wir den deutschen Imperialismus, d.h. die deutsche Monopolbourgeoisie und ihren Staat als unseren Hauptgegner an.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 10)}}<br />
<br />
{{Zitat |Der Kapitalismus entwickelte sich in engem Zusammenhang mit den entstehenden Nationalstaaten. Die Entstehung zusammenhängender nationaler Binnenmärkte, vereinheitlichter Währungen und anderer notwendiger Voraussetzungen ermöglichten erst die Kapitalakkumulation in erweitertem Maßstab. Im Imperialismus ist die Aufteilung der Welt unter die imperialistischen Zentren abgeschlossen, aber die kapitalistische Entwicklung bringt ständige Kämpfe der Kapitale und ihrer Nationalstaaten um die Neuaufteilung hervor.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 9)}}<br />
<br />
{{Zitat |Im weiteren Klärungsprozess wollen wir zahlreiche Fragen zur politischen Ökonomie des Imperialismus vertiefen. Darunter die Zusammensetzung und Interessen des deutschen Kapitals; die Entwicklung des Kapitalismus in verschiedenen Ländern wie z.B. Russland und China sowie die Formen ihrer Einbindung in das imperialistische Weltsystem; die Eigentümerstrukturen der bestimmenden Monopole und ihr Verhältnis zum Nationalstaat; die Lage und Strategien des deutschen Imperialismus; die empirische Überprüfung der These des sogenannten „transnationalen Kapitals“ und ihre Bedeutung für die Strategie der „antimonopolistischen Übergänge“; die Frage der gegenseitigen Abhängigkeiten innerhalb der imperialistischen Kette; die Rolle und Bedeutung der nicht-monopolistischen Bourgeoisie; die Verschmelzung von Industrie- und Bankkapital zum Finanzkapital; die verschiedenen imperialistischen Pole, ihre Entwicklung und Verhältnisse zueinander.“|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 10)}}<br />
<br />
== Literatur zum Thema ==<br />
Autorenkollektiv: Imperialismus heute, Der staatsmonopolistische Kapitalismus in Westdeutschland, Dietz, 1966.<br />
<br />
Autorenkollektiv: Monopole, Profite, Aggression, Notstand, Dietz, 1965.<br />
Autorenkollektiv: Der staatsmonopolistische Kapitalismus (aus dem französischen übersetzt), Dietz, 1972.<br />
<br />
Autorenkollektiv: Der Imperialismus der BRD, Dietz, 1971.<br />
<br />
Binus/Landefeld/Wehr: Staatsmonopolistischer Kapitaliusmus, Papyrossa, 2014.<br />
<br />
Jung H, Schleifstein J (1979): Die Theorie des Staatsmonopolistischen Kapitalismus und ihre Kritiker in der Bundesrepublik Deutschland. Frankfurt a.M.: Verlag Marxistische Blätter.<br />
<br />
Lemmnitz, Alfred: Staatsmonopolistische Regulierung und Klassenkampf in Westdeutschland, Dietz, 1965.<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<br />
[[Kategorie: AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
[[Kategorie: Dissens]]<br />
[[Kategorie: Dissens AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]</div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Krisenanalyse&diff=5187Krisenanalyse2019-01-09T10:11:38Z<p>Mati: /* Wie wollen wir den Dissens klären? */</p>
<hr />
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<br />
== Überblick ==<br />
Die Krisenanalyse ist in der kommunistischen Bewegung umstritten, aber darüber hinaus vor allem durch sozialdemokratische, reformistische Positionen, aber auch andere bürgerliche Vorstellungen geprägt. Die grundlegende Frage besteht darin, ob Krisen unvermeidbar sind, ob sie gesetzmäßig aus der kapitalistischen Produktionsweise entspringen oder ob sie durch falsche Wirtschaftspolitik oder andere Faktoren verursacht werden. Verbunden mit der Krisenanalyse ist dementsprechend eine bestimmte Vorstellung der Möglichkeiten der Wirtschaftspolitik innerhalb des Kapitalismus, die die Krise verhindern oder abschwächen könnte.<br/>Innerhalb der bürgerlichen politischen Ökonomien sind je nach Entwicklungsstand des Kapitalismus verschiedene „Theorien“ entstanden, die zur Rechtfertigung oder „Verbesserung“ des Systems dienten. Es kommt dabei zu Auseinandersetzungen und Kritik zwischen den verschiedenen „Schulen“. Sie zu kennen, ist notwendig, um die richtige Kritik daran entwickeln zu können. Die Arbeiterklasse muss diese verschiedenen Ansätze und ihren Hintergrund kennen, um zu verstehen, auf welche Art und Weise das kapitalistische System damit gerechtfertigt und verewigt werden soll. Dies gilt insbesondere für die durch die Sozialdemokratie in die Arbeiterbewegung getragenen Vorstellungen. <br />
<br />
=== Finanzkrise, Globalisierung ===<br />
Besonders seit der Weltwirtschaftskrise von 2008 ist die Annahme weit verbreitet, es handele sich um eine Finanzkrise, die durch Spekulation, unkontrollierte Bankgeschäfte und zu wenig Investitionen in Industrieproduktion ausgelöst würde. Die Beschneidung des Finanzsektors und der Banken sei notwendig, um die Krise zu verhindern oder abzuschwächen. Angenommen wird eine Entkoppelung des Finanzsektors von der „Realökonomie“, der industriellen Produktion. Die Ansprüche der Titeleigentümer könnten in der Krise nicht mehr bedient werden und zögen die Produktion mit hinab. Angenommen wird eine Dominanz des Finanzsektors über die Realökonomie. Es finde eine Überakkumulation von Kapital im Finanzsektor statt, die durch eine neoliberale Wirtschaftspolitik gefördert würde. Notwendig sei eine Beschneidung und Verstaatlichung des Finanzsektors, der den Bedürfnissen der Gesellschaft dienen müsse.<br />
<br />
Verbunden ist diese Krisenanalyse mit der Annahme, dass die „Globalisierung“ diese Entwicklung beschleunigt habe, und transnationale Unternehmen ihre neoliberale Agenda überall durchsetzen konnten und es so zu Überkapazitäten gekommen sei. Gefordert wird meist eine vernünftige, regulierende Wirtschaftspolitik und alternative Ökonomien, die eine „andere Welt“ ermöglichen sollen. Angestrebt wird die Entwicklung einer alternativen Globalisierung, der Nationalstaat als Regulierungsinstanz wird abgelehnt bzw. in Frage gestellt.<br />
<br />
Vertreter dieser Ansichten sind ''Sozialismus, ISW, attac, PDL''. <br />
<br />
=== „Regulierter Kapitalismus“ ===<br />
Zahlreiche „Theorien“ und Vorstellungen gehen von der Möglichkeit der Regulierung des kapitalistischen Systems aus und damit von der Abschwächung oder sogar Vermeidung von Krisen und der Möglichkeit, Massenarbeitslosigkeit und andere Folgen der krisenhaften Entwicklung des Kapitalismus zu verhindern. Die Theorien der „Regulierung“ spiegeln selbst die Entwicklung des Kapitalismus zum Imperialismus und zur gesteigerten Bedeutung des Staates wider, da sie auf Eingriffe des Staats und auf „planerische Elemente“ des Kapitalismus verweisen. Außerdem sind sie eine Reaktion auf die Existenz des Sozialismus und der dort tatsächlich planmäßigen Produktion.<br />
<br />
=== Keynesianische Unterkonsumtionstheorie ===<br />
Die wichtigste und entwickeltste Version der Regulierungstheorie ist der Keynesianismus, der in den 30er Jahren entwickelt wurde und seitdem verschiedene Formen angenommen hat, je nach Entwicklung des Kapitalismus. Er ist auch eine Reaktion auf die praktische Veränderung der Wirtschaftspolitik, vor allem in den USA mit dem „New Deal“. <br/>Grundannahme ist, dass durch Geld- und Kreditpolitik des Staates dem Krisenzyklus entgegen gewirkt werden könnte. In der Situation einer Krise sollen durch Schuldenaufnahme Staatsaufträge und Konsumprogramme finanziert werden, um die Nachfragelücke zu schließen. In der Phase der Hochkonjunktur sollten dann Schulden abgebaut werden. International sollten Ungleichgewichte durch die Reduzierung von Handelsüberschüssen abgebaut werden. Unter dieser Vorstellung wurde eine komplexe Wirtschaftspolitik entwickelt, die das Ziel hatte, ein Gleichgewicht zwischen verschiedenen Faktoren der Volkswirtschaft herzustellen (Inflation, Beschäftigung, außenwirtschaftliches Gleichgewicht).<br />
<br />
In der BRD fand diese Wirtschaftspolitik mit der „konzertierten Aktion“ und dem „magischen Dreieck/Viereck“ ihren Ausdruck. Häufig werden die keynesianischen und neoliberalen Ansätze als Gegensatz aufgefasst. Es gibt auch zahlreiche Unterschiede zwischen ihnen, aber sie schließen sich nicht aus. Die Anwendung von Mitteln beider „Regulierungs“-Schulen hat die Steigerung der Profite zum Ziel und richtet sich nur nach dem, was für das Monopolkapital notwendig ist.<br />
<br />
=== Wirtschaftsdemokratie ===<br />
In eine ähnliche Richtung mit anderer Gewichtung geht die Vorstellung, dass die Entstehung von Monopolen die Planbarkeit des Kapitalismus erhöhe und der Staat dadurch in die Lage versetzt werde, mehr zu planen und Krisen zu vermeiden. Die Vorstellung des „geplanten Kapitalismus“ setzte sich unter anderem in Form der „Wirtschaftsdemokratie“ durch den Reformismus in der Gewerkschaftsbewegung durch. Dort ist bis heute die Vorstellung, dass durch Löhne und Ankurbelung der Nachfrage die Konjunktur dauerhaft erhalten bleiben könne, verbreitet.<br />
<br />
=== Neoliberale Wirtschaftspolitik / Monetäre Theorie ===<br />
Die Vorstellung, dass durch Fehler in der Zirkulation oder der Geldpolitik die Krise verursacht würde, gab es bereits zu Marx’ Zeiten unter dem Stichwort der „monetären Theorie“. Die scheinbar dem Keynesianismus entgegen gesetzte „neoliberale“ Wirtschaftsschule sieht die Ursachen der Wirtschaftskrise ebenfalls in der verfehlten Geld- und Kreditpolitik der Regierung und schlägt verschiedene Modelle der Zuwächse der Geldmenge, der Zinssätze, etc. vor. Auch wird eine „Überinvestition“, eine Gleichgewichtsstörung der Produktion“ angenommen. Wenn also auch beide in eine andere Richtung weisen, gehen sie davon aus, durch Wirtschafts- und Geldpolitik die Ökonomie steuern und Krisen vermeiden zu können. Im Gegensatz zur keynesainischen Schule werden hier niedrige Löhne und niedrige Steuern als Lösung propagiert.<br />
<br />
=== Produktivkraftentwicklung ===<br />
Der marxistischen Ökonomie wurden zahlreiche bürgerliche Erklärungsversuche entgegen gestellt. Mit der Entwicklung der Produktivkräfte und damit unter anderem neuer Technologien kamen auch Ansichten auf, die die Entwicklung daran festmachten und sie von den Produktionsverhältnissen trennten. Neue Technologien bringen dieser Ansicht nach Schübe der Entwicklung und bestimmen sie grundsätzlich. Diese Vorstellung hat verschiedenste Ausprägungen, die hier grob zusammen gefasst werden als Ansätze zur Infragestellung oder Relativierung der von Marx entdeckten Gesetzmäßigkeiten des Kapitalismus - die Notwendigkeit der Krise, der tendentielle Fall der Profitrate und weitere. <br />
