Frauenbewegung

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Überblick[Bearbeiten]

Die Frauenfrage war über die Zeit hinweg immer ein fester Bestandteil der kommunistischen Bewegung. Die Rolle und Stellung von Frauen hat sich über die Jahrhunderte hinweg verändert. Im Kapitalismus ist die (proletarische) Frau nicht nur ausgebeutete Arbeiterin, sondern verrichtet auch unbezahlte Arbeit im Haushalt und in der Kindererziehung. Mit der Entstehung der kommunistischen Bewegung ist auch die proletarische Frauenbewegung entstanden. Diese hat sich stets von der bürgerlichen Frauenbewegung abgegrenzt. Folglich waren auch die Forderungen und Organisationsformen sehr unterschiedlich. Auch in der heutigen Zeit von #MeToo-Kampagnen oder Frauenquoten ist die Frauenfrage noch präsent und wird oft von bürgerlichen Vertretern besetzt. Im Folgenden wird die historische Diskussion zwischen der proletarischen und bürgerlichen Frauenbewegung dargestellt, Organisationsformen der kommunistischen Frauenbewegung diskutiert, aktuelle Thesen und Positionen dargestellt und der Bezug zu den Grundannahmen und Programmatischen Thesen hergestellt.

Historische Vorläufer der Diskussion[Bearbeiten]

Die Forderungen und Organisationsformen der bürgerlichen Frauenbewegung[Bearbeiten]

Die französische Revolution 1789 stellte den Ausgangspunkt für die bürgerlich Frauenbewegung dar. In der Revolution kämpften viele Frauen und forderten soziale und politische Gleichberechtigung. Trotz ihres Einsatzes für die Revolution wurden sie von den neu erkämpften Rechten ausgeschlossen. Darüber hinaus wurden die Frauenclubs, in denen sie sich organisierten verboten, und ein Versammlungsverbot von Frauen verhängt. Während der bürgerlichen Revolutionen in Europa im 19. Jahrhundert, z.B. der bürgerlichen Revolution 1848/49, wurde die bürgerliche Frauenbewegung stärker. Als wichtige Bezugspersonen traten die deutschen Vertreterinnen Auguste Schmidt, Louise Otto, Minna Cauer und Anita Augspurg hervor. Sie gründeten 1865 den Allgemeinen Deutschen Frauenverein (ADF), der das Ziel der rechtlichen, sozialen und politischen Gleichstellung der Frau hatte. Grundlegendes Ziel der bürgerlichen Frauenbewegung war es immer, Frauen die gleichen Rechte zu ermöglichen wie Männern (d.h. Recht auf Bildung, Wahlrecht etc.). Von diesen Rechten konnten aber v.a. nur die bürgerlichen Frauen mit besserer ökonomischer Situation profitieren. So wurde beispielsweise nicht versucht, die ökonomische Ausbeutung der Arbeiter und Arbeiterinnen in den Fabriken zu bekämpfen. Einige bürgerliche Vertreterinnen sahen zwar die Probleme, griffen diese jedoch nur moralisch auf und leisteten caritative Hilfe. Sie bezogen keinen Klassenstandpunkt für die Arbeiter und Arbeiterinnen, sondern versuchten in erster Linie, die Privilegien der bürgerlichen Männern auch für die bürgerlichen Frauen geltend zu machen. Die bürgerliche Frauenbewegung sonderte sich in manchen Phasen ganz entschieden von der proletarischen Frauenbewegung ab, um mögliche Repressionen zu vermeiden. Das von 1878 bis 1890 wirkende Sozialistengesetz verbot die Zusammenkunft von sozialistischen, sozialdemokratischen und kommunistischen Vereinen. Zur Gründung des Dachverbandes der bürgerlichen Frauenbewegung, dem Bundes Deutscher Frauenvereine (BDF), wurden die Vertreter und Vertreterinnen der proletarischen Bewegung aus Angst vor Repression nicht eingeladen. Auguste Schmidt erklärte dazu, dass der Bund die Arbeitervereine zwar gerne willkommen heißen würde, jedoch aufgrund unverkennbar politischer Tendenz nicht aufnehmen könne. Doch auch die bürgerliche Frauenbewegung spaltete sich immer mehr auf in ein bürgerlich-konservatives und ein radikaleres Lager. Dies zeigte sich z.B. an der Frage des Frauenwahlrechts, zu der sich der BDF eher ablehnend verhielt. Während des 1. Weltkrieges unterstützen viele Vertreterinnen der bürgerlichen Frauenbewegungen den Krieg und organisierten mit dem Nationalen Frauendienst (NFD) z.B. die Verteilung von Frauen in der Kriegswirtschaft.[1]

Die Forderungen, theoretische Bezugnahmen und Organisationsformen der proletarischen Frauenbewegung[Bearbeiten]

Neben der bürgerlichen Frauenbewegung bildete sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die proletarischen Frauenbewegung heraus. Diese grenzte sich relativ stark von der bürgerlichen Frauenbewegung ab. Sie sahen die Unterdrückung der Frauen als einen Bestandteil des kapitalistischen Systems an, das folglich überwunden werden musste, um Frauen die volle Freiheit zu gewähren. Zu den Hauptvertreterinnen der proletarischen Frauenbewegung zählten u.a. Clara Zetkin und Ottilie Baader. Clara Zetkin äußerte sich in ihren Schriften zur bürgerlichen Frauenbewegung:

„Die Erfolge der bürgerlichen Frauenbewegung kommen in der Hauptsache überwiegend den ökonomisch freien Frauen der besitzenden, herrschenden und ausbeutenden Klasse zugute. Die Frauenrechtlerinnen verzichten auf den Kampf gegen die Klassensklaverei der weitaus meisten Frauen, obgleich sie die Geschlechtssklaverei aufrechterhält und verschärft. Mehr noch, sie lehnen diesen Kampf grundsätzlich ab, der Klasse gegen Klasse von den Niedergetretenen gegen ihre Herren und Peiniger ausgefochten werden muß. Die bürgerliche Frauenbewegung steht mit beiden Füßen auf dem Boden der bürgerlichen Gesellschaft und verteidigt ihn gegen das vordrängende Proletariat. Sie strebt lediglich danach, die bürgerliche Gesellschaft durch Lösung der rechtlichen und sozialen Bindungen zu reformieren, die das weibliche Geschlecht zum Vorteil des Mannes fesseln. [...] Die bürgerliche Frauenbewegung ist folglich nicht Vorkämpferin, Interessensvertreterin aller befreiungssehnsüchtigen Frauen. Sie ist und bleibt bürgerliche Klassenbewegung.“
[2]

Hier wird die Trennlinie zwischen der bürgerlichen und proletarischen Frauenbewegung deutlich: Die proletarischen Vertreterinnen sahen im Kapitalismus die entscheidende Ursache der Frauenunterdrückung und forderten daher die Überwindung dessen, um die volle Gleichberechtigung und Freiheit zu erreichen. Für sie gab es keine Freiheit der Frau ohne Sozialismus und keinen Sozialismus ohne Freiheit der Frau. Sie bezogen sich in ihrer Analyse auf die Thesen von Friedrich Engels, der in seinem Aufsatz Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates eine materialistische Perspektive auf die Frauenunterdrückung lieferte. Er bezieht sich im Text auf die Forschungsergebnisse der Anthropologen Johann Jakob Bachhofen und Lewis Henry Morgan, die in Studien zur Entwicklung der Familien- und Vererbungsformen unternommen haben. Engels zeichnet die Entwicklungen nach und stellt dar, dass das männliche Erbrecht eine Folge der Einführung des Privateigentums ist. Die Durchsetzung des männlichen Erbrechts hatte die schrittweise Unterdrückung der Frau in der Familie, im Staat, in der Wirtschaft und in der Gesellschaft zur Folge.

