Grundannahmen Sozialdemokratie

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Materielle Basis des Opportunismus: "Arbeiteraristokratie" und "relativ friedliche Entwicklung des Kapitalismus"[Bearbeiten]

Schlagworte

Opportunismus, Sozialdemokratie, Arbeiteraristokratie, Sozialchauvinismus

Annahme 1

  • Die Bourgeoisie der imperialistischen Länder macht Extraprofite und „besticht“ einen Teil der Arbeiterklasse
  • Arbeiteraristokratie = soziale Hauptstütze der Bourgeoisie und Agenten der Bourgeoisie in der Arbeiterbewegung
  • „Verbürgerung“ des Proletariats der imperialistischen Länder
  • Der Opportunismus kann auf lange Sicht nicht gewinnen, da er offen ins Lager der Bourgeoisie übergegangen ist und im Widerspruch zu den Interessen des Proletariats steht

Lenin schrieb in Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus über die Rolle der Arbeiteraristokratie im Monopolkapitalimus:

„Es ist klar, daß man aus solchem gigantischen Extraprofit (denn diesen Profit streichen die Kapitalisten über den Profit hinaus ein, den sie aus den Arbeitern ihres „eigenen" Landes herauspressen) die Arbeiterführer und die Oberschicht der Arbeiteraristokratie bestechen kann. Sie wird denn auch von den Kapitalisten der „fortgeschrittenen" Länder bestochen – durch tausenderlei Methoden, direkte und indirekte, offene und versteckte.

Diese Schicht der verbürgerten Arbeiter oder der „Arbeiteraristokratie", in ihrer Lebensweise, nach ihrem Einkommen, durch ihre ganze Weltanschauung vollkommen verspießert, ist die Hauptstütze der II. Internationale und in unseren Tagen die soziale (nicht militärische) Hauptstütze der Bourgeoisie. Denn sie sind wirkliche Agenten der Bourgeoisie innerhalb der Arbeiterbewegung, Arbeiterkommis der Kapitalistenklasse (labor lieutenants of the capitalist class), wirkliche Schrittmacher des Reformismus und Chauvinismus. […]

Der Imperialismus hat die Tendenz, auch unter den Arbeitern privilegierte Kategorien auszusondern und sie von der großen Masse des Proletariats abzuspalten. [...] [Mit Bezug auf einen Brief von Engels an Kautsky, 12.9.1882] Hier sind Ursachen und Wirkungen deutlich aufgezeigt. Ursachen: 1. Ausbeutung der ganzen Welt durch das betreffende Land; 2. Seine Monopolstellung auf dem Weltmarkt; 3. sein Kolonialmonopol. Wirkungen: 1. Verbürgerung eines Teils des englischen Proletariats; 2. ein Teil des Proletariats läßt sich von Leuten führen, die von der Bourgeoisie gekauft sind oder zumindest von ihr bezahlt werden. Der Imperialismus zu Beginn des 20. Jahrhunderts hat die Aufteilung der Welt unter einige wenige Staaten zu Ende geführt, von denen jeder gegenwärtig einen nicht viel kleineren Teil der „ganzen Welt" ausbeutet (im Sinne der Gewinnung von Extraprofit). […]

Das Merkmal der heutigen Lage besteht in ökonomischen und politischen Bedingungen, die zwangsläufig die Unversöhnlichkeit des Opportunismus mit den allgemeinen und grundlegenden Interessen der Arbeiterbewegung verstärken mußten: […] Der Opportunismus kann jetzt nicht mehr in der Arbeiterbewegung irgendeines Landes auf eine lange Reihe von Jahrzehnten hinaus völlig Sieger bleiben, so wie er in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in England gesiegt hatte ; in einer Reihe von Ländern ist der Opportunismus vielmehr reif, überreif geworden und in Fäulnis übergegangen, da er sich als Sozialchauvinismus mit der bürgerlichen Politik restlos verschmolzen hat.“

Lenin, Wladimir Iljitsch: Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus (1917), in: Bd. 22: Lenin Werke, Berlin/DDR 1971, S. 198/288-290.