<br />
Im weiteren Verlauf der Arbeit der AG sollten diese verschiedenen Ansätze der Theorie der langen Wellen, der „Konjunkturforschung“, etc. herausgestellt werden. Sie sind in Bezug auf manche aktuelle Diskussionen von Relevanz, wie zum Beispiel die Debatte um Industrie 4.0.<br />
<br />
=== Allgemeine Krise ===<br />
Unter diesem Begriff wurde ab den 20er Jahren definiert, dass der Kapitalismus in seinem imperialistischen Stadium in seine allgemeine Krise eingetreten ist, weil der Widerspruch zwischen gesellschaftlichem Charakter der Produktion und dem privaten Eigentum an Produktionsmitteln sich immer weiter zuspitzt. Die allgemeine Krise des Kapitalismus ist eine allseitige Krise des gesamten kapitalistischen Weltsystems, gekennzeichnet durch Kriege und Revolutionen, durch den Kampf zwischen dem sterbenden Kapitalismus und dem aufsteigenden Sozialismus. Die allgemeine Krise des Kapitalismus erfasst alle Seiten des Kapitalismus, sowohl die Wirtschaft als auch die Politik. Ein weiteres Element der allgemeinen Krise des Kapitalismus waren die sozialistischen Revolution in Russland und danach in vielen anderen Ländern, sowie der Wegfall des Kolonialsystems. Die Ungleichmäßigkeit der Entwicklung der kapitalistischen Länder in der Epoche des Imperialismus erzeugt im Laufe der Zeit eine Nichtübereinstimmung der bestehenden Aufteilung der Absatzmärkte, Einflusssphären und Kolonien mit dem veränderten Kräfteverhältnis zwischen den wichtigsten kapitalistischen Staaten. Auf Grund dessen kommt es zu heftigen Störungen des Gleichgewichts innerhalb des kapitalistischen Weltsystems, die zur Spaltung der kapitalistischen Welt in feindliche Gruppierungen und zum Krieg zwischen ihnen führt. <br />
<br />
Seit der Niederlage von 1989 wird in Frage gestellt, ob man noch von der allgemeinen Krise des Kapitalismus sprechen kann. Im Laufe der weiteren Arbeit sollen hier die verschiedenen Positionen und ihre Argumente dargestellt werden.<br />
<br />
== Bezug zu unseren Grundannahmen ==<br />
Die Klassiker des wissenschaftlichen Sozialismus haben kein zusammenhängendes Werk zur Krise verfasst. Aber in ''Das Kapital'' von K. Marx sind viele direkte Aussagen dazu zu finden. Außerdem sind weitere Bestandteile ''des Kapitals'' wichtig, darunter die [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Akkumulationsprozess des Kapitals|Akkumulation des Kapitals]], die organische Zusammensetzung des Kapitals, der tendentielle Fall der Profitrate. Vor allem im dritten Band, in dem der Gesamtprozess der kapitalistischen Produktion analysiert wird, wird aus der Analyse der kapitalistischen Produktionsweise die [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Der Krisenzyklus|Notwendigkeit der Krisen]] erklärt. Desweiteren gibt es zahlreiche Aussagen von Engels zur Krise. <br />
<br />
Lenin führt in seiner Imperialismusanalyse aus, dass durch die Monopole zwar teilweise ganze Produktionsketten geplant werden, der anarchische Charakter der Produktion aber keineswegs verschwindet, sondern im Gegenteil sogar verschärft in der Konkurrenz zwischen den Monopolen stattfindet und damit auch die Krisen. Zugleich verstärken die Krisen die [[Der imperialistische Kapitalismus#Konzentration der Produktion und Monopole|Tendenz zum Monopol]]. In seiner [[Der imperialistische Kapitalismus#Kritik des Imperialismus - Kampf gegen den Opportunismus|Auseinandersetzung mit Kautsky]] und anderen Opportunisten zeigt Lenin auf, warum alle Vorstellungen eines reformierbaren Imperialismus Illusionen sind.<br />
<br />
== Wie wollen wir den Dissens klären? ==<br />
Aus den Grundannahmen von Marx, Engels und Lenin müssen wir erarbeiten, warum die Möglichkeit und Notwendigkeit der Krise in der Produktionsweise und ihren Widersprüchen selbst angelegt sind.<br/>Wir müssen erarbeiten, vor welchem ökonomischen und gesellschaftlichen Hintergrund die Theorien des „Regulierten Kapitalismus“ entstanden sind, welchen Interessen sie dienen.<br/>Dann ist zu beantworten, an welcher Stelle genau diese Ansichten den Analysen des wissenschaftlichen Sozialismus widersprechen. <br />
<br />
Empirisch müssen wir erarbeiten, wie der Staat tatsächlich regulierend im Interesse des Kapitals eingreift und inwiefern diese „Regulierung“ gegen die Interessen der Arbeiterklasse gerichtet sind. Als Beispiel sei hier nur die „konzertierte Aktion“ erwähnt, die zwar kein frontaler Angriff auf die Rechte der Arbeiter war, wie die „formierte Gesellschaft“, aber nicht weniger stark den Kampf der Arbeiterklasse einengte. <br />
<br />
Hierbei ist auch die Erarbeitung der Verschmelzung von Staat und Monopolen wichtig, der Nachweis, auf welchen Wegen und mit welchen Mitteln die Monopole im und durch den Staat ihre Interessen durchsetzen. <br />
<br />
Eine laufende Aufgabe ist die Beobachtung und Analyse der Wirtschaftspolitik, der Maßnahmen der Regierung und anderer Teile des Staates. <br />
<br />
Diese und zukünftige Aufgaben und offene Fragen werden wir [[Offene Fragen zur Klärung der Dissense#Krisenanalyse|hier]] sammeln.<br />
<br />
== Was steht zu diesem Dissens in den Programmatischen Thesen? ==<br />
{{Zitat |Die Widersprüche, die der kapitalistischen Produktionsweise innewohnen, führen periodisch zur Krise. Die kapitalistische Krise ist im Unterschied zu Krisenphasen in früheren Produktionsweisen nicht Ausdruck von Knappheit, sondern kommt im Gegenteil dadurch zustande, dass gemessen an der zahlungsfähigen Nachfrage zu viele Waren produziert wurden und dadurch die Profitabilität der Unternehmen sinkt. Das Nebeneinander von Überfluss und Elend ist gleichzeitig Ursache und Folge der kapitalistischen Krise und bringt die Irrationalität und den historisch überholten Charakter der bürgerlichen Produktionsweise zum Ausdruck. Die Produktionsverhältnisse – das Privateigentum an den Produktionsmitteln – sind längst zur Fessel der Produktivkräfte geworden.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 6)}}<br />
<br />
{{Zitat |Der Kapitalismus ist ein parasitäres Gesellschaftssystem, in dem Reichtum nur durch Ausbeutung existieren kann, in dem Kriege und sich wiederholende Krisen zwingende Bestandteile sind.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 3)}}<br />
<br />
{{Zitat |Die Steigerung der Produktivität führt dazu, dass immer weniger Menschen arbeiten müssen, um die Produktion sicherzustellen. Das ist ein gesellschaftlicher Fortschritt. In der kapitalistischen Gesellschaft wird aber nicht für die Bedürfnisse der Gesellschaft produziert, sondern für die Profite Weniger. Deshalb gibt es Millionen Erwerbslose, die Lage der Arbeiter verschlechtert sich. Verelendung in vielen Lebensbereichen, materiell, kulturell, individuell, wird zum bestimmenden Faktor der Lebensverhältnisse der Menschen.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 6)}}<br />
<br />
{{Zitat |[...] Der Imperialismus als höchste und letzte Stufe des Kapitalismus bringt regelmäßig Krisen und dauerhaft hohe Arbeitslosigkeit hervor. Er erweist sich als unfähig, die Potentiale der Produktivkräfte im vollen Umfang auszunutzen. Im Gegenteil sind zyklische Vernichtung von Produktivkräften und weitere Angriffe auf die Errungenschaften der Arbeiterklasse nötig für die Bourgeoisie, um aus der Krise zu kommen.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 8-9)}}<br />
<br />
== Literatur zum Thema ==<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<br />
[[Kategorie: AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
[[Kategorie: Dissens]]<br />
[[Kategorie: Dissens AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]</div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Monopole_und_Ausbeutung_der_Arbeiterklasse&diff=5186Monopole und Ausbeutung der Arbeiterklasse2019-01-09T10:07:40Z<p>Mati: /* Wie wollen wir den Dissens klären? */</p>
<hr />
<div>Zurück zu [[AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
<br />
== Überblick ==<br />
In diesem Dissens geht es um das gesamte Feld der Ausbeutung der Arbeiterklasse, ihrer ökonomischen und in Teilen auch ihrer politischen Unterdrückung. Imperialismus bedeutet verschärfte Ausbeutung und Reaktion nach Innen. Die Bourgeoisie muss fortwährend die Profite steigern, auch um in der Jagd nach dem Extraprofit die Konkurrenz zu besiegen und als Sieger im Zentralisationsprozess hervorzugehen. Die Monopole müssen durch alle möglichen Wege dem tendenziellen Fall der Profitrate entgegen arbeiten. Sie müssen den Mehrwert steigern – durch direkte Absenkung der Löhne, durch Heraufsetzung der Arbeitszeit und durch die Steigerung der Produktivität und damit durch Arbeitsverdichtung, Arbeitshetze, Kontrolle und Einsatz von neuer Technik.<br />
<br />
Dieser Prozess der Reproduktion und Akkumulation des Kapitals hat massive Auswirkungen auf die gesamte Lage der ausgebeuteten Klasse - auf die Arbeitskraft, ihre Ausbildung und ihre Arbeitsteilung. Dies zeigt sich sowohl in der Herausbildung immer kleinteiligerer Arbeitsschritte und einer damit verbundenen Minderung des Werts der Ware Arbeitskraft für den Großteil der Arbeiter. Auf der anderen Seite aber auch in der Entwicklung komplizierterer Arbeitsschritte und somit der Notwendigkeit einige Arbeiter besser auszugebilden, woduch der Wert ihrer Arbeitskraft steigt. Dies verursacht eine weitere Spaltung der Arbeiterklasse in hochqualifizierte festangestellte Facharbeiter und befristete Hilfsarbeiter. Die Steigerung der Produktivität durch Arbeitsverdichtung und Arbeitshetze schlägt sich in der Verschlechterung der physischen und psychischen Gesundheit und der Zerrüttung der sozialen Verhältnisse der Arbeiter und ihrer Familien nieder. Die Degradierung von Teilen der Arbeitskraft bedeutet niedrige Bildung und zum Teil moralische Verrohung für Teile der Arbeiterklasse. Insgesamt geht es in diesem Dissens darum, die Entwicklung der wichtigsten Produktivkraft – der Arbeitskraft – zu erfassen, ihre Entwicklung in qualitativer und quantitativer Hinsicht. Diese Aspekte hängen eng mit der Arbeit der [[AG Klassenanalyse|AG Klassenanalyse]] zusammen, die aber eher die konkrete Analyse der Klasse heute und ihrer Bewusstseinslage vornimmt. <br />
<br />