„Nach der damaligen Arbeitsteilung in der Familie fiel dem Mann die Beschaffung der Nahrung und der hierzu nötigen Arbeitsmittel, als auch das Eigentum an diesen letzteren zu. [...] In dem Verhältnis also, wie die Reichtümer sich mehrten, gaben sie einerseits dem Mann eine wichtigere Stellung in der Familie als der Frau und erzeugten andererseits den Antrieb, diese verstärkte Stellung zu benutzen, um die hergebrachte Erbfolge zugunsten der Kinder umzustoßen. Dies ging aber nicht, solange die Abstammung nach Mutterrecht galt. Diese mußte also umgestoßen werden, und sie wurde umgestoßen. [...] Damit war die Abstammungsrechnung in weiblicher Linie und das mütterliche Erbrecht umgestoßen, männliche Abstammungslinie und väterliches Erbrecht eingesetzt. [...] Der Umsturz des Mutterrechts war die weltgeschichtliche Niederlage des weiblichen Geschlechts.“
[3]

August Bebel schuf mit Die Frau und der Sozialismus ein umfassendes Werk zur Lage und Entstehung der Frauenunterdrückung. Er schreibt:

„Ganz unabhängig von der Frage, ob die Frau als Proletarierin unterdrückt ist, sie ist es in der Welt des Privateigentums als Geschlechtswesen. Eine Menge Hemmnisse und Hindernisse, die der Mann nicht kennt, bestehen für sie auf Schritt und Tritt. Vieles, was dem Mann erlaubt ist, ist ihr untersagt; eine Menge gesellschaftlicher Rechte und Freiheiten, die jeder genießt, sind, wenn von ihr ausgeübt, ein Fehler oder ein Verbrechen. Sie leidet als soziales und als Geschlechtswesen.“
[4]

Mit der Entstehung des Kapitalismus und der Rekrutierung der Frauen als Industriearbeiterinnen wuchs die doppelte Unterdrückung der Frauen: als Arbeiterin durch den Kapitalisten und als soziales Wesen in der Familie, im Haushalt, in der Gesellschaft. Aufgrund der spezifischen Entstehung der Frauenunterdrückung sehen Bebel und Engels es als unbedingt notwendig für die vollkommene Befreiung der Frau an, das Privateigentum abzuschaffen, die Hausarbeit zu vergesellschaften und die Unterdrückung durch den Mann zu bekämpfen.

„Was wir also heutzutage vermuten können über die Ordnung der Geschlechtsverhältnisse nach der bevorstehenden Wegfegung der kapitalistischen Produktion, ist vorwiegend negativer Art, beschränkt sich meist auf das, was wegfällt. Was aber wird hinzukommen? Das wird sich entscheiden, wenn ein neues Geschlecht herangewachsen sein wird: das Geschlecht von Männern, die nie in ihrem Leben in den Fall gekommen sind, für Geld oder andre soziale Machtmittel die Preisgebung einer Frau zu erkaufen, und von Frauen, die nie in den Fall gekommen sind, weder aus irgendwelchen andern Rücksichten als wirklicher Liebe sich einem Mann hinzugeben, noch dem Geliebten die Hingabe zu verweigern aus Furcht vor den ökonomischen Folgen.“
[5]

Und auch Bebel stellt die Überwindung des Kapitalismus als notwendige Voraussetzung für die Befreiung der Frau dar:

„Daraus ergibt sich, daß alle Frauen ohne Unterschied ihrer sozialen Stellung, als ein durch unsere Kulturentwicklung von der Männerwelt beherrschtes und benachteiligtes Geschlecht, das Interesse haben, diesen Zustand als möglich zu beseitigen und durch Änderungen in den Gesetzen und Einrichtungen der bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung. Die enorme Mehrheit der Frauen ist aber auch aufs lebhafteste dabei interessiert, die bestehende Staats- und Gesellschaftsordnung von Grund aus umzugestalten, um sowohl die Lohnsklaverei, unter der das weibliche Proletariat am meisten schmachtet, wie die Geschlechtssklaverei, die mit unseren Eigentums- und Erwerbszuständen aufs innigste verknüpft ist, zu beseitigen.“
[6]

Der Verdienst Engels und auch Bebels war es, die Frauenunterdrückung materialistisch zu erklären und nachzuzeichnen. Sie lieferten somit auch eine wichtige Erkenntnis für die praktische Arbeit der Frauenmassen: Der Kampf um die soziale, politische und wirtschaftliche Gleichstellung der Frau muss stets mit dem Ziel des Sturzes des Kapitalismus verbunden sein, um die vollkommene Befreiung der Frau, der Menschheit zu erreichen. Die Organisation innerhalb der proletarischen Frauenbewegung war auf die Arbeiterinnen und den Betrieb ausgerichtet. Ein wichtiger Teil davon waren die Gewerksgenossenschaften der Manufaktur-, Fabrik- und Handarbeit, in denen die Arbeiter für eine Verbesserung ihrer Rechte kämpfte. V.a. in der Gewerksgenossenschaft in Crimmitschau nahmen auch die Frauen eine wichtige Rolle im Kampf ein, da sie fast die Hälfte der Belegschaft ausmachten. Die Frauen wurden aktiv eingebunden, z.B. als Delegierte, und wurden somit zu einem unverzichtbaren Bestandteil der Genossenschaftsarbeit. Zetkin sieht den besonderen Wert in dem gemeinsamen Arbeitskampf von Arbeitern und Arbeiterinnen, in der klaren Ausrichtung des Kampfes zur Überwindung des Kapitalismus und in der starken Rolle der Arbeiterinnen, die im Kampf auch ihrer besondere Rolle als Frau thematisierten. In Berlin wurden im Zuge der proletarischen Frauenbewegung Arbeiterfrauen- und Mädchenvereine aufgebaut, zu denen Männer jedoch keinen Zugang hatten. Zetkin sah dies als Rückschritt im Vergleich zu der Arbeit in den Textilgenossenschaften an:

„In hohem Grade ist jene feministische Tendenz aber auch der naturgemäße Niederschlag des Entwicklungsganges hervorragender Trägerinnen der Berliner Entwicklung. Er hat sie von der Frauenfrage zu sozialen Frage, von der bürgerlichen Frauenrechtlerei zur Sozialdemokratie geführt. Die Vorkämpfer für die Einbeziehung der Frauen in die Internationale Gewerksgenossenschaft kam dagegen von der sozialen Frage zur Frauenfrage. Dies aber nicht allein an der Hand einer reiferen geschichtlichen Erkenntnis und Schulung, sondern vor allem auch auf Grund der zwingenden Bedürfnisse eines Milieus, das, von der modernen Großindustrie geprägt, einen geradezu klassischen Boden für die Gemeinsamkeit der Interessen und die Gemeinsamkeit des Kampfes von Frauen und Männern des Proletariats gegen den Kapitalismus schuf.“
[7]

Die proletarische Frauenbewegung versuchte einen internationalen Zusammenhang zu schaffen. Im August 1907 wurde auf einer Konferenz in Stuttgart eine eigene sozialistische, internationale Frauenorganisation gebildet: das Internationale Sozialistische Frauensekretariat (später: Sozialistische Fraueninternationale, engl. Socialist International Women, SIW) mit 58 weiblichen Deligierten aus 15 europäischen Ländern. Das SIW mit der Vorsitzenden Zetkin veranstaltete in den Folgejahren Konferenzen zum Thema der Frauenfrage. 1910 wurde auf der Konferenz in Kopenhagen der alljährliche internationale Frauentag beschlossen. In diesen Zusammenhang wurden v.a. von Zetkin wichtige Prinzipien von proletarischer Frauenarbeit aufgestellt, die in der kommunistischen Bewegung diskutiert wurden. Das Ziel war der Aufbau einer starken und revolutionären Frauenbewegung zur Durchsetzung und Aufbau der sozialistischen Gesellschaft. Dies liegt in der Annahme begründet, dass die vollkommene Befreiung der Frau nur durch den Sturz des Kapitalismus und den Aufbau des Kommunismus möglich sei. Ursache der Frauenunterdrückung liege im Privateigentum, das erst den Sklaven und dann die Frau zum Eigentum des Mannes gemacht habe. Im Kapitalismus macht das Privateigentum den Arbeiter und auch die Arbeiterin zum Besitzgegenstand des Kapitalisten. Folglich ist der Kommunismus der einzige Weg der Frauen aus der Abhängigkeit vom Mann und vom Kapitalisten:

„Solange das Privateigentum weiter besteht, wird alle bürgerliche Frauenrechtlerei nichts an der Tatsache ändern, daß die Frau der breitesten Masse, die Frau des werktätigen Volkes, entweder dank ihre Berufsarbeit ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit vom Mann und von der Familie erlangen kann, aber dann als Ausgebeutete auf Grund der Klassengegensätze unter die Ausbeutung und Knechtschaft eines Kapitalisten und unter die Knechtschaft der ganzen kapitalistischen Gesellschaft gerät, oder aber daß sie als Weib wirtschaftlich abhängig bleibt von der ganzen Familie. [...] Nur die kommunistische Gesellschaft eröffnet auch der Frau als Gleichtberechtigter, Gleichverpflichtender den Weg in die gesellschaftliche Wirtschaft, den Weg zur Betätigung auf allen Gebieten der gesellschaftlichen Kultur.“
[8]