Annahme 2

  • Die „verhältnismäßig friedliche Entwicklung“ begünstigte den Aufstieg der opportunistischen Kräfte
  • Sozialchauvinismus ist sozialistische Rhetorik verbunden mit Chauvinismus in der Praxis – Unterordnung der sozialistischen Führer unter die Interessen „ihrer“ nationalen Bourgeoisie
  • Die Sozialchauvinisten verteidigen und tragen die Unterdrückung kleinerer und schwächerer Völker und Länder durch „ihre“ Imperialisten
  • Der Kampf gegen den Einfluss der Bourgeoisie auf die Arbeiterklasse ist auch ein Kampf gegen opportunistische Auffassungen vom Staat

Lenin verfasste Staat und Revolution 1917, kurz vor der Oktoberrevolution. Die Schrift ist eine der wichtigsten Abhandlungen über die Staatsfrage, die uns die Klassiker hinterlassen haben. Im letzten Kapitel beschäftigte sich Lenin auch mit den opportunistischen Auffassungen vom Staat und ihren Vertretern. Folgender Abschnitt stammt aus dem Vorwort zur ersten Auflage:

„Die in Jahrzehnten einer verhältnismäßig friedlichen Entwicklung angesammelten Elemente des Opportunismus haben die in den offiziellen sozialistischen Parteien der ganzen Welt herrschende Strömung des Sozialchauvinismus geschaffen. Diese Strömung (Plechanow, Potressow, Breschkowskaja, Rubanowitsch, dann in leicht verhüllter Form die Herren Zereteli, Tschernow und Co. in Rußland; Scheidemann, Legien, David u. a. in Deutschland; Renaudel, Guesde, Vandervelde in Frankreich und Belgien; Hyndman und die Fabier in England usw. usf.) Sozialismus in Worten, Chauvinismus in der Tat – ist gekennzeichnet durch die niederträchtige, lakaienhafte Anpassung der „Führer des Sozialismus" an die Interessen nicht nur „ihrer" nationalen Bourgeoisie, sondern namentlich auch „ihres" Staates, denn die meisten sogenannten Großmächte beuten seit langem eine ganze Reihe kleiner und schwacher Völkerschaften aus und unterjochen sie. Der imperialistische Krieg ist ja gerade ein Krieg um die Teilung und Neuverteilung dieser Art von Beute. Der Kampf um die Befreiung der werktätigen Massen vom Einfluß der Bourgeoisie im allgemeinen und der imperialistischen Bourgeoisie im besonderen ist ohne Bekämpfung der opportunistischen Vorurteile in Bezug auf den ‚Staat‘ unmöglich.“

Lenin, Wladimir Iljitsch: Staat und Revolution (1918), in: Bd. 25: Lenin Werke, Berlin/DDR 1974, S. 395-396.


Entwicklung des Opportunismus und Spaltung der Arbeiterbewegung[Bearbeiten]

Schlagworte

Sozialdemokratie, Opportunismus, Sozialchauvinismus, II. Internationale

Annahme 1

  • Die Führer der II. Internationale hätten die Möglichkeit gehabt, gegen die Kriegskredite vor dem 1. WK zu stimmen und stattdessen revolutionäre Aktionen zu organisieren. Darin besteht der historische Verrat der sozialdemokratischen Führer der II. Internationale

In Der Zusammenbruch der II. Internationale, verfasst im Sommer 1915, setzte sich Lenin mit der Spaltung der II. Internationale und dem Verrat der wichtigsten sozialdemokratischen Arbeiterparteien Europas durch ihre Zustimmung zum Krieg auseinander:

„Die Massen hatten bei dem Verrat ihrer Führer im kritischen Augenblick keine Möglichkeit, etwas zu tun; die ‚Handvoll‘ dieser Führer aber hatte vollauf die Möglichkeit und die Pflicht, gegen die Kredite zu stimmen, gegen den ‚Burgfrieden‘ und gegen die Rechtfertigung des Krieges aufzutreten, sich für die Niederlage der eigenen Regierungen zu erklären, einen internationalen Apparat für die Propaganda der Verbrüderung in den Schützengräben einzurichten, illegale Literatur herauszugeben, die die Notwendigkeit des Übergangs zu revolutionären Aktionen propagierte, usw.“

Lenin, Wladimir Iljitsch: Der Zusammenbruch der II. Internationale (1915), in: Bd. 21: Lenin Werke, Berlin/DDR 1960, S. 235-236.