Die direkte Steigerung der Mehrwertrate durch Absenkung der Löhne und Heraufsetzung der Arbeitszeit ist gemeinsam mit dem Kampf um Arbeitsbedingungen der zentrale Teil des ökonomischen Klassenkampfes. Hierbei werden vom Kapital alle Mittel und Formen angewandt, um das Ziel zu erreichen: Steigerung der Arbeitszeit, Überstunden, Ausweitung der Schichtarbeit, Flexibilisierung der Arbeitszeit, Schaffung prekärer Arbeitsverhältnisse, Absenkung der Sozialversicherungen als Teile des Lohns, Druck auf Erwerbslose, Absenkung des Existenzminimums, Ausweitung der industriellen Reservearmee etc.<br />
<br />
Eine Frage, die damit verbunden und genauer erarbeitet werden muss ist, ob die Monopole eine besondere Rolle in der Steigerung der Ausbeutung spielen und wenn ja, inwiefern. Dabei muss die Rolle des Kapitalexports und der Ausbeutung der Arbeitskraft in anderen Ländern mit einbezogen werden.<br />
<br />
Die industrielle Reservearmee, ihre Größe, Zusammensetzung, Entwicklung und Auswirkung auf die gesamte Klasse ist ein Bereich dieses Dissens. Außerdem alle damit verbundenen Fragen wie zum Beispiel die Frage nach der Rolle des Mindestlohngesetzes oder die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen. Auch: Wem dient das Leiharbeitsgesetz und das Hartz-IV-System und wie sind diese zustande gekommen? In diesem Bereich geht es also um die Untersuchung des Arbeitsmarktes und ob die unbeschäftigten, als auch beschäftigten Teile der industriellen Reservearmee zur Arbeiterklasse gehören oder nicht. Außerdem gilt es, die Struktur derselben zu analysieren.<br />
<br />
Der ökonomische Klassenkampf ist untrennbar mit dem politischen Klassenkampf verbunden, da das Kapital und insbesondere die Monopole mit ihrem Staat nicht nur wesentliche Bedingungen setzen (Existenzminimum, Mindestlohn etc.) sondern über eine ganze Reihe an Gesetzen versuchen die Bedingungen möglichst einzuengen, wie z.B. im Falle des Streikrechts, des Tarifrechts, des Arbeitsrechts und des Sozialrechts. Die Form der Lohnforderungen beispielsweise, ist eine politische Frage und die Kapitalistenklasse versucht durch verschiedene Mittel, die Arbeiterklasse in dieser Frage einzuschränken. Das Betriebsverfassungsgesetzes, das Tarifrecht und „Mitbestimmung“ im allgemeinen sowie die Gesetze, die Tarifverträge und die Betriebsvereinbarungen, die die Arbeitszeit oder die Verteilung der von der Arbeiterklasse geschaffenen Werte angehen, müssen hier analysiert und eingeschätzt werden. Ziel ist es, richtige Einschätzungen zu allen Fragen rund um Lohn, Existenzminimum, Arbeitszeit, Gewerkschaften usw. erarbeiten zu können. Hierzu gehören auch Frage bzgl. der Laufzeiten von Tarifverträgen, die Möglichkeit der Wahl zwischen Urlaub oder Lohnerhöhung, die Entwicklung des Reallohns und die Berechnung der Inflation im Sinne der Arbeiterklasse usw.<br />
<br />
=== Welche Positionen/Thesen gibt es? Und wer vertritt sie? ===<br />
Im weiteren Verlauf der Arbeit in diesem Bereich müssen konkrete Auseinandersetzung zu den oben genannten Punkten erstellt werden.<br>Hier sei nur beispielhaft benannt:<br />
<br />
==== Die Möglichkeit eines dauerhaften Ausgleichs zwischen Arbeiterklasse und Kapitalistenklasse ====<br />
Die Möglichkeit eines dauerhaften Ausgleichs zwischen Arbeiterklasse und Kapitalistenklasse, besser bekannt unter dem Stichwort „Sozialpartnerschaft“ oder Klassenzusammenarbeit wird von der Führung der DGB-Gewerkschaften vertreten. Mit dem Stinnes-Legien-Abkommen wurden die Voraussetzungen für das spätere Betriebsverfassungsgesetz und damit der institutionelle Rahmen der „Sozialpartnerschaft“ und der Verbindung der Gewerkschaften mit dem Staatsapparat gelegt. Damit verbunden ist die rein moralische Ablehnung von „Ausbeutung“ und damit die bewußte Vermeidung marxistischer Weltanschauung, die Vermeidung der Eigentumsfrage und insgesamt der Versuch Unzufriedenheit und möglichen Widerstand zu kanalisieren. Begriffe wie „fairer Lohn“ und „soziale Gerechtigkeit“ etc. spielen dabei eine Rolle.<br>Die Kommunistische Arbeiterbewegung hat stets für eine klassenkämpferische und revolutionäre Rolle der Gewerkschaften gekämpft und dabei nicht nur viele Erfahrungen gesammelt, sondern auch zahlreiche theoretische Arbeiten entwickelt, die es auszuwerten gilt.<br />
<br />
==== Die Frage, ob es keine absolute, sondern nur eine relative Verelendung der Arbeiterklasse gibt ====<br />
Diese Frage soll in diesem Bereich kurz grundsätzlich ökonomisch erklärt werden und dann eine Zusammenstellung der verschiedenen Faktoren der Verelendung vorgenommen werden.<br />
<br />
==== Die Rolle der industriellen Reservearmee und Forderungen bezüglich des Existenzminimums ====<br />
Hier wird es um die Frage gehen, welche Rolle die industrielle Reservearmee spielt, ob sie überhaupt Teil der Arbeiterklasse ist und besonders darum, welche Forderungen in diesem Bereich wie zu bewerten sind. Dabei ist besonders die Forderung nach einem Bedingungslosen Grundeinkommens zu benennen, die genauer analysiert und eingeordnet werden soll. Hierzu gehört auch die Entstehung der Arbeitsmarktreformen, die dahinter stehenden Klasseninteressen, ihre Auswirkungen und damit verbundene Forderungen.<br />
<br />
==== Charakter der DGB-Gewerkschaften und ihr Verhältnis zum Staat ==== <br />
Die Gewerkschaften in Deutschland sind auf der einen Seite Massenorganisationen der Arbeiterklasse und ihr wichtigstes Instrument im ökonomischen Kampf, auf der anderen Seite durch ihre Führung aber auch durch Gesetze politisch in das System integriert. Ob, wie und wie weitgehend die Gewerkschaften mit dem Staatsapparat verbunden sind und wie dies im Widerspruch zu ihrem Charakter als Organisationen der Arbeiterklasse steht, ist ein wichtiger Gegenstand in diesem Dissens. In diesem Rahmen ist auch die Debatte um den Charakter der DGB-Gewerkschaften als Einheitsgewerkschaften zu führen. Sind sie tatsächliche Einheitsgewerkschaften oder sozialdemokratische Richtungsgewerkschaften? Was waren die Hintergründe der DGB-Gründung und wie sind die politischen Kräfteverhältnisse heute?<br>Die Frage der Taktik der Kommunisten in den Gewerkschaften ist Gegenstand der [[AG Revolutionäre Arbeiterbewegung und Kommunistische Partei|AG Revolutionäre Arbeiterbewegung und Kommunistische Partei]].<br />
<br />
== Bezug zu unseren Grundannahmen ==<br />
Zur Frage der steigenden Ausbeutung der Arbeiterklasse sind die Analysen von Karl Marx im Kapital, insbesondere im 1. Band zur [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Akkumulationsprozess des Kapitals|Akkumulation des Kapitals]], zum [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Der Arbeitslohn|Arbeitslohn]] und zum [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Der Arbeitstag|Arbeitstag]], zur [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Relative Mehrwertproduktion|relativen]] und [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Absolute Mehrwertproduktion|absoluten]] Steigerung des Mehrwerts, zur industriellen Reservearmee sowie den Teilen zur [[Politische Ökonomie des Kapitalismus#Aufschwung und Krise|Krise]] besonders wichtig. In Lenins Imperialismusschrift ist die [[Der imperialistische Kapitalismus#Konzentration der Produktion und Monopole|Rolle der Monopole]] in der Akkumulation des Kapitals wichtig und die Entstehung der [[Der imperialistische Kapitalismus#Kritik des Imperialismus - Kampf gegen den Opportunismus|Arbeiteraristokratie]]. Es gibt außerdem Zusammenstellungen von Marx, Engels und Lenin zu den Gewerkschaften, die bisher nicht in die Grundannahmen eingearbeitet wurden, aber berücksichtigt werden müssen.<br />
<br />
== Wie wollen wir den Dissens klären? ==<br />
In diesem Bereich muss zunächst eine genauere Sortierung von zu erarbeitenden Fragen und möglichen Dissensen stattfinden. Dazu muss auch die entsprechende Literatur zusammen gestellt und ausgewertet werden. Positionen, die gegeneinander stehen, müssen ausformuliert und zugewiesen werden. Außerdem muss eine Strukturierung der zu untersuchenden Gegenstände und wie sie untersucht werden können, erfolgen - zum Beispiel des Betriebsverfassungsgesetzes und der Mindestlohngesetzgebung.<br />
<br />
Eine erste Auflistung der Aufgaben und offenen Fragen findet ihr [[Offene Fragen zur Klärung der Dissense#Monopole und Ausbeutung der Arbeiterklasse|hier]].<br />
<br />
== Was steht zu diesem Dissens in den Programmatischen Thesen? ==<br />
{{Zitat |Der Kapitalismus produziert auf der einen Seite unvorstellbare Reichtümer für die Wenigen und Armut, Elend und Entbehrung für die Vielen. Die Anstrengung und Arbeit von Milliarden dient der Anhäufung von Profiten und damit der Bereicherung einiger Weniger, die ohnehin schon mehr haben, als sie in mehreren Leben konsumieren könnten. Der Kapitalismus ist ein parasitäres Gesellschaftssystem, in dem Reichtum nur durch Ausbeutung existieren kann, in dem Kriege und sich wiederholende Krisen zwingende Bestandteile sind.<br/>Gegen diese unerträglichen Zustände gibt es überall Widerstand. Auf allen Kontinenten, in allen Ländern und auch hier in Deutschland. Doch diese Kämpfe werden viel zu oft spontan, schlecht organisiert, auf Illusionen basierend geführt und sind von den Kräften des Systems integrierbar oder können zerschlagen werden. Solche Kämpfe sind notwendig, auch wenn sie sich oft auf bescheidene Forderungen beschränken. Es ist jedoch notwendig, in diesen Kämpfen letztlich das Übel an der Wurzel zu packen, nämlich den Kapitalismus als solchen anzugreifen und den Sozialismus auf die Tagesordnung zu setzen. […].|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 3)}}<br />
<br />