Auf Grund dessen muss das Ziel der proletarischen Frauenbewegung die Überwindung des Kapitalismus und der Aufbau des Kommunismus sein. Dies bedeutet jedoch nicht, dass nicht auch Reformen zur unmittelbaren Verbesserung der Lage der Frauen erkämpft werden sollen, z.B. die Durchsetzung des allgemeinen Wahlrechts, das gleiche Recht auf Bildung, die gleiche Entlohnung von Frauen etc. Zektin sprach sich auch scharf dagegen aus, die Werktätigkeit von Frauen zu reduzieren oder zu unterbinden. Sie sprach sich für die Frauenarbeit aus, um Frauen die wirtschaftliche Unabhängigkeit von ihren Familien und Ehemännern zu ermöglichen. Sie betrachtete es jedoch aus unerlässlichen Schritt, dass die Arbeiterinnen gegen ihre Ausbeutung durch den Kapitalisten kämpfen. In diesem Kampf sei der gemeinsame Zusammenschluss von Arbeiter und Arbeiterinnen, proletarischen Männern und Frauen, notwendige Voraussetzung. Zetkin sprach sich gegen eine Sondervereinigung von Frauen mit Kampf gegen die eigenen Männer aus:

„Die kommunistische Ordnung, die allein die Frau zu befreien vermag, wird nun und nimmer sein die Frucht des Zusammenwirkens aller Frauen ohne Unterschied der Klassen in einem Kampf für die Beseitigung der Vorrechts- und Vorzugsstellung des Mannes. Der Kommunismus kann nur verwirklicht werden als gemeinsame Kampfestat aller Unterdrückten, aller Ausgebeuteten ohne Unterschied des Geschlechts [...].“
[9]

Daher war die Abgrenzung von der bürgerlichen Frauenbewegung ein wichtiges Prinzip, um nicht den Klassencharakter in der Befreiung der Frau zu verschleiern und die bürgerliche Ordnung weiter zu stützen. 1920 verständigten sich Lenin und Zetkin in einem gemeinsamen Gespräch über die weiteren Schritte und die Ausrichtung der kommunistischen Frauenbewegung. Darin betonte Lenin wie wichtig die breiten Frauenmassen für die Durchsetzung und den Aufbau des Kommunismus seien. Er sah es als wichtige Aufgabe der kommunistischen Parteien, eine starke und revolutionäre Frauenbewegung aufzubauen. Ansatzpunkt sollten seiner Position nach die Industriearbeiterinnen sein. Er warnte vor der Gefahr, Frauen mit Themen wie der Sexual- oder Ehefrage zu agitieren, ohne diese marxistisch zu analysieren oder als Teil der großen sozialen Frage zu sehen:

„Der unlösbare Zusammenhang zwischen der sozialen und menschlichen Stellung der Frau und dem Privateigentum an Produktionsmitteln ist stark herauszuarbeiten. Damit wird die feste, unverwischbare Trennungslinie gegen die Frauenrechtlerei gezogen. Damit ist aber auch die Grundlage gegeben, die Frauenfrage als Teil der sozialen Frage, der Arbeiterfrage aufzufassen und als solche fest mit dem proletarischen Klassenkampf und der Revolution zu verbinden.“
[10]

In der Organisationsform der Frauenbewegung differenzierte Lenin zwischen der kommunistischen Partei und der Massenarbeit. Er fordert die Organisierung von Kommunistinnen in der kommunistischen Partei mit gleichen Rechten und Pflichten wie die der männlichen Genossen. In der Massenarbeit forderte er jedoch eigene Agitationsformen und Organe, um Zugang zu den Frauenmassen zu erhalten. Er begründete das mit der geringen Zahl der organisierten Frauen in den Gewerkschaften und Parteizusammenhängen. Um den Weg zu den Frauen zu finden, ist es wichtig ihre spezifischen Sorgen, Probleme und Nöte aufzugreifen und Forderungen aufzustellen:

„Aus unserer ideologischen Auffassung ergibt sich das Organisatorische: Keine Sondervereinigung von Kommunistinnen. Wer Kommunistin ist, gehört als Mitglied in die Partei wie der Kommunist. Mit gleichen Pflichten und Rechten. Darüber kann es keine Meinungsverschiedenheiten geben. Jedoch dürfen wir uns einer Erkenntnis nicht verschließen. Die Partei muß Organe haben, Arbeitsgruppen, Komissionen, Ausschüsse, Abteilungen oder wie sonst man sagen mag, deren besondere Aufgabe es ist, die breitesten Frauenmassen zu wecken, mit der Partei zu verbinden und dauernd unter ihrem Einfluß zu halten. Dazu gehört natürlich, daß wir ganz systematisch unter diesen Frauenmassen tätig sind. [...] Wir müssen den Weg zu ihnen suchen, müssen studieren, probieren, um ihn zu finden. Es ist daher auch richtig, dass wir Forderungen zugunsten der Frauen erheben. [...] Unsere Forderungen sind nur praktische Schlußfolgerungen, die wir aus den brennenden Nöten, den schändlichen Demütigungen der Frauen als Schwache und Rechtlose in der bürgerlichen Ordnung ziehen. Wir beweisen dadurch, dass wir diese Nöte kennen und die Demütigungen der Frauen, das Vorrecht des Mannes fühlen. [...] Sie müssen wissen, was für sie die proletarische Diktatur bedeutet: volle Gleichberechtigung mit dem Mann im Gesetz und in der Praxis, in der Familie, im Staat, in der Gesellschaft; Knebelung der Macht der Bourgeoisie.“
[11]

Im Anschluss weist Lenin noch darauf hin, dass die Befreiung der Frau neben des revolutionären Kampfes auch die Auseinandersetzung mit dem Mann bedeutet:

„Unsere kommunistische Arbeit unter den Frauenmassen, unsere politische Arbeit unter ihnen, schließt ein großes Stück Erziehungsarbeit unter den Männern in sich ein. Wir müssen den alten Herrenstandpunkt bis zur letzten, feinsten Wurzel ausrotten – in der Partei und bei den Massen.“
[12]


Die KPD und die Organisierung der Frauen[Bearbeiten]

Während die Prinzipien der Frauenarbeit bei Zetkin noch relativ allgemein formuliert sind, wird die Organisationsfrage auf dem Vereinigungsparteitag von USPD und KPD im Jahr 1920 konkreter ausgeführt: Für die Agitation der Frauen sollen alle Mittel genutzt werden, die auch sonst für die Agitation des Proletariats genutzt werden (Gewerkschaften, Vereine, Betriebsräte). Dabei ist es jedoch wichtig, die besondere Rolle der Frauen in der Gesellschaft (oft zurückgezogener und weniger am gesellschaftlichen Leben teilnehmend) zu berücksichtigen. Eine spezifische Organisation nur für Frauen in der Partei wird abgelehnt, um die einheitliche Linie der Partei beizubehalten. Für neue Frauen werden jedoch spezielle Frauenabend als Bildungsveranstaltungen vorgeschlagen, um den politischen Rückstand vieler Frauen schneller auszugleichen. Es wird betont, dass Frauenarbeit die Arbeit der ganzen Partei sein muss. Um diese besser zu koordinieren und zu planen, wird ein Frauensekretariat eingerichtet, da für die Erstellung von Material und die Ausbildung von Frauen zuständig ist. Es gilt jedoch:

„Frauenarbeit ist nicht Arbeit der Frauen der Partei, sondern Arbeit der Partei unter den indifferenten Frauen. Demgemäß müssen alle Parteiorgane, welche speziellen Aufgaben sie auch haben, bei allein ihren Maßnahmen immer berücksichtigen, ob sie geeignet sind, die Frauen des Proletariats mit zu mobilisieren.“
[13]