  • Sozialchauvinismus ist die Rechtfertigung des imperialistischen Krieges im Namen der Vaterlandsverteidigung und die Zurückstellung des Klassenkampfes gegen die eigene Bourgeoisie
  • Der politisch-ideologische Inhalt des Sozialchauvinismus deckt sich mit den Grundlagen des Opportunismus. Diese sind im Wesentlichen die Zusammenarbeit der Klassen
  • Unter den Bedingungen des Krieges wird die opportunistische Strömung zur sozialchauvinistischen
  • Der Opportunismus bedeutet den Verrat an den Interessen der Massen durch ein Bündnis einer Minderheit der Arbeiter mit der Bourgeoisie
  • Die materielle Grundlage hierfür hat die relativ friedliche Entwicklungsphase des Kapitalismus hervorgebracht, welcher einem Teil der Arbeiterklasse eine privilegierte Stellung ermöglicht hat und sie so „verbürgerte“
  • Die Bestechung mithilfe von Extraprofiten Arbeiteraristokratie („Bürokratie“, „Kleinbürger“) von dem Leben und Elend dem Großteil der Arbeiterklasse entfremdet
  • Diese Schicht bildet die „ökonomische Grundlage des Sozialimperialismus“
  • Der Opportunismus, also der Sozialchauvinismus, ist eine bürgerliche Eiterbeule innerhalb der sozialistischen Parteien
  • Die Spaltung der II. Internationale in revolutionäre und opportunistische Teile entspricht nun vor dem Krieg der Spaltung des „sozialistischen“ Lagers in Chauvinisten und Internationalisten
  • Die Opportunisten sind die politischen Agenten der Bourgeoisie in der Arbeiterbewegung

„1. Woher kommt der Sozialchauvinismus? 2. Was hat ihm Kraft verliehen? […] Unter Sozialchauvinismus verstehen wir die Anerkennung der Idee der Vaterlandsverteidigung im jetzigen imperialistischen Krieg, die Rechtfertigung des Bündnisses der Sozialisten mit der Bourgeoisie und den Regierungen der „eigenen" Länder in diesem Krieg, den Verzicht auf die Propagierung und Unterstützung proletarisch-revolutionärer Aktionen gegen die „eigene" Bourgeoisie usw. Es ist ganz offensichtlich, daß der grundlegende ideologisch-politische Inhalt des Sozialchauvinismus sich mit den Grundlagen des Opportunismus durchaus deckt. Das ist ein und dieselbe Strömung. Unter den Verhältnissen des Krieges von 1914/1915 wird der Opportunismus eben zum Sozialchauvinismus. Das Wesentliche am Opportunismus ist die Idee der Zusammenarbeit der Klassen. Der Krieg führt diese Idee bis zu Ende, wobei er zu den üblichen Faktoren und Stimuli eine ganze Reihe von außerordentlichen hinzufügt, da er die kleinbürgerliche und zersplitterte Masse durch besondere Drohungen und Gewaltanwendung zur Zusammenarbeit mit der Bourgeoisie zwingt: dieser Umstand vergrößert natürlich den Kreis der Anhänger des Opportunismus und erklärt vollauf das überlaufen vieler gestriger Radikaler in dieses Lager.