{{Zitat |Wir leben in einer kapitalistischen Klassengesellschaft. In den Zentren der industriellen Produktion, aber auch in den kleineren und mittleren Unternehmen produziert die Arbeiterklasse den Großteil des gesellschaftlichen Reichtums, während der Rest von den anderen werktätigen Schichten produziert wird. Dieser Reichtum aber gehört größtenteils der Bourgeoisie – die Bourgeoisie, das sind die Kapitalisten, die Eigentümer und Verwalter des Kapitals, also die Klasse, der in unserer Gesellschaft die Fabriken, die Banken und Versicherungen, die zentralen Transportmittel, die Rohstoffe und allgemein die Mittel zur Produktion des Reichtums gehören.<br/>Auf der anderen Seite steht die Arbeiterklasse. Das sind all die Menschen, die mit ihrer Lohnarbeit den Reichtum der Gesellschaft erschaffen. Aber weil sie gezwungen sind, ihre Arbeitskraft an die Kapitalisten zu verkaufen, anstatt sie selbstbestimmt für die Verbesserung des eigenen Lebens einzusetzen, landet nur ein kleiner Teil des von ihnen geschaffenen Reichtums bei ihnen. Der Widerspruch zwischen der Arbeiterklasse und der Kapitalistenklasse ist antagonistisch und im Kapitalismus nicht auflösbar. […] Die Produktionsverhältnisse – das Privateigentum an den Produktionsmitteln – sind längst zur Fessel der Produktivkräfte geworden. Zu Beginn ihres Aufstiegs war die Bourgeoisie noch die Trägerin des Fortschritts im Verhältnis zum Feudalismus. Ihre Produktionsweise führte zu einem gesellschaftlicheren Charakter der Produktion im Gegensatz zur verstreuten Einzelproduktion im Feudalismus. Aber je entwickelter der gesellschaftliche Charakter der Produktion ist, umso mehr gerät er in einen unauflösbaren Widerspruch zur privaten Aneignung der produzierten Reichtümer. Die Steigerung der Produktivität führt dazu, dass immer weniger Menschen arbeiten müssen, um die Produktion sicherzustellen. Das ist ein gesellschaftlicher Fortschritt. In der kapitalistischen Gesellschaft wird aber nicht für die Bedürfnisse der Gesellschaft produziert, sondern für die Profite Weniger. Deshalb gibt es Millionen Erwerbslose, die Lage der Arbeiter verschlechtert sich. Verelendung in vielen Lebensbereichen, materiell, kulturell, individuell, wird zum bestimmenden Faktor der Lebensverhältnisse der Menschen.<br/>Weltweit steht die Arbeiterklasse als eine politische Kraft der Kapitalistenklasse gegenüber: Sie ist in Gewerkschaften und politischen Parteien organisiert. Sie hat oftmals eine eigene, eine solidarische Kultur entwickelt, die sich der verrohten kapitalistischen Kultur entgegenstellt. Sie ist die machtvollste unterdrückte Klasse, die es jemals in der Geschichte der Menschheit gegeben hat. Durch die Einsicht in die Notwendigkeiten ihrer Unterdrückung, kann sie die Bedingungen und die Möglichkeit ihrer Befreiung erkennen. Die Arbeiterklasse existiert auf der ganzen Welt. Trotz vorhandener Unterschiede weist ihre Klassenlage in allen Ländern grundlegende Gemeinsamkeiten auf. Überall ist das Kapital ihr Klassengegner. Der Kampf zwischen den beiden Klassen findet zuerst auf der Ebene des Nationalstaates statt, er muss aber im internationalen Maßstab koordiniert werden. Die Arbeiterklasse kann nur siegen und das Kapital stürzen, wenn sie es schafft, ihre Spaltung im nationalen und internationalen Maßstab zu überwinden. Deshalb ist für uns die internationale Solidarität einer der wichtigsten Werte und eine ständige praktische Aufgabe, die mit Leben gefüllt werden muss. <br/><br/>Für eine erfolgreiche Taktik im Kampf um den Sozialismus müssen wir untersuchen und verstehen, wie sich die Klassengesellschaft insgesamt und in Deutschland entwickelt, welche Struktur die Bourgeoisie und das Proletariat heute haben, wie der Bewusstseinsstand des Proletariats ist und wie sich die Produktivkraftentwicklung in der BRD auf die materiellen und sonstigen Lebensbedingungen der Arbeiterklasse ausgewirkt hat, z.B. welche Rolle die Lohnabhängigen im sogenannten Dienstleistungssektor spielen – u.a. diese Fragen wollen wir im Verlauf des Klärungsprozesses wissenschaftlich bearbeiten.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 5-6)}} <br />
<br />
{{Zitat | […] Die Gewerkschaften haben dabei seit jeher die zentrale Rolle bei der Organisierung der Arbeiterklasse gespielt. Sie sind die ältesten und bedeutendsten Organisationen der Arbeiterklasse, die als direkte Folge der Entstehung der kapitalistischen Produktionsweise gegründet wurden. Sie sind für die Arbeiterklasse notwendige Schulen des Klassenkampfes und das Mittel, mit dem historisch zahlreiche Erfolge erkämpft werden konnten. Von Beginn an gab es zwei grundlegend unterschiedliche Linien innerhalb der Gewerkschaften: auf der einen Seite die „sozialpartnerschaftliche“ Orientierung, die auf Kompromisse zwischen den Kapitalisten und Arbeitern aus ist und heute von der Führung des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) und seinen Einzelgewerkschaften vertreten wird; auf der anderen Seite klassenkämpferische Kräfte innerhalb der Gewerkschaften, die ökonomische Reformkämpfe nur als notwendigen Schritt zur selbstständigen Organisierung der Arbeiterklasse auf dem Weg zur proletarischen Revolution sehen.<br/><br/>Der Großteil der Arbeiterklasse ist heute allerdings unorganisiert. Auch der Teil, der in bürgerliche und reformistische Organisationsstrukturen wie die Gewerkschaften des DGB eingebunden ist, wird selten erfolgreich für ökonomische, soziale oder politische Ziele mobilisiert. Die heute im DGB zusammengeschlossenen Gewerkschaften werden von sozialdemokratischen und anderen bürgerlichen Kräften geführt. Ihr Ziel ist nicht die Organisierung der Arbeiterklasse unabhängig vom Kapital für ihre Interessen, sondern eher ihre Einbindung in das sozialpartnerschaftliche Kapitalismusmodell der BRD, die Herstellung von „Ruhe und Ordnung“ und ununterbrochenen Produktionsabläufen. Aufgabe der Kommunisten ist es, diese Zielsetzung und die Kräfte, die sie vertreten, insbesondere die DGB-Führung, in den Gewerkschaften zu bekämpfen. Der betriebliche Kampf kann und darf auf die Gewerkschaften nicht verzichten, darf allerdings auch nicht auf die Arbeit in den Organen der DGB-Gewerkschaften reduziert werden. Der Aufbau klassenkämpferischer proletarischer Gewerkschaftsorganisationen ist für die Kommunisten das zentrale Ziel des betrieblichen Kampfes, auch wenn der genaue Weg dorthin sich erst im Ergebnis des Kampfes erweisen wird. Auf welchem Weg die sozialdemokratische Hegemonie zu brechen ist, müssen wir herausarbeiten.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 25)}}<br />
<br />
{{Zitat |Über diese grundsätzlichen Punkte hinaus werden viele weitere Fragen zu beantworten sein. Beispielsweise: Welche Formen der Massenorganisierung eignen sich am besten? Unter welchen Bedingungen können wir die Kollegen in den DGB-Gewerkschaften klassenorientiert organisieren und wie kann der Kampf für die Schaffung von klassenorientierten Gewerkschaften geführt werden? Wie können Kommunisten um einen antikapitalistischen, antiimperialistischen Charakter dieser Organisierungen kämpfen und dabei trotzdem dem realen Bewusstseinsstand Rechnung tragen? Auf welchen Schichten der Arbeiterklasse sollte der Fokus liegen? Wie ist die Rolle der relativ gut gestellten Teile der Klasse, der „Arbeiteraristokratie“ einzuschätzen? Arbeiten wir überhaupt in Organisationenbündnissen und wenn ja, in welcher Form und unter welchen Bedingungen?|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 26)}}<br />
<br />
== Literatur zum Thema ==<br />
Adibekow, M.: Die rote Gewerkschaftsinternationale, Tribüne-Verlag, Berlin, 1973.<br />
<br />
Behrendt/Sieber/Swillus/Töpfer: Die westdeutschen Gewerkschaften und das staatsmonopolistische Herrschaftssystem, Dietz-Verlag, Berlin, 1968.<br />
<br />
David, F.: Der Bankrott des Reformismus, Internationaler Arbeiter-Verlag, Berlin, 1932.<br />
<br />
Enderle/Schreiner/Walcher/Weckerle: Das Rote Gewerkschaftsbuch, verlag neue kritik, Frankfurt, 1967.<br />
<br />
FDGB: Der Weltgewerkschaftsbund, Tribüne-Verlag, Berlin, ohne Jahresangabe.<br />
<br />
Kuczynski, Jürgen: Die Theorie der Lage der Arbeiter, Tribüne-Verlag, Berlin, 1952.<br />
<br />
Kuczynski, Jürgen: Klassen und Klassenkämpfe im imperialistischen Deutschland, Dietz-Verlag, Berlin, 1972.<br />
<br />
Lemmnitz, Alfred: Staatsmonopolistische Regulierung und Klassenkampf in Westdeutschland, Sozialistische Bildungshefte, Zum Studium des Programms der SED, Dietz-Verlag, Berlin, 1965<br />
<br />
PAME: Book of PAME, in: pamehellas, URL: https://pamehellas.gr/pame-book-on-the-functioning-and-action-of-trade-unions (05.01.2019).<br />
<br />
Roth, Rainer: Zur Kritik des bedingungslosen Grundeinkommens, DVS-Verlag, Frankfurt, ohne Jahresangabe.<br />
<br />
ZK der SED: Karl Marx und Friedrich Engels über die Gewerkschaften, Tribüne-Verlag, Berlin, 1953.<br />
<br />
ZK der SED: Lenin und Stalin über die Gewerkschaften, Band 1 1899-1917, Band 2 1917-1852, Tribüne-Verlag, 1955.<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<br />
[[Kategorie: AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
[[Kategorie: Dissens]]<br />
[[Kategorie: Dissens AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]</div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Der_Platz_des_Imperialismus_in_der_Geschichte&diff=5185Der Platz des Imperialismus in der Geschichte2019-01-09T10:05:30Z<p>Mati: /* Wie wollen wir den Dissens klären? */</p>
<hr />
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<br />
== Überblick ==<br />
Ist der Imperialismus das letzte und höchste Stadium des Kapitalismus, das heißt auf ihn kann nur der Sozialismus folgen? Oder kann es weitere, andere Entwicklungsmöglichkeiten des Kapitalismus oder Zwischenstufen geben? Lenin hatte im Titel seiner Broschüre bereits benannt, dass der Imperialismus das höchste Stadium des Kapitalismus ist. Dennoch ist in der kommunistischen Bewegung umstritten, ob damit gemeint ist, dass die Arbeiterklasse auf die sozialistische Revolution orientieren soll oder nicht.<br />
<br />
Die dem Kapitalismus innewohnenden Widersprüche spitzen sich in seinem letzten Stadium zu. Diese Widersprüche können nicht anders gelöst werden, als durch die Abschaffung der gegebenen Produktionsverhältnisse und der Schaffung neuer – dem Entwicklungsstand der Produktivkräfte entsprechender, also sozialistischer – Produktionsverhältnisse. Der Imperialismus ist, wie Lenin sagte, der „Vorabend der sozialistischen Revolution“. Mit dem Eintreten des Kapitalismus in sein letztes Stadium rückte seine Ablösung unmittelbar auf die Tagesordnung des Kampfs der Arbeiterklasse. Mit der Analyse des Imperialismus und seiner Konsequenzen waren weitreichende Erkenntnisse der Arbeiterbewegung, bezüglich der Partei und der Rolle des Staats in der Revolution, verbunden.<br />
<br />
Diese Erkenntnisse Lenins und der revolutionären Arbeiterbewegung sind die am heftigsten umstrittenen Erkenntnisse und stellen einen zentralen Punkt der Auseinandersetzung in der kommunistischen Bewegung dar: steht die sozialistische Revolution oder ein Zwischenstadium, eine „fortgeschrittene“, „antimonopolistische Demokratie“ auf der Tagesordnung? <br />