Auf dem 11. Parteitag der KPD im Jahr 1927 wurde die Arbeit in den Frauenmassen noch genauer bestimmt und an den Leitlinien der Bolschewisierung der KPD ausgerichtet. Die Resolution hält fest, dass die Arbeit bisher nicht so erfolgreich verlaufen ist wie gewünscht und mehr Aufmerksamkeit verdient. Besonders betont wird die ökonomische Bedeutung der Frauen, die für die Kapitalisten ein Ersatzheer darstellen und immer wieder als Spaltungsinstrument eingesetzt werden (aufgrund des geringeren Lohnes). Die Resolution legt fest, dass alle Parteiorgane für das Thema der Frauenarbeit verantwortlich sind. Dafür wird in jedem Organ eine Frauenabteilung eingerichtet (z.B. im ZK, in der Bezirksleitung, in der Stadtteilleitung, in den Betriebszellen etc.) Diese Abteilungen sind dafür zuständig, die Arbeit der einzelnen Organe auf die Frauenarbeit hin zu überprüfen. Sondervereinigungen von Frauen innerhalb der Partei werden abgelehnt, in der Massenarbeit erscheinen sie jedoch sinnvoll, um an der besonderen Lage der Frauen anzuknüpfen. Als wichtigstes Gremium hierbei sollen die Frauendelegiertenversammlungen dienen, bei denen gewählte Frauen aus den Stadtteilen, Betriebe, Erwerbslosenzellen zusammenkommen und über ihre gemeinsame Lage beraten und Bildung von Frauen organisieren. Ziele der Frauenarbeit sind u.a. Einbeziehen in die alltägliche Arbeit in der Partei und im Betrieb, Mobilisierung der erwerbslosen Frauen, Beteiligung am Kampf gegen den Imperialismus. Die KPD stellt die Forderung an die Parteimitglieder in ihrer Arbeit stets als Vorbild und überzeugenste Kraft aufzutreten, um so Einfluss auf die Frauenmassen auszuüben. Auch wenn die Arbeit unter den Frauen Rücksicht auf die besonderen Ausgangsbedingungen nehmen soll, wird immer wieder betont, dass sie ein Teil der allgemeinen Arbeit im Proletariat ist. Dies wurde auch so in den Richtlinien für die Arbeit unter den Frauen 1925 verfasst:

„Die Arbeit unter den Frauen, die sich in ihren Grundprinzipien von den allgemeinen Arbeit unter dem Proletariat nicht unterscheidet, nimmt eine etwas unterschiedliche Form an und wird nach besonderen Methoden durchgeführt, weil die Arbeiterinnen einerseits aus den Fabriken und Betrieben einer schärferen Ausbeutung durch die Kapitalisten unterworfen sind und weil sie andererseits durch das Familienleben gefesselt werden. Grundaufgabe der kommunistischen Parteien ist die Erfassung der Massen der Arbeiterinnen durch ihre Hineinziehung in den aktiven Kampf für die Diktatur des Proletariats.“
[14]

Diesen Entwicklungen waren Diskussionen vorausgegangen: Auf dem Treffen der Erweiterten Exekutive der Kommunistischen Internationalen (EKKI) im Jahr 1926 kam es zu einer Debatte um die Haltung der kommunistischen Parteien zu bereits vorhandenen Frauenorganisationen. Gemeinsame Haltung war die Position, dass es innerhalb der Partei keine Sondervereinigung von Frauen geben soll. Zektin spricht sich jedoch dafür aus, nicht nur die von der Partei geführten und kontrollierten Delegiertenversammlungen zu initiieren, sondern auch auf die außerparteilichen Frauenorganisationen einzuwirken:

„Heute sind diese Frauenmillionen überwiegend in rein bürgerlichen, in den schärfsten gegnerischen Organisationen zusammengeschlossen. Wir müssen den Kampf um die Seele, um den Geist, um das Herz, um die Energie, die Tat dieser Frauen aufnehmen. Deshalb können wir nicht mit einer vornehm-grundsätzlichen Handbewegung an den Nur-Frauenorganisaitonen vorübergehen, sondern wir müssen danach streben, daß wir durch unsere Fraktionen in ihnen arbeiten, um die wachsenden organisierten Frauenmassen an uns zu reißen. Zu diesem Zwecke müssen wir die bestehenden Frauenorganisationen ausnützen.“
[15]

Dem entgegen vertraten die Genossen Kasparowa und Kuusina die Auffassung, dass der Fokus auf die Frauendelegiertenversammlungen, die direkt unter dem Kommando der Partei standen, liegen solle. Nur so sei klassenkämpferische Arbeit unter den Arbeiterinnen möglich. In außerparteilichen Vereinen versammelten sich eher Hausfrauen und bürgerliche Frauen, die nicht die erste Zielgruppe der Kommunisten zum derzeitigen Zeitpunkt sein sollten:

„Unsere Hauptaufgabe, der Schwerpunkt unserer Arbeit, ist die Arbeit in den Fabriken und Betrieben, unter den Proletarierinnen und erst in zweiter Linie kommt die Arbeit der Beeinflussung der kleinbürgerlichen Frauenmassen. [...] Wir können auch auf die Organisation der Mittelschichten unsere Aufmerksamkeit legen. Sie dürfen nicht für sich organisiert werden, sondern [...] durch die Einrichtung von Frauenabteilungen und Frauensektionen, die von einem Zentrum aus geleitet werden.“
[16]

Auch Kuusinen spricht sich für die vorrangige Arbeit der Frauendelegiertenversammlungen aus und gegen eine Bildung von Frauenorganisationen ohne spezifischen Zweck.

Aktuelle Thesen und Positionen[Bearbeiten]

Theoretische Positionen: Kampf gegen den Kapitalismus als Notwendigkeit für die Befreiung der Frau versus Feminismus als klassenneutrale Reformbewegung[Bearbeiten]

Die Frauenbewegung erstarkte mit der 68er-Bewegung wieder. V.a. in den Kreisen des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS) wurde die Frauenfrage thematisiert. Einige Aktivistinnen bildeten feministische Positionen heraus, um sich von den männlichen Aktivisten abzusetzen. Sie kritisierten den Zustand, dass sie sich auf Grund der Kindererziehung politisch nicht engagieren könnten und forderten eine Thematisierung und Lösung der Situation. Die männlichen Genossen schienen ihrer Ansicht nach nicht ausreichend darauf einzugehen, was zu einer immer stärkeren Separation dieser Frauen von der restlichen Struktur bedeutete. Damit gingen auch die Herausbildung von eigenen Inhalten und Aktionen hervor. Die Frauen begannen damit, sich zunehmend mit ihrer Identität als Frau auseinanderzusetzen, und bezogen sich nicht mehr unbedingt auf den gemeinsamen Kampf von Männern und Frauen gegen die Ausbeutung und Unterdrückung der Arbeiter und eben auch der Arbeiterinnen. Sie erhoben den Vorwurf, dass die Frauenfrage nur als Nebenwiderspruch (zum Hauptwiderspruch von Kapital – Lohnarbeit) aufgefasst würde und daher keine Forderungen für Frauen gestellt würden. Im Zuge dieser Identifikationsphase stellen die Frauen Verbindungen zu kolonialisierten Völkern her:

„Die Frauen fühlten sich selbst als Kolonialisierte, sie identifizierten sich mit den Opfern, nicht nur mit dem Vietcong, sondern mit allen Unterdrückten. [...] Die Schwarzen hatten es in der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung schon geschafft, sich als eine Klasse für sich zu konstituieren und somit politisches Subjekt zu werden. Für die Frauen stand dieser Prozeß noch aus, galt er doch auch als besonders schwierig, da die Frauen sowohl verschiedenen Klassen als auch verschiedenen Rassen angehörten.“
[17]

Folglich rückte der Klassenstandpunkt und die Solidarisierung von Arbeiter und Arbeiterinnen in den Hintergrund und die neue gemeinsame Bezugsgruppe stellten die Frauen aller Klassen dar. Als Themen der Frauenbewegung bildeten sich u.a. die gesellschaftliche Erziehung, die unbezahlte Hausarbeit, die sexuelle Freiheit und Selbstbestimmung oder die Abtreibungsgesetze heraus. Immer mehr Frauenrechte wurden per Gesetz durchgesetzt und viele Forderungen der neuen Frauenbewegung in die Gesellschaft integriert: z.B. spezielle Studiengänge wie Genderstudies, Frauenquoten in Unternehmen, Gleichstellungsbeauftragte etc. Damit waren viele Forderungen der modernen Frauenbewegung erfüllt, an der Unterdrückung der ausgebeutete Arbeiterin änderte sich jedoch nicht viel. Die Regelungen kamen v.a. den gut ausgebildeten, materiell gut gestellten Frauen zugute. Man kann hier interessante Parallelen zur historischen bürgerlichen Frauenbewegung zeichnen. Die Abschaffung des Kapitalismus und die Befreiung aller Frauen (nicht nur der vermögenden) war weder das Ziel der historischen bürgerlichen Frauenbewegung noch ist es das erklärte Ziel der modernen Frauenbewegung. Diese konzentriert sich vorrangig auf eine sprachliche und identitäre Politik. Diese Richtung prägte u.a. die Philosophin Judith Butler stark, die in ihrer Gender-Theorie die Unterdrückung der Frau neu bestimmte. Sie sah dabei die Frau und Geschlecht an sich als Konstrukt, das gesellschaftlich vom „regulierenden Apparat der Heterosexualität“ geschaffen wurde. Die unterdrückte Stellung von Frauen könne demnach nur durch Diskursarbeit, z.B. durch gendersensible Sprache, verändert werden. Diese Ausrichtung auf eine abstrakte, idealistische Ebene und die Abkehr von der materiellen Situation von Frauen prägt die aktuelle Frauenbewegung stark.