Opportunismus bedeutet, daß die grundlegenden Interessen der Masse den vorübergehenden Interessen einer verschwindenden Minderheit von Arbeitern zum Opfer gebracht werden oder, anders ausgedrückt, daß ein Teil der Arbeiter mit der Bourgeoisie ein Bündnis gegen die Masse des Proletariats eingeht. Der Krieg macht dieses Bündnis besonders anschaulich und zwingend. Der Opportunismus wurde im Laufe von Jahrzehnten durch die Besonderheiten jener Entwicklungsepoche des Kapitalismus hervorgebracht, in der die verhältnismäßig friedliche und zivilisierte Existenz einer Schicht privilegierter Arbeiter diese „verbürgerte", ihnen Brocken von den Profiten des eigenen nationalen Kapitals zukommen ließ und sie von dem Elend, den Leiden und den revolutionären Stimmungen der verelendeten und bettelarmen Masse losriß. Der imperialistische Krieg bedeutet eine direkte Fortsetzung und Krönung dieser Lage der Dinge, denn er ist ein Krieg um die Privilegien der Großmachtnationen, um die Neuaufteilung der Kolonien unter ihnen, um ihre Herrschaft über die anderen Nationen. Die privilegierte Stellung einer „Oberschicht" von Kleinbürgern oder der Aristokratie (und Bürokratie) der Arbeiterklasse behaupten und festigen – das ist die natürliche Fortsetzung der kleinbürgerlich- opportunistischen Hoffnungen und der entsprechenden Taktik während des Krieges, das ist die ökonomische Grundlage des Sozialimperialismus unserer Tage.

[…] Der Krieg hat den in Jahrzehnten gezüchteten Opportunismus modifiziert, ihn auf eine höhere Stufe gehoben, die Zahl und die Mannigfaltigkeit seiner Schattierungen vergrößert, die Reihen seiner Anhänger vermehrt, ihre Argumentation um einen Haufen neuer Sophismen bereichert, sozusagen dem Hauptstrom des Opportunismus viele neue Bäche und Rinnsale zugeführt – der Hauptstrom aber ist nicht verschwunden. Im Gegenteil. Der Sozialchauvinismus ist Opportunismus, der so ausgereift ist, daß das fortbestehen dieser bürgerlichen Eiterbeule innerhalb der sozialistischen Parteien unerträglich geworden ist. […] Erstens ist die ökonomische Grundlage des Chauvinismus und des Opportunismus in der Arbeiterbewegung ein und dieselbe: das Bündnis der zahlenmäßig geringen Oberschichten des Proletariats und des Kleinbürgertums, für die Brocken von den Privilegien „ihres" nationalen Kapitals abfallen, gegen die Masse der Proletarier, die Masse der Werktätigen und Unterdrückten überhaupt. Zweitens ist der ideologisch-politische Inhalt beider Strömungen ein und derselbe. Drittens entspricht die alte, der Epoche der II. Internationale (1889-1914) eigentümliche Scheidung der Sozialisten in eine opportunistische und in eine revolutionäre Strömung im großen und ganzen der neuen Scheidung in Chauvinisten und Internationalisten.“

Lenin, Wladimir Iljitsch: Der Zusammenbruch der II. Internationale (1915), in: Bd. 21: Lenin Werke, Berlin/DDR 1960, S. 237-240.


  • Der Opportunismus ist das soziale Produkt seiner Epoche
  • Der Opportunismus wurde durch den Legalismus gezüchtet. D.h. dem Ausweichen vor dem Übergang zur illegalen Arbeit der Arbeiterparteien ab 1914 in der Krise durch das Bündnis mit der Bourgeoisie

„Alle stimmen darin überein, daß der Opportunismus kein Zufall, keine Sünde, kein Fehltritt, kein Verrat einzelner Personen ist, sondern das soziale Produkt einer ganzen historischen Epoche. Aber nicht jeder macht sich die ganze Bedeutung dieser Wahrheit klar. Der Opportunismus wurde durch den Legalismus gezüchtet. Die Arbeiterparteien der Epoche von 1889 bis 1914 mußten die bürgerliche Legalität ausnutzen. Als die Krise hereinbrach, mußte man zur illegalen Arbeit übergehen (ein solcher Übergang ist aber nicht anders möglich als mit dem größten Aufwand von Energie und Entschlossenheit, verbunden mit einer ganzen Reihe von Kriegslisten). Um diesen Übergang zu verhindern, genügt ein Südekum, denn hinter ihm steht, historisch-philosophisch gesprochen, die ganze „alte Welt" - denn dieser Südekum hat, praktisch-politisch gesprochen, der Bourgeoisie stets alle Kriegspläne ihres Klassenfeindes ausgeliefert und wird sie ihr stets ausliefern.“

Lenin, Wladimir Iljitsch: Der Zusammenbruch der II. Internationale (1915), in: Bd. 21: Lenin Werke, Berlin/DDR 1960, S. 243.