Um den Dissens zu diesen Vorstellungen wird es vor allem in der ''AG revolutionäre Arbeiterbewegung'', sowie in der ''AG Staat, Sozialdemokratie, Faschismus'' gehen. Die ''AG Politische Ökonomie des Imperialismus'' soll die ökonomischen Aspekte des Vorabends der sozialistischen Revolution und ihre politische Bedeutung untersuchen. Außerdem soll diese AG Vorstellungen analysieren, die der sozialistischen Revolution entgegen gestellt werden. Diese Analysen sollen auf der Grundlage der Entwicklung des Kapitalismus zum Imperialismus erarbeitet werden. <br />
<br />
Die Auseinandersetzung – Revolution oder Reform bzw. Regulierung – wurde bereits in den 20er Jahren geführt. Aus ihr entwickelte sich unter dem Schlagwort „Dritter Weg“ eine vermeintliche Alternative zwischen Sozialismus und Kapitalismus. Dazu gehört auch das Konzept der „Wirtschaftsdemokratie“. Es gibt noch weitere Konzepte, die zum Beispiel zurück zum Kapitalismus der freien Konkurrenz wollen (Wagenknecht), oder die zunächst die Form der Wirtschaftspolitik ändern wollen (Neoliberalismus).<br />
<br />
Nach einer kurzen Skizzierung der Position, dass die Revolution auf der Tagesordnung steht und was unter der „Vorbedingung des Sozialismus“ gemeint ist, sollen die Konzepte „Wirtschaftsdemokratie“ und die Strategie des „Bündnisses gegen Neoliberalismus“ kurz vorgestellt werden. <br />
<br />
=== Der Imperialismus als letztes Stadium ===<br />
Innerhalb der kommunistischen Bewegung vertreten einige Parteien die Ansicht, dass die sozialistische Revolution auf der Tagesordnung der Arbeiterklasse steht und lehnen Zwischenstadien, wie das einer „fortgeschrittenen Demokratie“ ab. Dazu gehören zum Beispiel die Kommunistischen Parteien Griechenlands und Mexikos, die Revolutionäre Kommunistische Arbeiterpartei Russlands. Neben der Argumentation, dass die Vorstellung eines Zwischenstadiums den grundlegenden Erkenntnissen des wissenschaftlichen Sozialismus in Bezug auf den Staat widerspricht (siehe AG Staat), gründet die Kritik an dieser Vorstellung auf der Einordnung des Imperialismus als Epoche der sozialistischen Revolution.<br />
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Die Argumentation aus dem theoretischen Punkten zum Programm der KKE wird [https://inter.kke.gr/en/articles/Theoretical-Issues-regarding-the-Programme-of-the-Communist-Party-of-Greece-KKE/ hier] kurz angerissen. Die Bourgeoisie hat als soziale Trägerin der kapitalistischen Produktionsverhältnisse eine Entwicklung hinter sich. In der Phase ihres Aufstiegs spielte sie eine revolutionäre Rolle, weil sie die Produktivkräfte entfesselte und die sie einengenden feudalen Verhältnisse abschaffte. Allerdings nahm sie in der Phase ihrer entfalteten Herrschaft dann die Rolle ein, den gesellschaftlichen Fortschritt, das heißt Fortschritt zur nächsten Gesellschaftsformation – zum Sozialismus – zu verhindern. Sie musste ihre Rolle als Vertreterin des gesellschaftlichen Fortschritts verlieren und eine reaktionäre Rolle einnehmen. Mit der Entwicklung der kapitalistischen Verhältnisse rückte die Arbeiterklasse als gesellschaftliche Kraft, die direkt mit der gesellschaftlichen Produktion verbunden ist, in den Vordergrund. Die Arbeiterklasse ist frei von Produktionsmitteln und daher gezwungen, ihre Arbeitskraft zu verkaufen. Von dem durch sie geschaffenen Wert erhält sie aber nur den Teil des Lohns, der Rest geht als Mehrwert an die privaten Eigentümer der Produktionsmittel, die Kapitalisten. Die Arbeiterklasse wurde zur Trägerin der revolutionären Rolle für die Entwicklung zur nächsten Gesellschaftsformation, deren Grundlage das gesellschaftliche Eigentum an Produktionsmitteln ist. Das bedeutet auch, dass sie die führende Rolle im Kampf um den gesellschaftlichen Fortschritt hat – unabhängig vom Kräfteverhältnis im Klassenkampf.<br />
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Die Epoche der sozialistischen Revolutionen begann ab der Jahrhundertwende und brachte die revolutionäre Arbeiterbewegung in den Vordergrund der gesellschaftlichen Entwicklung als Vertreterin des gesellschaftlichen Fortschritts. <br />
<br />
Lenin betonte, dass die Abschaffung des Kapitalismus und die Errichtung der sozialistischen Gesellschaft der Inhalt der neuen Epoche der Weltgeschichte ist.<br />
<br />
In ''Staat und Revolution'' und in den ''April-Thesen'' arbeitete Lenin die neue Strategie der Arbeiterbewegung aus und orientierte auf die Errichtung der Macht der Räte der Arbeiter und Bauern. Auch wenn diese Orientierung zwischenzeitlich zurückgenommen werden musste, blieb doch die Orientierung auf die Errichtung der Macht der Arbeiterklasse, unterstützt von den armen Bauern.<br />
Die KKE geht davon aus, dass die Abweichung von der Verallgemeinerung der Leninschen Strategie zur Niederlage der revolutionären Aufschwünge in den 1920er Jahren führte und negative Veränderungen der Kräfteverhältnisse in den 1930er Jahren in der UdSSR zur Folge hatte.<br />
<br />
Die Orientierungen auf Zwischenstufen, die sich in manchen Programmen kommunistischer Parteien finden, werden oft mit den herrschenden Kräfteverhältnissen oder mit der Unterscheidung der Bourgeoisie in fortschrittlichere und reaktionärere Teile begründet.<br />
<br />
Der Charakter der Revolution ist aus Sicht der KKE dagegen von objektiven Faktoren bestimmt. Diese Faktoren bestimmen, welche Klasse die Macht übernehmen muss und in welche Richtung die revolutionäre Veränderung der ökonomischen Beziehungen verwirklicht werden muss. Das einzige objektive Kriterium sind die materiellen Voraussetzungen. Diese existieren auch, wenn die Arbeiterklasse eine kleine Minderheit ist, sie sich aber ihrer historischen Mission bewusst ist und eine kommunistische Partei an ihrer Spitze stehen hat.<br />
<br />
Unter materiellen Voraussetzungen dürfen nicht nur statistische Daten zur Größe der Produktionsmittel und dem Umfang der Produktion verstanden werden. Die Größenverhältnisse der Industrie und anderer Sektoren der kapitalistischen Ökonomie sind zwar auch wichtig für das Studium der ökonomischen Basis des Kapitalismus in jedem Staat. Ihr Studium ist sogar notwendig für die Errichtung der sozialistischen Planwirtschaft, die auf der Grundlage der bestehenden Produktion errichtet wird.<br />
Das grundlegende Kriterium für den Reifegrad ist jedoch die Entwicklung der Produktivkräfte im Zusammenhang mit dem Umfang und der Tiefe der kapitalistischen Verhältnisse. Die wichtigste Produktivkraft sind dabei die direkten Produzenten – die Arbeitskraft, die Arbeiterklasse.<br />
<br />
Die heutige Arbeiterklasse ist die grundlegende Produktivkraft der kapitalistischen Gesellschaft.<br />
Sie ist das charakteristische Produkt der konzentrierten kapitalistischen Industrie, der Monopole.<br />
Sie hat keine Produktionsmittel, muss ihre Arbeitskraft an die Eigentümer der Produktionsmittel verkaufen und wird ausgebeutet. Nur Arbeit schafft Wert. Der grundlegende Reifegrad des Kapitalismus ist die Konzentration und Ausweitung der Lohnarbeit, welche zur Intensivierung des grundlegenden Widerspruchs des Kapitalismus führt: also dem Widerspruch zwischen dem gesellschaftlichen Charakter der Arbeit und dem privaten Charakter der Produktionsverhältnisse.<br />
<br />
Dies drückt sich nicht nur im Anteil der Arbeiter an der arbeitsfähigen Bevölkerung aus. Es gilt auch für Länder wie Indien, wo neben den kapitalistischen Verhältnissen weiterhin andere, veraltete Produktionsverhältnisse existieren, die aber nicht mehr bestimmend sind. Der Kapitalismus reift heran mit Erhaltung und Reproduktion von tiefer Ungleichheit, mit vorkapitalistischen Elementen über längere Zeit.<br />
<br />
Von allen Produktivkräften ist die größte die revolutionäre Klasse selbst. Die Organisation der revolutionären Elemente als Klasse, setzt die Existenz aller Produktivkräfte voraus, die im Schoß der alten Gesellschaft entstehen können.<br />
Ausschlaggebend für den Reifegrad ist also nicht nur die Existenz der Arbeiterklasse, sondern auch ihre politische Formation als revolutionäre Kraft – die Entwicklung des Klassenkampfs.<br />
<br />
Eine Analyse, wie sie hier ausgeführt ist, ist die Voraussetzung zur Analyse der Arbeiterklasse, der Produktionsverhältnisse und des Klassenkampfs, sowie der richtigen Orientierung für die Klasse.<br />
Neben dem Dissens zu anderen Vorstellungen, wie der eines Zwischenstadiums oder „Dritten Wegs“ gehört hierzu die konkrete Untersuchung der Entwicklung der Klasse und ihres Kampfs. Die grundsätzlich ökonomischen Auseinandersetzungen und Veränderungen werden im Dissens [[Monopole_und_Ausbeutung_der_Arbeiterklasse|Monopole und Ausbeutung der Arbeiterklasse]] behandelt.<br />
<br />
Die Analyse der Arbeiterklasse, ihrer materiellen und ideologischen Lage, ist Gegenstand der '[[AG_Klassenanalyse|'AG Klassenanalyse']]'. <br />
<br />
Diese Untersuchungen werden ein wesentlicher Bestandteil für die Entwicklung der Strategie des Kampfs der Arbeiterklasse für den Sozialismus in Deutschland sein.<br />
<br />
=== Sozialdemokratische Vorstellungen des „Dritten Wegs“ ===<br />
Die sozialdemokratische Vorstellung eines sogenannten „Dritten Wegs“ zwischen Sozialismus und Kapitalismus existierte bereits vor der Herausbildung des imperialistischen Stadiums. Mit der Entstehung der Monopole bezieht sie sich auch auf deren Existenz. Grundsätzlich geht es darum, den Klassenwiderspruch abzustumpfen und die Vorstellung von der Versöhnung der Klassen und einer Arbeitsgemeinschaft zu verbreiten.<br />
<br />
Hilferding, der 1910 sein Buch ''Das Finanzkapital'' veröffentlichte, entwickelte die Vorstellung eines „organisierten Kapitalismus“. Die Monopolbildung führe zu einem „Generalkartell“, das die Planung der Produktion ermögliche. Mit dem Staat, der weitgehend als klassenneutral definiert wird, könne die Arbeiterklasse diese Planbarkeit nutzen und damit auf friedlichem Wege zum Sozialismus kommen. Es wäre möglich, im Kapitalismus eine planende Wirtschaft zu erreichen.<br />
Im Folgenden wird als bereits genauer beschriebenes Beispiel des „Dritten Wegs“ die „Wirtschaftsdemokratie“ vorgestellt. <br />
<br />
==== Wirtschaftsdemokratie ====<br />