„Seitdem von der Weltfrauenkonferenz in Beijing 1995 Gender Mainstreaming etabliert wurde, das auch von Europäischer Union und Bundesregierung auf die Agenda gesetzt wurde, bekam Frauenpolitik einen anderen Drive. Das Konzept will zum einen Gleichstellung als Querschnittsaufgabe begriffen wissen und zum anderen ausdrücklich auch Männer als Akteure beim Aufbau einer geschlechtergerechten Gesellschaft beteiligen und verpflichten. [...] Der heutige Feminismus ist bunt, vielfältig, gesellschaftskritisch und manchmal auch widersprüchlich.“
[18]

Die Unterdrückung der Frau wurde zunehmend den gesellschaftlichen Normen bzgl. Identitätsbildung zugeschrieben und eine materialistische Betrachtung des Themas rückte immer mehr in den Hintergrund. Gegner wurde „das Patriarchat“, das als schon immer geltend angesehen wurde und nicht in Verbindung mit der Entwicklung des Privateigentums und der männlichen Vormachtstellung in Folge des Männererbrechts gesehen wurde. Es wird sich also immer mehr von einer materialistischen Analyse entfernt und einer idealistischen Sichtweise angenähert, die besagt, dass die Unterdrückung der Frau ausschließlich den spezifischen Verhaltensmustern der Männer geschuldet sei und nur durch eine verhaltensorientierte Politik (z.B. Sprache) geändert werden könne. Eleni Bellou von der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE) schreibt zu dieser Entwicklung folgendes:

„Heute gibt es viele neue Ansätze, die die Klassenwurzel der Ungleichheit der Frauen verbergen: Dies sind außergewöhnlich gefährliche Ansichten mit negativen Folgen für den Kampf von Männern und Frauen innerhalb der Arbeiterbewegung, d.h. diese Ansichten arbeiten gegen ihre gemeinsamen Klasseninteressen, z.B. die Ansicht, dass die Ungleichheit der Frauen ein Produkt und eine Schaffung der Denkweise der Männer ist und zu dem Schluss kommt, dass Frauen ihre Männer, Brüder, Väter und männlichen Kollegen als ihre Gegner sehen sollten und nicht das System, das Ungleichheit, Armut, Arbeitslosigkeit, Unsicherheit für sie und ihre Familien schafft. [...] Sie stellen als Quelle für die ungleiche Stellung der Frauen den spezifischen Charakter der biologischen Funktionen der Frauen und die Unterschiede zwischen den beiden Geschlechtern dar. Sie präsentieren es als eine Frage der Denkweise, des Verhaltens, als Ergebnis patriarchalischer Macht. Sie sind der Ansicht, dass Ansichten und Ideen soziale Probleme schaffen, einschließlich der Probleme im Zusammenhang mit der Frauenfrage. Schließlich kommen sie zu der Auffassung, dass geschlechtsspezifische Diskriminierungen vor allem auf dem Bildungsweg und durch Rechtsreformen bekämpft werden können. Sie übersehen, dass Ideen auf der Grundlage der materiellen Beziehungen der Menschen entstehen und spiegeln sie wider, wobei sie natürlich ihre eigene besondere Entwicklung an einem bestimmten Ort und zu einer bestimmten Zeit haben.“
[19]

Die Soziologin Frigga Haug, die auch in der Studentenbewegung 1968 sehr aktiv war, versteht sich als sozialistische Feministin und stellt eine Referenz für unterschiedliche Gruppen dar (u.a. SDS, Marx21). Sie beschreibt die Verbindung von Marxismus und Feminismus als ihr wissenschaftliches und praktisches Projekt und prägte damit den sozialistischen Feminismus. Sie richtet sich gegen den aktuellen bürgerlichen, klassenübergreifenden Feminismus, der ihrer Ansicht nach verwirrend und entpolitisierend wirkt. Ihrer Ansicht nach bearbeitet der klassische Marxismus die Frauenfrage nicht ausreichend, da er die Geschlechterverhältnisse nicht als Teil der Produktionsverhältnisse denkt. Sie spricht von der unter Marxisten beiderlei Geschlechts umstrittene[n] Annahme eines patriarchalen Herrschaftsverhältnisses; Produktionsverhältnisse sollen nicht nur als ökonomische Ausbeutungsverhältnisse – etwa zwischen Kapital und Lohnarbeit – begriffen werden, sondern auch als Geschlechterverhältnisse. Die Geschlechterverhältnisse als Teil der Produktionsverhältnisse zu denken ist eine Herausforderung an jene marxistische Theoriebildungstradition, die im Umkreis der organisierten Arbeiterbewegung gewachsen ist. [20] Sie widerspricht der Vorstellung einer historischen Reihenfolge, nach der erst die Produktionsverhältnisse und dann die Geschlechterverhältnisse entstanden seien und fordert dazu auf, Herrschaft mehrdimensional zu begreifen (u.a. Herrschaft des Kapitals und Herrschaft des Patriarchats):

„So begann der Angriff auf kausales Herrschaftsdenken und zugleich damit auf die einfache Annahme, es gäbe nur jeweils eine Herrschaftsart und nicht ein sich wechselseitig stützendes Netz, also Herrschaftsverhältnisse. Indem das totalitäre und zugleich ökonomistische Ursprungsdenken aufgegeben wurde, öffnete sich Feministinnen der Raum für die fruchtbare Rezeption von Kultur-, Sprach- und Machttheorien. Die Weigerung, sich ausschließlich auf kapitalistische Ausbeutung zu konzentrieren, brachte zugleich Zweifel an der Fixierung auf die Arbeiterklasse als einzigem Subjekt von Veränderung. [...] Weil sozialistische Feministinnen von ihrer Denktradition her kapitalismuskritisch waren, bevor sie sich wirklich als Feministinnen verstanden und entsprechend Theoriekritik versuchten,blieb die Frage nach dem Zusammenhang von Kapitalismus und Patriarchat ein wesentlicher Brennpunkt. Der Versuch, aus der selbstverständlichen Annahme auszuscheren, Frauenunterdrückung folge direkt aus der Kapitallogik und sei mit deren Aussetzung verschwunden, bedeutete ja nicht, überhaupt keinen inneren Zusammenhang anzunehmen, selbst dann nicht, wenn gewusst wird, dass Frauenunterdrückung viel älter ist als der Kapitalismus.“
[21]

Der Kommunistische Aufbau (KA) nennt ebenfalls das Patriarchat als das älteste Unterdrückungsverhältnis. Es geht noch vor die Zeit der Entstehung des Privateigentums zurück und kann erst im Kommunismus vollkommen überwunden werden. Folglich wird auch in erster Linie der Kampf gegen das Patriarchat als Frauenrevolution gesehen.

„Das Patriarchat ist das älteste Unterdrückungsverhältnis der Welt. Seine Wurzel liegt noch in der Urgesellschaft, in der Entstehung des Privateigentums. Es blieb durch alle gesellschaftlichen Etappen hindurch erhalten und entwickelte sich mit ihnen weiter. Auch im Kapitalismus besteht es weiter. In der heutigen Gesellschaft ist es tief verankert und weit verzweigt. Wir sprechen im Kapitalismus von der mehrfachen Unterdrückung der proletarischen Frau. [...] Sie ist auf der einen Seite durch ihre Klassenzugehörigkeit unterdrückt und auf der anderen Seite vom Patriarchat. Den Kampf für Befreiung der Frau, den Kampf für die Zerschlagung des Patriarchats verstehen wir als Frauenrevolution. Ihr Ziel ist die umfassende Befreiung der Frau im Kommunismus.“
[22]

Die KKE fordert die Frauenfrage als Teil der Klassenfrage (von Arbeiter und Arbeiterinnen) zu betrachten und für die gemeinsame Befreiung von Arbeiter und Arbeiterinnen zu kämpfen:

„Die Ungleichberechtigung und die Diskriminierungen gegen Frauen in allen Bereichen (in der Familie, am Arbeitsplatz, im politischen Kampf) haben tiefe Klassenwurzeln, und betreffen auch die Arbeiterbewegung. Nur die kommunistische Partei kann die Übereinstimmung des Kampfes für Emanzipation und Gleichberechtigung mit dem Kampf für die vollständige Befreiung sowohl der Männer, als auch der Frauen von der Ausbeutung, konsequent vertreten.“
[23]


Aktuelle Organisationsformen der Frauenbewegung: Leitlinien für die Massenarbeit unter den Frauen versus eigenständige Frauenstrukturen innerhalb der Organisation[Bearbeiten]

In vielen politischen Organisationen haben sich separate Frauenstrukturen herausgebildet, wie z.B. in der Interventionistischen Linken (IL). Die IL begründet die Gründung einer eigenen Frauengruppe innerhalb ihrer Struktur damit, dass die alltägliche Arbeit von Frauen nicht gesehen und abgewertet wird. Die Frauen benötigen eigene Strukturen, um ihrer Bedürfnisse durchsetzen zu können und sich frei von der männlichen Dominanz entwickeln zu können.