Kampf gegen den Einfluss der Sozialdemokratie in der Arbeiterklasse[Bearbeiten]

Schlagworte

Sozialdemokratie, Sozialchauvinismus, Opportunismus

Annahme 1

  • Mit dem Krieg 1914/15 muss die sozialistische Bewegung in das Stadium des revolutionären Kampfes eintreten und vollständig mit dem Opportunismus brechen
  • Die Trennung der revolutionären Arbeiterparteien von den kleinbürgerlich-opportunistischen ist unvermeidlich
  • Mit dem Krieg hat der Opportunismus sein Wesen gezeigt und ist offen auf die Seite der Bourgeoisie gewechselt
  • Die Bourgeoisie hat es verstanden diese soziale Schicht der Arbeiterklasse einzufangen und sich gefügig zu machen
  • Die Trennung vom Opportunismus muss einher gehen mit der Gründung von revolutionären Organisationen, die nicht in die Falle des Legalismus tappen, die den Kampf um die Macht des Proletariats und den Sturz der Bourgeoisie vorbereiten

„Wie ist gegen den Sozialchauvinismus zu kämpfen? Der Sozialchauvinismus ist Opportunismus, der so ausgereift ist, in der langen Periode eines verhältnismäßig „friedlichen" Kapitalismus so stark und unverschämt geworden ist, sich ideologisch und politisch so herausgebildet, sich so eng an die Bourgeoisie und die Regierungen angeschlossen hat, daß man sich mit dem Vorhandensein einer solchen Strömung innerhalb der sozialdemokratischen Arbeiterparteien nicht abfinden darf. (…) Der Sozialismus ist in Europa über das verhältnismäßig friedliche und von engen nationalen Schranken begrenzte Stadium bereits hinausgegangen. Mit dem Krieg 1914/1915 ist er in das Stadium revolutionärer Aktionen eingetreten, und die Stunde des vollständigen Bruchs mit dem Opportunismus, seiner Vertreibung aus den Arbeiterparteien ist unbedingt gekommen.

[…] Der Krieg 1914/1915 bedeutet einen so gewaltigen Umschwung in der Geschichte, daß das Verhalten gegenüber dem Opportunismus nicht das alte bleiben kann. Man kann nicht ungeschehen machen, was geschehen ist; man kann weder aus dem Bewußtsein der Arbeiter noch aus der Erfahrung der Bourgeoisie oder aus den politischen Errungenschaften unserer Epoche schlechthin die Tatsache ausstreichen, daß sich die Opportunisten im Augenblick der Krise als der Kern jener Elemente innerhalb der Arbeiterparteien entpuppt haben, die auf die Seite der Bourgeoisie übergegangen sind. […] Es ist eine ganze soziale Schicht von Parlamentariern, Journalisten, Beamten der Arbeiterbewegung, privilegierten Angestellten und gewissen Kategorien des Proletariats herangewachsen, die mit ihrer nationalen Bourgeoisie verwachsen ist, und die Bourgeoisie hat es verstanden, diese Schicht durchaus richtig einzuschätzen und sich „gefügig" zu machen. Man kann das Rad der Geschichte weder zurückdrehen noch aufhalten - man kann und muß furchtlos vorwärtsschreiten, von den vorbereitenden, legalen, in die Bande des Opportunismus geschlagenen Organisationen der Arbeiterklasse zu revolutionären Organisationen, die es verstehen, sich nicht auf die Legalität zu beschränken, und die fähig sind, sich vor opportunistischem Verrat zu sichern, zu Organisationen eines Proletariats, das den „Kampf um die Macht", den Kampf für den Sturz der Bourgeoisie aufnimmt.“

Lenin, Wladimir Iljitsch: Der Zusammenbruch der II. Internationale (1915), in: Bd. 21: Lenin Werke, Berlin/DDR 1960, S. 244-246.

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