Die Theorie der „Wirtschaftsdemokratie“ ist ein Kind der Weimarer Republik. Jedoch hat sie ihren Ursprung in der erstmals 1915 veröffentlichten Theorie vom „organisierten Kapitalismus“. Dabei wird behauptet, dass der Konkurrenzkapitalismus durch den „organisierten Kapitalismus“, in dem schon eine planmäßige Produktion nach sozialistischem Prinzip herrsche, abgelöst wurde.<br />
<br />
Die Kernpunkte dieser Argumentation sind: Der Sozialismus könne auf dem Weg der parlamentarischen Demokratie erreicht werden, die Staatsmacht bliebe im Klassenkampf neutral, der organisierte Kapitalismus führe eine Zeit des pazifistischen Realismus herbei, eine Zeit ohne imperialistische Kriege (verweist auf Kautskys These des Ultraimperialismus) und das Ergebnis sei „konstruktiver Sozialismus“ durch einen evolutionären Prozess.<br />
<br />
Im Auftrag des ADGB entwarf Fritz Naphtali (unter Mitarbeit von Hilferding und Hugo Sinzheimer) das Konzept der „Wirtschaftsdemokratie“ im Buch ''Wirtschaftsdemokratie. Ihr Wesen, Weg und Ziel.'' Auf dem Hamburger Kongress des ADGB 1928 verkündet, wurde die „Wirtschaftsdemokratie“ zur programmatischen Ausrichtung der „freien“, sozialdemokratischen Gewerkschaften. Sie ist als bewusst reformistisches Gegenprojekt zur revolutionären Arbeiterbewegung geschaffen worden und rechtfertigte unter anderem die teilweise Integration der Gewerkschaften in den Staatsapparat.<br />
<br />
==== Zur Theorie ====<br />
Trotz der Erringung der politischen Demokratie 1918 und der Anfänge der Mitbestimmung (Zentralarbeitsgemeinschaft, vaterländisches Hilfsdienstgesetz etc.), wurde keine Demokratie auf wirtschaftlichem Gebiet erreicht. Der Theorie vom „organisierten Kapitalismus“ folgend, werde schon quasi-sozialistisch produziert, die Arbeiter müssten nur noch die Kontrolle darüber erlangen. Hier kommt die „Wirtschaftsdemokratie“ ins Spiel. Mit folgenden Schritten ist sie als evolutionäre Zwischenetappe zu einem nicht näher definierten Sozialismus gedacht: <br />
<br />
Die „Wirtschaftsdemokratie“ soll über eine massive Ausweitung der Mitbestimmung in Staat (Ministerien, Selbstverwaltungsorgane, Räte) und Wirtschaft (Aufsichtsräte, übergeordnete Rätestrukturen) geschaffen werden. Das soll flankiert werden von staatlichen Unternehmen zur Daseinsvorsorge und einem (gewerkschaftlichen) Genossenschaftswesen. Daneben wird ein Arbeitsrecht entwickelt, das den Arbeiter als Verkäufer einer Ware (Arbeitskraft) sieht und die Forderung nach dem Bruch des bürgerlichen Bildungsmonopols enthält.<br />
<br />
Die „Wirtschaftsdemokratie“ wurde direkt nach ihrem Aufkommen scharf und umfangreich von KPD/RGO (Revolutionäre Gewerkschafts-Opposition, später Revolutionäre Gewerkschafts-Organisation) (Walter Ulbricht) und KPO (Kommunistische Partei, Oppositon) (August Thalheimer, Wolfgang Abendroth) als „illusorisch“ und ein „Verbrechen an der Arbeiterklasse“ kritisiert und dabei auch theoretisch widerlegt. Schon bei Lenin finden sich kritische Äußerungen über den Begriff der „Produktionsdemokratie“ , die er während einer Auseinandersetzung mit Bucharin, formulierte.<br />
<br />
Mit der Befreiung vom Faschismus und der Etablierung eines bürgerlichen Staates in Westdeutschland, wurde die Diskussion um die „Wirtschaftsdemokratie“ wieder aufgenommen (Sozialisierungsforderung, Betriebsverfassungsgesetz, der Betrieb als „demokratiefreier“ Ort). Man sprach nun von einem „Dritten Weg“. Hauptakteure waren auch hier die Gewerkschaften.<br />
<br />
Heute hat die Diskussion um die „Wirtschaftsdemokratie“ als Zukunftsprojekt der Gewerkschaften fast keine Relevanz mehr. Meist werden nur noch einzelne Versatzstücke („Mitbestimmung“, „Humanisierung der Arbeit“, „Demokratisierung der Wirtschaft“) in der gewerkschaftlichen Diskussion verwendet, wobei jedoch die ideologische Stoßrichtung („klassenneutraler Staat“, „Reformismus“, „Sozialpartnerschaft“ etc.) ungebrochen ist. Es ist somit keine Abkehr von der Illusion dieser Vorstellung, sondern nur die Bereinigung um ihre „marxistischen“ Inhalte und die „sozialistische“ Zukunftsperspektive erfolgt. Selbst an gewerkschaftlichen Einrichtungen, wie der Europäischen Akademie der Arbeit (zu deren Lehrpersonal und Gründungsfiguren Naphtali und Sinsheimer gehörten), wird über die „Wirtschaftsdemokratie“ nicht gelehrt. Gelegentlich wird die „Wirtschaftsdemokratie“ vom gewerkschaftsnahen Spektrum der Linkspartei, sich als „links“ verstehenden Gewerkschaftern, gewerkschaftsnahen Intellektuellen und den „linkeren“ Teilen des DGB und seiner Mitgliedsgewerkschaften (ver.di) aufgegriffen und als Zukunftsprojekt, bzw. politische Orientierung, diskutiert. <br />
<br />
Anknüpfungspunkte: Staatstheorie, Imperialismustheorie, wissenschaftlicher Sozialismus, politische Ökonomie des Sozialismus, Revisionismus, Rolle der Sozialdemokratie<br />
<br />
Es gab und gibt weitere Ausprägungen der Vorstellungen des „Dritten Wegs“, wie die des „Plankapitalismus“ des Journalisten, ehemaligen KPD- und späteren SPD-Mitglieds Richard Löwenthal (Pseudonym Paul Sering). Diese Strömungen gehen einher mit der Diskussion über die Produktionsweise des Sozialismus und überschneiden sich mit Vorstellungen einer „gemischten Wirtschaft“, eines „demokratischen Sozialismus“, etc. <br />
<br />
Heutige Vertreter der „Wirtschaftsdemokratie“ oder anderer Formen des „Dritten Wegs“ wenden sich zugleich gegen eine zentrale Planwirtschaft im Sozialismus.<br />
Zu Vertretern dieser Vorstellung gehören der „Prager Frühling“, das „Forum demokratischer Sozialismus“, sowie der „Kipping-Flügel“ der Partei die Linke. <br />
<br />
==== „Zurück zur freien Konkurrenz“ ====<br />
Eine weitere Variante des „Dritten Wegs“ ist die Forderung nach Dezentralisierung, nach Auflösung der Monopole und der Herstellung von Wettbewerb und sozialer Marktwirtschaft. Diese Position vertritt vor allem Sahra Wagenknecht, die mit positivem Bezug auf den ehemaligen Bundeskanzler Ludwig Erhard (CDU) die Auflösung von wirtschaftlicher Macht und mehr Marktwirtschaft fordert. Hier werden sowohl die Möglichkeit eines guten Kapitalismus, als auch die eines ganz anderen Sozialismus beschrieben. Unter dem Stichwort des „kreativen Sozialismus“ fordert sie die Abkehr von der Planwirtschaft: „Es gibt Marktwirtschaft ohne Kapitalismus und Sozialismus ohne Planwirtschaft“ (Wagenknecht, 2011, S. 345).<br />
<br />
Vertreter dieser Richtung sind: die Linkspartei (sowohl „Wagenknecht“- als auch „Kippingflügel“), Teile der Gewerkschaften und weitere sozialdemokratische Varianten.<br />
<br />
=== Weitere Vorstellungen von „Zwischenstufen“ ===<br />
An dieser Stelle müssen weitere Formen einer „Zwischenstufe“ ausgeführt werden.<br />
Dazu zählen die „Antimonopolistische Demokratie“, der „Kampf gegen Neoliberalismus“ und weitere Vorstellungen der Möglichkeit, den Imperialismus verbessern zu können.<br><br />
<br />
== Bezug zu unseren Grundannahmen ==<br />
In den Grundannahmen finden sich zahlreiche Stellen, in denen es um die Frage der Entwicklung des Kapitalismus und was auf ihn folgt, geht. Engels führt das in seiner Schrift ''Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft'' aus, ebenso wie Marx im Kapital, insbesondere im dritten Band. Bei Lenin gibt es neben der ''Imperialismusbroschüre'' weitere Schriften, in denen diese Frage thematisiert wird, wie zum Beispiel ''Der Imperialismus und die Spaltung des Sozialismus'' und ''Die drohende Katastrophe und wie man sie bekämpfen soll''.<br />
<br />
== Wie wollen wir den Dissens klären? ==<br />
Die genauere Darstellung der verschiedenen Positionen zu dieser Frage ist die erste Aufgabe. Des Weiteren müssen aus den Grundlagen des Wissenschaftlichen Sozialismus die wichtigsten Erkenntnisse zu dieser Frage ausgewertet werden. Dieser Fragenkomplex hängt eng mit der [[AG Klassenanalyse|''AG Klassenanalyse'']] zusammen, sowie mit den Arbeiten der [[AG Revolutionäre Arbeiterbewegung und Kommunistische Partei|''AG Revolutionäre Arbeiterbewegung und Kommunistische Partei'']].<br />
<br />
Eine Auflistung unserer offenen Fragen zu diesem Thema findet ihr [[Offene Fragen zur Klärung der Dissense#Der Platz des Imperialismus in der Geschichte|hier]].<br />
<br />
== Was steht zu diesem Dissens in den Programmatischen Thesen? ==<br />
{{Zitat |Das Ziel der klassenlosen Gesellschaft ist keine Utopie, kein wünschbares Ideal oder ethisches Prinzip, das an der Realität immer scheitern muss. Der Kommunismus ist möglich und notwendig. Der Kapitalismus bewegt sich in unauflösbaren Widersprüchen, für die er keine Lösung anzubieten hat. Diese Lösung kann nicht innerhalb der kapitalistischen Ordnung gefunden werden, sie liegt eben außerhalb des Kapitalismus, im Sozialismus.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 5)}}<br />
<br />
{{Zitat |Wir leben in einer kapitalistischen Klassengesellschaft. In den Zentren der industriellen Produktion, aber auch in den kleineren und mittleren Unternehmen produziert die Arbeiterklasse den Großteil des gesellschaftlichen Reichtums, während der Rest von den anderen werktätigen Schichten produziert wird. [...]<br/>[Auf der einen Seite stehen die Besitzer dieser Unternehmen, die Kapitalisten. Anmerkung der Autoren] Auf der anderen Seite steht die Arbeiterklasse. Das sind all die Menschen, die mit ihrer Lohnarbeit den Reichtum der Gesellschaft erschaffen. Aber weil sie gezwungen sind, ihre Arbeitskraft an die Kapitalisten zu verkaufen, anstatt sie selbstbestimmt für die Verbesserung des eigenen Lebens einzusetzen, landet nur ein kleiner Teil des von ihnen geschaffenen Reichtums bei ihnen selber. Der Widerspruch zwischen der Arbeiterklasse und der Kapitalistenklasse ist antagonistisch und im Kapitalismus nicht auflösbar.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 6)}}<br />
<br />
{{Zitat |Weltweit steht die Arbeiterklasse als eine politische Kraft der Kapitalistenklasse gegenüber. Sie ist in Gewerkschaften und politischen Parteien organisiert. Sie hat oftmals eine eigene, solidarische Kultur entwickelt, die sich der verrohten kapitalistischen Kultur entgegenstellt. Sie ist die machtvollste unterdrückte Klasse, die es jemals in der Geschichte der Menschheit gegeben hat. Durch die Einsicht in die Notwendigkeiten ihrer Unterdrückung, kann sie die Bedingungen und die Möglichkeit ihrer Befreiung erkennen. Die Arbeiterklasse existiert auf der ganzen Welt. Trotz vorhandener Unterschiede weist ihre Klassenlage in allen Ländern grundlegende Gemeinsamkeiten auf. Überall ist das Kapital ihr Klassengegner.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 7)}}<br />