„Diese Dynamiken wirken auch in der radikalen Linken. Auch hier müssen wir ständig darum kämpfen, mit unseren Arbeiten anerkannt und wertgeschätzt zu werden, auch hier erfahren wir sexualisierte Gewalt, Slutshaming und andere Frauenfeindlichkeit. Ob es die fehlende Anerkennung unserer emotionalen Arbeit ist, oder auch ‚nur‘, dass wir wieder einmal darum kämpfen müssen, dass das Persönliche politisch ist und bleibt. Immer wieder ist Feminismus dann gerade doch nicht so wichtig, immer wieder wird emotionale Arbeit auf eine kleine Befindlichkeitsrunde verschoben und selbst diese muss oft verteidigt werden. Dort, wo wir es geschafft haben, erträgliche Zustände zu erkämpfen, sind diese ständig in Gefahr, durch andere politische Projekte und vermeintliche Sachzwänge wieder verdrängt zu werden. Eigentlich müssten wir zu jedem Treffen, zu jeder Vollversammlung, zu jeder Aktion Tomaten mitnehmen, um den historischen Tomatenwurf zu wiederholen. Dieser ständige Kampf ist anstrengend und er ist der Grund, warum wir uns entschieden haben, ihm in Zukunft viel weniger Raum einzuräumen.“
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Hier wird bereits deutlich, dass der Klassenstandpunkt nicht mehr vorkommt und folglich auch der gemeinsame Kampf gegen den Kapitalismus und für die Befreiung der gesamten Arbeiterklasse nicht mehr das Ziel ist, sondern das Streben nach individueller Entfaltung im Vordergrund steht. Diese wird jedoch nicht mal kollektiv mit den männlichen Genossen entwickelt, sondern in Sonderstrukturen. Auch im Kommunistischen Aufbau (KA) hat sich im April eine eigene Frauengruppe, Kommunistische Frauen (KF), herausgebildet. Dem liegt die theoretische Annahme zugrunde, dass Frauenarbeit die Zerschlagung des Patriachats bedeute (s.o. unter 3.1) und sich die Frauen nur selbst befreien könnten. Dies wird mit der Grundannahme von Marx und Engels begründet, dass auch die Arbeiter sich nur selbst befreien können. Der KA fasst die Frauen als eigene Bezugsgruppe auf, die neben der allgemeinen Arbeiterklasse eine Sonderstellung haben. Begründet wird die Gründung der KF außerdem mit der freien Entfaltung und Entwicklung von Frauen. Der KA versucht ebenfalls ein Grundverständnis der kommunistischen Frauenarbeit zu formulieren, welches jedoch sehr allgemein bleibt:

„Die Unterdrückten auf dieser Welt können sich nur selber befreien. Sie müssen sich ihre Freiheit erkämpfen, denn die Unterdrücker werden ihre Privilegien nicht einfach so hergeben. Karl Marx und Friedrich Engels haben es richtig gesagt: ‚Die Befreiung der Arbeiterklasse muss das Werk der Arbeiterklasse selbst sein‘. So ist es auch bei den Frauen. Wer, wenn nicht die Frauen selbst, sollen sie befreien? Kommunistische Frauenarbeit bedeutet, einen Ort zu schaffen, an dem Frauensolidarität entwickelt und gelebt wird. Frauensolidarität bedeutet für uns, dass wir hinter unseren Genossinnen stehen und gemeinsam, Schulter an Schulter einen Kampf gegen das Patriarchat führen. Im Kampf gegen das Patriarchat wollen wir als undurchdringliche Front stehen und kein versöhnlerisches Verhalten an den Tag legen.“
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„Durch eine eigenständige Frauenorganisation haben wir die Möglichkeit sicherzustellen, dass unsere Meinung innerhalb der Struktur der Organisation gehört und vertreten wird. Wir kommen damit unseren Aufgaben und Zielen, der Befreiung der Frau, näher. [...] Mit der kommunistischen Frauenorganisation haben die Frauen ein Mittel an der Hand, welches dieses Ziel in der Struktur der Organisation verankert und in besonderem Maße ein Schritt dazu ist, heute schon das Patriarchat, innerhalb und außerhalb unserer Organisationen,zu bekämpfen. Sie wird den wertvollen Standpunkten der Frauen der Organisation Gewicht verleihen, die sonst aufgrund der gegebenen patriarchalen Strukturen im Kapitalismus, unter denen jede kommunistische Organisation derzeit entsteht und arbeitet, weniger Gehör finden.“
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In diesen Positionen wird die Ausrichtung auf spezifische Strukturen der Frauenarbeit innerhalb der Organisationen deutlich, die in klarem Widerspruch zur Vorstellung der KPD stehen, keine Sondervereinigungen von Frauen in der Partei zu schaffen. Vorrangiges Ziel der Frauenarbeit ist auch die Zerschlagung des Patriachats und nicht die des Kapitalismus. Frauen werden neben der Arbeiterklasse als eigene Bezugsgruppe, wenn nicht sogar Klasse, angesehen und nicht als Teil von ihr. Ein weiterer Fall von eigenständigen Frauenorganisationen ist das Bündnis Frauenstreik zum internationalen Frauentag am 8. März. Hier wurden alle Frauen aufgefordert, ihre Arbeit niederzulegen, um auf die Situation von Frauen aufmerksam zu machen. Der Streik forderte in erster Linie Frauen auf, ihre Arbeit niederzulegen. Der Streik ist ein Bündnis verschiedener feministischer Gruppen und hat keine direkte Verankerung in der Gewerkschaft. Es handelte sich dabei also um keinen organisierten Streik von Arbeiterinnen, sondern um ein loses Bündnis. In den Forderungen findet man keine Bezugnahme zum Kapitalismus, sondern ausschließlich konkrete Forderungen im Bezug auf Sexismus, Rechtsruck der Gesellschaft, Ökologie, Flucht und Krieg.

„Diese Forderungen sind erst der Anfang. Wir fordern Frauen*, Inter-, Trans-, nicht-binäre und queere Menschen auf ihre Stimme zu erheben und ihre eigenen Forderungen zu äußern. Wir wollen einen grundsätzlichen gesellschaftlichen Wandel, in dem wir nicht unterdrückt oder ausgebeutet werden, wir stehen zusammen und lassen uns nicht spalten!“
[27]

Das trotzkistische Netzwerk marx21 bezieht sich durchwegs positiv auf den nationalen und internationalen Frauenstreik der letzten Jahre. Es sieht den Streik zwar noch als symbolischen Akt an, der aber mithilfe der Gewerkschaften zu einer wirksamen Waffe werden soll. Als positive Beispiele werden der Streik der Reinigungsbranche, der Kita-Beschäftigen oder der Krankenpflegerinnen genannt. Aufgabe des Netzwerks soll es sein, auf die unterschiedlichen Bewegungen zuzugreifen und hineinzuwirken:

„Die neue Frauenbewegung kann gewinnen. [...] Die Mobilisierungen von Millionen von Frauen in den letzten Jahren machen Mut. Denn diese Bewegung hat das Potential, den spaltenden Gegensatz zwischen ‚Identitätspolitik‘ und ‚Klassenpolitik‘ zu überwinden. Daran können wir heute anknüpfen, indem wir uns als Linke am Aufbau der neuen Frauenbewegung beteiligen und so den Kampf für soziale, politische und ökonomische Gleichheit neuen Schwung geben.“
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Marx21 fordert also nicht den Aufbau von Massenarbeit unter den Frauen durch die kommunistische Partei, sondern eine Beteiligung an vorhandenen Bewegungen und Strömungen. Die Sozialistische Alternative (SAV) sieht dies ähnlich und fordert in der Frauenfrage die Orientierung auf die Partei Die Linke:

„Die SAV tritt innerhalb der Gewerkschaften, Bewegungen und der Partei DIE LINKE dafür ein, dass der Kampf gegen neoliberale Politik mit dem Kampf gegen Frauenunterdrückung verbunden wird und dafür ein gemeinsamer Kampf von Arbeitern und Arbeiterinnen nötig ist.“
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Diesen Positionen entgegen spricht sich die KKE für eine von der kommunistischen Partei formulierte Massenarbeit unter den Frauen aus, die jedoch erst noch entwickelt werden muss. Die Kommunistinnen der KKE sind jedoch seit einigen Jahren bereits in der OGE (Greeks Women´s Federation) aktiv. Bellou schreibt dazu:

„Die Schlussfolgerung, zu der wir gekommen sind, ist, dass die radikale Frauenbewegung notwendig ist, um die Beteiligung von Frauen an den sozialen Kämpfen zu erhöhen. Sie kann zu ihrer Beteiligung an der Arbeits- und Gewerkschaftsbewegung beitragen, weil sie vor allem zur Spezialisierung von Forderungen beitragen kann, die den Bedürfnissen von Frauen der Arbeiterklasse entsprechen. Das Gleiche gilt für selbständige Frauen, Bauern und ihren gemeinsamen Kampf im Rahmen des Volksbündnisses. [...] Es ist ein Thema für kommunistische Frauen, die Beziehung zwischen der Partei und der Bewegung zu verstehen, um bei der Überwindung von Problemen wie ‚wo sollten Frauen organisiert werden, im Frauenverband, in der Gewerkschaft oder in der Partei‘ zu helfen?“
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Dennoch wird klar, dass die Frage der Organisierung der Frauen noch nicht ausreichend beantwortet ist. Ausschlaggebend sollen dabei die Genossinnen und Funktionärinnen sein, die ihre eigene Lebenslage verallgemeinern und von dieser ausgehend konkrete Schritte und Forderungen ableiten sollen. Hauptziel der Frauenarbeit soll immer die Überwindung des Kapitalismus sein:

„Die Unklarheiten über die Notwendigkeit und den Inhalt der speziellen Parteiarbeit bei den Frauen und der Aktivität der Kommunistinnen in der radikalen Frauenbewegung müssen unter der Verantwortung der leitenden Organe überwunden werden. Diese Frage betrifft vor allem die Funktionärinnen, die ihre eigene Lebenshaltung verallgemeinern und dabei die frauenspezifischen objektiven Schwierigkeiten, die die politische und soziale Aktivität der Frauen, sogar auch einiger Mitglieder der Partei und der KNE einschränken, unterschätzen. Das Verständnis für das Wesen der Frauenfrage ist erforderlich, um der Notwendigkeit der Entwicklung der Bewegung für die Gleichberechtigung und die Emanzipation der Frauen aus der Arbeiterklasse und den anderen Volksschichten bewusst zu werden. Gleichzeitig ist es erforderlich, die Fähigkeit aller Parteimitglieder zu erweitern, Frauen, Arbeiterinnen, Angestellte, arbeitslose Frauen, Selbstständige, Bäuerinnen, junge Werktätige, Mütter, Studentinnen, Migrantinnen, Rentnerinnen, aber auch vom Arbeitsprozess ausgeschlossene Frauen, beispielsweise die Hausfrauen, zu erreichen. Ziel bleibt die Verbesserung des Anteils der Frauen unter den Parteimitgliedern, der heute weder dem Frauenanteil an der Gesamtbevölkerung, noch an der erwerbstätigen Frauenbevölkerung entspricht. Dieses Ziel muss bestimmte Bezirksparteiorganisationen ganz besonders beschäftigen, bei denen die Zusammensetzung, was den Frauenanteil betrifft, weit unter dem Landesdurchschnitt liegt.“
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Bezug zu den Grundannahmen und Programmatischen Thesen[Bearbeiten]

In den Programmatischen Thesen und Grundannahmen spiegelt sich der materialistische Blick auf Frauenunterdrückung wider. Die unterdrückte Stellung der Frau wird ursächlich nicht mit einer natürlich stärkeren Stellung des Mannes oder an sich patriarchalen Gesellschaft erklärt, sondern mit der Entstehung des Privateigentums an Produktionsmitteln:

„Im Kapitalismus werden die Frauen der Arbeiterklasse doppelt unterdrückt – als Frauen und als Arbeiterinnen. Arbeitende Frauen werden auch heute noch fast überall verschärft ausgebeutet, ökonomisch und sozial benachteiligt, sie werden neben der Lohnarbeit zur unbezahlten Reproduktionsarbeit verdammt, sie genießen oft nicht die gleichen Rechte und ihre besonderen Bedürfnisse werden vom bürgerlichen Staat nicht befriedigt. [...] In der Urgesellschaft gab es keine Unterdrückung der Frau. Diese ging erst aus dem Privateigentum an Produktionsmitteln hervor und lässt sich nur überwinden, indem dieses abgeschafft wird. Der Sozialismus als eine Gesellschaft, die nicht auf dem Privateigentum an Produktionsmitteln basiert, ist die Voraussetzung für die Befreiung der Frau.“
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Engels schrieb dazu:

„Sie war die erste Familienform, die nicht auf natürliche, sondern auf ökonomische Bedingungen gegründet war, nämlich auf den Sieg des Privateigentums über das ursprüngliche naturwüchsige Gemeineigentum. Herrschaft des Mannes in der Familie und Erzeugung von Kindern, die nur die seinigen sein konnten und die zu Erben seines Reichtums bestimmt waren – das allein waren die von den Griechen unumwunden ausgesprochenen ausschließlichen Zwecke der Einzelehe. [...] Der erste Klassengegensatz, der in der Geschichte auftritt, fällt zusammen mit der Entwicklung des Antagonismus von Mann und Weib in der Einzelehe, und die erste Klassenunterdrückung mit der des weiblichen Geschlechts durch das männliche. Die Einzelehe war ein großer geschichtlicher Fortschritt, aber zugleich eröffnet sie neben der Sklaverei und dem Privatreichtum eine bis heute dauernde Epoche, in der jeder Fortschritt zugleich ein relativer Rückschritt, in dem das Wohl und die Entwicklung der einen sich durchsetzt durch das Wehe und die Zurückdrängung der anderen.“
[33]

Gleichzeitig wird jedoch nicht behauptet, dass die Abschaffung des Privateigentums die automatische Gleichbehandlung der Frauen bedeutete. Dazu sei auch ein ideologischer Kampf gegen alte Vorstellung nötig.

„Die aus den vorherigen Gesellschaftsformationen mitgebrachten Einstellungen, Ideologien und Gewohnheiten können auf dieser Grundlage zurückgedrängt werden, wobei dies auch ein bewusster und aktiver Kampf sein muss.“
[34]


„Gleichheit vor dem Gesetz ist noch nicht Gleichheit im Leben. Die werktätige Frau muß sich nicht nur vor dem Gesetz, sondern auch im Leben die Gleichberechtigung mit dem Mann erobert. Zu diesem Zweck ist es notwendig, daß die werktätigen Frauen immer stärker an der Verwaltung der öffentlichen Einrichtungen und an der Verwaltung des Staates mitwirken. Durch diese Mitarbeit werden die Frauen ihre Kenntnisse rasch erweitern und die Männer einholen.“
[35]

Als weitere Aufgabe der proletarischen Frauenbewegung wird ihre Abgrenzung zur bürgerlichen Frauenbewegung verstanden, die den Klassenstandpunkt verwischt und damit eine Sicherung der bürgerlichen, kapitalistischen Verhältnisse bewirkt. Prämisse sollte daher der Aufbau einer eigenen starken und revolutionären Frauenbewegung sein, die sich in Theorie und Praxis von der bürgerlichen Frauenbewegung abwendet. Das Gewinnen der Frauenmassen für die Durchsetzung und den Aufbau des Sozialismus wird jedoch als unerlässlich angesehen:

„Die Bewegung der kämpfenden Frauen der Arbeiterklasse ist ein zentraler Teil unserer Bewegung und ein wichtiger Bezugspunkt unserer Theorie und Praxis. Wir bekämpfen auch heute schon die ökonomische Benachteiligung von Frauen und die aus ihr resultierenden Formen der Frauenfeindlichkeit. Die vielfältigen Formen des bürgerlichen Feminismus behandeln die Frauenfrage hingegen entweder ganz losgelöst von der Klassenfrage oder, indem sie unvermittelt neben die Klassenfrage und auf dieselbe Ebene wie diese gestellt wird. Dies gilt auch für diverse verklärende ‚postmoderne‘ Theorien, welche die Unterdrückung der Frau lediglich auf der Ebene von individuellen Einstellungen, als ein von Männern ausgehendes Problem oder eine Frage von Rollen-Zuschreibungen, ‚Kultur‘ oder Ideologie betrachten, ohne dabei die materielle Basis dieser Unterdrückung zu beachten. Das reale Verhältnis von Geschlechter- und Klassenfrage wird damit verwischt und der Kampf für die Befreiung der Frau behindert. Der Kampf gegen diese Ideologien gehört damit ebenfalls zum Kampf um die Befreiung der Frau und ist eine Aufgabe der Arbeiterbewegung.“
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Wie wollen wir den Dissens klären?[Bearbeiten]

Es fallen verschiedene Aufgaben an, um den Dissens zu klären und eine einheitliche theoretische und praktische Ausrichtung der Frauenfrage zu finden. Dazu zählt eine gründliche Herausarbeitung der Trennungslinie zwischen der modernen proletarischen und bürgerlichen Frauenbewegung. Es muss geklärt werden, in welchen Strukturen und Theorien Vertreter der beiden zu finden sind. Es muss klarer herausgearbeitet werden, inwiefern der aktuelle bürgerliche Feminismus das bürgerliche Herrschaftssystem stabilisiert und damit der wirklichen Befreiung aller Frauen entgegensteht. Außerdem müssten die Theorien des sog. Sozialistischen Feminismus (Lise Vogel, Frigga Haug) geprüft werden und eine Position dazu gefunden werden. In diesem Zusammenhang muss auch eine Position zum häufig auftretenden Vorwurf, dass die Frauenfrage nur als Nebenwiderspruch im Kapitalismus aufgefasst würde, gefunden werden. In diesem Zusammenhang ist es wichtig eine Position zur These des Patriachats als ältester Unterdrückungsform zu finden. Außerdem ist es notwendig, die aktuelle (nationale wie internationale) Lage von Frauen zu analysieren. Seit der Entstehung der historischen Frauenbewegung hat sich die Lage von Frauen verändert, so ist z.B. das allgemeine Wahlrecht durchgesetzt. Die Unterdrückung von Frauen ist jedoch auch heute noch aktuell und müsste genauer bestimmt werden. Daraus sollten entsprechende Forderungen herausgearbeitet werden und passende Organisations-, Agitations- und Propagandaformen unter den Frauenmassen entwickelt werden. Dabei müsste geprüft werden, ob separate Frauenorganisationen in der Massenarbeit notwendig sind und wie diese ggf. aussehen könnten. Außerdem muss erörtert werden, wie sich die kommunistische Partei heute zu bereits vorhandenen Frauenorganisationen verhalten solle. Dazu sollten noch einmal die unterschiedlichen historischen Organisationsformen und theoretischen Positionen der kommunistischen Frauenarbeit, z.B. in Deutschland und der Sowjetunion, genauer betrachtet werden. Außerdem muss erarbeitet werden, wie die Solidarität der Arbeiter mit den Arbeiterinnen im gemeinsamen Kampf für den Sozialismus heute aussehen kann. Es ist wichtig, Praxisformen zu entwickeln, die die konkreten Probleme von Frauen aufgreifen (z.B. Teilzeitarbeit, niedrigerer Lohn, Kindererziehung, Gewalt gegen Frauen), diese jedoch nicht im ausschließlichen Kampf gegen die männliche Dominanz auflösen, sondern eine Überwindung des Kapitalismus als notwendig ansehen.

Literatur[Bearbeiten]

  • Bebel, August; Die Frau und der Sozialismus, Jazzybee Verlag.
  • Dokumente von Marx, Engels, Lenin, Stalin, der Kommunistischen Internationale, Zetkin; Die kommunistische Revolution und die Befreiung der Frauen; Verlag Olga Benario und Herbert Baum, 1997.
  • EKKI; Protokoll der Versammlung 1926; Hamburg, 1926.
  • Prof. Dr. sc. Müller, Joachim (Hrsg.); Dokumente der revolutionären Arbeiterbewegung zur Frauenfrage 1848-1974, Verlag für die Frau DDR Leipzig, 1975.
  • Haug, Frigga; Der im Gehen erkundete Weg, Marxismus – Feminismus; Argument Verlag, 2015.
  • Marx, Karl und Engels, Friedrich; Ausgewählte Schriften II, Dietz Verlag Berlin, 1964.
  • Marx21, Welcher Feminismus?, Magazin für internationalen Sozialismus, 01/2019.
  • Menschik, Jutta (Hrsg.), Grundlagentexte zur Emanzipation der Frau; Pahl-Rugenstein, 1976.
  • Notz, Gisela; Feminismus; Papyrossa, 2018.
  • Truman, Andrea; Feministische Theorien; Schmetterling Verlag, 2019.
  • Zentrale der KPD (Hrsg.), Richtlinien für die Arbeit unter den Frauen; Buchdruckerei Berlin, 1925.
  • Zetkin, Clara; Erinnerungen an Lenin; Edition 100, 2000.
  • Zetkin, Clara; Zur Geschichte der proletarischen Frauenbewegung; Manifest, 2017.

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Vgl. Gisela Notz, Feminismus, S.48-50.
  2. Zetkin, Die bürgerliche Frauenbewegung, S.46-47.
  3. Engels, Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats, S.196-198.
  4. Bebel, Die Frau und der Sozialismus, S.83
  5. Engels, Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats S.220
  6. Bebel, Die Frau und der Sozialismus S.21
  7. Zektin, Geschichte der proletarischen Frauenbewegung, S.98/99.
  8. Zetkin in: Die kommunistische Revolution und die Befreiung der Frauen, S.106.
  9. Zetkin in: Die kommunistische Revolution und die Befreiung der Frauen, S.106/107.
  10. Zetkin, Erinnerungen an Lenin, S.78.
  11. Zetkin, Erinnerungen an Lenin, S.79-84.
  12. Zetkin, Erinnerungen an Lenin, S.86.
  13. Müller, Joachim (Hrsg.), Dokumente der revolutionären Arbeiterbewegung zur Frauenfrage, S.99.
  14. Zentrale der KPD (Hrsg.), Richtlinien für die Arbeit unter den Frauen, 1925, Buchdruckerei Berlin, S. 4.
  15. Zetkin, Clara; in EKKI, Protokoll 1926, S.547.
  16. Kasparowa, in EKKI, Protokoll 1926, S.551-552
  17. Trumann, Feministische Theorie, S.21.
  18. Notz, Feminismus, S.121 und 123.
  19. Bellou, Eleni: https://www.iccr.gr/en/news/The-class-character-of-the-women-question-and-its-development.-The-responsibilities-of-the-CPs-for-the-emancipation-of-women/, Übersetzung KO.
  20. Haug, Frigga; Der im Gehen erkundete Weg, Marxismus – Feminismus; Argument Verlag, 2015; S.190.
  21. Haug, Frigga: Sozialistischer Feminismus. http://www.friggahaug.inkrit.de/documents/haug_sozialistischerFeminismus.pdf
  22. Kommunistischer Aufbau, https://komaufbau.org/resolution-kommunistische-frauenarbeit-entwickeln/
  23. KKE: http://de.kke.gr/de/articles/POLITISCHER-BESCHLUSS-DES-20-PARTEITAGES-DER-KKE/
  24. IL: https://blog.interventionistische-linke.org/feminismus/frauen-ihr-seid-nicht-allein
  25. KA: https://komaufbau.org/resolution-kommunistische-frauenarbeit-entwickeln/
  26. KA: https://komaufbau.org/gruendungserklaerung-kommunistische-frauen/
  27. Frauenstreik: https://frauenstreik.org/forderungen/
  28. Marx21, Welcher Feminismus?, Magazin für internationalen Sozialismus, 01/2019, S.31.
  29. SAV: https://www.sozialismus.info/2010/03/13580/
  30. Bellou, Eleni; https://www.iccr.gr/en/news/The-class-character-of-the-women-question-and-its-development.-The-responsibilities-of-the-CPs-for-the-emancipation-of-women/ Übersetzung KO.
  31. KKE: http://de.kke.gr/de/articles/POLITISCHER-BESCHLUSS-DES-20-PARTEITAGES-DER-KKE/
  32. KO: Programmatische Thesen, 2018
  33. Engels, Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats, S.196-202
  34. KO: Programmatische Thesen, 2018
  35. Lenin, Werke Band 30, S.362.
  36. KO: Programmatische Thesen, 2018