<br />
{{Zitat |[…] Der Imperialismus produziert Reaktion nach innen und Aggression nach außen. Imperialismus ist zwar mehr als nur aggressive Außenpolitik und militärische Aggression, aber diese Phänomene sind keine Abweichungen, sondern Wesenseigenschaften des Systems. Man kann den Imperialismus nicht „zähmen“ oder ihm ein „menschliches Antlitz“ verleihen. Der Imperialismus als höchste und letzte Stufe des Kapitalismus bringt regelmäßig Krisen und dauerhaft hohe Arbeitslosigkeit hervor. Er erweist sich als unfähig, die Potentiale der Produktivkräfte im vollen Umfang zu nutzen. Im Gegensatz dazu, sind für die Bourgeoisie zyklische Vernichtung von Produktivkräften und weitere Angriffe auf die Errungenschaften der Arbeiterklasse nötig, um aus der Krise zu kommen.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 9)}}<br />
<br />
{{Zitat |Voraussetzung für den Aufbau des Sozialismus ist die sozialistische Revolution: die Eroberung der Staatsmacht durch die Arbeiterklasse, die Zerstörung der bürgerlichen Machtstrukturen und die Errichtung der Diktatur des Proletariats. Dieses Ziel steht heute unmittelbar auf der Tagesordnung. Es gibt keine Zwischen- oder Übergangsetappen dorthin; keine „antimonopolistische Demokratie“, die innerhalb des Kapitalismus und auf dem Boden des bürgerlichen Staates die Voraussetzungen für den Sozialismus schaffen könnte und erst recht keine Gesellschaftsformation, die zwischen dem Kapitalismus und dem Sozialismus liegen würde.|(Kommunistische Organisation, Programmatische Thesen, 2018, S. 22)}}<br />
<br />
== Literatur zum Thema ==<br />
Engels, Friedrich: Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft. Hottingen-Zürich 1882.<br />
<br />
Hilferding, Rudolf: Das Finanzkapital. Eine Studie zur jüngsten Entwicklung des Kapitalismus. Wien,1910.<br />
<br />
Lenin, Wladimir Iljitsch: Über die Aufgaben des Proletariats in der gegenwärtigen Revolution, in: Prawda, Nr. 26, 7. (20.) April 1917. (April Thesen)<br />
<br />
Lenin, Wladimir Iljitsch: Über die Gewerkschaften, die gegenwärtige Lage und die Fehler Trotzkis. Rede, gehalten in der gemeinsamen Sitzung der Mitglieder der KPR(B) unter den Delegierten des VIII. Sowjetkongresses sowie den Mitgliedern des Gesamtrussischen Zentralrats und des Moskauer Gouvernementsrats der Gewerkschaften am 30. Dezember 1920.<br />
<br />
Lenin, Wladimir Iljitsch: Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus, in: Werke. Herausgegeben vom Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED. Band 22, 3. Auflage, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage, Berlin/DDR 1960, S.189 – 309.<br />
<br />
Lenin, Wladimir Iljitsch: Staat und Revolution. Die Lehre des Marxismus vom Staat und die Aufgaben des Proletariats in der Revolution, in: Lenin Werke, Band 25, Dietz Verlag Berlin, 1972, S. 393 – 507.<br />
<br />
Naphtali, Fritz/ Brenner, Otto/ Rosenberg, Ludwig: Wirtschaftsdemokratie: Ihr Wesen, Weg und Ziel. Berlin, 1928. <br />
<br />
Thalheimer, August: Über die sogenannte Wirtschafts-Demokratie, in: Einheit – Zeitschrift für Fragen des Sozialismus und der Gewerkschaftseinheit. Berlin, 1928. <br />
<br />
Wagenknecht, Sahra: Freiheit statt Kapitalismus. Über vergessene Ideale, die Eurokrise und unsere Zukunft. Köln, 2011.<br />
<br />
== Einzelnachweise ==<br />
<br />
[[Kategorie: AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
[[Kategorie: Dissens]]<br />
[[Kategorie: Dissens AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]</div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Offene_Fragen_zur_Kl%C3%A4rung_der_Dissense&diff=5184Offene Fragen zur Klärung der Dissense2019-01-09T10:00:37Z<p>Mati: /* Der Platz des Imperialismus in der Geschichte */</p>
<hr />
<div>Zurück zu [[AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
<br />
== Imperialismus als Weltsystem ==<br />
* Auf der theoretischen Ebene muss die ökonomische Basis des Imperialismus herausgearbeitet werden - Konzentration von Kapital führt zum Monopol. Bearbeitet werden muss die Frage, ob Kapitalismus und Imperialismus zu trennen ist, also ob ein „nicht-imperialistischer“ Kapitalismus möglich ist. <br />
* Damit zusammen hängt die theoretische Darlegung des Zusammenhangs von ökonomischer Basis und politischem Überbau, in welchem Verhältnis stehen sie zueinander, welche Auseinandersetzungen gab es bereits zu genau dieser Frage (Lenin/Kautsky gehört dazu)?<br />
* Argumentativ muss hier auf die Annahme eingegangen werden, dass eine Ordnung der Kooperation und Vernunft innerhalb des Imperialismus möglich ist. In diesem Zusammenhang sollte auch auf das Argument eingegangen werden, dass die Anti-Hitler-Koalition ein Vorbild sei. <br />
* Auf der empirischen Ebene muss das Argument untersucht werden, dass während der Existenz des Sozialismus einige Länder vorübergehend anders agieren konnten. Das wird auf heute übertragen, um zu behaupten, dass eine solche Entwicklung möglich wäre. Eine empirische Untersuchung der Entwicklung dieser Länder (Ägypten, Indien zeitweise, …) ist hier notwendig. <br />
* Untersucht werden muss der Klassencharakter, die ökonomische Basis von Russland, China und weiteren Ländern, sowie ihre Position in der Weltwirtschaft und ihr politisches Verhältnis. <br />
<br />
== Imperialistische Bündnisse ==<br />
* Was ist der ökonomische Charakter der EU? <br />
* Was sind die unlösbaren Widersprüche der Währungsunion und der EU und warum wird sie zerfallen müssen? <br />
* Welche Monopole haben von der EU bisher am meisten profitiert? <br />
* Lassen sich die EU-Mitgliedsstaaten in unterdrückte und unterdrückende Staaten aufteilen? <br />
* Welche ökonomischen Beziehungen gibt es zwischen der EU und Russland, China und den USA? <br />
* Entsteht durch die EU eine ökonomische Basis für einen europäischen Staat? <br />
<br />
== Monopole und ihre Entwicklung ==<br />
* Auf theoretischer Ebene muss die ökonomische Basis der Monopole – Entwicklung der Produktivkräfte, Konzentration von Kapital führt zum Monopol – herausgearbeitet werden. <br />
* Weiterhin muss die ökonomische Basis des tendenziellen Falls der Profitrate, die Akkumulation, Zentralisation und Konzentration des Kapitals und die Rolle des Kredits herausgearbeitet werden. <br />
* Weiterhin wollen wir die These des sogenannten „transnationalen Kapitals“ und ihre Bedeutung für die Strategie der „antimonopolistischen Übergänge“ überprüfen. <br />
* Dabei geht es jedoch nicht um eine „theoretische Ableitung des Monopols aus der Marxschen Theorie analog eines […] mathematischen Lehrsatzes“ (Jung/ Schleifstein), welche die Aussagen von Marx und Engels über die zu untersuchende Strukturveränderungen des Kapitalismus ignorieren würde. <br />
* Wie sehen die Entwicklungen der Profitraten in den letzten Jahrzehnten aus? <br />
* Die Herausbildung der größten Monopolkapitale muss empirisch aufgezeigt werden. <br />
* Was ist die Rolle der Banken bei Konzentration und Zentralisation heute? <br />
* Weiterhin soll empirisch die Verschmelzung von Industrie- und Bankkapital zu Finanzkapital und die Bedeutung der nichtmonopolistischen Bourgeoisie überprüft werden. <br />
* Für die Überprüfung der These des transnationalen Kapitals müssen die Eigentümerstrukturen des Kapitals in Deutschland untersucht werden. <br />
* Außerdem sollte, zumindest anhand einiger Beispiele, überprüft werden, in welchem Verhältnis Eigentum und Kontrolle zueinander stehen. <br />
* Die Ergebnisse sollten mit denen anderer Länder verglichen werden, um zu vermeiden, dass evtl. nationale Besonderheiten in Deutschland zu einer allgemeinen Tendenz abgeleitet werden. <br />
* Schließlich ist auf einer allgemeinen Ebene dann die Frage zu beantworten, ob sich der nationale Charakter des Kapitals vertieft, ob er sich abschwächt oder ob es gegenläufige Tendenzen in beide Richtungen gibt?<br />
<br />
== Monopole und Staat ==<br />
* Welche ökonomische und politische Rolle haben die Monopole heute? <br />
* Welche Verbindung haben der Staatsapparat und staatsnahe Institutionen konkret mit den Monopolen? <br />
* Welche Rolle haben die Gesetzgebung, die staatlichen ökonomischen Aktivitäten und Umverteilung des Nationaleinkommens auf die Monopole?<br />
* Dies beinhaltet konkrete Forschungs- und Rechercheaufträge zur Entwicklung des Verhältnisses Staat/Monopole, wobei auf frühere Untersuchungen wie die des IMSF und der anderen Institute zur Anregung und kritischen Lektüre zurückgegriffen werden kann. <br />
* Theoretisch ist zu klären, in welchen Widersprüchen die Entwicklung des Monopolkapitalismus verläuft, und wie eine Zuspitzung der Widersprüche von der Arbeiterklasse genutzt werden kann?<br />
<br />
== Krisenanalyse ==<br />
* Aus den Grundannahmen von Marx, Engels und Lenin müssen wir erarbeiten, warum die Möglichkeit und Notwendigkeit der Krise in der Produktionsweise und ihren Widersprüchen selbst angelegt sind? <br />
* Wir müssen erarbeiten: vor welchem ökonomischen und gesellschaftlichen Hintergrund sind die Theorien des „Regulierten Kapitalismus“ entstanden, welchen Interessen dienen sie? <br />
* Dann ist zu beantworten, an welcher Stelle genau diese Ansichten den Analysen des wissenschaftlichen Sozialismus widersprechen?<br />
* Empirisch müssen wir erarbeiten, wie der Staat tatsächlich regulierend im Interesse des Kapitals eingreift und inwiefern diese „Regulierung“ gegen die Interessen der Arbeiterklasse gerichtet sind. Als Beispiel sei hier nur die „konzertierte Aktion“ erwähnt, die zwar kein frontaler Angriff auf die Rechte der Arbeiter war, wie die „formierte Gesellschaft“, aber nicht weniger stark den Kampf der Arbeiterklasse einengte. <br />
* Hierbei ist auch die Erarbeitung der Verschmelzung von Staat und Monopolen wichtig, der Nachweis, auf welchen Wegen und mit welchen Mitteln die Monopole im und durch den Staat ihre Interessen durchsetzen. <br />
* Eine laufende Aufgabe ist die Beobachtung und Analyse der Wirtschaftspolitik, der Maßnahmen der Regierung und anderer Teile des Staates. <br />
<br />
== Der Platz des Imperialismus in der Geschichte ==<br />
Die genauere Darstellung der verschiedenen folgenden Positionen zu dieser Frage ist die erste Aufgabe: <br />
* [[Der Platz des Imperialismus in der Geschichte#Der Imperialismus als letztes Stadium|Der Imperialismus als letztes Stadium des Kapitalismus]]<br />
* [[Der Platz des Imperialismus in der Geschichte#Sozialdemokratische Vorstellungen des „Dritten Wegs“|Die Sozialdemokratische Vorstellung des „Dritten Wegs“]] <br />
* Die [[Der Platz des Imperialismus in der Geschichte#Wirtschaftsdemokratie|Wirtschaftsdemokratie]]<br />
* [[Der Platz des Imperialismus in der Geschichte#„Zurück zur freien Konkurrenz“|Zurück zur freien Konkurrenz]] <br />
* [[Der Platz des Imperialismus in der Geschichte#Weitere Vorstellungen von „Zwischenstufen“|Antimonopolistischen Demokratie]]<br />
* [[Der Platz des Imperialismus in der Geschichte#Weitere Vorstellungen von „Zwischenstufen“|Kampf gegen den Neoliberalismus]]<br />
* Des Weiteren müssen aus den Grundlagen des Wissenschaftlichen Sozialismus die wichtigsten Erkenntnisse zu dieser Frage ausgewertet werden. Dieser Fragenkomplex hängt eng mit der ''AG Klassenanalyse'' zusammen, sowie mit den Arbeiten der ''AG Revolutionäre Arbeiterbewegung und kommunistische Partei''.<br />
<br />
== Monopole und Ausbeutung der Arbeiterklasse ==<br />
* In diesem Bereich muss zunächst eine genauere Sortierung von zu erarbeitenden Fragen und möglichen Dissensen stattfinden. Dazu muss auch die entsprechende Literatur zusammen gestellt und ausgewertet werden, Positionen, die gegeneinander stehen, müssen ausformuliert und zugewiesen werden. <br />
* Außerdem muss eine Strukturierung der zu untersuchenden Gegenstände und wie sie untersucht werden können, erfolgen - zum Beispiel des Betriebsverfassungsgesetzes, der Mindestlohngesetzgebung, etc. <br />
<br />
Hier geht's weiter zu [[Offene Fragen zu ökonomischen Auseinandersetzungen]].<br />
<br />
[[Kategorie: AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
[[Kategorie: Offene Fragen]]<br />
[[Kategorie: Offene Fragen AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]</div>Matihttp://wiki.kommunistische.org/index.php?title=Offene_Fragen_zur_Kl%C3%A4rung_der_Dissense&diff=5183Offene Fragen zur Klärung der Dissense2019-01-09T09:52:57Z<p>Mati: </p>
<hr />
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<br />
== Imperialismus als Weltsystem ==<br />
* Auf der theoretischen Ebene muss die ökonomische Basis des Imperialismus herausgearbeitet werden - Konzentration von Kapital führt zum Monopol. Bearbeitet werden muss die Frage, ob Kapitalismus und Imperialismus zu trennen ist, also ob ein „nicht-imperialistischer“ Kapitalismus möglich ist. <br />
* Damit zusammen hängt die theoretische Darlegung des Zusammenhangs von ökonomischer Basis und politischem Überbau, in welchem Verhältnis stehen sie zueinander, welche Auseinandersetzungen gab es bereits zu genau dieser Frage (Lenin/Kautsky gehört dazu)?<br />
* Argumentativ muss hier auf die Annahme eingegangen werden, dass eine Ordnung der Kooperation und Vernunft innerhalb des Imperialismus möglich ist. In diesem Zusammenhang sollte auch auf das Argument eingegangen werden, dass die Anti-Hitler-Koalition ein Vorbild sei. <br />
* Auf der empirischen Ebene muss das Argument untersucht werden, dass während der Existenz des Sozialismus einige Länder vorübergehend anders agieren konnten. Das wird auf heute übertragen, um zu behaupten, dass eine solche Entwicklung möglich wäre. Eine empirische Untersuchung der Entwicklung dieser Länder (Ägypten, Indien zeitweise, …) ist hier notwendig. <br />
* Untersucht werden muss der Klassencharakter, die ökonomische Basis von Russland, China und weiteren Ländern, sowie ihre Position in der Weltwirtschaft und ihr politisches Verhältnis. <br />
<br />
== Imperialistische Bündnisse ==<br />
* Was ist der ökonomische Charakter der EU? <br />
* Was sind die unlösbaren Widersprüche der Währungsunion und der EU und warum wird sie zerfallen müssen? <br />
* Welche Monopole haben von der EU bisher am meisten profitiert? <br />
* Lassen sich die EU-Mitgliedsstaaten in unterdrückte und unterdrückende Staaten aufteilen? <br />
* Welche ökonomischen Beziehungen gibt es zwischen der EU und Russland, China und den USA? <br />
* Entsteht durch die EU eine ökonomische Basis für einen europäischen Staat? <br />
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== Monopole und ihre Entwicklung ==<br />
* Auf theoretischer Ebene muss die ökonomische Basis der Monopole – Entwicklung der Produktivkräfte, Konzentration von Kapital führt zum Monopol – herausgearbeitet werden. <br />
* Weiterhin muss die ökonomische Basis des tendenziellen Falls der Profitrate, die Akkumulation, Zentralisation und Konzentration des Kapitals und die Rolle des Kredits herausgearbeitet werden. <br />
* Weiterhin wollen wir die These des sogenannten „transnationalen Kapitals“ und ihre Bedeutung für die Strategie der „antimonopolistischen Übergänge“ überprüfen. <br />
* Dabei geht es jedoch nicht um eine „theoretische Ableitung des Monopols aus der Marxschen Theorie analog eines […] mathematischen Lehrsatzes“ (Jung/ Schleifstein), welche die Aussagen von Marx und Engels über die zu untersuchende Strukturveränderungen des Kapitalismus ignorieren würde. <br />
* Wie sehen die Entwicklungen der Profitraten in den letzten Jahrzehnten aus? <br />
* Die Herausbildung der größten Monopolkapitale muss empirisch aufgezeigt werden. <br />
* Was ist die Rolle der Banken bei Konzentration und Zentralisation heute? <br />
* Weiterhin soll empirisch die Verschmelzung von Industrie- und Bankkapital zu Finanzkapital und die Bedeutung der nichtmonopolistischen Bourgeoisie überprüft werden. <br />
* Für die Überprüfung der These des transnationalen Kapitals müssen die Eigentümerstrukturen des Kapitals in Deutschland untersucht werden. <br />
* Außerdem sollte, zumindest anhand einiger Beispiele, überprüft werden, in welchem Verhältnis Eigentum und Kontrolle zueinander stehen. <br />
* Die Ergebnisse sollten mit denen anderer Länder verglichen werden, um zu vermeiden, dass evtl. nationale Besonderheiten in Deutschland zu einer allgemeinen Tendenz abgeleitet werden. <br />
* Schließlich ist auf einer allgemeinen Ebene dann die Frage zu beantworten, ob sich der nationale Charakter des Kapitals vertieft, ob er sich abschwächt oder ob es gegenläufige Tendenzen in beide Richtungen gibt?<br />
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== Monopole und Staat ==<br />
* Welche ökonomische und politische Rolle haben die Monopole heute? <br />
* Welche Verbindung haben der Staatsapparat und staatsnahe Institutionen konkret mit den Monopolen? <br />
* Welche Rolle haben die Gesetzgebung, die staatlichen ökonomischen Aktivitäten und Umverteilung des Nationaleinkommens auf die Monopole?<br />
* Dies beinhaltet konkrete Forschungs- und Rechercheaufträge zur Entwicklung des Verhältnisses Staat/Monopole, wobei auf frühere Untersuchungen wie die des IMSF und der anderen Institute zur Anregung und kritischen Lektüre zurückgegriffen werden kann. <br />
* Theoretisch ist zu klären, in welchen Widersprüchen die Entwicklung des Monopolkapitalismus verläuft, und wie eine Zuspitzung der Widersprüche von der Arbeiterklasse genutzt werden kann?<br />
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== Krisenanalyse ==<br />
* Aus den Grundannahmen von Marx, Engels und Lenin müssen wir erarbeiten, warum die Möglichkeit und Notwendigkeit der Krise in der Produktionsweise und ihren Widersprüchen selbst angelegt sind? <br />
* Wir müssen erarbeiten: vor welchem ökonomischen und gesellschaftlichen Hintergrund sind die Theorien des „Regulierten Kapitalismus“ entstanden, welchen Interessen dienen sie? <br />
* Dann ist zu beantworten, an welcher Stelle genau diese Ansichten den Analysen des wissenschaftlichen Sozialismus widersprechen?<br />
* Empirisch müssen wir erarbeiten, wie der Staat tatsächlich regulierend im Interesse des Kapitals eingreift und inwiefern diese „Regulierung“ gegen die Interessen der Arbeiterklasse gerichtet sind. Als Beispiel sei hier nur die „konzertierte Aktion“ erwähnt, die zwar kein frontaler Angriff auf die Rechte der Arbeiter war, wie die „formierte Gesellschaft“, aber nicht weniger stark den Kampf der Arbeiterklasse einengte. <br />
* Hierbei ist auch die Erarbeitung der Verschmelzung von Staat und Monopolen wichtig, der Nachweis, auf welchen Wegen und mit welchen Mitteln die Monopole im und durch den Staat ihre Interessen durchsetzen. <br />
* Eine laufende Aufgabe ist die Beobachtung und Analyse der Wirtschaftspolitik, der Maßnahmen der Regierung und anderer Teile des Staates. <br />
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== Der Platz des Imperialismus in der Geschichte ==<br />
Die genauere Darstellung der verschiedenen folgenden Positionen zu dieser Frage ist die erste Aufgabe: (ALLE VERLINKEN) <br />
* Der Imperialismus als letztes Stadium des Kapitalismus <br />
* Die Sozialdemokratische Vorstellung des „Dritten Wegs“ <br />
* Die Wirtschaftsdemokratie <br />
* Zurück zur freien Konkurrenz <br />
* Antimonopolistischen Demokratie <br />
* Kampf gegen den Neoliberalismus <br />
* Des Weiteren müssen aus den Grundlagen des Wissenschaftlichen Sozialismus die wichtigsten Erkenntnisse zu dieser Frage ausgewertet werden. Dieser Fragenkomplex hängt eng mit der ''AG Klassenanalyse'' zusammen, sowie mit den Arbeiten der ''AG Revolutionäre Arbeiterbewegung und kommunistische Partei''. <br />
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== Monopole und Ausbeutung der Arbeiterklasse ==<br />
* In diesem Bereich muss zunächst eine genauere Sortierung von zu erarbeitenden Fragen und möglichen Dissensen stattfinden. Dazu muss auch die entsprechende Literatur zusammen gestellt und ausgewertet werden, Positionen, die gegeneinander stehen, müssen ausformuliert und zugewiesen werden. <br />
* Außerdem muss eine Strukturierung der zu untersuchenden Gegenstände und wie sie untersucht werden können, erfolgen - zum Beispiel des Betriebsverfassungsgesetzes, der Mindestlohngesetzgebung, etc. <br />
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Hier geht's weiter zu [[Offene Fragen zu ökonomischen Auseinandersetzungen]].<br />
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[[Kategorie: AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]<br />
[[Kategorie: Offene Fragen]]<br />
[[Kategorie: Offene Fragen AG Politische Ökonomie des Imperialismus]]</div>Mati